Anhang

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 20. Juni 2013

Anmerkung: In diesem Bericht werden die Funktionsbezeichnungen (Direktor, Staatssekretär, Generalsekretär, Departementsvorsteher, Vizekanzler, Kandidat, Experte usw.) der leichteren Lesbarkeit halber meistens nur in der männlichen Form angeführt. Selbstverständlich sind jeweils beide Geschlechter gemeint.

2013-2999

2799

Das Wichtigste in Kürze Das Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat ist immer wieder kritisiert worden. Im Anschluss an die im Jahr 2008 durchgeführte Inspektion der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee wollte die GPK-N dieses Wahlverfahren näher untersuchen. Nach einem ersten Anlauf im Jahre 2009, der aufgrund mangelnden Informationszugangs abgebrochen werden musste, beauftragte die GPK die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) im Januar 2012 erneut mit einer Evaluation zu diesem Thema. Die PVK untersuchte 37 Ernennungen aus dem Jahr 2012, und verglich diese mit 44 Ernennungen zwischen 2009 und 2011. Sie führte Gespräche in den Departementen und mit Experten für Topkaderrekrutierungen. Zudem stützte sie sich bei ihrer Evaluation auf die Unterlagen, welche dem Bundesrat zu den betreffenden Wahlgeschäften vorlagen.

Die Hauptergebnisse Das Wahlverfahren des obersten Kaders hängt jeweils massgeblich vom zuständigen Departement ab. Der Bundesrat schaltet sich in der Regel nicht in dieses Verfahren ein. Er ist somit in den allermeisten Fällen nur formell für die Wahlgeschäfte zuständig. Bei den 81 Ernennungen, die der Bundesrat zwischen 2009 und 2012 vornahm, hat kein Departement einen Mitbericht zu den Wahlvorschlägen verfasst, ist nie ein Kandidat oder eine Kandidatin vom Bundesrat angehört worden und hat der Bundesrat nie einen Vorschlag abgelehnt. In einem Fall führten die Meinungsverschiedenheiten zur vorgeschlagenen Kandidatur dazu, dass das Departement seinen Antrag zurückzog.

Die Qualität der auf Departementsebene durchgeführten Auswahlverfahren ist deshalb äusserst wichtig. Dennoch bestätigt der Bundesrat die Anträge der Departemente jeweils, ohne sich zu vergewissern, dass beim Auswahlverfahren die Grundregeln eingehalten worden sind (Transparenz und Seriosität der Auswahl, Gründe für den Ausschreibungsverzicht, durchgeführte Sicherheitsprüfung) und ohne sich näher über das Verfahren informiert zu haben.

Ausgezeichnete und schlechte Verfahren Den vom Bundesrat vorgenommenen Ernennungen höherer Führungskräfte gehen Selektionen voraus, die punkto Qualität, Verfahrensschritte und Transparenz sehr unterschiedlich sind.

So finden sich neben Ernennungen mit gutem Auswahlverfahren
(17 Fälle) auch solche, deren Verfahren nur als mittelmässig (9 Fälle) oder als schlecht (11 Fälle) taxiert wurden.

In einigen Fällen war das Vorgehen der Departemente beispielhaft: Die Kandidatensuche erfolgte über Ausschreibungen und wurde mit professionellen Direktkontakten ergänzt; bei der Auswahl wurden interne und externe Stellungnahmen berücksichtigt. In anderen Fällen waren die Verfahren von zweifelhafter Qualität: das

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Selektionsinstrumentarium war unvollständig, die Objektivität mangelhaft und es lagen keine alternativen Kandidaturen vor.

Angemessen konzipierte, aber nicht immer konsequent umgesetzte Karrieresysteme im militärischen und diplomatischen Bereich Die Karrieresysteme im militärischen und diplomatischen Bereich verfügen über angemessene Begleit-, Bewertungs- und Planungsinstrumente. Bei den Ernennungen wird jedoch das vorgesehene Prozedere nicht immer konsequent befolgt. In einigen Fällen scheinen die Nachfolgeplanung (im militärischen Bereich) oder die Assessments (im diplomatischen Bereich) als Hauptgrundlagen der Kandidatenauswahl gedient zu haben. In anderen Fällen wurde die Planung entweder nicht berücksichtigt oder wurde kein Assessment durchgeführt; auch kam es vor, dass ein Kandidat ausgewählt wurde, bevor das Assessment-Ergebnis vorlag oder obschon das Assessment für ihn nicht positiv ausgefallen war. So waren fünf von elf höheren Stabsoffizieren (militärische Laufbahn) nicht spezifisch in der Planung vorgesehen und nur sechs von neun neuen Missionschefs (Diplomatenlaufbahn) wurden dem Bundesrat erst nach dem ­ für den Selektionsprozess entscheidenden ­ Assessment vorgeschlagen.

Daraus ist ersichtlich, dass das Karrieresystem unterschiedliche Verfahren in sich bergen kann.

Sehr häufig unvollständige Informationsgrundlagen In den Wahlanträgen an den Bundesrat werden die näheren Auswahlkriterien aus Angst vor Indiskretionen nicht erwähnt. Das hat zur Folge, dass der Bundesrat zu diesen Sitzungstraktanden nicht über vollständige Informationsgrundlagen verfügt.

Manchmal werden an den Bundesratssitzungen zusätzliche Informationen mündlich geliefert.

Unvollständig sind manchmal auch die Informationen zu den Personensicherheitsprüfungen.

Zu wenig ernst genommene Sicherheitsprüfung Der Bundesrat trifft die Hälfte seiner Entscheide, ohne das Ergebnis der Personensicherheitsprüfung zu kennen; dazu kommt, dass diese oft erst nach der Ernennung durchgeführt wird. Dies zeigt, dass die Risikofrage zu wenig ernst genommen wird und die Sicherheitsprüfung oft nur pro forma erfolgt.

Das VBS hebt sich in dieser Hinsicht positiv hervor, unterbreitete es doch alle im Jahr 2012 untersuchten Wahlgeschäfte dem Bundesrat erst, als das Ergebnis der Sicherheitsprüfung bekannt war.

Wenig transparente oder nicht
nachvollziehbare Verfahren Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zur Inspektion der GPK-N zum Fall Nef angekündigt, mit entsprechenden Massnahmen dafür zu sorgen, dass die Nachvollziehbarkeit der Wahlgeschäfte bezüglich Vorgehen, Auswahlverfahren und Entscheid jederzeit gewährleistet ist. Trotzdem konnten sechs von 37 Ernennungen

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nicht bewertet werden, weil die für die Nachvollziehbarkeit erforderlichen Informationen fehlten.

Zuweilen lückenhafte Information der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers Ebenfalls in seiner Stellungnahme zur Inspektion der GPK-N zum Fall Nef hatte der Bundesrat angekündigt, dass für jeden von ihm zu treffenden Personalentscheid der zuständigen Departementsvorsteherin oder dem zuständigen Departementsvorsteher künftig Grundlagen zur Verfügung stehen sollen. Diese Informationen werden den Departementsvorsteherinnen und -vorstehern mittlerweile in gewissen, aber nicht konsequent in allen Fällen zur Verfügung gestellt.

Kompetenzdelegation ohne Kontrolle Der Bundesrat spielt bei der Wahl des obersten Kaders nur eine untergeordnete Rolle. Er trifft seine Entscheide ohne Gewähr dafür, dass das Auswahlverfahren auf Departementsebene sorgfältig durchgeführt worden ist.

Die Informationen, die dem Bundesrat derzeit mit den Wahlanträgen unterbreitet werden, dienen eher dazu, formelle Anforderungen zu erfüllen als dem Informationsbedarf des Bundesrates zu entsprechen, denn ausser dem Namen des vorgeschlagenen Kandidaten werden in den Anträgen die wichtigsten Informationen (Auswahlkriterien, alternative Kandidaturen) nicht mitgeliefert.

Ausserdem trifft der Bundesrat seine Entscheide, ohne Gewähr für die Qualität des Verfahrens zu haben. Er bestätigt die Anträge der Departemente ohne Kontrolle oder eingehende Kenntnisse darüber, wie die Auswahl erfolgte und ohne dass er zuvor die einzuhaltenden Verfahrensschritte oder Mindestkriterien festgelegt hat.

Beim Wahlverfahren gibt es keine strategische Führung durch den Bundesrat. Der Bundesrat spielt weder eine Rolle bei der Nachfolgeplanung noch bei der Prüfung von Synergiemöglichkeiten (Bedarfsanalyse) noch bei der Nutzung von Beziehungsnetzen (Suchstrategie) noch beim Auswahlverfahren (Qualitätsgarantie).

Dieser mangelnde Einbezug wirft die Frage nach dem Stellenwert der Wahlzuständigkeit des Bundesrates auf. Gegenwärtig scheint diese in erster Linie symbolischen Charakter zu haben.

Schmale Rechtsgrundlage Die normativen Grundlagen, welche die Wahl des obersten Kaders betreffen, legen die Funktionen fest, die in der Wahlzuständigkeit des Bundesrates liegen, sowie die beiden Verfahrensgrundsätze der öffentlichen Ausschreibung und der
Personensicherheitsprüfungen. Obschon es sich hier um relativ wenige Bestimmungen handelt, sind diese doch mit Fragezeichen behaftet. Insbesondere stellt sich angesichts dessen, dass die meisten Wahlgeschäfte keine Diskussionen auslösen und bei den anderen Departementen kein eigentliches Interesse wecken, die Frage nach dem Zweck der Wahlzuständigkeit des Bundesrates.

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Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

2800

1

Einleitung 1.1 Ausgangslage der Evaluation 1.2 Gegenstand der Evaluation 1.3 Methode 1.4 Aufbau des Berichts

2804 2804 2806 2808 2809

2

Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat 2.1 Normative Grundlagen 2.2 Untersuchte Ernennungen

2809 2809 2812

3

Ergebnisse 3.1 Bedarfsanalyse 3.2 Suchstrategie 3.3 Auswahlverfahren 3.4 Informationsgrundlagen des Bundesrates 3.5 Nutzung des Handlungsspielraums durch den Bundesrat 3.6 Normative Grundlagen 3.7 Karrieresystem im militärischen Bereich 3.8 Karrieresystem im diplomatischen Bereich

2813 2813 2815 2818 2822 2827 2828 2829 2830

4

Schlussfolgerungen 4.1 Ausgezeichnete und schlechte Verfahren 4.2 Adäquat konzipierte, aber nicht immer konsequent umgesetzte Karrieresysteme 4.3 Sehr häufig unvollständige Informationsgrundlagen 4.4 Zu wenig ernst genommene Sicherheitsprüfungen 4.5 Wenig transparente oder nicht nachvollziehbare Verfahren 4.6 Oft nur lückenhafte Information der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers 4.7 Kompetenzdelegation ohne Kontrolle 4.8 Schmale Rechtsgrundlage

2832 2832

Abkürzungen

2833 2834 2834 2835 2835 2835 2836 2837

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

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Impressum

2840

2803

Bericht Dieser Bericht enthält die wesentlichen Ergebnisse der Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK). Eine ausführliche Beschreibung der Analysen und Bewertungsgrundlagen findet sich im Materialienband.1

1

Einleitung

1.1

Ausgangslage der Evaluation

Umstrittene Kaderwahlen Das Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders des Bundes löst regelmässig Diskussionen aus. Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Armeechef Roland Nef Anfang 2008, acht Monate nach dessen Amtsantritt, erregte viel Aufsehen und veranlasste die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) zu einer Inspektion2. Die Medien äussern regelmässig Kritik3, wenn es danach aussieht, dass die Nähe zum Departementsvorsteher den Ausschlag für die Wahl eines Amtsdirektors gegeben hat oder wenn ein Bundesratsmitglied beim Departementswechsel seine engsten Führungsleute mitnimmt. Dieses Thema ist auch schon in verschiedenen parlamentarischen Vorstössen zur Sprache gekommen4.

Auskunftsverweigerung durch den Bundesrat Vor diesem Hintergrund und im Anschluss an den Fall Nef beauftragten die GPK die PVK am 23. Januar 2009 mit einer Evaluation zur Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat. Diese Evaluation musste allerdings abgebrochen werden, weil 1

2 3

4

Materialienband (nur in französischer Sprache): Evaluation de la procédure de nomination des cadres supérieurs par le Conseil fédéral, Annexe au rapport du Contrôle parlementaire de l'administration à l'intention de la Commission de gestion du Conseil national du 20 juin. Der Materialienband findet sich unter: www.parlament.ch > Organe und Mitglieder > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle> Veröffentlichungen.

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee; Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 (BBl 2009 3425).

2012 gaben die Ernennung eines Nicht-Diplomaten zum Staatssekretär wie auch die Ernennung eines Nicht-Piloten zum Chef der Luftwaffe Anlass zu Diskussionen. Im gleichen Jahr gab auch eine Indiskretion zu einem Vorschlag an den Bundesrat für die Wahl des Staatssekretärs für Bildung, Forschung und Innovation, der in der Folge vom Departementschef zurückgezogen wurde, viel zu reden über das Wahlverfahren des Bundesrates und über die ihm unterbreiteten Vorschläge.

Frage 09.5257 (Stahl): Wahl des neuen BAG-Direktors. Korrektes Auswahlverfahren?

Interpellation 10.3620 (Reimann): SRG. Wahl des Generaldirektors. Frage 10.5181 (Rickli): Wahl des SRG-Generaldirektors. Frage 12.5287 (Vogler): Nachfolge des Luftwaffenchefs.

Die Absicht des Bundesrates, in seinen Angelegenheiten möglichst viel Handlungsspielraum zu bewahren, kommt in seiner Stellungnahme zu einem Postulat der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates zum Ausdruck (Postulat 08.3447 «Kaderselektion.

Bericht». Stellungnahme des Bundesrates vom 26.9.2008). Der Bundesrat teilt darin mit, dass er angesichts der Heterogenität der Bundesverwaltung und der Individualität der Kaderstellen bewusst auf eine Standardisierung oder auf einheitliche Kriterien für die Kaderselektion verzichte.

2804

gemäss Bundesrat die Informationsrechte der GPK in dieser Sache nicht ausreichten, wodurch der PVK der Zugang zu untersuchungsrelevantem Datenmaterial verwehrt war. Mittlerweile sind die Informationsrechte präzisiert worden und in revidierter Fassung seit dem 1. Januar 2012 in Kraft.5 Wiederaufnahme der Evaluation Im Anschluss an den Bericht der GPK-N zum Fall Nef kündigte der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 22. April 20096 verschiedene Verbesserungsmassnahmen an7. Die GPK-N bemängelte allerdings in ihrem Schreiben vom 4. September 2009, dass sich in diesen Massnahmen keine grundsätzliche Überlegung über die Rolle des Bundesrates bei der Ernennung von höchsten Führungskräften erkennen lässt. Der Bundesrat erläuterte hierauf in seinem Bericht vom 21. April 2010 über die Umsetzung der Empfehlungen, welcher Art die ihm zuzustellenden Informationen sein müssen.8 Da die Wahlgeschäfte stets dieselben Fragen aufwerfen, beschloss die zuständige Subkommission an ihrer Sitzung vom 30. Juni 2011, die PVK im Hinblick auf das Inkrafttreten der revidierten Informationsrechte mit der Ausarbeitung eines neuen Evaluationsvorschlags zu beauftragen. Die GPK bestätigten diesen Auftrag am 27. Januar 2012 im Rahmen der Verabschiedung ihres Jahresprogramms.

Um das Evaluationsvorgehen zu erleichtern und die Departemente über ihre Ziele zu informieren, präsentierte die PVK das Evaluationsverfahren am 23. März 2012 der Generalsekretärenkonferenz.

Evaluationsfragen Mit dieser Evaluation sollen folgende Fragen beantwortet werden:

5 6 7

8

­

Ist das Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders der Bundesverwaltung angemessen?

­ Ist die Bedarfsanalyse angemessen?

­ Ist die Suchstrategie angemessen?

­ Ist das Auswahlverfahren vollständig, objektiv und kohärent?

­ Stützt sich der Bundesrat auf vollständige und zuverlässige Informationen?

­ Nutzt der Bundesrat seine Zuständigkeit bei Wahlgeschäften voll aus?

­

Sind die Rechtsgrundlagen angemessen?

Art. 153 des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG, SR 171.10) Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates (BBl 2009 3481).

Es handelt sich um folgende Massnahmen: Es wird eine einzige Person oder Stelle bezeichnet, welche für den gesamten Selektionsprozess verantwortlich ist; das zuständige Departement ergänzt seinen Wahlantrag an den Bundesrat mit einer anonymisierten Kurzinformation zum Auswahlverfahren und dessen Ergebnissen.

Es handelt sich um Informationen zur Person, welche für die Auswahl verantwortlich ist, zur Anzahl der Bewerbungen (gegliedert nach Geschlecht und Muttersprache), zum Verlauf des Auswahlverfahrens und zu den verwendeten Instrumenten, zu den ausschlaggebenden Auswahlkriterien sowie zur Personensicherheitsprüfung.

2805

1.2

Gegenstand der Evaluation

Diese Evaluation konzentriert sich gemäss dem Auftrag der GPK-N auf das Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders der Bundesverwaltung durch den Bundesrat sowie auf die Zweckmässigkeit der Rechtsgrundlagen. Sie nimmt keine Qualitätsbeurteilung der am Ende des Verfahrens gewählten Personen vor.

Das Analysemodell für das Auswahlverfahren beim obersten Kader gliedert sich in folgende ­ in Praxis und Lehre9 allgemein anerkannten ­ vier Phasen: 1.

Die Bedarfsanalyse: Zeichnet sich eine Vakanz ab, kann der Departementsvorsteher prüfen, ob es zweckmässig ist, Funktion, Stelleninhalt und Einreihung beizubehalten, dies insbesondere dann, wenn eine Reorganisation oder Fusion in Aussicht steht oder wenn sich der politische Kontext verändert hat.

Dieser Analyse folgt allenfalls eine Anpassung der Stellenbeschreibung und des Anforderungsprofils.

2.

Die Kandidatensuche: Nach der Bedarfsanalyse und einer allfälligen Profilanpassung entscheidet das Departement über die Strategie der Kandidatensuche. Hier bieten sich verschiedene, einander nicht ausschliessende Instrumente an, so z.B. die Ausschreibung oder die direkte Kandidatenanfrage (verwaltungsintern oder -extern) mit oder ohne Beizug eines Headhunters.

3.

Das Auswahlverfahren: In einem Trichterverfahren wird die Anzahl geeigneter Kandidaten sukzessive eingeengt. Dieses kann die Triage der Bewerbungsdossiers, Interviews, Arbeitssimulationen, Persönlichkeitstests, graphologische Gutachten, Assessments und das Einholen von Referenzen beinhalten. Der Kandidat muss sich zudem einer Sicherheitsprüfung unterziehen.

Nach dieser Phase liegen Kandidaturen vor.

Bei diesem Verfahren wählt das Departement einen Kandidaten aus.

4.

Die Konsolidierung (Beschluss): Der Departementsvorsteher oder die Departementsvorsteherin stellt vor der Bundesratssitzung den Wahlantrag an die anderen Bundesratsmitglieder. Diese nehmen davon Kenntnis und haben Gelegenheit, gegebenenfalls einen Mitbericht zu verfassen.

Der Bundesrat beschliesst an seiner Sitzung über die Wahl des obersten Kaders.

9

Vgl. u.a.: Emery, Yves et Gonin, François (2006): Dynamiser la gestion des ressources humaines, Presses polytechniques et universitaires romandes, Lausanne.

2806

Abbildung 1 Untersuchungsgegenstand: das Wahlverfahren

Verfahren auf Departementsstufe

Verfahren auf Bundesratsstufe

2807

1.3

Methode

Zur Beantwortung der Evaluationsfragen nutzte die PVK verschiedene Informationsquellen und Datengrundlagen10.

Dieser Evaluation zugrunde liegt eine Analyse von 37 Topkaderwahlen durch den Bundesrat im Jahre 2012, welche den Auswahlkriterien entsprechen11, ein Vergleich mit 44 Wahlgeschäften zwischen 2009 und 2011 sowie eine Gegenüberstellung mit der externen Sichtweise von Experten für Topkaderrekrutierungen.

Anhand der Unterlagen zu den 37 Kaderwahlen von 2012 einerseits und den Gesprächen mit den Generalsekretären und Personalverantwortlichen der Departemente (befragt wurden 28 Personen in 31 Gesprächen12) andererseits konnte das Auswahlverfahren auf Departementsstufe ermittelt werden (Abbildung 1).

Die in den Departementen geführten Gespräche, vor allem aber die 37 Wahlanträge an den Bundesrat und die entsprechenden Beschlüsse ermöglichten eine Beurteilung der Informationsgrundlagen des Bundesrates.

Anhand der Analyse der Daten zu den 44 Wahlgeschäften zwischen 2009 und 2011 liess sich untersuchen, ob und wie sich die Ernennungspraxis entwickelt hat.

Schliesslich wurden mit Experten für Topkaderrekrutierungen Gespräche geführt (sieben Gespräche mit acht Experten im Jahr 2012, fünf Gespräche mit sechs Experten im Jahr 2009), um eine zusätzliche Sichtweise zu erlangen.

Tabelle 1 präzisiert für jede Evaluationsfrage die Beurteilungskriterien. Zum besseren Verständnis werden im Bericht die Bewertungen vereinheitlicht (gut, mittelmässig, schlecht)13.

Tabelle 1 Fragen und Bewertungsgrundlagen Fragen

Bewertungskriterien

Ist das Wahlverfahren angemessen?

Angemessenheit der Bedarfsanalyse Kapitel 3.1 (Kapitel 3.7 für das Karrieresystem des VBS, Kapitel 3.8. für das Karrieresystem des EDA)

Angemessenheit der Suchstrategie Kapitel 3.2 (Kapitel 3.7 für das Karrieresystem des VBS, Kapitel 3.8. für das Karrieresystem des EDA)

10 11

12 13

Zweckmässigkeit der Stellenbeschreibung und des Anforderungsprofils Überlegungen betreffend Anpassung des Pflichtenhefts, Änderung des Stelleninhalts, Reorganisation der Einheit Kohärenz der Suchinstrumente mit der Bedarfsanalyse Marktabdeckung der eingesetzten Instrumente Gründe für den Verzicht auf eine Ausschreibung

Vgl. Materialienband, Kap. 1.5.

Vgl. Materialienband, Kap. 1.4. Es handelt sich um folgende Kriterien: erste Wahl als Missionschef bei Ernennungen von Kandidaten aus der Diplomatenlaufbahn im Jahr 2012; alle Wahlgeschäfte des Bundesrates im Jahr 2012, mit Ausnahme der Generalsekretären der Departemente.

Vgl. Liste der befragten Personen am Schluss des Berichts.

Vgl. Materialienband Kap. 1.3.

2808

Fragen

Bewertungskriterien

Angemessenheit des Auswahlverfahrens

Vollständiges Instrumentarium Die eingesetzten Instrumente sind komplementär

Kapitel 3.3 (Kapitel 3.7 für das Karrieresystem des VBS, Kapitel 3.8. für das Karrieresystem des EDA)

Objektivität des Verfahrens Gleiche Anwendung der Instrumente auf alle Kandidaten, Teilnahme an den Gesprächen, externe Sichtweise Kohärenz des Verfahrens in zeitlicher Hinsicht und in Bezug auf die eingesetzten Instrumente Einbezug des Departementsvorstehers in das Verfahren

Qualität der Informationsgrundlagen des Bundesrates

Antrag an den Bundesrat (vollständig)

Kapitel 3.4 (Kapitel 3.7 für das Karrieresystem des VBS, Kapitel 3.8. für das Karrieresystem des EDA)

Nutzung des Handlungsspielraums durch den Bundesrat Kapitel 3.5

Sind die Rechtsgrundlagen angemessen?

Teilbeurteilung14 Handlungsindizien: Mitbericht, Beschluss, Anhörung Relevanz der Rechtsgrundlagen

Kapitel 3.6

1.4

Aufbau des Berichts

Kapitel 2 beschreibt zuerst die normativen Grundlagen zum Wahlverfahren bei höheren Führungskräften und präzisiert anschliessend die Anzahl und Verteilung der in dieser Evaluation untersuchten Fälle. Kapitel 3 zeigt die Evaluationsergebnisse in Bezug auf die Ernennung von Direktoren, Staatssekretären oder stellvertretenden Direktoren sowie in Bezug auf die Ernennungen im Rahmen der Karrieresysteme im militärischen und diplomatischen Bereich. Kapitel 4 zeigt die wichtigsten Erkenntnisse der Evaluation auf.

2

Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat

2.1

Normative Grundlagen

Es gibt relativ wenig normative Grundlagen zum Wahlverfahren beim obersten Kader. Sie legen namentlich die Funktionen fest, die in der Zuständigkeit des Bundesrates liegen sowie die Verfahrensgrundsätze der Ausschreibung und der Personensicherheitsprüfungen.

14

Da die Beratungen des Bundesrates aufgrund ihrer Vertraulichkeit nicht berücksichtigt werden können, ist hier eine vollständige Beurteilung nicht möglich.

2809

Wahlzuständigkeit des Bundesrates Die Bundespersonalverordnung (BPV)15 bezeichnet die Funktionen, deren Inhaber direkt vom Bundesrat ernannt werden (Art. 2 Abs. 1). Dabei handelt es sich um Staatssekretäre, Amtsdirektoren, deren Stellvertreter und Personen, die in den Departementen vergleichbare Verantwortung tragen, höhere Stabsoffiziere, Generalsekretäre der Departemente und deren Stellvertreter, Vizekanzler der Bundeskanzlei und Missionschefs.

Vorschriften betreffend Stellenausschreibungen Jede offene Stelle der Bundesverwaltung muss in der Regel öffentlich ausgeschrieben werden (Art. 7 BPG)16. Ausnahmen werden in den Ausführungsbestimmungen geregelt. So hält Artikel 22 BPV fest, dass offene Stellen mindestens im elektronischen Stellenanzeiger des Bundes im Internet ausgeschrieben werden müssen.

Absatz 2 desselben Artikels legt fest, wann auf eine öffentliche Ausschreibung verzichtet werden kann, nämlich bei Stellen, die bis zu einem Jahr befristet sind; bei Stellen, die in den Verwaltungseinheiten intern besetzt werden sowie bei Stellen für die interne Jobrotation.

Schliesslich können die Departemente unter Orientierung des EFD und falls wichtige Gründe vorliegen, im Einzelfall auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten oder ausnahmsweise eine andere Art der öffentlichen Ausschreibung vorsehen (Art. 22 Abs. 3 BPV).

Vorschriften betreffend Personensicherheitsprüfungen Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, Art. 19­21)17 sowie die Verordnung über die Personensicherheitsprüfungen (PSPV)18 regeln die Bedingungen und Einzelheiten solcher Prüfungen.19 Artikel 12 Absatz 2 PSPV hält fest, dass bei Personen, die vom Bundesrat ernannt werden, die Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen der Bundeskanzlei (PSP BK)20 für die erweiterte Personensicherheitsprüfung mit Befragung zuständig ist.21 Die GPK-N stellte im Rahmen ihrer Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee fest, dass die Sicherheitsprüfung erst nach der Ernennung durchgeführt wurde und dieses Vorgehen gang und gäbe gewesen war.

Bei der Prüfung der entsprechenden Rechtsgrundlagen stellte sie auch fest, dass Artikel 19 Absatz 3 BWIS nicht in allen Amtssprachen gleich lautet: Während gemäss der deutschen Fassung die PSP durchgeführt wird, «bevor das Amt oder die 15 16 17 18 19

20 21

SR 172.220.111.3 SR 172.220.1 SR 120 SR 120.4 Das BWIS bezeichnet den Personenkreis, der aufgrund seines Zugangs zu schützenswerten Informationen einer Sicherheitsprüfung zu unterziehen ist (Art. 19) und legt den Prüfungsinhalt (Art. 20) sowie die Durchführung der Prüfung (Art. 21) fest.

Artikel 9 ff der PSPV legt drei Prüfstufen fest: die Grundsicherheitsprüfung, die erweiterte Personensicherheitsprüfung und die erweiterte Personensicherheitsprüfung mit Befragung.

Die Fachstelle des VBS (PSP VBS führt die restlichen Sicherheitsprüfungen durch.

Dies mit Ausnahme der Vizekanzler/innen; diese werden durch die Fachstelle des VBS geprüft.

2810

Funktion übertragen» wird ­ was oft als «vor dem Amtsantritt» oder «vor der Übernahme der Funktion» interpretiert wurde ­ heisst es im französischen Text «avant la nomination à la fonction», also bevor die Übertragung der Funktion vorgeschlagen wird.22 Der entsprechend revidierte Artikel 19 Absatz 3 BWIS, der seit dem 16. Juli 2012 in Kraft ist, sieht nun vor, dass im Falle von Ernennungen durch den Bundesrat die Sicherheitsprüfung durchgeführt wird, bevor die Person für die Ernennung oder die Übertragung der Funktion vorgeschlagen wird.

Vorschriften betreffend Einreihung Gemäss der Vereinbarung 200923 zwischen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und dem Bundesrat betreffend die Aufsicht in personalrechtlichen Angelegenheiten unterbreiten die Departemente folgende Geschäfte vor deren Inkrafttreten der Finanzdelegation zur Genehmigung: ­

Einstufungen von Stellen in die Lohnklassen 32 und höher bzw. Höhereinreihung von Stellen in diesem Lohnklassenspektrum (Art. 36 BPV).

­

Umbenennungen von Funktionen zum «stellvertretenden Direktor» oder zum «stellvertretenden Generalsekretär».

Hier ist zu präzisieren, dass die vom Bundesrat ernannten höheren Führungskräfte alle in der Lohnklasse 32 und höher eingereiht sind.

Kaderentwicklung Auch zur Kaderförderung und Kaderentwicklung besteht eine Rechtsgrundlage: Gemäss Absatz 2 Buchstabe c (Personalpolitik) von Artikel 4 des Bundespersonalgesetzes (BPG) 24 haben die Arbeitgeber geeignete Massnahmen zur Kaderförderung und Managemententwicklung zu treffen.

Gründe für die Kündigung des Arbeitsvertrags Nach Artikel 12 Absatz 6 Buchstabe f BPG gilt der Wegfall einer gesetzlichen oder vertraglichen Anstellungsbedingung als Grund für die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Artikel 26 BPV präzisiert die vertraglichen Anstellungsbedingungen: So ist gemäss Arbeitsvertrag mit den Staatssekretären, den Amtsdirektoren und den Vizekanzlern der Wegfall der gedeihlichen Zusammenarbeit mit dem Departementsvorsteher beziehungsweise mit dem Bundeskanzler ein Grund für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber (Abs. 1). Zudem hält der Arbeitsvertrag mit den Generalsekretären fest, dass der fehlende Zusammenarbeitswille des Departementsvorstehers ein Grund für eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist (Abs. 3).

22

23 24

Vgl. Kap. 3.2 und 4.2.2.4 des Berichts der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee (BBl 2009 3425).

Vgl. Nachkontrolle zur Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 12.4.2013 (BBl 2013 6241).

Vereinbarung 2009 zwischen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und dem Bundesrat betreffend die Aufsicht in personalrechtlichen Angelegenheiten.

SR 172.220.1

2811

Wegen dieser noch direkteren Beziehungen zwischen Generalsekretär und Departementsvorsteher wurde darauf verzichtet, die Ernennungen von Generalsekretären in diese Untersuchung einzubeziehen.

2.2

Untersuchte Ernennungen

Von den im Jahre 2012 verzeichneten Ernennungen entsprechen 37 den Auswahlkriterien25. Abbildung 2 veranschaulicht, wie sich diese Ernennungen auf die Departemente und Funktionen verteilen: ­

Vier Direktoren, wovon drei im EFD und einer im EDI;

­

zwei Staatsekretäre, wovon einer im EVD und einer im EDA;

­

elf stellvertretende Direktoren, wovon einer im EVD, einer im VBS, vier im EJPD und fünf im UVEK;

­

im Rahmen der Karrieresysteme des VBS und des EDA wurden mit elf beziehungsweise neun Fällen relativ viele Ernennungen vorgenommen.

Abbildung 2

Untersuchte Fälle nach Departementen und Funktionen (2012)

Die im Jahr 2012 untersuchten 37 Fälle wurden mit 44 Ernennungen zwischen 2009 und 2011 verglichen. Abbildung 3 zeigt die Verteilung nach Funktionen für alle untersuchten Fälle.26

25 26

Vgl. Materialienband, Kap.1.4.

Angesichts der hohen Anzahl Ernennungen im Rahmen der diplomatischen und der militärischen Laufbahn wurden diese Fälle für den Zeitraum 2009­2011 nicht berücksichtigt.

Bei den unter «Andere» eingestuften Ernennungen handelt es sich um Ad-interimErnennungen im Zusammenhang mit der Schaffung besonderer Funktionen.

2812

Abbildung 3 Verteilung der Fälle nach Funktionen (81 Fälle 2009­2012)

3

Ergebnisse

Die Untersuchungsergebnisse in Bezug auf die Ernennungen von Direktoren, Staatssekretären und stellvertretenden Direktoren werden kapitelweise nach den Evaluationsfragen (Kap. 3.1­3.6)27 (Tabelle 1) präsentiert (17 Ernennungen im Jahr 2012 und Vergleich mit 44 Ernennungen in den Jahren 2009­2011).

Die Untersuchungsergebnisse in Bezug auf die Ernennungen im Rahmen des Karrieresystems im militärischen Bereich (elf Fälle) und des Karrieresystems im diplomatischen Bereich (neun Fälle) werden in einer anderen Form dargestellt (Kap. 3.7 und 3.8)28, da hier das Verfahren (Bedarfsanalyse, Suchstrategie, Auswahlverfahren) zuweilen anders gegliedert ist. Die Untersuchung der Karrieresysteme beschränkt sich auf die Ernennungen im Jahr 2012.

3.1

Bedarfsanalyse

Die Bedarfsanalyse ist eine grundlegende Vorstufe des Rekrutierungsprozesses. In dieser Phase werden die Zweckmässigkeit und das Anforderungsprofil der Stelle sowie die in diesem Zusammenhang laufenden oder anstehenden Veränderungen geprüft.

27 28

Vgl. Materialienband, Kap. 2 bis 7.

Vgl. Materialienband, Kap. 8 und 9.

2813

Ist die Bedarfsanalyse angemessen?

Die Bedarfsanalyse wird generell als gut bewertet, weil auf Departementsstufe eine systematische Prüfung durchgeführt wird. Allerdings fehlen strategische Überlegungen auf Bundesratsstufe.

In den untersuchten Fällen wurden die Bedarfsanalysen systematisch und seriös durchgeführt (Abbildung 4). In zwei Fällen fehlt die Information zu dieser Analyse, was aber nicht bedeutet, dass sie nicht vorgenommen wurde. Dieser Phase wird somit die notwendige Bedeutung beigemessen.29 Die Direktorenfunktion ist in der Regel nicht erheblichen Veränderungen unterworfen. Grösser ist das Änderungspotenzial bei den Stellen der stellvertretenden Direktoren, weil hier häufig die Funktionen des Stellvertreters und des Abteilungsleiters kumuliert werden. So werden bei einem Abgang oder einer Vakanz die in der betroffenen Einheit laufenden oder anstehenden Veränderungen sowie die Reorganisationsmöglichkeiten oder gar allfällige Einsparpotenziale in die Bedarfsanalyse einbezogen. In mehreren Fällen haben diese Analysen zu konkreten Änderungen geführt.

Die dem Bundesrat unterbreiteten Vorschläge enthalten in der Regel auch die Bedarfsanalyse, in einigen Fällen bildet aber die Vakanz den einzigen Rechtfertigungsgrund.

Abbildung 4 Bewertung der Bedarfsanalyse (17 Fälle, 2012)

29

Hier ist auf eine Praxis hinzuweisen, die im Jahr 2012 nicht vorkam, aber in den Jahren zuvor und danach: die Schaffung einer Stelle, die auf die Karrierebedürfnisse eines höheren Kaderangehörigen oder auf einen Amtsdirektor, von dem sich der Departementsvorsteher trennen will, zugeschnitten ist. Diese Stellenschaffungen ohne vorausgehende Bedarfsanalyse werfen Fragen auf, die im Rahmen dieser Evaluation nicht behandelt worden sind.

2814

Die Bedarfsanalyse wird stets auf Departementsstufe vorgenommen. In dieser Phase wird der Bundesrat weder einbezogen noch schaltet er sich in diesen Prozess ein.

Wegen der starren Departementalisierung dieser vorentscheidenden Verfahrensstufe kann der Bundesrat keine grundlegenden Überlegungen anstellen über die Verwaltungsorganisation, über Synergiepotenziale oder über eine (neue) Definition der Querschnittsaufgaben in der Verwaltung, dies obgleich die Ämter in reger interdepartementaler Beziehung zueinander stehen.

3.2

Suchstrategie

Gemäss den befragten Fachpersonen hat die zunehmende Komplexität der Aufgaben höherer Führungskräfte zur Folge, dass der Kreis der potenziellen Kandidaten immer kleiner wird. Die Suchstrategie ist deshalb umso entscheidender und muss darauf ausgerichtet sein, sämtliche potenziellen Kandidaten zu erreichen.

Ist die Suchstrategie angemessen?

Die Suchstrategie und ihre Qualität hängen vor allem mit der Stellenfunktion und der diesbezüglichen Politik des Departementes ab. Die Suchstrategie ist im Allgemeinen angemessen. Bei den Stellen der stellvertretenden Direktoren mangelt es jedoch an nachwuchsstrategischen Überlegungen. Die Ausschreibungspraxis ist ­ ausser bei den Direktorenstellen des EDA­ zweckmässig. Im Übrigen sind die Gründe für den Verzicht auf eine Ausschreibung nicht klar ersichtlich. Die direkten Kandidatenanfragen schliesslich sind nicht immer angemessen, wenn sie auf der Stufe des Departementsvorstehers erfolgen.

Abbildung 5 Bewertung der Suchstrategie (17 Fälle, 2012)

2815

Suchstrategie ohne strategische Nachwuchsförderung Bei den Amtsdirektorenstellen ist die Suchstrategie angemessen und mit der durchgeführten Bedarfsanalyse kohärent (Abbildung 5).

Bei einer der Staatssekretärenstellen wird die Kandidatensuche als schlecht taxiert, weil sie nur sehr eingeschränkt und wenig transparent war, es gab keine Information und kein Treffen mit den potenziellen Kandidaten.

Die grosse Herausforderung bei der Kandidatensuche besteht darin, das Verfahren nicht schon am Anfang abzubrechen beziehungsweise nur ein Pro-forma-Verfahren durchzuführen, wenn der Departementsvorsteher (bzw. der Amtsdirektor bei der Auswahl seines Stellvertreters) einen Favoriten hat. Denn obschon es klar oder logisch ist, dass ein Departementsvorsteher einen Favoriten hat, kann dies zu verschiedenen Problemen führen, weil damit ein ungünstiges Signal an den Favoriten selbst («einziger» Kandidat) und an die Öffentlichkeit gegeben wird und weil mit der fehlenden Gegenüberstellung mit anderen Kandidaten jegliche Konkurrenz unterbunden und jegliche Aussicht auf einen möglicherweise noch besseren Kandidaten vereitelt wird.

Bei der Suche nach stellvertretenden Direktoren scheint zwar die Suchstrategie mit der Bedarfsanalyse in den meisten Fällen kohärent zu sein, doch stellt sich hier die Frage nach der Nachwuchsförderung. Da im Falle der stellvertretenden Direktoren das Auswahlverfahren normalerweise in der Hand des Amtsdirektors liegt, stellt weder der Departementsvorsteher noch der Bundesrat Überlegungen zur Nachwuchsförderung an. Nach den Aussagen verschiedener befragter Personen wird erst nach einem Nachfolger gesucht, wenn eine Stelle frei wird, ohne dass vorher etwas in Sachen interner Kaderförderung oder Kaderentwicklung unternommen worden wäre. Einzig das VBS und das EDA (für das Karrieresystem) haben eine eigentliche Kaderförderungsstrategie.

Bis auf einige Ausnahmen angemessene Ausschreibungspraxis Gemäss Artikel 7 BPG müssen freie Stellen öffentlich ausgeschrieben werden. Die Ausschreibung wird in der Verwaltung als gutes Instrument erachtet, dies nicht nur deshalb, weil sich dadurch auch externe Kandidaten melden, auf die das Departement nicht gekommen wäre, sondern auch deshalb, weil eine Ausschreibung in der Regel ein sorgfältiges Auswahlverfahren mit sich bringt und ein Garant für Transparenz
und für das Vertrauen der Öffentlichkeit ist.

Von den 17 Fällen, die (neben den 20 Fällen im Bereich der Karrieresysteme des VBS und des EDA) untersucht wurden, ist in sieben Fällen eine Ausschreibung durchgeführt worden (Tabelle 2), nämlich bei drei von vier Direktorenstellen, bei einer von zwei Staatssekretärenstellen und bei drei von elf Stellen des stellvertretenden Direktors bzw. stellvertretenden Generalsekretärs. Bei der Direktorenstelle wurde der Verzicht auf die Ausschreibung klar begründet, nicht aber bei der Staatssekretärenstelle. In fünf Fällen ging die Funktion des stellvertretenden Direktors mit einer anderen Funktion einher (insbesondere mit derjenigen des Abteilungsleiters als Vizedirektor), wodurch der Verzicht auf eine externe Ausschreibung als angemessen erschien (in den drei weiteren Fällen war entweder keine Information verfügbar oder das Kriterium nicht anwendbar).

2816

Tabelle 2 Art der Ausschreibung Funktion

Externe Ausschreibung

Interne Ausschreibung

Keine Ausschreibung

Staatssekretär

1

1

Direktor

3

1

Stellvertretender Direktor

3

8

Karrieresystem VBS

2

Karrieresystem EDA

3

6

8

1

Keine Ausschreibungen für oberste Kaderstellen des EDA Die Ernennung der Staatssekretäre im EDA erscheint nicht als kohärent. So wurde im Zeitraum 2009­2011 die Stelle des Staatssekretärs im Rahmen des Karrieresystems vergeben, wie aus dem Wahlantrag an den Bundesrat hervorgeht. 2012 wurde die Stelle ausserhalb des Karrieresystems vergeben, aber nicht ausgeschrieben.

Zudem wurden die beiden zwischen 2009 und 2011 im EDA vergebenen Direktorenstellen nicht ausgeschrieben. Dies zeigt, dass das Karrieresystem dazu benutzt werden kann, die fehlende Ausschreibung in zuweilen fraglichen Fällen ­ wie bei der Funktion eines Direktors, die keine diplomatische Laufbahn voraussetzt ­ zu rechtfertigen.

Demgegenüber unterscheidet das VBS in seinen Wahlanträgen an den Bundesrat klar zwischen Stellen der militärischen Laufbahn und anderen Stellen.

Die Gründe für den Verzicht auf eine Ausschreibung sind zuweilen nicht klar ersichtlich oder werden nicht untersucht Verzichte auf Ausschreibungen werden selten näher begründet. Es lässt sich deshalb nicht feststellen, ob sie gerechtfertigt sind oder nicht. Artikel 22 BPV verlangt zwar, dass das EFD über die wichtigen Gründe eines Ausschreibungsverzichts orientiert wird; diese Bestimmung wird aber nicht näher erläutert und läuft auf keine Massnahme hinaus. Dies hat zur Folge, dass diese Informationsvorgabe nicht konkret befolgt wird. Wie aus den Befragungen hervorgeht, weiss niemand, wer mit dieser Information was macht und wann und in welcher Form diese gegebenenfalls dem EFD zugestellt werden muss.

Die Form der direkten Kandidatenanfrage ist zuweilen unangemessen Manchmal werden Ausschreibungen durch direkte Kandidatenanfragen ersetzt oder ergänzt. Dabei werden Personen, welche dem Anforderungsprofil entsprechen, persönlich kontaktiert. Diese Kontakte basieren entweder auf einer Arbeitsmarktsondierung durch einen Experten (Executive Search) oder sie werden vom Departementsvorsteher selbst aufgrund seiner Beziehungen hergestellt.

Im Rahmen der Kandidatensuche für zwei Direktorenstellen wurde die Ausschreibung mit Direktkontakten durch einen externen Experten ergänzt. Diesem Vorgehen lag der Wille des betroffenen Departementes (EFD) zugrunde, den gesamten Arbeitsmarkt von unabhängiger Seite professionell und systematisch zu sondieren

2817

(diese Methode wurde in zwei von drei Fällen angewendet, im dritten Fall war sie nicht anwendbar).

In den vier Fällen betreffend Direktoren- oder Staatssekretärenstellen nahm der Departementsvorsteher oder sein engstes Umfeld (Generalsekretär, persönlicher Mitarbeiter) Direktkontakte auf. Die direkten Kontaktaufnahmen durch den Departementsvorsteher selbst (im Falle der beiden im Jahr 2012 ernannten Staatssekretäre) werfen Fragen in Bezug auf die Folgen dieses Vorgehens auf. Erfolgt dieser Kontakt nämlich an höchster Stelle, löst dies in relativ starkem Masse einen Erwartungsdruck auf der einen und eine Erwartungshaltung auf der andern Seite aus, was die Entscheidung erheblich beeinflussen kann.

Gemäss den befragten Fachpersonen ist es in der Privatwirtschaft die Regel, dass für höhere Führungskräfte ein externer Experte beigezogen wird, weil ein Unternehmen auch dann, wenn sehr gute betriebsinterne Bewerbungen vorliegen, Vergleiche zwischen internen und externen Kandidaten ziehen will.

3.3

Auswahlverfahren

Ist das Auswahlverfahren vollständig, objektiv und kohärent?

Das Instrumentarium ist bei der Auswahl von Amtsdirektoren häufig vollständig, bei den Staatssekretären teils inexistent und bei den stellvertretenden Direktoren oft unbekannt. Während die Auswahlverfahren je nach Fall unterschiedlich objektiv sind, können sie in der Regel als kohärent bezeichnet werden. Die Departementsvorsteher werden im Allgemeinen ­ ausser im Fall der stellvertretenden Direktoren ­ gut in das Auswahlverfahren einbezogen.

Im Jahr 2009 hatte der Bundesrat angekündigt, dafür zu sorgen, dass die Nachvollziehbarkeit des Wahlgeschäfts bezüglich Vorgehen, Auswahlverfahren und Entscheid jederzeit gewährleistet ist30. Wie aber die nachstehenden Ausführungen zeigen, konnten zahlreiche Ernennungen nicht bewertet werden, weil die für die Nachvollziehbarkeit erforderlichen Informationen fehlten. In einigen Fällen wurden die Informationen der PVK erst zur Verfügung gestellt, als der Berichtsentwurf den Departementen zur Konsultation vorgelegt wurde.

In der gleichen Stellungnahme kündigte der Bundesrat an, dass künftig dem zuständigen Departementsvorsteher oder der zuständigen Departementsvorsteherin für jeden vom Bundesrat zu treffenden Personalentscheid Grundlagen u.a. in Bezug auf die fachliche, führungsmässige, persönliche und charakterliche Eignung des Kandidaten zur Verfügung stehen sollen. Weiter führte er aus, dass zur Ermittlung der führungsmässigen sowie der persönlichen und charakterlichen Eignung für den engsten Kandidatenkreis geeignete Verfahren angewendet werden (z.B. Assessments) und dass die Ergebnisse der Eignungsprüfung von der ergebnisverantwortlichen Person gewürdigt und schriftlich festgehalten werden.

30

Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates (BBl 2009 3481).

2818

Diese Informationen werden den Departementsvorstehern in gewissen, aber nicht konsequent in allen Fällen zur Verfügung gestellt. Zudem werden sie selten schriftlich festgehalten, mit Ausnahme der Assessments, wo solche durchgeführt werden (Expertenbericht).

Ist das Selektionsinstrumentarium vollständig?

Das Instrumentarium ist bei der Auswahl von Amtsdirektoren häufig vollständig, bei den Staatssekretären teils inexistent und bei den stellvertretenden Direktoren oft unbekannt.

In der ersten Phase eines Auswahlverfahrens werden aus der vollständigen Kandidatenliste diejenigen Bewerber bestimmt, welche den festgelegten Kriterien entsprechen und in die engere Auswahl kommen. Darauf folgen eine oder mehrere von einem externen Experten, dem Generalsekretär und dem Departementsvorsteher geführte Vorstellungsrunden mit den Kandidaten. Diese Phase kann mit Assessments und Referenzen ergänzt werden.

Das Instrumentarium wird nach den eingesetzten Instrumenten und deren Komplementarität bewertet.

Als gut taxiert wird es in Bezug auf sämtliche Direktorenstellen und auf eine Staatssekretärenstelle. Bei einer Staatssekretärenstelle wird es als schlecht bewertet, weil es in dieser Phase inexistent war (Abbildung 6).

In mehr als der Hälfte der Stellen des stellvertretenden Direktors gibt es keine Information über die eingesetzten Instrumente. Die Art und Weise, wie der Direktor seinen Stellvertreter aus den Vizedirektoren auswählte, ist nicht ersichtlich und dem Departement nicht bekannt.

Abbildung 6 Bewertung des Selektionsinstrumentariums (17 Fälle, 2012)

2819

Ist das Auswahlverfahren objektiv?

Unterschiedliche Objektivität Die Objektivität des Verfahrens wird bewertet nach der Art und Weise, wie die Instrumente im Selektionsprozess eingesetzt wurden, das heisst, ob sie systematisch auf alle Kandidaten angewendet, ob externe Meinungen eingeholt und ob alternative Bewerbungen in Betracht gezogen wurden. Bei drei Viertel der im Jahr 2012 ernannten Direktoren erweist sich das Auswahlverfahren als objektiv; bei einer der beiden Staatssekretärenstellen wird die Objektivität als mittelmässig, bei der anderen als schlecht taxiert (Abbildung 7).

Bei den stellvertretenden Direktoren ist die Verfahrensobjektivität dort, wo eine Beurteilung dieses Kriteriums möglich war (d.h. in vier von elf Fällen), gut. In den sieben anderen Fällen lag entweder dem Departement keine Information vor oder war das Kriterium nicht anwendbar.

Abbildung 7 Bewertung der Objektivität des Auswahlverfahrens, gegliedert nach Funktion (17 Fälle, 2012)

Ist das Auswahlverfahren kohärent?

Gute Kohärenz der durchgeführten Verfahren Die Verfahrenskohärenz wird hinsichtlich der Zeitlichkeit der Verfahrensschritte (Bewerbungen, Gespräche, Assessments) sowie hinsichtlich der Konformität der eingesetzten Instrumente mit der Bedarfsanalyse und der Suchstrategie bewertet.

Es zeigt sich, dass das Auswahlverfahren bei sämtlichen Direktorenstellen kohärent war (Abbildung 8). Bei den beiden Staatssekretärenstellen konnte die Verfahrenskohärenz in einem Fall mangels Informationen über die Bedarfsanalyse nicht bewertet werden; im andern Fall wird die Kohärenz als mittelmässig taxiert, weil gegen Ende des Verfahrens ein neuer Kandidat auftrat. Bei den stellvertretenden Direktoren wird

2820

die Verfahrenskohärenz in sechs von elf Fällen als gut bewertet; in den fünf anderen Fällen war mangels Information keine Bewertung möglich.

Abbildung 8 Bewertung der Kohärenz des Auswahlverfahrens, gegliedert nach Funktion (17 Fälle, 2012)

Einbezug des Departementsvorstehers Gute Einbindung, ausser bei den stellvertretenden Direktoren Angesichts der Verantwortung, welche die höheren Führungskräfte tragen, sowie angesichts dessen, dass deren Anstellung einer der strategisch bedeutsamsten Entscheide eines Departementsvorstehers ist und dieser zudem als Einziger an den Bundesratssitzungen teilnimmt, dürfte es auf der Hand liegen, dass der Departementsvorsteher in das Auswahlverfahren einbezogen werden muss. Aus diesem Grund wird nachstehend der Einbezug des Departementsvorstehers bewertet.

Es zeigte sich, dass bei der Auswahl von Amtsdirektoren die Departementsvorsteher konsequent einbezogen werden (Abbildung 9).

Bei den beiden Staatssekretärenstellen wird dieser Einbezug in einem Fall als gut und im andern als mittelmässig taxiert. Diese Durchschnittsnote lässt sich damit erklären, dass der Departementsvorsteher zwar stark in das Verfahren einbezogen war, dass er aber keinen anderen Kandidaten als den von ihm vorgeschlagenen traf.

Bei den stellvertretenden Direktoren wird der Einbezug des Departementsvorstehers in sechs von elf Fällen als schlecht bewertet, weil in diesen Fällen der Departementsvorsteher mit dem Kandidaten, der dem Bundesrat vorgeschlagen wurde, kein Gespräch geführt hatte und über das auf Amtsdirektorenstufe geführte Auswahlverfahren keine Informationen vorlagen.

2821

Abbildung 9 Bewertung des Einbezugs des Departementsvorstehers in das Auswahlverfahren, gegliedert nach Funktion (17 Fälle, 2012)

3.4

Informationsgrundlagen des Bundesrates

Stützt sich der Bundesrat auf vollständige und zuverlässige Informationen?

Der Bundesrat verfügt zu den Wahlgeschäften nur über eine beschränkte Dokumentation; diese ist oft unvollständig und von unterschiedlicher Qualität. Die Modalitäten des Auswahlverfahrens werden nur in einem Viertel der Fälle angegeben, die entscheidenden Auswahlkriterien sind intransparent, das Ergebnis der Sicherheitsprüfung ist nur in der Hälfte der Fälle bekannt und manchmal sind die diesbezüglichen Informationen ungenau. Gegebenenfalls werden in der Bundesratssitzung zusätzliche Informationen mündlich geliefert; diese werden jedoch nicht protokolliert.

Uneinheitliche und unvollständige schriftliche Informationsgrundlagen Die dem Bundesrat von den Departementen unterbreiteten Wahlvorschläge weisen eine insgesamt eher negative Bewertung auf. Wie die untersuchten Fälle aus dem Jahr 2012 zeigen, sind nur gerade die Vorschläge für einen Direktor und zwei stellvertretende Direktoren für gut befunden worden (Abbildung 10).

In sechs Fällen (drei Direktoren und drei stellvertretende Direktoren) erhalten die Vorschläge eine mittelmässige Bewertung, weil die entscheidenden Auswahlkriterien oder die Gründe für eine fehlende Ausschreibung nicht genannt wurden. Mit anderen Worten: In diesen Fällen kann anhand des Vorschlags nicht eruiert werden, weshalb ein bestimmter Kandidat einem anderen vorgezogen wurde.

2822

In acht Fällen (zwei Staatssekretäre und sechs stellvertretende Direktoren) erhalten die unterbreiteten Vorschläge schlechte Noten. Neben mangelnder Transparenz bezüglich Auswahlkriterien und Auswahlverfahren waren in diesen Fällen oft auch lückenhafte Informationen bezüglich der Personensicherheitsprüfung feststellbar.

Abbildung 10 Bewertung der Vorschläge der Departemente, gegliedert nach Funktionen (17 Fälle, 2012)

Bei der Bewertung der Vorschläge ging die PVK vom Grundsatz aus, dass der Bundesrat im Vorfeld dieser wichtigen Ernennungen so umfassend und genau wie möglich informiert sein muss. Dabei geht es einerseits um Informationen zum Auswahlverfahren und zu den verwendeten Instrumenten, andererseits um Informationen zu den entscheidenden Auswahlkriterien gemäss den Erklärungen des Bundesrates31. Können diese massgebenden Informationen aus Vertraulichkeitsgründen dem Bundesrat nicht weitergegeben werden, muss dieser nach Auffassung der befragten Experten und der PVK eine Instanz ernennen, die diese Kriterien überprüft und so ein einwandfreies Verfahren gewährleistet. Andere Organisationen mit vergleichbaren oder noch höheren Vertraulichkeitsanforderungen (zum Beispiel börsenkotierte Unternehmen) verfügen über verschiedene Methoden zur Gewährleistung der Verfahrensqualität (Überprüfung durch Peer-Review, Ernennungsausschuss, neutrale Einrichtung).

Entscheidende Auswahlkriterien können im Allgemeinen nur durch einen Vergleich mit anderen Bewerbungen bewertet werden. Gerade in diesem Punkt sind gewisse Vorschläge lückenhaft, weil sie nicht (auch nicht in anonymisierter Form) auf alternative Bewerberprofile, auf deren Vor- und Nachteile oder auf besonders ausschlaggebende Elemente eingehen.

31

Schreiben des Bundesrates an die GPK-N vom 21.4.2010: Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee.

Standbericht zur Umsetzung der Empfehlungen 1­6.

2823

Der Bundesrat hat der GPK bereits mitgeteilt, dass die Dokumente aus Diskretionsgründen normalerweise keine Informationen zu den nicht berücksichtigten Kandidaten enthalten. Die meisten der in den Departementen befragten Personen räumten ein, dass die Vorschläge, die an den Bundesrat weitergeleitet werden, aus Angst vor Indiskretionen keine sensiblen Informationen enthalten. Diese werden an der Bundesratssitzung gegebenenfalls mündlich nachgeliefert.

Einige der in den Departementen befragten Personen führten an, dass es deshalb für die Wahlbehörde, das heisst für die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher schwierig sei, die Vorschläge anderer Departemente richtig einzuschätzen. Oft ist es nicht möglich, sich anhand der Vorschläge ein Bild darüber zu verschaffen, worin sich eine vorgeschlagene Person von anderen Kandidaten unterscheidet und ob sie über das erforderliche Anforderungsprofil verfügt. Die Wahlzuständigkeit des Bundesrates ist somit eher formeller Art.

Informationen zum Auswahlverfahren nur bei externen Ausschreibungen Wenn es sich nicht um eine externe Ausschreibung handelt, werden weder das Verfahren noch die eingesetzten Instrumente erwähnt. Das heisst, dass drei Viertel der Vorschläge an den Bundesrat (60 von 81) keine Angaben über das Auswahlverfahren enthalten.

In den 81 untersuchten Auswahlverfahren zwischen 2009 und 2012 wurde die offene Stelle in 24 Fällen ausgeschrieben. In diesen Fällen enthielten die Vorschläge fast ausnahmslos die erforderlichen Informationen wie zum Beispiel die Anzahl der Bewerbungen, gegliedert nach Sprache und Geschlecht, sowie ­ in einem geringeren Masse ­ Informationen zu den Auswahlinstrumenten.

Wenig aussagekräftige Auswahlkriterien Wenn überhaupt auf die Auswahlkriterien eingegangen wird, dann handelt es sich meist um sehr allgemeine Kriterien zu den Kompetenzen des Kandidaten, die jedoch keinen Rückschluss darauf zulassen, weshalb eine bestimmte Person ausgewählt wurde und eine andere nicht. Es versteht sich, dass die Erwähnung der anderen Kandidatennamen heikel ist. Es ist jedoch nicht verständlich, weshalb das Hauptauswahlkriterium meist im Dunkeln bleibt.

In der Hälfte der Fälle entschied der Bundesrat, ohne das Ergebnis der Sicherheitsprüfung zu kennen Nur die Hälfte der vom Bundesrat vorgenommenen Ernennungen beruht auf einem Vorschlag,
in dem das Ergebnis der Sicherheitsprüfung angeführt war (Tabelle 3).

Hier ist zu erwähnen, dass das VBS systematisch Sicherheitsprüfungen durchführt (zwölf Fälle). Dasselbe gilt auch für das EDI, doch gibt es hier nur einen Fall. In der anderen Hälfte der Fälle wurden die Sicherheitsprüfungen im Allgemeinen erst nach dem Entscheid des Bundesrates eingeleitet.

In drei Fällen waren die Informationen zu den Sicherheitsprüfungen in den Wahlvorschlägen an den Bundesrat gemäss PVK unvollständig oder ungenau.

In einem Fall wurde im Wahlvorschlag erwähnt, dass bei der zuständigen Stelle ein Gesuch um Sicherheitsprüfung gestellt wurde. In Wirklichkeit wurde das Gesuch jedoch erst zehn Monate nach dem Entscheid des Bundesrates gestellt.

2824

Tabelle 3 Sicherheitsprüfungen (37 Fälle, 2012) Sicherheitsprüfung vor Vorschlag durchgeführt

VBS EDI UVEK EFD EDA EVD EJPD

12 1 3 2

Total

18

Gesuch vor Vorschlag gestellt

Gesuch nach Vorschlag gestellt

Gesuch nach Vorschlag gestellt

Mit Vorbehalt

Mit Vorbehalt

Ohne Vorbehalt

Andere

2

1 3

1 5 1 2 9

3

232 2

3

4

In zwei Fällen (Tabelle 3, EJPD, «Andere») wurde in den Vorschlägen des Departements erwähnt, dass Sicherheitsprüfungen vorgenommen worden seien, allerdings keine Angaben zur Prüfstufe gemacht. Wie sich herausstellte, handelte es sich um erweiterte Personensicherheitsprüfungen nach Artikel 11 PSPV. Gemäss PVK wären für die beiden Stellen des stellvertretenden Direktors indessen erweiterte Personensicherheitsprüfungen mit Befragung nach Artikel 12 PSPV angezeigt gewesen.

In seiner Stellungnahme vom Mai 201333 hält das EJPD fest, dass die PSPV nicht für jede Funktion die Prüfstufe vorgebe und deshalb nicht behauptet werden könne, diese Prüfstufe sei unangemessen. In Artikel 12 PSPV ist aber klar formuliert, dass die Fachstelle Personensicherheitsprüfung der Bundeskanzlei bei Personen, die vom Bundesrat ernannt werden, die erweiterte Personensicherheitsprüfung mit Befragung durchführt.

Die Auslegung des EJPD ist deshalb mit Vorsicht aufzunehmen. Die Stellungnahmen des Bundesrates zuhanden der GPK sowie die Praxis aller anderen Departemente lassen in diesen Punkt jedenfalls keine Zweifel zu.

­

32 33 34

In seinem Standbericht vom 21. April 201034 hielt der Bundesrat fest, dass das Vorleben und das Umfeld einer geprüften Person nur mit einer Sicherheitsprüfung nach Artikel 12 umfassend abgeklärt und beurteilt werden können. Sicherheitsprüfungen nach Artikel 10 oder 11 (ohne Befragung) sind gemäss Bundesrat nicht geeignet, die Risiken der höchsten Amtsträger des Landes in genügender Weise abzuklären. Eben diesem Umstand wurde bei der Erarbeitung der PSPV Rechnung getragen.

Es handelt sich um zwei Ernennungen vom November 2012, bei denen zum Zeitpunkt der Untersuchung der PVK noch kein Gesuch gestellt worden war.

Stellungnahme des EJPD vom Mai 2013 zum Entwurf des PVK-Berichts Schreiben des Bundesrates an die GPK-N vom 21.4.2010: Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee.

Standbericht zur Umsetzung der Empfehlungen 1­6.

2825

­

In seiner Stellungnahme vom 29. Mai 201335 weist der Bundesrat darauf hin, dass für die beiden oben erwähnten Ernennungen des EJPD die erweiterten Personensicherheitsprüfungen mit Befragung (Art. 12 PSPV) in Auftrag gegeben worden seien. Dadurch wird die ebenfalls vom Mai 2013 datierte Stellungnahme des EJPD zum Entwurf dieses Berichts schwer nachvollziehbar.

Im Zeitraum 2009­2011 wurde nur in einem Viertel der 44 untersuchten Fälle bereits vor dem Entscheid des Bundesrates eine Sicherheitsprüfung vorgenommen.

In einem weiteren Viertel der Fälle enthielten die Vorschläge einen Vorbehalt. In 20 Fällen wurden gar keine Informationen zu diesem Thema gegeben. Obwohl diese Fälle allesamt in die Zeit nach der Inspektion der GPK-N zur Affäre Nef fallen, waren die normativen Grundlagen noch nicht angepasst worden und es herrschte Unsicherheit über den genauen Prüfungszeitpunkt.

Zwei Vorschläge dieses Zeitraums stechen aufgrund ihrer erstaunlichen Kommentare zur Sicherheitsprüfung besonders hervor: ­

Im einen Fall (Ende 2010) wurde angeführt, dass keine Sicherheitsprüfung nötig sei, obwohl es sich um die Ernennung eines Amtsdirektors handelte.

­

Im andern Fall (2009) wurde angeführt, dass die Prüfung zwar nicht nötig gewesen wäre, der Kandidat aber trotzdem vom Departement bezüglich der Risiken befragt worden sei. Dieser habe klar und überzeugend geantwortet.

Dieser Fall ist in gewisser Weise symptomatisch für die geringe Bedeutung, die den Sicherheitsprüfungen beigemessen wird, denn es handelte sich um die Ernennung des Direktors eines grossen Bundesamtes mit Zugang zu sensiblen Daten.

Mündliche Informationen und Indiskretionen Mit der Unterbreitung des Wahlantrags des Departementes an den Bundesrat wird das Mitberichtsverfahren eröffnet. Da die Zustellung jedoch oft sehr spät erfolgt (in vielen Fällen erst am Vorabend der Bundesratssitzung), ist es praktisch unmöglich, einen Mitbericht zu verfassen.

So gab es denn auch nie Mitberichte von Seiten der anderen Departementsvorsteher.

Es kommt zwar vor, dass Departementsvorsteher Kontakt aufnehmen, um zu informieren oder sich informieren zu lassen, doch dies ist nicht die Regel.

Gemäss den meisten befragten Personen stellt die Vertraulichkeit bei Verfahren, welche den Bundesrat einbeziehen, immer wieder ein Problem dar. Dies betreffe nicht nur Personalentscheide, sondern sämtliche Bundesratsgeschäfte. Einige Departemente erklären, dass sie unter diesen Indiskretionen leiden und diese für sie inakzeptabel sind, vor allem dann, wenn in den Medien bereits bestimmte Namen kursieren, obwohl das Ernennungsverfahren noch gar nicht abgeschlossen ist. Dies kann sich nicht nur auf den Ausgang des Verfahrens, sondern auch auf die betroffenen Personen und deren Karriere auswirken.

35

Nachkontrolle der Inspektion der GPK-N über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee; Bericht der GPK-N vom 12.4.2013; Stellungnahme des Bundesrates vom 29.5.2013.

2826

Die Angst vor Indiskretionen wird denn auch oft als Grund dafür angeführt, dass die Vorschläge zuhanden des Bundesrates eher kurz gehalten sind und keine Angaben über die wichtigen Aspekte des Verfahrens enthalten. Aufgrund dieses Risikos sind die Departemente der Ansicht, dass die Informationen nur in beschränktem Masse schriftlich weitergegeben werden sollten. Das hat zur Folge, dass die Gründe, die zur Ernennung einer bestimmten Person geführt haben, im Wahlantrag im Allgemeinen nicht genannt werden. Diese zentralen Informationen werden an der Bundesratssitzung gegebenenfalls mündlich von der Departementsvorsteherin oder vom Departementsvorsteher geliefert.

3.5

Nutzung des Handlungsspielraums durch den Bundesrat

Nutzt der Bundesrat seine Zuständigkeit bei Wahlgeschäften voll aus?

Keine rückverfolgbaren Interventionen des Bundesrates, ausser im Falle von Indiskretionen Im Rahmen der 81 untersuchten Ernennungen des Zeitraums 2009­2012: ­

gab es von den anderen Departementen nie Mitberichte zu den Wahlgeschäften;

­

wurde nie ein Kandidat vom Bundesrat befragt;

­

hat der Bundesrat nie einen Vorschlag abgelehnt;

­

hat der Departementsvorsteher in einem stark mediatisierten Fall (Staatssekretär SBFI) nach der Bundesratssitzung seinen Vorschlag zurückgezogen, ohne dabei aber einen eigentlichen Entscheid getroffen zu haben.

Von allen untersuchten Fällen ist dieser letzte Fall der einzige mit einer «greifbaren» Intervention des Bundesrates. Allerdings bestand diese gemäss den Informationen der PVK lediglich darin, dass man über den ersten Vorschlag geteilter Meinung war, einen Entscheid hat der Bundesrat dabei aber nicht getroffen. Dieser Fall wird oft als Beispiel angeführt, um aufzuzeigen, wie gut das System funktioniert und wie ernst der Bundesrat seine Wahlzuständigkeit nimmt. Dieser Fall zeugt aber auch vom Unvermögen, Geschäfte mit der nötigen Vertraulichkeit zu behandeln.

Grundsätzlich keine gegenseitige Einmischung Gemäss den befragten Personen werden die Vorschläge von den anderen Departementsvorsteherinnen und -vorstehern im Allgemeinen positiv aufgenommen. In der Regel hält man sich zurück und will sich nicht in die Wahlgeschäfte der anderen Departemente einmischen.

Insbesondere die Vorschläge für stellvertretende Direktoren, Missionschefs und höhere Stabsoffiziere sind innerhalb des Bundesrates fast immer unbestritten. Die Ernennung durch den Bundesrat ist somit zumeist eine reine Pro-forma-Angelegenheit.

Behandlung des Wahlgeschäfts durch den Bundesrat wirkt präventiv Wie die obigen Feststellungen zeigen, ist es nicht so sehr die direkte Intervention des Bundesrates, welche die Departemente zu vorsichtigem Handeln veranlasst, 2827

sondern vielmehr die Tatsache, dass das Wahlgeschäft vor den Bundesrat kommt.

Wie aus vielen Stellungnahmen hervorgeht, übt allein das Bewusstsein, dass das Geschäft im Bundesrat behandelt wird, einen gewissen Qualitätsdruck auf die Ernennungsvorschläge aus und schützt vor Willkür. Dies veranlasse die Departemente, bei ihren Vorschlägen besonders kritisch und vorsichtig vorzugehen und für transparente Abläufe zu sorgen.

3.6

Normative Grundlagen

Lässt sich mit den normativen Grundlagen eine angemessene Umsetzung gewährleisten?

Die unterschiedliche Handhabung der Wahlzuständigkeit scheint nicht in erster Linie mit den Rechtsgrundlagen zusammenzuhängen, auch wenn diese in bestimmten Punkten zu ungenau sein mögen (insbesondere was die Gründe für den Verzicht auf eine Ausschreibung angeht). Grund für diese Uneinheitlichkeit sind vor allem die Rolle, die sich der Bundesrat zuschreibt, und die unterschiedliche Praxis der Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher. Es stellt sich also die Frage, wie relevant die Wahlzuständigkeit des Bundesrates ist.

Überprüfung der Funktionen, die dem Bundesrat unterbreitet werden Artikel 2 Absatz 1 BPV legt fest, für welche Funktionen die Wahlzuständigkeit des Bundesrates gilt. Da die Wahlvorschläge für die meisten dieser Funktionen (stellvertretende Direktoren, Missionschefs, höhere Stabsoffiziere) aber weder Diskussionen auslösen noch die anderen Departemente überhaupt zu interessieren scheinen, kann man sich die Frage nach dem Zweck dieser Bestimmung stellen. Es dürfte wohl kaum Sinn dieses Verfahrens sein, die Ernennung durch den Bundesrat als rein symbolischen Akt zu sehen.

Ausserdem fällt die Neubesetzung von Führungspositionen (in den Bundesämtern und Staatssekretariaten) immer häufiger mit dem Wechsel an der Departementsspitze zusammen, was die Kontinuität, die mit der Ernennung durch den Bundesrat erreicht werden soll, in Frage stellt.

Unklarheit in Bezug auf die Gründe für den Verzicht auf die Ausschreibung und die Orientierung des EFD Artikel 22 BPV, der die Ausnahmen zum Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung (Art. 7 BPG) regelt, ist für die Praxis zu wenig ausführlich oder zu unklar formuliert.

Das hat zur Folge, dass diese Bestimmung, welche den zwingenden Charakter der öffentlichen Ausschreibung stärken sollte, nicht konkret angewendet wird.

Es gibt zwei Hauptprobleme: Erstens wird nicht angegeben, was unter «wichtigen Gründen» für den Verzicht auf eine Ausschreibung zu verstehen ist, zweitens wirft die vorgeschriebene Orientierung des EFD Fragen auf: «Aus wichtigen Gründen können die Departemente unter Orientierung des EFD im Einzelfall auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten» (Art. 22 Abs. 3 Bst. a BPV). Für die Praxis ist diese Bestimmung zu wenig genau, denn sie gibt
keinen Aufschluss über folgende Fragen: Zu welchem Zeitpunkt muss das EFD orientiert werden? Welchem Zweck dient die Orientierung des EFD?

In seiner aktuellen Form hat dieser Artikel keinen Nutzen.

2828

3.7

Karrieresystem im militärischen Bereich

Die Gruppe Verteidigung innerhalb des VBS verfügt über ein System für die militärische Karriereplanung. Die Berufsmilitärs werden professionell für ihre Aufgaben und Funktionen ausgebildet. Diese Gruppe verfügt also über ein eigenes Ausbildungs- und Auswahlverfahren.

Bedarfsanalyse, Suchstrategie und Auswahlverfahren: Rekrutierung und Ausbildung der Nachwuchskräfte auf Grundlage eines adäquaten Verfahrens Das Auswahlverfahren der Gruppe Verteidigung ist darauf ausgerichtet, guten Topkadernachwuchs zu finden und auszubilden. Dieses Vorgehen scheint kohärent und angemessen zu sein. Es birgt namentlich den Vorteil, dass dabei verschiedene, d.h. sowohl interne (innerhalb der Armeeführung) als auch externe (systematische Assessments) Meinungen berücksichtigt werden.

Das Verfahren und die Vorgaben bezüglich Ausbildung, Tests und Assessments werden eingehalten.

Die Assessments der Gruppe Verteidigung fügen sich kohärent in den Rahmen des internen Verfahrens zur Karriereplanung ein, d.h. sie werden nicht funktionsbezogen, sondern im Hinblick auf die Nachwuchsrekrutierung und Nachwuchsausbildung durchgeführt. Dies erklärt auch die auf den ersten Blick überraschende Tatsache, dass die Kandidaten für einen bestimmten Posten das Assessment zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Personen absolvieren.

Bedarfsanalyse, Suchstrategie und Auswahlverfahren: unklare Rolle der Nachfolgeplanung Die Nachfolgeplanung36 ist ein mehrstufiges Verfahren, das von der Bedarfsanalyse über die Kandidatensuche bis hin zum Nachfolgeentscheid führt.

Im Rahmen der diesbezüglichen Überlegungen und Diskussionen werden die Anforderungsprofile mit den Profilen potenzieller Kandidaten verglichen und davon ausgehend die geeigneten Personen ausgewählt.

Es stellt sich die Frage nach der «Gültigkeit» dieser Planung. In vielen Fällen wird diese nämlich im Rahmen eines Wahlvorschlags als Hauptargument herangezogen, wenn es sich bei der vorgeschlagenen Person um den designierten Nachfolger handelt. In einem Fall wurde aber nicht der designierte Nachfolger vorgeschlagen. Diese Praxisänderung wurde nicht in einem transparenten und offenen Verfahren begründet, sondern beruhte lediglich auf einem gemeinsamen Entscheid des Chefs der Armee und des Departementsvorstehers.

Inkohärenz zwischen Suchstrategie und Auswahlverfahren Die
Nachfolgeplanung (Auswahl) wird sachgemäss durchgeführt, die internen Ausschreibungen (Suche) scheinen hingegen rein formeller Natur zu sein.

Sinn des Planungsprozesses ist es, mittel- und langfristig die Nachfolge in den verschiedenen Funktionen sicherzustellen, indem mithilfe der eingesetzten Kontrollund Förderinstrumente eine fundierte Kenntnis über die potenziellen Kandidaten 36

Das konkrete Ergebnis dieser Planung ist eine Tabelle, die für jeden höheren Stabsoffizier den designierten Nachfolger und mögliche Alternativen nennt.

2829

erlangt wird. Wenn in der Planung ohnehin bereits designierte Nachfolger vorgesehen sind, scheint die Ausschreibung keinen grossen Sinn zu haben. In den beiden untersuchten Fällen des Jahres 2012 bewarb sich jeweils nur der designierte Nachfolger um den Posten.

Auswahlverfahren und Vorschlag zuhanden des Bundesrates: systematische Einhaltung der Bestimmungen zur Sicherheitsprüfung Alle Kandidaten, die dem Bundesrat vorgeschlagen werden, sind zuvor Gegenstand einer Personensicherheitsprüfung, d.h. die Vorschläge werden erst dann an den Bundesrat weitergeleitet, wenn das Ergebnis der Sicherheitsprüfung feststeht. In einem Fall wurde der ursprünglich vorgesehene Kandidat aufgrund des Ergebnisses der Sicherheitsprüfung aus dem Rennen genommen und dem Bundesrat ein anderer Kandidat vorgeschlagen.

Vorschlag zuhanden des Bundesrates: relativ undurchsichtiges Karrieresystem Die dem Bundesrat unterbreiteten Vorschläge zur Besetzung der Stellen von höheren Stabsoffizieren enthalten keine Angaben zum Auswahlverfahren (insbesondere keine Informationen zur Nachfolgeplanung). Diese Informationen könnten den Vorschlag entweder stützen (z.B. wenn es sich um die gemäss Planung designierte Person handelt) oder schwächen (wenn ohne klares Verfahren nicht die für den Posten vorgesehene Person vorgeschlagen wird).

Das Karrieresystem kann demnach unterschiedliche Verfahren in sich bergen. Die Flexibilität und der Handlungsspielraum des Chefs der Armee und des Departementsvorstehers müssen zwar gewährleistet werden, doch leidet in vielen Fällen die Transparenz darunter.

3.8

Karrieresystem im diplomatischen Bereich

Nach ihrer Zulassung zum diplomatischen Dienst auf Basis des Auswahlverfahrens («Concours») durchlaufen die diplomatischen Mitarbeiter während ihrer Laufbahn mehrere Etappen, in denen sie kontrolliert und beurteilt werden (Evaluation der Leistung und des Potenzials). Der diplomatische Dienst macht nur einen Bruchteil des gesamten Personalbestands des EDA aus (7%).

Bedarfsanalyse, Suchstrategie und Auswahlverfahren: Angemessen konzipierte, aber unterschiedlich eingesetzte Instrumente Die Konzeption der verschiedenen Instrumente ist kohärent und angemessen. Die Potenzialanalysen, die in regelmässigen Intervallen von der vorgesetzten Stelle durchgeführt werden, sowie die externen Assessments sind Instrumente, mit denen Personen ausgewählt werden können, welche die für einen künftigen Missionschef erforderlichen Eigenschaften aufweisen.

Die Anwendung dieser Instrumente ist allerdings fragwürdig. Die Qualität der Potenzialanalysen variiert erheblich von einem Vorgesetzten zum andern. Ausserdem werden nicht systematisch Assessments durchgeführt. Nur in fünf von neun untersuchten Fällen des Jahres 2012 lag zum Zeitpunkt der Auswahl durch das Departement ein positives Assessment-Ergebnis vor. In einem weiteren Fall erfolgte die Auswahl unter Vorbehalt der Durchführung eines Assessments; dessen Ergebnis war allerdings bekannt, als der Vorschlag dem Bundesrat unterbreitet wurde. In 2830

einem Fall mit kurzer Anstellungsdauer wurde entschieden, auf das Assessment zu verzichten. Die zwei letzten Fälle sind problematischer: Im ersten Fall hatte das Assessment ein negatives Ergebnis geliefert; im zweiten Fall war das AssessmentErgebnis zwar positiv, doch stand es erst nach der Ernennung durch den Bundesrat fest.

Auch wenn ein gewisser Handlungsspielraum zugestanden werden muss, stellt sich angesichts dieser verschiedenen Praktiken doch die Frage nach dem Wert der Assessments. Aus den Gesprächen geht hervor, dass die Assessments im Hinblick auf die Karriere durchgeführt werden und auf den Karriereaspekt ausgerichtet sind.

Es scheint deshalb nicht angemessen, auf das Assessment zu verzichten, auch dann nicht, wenn sich eine Person (aufgrund ihrer spezifischen Landes- oder Sprachkenntnisse) für einen bestimmten Posten zu eignen scheint, da die Versetzungen immer befristet sind und diese spezifischen Kenntnisse an einem anderen Posten möglicherweise keine Bedeutung mehr haben.

An jährlich oder je nach Bedarf vorgenommenen Ausschreibungen wird über die frei werdenden Stellen informiert. Diese Praxis scheint angemessen zu sein.

Komplexes Auswahlverfahren Die Versetzungspraxis, die Bevorzugung bereits ernannter Missionschefs sowie die zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfindenden Postenwechsel und Abgänge bilden eine komplexe Ausgangslage. Aus diesem Grund wurde die Direktorenkonferenz37 ins Leben gerufen, die für Personalvorschläge zuständig ist und eine regelmässige Kontrolle sicherstellt. Die Führungsinstrumente (Verzeichnis der Posten, Ausschreibungen und potenziellen Kandidaten) erlauben es, sich einen Überblick zu verschaffen und Prioritäten zu setzen.

Stellenwert des Karrieresystems im diplomatischen Bereich Die Synergien, die bei Fusionen oder Umwandlungen von Kooperationsbüros zu diplomatischen Vertretungen genutzt werden, stellen das Karrieresystem im diplomatischen Bereich teilweise in Frage, weil nicht für alle Kandidaten dieselben Bedingungen gelten. Die Laufbahn, Ausbildung und Etappen (z.B. Assessments) sind beim versetzbaren Personal des EDA anders als beim Personal der DEZA.

Wenn Missionschefposten, bei denen eigentlich eine bestimmte vorgängige Laufbahn Voraussetzung wäre, mit Personen besetzt werden, die diese Laufbahn nicht absolviert haben, stellt sich die Frage,
welchen Stellenwert das Karrieresystem im diplomatischen Bereich hat. Diese Praxis dürfte beim Karrierepersonal auf Unverständnis stossen.

Keine erweiterten Sicherheitsprüfungen mit Befragung bei den Wahlvorschlägen an den Bundesrat Die Vorschläge an den Bundesrat weisen eine klare und systematische Struktur auf.

Allerdings werden die vom Bundesrat neu ernannten Missionschefs vor ihrer Ernennung keinen erweiterten Sicherheitsprüfungen mit Befragung unterzogen.

37

Die Direktorenkonferenz umfasst den Staatssekretär, den Generalsekretär sowie die Direktoren der verschiedenen Abteilungen des EDA.

2831

Abgesehen davon, dass es in der Tat schwierig ist, mit Personen, die im Ausland stationiert sind, Befragungen zu organisieren, dürfte es auch heikel sein, die Ernennung eines Botschafters durch einen Drittstaat bestätigen zu lassen, wenn die Sicherheitsprüfung ­ zumindest theoretisch ­ noch negativ ausfallen könnte.

4

Schlussfolgerungen

Die Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat wird massgeblich vom jeweils zuständigen Departement beeinflusst. Der Bundesrat schaltet sich in der Regel nicht in dieses Verfahren ein. Er ist somit in den allermeisten Fällen nur formell für die Wahlgeschäfte zuständig.

Die Qualität der auf Departementsebene durchgeführten Auswahlverfahren ist deshalb äusserst wichtig. Dennoch bestätigt der Bundesrat die Anträge der Departemente jeweils, ohne sich zu vergewissern, dass beim Auswahlverfahren die Grundregeln eingehalten worden sind und ohne sich näher über das Verfahren informiert zu haben.

4.1

Ausgezeichnete und schlechte Verfahren

Den vom Bundesrat vorgenommenen Ernennungen höherer Führungskräfte gehen Selektionen voraus, die punkto Qualität, Verfahrensschritte und Transparenz sehr unterschiedlich sind. So finden sich neben Ernennungen mit gutem Auswahlverfahren (17 Fälle) auch solche, deren Verfahren nur als mittelmässig (9 Fälle) oder als schlecht (11 Fälle) taxiert wurden (siehe Abbildungen 11, 12 und 13).38 Aus den Bewertungen geht Folgendes hervor: Bei allen vier Direktoren, bei vier von elf stellvertretenden Direktoren, bei fünf von elf höheren Stabsoffizieren und bei fünf von neun neuen Missionschefs erhielt das Verfahren gute Noten. Ausschlaggebend dafür waren die vorgängig angestellten Überlegungen, die Ausschreibungen samt professionellen Direktkontakten mit den Kandidaten (was die Amtsdirektoren angeht) sowie die ergänzenden Instrumente im Auswahlverfahren (Gespräche auf mehreren Ebenen, Assessments, Einholen von Referenzen).

Bei einem Staatssekretär, vier stellvertretenden Direktoren, vier höheren Stabsoffizieren und zwei neuen Missionschefs gab es allerdings mehrere Schwachstellen im Verfahren (keine Kandidatensuche, mangelnde Objektivität im Auswahlverfahren, inkohärente Anwendung der Instrumente, zu schwache Einbindung des Departementsvorstehers, unvollständige Informationen im Wahlantrag).

38

Die zusammenfassenden Bewertungen der Fälle basieren auf den Einzelbewertungen folgender Kriterien: Bedarfsanalyse, Suchstrategie, Selektionsinstrumentarium, Objektivität und Kohärenz des Verfahrens, Einbindung der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers und Qualität des Vorschlags zuhanden des Bundesrates. Die zusammenfassende Bewertung ist «gut», wenn maximal zwei Kriterien als mittelmässig und die restlichen Kriterien als gut bewertet wurden. «Mittelmässig» ist sie, wenn mindestens ein Kriterium als schlecht bewertet wurde. «Schlecht» ist sie, wenn mehrere Kriterien als schlecht bewertet wurden. Die Bewertungen im militärischen und diplomatischen Bereich richten sich nach den Kernelementen, die für Ernennungen in diesem Bereich vorgesehen sind.

2832

Abbildung 11 Zusammenfassende Bewertung der Ernennungen der Direktoren, Staatssekretäre und stellvertretenden Direktoren (17 Fälle)

Zusammenfassende Bewertung der Ernennungen im militärischen und diplomatischen Bereich (11 bzw. 9 Fälle) Abbildung 12

Abbildung 13

6 5 4 3 2 1 0 gut

4.2

mittelmässig schlecht Diplomatischer Bereich

Adäquat konzipierte, aber nicht immer konsequent umgesetzte Karrieresysteme

Die Karrieresysteme im militärischen und diplomatischen Bereich verfügen über adäquate Begleit-, Bewertungs- und Planungsinstrumente, die es erlauben, die Entwicklungsmöglichkeiten der Kandidaten zu beurteilen und die Nachfolge unter komplexen Voraussetzungen (Nachfolgekaskaden) zu regeln.

Bei den Ernennungen wird jedoch das vorgesehene Prozedere nicht immer konsequent befolgt. In einigen Fällen scheinen die Nachfolgeplanung (militärischer Bereich) oder die Assessments (diplomatischer Bereich) als Hauptgrundlage für eine 2833

bestimmte Personenwahl zu dienen, während sie in anderen Fällen überhaupt keine Rolle spielen. So waren fünf von elf ernannten höheren Stabsoffizieren nicht spezifisch in der Nachfolgeplanung vorgesehen und nur bei fünf von neun neu ernannten Missionschefs lag zum Zeitpunkt der Auswahl durch das Departement ein positives Assessment-Ergebnis vor. In einem weiteren Fall erfolgte die Auswahl unter Vorbehalt der Durchführung eines Assessments, obwohl dieses eine wichtige Etappe im Auswahlverfahren für potenzielle Missionschefs ist und somit bereits vor der Auswahl durchgeführt werden müsste.

Auch wenn die oben beschriebenen Praktiken für sich betrachtet verständlich sind, sind sie insofern nicht transparent genug, als erwartet oder angenommen wird, dass die Instrumente des Karrieresystems systematisch angewandt werden. Ausserdem enthalten die Vorschläge, die dem Bundesrat in diesen Bereichen unterbreitet werden, keine Angaben über das Auswahlverfahren. Dies zeigt, dass das Karrieresystem unterschiedliche Verfahren in sich bergen kann.

4.3

Sehr häufig unvollständige Informationsgrundlagen

In den Wahlanträgen an den Bundesrat werden die näheren Auswahlkriterien nicht erwähnt. Diese Kriterien wie auch die alternativen Kandidaturen und die eigentlichen Auswahlgründe werden aus Angst vor Indiskretionen bestenfalls mündlich an der Bundesratssitzung erläutert.

Diese Indiskretionsangst führt dazu, dass der Bundesrat zu gewissen Sitzungstraktanden nicht über vollständige Informationsgrundlagen verfügt. Dieses Problem stellt sich immer wieder39 bei Bundesratsgeschäften40.

Die Vorschläge, die dem Bundesrat unterbreitet werden, sind oft unvollständig, geben sie doch nur selten (in 20% der Fälle) Auskunft über das Auswahlverfahren.

Auch die Informationen zu den Personensicherheitsprüfungen sind manchmal unvollständig oder ungenau.

4.4

Zu wenig ernst genommene Sicherheitsprüfungen

Die Diskussionen im Bundesrat nach dem Fall Nef lassen keine Zweifel offen, dass während des Ernennungsverfahrens Personensicherheitsprüfungen durchgeführt werden müssen.41 Indessen wird die Hälfte der Bundesratsentscheide getroffen, ohne das Ergebnis dieser Prüfungen zu kennen; auch werden diese Prüfungen oft erst nach der Ernennung durchgeführt. Dies zeigt, dass die Risikofrage zu wenig ernst genommen wird und die Sicherheitsprüfung oft nur pro forma durchgeführt wird.

39

40 41

Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Januar 2012: Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen der politischen und der aufsichtsrechtlichen Dimension. Bericht der GPK vom 15.3.2013.

Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA. Bericht der GPK vom 30.5.2010.

Dies wirft Fragen bezüglich der Arbeitsweise des Bundesrates und der Möglichkeiten der parlamentarischen Oberaufsicht auf.

Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates vom 22.4.2009 (BBl 2009 3481).

2834

Hier ist zu erwähnen, dass die Sicherheitsprüfungen im militärischen Bereich stets vor dem Ernennungsentscheid des Bundesrates durchgeführt werden. Dies gilt nicht für die Sicherheitsprüfungen im diplomatischen Bereich; hier werden sie immer erst nach der Ernennung der neuen Missionschefs vorgenommen.

4.5

Wenig transparente oder nicht nachvollziehbare Verfahren

Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Bericht der GPK-N zum Fall Nef42 angekündigt, die nötigen Massnahmen zu treffen, um die Nachvollziehbarkeit der Wahlgeschäfte bezüglich Vorgehen, Auswahlverfahren und Entscheid jederzeit zu gewährleisten.

Mehrere Ernennungen (darunter ein Staatssekretär und fünf stellvertretende Direktoren) konnten nicht vollständig bewertet werden, weil die für die Nachvollziehbarkeit erforderlichen Informationen fehlten. Die Evaluation zeigt, dass die vom Bundesrat getroffenen Massnahmen nicht die erhoffte Wirkung haben.

4.6

Oft nur lückenhafte Information der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers

Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Bericht der GPK-N zum Fall Nef43 angekündigt, dass für jeden Personalentscheid, welcher vom Bundesrat zu treffen ist, der zuständigen Departementsvorsteherin bzw. dem zuständigen Departementsvorsteher künftig Grundlagen zur Verfügung stehen sollen.

Diese Informationen werden den Departementsvorsteherinnen und -vorstehern mittlerweile in gewissen, aber nicht konsequent in allen Fällen zur Verfügung gestellt und in den seltensten Fällen schriftlich, so wie es eigentlich vorgesehen war.

4.7

Kompetenzdelegation ohne Kontrolle

Der Bundesrat spielt bei der Wahl des obersten Kaders nur eine untergeordnete Rolle. Er trifft seine Entscheide ohne Gewähr dafür, dass das Ernennungsverfahren auf Ebene der Departemente sorgfältig durchgeführt wurde.

In den 81 untersuchten Fällen kam es nie zu einem Mitbericht eines Departementes noch zu einer Befragung oder einem negativen Entscheid von Seiten des Bundesrates. In einem Fall führten die Meinungsverschiedenheiten zur vorgeschlagenen Kandidatur dazu, dass das Departement seinen Antrag zurückzog.

42 43

Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates vom 22.4.2009 (BBl 2009 3481).

Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates vom 22.4.2009 (BBl 2009 3481).

2835

Die Informationen, die dem Bundesrat derzeit mit den Wahlanträgen unterbreitet werden, dienen eher dazu, formelle Anforderungen zu erfüllen als dem Informationsbedarf des Bundesrates zu entsprechen, denn ausser dem Namen des vorgeschlagenen Kandidaten werden in den Anträgen die wichtigsten Informationen (Auswahlkriterien, alternative Kandidaturen) nicht mitgeliefert.

Es ist verständlich, dass sich der Bundesrat gegebenenfalls nur für den vorgeschlagenen Kandidaten interessiert und nicht für das Auswahlverfahren. Viel weniger verständlich ist aber, dass der Bundesrat Ernennungsentscheide trifft, ohne Gewähr dafür zu haben, dass beim Verfahren die grundlegendsten Regeln eingehalten wurden ­ dies umso mehr, als die wenigen Regeln, die es gibt, sehr oft nicht befolgt werden (Sicherheitsprüfung, Begründung für den Verzicht auf eine Ausschreibung, Transparenz des Auswahlverfahrens). Gegenwärtig hängt die Qualität des gesamten Verfahrens einzig vom Departement ab, ohne dass eine Drittkontrolle vor dem Bundesratsentscheid existiert.

Beim Wahlverfahren gibt es keine strategische Führung durch den Bundesrat. Dieser spielt bei der Nachfolgeplanung (stellvertretende Direktoren) ebenso wenig eine Rolle wie bei der Prüfung von Synergiemöglichkeiten (Bedarfsanalyse), der Nutzung von Beziehungsnetzen (Suchstrategie) oder beim Auswahlverfahren (Qualitätsgarantie).

Dieser mangelnde Einbezug wirft die Frage nach dem Stellenwert der Wahlzuständigkeit des Bundesrates auf. Gegenwärtig scheint diese in erster Linie symbolischen Charakter zu haben.

4.8

Schmale Rechtsgrundlage

Die normativen Grundlagen zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders legen die Funktionen fest, die in der Wahlzuständigkeit des Bundesrates liegen, sowie die beiden Verfahrensgrundsätze der öffentlichen Ausschreibung und der Personensicherheitsprüfungen.

Obschon es sich hier um relativ wenige Bestimmungen handelt, sind diese doch mit Fragezeichen behaftet. Insbesondere stellt sich angesichts dessen, dass die meisten Wahlgeschäfte keine Diskussionen auslösen und bei den anderen Departementen kein eigentliches Interesse wecken, die Frage nach dem Zweck der Wahlzuständigkeit des Bundesrates.

2836

Abkürzungen BK BPG BPV BWIS DEZA EDA EDI EFD EJPD EPA EVD GPK GPK-N ParlG PSPV PVK SBFI SR UVEK VBS WBF

Bundeskanzlei Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000; SR 172.220.1 Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001; SR 172.220.111.3 Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit; SR 120 Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Personalamt Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (bis 31.12.2012, danach WBF) Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Verordnung vom 4. März 2011 über die Personensicherheitsprüfungen; SR 120.4 Parlamentarische Verwaltungskontrolle Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation Systematische Sammlung des Bundesrechts Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (seit dem 1. Jan. 2013)

2837

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner Bundesverwaltung Bättig, Benno Blattmann, André Brändle, Sissy Elisabeth Bruhin, Lukas Budliger, Artieda Helene Chassot, François Gafner, Daniel Gasser, Jörg Hämmerli, Roland Helbling, Thomas Herren, Walter Hirsbrunner, Verena Hürlimann Herbert Maurer, Peter Reubi, Markus Rindlisbacher, Brigitte Rohrbasser, Benoît Rühl Monika Schaerer, Barbara Schipperijn Mark Stalder, Gabriela Stalder, Manfred Terribilini, Marco Thomet, Bernhard Thurnherr, Walter Vapenik, Hana Werder, Hans Wüthrich, Brigitte Wüthrich, Daniel

Generalsekretär, EDA Chef der Armee, VBS Leiterin Personal, EDI Generalsekretär, EDI Direktorin, Direktion für Ressourcen, EDA Leiter Human Resources, UVEK Chef Bereich Personal, Gruppe Verteidigung Generalsekretär, EFD Personalchef, VBS Vizekanzler, BK Leiter Human Resources, EFD Stellvertreterin Vergütungsmanagement, BPA Persönlicher Mitarbeiter, Bundeskanzlei Staatssekretär, EDA (bis 21.12.2011) Stellvertretender Personalchef, EDA Generalsekretärin, VBS Personalchef, EDA Generalsekretärin EVD Direktorin, BPA Sekretär der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (bis Mitte 2012) HR-Spezialistin, EDA Chef Management Development, Gruppe Verteidigung, VBS Leiter Vergütungsmanagement, BPA Chef Stab Personal, EDA Generalsekretär, UVEK Stellvertretende Leiterin Human Resources, EFD Projektleiter FORTE, EVD Leiterin Ressourcen, EJPD Leiter Human Resources, EVD

Experten im Bereich der Rekrutierung und Selektion von höheren Kadern Baer, Oliver Brunner, Markus Caccivio, Peter Gartenmann, Benno Küpfer, Rolf

2838

Inhaber von Xeloba, Bern Geschäftsführer von Network selection, Zürich Partner bei Xeloba, Bern Direktor von BGMP, Genf Direktor von Mercuri Urval, Bern

Lienert, Jörg Mercier, Jean-Yves Lucien Schilling, Guido

Gesamtleiter von «Jörg Lienert», Luzern Partner bei ProMan Consulting, Genf und Zürich Managing Partner bei guido schilling ag, Zürich

2839

Impressum Durchführung der Evaluation Dr. Grosjean Nicolas, PVK (Projektleitung und -realisation) Bättig Christoph, PVK (Projektbegleitung) Im Jahr 2009 ausgeführte Vorarbeiten Dannecker Katja, PVK (Projektleiterin) Dr. König Cornelius, externer Experte (Universität Zürich, Institut für Arbeits- und Organisationspsychologie)

Dank Die PVK bedankt sich bei allen Interviewpartnerinnen und -partnern für ihre Teilnahme an den Gesprächen. Besonders dankt sie der Bundeskanzlei für das Sammeln der Daten. Ein abschliessender Dank geht an die Generalsekretariate der Departemente und ihre jeweiligen Mitarbeitenden für die gute Zusammenarbeit und die Bereitstellung der Informationen.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 31 323 09 70 Fax +41 31 323 09 71 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe und Mitglieder > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle

Originalsprache des Berichts: Französisch 2840