14.063 Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes (Neustrukturierung des Asylbereichs) vom 3. September 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zur Änderung des Asylgesetzes.

Gleichzeitig beantragen wir, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 2010

M 10.3174

Verteilung von Personen mit Eurodac-Treffern (N 28.9.11, Müller Philipp; S 5.3.12)

2011

M 11.3781

Nulltoleranz für randalierende Asylsuchende (N 17.4.13, Müller Philipp; S 19.3.14)

2011

M 11.3800

Keine Asylsuchenden aus Safe Countries auf die Kantone verteilen (N 17.4.13, Fluri Kurt; S 19.3.14)

2011

M 11.3809

Bürokratieabbau im Asylbereich (N 23.12.11, Hiltpold Hugues; S 12.6.12)

2011

M 11.3868

Exorbitante Mietkosten der Asylsuchenden reduzieren (N 23.12.11, Müller Philipp; S 12.6.12)

2011

P

Spezielles Verfahrensrecht für das Asylverfahren (S 12.12.11, Schwaller Urs)

2012

M 12.3653

11.3928

Strategische Reserven an Asylunterkünften (N 26.9.12, Staatspolitische Kommission NR; S 14.3.13)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. September 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-0830

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Übersicht Hauptziel der vorgeschlagenen Neustrukturierung des Asylbereichs ist es, die Asylverfahren zu beschleunigen. Die Mehrheit der Asylverfahren soll rasch in Zentren des Bundes rechtskräftig abgeschlossen werden. Um die raschen Verfahren rechtsstaatlich korrekt und fair durchzuführen, soll den Asylsuchenden als flankierende Massnahme ein Anspruch auf kostenlose Beratung über das Asylverfahren sowie eine kostenlose Rechtsvertretung gewährt werden.

Ausgangslage Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, eine neue Vorlage zur Umsetzung des Berichts des EJPD über Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich vom März 2011 auszuarbeiten (Beschluss 2 zur letzten Asylgesetzrevision; Botschaft Bundesrat vom 26.05.2010). Die vorliegende Vorlage (Revision des Asylgesetzes; Neustrukturierung des Asylbereichs) stützt sich insbesondere auf die Schlussberichte vom 21. November 2012 und vom 18. Februar 2014 der vom EJPD eingesetzten Arbeitsgruppe Bund/Kantone und der Arbeitsgruppe Neustrukturierung. Diese hatten zur Aufgabe, Vorschläge zur Umsetzung des Berichts über Beschleunigungsmassnahmen auszuarbeiten sowie die Gesamtplanung (u.a. betreffend Standorte der Bundeszentren, Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantone, Kompensationsmodell für die Abgeltung der Standortkantone) und ein Umsetzungskonzept zur Neustrukturierung vorzulegen. Anlässlich der beiden nationalen Asylkonferenzen vom 21. Januar 2013 und 28. März 2014 haben die Kantone sowie der Städte- und Gemeindeverband diese Schlussberichte sowie die Gemeinsamen Erklärungen einstimmig angenommen.

Am 14. Juni 2013 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Vorlage Neustrukturierung des Asylbereichs eröffnet; diese dauerte bis am 7. Oktober 2013.

Die beantragte Neuregelung Asylgesuche, bei denen keine weiteren Abklärungen notwendig sind, sollen in einem beschleunigten Verfahren mit ausgebautem Rechtsschutz behandelt werden (derzeit rund 20 % aller Gesuche). Die betroffenen Asylsuchenden werden für die Dauer des Verfahrens und des Wegweisungsvollzugs in den Zentren des Bundes untergebracht (maximal 100 Tage). Dasselbe gilt für Asylsuchende im Dublin-Verfahren (derzeit rund 40 % aller Gesuche; Aufenthaltsdauer in den Zentren des Bundes maximal 140 Tage). Der Standortkanton der Zentren des Bundes soll für den Wegweisungsvollzug zuständig sein.

Sind weitere
Abklärungen notwendig, wird ein Asylgesuch in einem erweiterten Verfahren behandelt (derzeit rund 40 % aller Gesuche). Für dieses Verfahren werden die Asylsuchenden wie bisher den Kantonen zugewiesen. Es soll innerhalb eines Jahres rechtskräftig abgeschlossen werden, einschliesslich des Vollzugs einer allfälligen Wegweisung. Der Zuweisungskanton ist wie bisher auch für den Vollzug der Wegweisung zuständig (Vollzugskanton).

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Als flankierende Massnahme zum raschen Verfahren soll Asylsuchenden ein Anspruch auf kostenlose Beratung über das Asylverfahren und eine kostenlose Rechtsvertretung gewährt werden. Damit ist sichergestellt, dass die Asylverfahren nicht nur wesentlich rascher, sondern auch weiterhin fair durchgeführt werden.

Zudem sollen die Asylsuchenden frühzeitig und umfassend über das bestehende Rückkehrhilfeangebot informiert werden. Der Zugang zur Rückkehrberatung und die freiwillige Ausreise mit Rückkehrhilfe sollen in jeder Verfahrensphase möglich sein.

Der Bund verfügt heute über rund 1400 Unterbringungsplätze in den fünf Empfangs- und Verfahrenszentren (EVZ; inklusive Zivilschutzanlagen). Bei jährlich rund 24 000 Asylgesuchen besteht bei der vorgeschlagenen Neustrukturierung des Asylbereichs ein Bedarf von rund 5000 Plätzen in den Zentren des Bundes. Das sind rund 3600 Plätze mehr, als heute zur Verfügung stehen. Für Bauten, die dauerhaft für die Unterbringung von Asylsuchenden durch den Bund genutzt werden sollen oder die dafür neu errichtet werden, muss nach geltendem Recht ein ordentliches Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden. Für eine rasche Umsetzung der Neustrukturierung im Asylbereich soll dieses langwierige Verfahren durch ein neues bundesrechtliches Plangenehmigungsverfahren ersetzt werden. Die Prüfung der Einführung eines solchen Plangenehmigungsverfahrens entspricht den an den Asylkonferenzen vom 21. Januar 2013 und 28. März 2014 verabschiedeten Gemeinsamen Erklärungen (Ziff. 1.1.3, Ziff. 1.1.5).

Finanzielle Auswirkungen Mit der Neustrukturierung können mittel- bis langfristig substanzielle Einsparungen erzielt werden. Die Neustrukturierung bedingt aber auch hohe anfängliche Investitionen. Der Aufbau muss jedoch im Rahmen einer rollenden Planung etappiert vorgenommen werden. Die Amortisationsdauer wird wesentlich durch die notwendigen Investitionen sowie die Anzahl der Betten und die Grösse der Anlagen, die von den Kantonen übernommen werden können, beeinflusst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

7992

1

7996 7996

2

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Bericht des EJPD über Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich vom März 2011 1.1.2 Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone zur Neustrukturierung des Asylbereichs 1.1.3 Nationale Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 1.1.4 Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» der Arbeitsgruppe Neustrukturierung 1.1.5 Nationale Asylkonferenz vom 28. März 2014 1.1.6 Letzte Änderungen des Asyl- und Ausländergesetzes 1.1.7 Erste Erkenntnisse aus der Testphase 1.1.8 Auswirkungen des neuen Artikels 121a BV auf die Neustrukturierung des Asylbereichs (Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung») 1.1.9 Bisherige Massnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren 1.2 Grundzüge der Neustrukturierung des Asylbereiches 1.2.1 Übergeordnete Ziele 1.2.2 Wesentliche Merkmale 1.2.3 Ablauf des Asylverfahrens 1.2.4 Staatliche Leistungen an Personen im Asylbereich (Art. 80 ff. E-AsylG) 1.2.5 Unterbringung der Asylsuchenden (vgl. Art. 24 ff. E-AsylG) 1.2.6 Kompensation der Kantone und Gemeinden mit besonderen Leistungen 1.2.7 Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze des Bundes 1.2.8 Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG) 1.2.9 Beratung von Asylsuchenden und Rechtsvertretung (Art. 102f ff. E-AsylG) 1.2.10 Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe (Art. 93a f. E-AsylG) Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens und Haltung des Bundesrates 2.1 Generelle Bemerkungen 2.2 Ablauf des Asylverfahrens 2.2.1 Vorbereitungsphase (Art. 26 E-AsylG) 2.2.2 Erstinstanzliches Verfahren 2.2.3 Beschwerdeverfahren (Art. 108 ff. E-AsylG) 2.2.4 Verteilung und Zuweisung auf die Kantone (Art. 27 E-AsylG), Vollzug von Wegweisungen (Art. 45 f. E-AsylG) und Zwangsmassnahmen (Art. 74 ff. E-AuG)

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7996 7996 7997 7998 7999 8002 8005 8007 8008 8010 8010 8010 8012 8018 8019 8020 8020 8021 8023 8025 8026 8026 8029 8029 8030 8037

8040

Staatliche Leistungen an Personen im Asylbereich (Art. 80 ff. E-AsylG) 2.2.6 Zentren des Bundes (Art. 24, 24a und 24e E-AsylG) Plangenehmigungsverfahren und bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes (Art. 24c, 24d, 95a ff. E-AsylG) Beratung von Asylsuchenden und Rechtsvertretung (Art. 102f ff. E-AsylG) Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe (Art. 93a f. E-AsylG) 2.2.5

2.3 2.4 2.5

8042 8043 8047 8051 8057

3

Weitere Änderungen nach dem Vernehmlassungsverfahren

8058

4

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 4.1 Asylgesetz 4.2 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) 4.3 Bundesgesetz vom 20. Dezember1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) 4.4 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA)

8060 8060 8102 8105 8106

5

Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf den Bund 5.1.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 5.1.2 Annahmen für die Berechnungen eines Grundszenarios 5.1.3 Mehrkosten beim Bund 5.1.4 Einsparungen beim Bund 5.1.5 Finanzielle Auswirkungen nach der Vernehmlassung 5.1.6 Finanzierungsprozess 5.1.7 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.1.8 Ergebnis und Fazit 5.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

8106 8106 8106 8107 8108 8109 8109 8111 8112 8112 8114

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

8114

7

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Verhältnis zum europäischen Recht 7.3.1 Entwicklungen im Asylbereich innerhalb der EU 7.3.2 Kompatibilität der schweizerischen Gesetzgebung mit dem EU-Recht

8114 8114 8115 8115 8115 8116

Anhang: Vergleich jährliche Gesamtkosten heute gegenüber Neustrukturierung des Asylbereichs

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Asylgesetz (AsylG) (Entwurf)

8119

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Bericht des EJPD über Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich vom März 2011

Der Bundesrat hat am 26. Mai 2010 eine Botschaft1 zur Revision des Asylgesetzes vom 26. Juni 19982 (AsylG) verabschiedet. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung hat die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, bis Ende März 2011 einen Bericht über die Situation im Asylbereich zu verfassen und neue, weitergehende Optionen für eine markante Beschleunigung der Asylverfahren aufzuzeigen.

Die SPK-S sprach sich am 9. Mai 2011 einstimmig dafür aus, die Handlungsoption 1 des Berichtes über Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich vom März 20113 weiterzuverfolgen und bereits mögliche Verbesserungen im Rahmen einer Zusatzbotschaft des Bundesrates umzusetzen (Handlungsoption 3; zum weiteren Gesetzgebungsverfahren siehe Ziff. 1.1.6).

Die Handlungsoption 1 sieht vor, dass die überwiegende Mehrheit der Asylverfahren in Verfahrenszentren des Bundes innerhalb einer kurzen, verbindlichen Frist abgeschlossen wird. Dies setzt eine umfassende Neustrukturierung des Asylbereichs voraus. Tatsächlich verfolgten Personen soll weiterhin vollumfänglich Schutz gewährt werden. Das Asylverfahren soll rechtsstaatlich korrekt und fair durchgeführt werden. Dazu gehört insbesondere ein umfassender und unentgeltlicher Rechtsschutz. Durch rasche Asylverfahren soll auch der Anreiz für offensichtlich unbegründete Asylgesuche gesenkt werden. Durch diese Neuausrichtung des Asylbereichs wird die Glaubwürdigkeit der schweizerischen Asylpolitik nachhaltig gestärkt.

1.1.2

Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone zur Neustrukturierung des Asylbereichs

Der Bundesrat hat das EJPD am 6. Juni 2011 beauftragt, die finanziellen, organisatorischen, rechtlichen und politischen Konsequenzen der Neustrukturierung des Asylbereichs vertieft zu prüfen.

Am 29. Oktober 2012 hat die durch das EJPD für die Umsetzung der Neustrukturierung eingesetzte Arbeitsgruppe Bund/Kantone ihren Schlussbericht verabschiedet.4 Er enthält gestützt auf den Beschleunigungsbericht die zentralen Ziele der Neustruk1 2 3

4

BBl 2010 4455 SR 142.31 www.bfm.admin.ch > Dokumentation > Rechtliche Grundlagen > Laufende Gesetzgebungsprojekte > Änderung AsylG und AuG > Grundsatzentscheid > Bericht über Beschleunigungsmassnahmen www.bfm.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2012 > 23.11.2012 > Dokumente > Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone

7996

turierung, die Anforderungen an den Asylprozess unter dem Aspekt der Beschleunigung sowie mögliche Umsetzungsvarianten. Zudem werden die Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren des Asylbereichs, insbesondere zwischen Bund und Kantonen, aufgezeigt.

Der aus dem EJPD (Departementsvorsteherin Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga), der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD; Präsident Herr Regierungsrat Hans-Jürg Käser) und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK; Präsident Herr Regierungsrat Peter Gomm) zusammengesetzte Lenkungsausschuss hat den Bericht der Arbeitsgruppe sowie die Eckwerte am 22. November 2012 genehmigt und deren Unterbreitung im Rahmen der Nationalen Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 zugestimmt.

1.1.3

Nationale Asylkonferenz vom 21. Januar 2013

Die von der Arbeitsgruppe Bund/Kantone angeregte nationale Asylkonferenz wurde am 21. Januar 2013 durchgeführt. Teilnehmende waren die Vorsteherin des EJPD, Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die Mitglieder der KKJPD und der SODK, die Spitzen des Städte- und des Gemeindeverbandes sowie das Bundesverwaltungsgericht (BVGer).

Die Asylkonferenz verabschiedete eine Gemeinsame Erklärung5, wonach sie dem Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone sowie den Eckwerten des Konzepts «Neustrukturierung des Asylbereichs» vom 21. November 2012 zustimmt. In der Erklärung wurde zudem folgendes Vorgehen festgelegt: Bund und Kantone einigen sich unter Einbezug der Dachverbände der Städte und Gemeinden bis Ende 2013 auf eine Gesamtplanung der Neustrukturierung im Asylbereich (insbesondere betreffend Standorte der Zentren des Bundes, der besonderen Zentren für Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden und der Administrativhaftplätze).

Im Hinblick auf Struktur, Funktion und Betrieb der Zentren des Bundes ist die Variante B «Dezentralisierung in fünf Regionen» mit einer Unterkunftskapazität von 6000 Plätzen weiterzuverfolgen, und die Standorte sind festzulegen (Ziff. 3 der Eckwerte). Zur Vereinfachung des baurechtlichen Bewilligungsverfahrens ist die Einrichtung eines Plangenehmigungsverfahrens beim Bund zu prüfen.

Bund und Kantone verpflichten sich, die für ihre Aufgaben im Asylbereich erforderlichen Ressourcen insbesondere in den Bereichen der Unterbringung, des Personals und der Finanzierung sicherzustellen und sie den möglichen Schwankungen anzupassen. Die entsprechenden Planungsarbeiten sind bei Vorliegen der Gesamtplanung unverzüglich aufzunehmen.

Die Kantone verpflichten sich, den Bund bei der Suche nach geeigneten zivilen oder militärischen Anlagen für die Inbetriebnahme der nötigen Zentren zu unterstützen.

Die betroffenen Städte und Gemeinden werden rechtzeitig informiert.

5

www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2013 > 21.01.2013 > Dokumente > Gemeinsame Erklärung der Asylkonferenz

7997

Bund und Kantone sorgen dafür, dass die Kantone und Gemeinden mit besonderen Aufgaben im Bereich der Unterbringung und des Vollzuges eine Kompensation finanzieller oder anderer Art erhalten. Die Aufgaben der Kantone können im Rahmen von Vereinbarungen und/oder Konkordaten erfüllt werden.

Die Kantone verpflichten sich, rechtzeitig die notwendigen Administrativhaftplätze für die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht zu schaffen. Sie nehmen die notwendige Planung unverzüglich an die Hand. Der Bund entschädigt die Kantone für den Bau und die Einrichtung der Haftplätze sowie für die Betriebskosten gemäss den Bestimmungen des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 20056 (AuG). Die Kantone schaffen 500­700 zusätzliche Administrativhaftplätze. Ihr Standort ist auf die Neustrukturierung auszurichten.

Der Bund führt eine Testphase für die Neustrukturierung im Asylbereich durch. Die Kantone unterstützen gemeinsam mit den Städten und Gemeinden den Bund bei der Schaffung von optimalen Voraussetzungen für eine rasche und reibungslose Durchführung dieser Testphase.

Die Projektorganisation Bund/Kantone für die Neustrukturierung im Asylbereich wird beibehalten (Arbeitsgruppe Bund/Kantone und Lenkungsausschuss) und durch eine Vertretung der Dachverbände von Städten und Gemeinden ergänzt (neu: Arbeitsgruppe Neustrukturierung). Sie begleitet die Umsetzungsarbeiten und wird bei Bedarf für die Klärung von Grundsatzfragen beigezogen.

Im Migrationsbereich aktive nichtstaatliche Organisationen werden in die Umsetzungsarbeiten zur Neustrukturierung des Asylbereichs angemessen einbezogen.

Das EJPD sorgt dafür, dass die notwendigen Gesetzesanpassungen für die Neustrukturierung des Asylbereichs so rasch als möglich erfolgen. Die Vernehmlassung dazu soll im April 2013 eröffnet werden.

1.1.4

Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» der Arbeitsgruppe Neustrukturierung

Nach der Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 hat der Lenkungsausschuss KKJPD/ SODK/EJPD mit Mandat vom 26. Februar 2013 die Arbeitsgruppe Neustrukturierung unter der Leitung von Herrn Regierungsrat Hans-Jürg Käser, Präsident der KKJPD und Herrn Mario Gattiker, Direktor des Bundesamtes für Migration (BFM), beauftragt, auf Basis des Schlussberichtes der Arbeitsgruppe Bund/Kantone vom 21. November 2012 und der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013 die Gesamtplanung der Neustrukturierung des Asylbereichs auszuarbeiten und bis Ende 2013 ein Umsetzungskonzept vorzuschlagen. Die Gesamtplanung umfasst insbesondere die Festlegung der Standorte der Zentren des Bundes, die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone sowie die Ausarbeitung eines Kompensationsmodells für die Abgeltung der Standortkantone von Zentren des Bundes.

6

SR 142.20

7998

Die Ergebnisse der Gesamtplanung wurden in einem Folgebericht (Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» vom 18. Februar 20147) zusammengefasst. Der Lenkungsausschuss KKJPD/SODK/EJPD hat den Schlussbericht der Arbeitsgruppe Neustrukturierung am 18. Februar 2014 gutgeheissen und dessen Unterbreitung im Rahmen der zweiten Nationalen Asylkonferenz vom 28. März 2014 zugestimmt.

1.1.5

Nationale Asylkonferenz vom 28. März 2014

Teilnehmende an der zweiten Asylkonferenz waren die Vorsteherin des EJPD, Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die Mitglieder der KKJPD und der SODK, die Spitzen des Städte- und des Gemeindeverbandes sowie das BVGer.

Die Asylkonferenz stimmte dem Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» einstimmig zu und verabschiedete eine zweite Gemeinsame Erklärung8: 1. Die Asylkonferenz stimmt dem Schlussbericht der Arbeitsgruppe Neustrukturierung vom 18. Februar 2014 über die Gesamtplanung der Neustrukturierung des Asylbereichs zu. Soweit die Ausführungen auf konkreten Standorten beruhen, handelt es sich um Modellüberlegungen.

2. Entsprechend dem Schlussbericht der Arbeitsgruppe einigen sich Bund, Kantone sowie die Dachverbände der Städte und Gemeinden für die Umsetzung der Gesamtplanung auf folgende Eckwerte: a)

7 8

Im Rahmen der Neustrukturierung werden sechs Regionen mit insgesamt 5000 Plätzen in Bundeszentren gebildet (Modellüberlegungen). Die Verteilung der Plätze erfolgt anteilsmässig entsprechend der Bevölkerungsgrösse der Regionen: Region Westschweiz: ­ Kantone Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, Waadt, Wallis 1280 Plätze Region Nordwestschweiz: ­ Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Solothurn 840 Plätze Region Bern: ­ Kanton Bern 620 Plätze Region Zürich: ­ Kanton Zürich 870 Plätze Region Zentral- und Südschweiz: ­ Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Tessin, Uri, Zug 690 Plätze Region Ostschweiz: ­ Kantone Appenzell AR, Appenzell IR, Glarus, Graubünden, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau 700 Plätze

www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2014 > 28.03.2014 > Dokumente > Schlussbericht www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2014 > 28.03.2014 > Dokumente > Gemeinsame Erklärung der Asylkonferenz

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b)

In jeder Region betreibt der Bund ein Verfahrenszentrum und bis zu drei Ausreisezentren. Muss eine Region mehr als 500 Plätze in einem Verfahrenszentrum schaffen, kann das Zentrum auf zwei Standorte aufgeteilt werden. Verfahrenszentren können auch als Ausreisezentren genutzt werden.

Zusätzlich betreibt der Bund zwei besondere Zentren für Asylsuchende in Bundeszuständigkeit, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder die durch ihr Verhalten den ordentlichen Betrieb eines Verfahrens- oder Ausreisezentrums erheblich stören.

c)

Für Personen ausserhalb der Bundeszuständigkeit sind weiterhin die Kantone in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden zuständig (insbesondere für die Unterbringung und Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfeleistungen, für den Vollzug der Wegweisung sowie für die Integration). Im Interesse einer effizienten Aufgabenerfüllung und unter Berücksichtigung einer angemessenen Kompensation für besondere Leistungen werden die Aufgaben in den Kantonen sowie in den Städten und Gemeinden wie folgt neu aufgeteilt: ­ Die Standortkantone sind zuständig für den Vollzug von Wegweisungen ab den Zentren des Bundes und auch für eine allfällige Gewährung von Nothilfe, falls die Wegweisung nicht innerhalb der maximalen Aufenthaltsdauer in diesen Zentren vollzogen werden kann.

­ Die Asylsuchenden im erweiterten Verfahren werden gemäss dem jeweiligen Bevölkerungsanteil unter Berücksichtigung der Kompensation für besondere Leistungen (gemäss Bst. d) auf alle Kantone verteilt.

Jeder Kanton übernimmt mindestens zehn Prozent seines Anteils am Verteilschlüssel, um eine Beteiligung aller Kantone an der Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen zu gewährleisten.

d)

Kantonen, die besondere Leistungen als Standort- oder Flughafenkanton erbringen, werden weniger Asylsuchende zugewiesen. Die Reduktion bei den Zuweisungen von Asylsuchenden im erweiterten Verfahren (Kompensation) beträgt: Standortbedingte Kompensation ­ 20 Personen pro 100 Unterbringungsplätze in Verfahrens- und Ausreisezentren, ­ 40 Personen pro 100 Unterbringungsplätze in besonderen Zentren.

Fallbedingte Kompensation ­ 15 Personen pro 100 in ein Ausreisezentrum zugewiesene Personen; ­ wird ein Verfahrenszentrum oder ein besonderes Zentrum auch als Ausreisezentrum genutzt, erfolgt die gleiche fallbedingte Kompensation.

Kompensation Flughafenkantone ­ 10 Personen pro 100 Personen, die über die Flughäfen zurückgeführt werden (DEPU, DEPA).

Das EJPD wird dem Bundesrat auf das Inkrafttreten der Neustrukturierung hin eine Anpassung der Ausreisepauschale im Asyl- und im Ausländerbereich (Art. 11 Abs. 3 der Verordnung vom 11. August 19999 über den Voll-

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SR 142.281

8000

zug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen [VVWA]) unterbreiten. Der Bund trägt diese Kosten für Personen aus dem Asylbereich, die Kantone jene für Personen aus dem Ausländerbereich. Die Pauschalen sollen so angehoben werden, dass sie die Gesamtkosten der Ausreiseorganisation der Flughafenkantone abdecken.

Kompensation Standortgemeinden ­ Bund und Kantone sorgen dafür, dass die Gemeinden mit besonderen Aufgaben die ihnen zustehende Kompensation finanzieller oder anderer Art erhalten (vgl. Ziff. 6 der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013).

e)

Bund, Kantone sowie Städte und Gemeinden treffen Massnahmen, damit sie auf Schwankungen der Asylgesuche mit flexiblem Personaleinsatz oder weiteren Vorkehrungen rechtzeitig reagieren können.

f)

Am bestehenden Finanzierungssystem wird grundsätzlich festgehalten. Im Rahmen eines periodischen Monitorings wird überprüft: ­ ob die Zielsetzungen der Neustrukturierung erreicht wurden, ­ ob sich unerwünschte Auswirkungen auf einzelne Kantone sowie auf Standortgemeinden ergeben haben, und ­ ob Anpassungen namentlich im Bereich der Zuständigkeit, des Finanzierungssystems oder des Kompensationsmodells vorgenommen werden müssen.

3. Die Projektorganisation Bund/Kantone/Gemeinden/Städte für die Neustrukturierung im Asylbereich wird beibehalten (Arbeitsgruppe Neustrukturierung und Lenkungsausschuss). Sie wird mit einem Folgemandat für die Umsetzung der Gesamtplanung der Neustrukturierung beauftragt. Sie begleitet die Umsetzungsarbeiten und wird bei Bedarf für die Klärung von Grundsatzfragen beigezogen.

Die Arbeitsgruppe Neustrukturierung ist insbesondere zuständig für: ­

die Gesamtkoordination und Abstimmung der Standortplanung der Bundeszentren und der Administrativhaftplätze nach den Ziffern 4­6,

­

die Erstellung eines Zeitplanes und eines Umsetzungskonzepts für die schrittweise Einführung der Neustrukturierung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Testphase sowie die Abstimmung mit dem Gesetzgebungsverfahren,

­

die Erstellung und Verabschiedung eines Monitoring-Konzepts.

4. Das Bundesamt für Migration erarbeitet unter Mitwirkung der verantwortlichen Regierungsrätinnen und Regierungsräte der Kantone der einzelnen Regionen zuhanden der Arbeitsgruppe Neustrukturierung das Standortkonzept für die Region. Die betroffenen Gemeinden und Städte werden frühzeitig in diese Arbeiten einbezogen.

Ausgangslage für die Festlegung der Standorte ist die bestehende Planung des Bundes. Die Standorte sind bis Ende 2014 zuhanden der Arbeitsgruppe Neustrukturierung zu bezeichnen.

Die künftigen Bundeszentren sind in entsprechender Grösse (Richtwerte für Verfahrenszentren: mindestens 350 Plätze; Richtwerte für Ausreisezentren: mindestens 250 Plätze) an ganzjährigen und gut erreichbaren Standorten, in funktionalen Anlagen mit angemessenem Bewegungsraum und unter Berücksichtigung der Wirtschaftlich-

8001

keit (effizienter Betrieb; Investition im Rahmen der Vorgaben) und der angemessenen Verteilung innerhalb der Region zu planen.

5. Die Kantone sind unter Vorbehalt der Ziffern 4 und 7 (Plangenehmigungsverfahren) frei, sich zu organisieren. Sie bezeichnen umgehend gegenüber der Arbeitsgruppe Neustrukturierung je eine Ansprechperson auf politischer und auf operativer Ebene für die Umsetzungsplanung.

Das BFM und die Kantone einer Region einigen sich auf eine Standortplanung innerhalb der Region. Das BFM und der Standortkanton führen die Evaluation der einzelnen Objekte unter Beteiligung der jeweiligen Gemeinde durch. Die Ergebnisse werden der Arbeitsgruppe unterbreitet.

6. Die Kantone einer Region schaffen unter frühzeitigem Einbezug der betroffenen Städte und Gemeinden bis Ende 2018 die notwendigen Administrativhaftplätze für die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht. Ihr Standort ist auf die festgelegten Regionen auszurichten und mit den Standorten der Ausreisezentren abzustimmen.

Die Zusammenarbeit über die Regionsgrenzen hinweg ist möglich. Die Anzahl Plätze und die Standorte sind zuhanden der Arbeitsgruppe Neustrukturierung bis Mitte 2015 im Rahmen einer Gesamtplanung unter Koordination der KKJPD zu bezeichnen. Der Bund unterstützt die Kantone finanziell bei der Realisierung der zusätzlichen Administrativhaftplätze.

7. Das EJPD legt dem Bundesrat die Botschaft zur Neustrukturierung bis Sommer 2014 zur Verabschiedung und zur Überweisung ans Parlament vor. Gestützt auf die Beschlüsse im Rahmen der Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 wurde zur Vereinfachung des baurechtlichen Bewilligungsverfahrens in der Vernehmlassungsvorlage zur Neustrukturierung die Einrichtung eines Plangenehmigungsverfahrens vorgeschlagen. Die Mitwirkungsrechte der Kantone, Städte und Gemeinden werden gewahrt.

8. Im Migrationsbereich engagierte nicht-staatliche Organisationen werden in die Folgearbeiten zur Neustrukturierung des Asylbereichs angemessen einbezogen.

1.1.6

Letzte Änderungen des Asyl- und Ausländergesetzes

Die vom Bundesrat mit der Botschaft vom 26. Mai 201010 und der Zusatzbotschaft vom 23. September 201111 vorgeschlagene Revision des Asylgesetzes wurde durch das Parlament in drei Vorlagen aufgeteilt: Vorlage 2: Das Parlament stimmte der im Beschleunigungsbericht des EJPD vorgeschlagenen Neustrukturierung des Asylbereichs grundsätzlich zu. Die vom Bundesrat in seiner Botschaft vorgeschlagenen Bestimmungen über die Verfahrens- und Chancenberatung wurden zurückgewiesen mit dem Auftrag, eine neue Vorlage zur Beschleunigung der Asylverfahren durch die Schaffung von Verfahrenszentren des Bundes sowie durch die Anpassung der Beschwerdefristen und des Rechtsschutzes für die Asylsuchenden zu unterbreiten12. Die vorliegende Botschaft des Bundesrates entspricht diesem Auftrag des Parlaments.

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BBl 2010 4455 BBl 2011 7325 www.parlament.ch > Suche > Curia Vista Geschäftsdatenbank > Geschäftsnummer 10.052

8002

Vorlage 3: Das Parlament hat auch im Hinblick auf die Neustrukturierung des Asylbereichs am 28. September 2012 dringliche Änderungen des AsylG verabschiedet, die bereits am 29. September 2012 in Kraft getreten und bis zum 28. September 2015 gültig sind.13 In der Volksabstimmung vom 9. Juni 2013 wurden die dringlichen Massnahmen von 78 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger angenommen. Einzelne Änderungen sind auch für die Neustrukturierung wichtig: ­

Die Schaffung besonderer Zentren für Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder den Betrieb der Empfangs- und Verfahrenszentren (EVZ) erheblich stören (nachfolgend besondere Zentren für Asylsuchende genannt, siehe Art. 26 Abs. 1bis ff. AsylG);

­

Die Entrichtung einer Sicherheitspauschale durch den Bund (Art. 91 Abs. 2ter AsylG) und Entrichtung von Beiträgen des Bundes für die Durchführung von Beschäftigungsprogrammen (Art. 91 Abs. 4bis AsylG) an Standortkantone von EVZ und besondere Zentren für Asylsuchende;

­

Die bewilligungsfreie vorübergehende Nutzung von Anlagen und Bauten des Bundes für die Unterbringung von Asylsuchenden für maximal drei Jahre (Art. 26a AsylG);

­

Die Möglichkeit, neue Verfahrensabläufe im Rahmen von Testphasen zu prüfen (Art. 112b AsylG; siehe auch Ziff. 1.1.7);

­

Die Ergänzung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (Art. 74 ff.

AuG).

Für die Umsetzung einzelner Bestimmungen waren der Erlass einer Testphasenverordnung sowie weitere Verordnungsanpassungen durch den Bundesrat erforderlich.

Die entsprechenden Verordnungsänderungen wurden am 1. Oktober 2013 in Kraft gesetzt.14 Die dringlichen Änderungen des Asylgesetzes (Vorlage 3) sollen in die vorliegende Vorlage zur Neustrukturierung des Asylbereichs aufgenommen und so unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden. Ausgenommen von dieser Überführung ist die Bestimmung über die Testphasen (Art. 112b AsylG), da diese Testphasen bis zur Inkraftsetzung der vorliegenden Revision des Asylgesetzes abgeschlossen sein werden. Dieses Vorgehen wurde auch im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zur Neustrukturierung des Asylbereichs von einer Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer befürwortet (vgl. hierzu auch Ziff. 2.1).

Es steht zum heutigen Zeitpunkt nicht fest, ob die in der Vorlage 2 enthaltene Überführung der bis am 28. September 2015 befristeten dringlichen Änderungen des Asylgesetzes rechtzeitig verabschiedet und in Kraft gesetzt werden kann. Ist dies nicht möglich, so fallen die dringlichen Änderungen dahin, und das frühere Recht kommt wieder zur Anwendung. Um dies zu vermeiden, beantragt der Bundesrat in seiner Botschaft vom 26. Februar 2014 zur Verlängerung der dringlichen Änderungen des Asylgesetzes die Gültigkeitsdauer der dringlichen Massnahmen bis zum Inkrafttreten der Vorlage 2, längstens aber bis zum 28. September 2019 zu verlän13 14

AS 2012 5359 Vgl. hierzu Testphasenverordnung vom 4. September 2013 (TestV; SR 142.318.1) sowie Änderungen vom 4. September 2013 in der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1; SR 142.311), in der Asylverordnung 2 vom 11. August 1999 (AsylV 2; SR 142.312), Verordnung des EJPD vom 24. November 2007 über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich (SR 142.311.23).

8003

gern. Zudem schlägt der Bundesrat vor, die Testphasenverordnung unter bestimmten Voraussetzungen längstens bis zur Inkraftsetzung der Vorlage 2 weiter anzuwenden (siehe Ziff. 1.1.7)15. Die entsprechende Vorlage befindet sich zurzeit in parlamentarischer Beratung.

Vorlage 1: Weitere, nicht dringliche Änderungen des AsylG wurden vom Parlament am 14. Dezember 2012 beschlossen; sie wurden vom Bundesrat gestaffelt auf den 1. Januar 2014, bzw. auf den 1. Februar 2014 in Kraft gesetzt.16 Diese Änderungen dienen teilweise ebenfalls der Neustrukturierung des Asylbereichs (z.B. Einführung einer Vorbereitungsphase, Ersatz von Nichteintretensentscheiden durch rasche materielle Asylverfahren, neues schriftliches Verfahren bei Mehrfach- und Wiedererwägungsgesuchen, gesetzliche Regelung über die Behandlungsstrategie des BFM und deren Koordination mit dem BVGer, ganze oder teilweise Finanzierung von Administrativhaftplätzen für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht durch den Bund).17 Mit der Verabschiedung der Verordnungsbestimmungen zur Finanzierung von Administrativhaftplätzen im März 2014 soll erreicht werden, dass künftig vermehrt spezialisierte Haftanstalten errichtet werden, die ausschliesslich dem Vollzug der ausländerrechtlichen Administrativhaft dienen. Die Standorte der Administrativhaftplätze sind gemäss der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 (Ziff. 6) auf die festgelegten Regionen auszurichten und mit den Standorten der Ausreisezentren abzustimmen. Auch dies bildet ein zentrales Element für eine erfolgreiche Umsetzung der Neustrukturierung im Bereich des Wegweisungsvollzuges.

Umsetzung der Dublin III-Verordnung Der Bundesrat hat die Botschaft18 zur Genehmigung und Umsetzung der Dublin IIIVerordnung (Verordnung [EU] Nr. 604/2013)19 und Eurodac-Verordnung (Verordnung [EU] Nr. 603/2013)20 am 7. März 2014 zuhanden des Parlaments verabschiedet. Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament je einen Bundesbeschluss zur Über-

15

16 17 18

19

20

Vgl. hierzu ausführlich Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Asylgesetzes (Verlängerung der dringlichen Änderungen des Asylgesetzes) vom 26. Februar 2014 , BBl 2014 2087.

AS 2013 4375 5357; BBl 2010 4455, 2011 7325 BBl 2012 9685 Botschaft über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) Nr. 603/2013 und (EU) Nr. 604/2013 (Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands), BBl 2014 2675.

Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 31.

Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Einreichung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 1.

8004

nahme der Dublin III-Verordnung21 und zur Übernahme der Eurodac-Verordnung22.

Diese Bundesbeschlüsse enthalten auch die für deren Umsetzung erforderlichen Gesetzesanpassungen.

Bei diesen Verordnungen handelt es sich um Weiterentwicklungen des Dublin/ Eurodac-Besitzstands, zu deren Übernahme sich die Schweiz im Rahmen des Dublin-Assoziierungsabkommens (DAA)23 grundsätzlich verpflichtet hat (Art. 1 Abs. 3 und Art. 4 DAA).

Von den vorgeschlagenen Neuerungen der Dublin-Verordnung wird die vorliegende Gesetzesrevision grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Die Ziele der Dublin IIIVerordnung entsprechen grundsätzlich den Zielen dieser Neustrukturierung, welche ebenfalls rasche und faire Verfahren sowie einen verbesserten Rechtsschutz für die Betroffenen vorsieht. Die Dublin III-Verordnung schränkt einzig die bestehende Möglichkeit zur Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft im Dublin-Verfahren ein.

Eine Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft darf nur bei einer erheblichen Untertauchensgefahr im Einzelfall angeordnet werden und nur, wenn die Anordnung von Haft verhältnismässig ist und weniger einschneidende Massnahmen zur Sicherstellung des Vollzugs nicht genügen; zudem wurde die maximale Dauer der Haft verkürzt.

Das EJPD wird die laufenden Gesetzgebungsarbeiten im Rahmen der Dublin IIIVerordnung und der vorliegenden Revision des AsylG im Auge behalten; es stellt sicher, dass diese Vorlagen aufeinander abgestimmt werden.

1.1.7

Erste Erkenntnisse aus der Testphase

Am 6. Januar 2014 konnte der Testbetrieb zur Neustrukturierung in Zürich gestartet werden. Mittels Testphasen soll überprüft werden, ob die Ziele der Neustrukturierung im Asylverfahren und im Vollzug erreicht werden. Eine begleitende Evaluation dient der Identifikation allfälliger Schwachstellen und zeigt Verbesserungspotenzial auf. Die Durchführung einer Testphase entspricht auch einem Anliegen der Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 (siehe Ziff. 1.1.3).

Die Verordnung vom 4. September 201324 über die Durchführung von Testphasen zu den Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich (TestV) sieht vor, dass das BFM zuhanden des EJPD eine Evaluation der Testphasen durchführt (Art. 8 TestV).

Im Hinblick auf die Umsetzung der Neustrukturierung sollen damit Erkenntnisse zu 21

22

23

24

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Weiterentwicklung des Dublin/Eurodac-Besitzstands) (Entwurf), BBl 2014 2727.

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 über die Errichtung von «Eurodac» sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung der IT-Agentur (Weiterentwicklung des Dublin/ Eurodac-Besitzstands) (Entwurf), BBl 2014 2735.

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags, SR 0.142.392.68.

SR 142.318.1

8005

möglichst allen Wirkungen des beschleunigten Asylverfahrens und des umfassenden Rechtsschutzes gewonnen werden. Neben dem Asylverfahren sollen auch betriebswirtschaftliche, subventions- und asylverfahrensrechtliche Aspekte, die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure sowie die Auswirkungen auf das BVGer und den Wegweisungsvollzug evaluiert werden. Aufgrund der Komplexität der zu untersuchenden Fragen sowie der unterschiedlichen Anforderungen wurden insgesamt vier Mandate vergeben (Mandat 1: Quantitative Analyse Testbetrieb, Mandat 2: Formative Evaluation und Prozessoptimierung, Mandat 3: Qualitative Evaluation des Testbetriebes und Mandat 4: Beratung und Rechtsvertretung).

Im Testbetrieb in Zürich sollen jährlich rund 1300­1400 Asylgesuche bearbeitet werden. Die dazugehörende Asylunterkunft im Zentrum Juch bietet 300 Asylsuchenden Platz. Im Testbetrieb arbeiten rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BFM.

Bis Ende Juli 2014 wurden im Testbetrieb 867 Asylsuchende aufgenommen und 517 Verfahren erledigt. Dabei erhielten 79 Asylsuchende einen positiven Entscheid, 81 der betroffenen Personen einen negativen Entscheid mit Wegweisung, und es wurden 206 Dublin-Nichteintretensentscheide und sieben Nichteintretensentscheide verfügt. 62 der betroffenen Personen wurden vorläufig aufgenommen. 82 Gesuche wurden abgeschrieben. 85 Asylsuchende haben ihr Gesuch zurückgezogen. Werden die bisherigen Zahlen auf 12 Monate hochgerechnet, dürften in diesem Jahr 1500 Gesuche bearbeitet werden.

Die Zusammensetzung nach Herkunftsländern entsprach der Durchmischung der in der gesamten Schweiz neu eingereichten Asylgesuche. Rund 40 Prozent der Asylgesuche wurden im beschleunigten Verfahren und 40 Prozent im Dublin-Verfahren behandelt. Rund 20 Prozent der Asylgesuche wurden dem erweiterten Verfahren zugeteilt. In diesen Fällen wurde im Testbetrieb lediglich die Anhörung zu den Asylgründen durchgeführt.

Die Erfahrungen des BFM aus den ersten sieben Monaten zeigen, dass die beschleunigten Verfahren im Testbetrieb rasch und rechtsstaatlich korrekt durchgeführt werden können; bei den bisher abgeschlossenen Verfahren konnten die vorgegebenen Fristen mehrheitlich eingehalten werden. In der Vorbereitungsphase wurde die Einhaltung der Fristen wegen mangelnder Dolmetscherkapazitäten teilweise erschwert. Die Anwesenheit aller
wichtigen Verfahrensbeteiligten an der Förrlibuckstrasse und im Zentrum Juch gewährleistet einen raschen, effizienten und fallbezogenen Informationsaustausch. Die Asylsuchenden haben im Testbetrieb die Möglichkeit, sehr früh im Verfahren die Rückkehrberatung in Anspruch zu nehmen.

Das neu eingeführte Instrument der Beratung und Rechtsvertretung stösst bei allen Verfahrensbeteiligten auf ein positives Echo. Der frühe, systematische Einbezug der Beratung und die konstante Begleitung durch die Rechtsvertretung über das gesamte Verfahren hinweg tragen dazu bei, dass die Asylsuchenden besser über das Asylverfahren informiert sind. Die Akzeptanz bei einem negativen Asylentscheid wird durch die gesteigerte Transparenz erhöht. Zudem wurde festgestellt, dass rund zehn Prozent der betroffenen Personen ihr Asylgesuch frühzeitig zurückgezogen haben.

Dies kann auch auf die umfassende Rückkehrberatung zurückgeführt werden. Bei 356 anfechtbaren Verfügungen wurden 54 Beschwerden eingereicht. Die Beschwerdequote ist somit mit rund 15 Prozent im Vergleich zu den ordentlichen Verfahren tief. In den ersten Monaten wurde eine erhöhte Untertauchensquote während des Testverfahrens festgestellt. Dabei tauchten Personen mit geringer Aussicht auf einen Schutzstatus deutlich häufiger während des Asylverfahrens unter, als im Verfahren 8006

ausserhalb der Testphase. Dies gilt insbesondere für das Dublin-Verfahren, in welchem bisher 28 Prozent der Asylsuchenden vor dem Asylentscheid untergetaucht sind (Verfahren ausserhalb der Testphase: 17 Prozent). Die entsprechenden Auswirkungen auf den Wegweisungsvollzug auf kantonaler Ebene können momentan noch nicht abgeschätzt werden.

Eine vertieftere Bilanz der Evaluation wird im Rahmen eines Zwischenberichtes Ende des Jahres 2014 vorliegen. Ende des Jahres 2015 soll der Schlussbericht mit den Evaluationsergebnissen vorliegen. Des Weiteren sieht die TestV vor, dass das BFM erstmals sechs Monate nach Beginn der Testphase unter Einbezug der Standortkantone, der KKJPD und der SODK die Entwicklung der Nothilfekosten bei Personen überprüft, deren Wegweisungsentscheid im Rahmen der Testphase ergangen ist (Art. 32 TestV). Das EJPD kann die Höhe der Nothilfepauschale für den Standortkanton aufgrund gesicherter Ergebnisse anpassen.

Die Umsetzung der Testphase in Zürich ist für den Bund wegen der kurzen Betriebsdauer mit hohen Kosten verbunden. Aus wirtschaftlicher und organisatorischer Sicht scheint es angebracht, die Behandlung von Asylgesuchen im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren fortzuführen, falls die Evaluation der Testphase insbesondere in Bezug auf die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der finanziellen und personellen Aufwendungen ein positives Ergebnis zeigt.

Kann der Betrieb nach dem 5. Januar 2016 nicht mehr weitergeführt werden, müsste die gesamte Infrastruktur in Zürich geschlossen werden. Eine Schliessung hätte zur Folge, dass ein Rückbau der Infrastruktur notwendig würde. Damit würde das Risiko bestehen, dass bei der Einführung der Neustrukturierung die bisherigen Lokalitäten nicht mehr zur Verfügung stehen würden resp. wieder aufgebaut werden müssten.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat in der Botschaft zur Verlängerung der dringlichen Änderungen vorgeschlagen, die getesteten Ausführungsbestimmungen gemäss TestV unter bestimmten Voraussetzungen bis zur Inkraftsetzung der Neustrukturierung, längstens bis am 28. September 2019, weiter anzuwenden.25

1.1.8

Auswirkungen des neuen Artikels 121a BV auf die Neustrukturierung des Asylbereichs (Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»)

Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» ist am 9. Februar 2014 von einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung und der Kantone angenommen worden. Der Bundesrat hat am 20. Juni 2014 ein Konzept zur Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung26 (BV) verabschiedet. Es bildet die Grundlage für die notwendigen Gesetzesanpassungen, zu denen Ende 2014 ein Vernehmlassungsverfahren eröffnet werden soll.

Der neue Verfassungsartikel erlaubt grundsätzlich eine Weiterführung der bisherigen Asylpolitik der Schweiz. Für den Asylbereich müssen jedoch neu ebenfalls Höchstzahlen und Kontingente festgelegt werden. Dabei sind die völkerrechtlichen 25

26

Vgl. hierzu ausführlich Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Asylgesetzes (Verlängerung der dringlichen Änderungen des Asylgesetzes) vom 26. Februar 2014, BBl 2014 2087.

SR 101

8007

Verpflichtungen der Schweiz zu beachten (siehe Ziff. 1.3 und 4.2.3 der Botschaft vom 7. Dezember 201227 zur Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»).

Sofern die Umsetzung von Artikel 121a BV zu einer Kündigung des Freizügigkeitsabkommens (FZA)28 mit der EU führen würde, könnte die EU eventuell auch andere Abkommen mit der Schweiz, die sie als mit dem FZA verbunden erachtet, in Frage stellen: Betroffen wären insbesondere die Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen (SAA29 und DAA). Sie sind formell nicht mit dem FZA verknüpft (keine «Guillotine-Klausel»). Dies bedeutet, dass eine Kündigung des FZA nicht automatisch zu einer Beendigung des SAA und des DAA führen würde. Das SAA ergänzt jedoch das FZA, indem es den Reiseverkehr im Schengen-Raum erleichtert. Aufgrund der gegenseitigen Verknüpfung zwischen SAA und DAA würde eine Kündigung des SAA auch zur Beendigung des DAA führen (Art. 14 DAA).

Im Rahmen des DAA werden die Zuständigkeiten für die Behandlung von Asylgesuchen geregelt. Es wird so vermieden, dass mehrere Verfahren für den gleichen Gesuchsteller oder die gleiche Gesuchstellerin durchgeführt werden. Ein allfälliger Wegfall des DAA hätte somit erhebliche negative Auswirkungen auf das Asylsystem der Schweiz, da sie sich nicht mehr auf die Dublin-Zuständigkeitskriterien berufen könnte. Jede asylsuchende Person, deren Gesuch in einem EU-Staat abgewiesen wurde, könnte in der Schweiz erneut ein Asylgesuch stellen, auf welches die Schweiz ohne Dublin eintreten müsste. Dies würde insbesondere bezüglich der Zahl und der Dauer der Asylverfahren zu einer Erhöhung führen (siehe Ziff. 4.2.4 der Botschaft vom 7. Dezember 201230 zur Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»). In einer solchen Situation käme der mit der Neustrukturierung angestrebten markanten Beschleunigung der Verfahren und des Vollzugs ab Zentren des Bundes noch eine erheblich grössere Bedeutung zu.

1.1.9

Bisherige Massnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren

Aufgrund der hohen Anzahl von Asylgesuchen seit Ende 2011 hat das BFM verschiedene organisatorische Massnahmen ergriffen, um die Asylverfahren zu beschleunigen und die Effizienz bei der Gesuchsbehandlung zu steigern.

Neue Behandlungsstrategie und Prioritätenordnung ab 1. Juli 2012 Die Ende des Jahres 2011 anhaltend hohen Gesuchseingänge konnten mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht bewältigt werden. Zudem orientierte sich die Behandlung der Asylgesuche einseitig an den für die einzelnen Herkunftsstaaten von Asylsuchenden entwickelten Strategien. Deshalb hat das BFM per 1. Juli 2012 eine neue Behandlungsstrategie in Kraft gesetzt, die seither erfolgreich angewendet wird.

27 28

29

30

BBl 2013 291 Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, SR 0.362.31.

BBl 2013 291

8008

Ziel ist die wirkungsvolle Erledigung der Asylgesuche mittels Priorisierung nach Gesuchskategorien. Weitere Zielsetzungen der Behandlungsstrategie sind: ­

Priorität auf Nichteintretensentscheiden (insbesondere Dublin-Erledigungen) und negativen -Entscheiden ohne weitere Abklärungen mit rasch durchführbarem, auch zwangsweisem, Wegweisungsvollzug (insbes. Safe-CountriesErledigungen)

­

Reduktion der Anzahl offensichtlich unbegründeter Asylgesuche und dadurch Entlastung im Unterbringungsbereich

­

Minimierung der Gesamtkosten im Asylbereich.

Der Behandlungsstrategie liegt eine neue Prioritätenordnung mit insgesamt drei Prioritätskategorien zugrunde, die ebenfalls am 1. Juli 2012 in Kraft gesetzt wurde.

Beschleunigtes Verfahren für Asylgesuche aus den europäischen visumsbefreiten Ländern («48-Stunden-Verfahren») und «Fast-Track-Verfahren» In den Sommermonaten 2012 verzeichnete das BFM eine starke Zunahme der Asylgesuche von Personen, die aus ihren europäischen Herkunftsstaaten ohne Visa in die Schweiz einreisen können. Dabei handelte es sich vor allem um Asylsuchende aus Serbien, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina. Dies hat zu einer Überbelegung der EVZ geführt, die kaum mehr neue Asylsuchende aufnehmen konnten.

Asylsuchende aus europäischen Staaten haben erfahrungsgemäss nur minime Chancen auf eine Asylanerkennung. Deshalb führte das BFM im August 2012 als weitere Massnahme im Rahmen der neuen Behandlungsstrategie ein beschleunigtes «48Stunden-Verfahren» für geeignete Asylgesuche aus den europäischen visumbefreiten Ländern (insbes. für die oben genannten Länder) ein. Diese Verfahrensart wird seit ihrer Einführung in der Praxis erfolgreich angewandt. Sie wurde im Frühjahr 2013 auf Kosovo und Georgien ausgeweitet. Ausserdem wurde im Dezember 2012 für Marokko sowie ab April 2013 für Nigeria, Tunesien und Algerien ein beschleunigtes «Fast-Track-Verfahren» eingeführt. Der Hauptunterschied zum «48-Stunden-Verfahren» besteht darin, dass sich bei diesen Ländern der Vollzug der Wegweisung beziehungsweise die Papierbeschaffung als schwieriger erweist. Diese im Rahmen der Behandlungsstrategie getroffenen Massnahmen haben Wirkung gezeigt.

Die Anzahl der Asylgesuche aus Bosnien und Herzegowina, Serbien, Mazedonien, Georgien, Nigeria und Tunesien sind deutlich zurückgegangen. Bei Kosovo, Marokko und Algerien sind die Gesuchseingänge stabil bis leicht rückläufig. Zudem wurde die Zusammenarbeit mit den Behörden wichtiger Herkunftsstaaten wie z.B.

Nigeria und Balkan-Staaten im Hinblick auf eine rasche Rückführung der Betroffenen weiter intensiviert.

Praxisänderung bei Dublin-Mehrfachgesuchen In vielen Fällen kehren Asylsuchende kurz nach ihrer Überstellung in den zuständigen Dublin-Staat in die Schweiz zurück und stellen erneut ein Asylgesuch in der Schweiz. In solchen Gesuchen werden in der Regel keine neuen Angaben gemacht.

Ziel der
Asylgesuche ist lediglich ein weiterer Aufenthalt in der Schweiz während der Dauer des neuen Dublin-Verfahrens. Diesem Umstand begegnete das BFM mit der Einführung folgender Massnahme: Seit dem 20. April 2012 können Personen innerhalb von sechs Monaten nach einer erfolgten Überstellung in den zuständigen Dublin-Staat kein Asylgesuch mehr in der Schweiz stellen. Werden die Personen in den Kantonen aufgegriffen, können die kantonalen Behörden dies dem BFM mel8009

den. Dieses ersucht beim zuständigen Dublin-Staat eine erneute Übernahme. Auch diese Massnahme zeigte Wirkung: Die Anzahl der Dublin-Mehrfachgesuche ist nach der Praxisänderung deutlich auf unter 50 pro Monat zurückgegangen, wohingegen sie vor der Einführung beinahe das Vierfache betrug.

1.2

Grundzüge der Neustrukturierung des Asylbereiches

1.2.1

Übergeordnete Ziele

Mit der Neustrukturierung des Asylbereichs sollen folgende Ziele erreicht werden: ­

Asylverfahren sollen rasch und rechtsstaatlich korrekt durchgeführt werden;

­

schutzbedürftigen Personen soll weiterhin der notwendige Schutz gewährt und sie sollen so rasch als möglich in der Schweiz integriert werden;

­

der Anreiz, offensichtlich unbegründete Asylgesuche einzureichen, soll gesenkt und der Missbrauch im Asylbereich bekämpft werden;

­

die Glaubwürdigkeit des Asylbereichs soll nachhaltig gestärkt werden.

1.2.2

Wesentliche Merkmale

Die nachfolgende Darstellung stützt sich auf die Schlussberichte der Arbeitsgruppe Bund/Kantone und der Arbeitsgruppe Neustrukturierung (siehe Ziff. 1.1.2 und 1.1.4, mit Fundstellen im Internet) sowie auf die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens (vgl. hierzu Ziff. 2).

Die Arbeitsgruppe Bund/Kantone kommt zum Schluss, dass eine effektive Beschleunigung der Asylverfahren nur dann erreicht werden kann, wenn sich die wichtigsten Akteure möglichst am gleichen Ort befinden (insbesondere Unterbringung der Asylsuchenden, Verantwortliche für das Asylverfahren im BFM; Rechtsvertretung und Rückkehrberatung, Spezialistinnen und Spezialisten für die Dokumentenprüfung und den Eurodac-Abgleich sowie die Länderdokumentation). Dies bedingt einen Ausbau der bestehenden EVZ und die Eröffnung von weiteren Zentren an anderen Standorten.

Die Zentren des Bundes müssen für eine optimale Organisation eine bestimmte Grösse aufweisen; sehr grosse Zentren wie in der Niederlande (in Ter Apel sind rund 1500 Asylsuchende untergebracht) sind in der Schweiz kaum realisierbar. Realistisch ist hingegen die Schaffung von Zentren des Bundes in den Regionen unter Einbezug der heutigen EVZ, die allenfalls durch weitere Zentren ergänzt werden.

Die Arbeitsgruppe Bund/Kantone ist sich ferner darüber einig, dass rasche Asylverfahren nur dann rechtsstaatlich korrekt und fair durchgeführt werden können, wenn Asylsuchenden ein professioneller, unentgeltlicher und unabhängiger Rechtsschutz gewährt wird.

Ein weiteres wesentliches Merkmal der Neustrukturierung des Asylbereichs ist es, die freiwillige Rückkehr von Asylsuchenden mit ablehnendem Asylentscheid zu fördern. Hierzu sollen in den Zentren des Bundes frühzeitig Rückkehrberatungsgespräche mit den Betroffenen durchgeführt werden, um diese umfassend auf das bestehende Rückkehrhilfeangebot hinzuweisen. Der Zugang zur Rückkehrberatung 8010

und die freiwillige Ausreise mit Rückkehrhilfe sollen grundsätzlich in jeder Verfahrensphase möglich sein (vgl. Ziff. 1.2.10, Ziff. 2.5 sowie Art. 93a Abs. 2 E-AsylG).

Personen, die in der Schweiz verbleiben können, sollen möglichst rasch integriert werden.

Um die angestrebte Beschleunigung zu erzielen, soll neu zwischen folgenden Asylverfahren unterschieden werden: Beschleunigtes Verfahren (Art. 26c E-AsylG) Asylgesuche, bei denen nach der Anhörung zu den Asylgründen oder der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 36 AsylG) keine weiteren Abklärungen notwendig sind, sollen nach einem festgelegten Zeitplan in einem beschleunigten Verfahren behandelt werden (mindestens 20 % aller Asylgesuche). Dabei können ablehnende Asylentscheide (Nichteintretensentscheide, materielle Asylentscheide mit Wegweisungsverfügung, bzw. Anordnung der vorläufigen Aufnahme) und positive Asylentscheide (Asylgewährung) gefällt werden (siehe hierzu auch Ziff. 2.2.2 Abschnitt «Dauer des beschleunigten Verfahrens»). Der Anteil der im beschleunigten Verfahren behandelten Asylgesuche kann je nach deren Zusammensetzung variieren.

Im beschleunigten Verfahren erfolgt grundsätzlich keine Zuweisung auf die Kantone. Asylgesuche, die im Rahmen des beschleunigten Verfahrens behandelt werden, sollen gemäss dem Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone innerhalb von 100 Tagen rechtskräftig entschieden werden, und bei ablehnenden Entscheiden soll innert dieser Zeitspanne die Wegweisung vollzogen werden. Die betroffenen Asylsuchenden werden für die Dauer des Verfahrens und des Wegweisungsvollzuges in den Zentren des Bundes (Zentren des Bundes nach Art. 24 E-AsylG, besondere Zentren nach Art. 24a E-AsylG oder kantonale und kommunale Zentren nach Art. 24e E-AsylG) untergebracht. Personen, die nach Ablauf des beschleunigten erstinstanzlichen Verfahrens ein Bleiberecht in der Schweiz erhalten (vorläufige Aufnahme oder Asylgewährung), werden auf die Kantone verteilt und so rasch als möglich integriert.

Erweitertes Verfahren (Art. 26d E-AsylG) Das erweiterte Verfahren (rund 40 % aller Asylgesuche) kommt insbesondere bei Asylgesuchen zur Anwendung, bei denen nach der Anhörung oder im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht sofort entschieden werden kann, da weitere Abklärungen notwendig sind. Die vorgeschlagene Regelung, wann das erweiterte
Verfahren zur Anwendung kommt, ist nicht abschliessend. Das erweiterte Verfahren kann auch bei Gesuchen mit einem voraussichtlichen Bleiberecht (vorläufige Aufnahme oder Asylgewährung) zur Anwendung kommen (vgl. auch Ziff. 2.2.2 Abschnitt «Dauer des beschleunigten Verfahrens»).

Kommt das erweiterte Verfahren zur Anwendung, werden Asylsuchende für die Dauer des Asylverfahrens und des Wegweisungsvollzuges den Kantonen zugewiesen. Innert Jahresfrist soll das erweiterte Verfahren abgeschlossen und eine allfällige Wegweisung vollzogen worden sein.

Dublin-Verfahren (Art. 26b E-AsylG) Asylsuchende im Dublin-Verfahren (derzeit rund 40 % aller Asylgesuche) verbleiben ebenfalls bis zur Ausreise in der Zuständigkeit des Bundes. Es erfolgen grundsätzlich keine Kantonszuweisungen. Dies bedeutet, dass bei derzeit rund 60 Prozent 8011

der Asylgesuche ein rasches Verfahren in den Zentren des Bundes erfolgt (d.h. rund 20 % der Asylgesuche im beschleunigten Verfahren und rund 40 % der Asylgesuche im Dublin-Verfahren).

Kann das Dublin-Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt nicht weitergeführt werden, weil z.B. die Schweiz für die Prüfung des Asylgesuches zuständig ist, erfolgt ein beschleunigtes oder erweitertes Verfahren. Wie bereits heute erfolgen im Dublin-Verfahren keine Anhörungen, es wird jedoch eine Erstbefragung durchgeführt und das rechtliche Gehör gewährt (vgl. Art. 26 Abs. 3 E-AsylG und Art. 36 Abs. 1 AsylG). Vor dem Asylentscheid muss die Antwort des zuständigen Dublin-Staates zum Gesuch um Aufnahme bzw. Wiederaufnahme abgewartet werden (vgl. Art. 37 Abs. 1 E-AsylG).

Bei dieser Aufteilung der Asylsuchenden zwischen dem Bund (beschleunigtes Verfahren, mindestens 20 % der Asylgesuche; Dublin-Verfahren, mindestens 40 % der Asylgesuche) und den Kantonen (erweitertes Verfahren rund 40 % der Asylgesuche) ist zu beachten, dass bei einem Teil der Dublin-Fälle eine Aufnahme bzw.

Wiederaufnahme durch einen anderen Dublin-Staat später nicht zustande kommt und dass bei einem Teil der Gesuche im beschleunigten Verfahren zwar ein rascher Entscheid möglich ist, aber der Vollzug einer Wegweisung während der Dauer des Aufenthalts in den Zentren des Bundes nicht durchführbar ist. In diesen Fällen kann zu einem späteren Zeitpunkt eine Zuweisung auf die Kantone notwendig werden.

Zudem kann die tatsächliche Zusammensetzung der Gesuche ändern (Anteil der Dublin-Verfahren, notwendige weitere Abklärungen etc.). Vgl. zur Aufenthaltsdauer in den Zentren des Bundes auch Ziff. 1.2.5, Ziff. 2.2.6 sowie Art. 24 E-AsylG.

1.2.3

Ablauf des Asylverfahrens

Vorbereitungsphase (Art. 26 E-AsylG) Mit der Einreichung eines Asylgesuchs in einem Zentrum des Bundes (vgl. Art. 19 E-AsylG) beginnt die Vorbereitungsphase, welche höchstens 21 Kalendertage dauert (Ausnahme bei Dublin-Verfahren zehn Kalendertage, siehe unten). Innerhalb dieser Maximalfrist richtet sich die Dauer der Vorbereitungsphase nach den Bedürfnissen im Einzelfall; in einfachen Fällen kann sie auch bloss einige Tage dauern. Eine schematische Festlegung der Dauer der Vorbereitungsphase für alle Gesuche ist deshalb nicht sinnvoll. Eine gesetzliche Regelung der Vorbereitungsphase ist bereits im Rahmen der letzten Revision des AsylG erfolgt (vgl. Art. 26 Abs. 1quater und Abs. 2 AsylG, Änderung des Asylgesetzes vom 14. Dezember 2012, Vorlage 1, in Kraft seit dem 1. Februar 2014). Diese soll in der vorliegenden Revision weitgehend übernommen werden (Art. 26 E-AsylG).

Die Vorbereitungsphase ermöglicht es, die zur Durchführung eines Asylverfahrens notwendigen Vorabklärungen unmittelbar nach Eintritt in ein Zentrum des Bundes vorzunehmen. Sie soll insbesondere dazu dienen, die spätere Anhörung zu den Asylgründen gut vorzubereiten und so die kurzen Fristen für die Behandlung von Asylgesuchen einhalten zu können.

In der Vorbereitungsphase sollen insbesondere die Personendaten der Betroffenen aufgenommen und registriert werden. Ferner sollen die Identität, die vorgelegten Beweismittel sowie die Reise- und Identitätsdokumente überprüft und weitere identitäts- und herkunftsspezifische Abklärungen getroffen werden. Im Dublin-Ver8012

fahren soll beim zuständigen Dublin-Staat die Anfrage zur Aufnahme oder Wiederaufnahme einer betroffenen Person bereits in der Vorbereitungsphase eingereicht werden. Schliesslich soll während der Vorbereitungsphase eine Erstbefragung der betroffenen Person zur Identität, zum Reiseweg und zu den Ausreisegründen durchgeführt werden (Art. 26 Abs. 3 E-AsylG). Dies entspricht der heute geltenden Befragung zur Person (Art. 26 Abs. 2 AsylG). Während des gesamten Aufenthaltes in den Zentren des Bundes ­ somit auch bereits in der Vorbereitungsphase ­ haben Asylsuchende Zugang zur Beratung über das Asylverfahren (Art. 102g E-AsylG).

Die Zuweisung der Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes erfolgt unmittelbar nach Eintritt in ein Zentrum des Bundes und damit bereits ab Beginn der Vorbereitungsphase (Art. 102h Abs. 1 E-AsylG). Dies bedeutet, dass die Rechtsvertretung an der Erstbefragung in der Vorbereitungsphase teilnehmen kann, sofern die asylsuchende Person nicht ausdrücklich auf eine Rechtsvertretung verzichtet (Art. 102h Abs. 1 E-AsylG; siehe auch Ziff. 1.2.9 und 2.4). Anlässlich der Erstbefragung sollen gemeinsam mit den Asylsuchenden die Chancen im Asylverfahren geklärt werden.

Zieht eine asylsuchende Person ihr Asylgesuch freiwillig zurück, weil sie z.B.

ausschliesslich wirtschaftliche Gründe für die Einreise in die Schweiz geltend macht, soll dieses formlos abgeschrieben werden (Art. 26 Abs. 3 E-AsylG; entspricht Art. 25a AsylG ).

Das BFM kann in der Vorbereitungsphase Dritte mit administrativen Aufgaben betrauen (z.B. Erhebung der Personalien, Erstellung von Fingerabdruckbogen und Fotografien, Art. 26 Abs. 5 E-AsylG).

Erscheint eine Rückkehr bereits im Zeitpunkt der Vorbereitungsphase möglich, haben die Betroffenen bereits in dieser Verfahrensphase die Möglichkeit, sich über die freiwillige Rückkehr und über die Rückkehrhilfe zu orientieren (vgl. Art. 93a E-AsylG; siehe auch Ziff. 1.2.10 und 2.5). Diese Beratung soll durch eine vom BFM unabhängige Stelle erfolgen (z.B. kantonale Rückkehrberatungsstellen oder Nichtregierungsorganisationen [NGO]).

Eine besondere Situation besteht bei den Dublin-Verfahren. Hier dauert die Vorbereitungsphase höchstens zehn Kalendertage (Art. 26 Abs. 1 E-AsylG). Bis spätestens zu diesem Zeitpunkt erfolgt die Anfrage um Aufnahme bzw. Wiederaufnahme an den
zuständigen Dublin-Staat. Ergibt sich am Anfang der Vorbereitungsphase ein Eurodac-Treffer, wird diese Anfrage sofort gestellt.

Bei Wiedererwägungs- und Mehrfachgesuchen soll grundsätzlich keine Vorbereitungsphase stattfinden (Art. 111b Abs. 1 und 111c Abs. 1 E-AsylG).

Die Asylsuchenden werden während der Vorbereitungsphase in einem Zentrum des Bundes untergebracht (siehe Art. 24 Abs. 2 E-AsylG, Art. 24a Abs. 2 E-AsylG und 24e Abs. 6 E-AsylG sowie Ziff. 1.2.5).

Während der Vorbereitungsphase wird eine kurze medizinische Standarduntersuchung durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt, um abzuklären, ob für die Durchführung des Asylverfahrens (insbesondere für die Anhörung) besondere Massnahmen erforderlich sind. Es soll soweit möglich auch geklärt werden, ob übertragbare Krankheiten vorliegen, die die öffentliche Gesundheit gefährden könnten. Falls es medizinisch indiziert ist, erfolgt eine Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt. In diesem Rahmen ist die Meldung meldepflichtiger übertragbarer Krankheiten sichergestellt (vgl. Verordnung vom 13. Januar 199931 über die Mel31

SR 818.141.1

8013

dung übertragbarer Krankheiten des Menschen [Melde-Verordnung]). Eine Tuberkulose-Untersuchung wird wie bisher in Verdachtsfällen durchgeführt.

Bei der Umsetzung ist sicherzustellen, dass das medizinische Fachpersonal über die für diese Tätigkeit notwendige Ausbildung verfügt. Dies gilt auch für transkulturelle Kompetenzen. In diesem Bereich erfolgt eine Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG). Ist die sprachliche Verständigung nicht möglich, werden für die medizinische Untersuchung zertifizierte Übersetzerinnen und Übersetzer beigezogen. Darauf kann verzichtet werden, wenn es sich aus medizinischer Sicht offensichtlich um einen Bagatellfall handelt. Medizinische Gründe, die für das Asylverfahren relevant und der betroffenen Person bekannt sind, müssen unmittelbar nach der Gesuchseinreichung, spätestens jedoch bei der Anhörung vorgebracht werden.

Andernfalls können sich Nachteile im Asylverfahren ergeben (höhere Anforderungen an das Beweismass zulasten der Asylsuchenden, vgl. Art. 26a E-AsylG). Dies entspricht der Änderung des Asylgesetzes vom 14. Dezember 2012 (vgl. Art. 26bis AsylG, Vorlage 1).

Der Zugang zur allgemeinen medizinischen Versorgung muss sichergestellt sein.

Dazu dienen Sprechstunden vor Ort bei einem Arzt oder bei einer Ärztin, eine ambulante Behandlungsmöglichkeit im Spital oder bei Bedarf ein Arztbesuch. Dabei ist eine durch eine medizinische Fachperson vorgenommene Triage vor der Zuweisung zu einer ärztlichen Behandlung sinnvoll. Auch im Rahmen der allgemeinen medizinischen Versorgung wird sichergestellt, dass übertragbare Krankheiten soweit möglich rasch erkannt, adäquat behandelt und gemäss Melde-Verordnung zeitgerecht gemeldet werden. Bei der allgemeinen medizinischen Versorgung ist ebenfalls sicherzustellen, dass in transkultureller Kompetenz ausgebildetes medizinisches Fachpersonal mit den entsprechenden Aufgaben betraut wird und dass, wenn die sprachliche Verständigung nicht möglich ist, für die medizinische Untersuchung zertifizierte Übersetzerinnen und Übersetzer beigezogen werden. Darauf kann auch hier verzichtet werden, wenn es sich aus medizinischer Sicht offensichtlich um einen Bagatellfall handelt.

Erstinstanzliches Verfahren (Art. 26b ff. E-AsylG) Ist die Vorbereitungsphase abgeschlossen, folgt unmittelbar das eigentliche Asylverfahren (beschleunigtes
Verfahren oder Dublin-Verfahren).

Im beschleunigten Verfahren wird der Ablauf verbindlich festgelegt, und die Verfahrensschritte müssen eingehalten werden. Dieses getaktete Verfahren dauert acht Arbeitstage (Art. 37 Abs. 2 E-AsylG). In dieser Zeit sollen folgende Verfahrensschritte vorgenommen werden: ­

Vorbereitung der Anhörung zu den Asylgründen;

­

Anhörung zu den Asylgründen;

­

Allfällige weitere Stellungnahme der Rechtsvertretung, Triage zwischen beschleunigten und erweiterten Verfahren;

­

Entwurf des Entscheids über die Annahme oder Ablehnung des Asylgesuchs resp. die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme;

­

Stellungnahme der Rechtsvertretung zum Entwurf des Entscheids;

­

Endredaktion des Entscheids;

8014

­

Eröffnung des Entscheids durch Aushändigung an den Leistungserbringer oder durch Aushändigung an die asylsuchende Person, wenn diese über keine Rechtsvertretung verfügt (vgl. Art. 12a Abs. 2 und 3 E-AsylG).

Bei den genannten Fristen handelt es sich um Ordnungsfristen, welche um einige Tage überschritten werden können, wenn nicht umfangreiche aber notwendige Abklärungen zum Sachverhalt vorgenommen werden müssen (z.B. wenn eine zusätzliche Anhörung erforderlich wird oder ein Dokument kurzfristig beschafft werden muss, vgl. Art. 37 Abs. 3 E-AsylG).

Stellt sich im Rahmen der Anhörung zu den Asylgründen heraus, dass ein Entscheid zum Asylgesuch im Rahmen des beschleunigten Verfahrens nicht möglich ist (z.B.

weil weitere umfangreichere Abklärungen notwendig sind), wird das Asylgesuch im erweiterten Verfahren behandelt, und es erfolgt eine Zuweisung in den zuständigen Kanton zur weiteren Unterbringung (Triage, vgl. Art. 26d E-AsylG). Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die Behandlung eines Asylgesuchs im erweiterten oder beschleunigten Verfahren. Das BFM erlässt jedoch für die Zuteilung ins erweiterte Verfahren eine Zwischenverfügung, welche nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden kann (vgl. Art. 107 Abs. 1 AsylG).

Die Anhörung zu den Asylgründen wird immer im Zentrum des Bundes durchgeführt (im Dublin-Verfahren findet weiterhin keine Anhörung statt; es wird jedoch immer das rechtliche Gehör gewährt). Damit wird der organisatorische Aufwand möglichst tief gehalten (vgl. Art. 29 Abs. 1 E-AsylG).

Um ein getaktetes und rasches Verfahren auch bei hohen Schwankungen der Asylgesuchszahlen durchführen zu können, wurde anlässlich der nationalen Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 vereinbart, dass sich der Bund und die Kantone verpflichten, die für ihre Aufgaben erforderlichen Ressourcen insbesondere in den Bereichen der Unterbringung, des Personals und der Finanzierung sicherzustellen und möglichen Schwankungen anzupassen (vgl. Gemeinsame Erklärung vom 21. November 2013, Ziff. 4). Anlässlich der zweiten nationalen Asylkonferenz vom 28. März 2014 wurde zudem im Rahmen der Gemeinsamen Erklärung festgehalten, dass der Bund, die Kantone sowie Städte und Gemeinden Massnahmen treffen, um auf Schwankungen mit flexiblem Personaleinsatz oder weiteren Vorkehrungen rechtzeitig reagieren zu können (vgl. Gemeinsame Erklärung vom 28. März 2014, Ziff. 2 e). Im Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» der Arbeitsgruppe Neustrukturierung, welcher im Rahmen der zweiten nationalen
Asylkonferenz verabschiedet wurde, wird festgehalten, dass sowohl der Bund als auch die Kantone sich anteilsmässig an der Bereitstellung von Schwankungsreserven zu beteiligen haben. Die angestrebten 5000 Plätze in Zentren des Bundes beinhalten entsprechend eine Schwankungsreserve von rund 20 Prozent. Im gleichen Ausmass sollen auch die Kantone für die Unterbringung von Personen im erweiterten Verfahren eine Schwankungsreserve von 20 Prozent vorsehen.32 Die Unterbringung erfolgt während des erstinstanzlichen beschleunigten Verfahrens in einem Zentrum des Bundes (siehe Ziff. 1.2.5 und Art. 24 ff. E-AsylG).

Personen, die nach Ablauf des beschleunigten erstinstanzlichen Verfahrens ein Bleiberecht in der Schweiz erhalten (vorläufige Aufnahme oder Asylgewährung) werden den Kantonen zugewiesen.

32

Vgl. Schlussbericht Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches vom 18. Februar 2014, S. 33.

8015

Bei Dublin-Verfahren findet das oben beschriebene getaktete Verfahren nicht statt.

Nach der Anfrage an den zuständigen Dublin-Staat muss vor dem erstinstanzlichen Entscheid die entsprechende Antwort abgewartet werden. Nach Eingang dieser Antwort ist der Entscheid innerhalb von drei Arbeitstagen zu treffen und zu eröffnen (Art. 37 Abs. 1 E-AsylG).

Auch Personen im Dublin-Verfahren werden bis zur Ausreise in Zentren des Bundes untergebracht (siehe Art. 24 Abs. 2 Bst. b E-AsylG, siehe auch Art. 24a Abs. 2 und 24e Abs. 6 E-AsylG sowie Ziff. 1.2.5).

Beschwerdeverfahren (Art. 108 ff. E-AsylG) Im beschleunigten Verfahren dauert die Beschwerdefrist nach der Eröffnung eines negativen Asylentscheides sieben Arbeitstage (Art. 108 Abs. 1 E-AsylG). Erfolgt keine Beschwerde, wird die rechtskräftige Wegweisungsverfügung nach Ablauf der Ausreisefrist vollzogen (siehe Ziff. 1.2.3, Abschnitt «Vollzug von Wegweisungen»).

Nach Eingang der Beschwerde gegen einen materiellen Asylentscheid entscheidet das BVGer im beschleunigten Verfahren innerhalb von zwanzig Tagen (Art. 109 Abs. 1 E-AsylG). Diese Frist ist realistisch, weil im beschleunigten Verfahren nur einfache Fälle behandelt werden. Es handelt sich hier um eine Ordnungsfrist, die bei triftigen Gründen (z.B. notwendigen Abklärungen zum Sachverhalt) entsprechend überschritten werden kann (vgl. Art. 109 Abs. 4 E-AsylG). Vgl. hierzu auch Ziffer 2.2.3.

Bei Nichteintretensentscheiden (insbesondere Dublin-Verfahren) beträgt die Beschwerdefrist im beschleunigten und im erweiterten Verfahren wie bereits heute fünf Arbeitstage (Art. 108 Abs. 3 E-AsylG). Bei materiellen Entscheiden im Rahmen des erweiterten Verfahrens beträgt sie wie bereits heute 30 Kalendertage (Art. 108 Abs. 2 E-AsylG). Dasselbe gilt für alle übrigen materiellen Entscheide des Asylgesetzes (z.B. bei Wiedererwägungs- und Mehrfachgesuchen, Art. 108 Abs. 6 E-AsylG).

Im Dublin-Verfahren und bei Nichteintretensentscheiden soll das BVGer innerhalb von fünf Arbeitstagen (entspricht geltender Regelung in Art. 109 Abs. 1 AsylG), im erweiterten Verfahren innerhalb von 30 Tagen entscheiden (Art. 109 Abs. 2 und 3 E-AsylG). Auch bei diesen Fristen handelt es sich um Ordnungsfristen. Vgl. hierzu Ziffer 2.2.3.

Das BVGer kann im Rahmen der Abklärungen bei Beschwerden im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren
Instruktionsmassnahmen in den Zentren des Bundes oder am Sitz des BVGer durchführen, wenn der Beschwerdeentscheid dadurch rascher gefällt werden kann (siehe Art. 111abis E-AsylG und Art. 39 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200533 [VGG]). Dabei handelt es sich in erster Linie um mündliche Anhörungen von Asylsuchenden. Nach Durchführung der Instruktionsmassnahmen kann das Urteil bei Entscheidreife im Rahmen einer Parteiverhandlung gleichentags gefällt und mündlich eröffnet werden. Da es sich um ein letztinstanzliches Urteil handelt, tritt es am Tag der Ausfällung in Kraft (resp. am Tag der mündlichen Eröffnung; siehe Art. 111abis Abs. 2 und 3 E-AsylG).

33

SR 173.32

8016

Die Unterbringung der Asylsuchenden erfolgt im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren während des Beschwerdeverfahrens in den Zentren des Bundes.

(siehe Art. 24 ff. E-AsylG und Ziff. 1.2.5). Während des Beschwerdeverfahrens erfolgt eine intensive Rückkehrberatung.

Vollzug von Wegweisungen (Art. 45 ff. E-AsylG) Für den Wegweisungsvollzug im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren ist der Standortkanton des Zentrums des Bundes zuständig (vgl. Art. 46 Abs. 1bis E-AsylG), sofern die Kantone unter sich keine andere Zuständigkeitsregelung vereinbaren (z.B. Konkordat). Die Abläufe zwischen den Migrations- und Polizeibehörden sind aufgrund der erhöhten Anzahl von Wegweisungen eingespielt. Ausserdem können längere Transportwege vermieden werden. Dies führt zu einem effizienteren Vollzug der Wegweisungen. Bei 24 000 Asylgesuchen pro Jahr könnten schätzungsweise bis zu 5000 Dublin-Überstellungen oder -Rückführungen in den Heimatstaat direkt aus den Zentren des Bundes erfolgen. Zudem kann der Bundesrat vorsehen, dass aufgrund besonderer Umstände ein anderer als der Standortkanton als zuständig bezeichnet wird, wenn z.B. ein Ausreisezentrum in einem kleineren Kanton liegt (vgl. Art. 46 Abs. 1bis zweiter Satz E-AsylG).

Die Wegweisungen im Rahmen des beschleunigten Verfahrens und des DublinVerfahrens werden ab dem Zentrum des Bundes vollzogen. Nach Eintritt der Rechtskraft des Entscheids wird die Ausreise organisiert. Vor der Flugbuchung kann der Standortkanton des Zentrums des Bundes die Ausschaffungshaft zur Sicherung der Ausreise verfügen, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 E-AuG).

Der Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone vom 21. November 2012 (vgl.

Ziff. 1.1.2) sieht vor, dass Asylsuchende im beschleunigten Verfahren auf die Kantone verteilt werden, wenn der Vollzug der Wegweisung während 60 Tagen nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht absehbar ist. Bei Bedarf wird den Betroffenen Nothilfe gewährt; der zuständige Kanton ist in diesen Fällen auch für den Vollzug der Wegweisung zuständig (wie beim erweiterten Verfahren). Aus Gründen der Flexibilität soll darauf verzichtet werden, diese Frist im Asylgesetz zu verankern. Im Schlussbericht wird weiter festgehalten, dass die Höchstdauer des Aufenthaltes in den Zentren des
Bundes für das beschleunigte Verfahren ab Eingang des Asylgesuchs in der Regel 100 Tage und für das Dublin-Verfahren 140 Tage betragen soll (vgl. Anhang zum Schlussbericht). Im AsylG soll jedoch nur die maximale Dauer von 140 Tagen erwähnt werden (Art. 24 Abs. 3 E-AsylG). Diese Dauer kann angemessen verlängert werden, wenn dies den raschen Abschluss des Asylverfahrens fördert oder der Vollzug der Wegweisung erfolgen kann (Art. 24 Abs. 4 E-AsylG).

Asylsuchende im erweiterten Verfahren werden einem Kanton zugewiesen, der wie bisher auch für den Vollzug der Wegweisung zuständig ist (Vollzugskanton, vgl.

auch Art. 27 Abs. 4 E-AsylG).

Bei allen Verfahren beginnt die Papierbeschaffung durch das BFM mit der Eröffnung des erstinstanzlichen Asylentscheids (siehe Art. 97 Abs. 2 AsylG). Zur Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs können die zuständigen Kantone nach den geltenden Bestimmungen des AuG Zwangsmassnahmen anordnen.

Um die Kantone bei ihrer wichtigen Vollzugsaufgabe zu unterstützen, sollen notwendige medizinische Daten zur Beurteilung der Transportfähigkeit von Personen mit einem rechtskräftigen Wegweisungsentscheid den zuständigen kantonalen 8017

Vollzugsbehörden auf Anfrage weitergegeben werden, soweit diese die Daten zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe benötigen (Art. 71b E-AuG). Dies liegt auch im Interesse der rückzuführenden Personen, da durch Kenntnis über den Gesundheitszustand eine Gefährdung beim Wegweisungsvollzug vermieden werden kann.

1.2.4

Staatliche Leistungen an Personen im Asylbereich (Art. 80 ff. E-AsylG)

Zuständigkeit zur Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfe sowie Sicherstellung des Grundschulunterrichts und der Gesundheitsversorgung (Art. 80 f. E-AsylG) Während der Dauer des Aufenthalts in einem Zentrum des Bundes ist der Bund für die Ausrichtung der Sozial- oder der Nothilfe zuständig (Art. 80 Abs. 1 E-AsylG).

Dabei gelten die allgemeinen Bestimmungen zur Sozialhilfe, zur Nothilfe und zur Krankenversicherung (Art. 81­83a AsylG) sinngemäss auch für Personen, die sich in einem Zentrum des Bundes aufhalten. Das BFM kann mit dem Standortkanton vereinbaren, dass er die obligatorische Krankenversicherung abschliesst. Die entsprechenden Kosten (Krankenkassenprämien, Selbstbehalt und Franchise) sollen vom BFM pauschal vergütet werden (Art. 80 Abs. 3 E-AsylG).

Für minderjährige Asylsuchende, die sich in den Zentren des Bundes aufhalten, organisiert der Standortkanton den Grundschulunterricht (z.B. Anstellung Lehrpersonal, Aufbau der Schulklassen). Dieser soll unmittelbar nach der Wohnsitznahme im Zentrum gewährleistet sein. Der Bund kann für die Durchführung des Grundschulunterrichts Beiträge ausrichten (Art. 80 Abs. 4 E-AsylG).

Die in der Bundesverfassung vorgesehene Nothilfe wird bei Bedarf ab Rechtskraft des Wegweisungsentscheides gewährt (Art. 82 AsylG).

Für Personen mit einem rechtskräftig ablehnenden Asylentscheid mit Ausreisefrist, die sich im Rahmen des beschleunigten Verfahrens und des Dublin-Verfahrens in einem Zentrum des Bundes aufhalten, ist der Bund für die Gewährung von Nothilfe für weggewiesene Asylsuchende zuständig (Art. 80 Abs. 1 E-AsylG). Durch die Ausrichtung von Nothilfe sind die Betroffenen denjenigen Personen gleichgestellt, die sich nach Eintritt der Rechtskraft im Kanton aufhalten.

Die Kantone sind zuständig für die Gewährung der Nothilfe an die ihnen zugewiesenen Asylsuchenden (erweitertes Verfahren und z.B. bei Ablauf der maximalen Aufenthaltsdauer in den Zentren des Bundes, Art. 80a E-AsylG).

Wichtig ist, dass die kantonale Unterbringung keinen höheren Standard aufweist als die Zentren des Bundes. Damit kann vermieden werden, dass Asylsuchende im beschleunigten Verfahren versuchen, eine Kantonszuweisung zur Gewährung der Nothilfe zu erwirken. Wenn möglich sollten z.B. kollektive kantonale Nothilfeunterkünfte geschaffen werden.

8018

1.2.5

Unterbringung der Asylsuchenden (vgl. Art. 24 ff. E-AsylG)

Unterbringung im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren Im beschleunigten Verfahren werden Asylsuchende bis zur Asylgewährung, der Anordnung einer vorläufigen Aufnahme oder bis zum Vollzug der Wegweisung bei einem negativen Entscheid in Zentren des Bundes untergebracht (Art. 24 Abs. 2 Bst. a E-AsylG). Wie bereits unter Ziffer 1.2.3, Abschnitt «Vollzug von Wegweisungen» erwähnt, sieht der Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone vor, dass eine Kantonszuweisung erfolgt, wenn bei ablehnenden Asylentscheiden innerhalb von 60 Kalendertagen nach Ablauf der Beschwerdefrist eine Ausreise nicht absehbar ist. Aus Gründen der Flexibilität soll die Höchstdauer des Aufenthaltes in den jeweiligen Zentren des Bundes für das beschleunigte Verfahren und das DublinVerfahren in der Regel 140 Tage betragen (vgl. Ziff. 1.2.3, Abschnitt «Vollzug von Wegweisungen» und Art. 24 Abs. 3 E-AsylG sowie Art. 24a Abs. 2 und 24e Abs. 6 E-AsylG). Ist innerhalb dieser Zeit eine Asylgewährung, die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme oder ein Wegweisungsvollzug nicht absehbar, erfolgt eine Zuweisung auf die Kantone. Die Höchstdauer von 140 Tagen kann jedoch angemessen verlängert werden, wenn dadurch das Asylverfahren rasch abgeschlossen oder der Vollzug der Wegweisung erfolgen kann (Art. 24 Abs. 4 E-AsylG).

Asylsuchende im Dublin-Verfahren werden ebenfalls bis zur Ausreise in den Zentren des Bundes untergebracht (Art. 24 Abs. 2 Bst. b E-AsylG). Das Ziel soll sein, die Wegweisung in den zuständigen Dublin-Staat so rasch als möglich nach dem erstinstanzlichen Entscheid zu vollziehen (vgl. hierzu auch Art. 107a AsylG).

Eine Zuweisung auf die Kantone kann im beschleunigten Verfahren und im DublinVerfahren auch vor Ablauf der Höchstdauer des Aufenthalts von 140 Tagen erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob das Asylverfahren bereits abgeschlossen ist.

Dies gilt insbesondere dann, wenn infolge eines raschen und erheblichen Gesuchsanstiegs, der sich auf eine Krisensituation in einem Herkunftsstaat zurückführen lässt, die bestehenden Unterbringungsplätze in den Zentren des Bundes nicht mehr ausreichen (Art. 24 Abs. 5 E-AsylG).

Tauchen Asylsuchende, die in einem Zentrum des Bundes untergebracht sind, vorübergehend unter, werden sie nach ihrem Auftauchen wieder an den bisherigen Aufenthaltsort verwiesen, d.h. an ein Zentrum
des Bundes. Dabei soll die Dauer des Untertauchens nicht an die maximale Unterbringungsfrist angerechnet werden.

Die Zentren des Bundes können in der Praxis als Verfahrens- und Ausreisezentren oder als besondere Zentren des Bundes ausgestaltet werden (vgl. Art. 24 und 24a E-AsylG); dabei müssen im Hinblick auf die vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten und deren optimale Ausnützung flexible Lösungen möglich sein (zur Funktion der Zentren siehe Kommentar zu Art. 24 Abs. 1 E-AsylG).

Die primäre Verantwortung für die Bereitstellung von Reserven für die Unterbringung liegt bei den Verantwortlichen (Bund oder Kantone je nach Personengruppe).

Bei Bedarfsschwankungen stellen sich Bund und Kantone nach Möglichkeit gegenseitig freie Unterbringungsplätze zur Verfügung (siehe hierzu Ziff. 1.2.3, Abschnitt «Erstinstanzliches Verfahren»).

Sind insbesondere während der Einführung der Neustrukturierung oder bei erheblichen Schwankungen der Zahl der Asylgesuche nicht genügend Unterbringungsplätze in den Zentren des Bundes für die Durchführung des beschleunigten Verfah8019

rens und des Dublin-Verfahrens verfügbar, können die Asylsuchenden in kantonalen oder kommunalen Zentren untergebracht werden (siehe Art. 24e E-AsylG).

Unterbringung im erweiterten Verfahren Während des erweiterten Verfahrens erfolgt die Unterbringung durch die Kantone (Art. 24 Abs. 2 Bst. c E-AsylG). Die Zuweisung auf die Kantone kann nur mit der Begründung angefochten werden, der Grundsatz der Einheit der Familie werde verletzt (Art. 27 Abs. 3 AsylG). Die Zuteilung zum erweiterten Verfahren erfolgt nach der Anhörung in einem Zentrum des Bundes (Art. 26d E-AsylG).

Tauchen im Kanton untergebrachte Asylsuchende vorübergehend unter, müssen sie nach ihrem Auftauchen wieder an den bisherigen Aufenthaltsort zurückkehren.

1.2.6

Kompensation der Kantone und Gemeinden mit besonderen Leistungen

Zur Kompensation der Standort- und Flughafenkantone sowie der Standortgemeinden mit besonderen Leistungen im Rahmen der Neustrukturierung im Asylbereich siehe Ziffer 1.1.5, Gemeinsame Erklärung Ziffer 2d sowie Schlussbericht Gesamtplanung des Asylbereiches der Arbeitsgruppe Neustrukturierung, S. 53 ff.

1.2.7

Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze des Bundes

Der Bund verfügt heute über rund 1400 Unterbringungsplätze in den fünf EVZ (inklusive Zivilschutzanlagen). Bei jährlich rund 24 000 Asylgesuchen besteht bei der vorgeschlagenen Neustrukturierung des Asylbereichs ein Bedarf von rund 5000 Plätzen in den Zentren des Bundes. Das sind rund 3600 mehr als heute. Darin bereits enthalten ist eine Reserve von 20 Prozent für monatliche Schwankungen, damit auch bei einer steigenden Zahl von Asylgesuchen möglichst keine Personen auf die Kantone verteilt werden müssen.

In der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 haben die Kantone, Städte und Gemeinden anlässlich der zweiten Asylkonferenz festgelegt, dass für die Neustrukturierung des Asylbereichs insgesamt sechs Regionen mit Zentren des Bundes geschaffen werden (Regionen Westschweiz, Nordwestschweiz, Bern, Zürich, Zentral- und Südschweiz sowie Ostschweiz, siehe Ziff. 2a der Gemeinsamen Erklärung sowie Ziff. 1.1.5). In den entsprechenden Regionen soll der Bund jeweils ein Verfahrenszentrum und bis zu drei Ausreisezentren führen (Ziff. 2b der Gemeinsamen Erklärung). Die Verfahrenszentren sollen dabei eine Mindestgrösse von rund 350 Unterbringungsplätzen, die Ausreisezentren eine Mindestgrösse von rund 250 Plätzen aufweisen (Ziff. 4 der Gemeinsamen Erklärung). Zusätzlich sollen auch zwei besondere Zentren für Asylsuchende geschaffen werden (Ziff. 2b der Gemeinsamen Erklärung). Die zusätzlichen Zentren sollen vom Verfahrenszentrum aus in maximal einer Stunde erreichbar sein. Das BFM hat zum Auftrag unter Mitwirkung der verantwortlichen Regierungsrätinnen und Regierungsräte der Kantone der einzelnen Regionen bis Ende 2014 ein Standortkonzept für die Regionen auszuarbeiten. Die betroffenen Gemeinden und Städte sollen dabei frühzeitig in die entsprechenden Arbeiten einbezogen werden (Ziff. 4 der Gemeinsamen Erklärung).

8020

1.2.8

Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG)

Angesichts der aktuellen Unterbringungsproblematik bei Asylsuchenden hat das Parlament im Rahmen des am 28. September 2012 verabschiedeten Dringlichkeitsrechts eine Bestimmung über die bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung Asylsuchender erlassen (Vorlage 3, Art. 26a AsylG). Sie trat am 29. September 2012 in Kraft und gilt bis zum 28. September 2015. Im Rahmen der Botschaft zur Verlängerung der dringlichen Massnahmen im Asylbereich beantragt der Bundesrat eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer bis zum Inkrafttreten der Neustrukturierung längstens bis zum 28. September 2019 (siehe dazu Ziff. 1.1.6).

Artikel 26a AsylG betrifft die vorübergehende Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes. Sie können ohne kantonale oder kommunale Bewilligungen für maximal drei Jahre genutzt werden, wenn die Zweckänderung keine erheblichen baulichen Massnahmen erfordert und keine wesentliche Änderung in Bezug auf die Belegung erfolgt (Art. 26a Abs. 1 AsylG). Für solche Umnutzungen kommen derzeit nur militärische Bauten und Anlagen des Bundes in Frage.

Mit der Einführung dieser Bestimmung kann eine vorübergehende Verbesserung der angespannten Lage im Unterbringungsbereich erreicht werden. Im August 2013 konnte in Bremgarten (AG) die erste Unterkunft gemäss Artikel 26a AsylG für drei Jahre in Betrieb genommen werden und im Mai 2014 die Anlage Les Rochat (VD).

Weitere Militäranlagen folgen im Laufe der Jahre 2014 und 2015.

Für die militärischen Anlagen, die dauerhaft zivil genutzt werden sollen, oder für die Überbauung von Grundstücken des Bundes müssen nach heutigem Recht in den meisten Fällen nicht nur eine Umzonung, sondern auch ein ordentliches kantonales Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden. Solche Verfahren dauern erfahrungsgemäss häufig sehr lange. Deshalb muss für das Erreichen der angestrebten Neustrukturierung im Asylbereich auch in diesem Bereich nach Beschleunigungsmöglichkeiten gesucht werden. Es sollte verhindert werden, dass Projekte durch Bewilligungsverfahren jahrelang verzögert werden können.

Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, ein bundesrechtliches Plangenehmigungsverfahren einzuführen (Art. 95a­95l E-AsylG). Bauten und Anlagen, die dem Bund zur Unterbringung von Asylsuchenden oder zur Durchführung von Asylverfahren dienen, bedürfen neu einer
Plangenehmigung. Die Prüfung der Einführung eines Plangenehmigungsverfahrens zur Vereinfachung des baurechtlichen Bewilligungsverfahrens entspricht auch den an den Asylkonferenzen vom 21. Januar 2013 und 28. März 2014 verabschiedeten Gemeinsamen Erklärungen (vgl. Ziff. 3 der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013 sowie Ziff. 7 der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014, zum Ganzen siehe Ziff. 1.1.3 sowie Ziff. 1.1.5). An der Plenarversammlung vom 7. März 2013 hat die Bau-, Planungs- und UmweltdirektorenKonferenz (BPUK) zudem nahezu einstimmig die Ziffer 2 der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013 begrüsst und sich mit der Einführung eines Plangenehmigungsverfahrens grundsätzlich einverstanden erklärt.

Das Ziel des vorgesehenen Plangenehmigungsverfahrens für Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung Asylsuchender oder zur Durchführung von Asylverfahren ist eine bessere Koordination sowie eine Vereinfachung und Beschleunigung der Bewilligungsverfahren. Dies wird nach den Erfahrungen der bereits in Kraft

8021

stehenden Plangenehmigungsverfahren am besten erreicht, wenn dafür eine einzige erste Instanz zuständig ist.

Im Asylgesetz sollen daher die Entscheidverfahren in der Weise konzentriert werden, dass die Einhaltung der verschiedenen anwendbaren bundes- und kantonalrechtlichen Bestimmungen von einer einzigen Behörde (vorgeschlagen wird das GS EJPD) erstinstanzlich beurteilt wird (Art. 95a E-AsylG). Dabei werden mit der Plangenehmigung sämtliche nach Bundesrecht erforderlichen Bewilligungen erteilt.

Die im AsylG vorgeschlagenen Änderungen (Art. 95a­95l E-AsylG) sollen für die Errichtung von Bauten und Anlagen des Bundes auf zehn Jahre ab Inkraftsetzung dieser Revision befristet werden (Ziff. IV Abs. 3 E-AsylG). Diese Befristung soll jedoch nicht für Umbauten oder Renovationsarbeiten an bestehenden Bauten und Anlagen gelten. Zudem sollen auch bestehende Bauten und Anlagen, die neu zur Unterbringung von Asylsuchenden oder zur Durchführung von Asylverfahren dauerhaft umgenutzt werden, weiterhin dem Plangenehmigungsverfahren unterstellt bleiben.

Nach Ablauf der zehnjährigen Frist soll das Plangenehmigungsverfahren somit bei Neubauten, die auf unbebauten Grundstücken errichtet werden, keine Anwendung mehr finden (vgl. Ziff. IV Abs. 3 E-AsylG). Dies ist gerechtfertigt, da der Bund nach zehn Jahren die grundlegenden Infrastrukturvorhaben realisiert haben sollte.

Die vorübergehende bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen soll weiterhin möglich sein und neu in Artikel 24c E-AsylG geregelt werden. Die vorgeschlagene Regelung ist im Vergleich zum geltenden Artikel 26a AsylG restriktiver, da das Bewilligungsverfahren mit dem vorgeschlagenen Plangenehmigungsverfahren deutlich vereinfacht wird. Eine bewilligungsfreie Nutzung nach Artikel 24c E-AsylG setzt zusätzlich voraus, dass die bestehenden Unterbringungsstrukturen kurzfristig nicht ausreichen. Zudem soll die Nutzungsdauer aus Gründen der Verhältnismässigkeit neu auf ein Jahr beschränkt werden. Eine erneute bewilligungsfreie Nutzung der gleichen Baute oder Anlage ist grundsätzlich nur nach einem Unterbruch von zwei Jahren möglich (Art. 24c Abs. 3 E-AsylG). Es handelt sich damit um Regelungen für besondere Situationen im Asylbereich, wenn die bestehenden Anlagen kurzfristig nicht ausreichen.

Da es jedoch zum heutigen Zeitpunkt nicht absehbar ist,
ob nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision die für die Neustrukturierung benötigten Unterkünfte über den Weg des Plangenehmigungsverfahrens genügend rasch bereitgestellt werden können, soll Artikel 26a AsylG ins ordentliche Recht überführt werden (siehe Art. 24d E-AsylG). Diese Norm soll aber ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Änderungen nur für die Dauer von fünf Jahren gültig sein. Danach soll die oben erwähnte restriktivere Regelung von Artikel 24c E-AsylG in Kraft treten (gestaffeltes Inkrafttreten, vgl. Ziff. IV Abs. 4 und 5 E-AsylG). Eine solche Regelung ist zur Verhinderung allfälliger Übergangsprobleme erforderlich.

Wenn der Bund seine Unterbringungskapazität deutlich erhöht, muss er zudem dafür besorgt sein, entsprechende Reservestrukturen zu planen und zu unterhalten (vgl.

hierzu Ziff. 1.1.5, Gemeinsame Erklärungen vom 21. November 2013 und vom 28. März 2014 Ziff. 4 und 2e, sowie Ziff. 1.2.3, Abschnitt «Erstinstanzliches Verfahren»). Solche Planungsarbeiten wurden durch die Motion 12.3653 SPK-N (Strategi-

8022

sche Reserve an Asylunterkünften) ausgelöst34; sie werden im Rahmen der Umsetzungsarbeiten des Notfallkonzepts Asyl35 realisiert.

Sollten im Falle einer stark steigenden Zahl von Asylsuchenden nicht ausreichend Unterkunftsplätze zur Verfügung stehen, kann der Bundesrat neben den vorgeschlagenen gesetzlichen Massnahmen (vgl. Art. 24 Abs. 5 und Art. 24e E-AsylG sowie Ziff. 1.2.5) spezifische Massnahmen ergreifen, um eine eskalierende Lage zu bewältigen. Sowohl die Armee als auch die zivilen Behörden von Bund und Kantonen können vom Bundesrat beauftragt werden, zusätzliche Aufgaben zu erfüllen oder befristet weitere Kompetenzen wahrzunehmen. Die Betreuung von Asylsuchenden und der Betrieb von Asylunterkünften würden allerdings bei den zivilen Behörden verbleiben, da die Armee über keine entsprechenden Truppen mehr verfügt. Eine kurzfristige Bereitstellung von militärischen Unterkünften hätte allenfalls Auswirkungen auf die Bereitschaft der Armee und den militärischen Betrieb. Die Koordination aller Aufgaben in einer ausserordentlichen Lage im Asylwesen kann vom Sonderstab Asyl übernommen werden.36

1.2.9

Beratung von Asylsuchenden und Rechtsvertretung (Art. 102f ff. E-AsylG)

Als flankierende Massnahme zum raschen Verfahren ist ein Anspruch auf eine kostenlose Beratung über das Asylverfahren und Rechtsvertretung für Asylsuchende in der Vorbereitungsphase, im beschleunigten Verfahren und bei den DublinVerfahren vorgesehen. Dieser Anspruch ist aufgrund der kurzen Verfahrens- und Beschwerdefristen im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren verfassungsrechtlich geboten (vgl. hierzu Haltung des Bundesrates unter Ziff. 2.4). Die Zuteilung der Rechtsvertretung erfolgt bereits ab Beginn der Vorbereitungsphase (Art. 102h Abs. 1 E-AsylG). Sie endet dann, wenn die zugewiesene Rechtsvertreterin oder der zugewiesene Rechtsvertreter der asylsuchenden Person mitteilt, dass sie auf die Erhebung einer Beschwerde aufgrund von Aussichtslosigkeit verzichten will (Art. 102h Abs. 4 E-AsylG). Diese Mitteilung muss so rasch als möglich nach Eröffnung des Asylentscheids erfolgen.

Beim erweiterten Verfahren besteht der Anspruch auf eine kostenlose Beratung und Rechtsvertretung bis zum Entscheid, dass das erweiterte Verfahren zur Anwendung kommt, d.h. bis und mit Anhörung zu den Asylgründen (Triage im erstinstanzlichen Verfahren, Art. 26d und 102h Abs. 3 E-AsylG). Die Beschwerdefrist im erweiterten Verfahren soll auf 30 Tage festgelegt werden (wie nach geltendem Recht, Art. 108 Abs. 2 E-AsylG). Die ursprünglich zugewiesene Rechtsvertreterin oder der ursprünglich zugewiesene Rechtsvertreter wird über den Asylentscheid informiert.

Werden während des Aufenthaltes im Kanton weitere entscheidrelevante Verfahrensschritte durchgeführt wie z.B. eine weitere Anhörung zu den Asylgründen, können sich die Betroffenen kostenlos an eine Rechtsberatungsstelle im Kanton oder an die ihnen in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung wenden (Art. 102l E-AsylG). Die Rechtsberatungsstellen werden vom Bund für ihre Tätigkeiten im Rahmen einer Vereinbarung abgegolten. Die Abgeltung erfolgt dabei 34 35 36

www.parlament.ch > Suche > Curia Vista Geschäftsdatenbank > Geschäftsnummer 12.3653 www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2012 > 19.12.2012 www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2011 > 11.05.2011

8023

grundsätzlich in Form von Pauschalen. Zur Abgeltung einmalig anfallender Kosten können die Beiträge ausnahmsweise nach Aufwand festgesetzt werden (Art. 102l Abs. 2 E-AsylG). Die Entschädigung der in den Zentren des Bundes zugewiesenen Rechtsvertretung wird in der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Leistungserbringer festgelegt (Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG). Steht die in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren nicht mehr zur Verfügung (z.B. weil diese nicht im Zuweisungskanton tätig ist), informiert diese die Rechtsberatungsstelle über den bisherigen Stand des Asylverfahrens (Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG). Dies erleichtert einen allfälligen Zuständigkeitswechsel. Der Bundesrat legt auf Verordnungsstufe die Voraussetzungen fest, die eine Rechtsberatungsstelle für die Ausübung dieser Aufgaben erfüllen soll (z.B. ausgewiesene Erfahrung in der Beratung von Asylsuchenden, Art. 102l Abs. 3 E-AsylG).

Zudem sollen Asylsuchende im erweiterten Verfahren für das Beschwerdeverfahren bereits dann amtlich verbeiständet werden, wenn diese mittellos sind und ihre Beschwerde nicht aussichtslos ist (Art. 102m Abs. 1 Bst. a E-AsylG). Das Element der Notwendigkeit einer amtlichen Verbeiständung wird aufgrund der im Regelfall mangelnden Sprach- und Rechtskenntnisse der betroffenen Person gesetzlich vermutet (vgl. demgegenüber die allgemeine Regel gemäss Art. 65 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196837 VwVG). Diese vom Parlament beschlossene Regelung (Art. 110a AsylG,) soll damit für das erweiterte Verfahren übernommen werden. Mit diesen zusätzlichen Regelungen ist sichergestellt, dass die Verfahrensrechte von Asylsuchenden im erweiterten Verfahren gewahrt werden.

Neu soll auch Asylsuchenden, deren Gesuch im Rahmen des Flughafenverfahrens behandelt wird, eine unentgeltliche Beratung und Rechtsvertretung zur Verfügung stehen (Art. 22 Abs. 3bis E-AsylG).

Die Organisation der Beratung und Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes soll im Rahmen einer Leistungsvereinbarung durch einen beauftragten Dritten oder durch mehrere beauftrage Dritte erfolgen (Art. 102i E-AsylG). Je nach Standort der Zentren des Bundes ist es denkbar, dass verschiedene Leistungserbringer beauftragt werden. Aus organisatorischen Gründen soll jedoch pro Zentrum grundsätzlich nur
ein Leistungserbringer betraut werden. In welcher Form die Beratung und Rechtsvertretung sichergestellt wird, ist Inhalt der Leistungsvereinbarung. Denkbar ist, dass die Leistungserbringer zum Beispiel eine Liste mit interessierten und geeigneten Rechtsvertretern führen. In diese Liste können Rechtsberatungsstellen, unabhängige Anwältinnen und Anwälte sowie Juristinnen und Juristen aufgenommen werden, die über vertiefte Kenntnisse im Asylrecht verfügen.

Die Beratung und Rechtsvertretung erfolgt in den Zentren des Bundes oder in deren unmittelbarer Nähe. Die Entschädigung erfolgt im Rahmen der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Leistungserbringer (Art. 102k E-AsylG). Sie soll grundsätzlich in Form von Pauschalen an den Leistungserbringer erfolgen. Zur Abgeltung einmalig anfallender Kosten können die Beiträge ausnahmsweise nach Aufwand festgesetzt werden. In den Beiträgen ist insbesondere auch eine Entschädigung für eine unabhängige Übersetzung (Dolmetscherin oder Dolmetscher) und die Organisation (v.a. administrativer Aufwand) enthalten (Art. 102k Abs. 2 E-AsylG).

37

SR 172.021

8024

Es findet ein regelmässiger Erfahrungsaustausch zwischen den Leistungserbringern und dem BFM statt. Dazu gehören insbesondere die Qualitätssicherung und Koordinationsfragen (Art. 102i Abs. 5 E-AsylG).

Angesichts des vorgeschlagenen unentgeltlichen Rechtsschutzes ist eine regelmässige Teilnahme der bisherigen Hilfswerksvertretung an der Anhörung nicht mehr erforderlich. Hilfswerke können jedoch z.B. im Rahmen des unentgeltlichen Rechtsschutzes oder auf individueller Basis als Vertretung der Asylsuchenden an der Anhörung teilnehmen. Asylsuchende sollen sich wie bereits heute von einer Person und einer Dolmetscherin oder einem Dolmetscher ihrer Wahl an die Anhörung begleiten lassen können (Art. 29 Abs. 2 E-AsylG).

1.2.10

Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe (Art. 93a f. E-AsylG)

Ziel der Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe ist es, die Asylsuchenden frühzeitig und umfassend auf das bestehende Rückkehrhilfeangebot hinzuweisen und dadurch die freiwillige Rückkehr zu fördern (Art. 93a Abs. 1 E-AsylG). Die Rückkehrberatung ist von der Beratung über das Asylverfahren und von der Rechtsvertretung zu trennen.

Eine vom BFM unabhängige Stelle (z.B. die Internationale Organisation für Migration [IOM] oder kantonale Rückkehrberatungsstellen) soll die Rückkehrberatung in den Zentren des Bundes durchführen (Art. 93a Abs. 2 E-AsylG).

Der Bund soll die mit der Rückkehrberatung betrauten kantonalen Rückkehrberatungsstellen oder Dritte für die Information und Beratung der Betroffenen mittels Beiträgen entschädigen. Die Höhe der Beiträge soll vertraglich festgelegt werden (Art. 93b Abs. 1 E-AsylG).

Erfolgt eine Zuweisung auf einen Kanton, ist dieser auch für die Rückkehrberatung zuständig. Personen, die einem Kanton zugewiesen werden, haben ebenfalls Zugang zur Rückkehrberatung und zu Rückkehrhilfe. Die Höhe der pauschalen Beiträge für die in den Kantonen geleistete Rückkehrberatung soll vom Bundesrat auf Verordnungsstufe festgelegt werden (Art. 93b Abs. 2 E-AsylG i.V.m. Art. 93 Abs. 4 AsylG).

Der Zugang zur Rückkehrberatung und die freiwillige Ausreise mit Rückkehrhilfe sollen in jeder Verfahrensphase (auch in der Vorbereitungsphase) möglich sein (Art. 93a Abs. 2 E-AsylG), nach Rechtskraft und Ablauf der Ausreisefrist allenfalls mit reduzierter Leistung.

Eine Rückkehrberatung und eine finanzielle Rückkehrhilfe sind grundsätzlich ausgeschlossen, wenn gegen die betroffene Person eine Administrativhaft angeordnet wurde. In diesen Fällen kann gestützt auf ein Ausreisegespräch unter bestimmten Voraussetzungen ein erhöhtes Reisegeld oder in besonderen vollzugsschwierigen Fällen ein Ausreisegeld ausgerichtet werden (vgl. Revision der Asylverordnung 2: Der Bundesrat hat am 7. Dezember 2012 Verordnungsänderungen mit teilweiser Neuregelung der Bundesbeiträge im Asylbereich verabschiedet)38.

38

www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2012 > 07.12.2012 Bundesbeiträge im Asylwesen teilweise neu geregelt

8025

Im Rahmen der Testphase (siehe Ziff. 1.1.7) kann eine zusätzliche finanzielle Hilfe für die freiwillige Rückkehr neu degressiv zur Aufenthaltsdauer gewährt werden, d.h. die Rückkehrhilfe wird bei einem längeren Aufenthalt kleiner. Heute wird demgegenüber eine Zusatzhilfe gewährt, wenn der Aufenthalt in der Schweiz länger als drei Monate dauert (Art. 74 Abs. 3 der Asylverordnung 2 vom 11. August 199939 AsylV 2). Die neue Regelung soll einen Anreiz für eine rasche Ausreise nach einem beschleunigten Verfahren schaffen. Zur Testphase ist eine Evaluation vorgesehen, bei der auch die tatsächliche Wirkung des neuen Systems im Hinblick auf die Ausreisebereitschaft untersucht wird. Je nach Resultat kann es für die definitive Lösung auf Verordnungsstufe übernommen werden.

2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens und Haltung des Bundesrates

2.1

Generelle Bemerkungen

Der Bundesrat hat das Vernehmlassungsverfahren am 14. Juni 2013 eröffnet; es dauerte bis zum 7. Oktober 2013. Insgesamt sind 72 Stellungnahmen eingegangen.40 Es haben sich alle Kantone, sieben Parteien (BDP, CVP, EVP, FDP, GPS, SP, SVP), das BVGer sowie 38 interessierte Kreise zur Vorlage geäussert. Vier Vernehmlassungsteilnehmer haben ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtet.

Nahezu alle Kantone, die KKJPD, die SODK, der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) und der Schweizerische Städteverband (SSV) begrüssen die vorgeschlagene Neustrukturierung des Asylbereichs. Die vorliegende Revision bilde das Fundament für die Umsetzung der von den Kantonen und dem EJPD in enger Zusammenarbeit entwickelten Vision eines neuen und schnelleren Asylverfahrens (KKJPD). Zudem begrüssen alle Kantone, die KKJPD, die SODK, der SGV und der SSV die Überführung der dringlichen Massnahmen im Asylbereich (Vorlage 3) ins ordentliche Recht.

Auch wenn die neuen Vorschläge seitens der Kantone weitgehend als sinnvoll erachtet werden, bringen einige der befürwortenden Kantone (z.B. AR, BE, BS, FR, GR, LU, NW, SH, SZ) sowie Travail Suisse und die CSP zum Ausdruck, dass allein rasche Verfahren keine Garantie für einen besseren Wegweisungsvollzug seien.

Teilweise wird befürchtet, dass sich der Anteil Asylsuchender mit ablehnendem Asylentscheid und geringer Möglichkeit für einen Wegweisungsvollzug in den Kantonen erhöhe (z.B. AR, BE, GR, JU, LU, SH, TG, VS, betrifft insbesondere Fälle im erweiterten Verfahren). Dies steigere das Risiko, dass sich die Nothilfekosten zulasten der Kantone stark erhöhen würden. Die Auswirkungen der vorgeschlagenen Neustrukturierung auf kantonale und kommunale Strukturen (insbesondere Unterbringung und Betreuung) und auf die Finanzen seien schwer abschätzbar (z.B.

AR, TG, VS, ZH, sinngemäss BS, SGV, SSV und die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete SAB). Einige Kantone (z.B. BE, JU, LU, NE, NW, OW, TG, SG, SH, SZ, VD und VS) fordern deshalb ein Monitoring zu den Auswirkungen der Testphase auf den Wegweisungsvollzug und den Deckungsgrad der Nothilfepauschale des Bundes.

39 40

SR 142.312 www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2013 > Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

8026

Weiter wird eine gesetzliche Regelung gefordert, wonach der Bund verpflichtet werde, Reserveplätze bereitzustellen (LU, sinngemäss KKJPD), und es sollen im AuG klare Haftgründe bei missbräuchlichem Verhalten von Asylsuchenden (z.B.

Identitätstäuschung) geschaffen werden (GR). Einige Kantone (AG, BL, BS) befürchten, dass die Aufteilung der erwarteten Gesuchseingänge (20 % beschleunigtes Verfahren, 40 % Dublin-Verfahren und 40 % erweitertes Verfahren) grösseren Schwankungen unterliegen könnte. Im Rahmen der Vorlage bleibe unklar, wie mit allfälligen Schwankungen umgegangen werde.

Auch die finanzielle Abgeltung der Standortkantone von Bundeszentren wird mehrfach angesprochen (z.B. BS, GR, NW, UR). Es sei ein angemessenes Kompensationsmodell für die Standortkantone von Bundeszentren zu schaffen (z.B. BS, UR).

Nur so könne ein Anreiz geschaffen werden, damit die Standortkantone von Bundeszentren sich bereit erklären, die entsprechenden Belastungen zu tragen (BS). Der Bund solle bei Flüchtlingen die Kosten für die Sozialhilfe bis zum Erlangen der Niederlassungsbewilligung tragen (NW, UR). SGV, SSV und SAB fordern eine möglichst umfassende Abgeltung der Leistungen von Städten und Gemeinden.

Einige der befürwortenden Kantone erachten die vorliegende Revision als zu komplex (sinngemäss auch CP). Der SGV, der SSV und die SAB sind der Ansicht, dass der Rolle der Städte und Gemeinden im Asylverfahren in der vorliegenden Vorlage nicht Rechnung getragen werde.

Die KKJPD fordert, dass der Bund bei der Umsetzung der Neustrukturierung seine Arbeitsorganisation und Infrastruktur auf maximale Flexibilität ausrichtet (z.B.

durch eine gesetzliche Delegation der Finanzkompetenzen im Personalbereich an die Direktion des BFM). Einige Vernehmlassungsteilnehmer halten fest, dass genügend Ressourcen im BFM für eine Beschleunigung der Asylverfahren und eine effektive Entlastung der Kantone zentral seien (z.B. die Schweizerische Konferenz der kommunalen, regionalen und kantonalen Integrationsdelegierten KID, sinngemäss KKJPD, BS, GR).

Die Kantone FR und ZH sowie die Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS) sind der Ansicht, dass mit der vorliegenden Revision noch zugewartet werden sollte, bis entsprechende Ergebnisse aus der Testphase vorliegen.

Auch die BDP, CVP, EVP und SP begrüssen die mit der
Revision vorgeschlagene Neustrukturierung im Asylbereich. Seit langem werde eine Beschleunigung der Asylverfahren gefordert. Diese könne mit der vorgeschlagenen Revision ermöglicht werden (CVP und SP). Ein verbessertes Asylverfahren fördere die Akzeptanz der Asylpolitik und liege im Interesse aller Betroffenen, auch der Asylsuchenden. Es gelte nun, die Chance zur Effizienzsteigerung im Asylbereich zu nutzen und die neuen Wege der Asylgesetzrevision zu beschreiten (BDP). Die vorgeschlagene Revision stelle einen mutigen Befreiungsschlag dar, welcher das schweizerische Asylsystem auf eine neue Basis stelle (EVP).

Die GPS kann den Grundsatz der Beschleunigung überlanger Verfahren mittragen, gibt aber zu bedenken, dass der Schlüssel zu raschen Verfahren nicht in der vorgeschlagenen Verkürzung der Beschwerdefristen, sondern in der Optimierung der betrieblichen und organisatorischen Abläufe im BFM auch mit genügend personellen Ressourcen liege (sinngemäss CSP, Solidarité Sans Frontières SOSF, Unia).

Zudem sei es wichtig, Bundeszentren in städtischen Gebieten zu schaffen. Das niederländische Modell weise einige Mängel auf (z.B. hohe Beschwerdequote, Problematik der Rückführungen wird nicht gelöst, hoher Personaleinsatz). Die 8027

positiven Punkte dieses Modells (z.B. räumliche Trennung und Unabhängigkeit der Rechtsvertretung, Case-Management, holländische Flüchtlingshilfe etc.) seien bei der Überarbeitung unbedingt zu berücksichtigen. Für die SP ist eine rechtsstaatlich einwandfreie Ausgestaltung des Rechtsschutzes und der Beschwerdefristen eine klare Voraussetzung für die Unterstützung der entsprechenden Vorschläge. Die im Detail geäusserte Kritik (z.B. Ausgestaltung des Rechtsschutzes respektive das Zusammenspiel mit den verkürzten Beschwerde- und Nachbesserungsfristen) solle nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SP die Vorlage mit Nachdruck unterstütze.

Die SVP lehnt die Vorlage ab. Sie begrüsst zwar jede Massnahme zur Beschleunigung der Asylverfahren, bezweifelt aber die Wirksamkeit der vorliegenden Gesetzesrevision. Sie ist der Auffassung, dass nur Massnahmen wie die Schaffung einer Beschwerdeinstanz im EJPD anstelle des BVGer, die Ausweitung der 48-Stunden Verfahren auf alle sicheren Staaten, die Gewährung von Nothilfe anstelle von Sozialhilfe für alle Asylsuchenden und die Schaffung von Bundeszentren mit klaren Aufenthaltsrayons zu einer effektiven Verfahrensbeschleunigung führen würden.

Des Weiteren lehnt die SVP den Anspruch auf einen kostenlosen Rechtsschutz entschieden ab. Auch die FDP spricht sich insbesondere gegen den Ausbau des Rechtsschutzes und die Medizinalisierung des Asylverfahrens aus. Sie betont, wie auch die SVP und sinngemäss die CSP, dass das heute bestehende Recht ausreichen würde, um die Probleme im Asylwesen zu lösen, wenn es nur konsequent umgesetzt würde. Hingegen wird die Schaffung von Bundeszentren, das vorgeschlagene Plangenehmigungsverfahren sowie die Überführung der dringlichen Massnahmen (Vorlage 3) ins ordentliche Recht von der FDP unterstützt (ausdrücklich auch CVP, keine Bemerkungen seitens EVP, SP, SVP).

Ein überwiegender Teil der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerks-, NGO und kirchliche Organisationen (z.B. Caritas, Forum für die Integration von Migrantinnen und Migranten FIMM, HEKS, Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund SEK, SFH, Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF, SRK, Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen VSJF) sowie das UNHCR begrüssen die Stossrichtung der vorliegenden Revision, weil sie mehr Gewicht und Sorgfalt auf das erstinstanzliche
Verfahren lege, was zu einer Qualitätssteigerung und einer Beschleunigung der Asylverfahren führe. Die vorliegende Revision anerkenne, dass Asylsuchende als sprach- und rechtsunkundige Personen einer besonderen Unterstützung bedürfen (so auch Schweizerischer Verband für Frauenrechte SVF).

Dies bedeute einen Meilenstein im Schweizerischen Asylwesen hin zu mehr Waffengleichheit im Asylverfahren (ähnlich CSP). Dennoch werden auch Kritikpunkte geäussert (Ausgestaltung des vorgeschlagenen Rechtsschutzes und des beschleunigten Verfahrens, zu kurze Behandlungs- und Beschwerdefristen).

SOSF und die Unia lehnen die Unterbringung von Asylsuchenden in Zentren des Bundes ab. Dies führe faktisch zu einer weiteren gesellschaftlichen Ausgrenzung dieser Personen. Zudem sei der Aufbau solcher Zentren mit grossen finanziellen Investitionen verbunden.

Gemäss dem BVGer dürfte die vorgeschlagene Neustrukturierung in erster Instanz zu einer effizienteren und rascheren Behandlung der Asylgesuche führen. Im Beschwerdeverfahren sei aufgrund des verbesserten Rechtsschutzes eine substanzielle Mehrbelastung zu erwarten.

Zu den einzelnen Bemerkungen und der Haltung des Bundesrates vgl. Ziffer 2.2 ff.

8028

2.2

Ablauf des Asylverfahrens

2.2.1

Vorbereitungsphase (Art. 26 E-AsylG)

Da die vorgeschlagene Vorbereitungsphase im Wesentlichen dem geltenden Recht entspricht (Art. 26 Abs. 1quater ff. AsylG), wird nur auf die wichtigsten Bemerkungen eingegangen.

Alle Kantone, die BDP, CVP, EVP, GPS, SP sowie eine deutliche Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs, kirchliche Organisationen sowie das UNHCR erklären sich mit dieser Bestimmung grundsätzlich einverstanden.

Einige Kantone (BL, SH, ZH) schlagen vor, dass das BFM die in der Vorbereitungsphase anfallenden Aufgaben bei allen Asylsuchenden vornehmen müsse (Ersatz der Kann-Formulierung im Artikel 26 Abs. 2 und 3 E-AsylG durch eine verbindliche Formulierung). Einige Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. GPS, SP, CSP, SFH, SKF, VSJF, UNHCR) fordern, dass die Dauer der Vorbereitungsphase insbesondere für Dublin-Verfahren sowie bei verletzlichen Personen verlängert werde (vgl. Art. 26 Abs. 1 E-AsylG: Dauer der Vorbereitungsphase für DublinVerfahren zehn Tage und in allen übrigen Fällen 21 Tage). Auch werden teilweise Bedenken zum vorgeschlagenen Vorgespräch über die Chancen im Asylverfahren geäussert (z.B. Caritas, SFH, SRK; vgl. Art. 26 Abs. 3 E-AsylG). Dieses dürfe nicht dazu missbraucht werden, Asylsuchende zum Rückzug ihres Gesuches zu drängen.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an der vorgeschlagenen Regelung zur Vorbereitungsphase fest.

Die offene Formulierung für die Aufgaben des BFM in der Vorbereitungsphase trägt dem Umstand Rechnung, dass bei bestimmten Personenkategorien gewisse Abklärungen nicht vorgenommen werden müssen. Dies gilt z.B. bei minderjährigen Asylsuchenden unter vierzehn Jahren, bei welchen keine biometrischen Daten erhoben werden (Art. 6 Abs. 1 Asylverordnung 3 vom 11. August 199941 AsylV 3). Dasselbe gilt z.B. für erwachsene Personen, bei denen auf ein Altersgutachten verzichtet werden kann.

Die vorgeschlagene Maximaldauer der Vorbereitungsphase (Art. 26 Abs. 1 E-AsylG) dient der Beschleunigung der Asylverfahren. Bei dieser Frist handelt es sich um eine Ordnungsfrist, die im Einzelfall bei Bedarf angepasst werden kann (z.B. bei verletzlichen Personen). Das Vorgespräch im Asylverfahren (Art. 26 Abs. 3 E-AsylG) dient ausschliesslich der gemeinsamen und unverbindlichen Klärung, ob ein Asylgesuch hinreichend begründet ist. Dies ist ein wichtiges und sinnvolles Instrument, um Asylsuchende so rasch als möglich über ihre Chancen im Asylverfahren zu informieren.

41

SR 142.314

8029

2.2.2

Erstinstanzliches Verfahren

Alle Kantone, die KKJPD, SODK, der SGV, der SSV, die BDP, CVP, EVP, GPS, SP sowie eine überwiegende Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs, kirchliche Organisationen und das UNHCR erklären sich mit den vorgeschlagenen drei Verfahrenskategorien (Dublin-Verfahren, Art. 26b E-AsylG; beschleunigtes Verfahren, Art. 26c E-AsylG; erweitertes Verfahren, Art. 26d E-AsylG) grundsätzlich einverstanden.

Grundsätzlich ablehnend äussern sich insbesondere die FDP und die SVP (vgl.

Ziff. 2.1, eher kritisch z.B. auch CSP, SOSF).

Die wichtigsten Bemerkungen betreffen insbesondere die Dauer des beschleunigten Verfahrens (Art. 26c, 37 und 109 E-AsylG), die Entscheidkategorien im beschleunigten Verfahren, die Situation von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (Art. 17 E-AsylG), die Feststellung des medizinischen Sachverhalts (Art. 26a E-AsylG) sowie die Eröffnung und Zustellung von Verfügungen und Mitteillungen in den Zentren des Bundes, bei einem Aufenthalt im Kanton oder am Flughafen (Art. 12­13 E-AsylG).

Dauer des beschleunigten Verfahrens (Art. 26c, 37 und 109 E-AsylG) Seitens z.B. der EVP, GPS, SP sowie einer Vielzahl der NGOs und kirchlicher Organisationen (z.B. DJS, HEKS, SFH, SRK, SKF, VSJF) und dem UNHCR wird insbesondere kritisiert, dass die Dauer des beschleunigten Verfahrens zu kurz bemessen sei (vgl. Art. 37 Abs. 1 im Vernehmlassungsentwurf: 8­10 Arbeitstage im erstinstanzlichen Verfahren, siehe zu den Behandlungsfristen des BVGer auch Ziff. 2.2.3).

U.a. wird vorgeschlagen, dass die einzelnen Schritte im beschleunigten Verfahren (Vorbereitungsphase, Behandlungsfrist BFM und BVGer, Beschwerdefrist) jeweils dreissig Tage dauern sollen (z.B. SFH). Die GPS schlägt vor, dass bei Nichteinhaltung der Verfahrensfristen automatisch ein positiver Asylentscheid zu fällen sei; dies sei zielführender als unrealistisch kurze Zielvorgaben vorzusehen. Demgegenüber erklärt sich die SVP mit kurzen Verfahrensfristen einverstanden, fordert aber, dass die Behandlungsfristen vom BFM und vom BVGer verbindlich einzuhalten seien.

Der Bundesrat solle die Konsequenzen für deren Nichteinhaltung festlegen (sinngemäss GE, SH). Das BVGer schlägt hinsichtlich der Behandlungsfristen beim BFM und BVGer (Art. 37 und 109 E-AsylG) einige formelle und inhaltliche Anpassungen vor
(z.B. Beibehaltung des geltenden Begriffs «in der Regel» und Umformulierung bei der Regelung, die Behandlungsfristen um einige Tage verlängern zu können, vgl.

Art. 37 Abs. 3 und 109 Abs. 4 E-AsylG).

Des Weiteren wird gefordert, dass auch im Rahmen des beschleunigten Verfahrens positive Asylentscheide ergehen oder vorläufige Aufnahmen angeordnet werden sollen (z.B. GPS, SP, SFH, SKF, SRK, UNHCR, VSJF und sinngemäss Unia). Die Vorlage erwecke den Eindruck, dass das beschleunigte Verfahren als «Ablehnungsverfahren» ausgestaltet werden soll. Das Konzept sei so ausgestaltet, dass Gesuche, bei denen ein Schutzbedarf absehbar sei oder die aufgrund der Prioritätensetzung des BFM im Regelfall im erweiterten Verfahren behandelt werden sollen, damit erst innerhalb eines Jahres abgeschlossen würden. Dies würde auch der aktuellen Behandlungsstrategie des BFM entsprechen. Für eine langfristige Neuausrichtung sei eine solche Strategie ungeeignet (Benachteiligung der Schutzbedürftigen und hohe Folgekosten für die Sozial- und Integrationsbehörden der Kantone und Gemeinden).

8030

Zudem wird angeregt, verletzliche und traumatisierte Personen, unbegleitete Minderjährige sowie ältere Personen vom beschleunigten Verfahren auszunehmen und deren Asylgesuche im Rahmen des erweiterten Verfahrens zu behandeln (z.B.

HEKS, SEK, UNHCR).

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an den vorgeschlagenen Verfahrensfristen für das beschleunigte Verfahren grundsätzlich fest. Damit soll dem berechtigten Anliegen nach raschen Asylverfahren Rechnung getragen werden. Als flankierende Massnahme schlägt der Bundesrat einen umfassenden Rechtsschutz vor. Damit ist sichergestellt, dass die Asylverfahren rechtsstaatlich korrekt und fair durchgeführt werden.

Die in der Vernehmlassung vorgeschlagene Behandlungsfrist des BFM bei beschleunigten Verfahren von acht bis zehn Arbeitstagen soll im Interesse einer klareren Regelung auf acht Arbeitstage festgelegt werden (Art. 37 Abs. 2 E-AsylG).

Bei dieser Frist handelt es sich um eine Ordnungsfrist, welche in begründeten Fällen überschritten werden kann. Aus diesem Grund kann in den Artikeln 37 und 109 E-AsylG auch auf den Begriff «in der Regel» verzichtet werden. Zudem sollen Dublin-Entscheide innerhalb von drei Arbeitstagen eröffnet werden (Vernehmlassungsentwurf: 2 Arbeitstage, vgl. Art. 37 Abs. 1 E-AsylG).

Die Forderung, wonach Ordnungsfristen bei der Behandlung eines Asylgesuchs resp. einer Beschwerde als gesetzlich verbindliche Fristen ausgestaltet werden sollen, lehnt der Bundesrat ab. Die allgemeinen Verfahrensgrundsätze des Verwaltungsverfahrens sehen vor, dass Verfügungen von Behörden erst dann erlassen werden, wenn alle notwendigen Sachverhaltsabklärungen vorgenommen worden sind (vgl. Art. 12 und 49 Bst. b VwVG). Mit einer gesetzlich zwingend einzuhaltenden Frist besteht die Gefahr, dass allfällige notwendige Sachverhaltsabklärungen vom BFM nicht mehr abschliessend vorgenommen werden. Dies müsste auf Beschwerdeebene nachgeholt werden und würde zu Verfahrensverzögerungen führen. Die Auferlegung gesetzlicher Fristen für die Behandlung einer Beschwerde beim BVGer wäre mit dem verfassungsmässigen Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit wohl nicht vereinbar (Art. 29 BV).

Auch im beschleunigten Verfahren sollen positive Asylentscheide ergehen oder vorläufige Aufnahmen angeordnet werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Dies
wurde bereits im Bericht zur Vernehmlassung festgehalten (vgl. erläuternder Bericht, Entwurf zur Änderung des Asylgesetzes, Neustrukturierung des Asylbereichs vom Juni 2013, Ziff. 2.2. und 2.3.6). Der Vernehmlassungsentwurf sah jedoch dafür keine ausdrückliche gesetzliche Regelung vor. Dies soll klargestellt werden (vgl. Art. 24 E-AsylG, wonach der Aufenthalt in Zentren des Bundes im beschleunigten Verfahren bis zur Asylgewährung, Anordnung einer vorläufigen Aufnahme oder Ausreise dauert).

Asylgesuche sollen dann nicht im beschleunigten Verfahren behandelt werden, wenn namentlich weitere umfangreiche Abklärungen notwendig sind (Art. 26d E-AsylG). Artikel 26d E-AsylG enthält keine abschliessende Regelung, wann das erweiterte Verfahren zur Anwendung gelangt. Bereits das geltende AsylG sieht vor, dass das BFM im Rahmen einer Behandlungsstrategie festlegt, welche Asylgesuche prioritär behandelt werden (Art. 37b AsylG, in Kraft seit dem 1. Februar 2014). Bei der Festlegung der Behandlungsstrategie muss das BFM neben der Situation in den Herkunftsstaaten u.a. auch die Anzahl eingereichter Asylgesuche, die Asylpraxis der 8031

EU-Staaten zu den jeweiligen Herkunftsstaaten und die offensichtliche Begründetheit oder Unbegründetheit der Gesuche berücksichtigen. Dies kann Auswirkungen auf die Festlegung der Verfahrensart (beschleunigtes oder erweitertes Verfahren) und somit auf den Ort der Durchführung der Verfahren haben.

Zudem besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die Behandlung eines Asylgesuchs im erweiterten oder beschleunigten Verfahren. Das BFM erlässt jedoch für die Zuteilung in das erweiterte Verfahren eine Zwischenverfügung, welche durch Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden kann (Art. 107 Abs. 1 AsylG). Damit ist sichergestellt, dass die Verfahrensrechte der Betroffenen gewahrt werden. Auch im Rahmen der Neustrukturierung des Asylbereichs wird jedes Asylgesuch im Einzelfall sorgfältig geprüft. Dabei ist auch den persönlichen Bedürfnissen der Betroffenen Rechnung zu tragen. Ist eine Zuweisung in den Kanton in einem Einzelfall angezeigt, kann das entsprechende Gesuch z.B. bei verletzlichen Personen auch im erweiterten Verfahren behandelt werden.

Unbegleitete minderjährige Asylsuchende (Art. 17 und 102k E-AsylG) Einige Vernehmlassungsteilnehmer fordern ein neues Konzept der Betreuung, Begleitung und Vertretung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden im Rahmen der Neustrukturierung des Asylbereichs (z.B. SP, Caritas, HEKS, SEK, SFH, SRK, VSJF). Die Zusammenarbeit der Asylbehörden mit den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden sei zu institutionalisieren und gesetzlich festzuhalten.

Die vormundschaftlichen Aufgaben in der Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen seien bei den Fachstellen des Kindes- und Erwachsenenschutzes anzusiedeln (sinngemäss auch GPS). Weiter soll eine zugewiesene Rechtsvertretung im Auftrag des Leistungserbringers eng mit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde am Standort des Zentrums des Bundes zusammenarbeiten (SP). Zudem regen z.B. die GPS, die SP, Caritas, das HEKS, der SEK, die SFH, das SRK und der VSJF an, dass Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen nicht in einem Zentrum des Bundes behandelt werden. Die Betroffenen seien direkt einem Kanton mit spezialisierten Strukturen zuzuweisen.

Haltung des Bundesrates Nach geltendem Recht bestimmen die zuständigen kantonalen Behörden für unbegleitete minderjährige Asylsuchende unverzüglich eine Vertrauensperson,
welche deren Interessen wahrnimmt (Art. 17 Abs. 3 AsylG). Die Vertrauensperson steht den betroffenen Minderjährigen für die Dauer des Asyl- und Wegweisungsverfahrens, längstens aber bis zur Ernennung eines Beistandes oder Vormunds oder bis zum Eintritt der Volljährigkeit, begleitend und unterstützend zur Seite (vgl. Art. 7 Abs. 2 und 3 AsylV 1). Die Kantone bleiben trotz der Regelung von Artikel 17 Absatz 3 AsylG zur Anordnung vormundschaftlicher Massnahmen verpflichtet, soweit sich die unbegleiteten Minderjährigen ohne Obhut ihrer Eltern in der Schweiz befinden.

Insofern ist die Ernennung einer Vertrauensperson als Übergangslösung zu verstehen, welche die zuständigen Vormundschaftsbehörden nicht davon entbindet, die erforderlichen vormundschaftlichen Massnahmen zu prüfen und einzuleiten.42

42

Vgl. Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 25. Februar 2005 betreffend die Ausgestaltung der Hilfe in Notlagen (Art. 12 BV) für minderjährige Asylsuchende mit einem Nichteintretensentscheid (VPB 2008 S. 15 ff., 22).

8032

Neu soll für die Dauer des Verfahrens im Zentrum des Bundes und am Flughafen die zugewiesene Rechtsvertretung auch die Interessen von unbegleiteten Minderjährigen als Vertrauensperson wahrnehmen (Art. 17 Abs. 3 Bst. a und Art. 102k Abs. 1 Bst. e E-AsylG). Die kantonalen Behörden bleiben weiterhin verpflichtet, nach den Bestimmungen über den Kindesschutz des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB)43 (vgl. insbesondere Art. 307 ff. und Art. 327a ff. ZGB) vormundschaftliche Massnahmen anzuordnen. Der Unterschied zum geltenden AsylG liegt einzig darin, dass während des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes nicht mehr die zuständigen kantonalen Behörden die Vertrauensperson bestimmen, sondern die zugewiesene Rechtsvertretung diese gesetzliche Aufgabe erfüllt. Für die vorgeschlagene Regelung spricht vor allem, dass die unbegleitete minderjährige Person in den Zentren des Bundes nur eine einzige Ansprechperson hat und damit auch die organisatorischen Abläufe erleichtert werden. Zudem verfügt die zugewiesene Rechtsvertretung über die nötigen Rechtskenntnisse zur Wahrnehmung ihrer Funktion als Vertrauensperson. Schliesslich steht der unbegleiteten minderjährigen Person bereits in der Vorbereitungsphase eine Vertrauensperson zur Seite.

Neu soll zudem eine Regelung vorgeschlagen werden, wonach die zugewiesene Rechtsvertretung (in ihrer Funktion als Vertrauensperson) in den Zentren des Bundes und am Flughafen die Koordination mit den zuständigen kantonalen Behörden sicherstellt (vgl. Art. 17 Abs. 3 Bst. a E-AsylG). Damit sind die zuständigen kantonalen Behörden frühzeitig über den Aufenthalt eines unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden informiert und können so rasch als möglich vormundschaftliche Massnahmen ergreifen.

Nach Zuweisung in einen Kanton bestimmen wie bis anhin die zuständigen kantonalen Behörden für unbegleitete Minderjährige unverzüglich eine Vertrauensperson (Art. 17 Abs. 3 Bst. b E-AsylG).

Eine Behandlung der Gesuche aller unbegleiteter minderjähriger Asylsuchenden im erweiterten Verfahren mit Zuweisung in die Kantone lehnt der Bundesrat ab. Dies widerspricht nicht nur den Zielen der Neustrukturierung des Asylbereichs, sondern auch dem Grundsatz, wonach Asylgesuche von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden prioritär zu behandeln sind (Art. 17 Abs. 2bis AsylG).

Feststellung des
medizinischen Sachverhalts (Art. 8 und Art. 26a E-AsylG) Hinsichtlich der bereits im geltenden Recht bestehenden Regelung zur Feststellung des medizinischen Sachverhalts (Art. 26a E-AsylG, Art. 26bis AsylG) fordern einige Kantone die Erstellung eines Medizinaldossiers (z.B. BL, BS, SH, ZH), in welches alle im Asyl- und Wegweisungsverfahren beteiligten medizinischen Fachpersonen (z.B. BL, SH, ZH) und die zuständigen kantonalen Behörden im Sozialbereich Einsicht haben sollen (BL, BS). Die am Verfahren und am Wegweisungsvollzug beteiligten Medizinalpersonen sollen auch verpflichtet werden, die notwendigen medizinischen Daten und Informationen an die kantonalen Migrations- und Vollzugsbehörden weiterzuleiten (BL).

Die Kantone BL, SH, ZH fordern zudem die Durchführung einer medizinischen Untersuchung zur Abklärung der Reise- bzw. Transportfähigkeit bereits in der Vorbereitungsphase. Das BFM soll auch die Reisefähigkeit für Wegweisungsvollzüge ab den Zentren des Bundes attestieren. NE, und z.B. die GPS, Caritas, CSP und 43

SR 210

8033

sinngemäss auch das SRK verlangen, dass allfällige medizinische Untersuchungen in jedem Fall von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt werden und die entsprechenden Kosten (Art. 26a Abs. 2 E-AsylG) durch den Bund getragen werden (BL). Verweigert eine betroffene Person die Teilnahme an einer angeordneten medizinischen Untersuchung, soll traumatisierenden Ereignissen Rechnung getragen und genau abgeklärt werden, weshalb die medizinische Untersuchung verweigert wurde. Im Zweifelsfall ist von einem «triftigen Grund» nach Artikel 8 Absatz 3bis AsylG auszugehen und von den dort genannten Rechtswirkungen abzusehen (z.B.

GPS, Caritas, HEKS, SEK, SFH, SKF, VSJF, UNHCR; Art. 8 Abs. 1 Bst. f E-AsylG).

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass die Kenntnis über den Gesundheitszustand einer wegzuweisenden Person für die zuständigen kantonalen Behörden bei der Durchführung ihrer wichtigen Vollzugsaufgaben notwendig ist. Dies liegt auch im Interesse der rückzuführenden Person, da so eine allfällige Gefährdung im Rahmen des Wegweisungsvollzugs vermieden werden kann.

Mit dem Ziel, den medizinischen Datenfluss zwischen den medizinischen Fachpersonen und den kantonalen Vollzugsbehörden zu verbessern, sind Bund und Kantone unter Einbezug der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) mit Vertreterinnen und Vertretern einiger ärztlicher Organisationen im Herbst 2013 in einen Dialog über die Zusammenarbeit im Bereich des Wegweisungsvollzugs getreten. Im Rahmen dieses Dialoges sollen die Problemfelder im Bereich des medizinischen Datenflusses analysiert, ein allfälliger Handlungsbedarf eruiert und Lösungen ausgearbeitet werden. Zurzeit wird eine Checkliste über jene Kontraindikatoren erarbeitet, welche bei zwangsweisen Rückführungen relevant sind. Die behandelnden Ärzte können so eine rückzuführende Person gezielt auf entsprechende Kontraindikatoren hin untersuchen und sie allenfalls auf die Wichtigkeit der Entbindung der betreffenden Ärztin oder des betreffenden Arztes vom Arztgeheimnis hinweisen. Erklärt sich die betroffene Person mit einer solchen Entbindung einverstanden, könnten die entsprechenden medizinischen Daten weitergeleitet werden. In der zweiten Jahreshälfte 2014 wird der Ärztedialog voraussichtlich über das weitere Vorgehen bei der Umsetzung des medizinischen
Datenflusses entscheiden.

Liegt keine solche Einwilligung der asylsuchenden Person vor, kann sich die Ärzteschaft jedoch weiterhin auf das Berufsgeheimnis stützen (vgl. Art. 321 des Strafgesetzbuchs [StGB]44) und die Weitergabe dieser Daten z.B. an die kantonalen Vollzugsbehörden verweigern. Daher soll eine neue Bestimmung aufgenommen werden, wonach die medizinische Fachperson die für die Beurteilung der Transportfähigkeit von wegzuweisenden Personen notwendigen medizinischen Daten auf Anfrage den Vollzugsbehörden bekanntgeben muss (vgl. Kommentar zu Art. 71b E-AuG). Damit soll sichergestellt werden, dass die zuständigen Vollzugsbehörden Kenntnis über den Gesundheitszustand einer wegzuweisenden Person haben und zum Schutz der Betroffenen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen treffen können.

Derzeit wird im BFM die Schaffung eines BFM-internen Medizinaldossiers geprüft.

Ein umfassendes Einsichtsrecht in medizinische Daten auch für externe Stellen lehnt der Bundesrat hingegen ab. Dies widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismassig-

44

SR 311.0

8034

keit (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199245 über den Datenschutz [DSG]). Eine Einsichtnahme setzt zudem voraus, dass die Daten zur Ausübung einer gesetzlichen Aufgabe tatsächlich erforderlich sind (Art. 4 Abs. 2 DSG). Insbesondere für die kantonalen Behörden, die für den Sozialbereich im Asylwesen zuständig sind, besteht keine gesetzliche Aufgabe, bei der Feststellung des medizinischen Sachverhalts mitzuwirken. Zudem lehnt der Bundesrat eine systematische medizinische Untersuchung zur Abklärung der Reise- bzw. Transportfähigkeit bereits in der Vorbereitungsphase ab. Der Entscheid, ob eine asylsuchende Person die Schweiz wieder verlassen muss oder nicht, wird erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen. Bereits heute müssen asylsuchende Personen die für das Asylund Wegweisungsverfahren massgeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den EVZ durch vom Bund beauftragtes medizinisches Fachpersonal untersuchen lassen (vgl. Art. 26bis AsylG, Art. 26a E-AsylG). Damit sollen die betroffenen asylsuchenden Personen gesundheitliche Beeinträchtigungen, die für das Asyl- und Wegweisungsverfahren relevant sind, selbstständig geltend machen. Der Wegweisungsvollzug von asylsuchenden Personen und damit auch die Überprüfung der Transportfähigkeit liegen zudem in der Zuständigkeit der kantonalen Behörden (Art. 69 AuG, Art. 18 der Zwangsanwendungsverordnung vom 12. November 200846 [ZAV]). Dies gilt auch bei einem Aufenthalt der betroffenen Personen in einem Zentrum des Bundes (Art. 46 Abs. 1bis E-AsylG).

Aufgrund der offenen Formulierung «medizinisches Fachpersonal» in Artikel 26a E-AsylG kann den entsprechenden Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen werden, und eine medizinische Untersuchung im Rahmen des Asylverfahrens kann je nach Bedarf sowohl von ausgebildetem Krankenpersonal als auch von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt werden. Die zusätzlichen Untersuchungskosten stellen Verfahrenskosten dar und werden vom BFM getragen. Machen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine medizinische Behandlung notwendig, so sind die Behandlungskosten wie bisher über das Bundesgesetz vom 18. März 199447 über die Krankenversicherung (KGV) abzuwickeln (Art. 25 KVG).48 Dem Anliegen, wonach bei einer Verweigerung zur Teilnahme an einer angeordneten medizinischen Untersuchung die
Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, wird bereits im Rahmen des geltenden Rechts Rechnung getragen (Art. 8 Abs. 3bis AsylG). Ein Asylgesuch wird bei Verletzung der Mitwirkungspflicht lediglich dann formlos abgeschrieben, wenn die Mitwirkungspflicht ohne triftigen Grund verletzt wurde. Die entsprechende Bestimmung wurde am 14. Dezember 2012 vom Parlament verabschiedet und ist seit dem 1. Februar 2014 in Kraft.

Eröffnung und Zustellung von Verfügungen und Mitteillungen in den Zentren des Bundes und bei einem Aufenthalt im Kanton (Art. 12­13 E-AsylG) Einige Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. Caritas, SFH, SKF, VSJF, sinngemäss GPS und SP) erachten die Eröffnung von Verfügungen an den Leistungserbringer der Beratung und Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes nicht als zulässig (Art. 12a Abs. 2 E-AsylG). Eine solche Eröffnung würde nach Ansicht z.B. der SFH, des SKF und des VSJF auch keine Rechtswirkung entfalten. Die bereits kurze Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren würde 45 46 47 48

SR 235.1 SR 364.3 SR 832.10 Vgl. hierzu Zusatzbotschaft zur Änderung des Asylgesetzes vom 23. September 2011.

8035

weiter verkürzt, da mit der Eröffnung an den Leistungserbringer und der anschliessenden Zustellung an die zuständige Rechtsvertretung Verzögerungen möglich seien (z.B. sinngemäss SP). Unverständlich sei auch, dass Verfügungen und Mitteilungen der zuerst bezeichneten bevollmächtigten Person zugestellt werden und nicht der zuletzt bezeichneten (SP; vgl. Art. 12 Abs. 2 E-AsylG).

Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer schlagen für die Verfahren in den Zentren des Bundes und am Flughafen den Grundsatz der mündlichen Eröffnung von Verfügungen im Beisein der Rechtsvertretung vor (z.B. SP, HEKS, SEK, SFH, UNHCR, VSJF). Die in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagenen unterschiedlichen Eröffnungsmöglichkeiten (Art. 12­13 E-AsylG) seien nicht praktikabel.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an der Eröffnung einer Verfügung an den Leistungserbringer der Beratung und Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes (Art. 12a Abs. 2 E-AsylG) fest. Der Leistungserbringer ist u.a. verantwortlich für die Organisation der Beratung und Rechtsvertretung (vgl. Art. 102i E-AsylG). Die Zustellung einer Verfügung an den Leistungserbringer ist vergleichbar mit der Zustellung einer Verfügung z.B. an die Geschäftsadresse einer Rechtsvertretung. Auch diesfalls gilt die Verfügung mit Zustellung als eröffnet, unabhängig davon, wer an der Geschäftsadresse den Empfang schriftlich bestätigt. Es ist Aufgabe des Leistungserbringers, die zugewiesene Rechtsvertretung über die Eröffnung so rasch als möglich zu informieren. Die Eröffnung einer Verfügung an die einzelnen zugewiesenen Rechtsvertreter, die sich im Gegensatz zum Leistungserbringer nicht ständig in den Zentren des Bundes aufhalten, würde zu einem unverhältnismässigen Mehraufwand beim BFM führen, und sie steht den raschen Verfahren in den Zentren des Bundes entgegen. Auch die ersten Einschätzungen bezüglich der Testphase zeigen, dass die Eröffnung von Verfügungen an den Leistungserbringer die organisatorischen Abläufe entlasten können.

Der Bundesrat teilt jedoch die Auffassung, wonach die Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren in der Praxis nicht durch eine Eröffnung an den Leistungserbringer verkürzt werden darf. Es ist deshalb sicherzustellen, dass der Leistungserbringer die Eröffnung umgehend der Rechtsvertretung bekanntgibt. Aus diesem
Grund soll im AsylG neu festgehalten werden, dass der Leistungserbringer die Eröffnung einer Verfügung am gleichen Tag der zugewiesenen Rechtsvertretung bekanntgeben muss (siehe Art. 12a Abs. 2 E-AsylG).

Von einer generellen mündlichen Eröffnung von Verfügungen in den Zentren des Bundes ist abzusehen. Dies würde einen erheblichen organisatorischen Mehraufwand verursachen (z.B. Terminplanung aller Beteiligten, Organisation der Übersetzung). In geeigneten Fällen ist die mündliche Eröffnung auch in den Zentren des Bundes möglich (Art. 12a Abs. 4 E-AsylG). Dies ist z.B. der Fall, wenn im Anschluss an eine Anhörung zu den Asylgründen ein positiver Asylentscheid ergeht.

Solange eine betroffene Partei die Vollmacht einer Rechtsvertretung nicht widerruft, macht die Behörde ihre Mitteilungen an diese Rechtsvertretung (Art. 11 VwVG).

Dies gilt auch dann, wenn mehrere Rechtsvertretungen bezeichnet werden, für die zuerst bezeichnete Rechtsvertretung jedoch kein Widerruf der Vollmacht vorliegt.

Schliesslich wurden bei den Bestimmungen über die Zustellung und Eröffnung von Verfügungen oder Mitteilungen (Art. 12­13 E-AsylG) verschiedene redaktionelle Anpassungen vorgenommen.

8036

Weitere Bemerkungen zum erstinstanzlichen Verfahren Einige Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. Caritas, HEKS, SRK, SFH, UNHCR, VSJF) fordern die Streichung von Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 E-AsylG, wonach auf Verordnungsstufe geregelt werden kann, dass Eingaben von Asylsuchenden mit einer Rechtsvertretung in der Amtssprache des Standortkantons des Zentrums eingereicht werden müssen. Mit dieser Regelung würde der Kreis der möglichen Rechtsvertretungen zu stark eingeschränkt.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an den vorgeschlagenen Regelungen fest. Ein Verzicht auf die entsprechende Verordnungskompetenz würde in der Praxis bedeuten, dass Eingaben von Asylsuchenden in jedem Fall in allen Amtssprachen erfolgen könnten. Dies würde bedingen, dass in allen Zentren des Bundes unabhängig von deren Standort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Amtssprachen vertreten sein müssten. Dies wäre nicht praktikabel und würde zu einem unverhältnismässigen Mehraufwand führen. Es ist sicherzustellen, dass die Rechtsvertreterinnen und -vertreter die Amtssprache des Standortes der Zentren des Bundes sprechen. Vgl. zu Artikel 16 E-AsylG auch Ziffer 3.

2.2.3

Beschwerdeverfahren (Art. 108 ff. E-AsylG)

Alle Kantone, die KKJPD, SODK, der SGV, der SSV, die BDP, CVP, EVP sowie eine Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer begrüssen im Grundsatz die vorgeschlagenen Beschwerdefristen (Art. 108 E-AsylG).

Die GPS sowie z.B. HEKS, SEK, SOSF und die Unia erachten die vorgeschlagenen Beschwerdefristen grundsätzlich als zu kurz. Dies gilt insbesondere für die Beschwerdefrist von neun Tagen im beschleunigten Verfahren (z.B. SP, Caritas, SFH, SKF, SRK, UNHCR, VSJF, vgl. Art. 108 Abs. 1 E-AsylG im Vernehmlassungsentwurf) sowie für die Nachfrist zur Verbesserung einer Beschwerde im beschleunigten Verfahren (gemäss Vernehmlassungsentwurf soll diese statt heute sieben Tage nur drei Tage dauern, vgl. Art. 110 Abs. 1 Bst. a E-AsylG im Vernehmlassungsentwurf).

Die Beschwerde- resp. Nachbesserungsfrist seien so auszugestalten, dass die zugewiesene Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes ihr Mandat niederlegen und auf eine Beschwerde verzichten könne (vgl. Art. 102h Abs. 2 E-AsylG im Vernehmlassungsentwurf) und der asylsuchenden Person trotzdem genügend Zeit zur Verfügung stehe, um eine andere Rechtsvertretung zu finden oder um die Beschwerde selber zu erheben. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Rechtsvertretung jede Beschwerde einlegen müsste, welche Asylsuchende wünschen, um eine Mandatsniederlegung zur Unzeit zu vermeiden. Wenn hier keine Korrekturen vorgenommen würden, bestehe die Gefahr einer Asylindustrie mit einer Beschwerdequote von über 90 Prozent, welche den vorgeschlagenen Rechtsschutz insgesamt gefährden würde (SP, sinngemäss GPS). Einige Vernehmlassungsteilnehmer fordern eine Beschwerdefrist von generell 30 Tagen für alle Verfahren (z.B. GPS, HEKS; SFH, SKF, VSJF, UNHCR: fordern 30 Tage für alle materiellen Verfahren). Zudem sei unbedingt zu vermeiden, dass bereits kurze Beschwerdefristen durch Gerichts- und Betreibungsferien oder Feiertage (z.B. Ostern) weiter verkürzt würden (z.B. SP, Caritas, SFH, SKF, SRK, VSJF).

8037

Teilweise wird vorgeschlagen, dass die Beschwerdefrist in Arbeitstagen und nicht in Kalendertagen im Gesetz geregelt wird (z.B. UNHCR, Caritas). Das BVGer würde eine Beschränkung auf drei Beschwerdefristen für die verschiedenen Verfahren als sinnvoll erachten (z.B. 5 Arbeitstage, 10 und 30 Kalendertage).

Die vorgeschlagenen Behandlungsfristen für das BVGer (Art. 109 E-AsylG) werden von allen Kantonen, der KKJPD, der SODK, dem SGV und SSV begrüsst. Auch die BDP, die EVP sowie eine Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchliche Organisationen erklären sich mit der vorgeschlagenen Regelung grundsätzlich einverstanden. Die CVP fordert, dass die vom Parlament im Rahmen der letzten Revision des AsylG beschlossene Behandlungsfrist für das BVGer von 20 Tagen für alle materiellen Entscheide beizubehalten sei. Die GPS möchte, dass bei Nichteinhaltung der Behandlungsfristen beim BVGer die Asylsuchenden entschädigt werden. BS und ZG fordern schliesslich, dass durch geeignete Massnahmen die Einhaltung der Behandlungsfristen des BVGer sicherzustellen sei (ähnlich SVP siehe hierzu Ziff. 2.2.2).

Zu den Vorbehalten z.B. der SP, des BVGer sowie den Vorbehalten von HEKS, SFH, SKF, SRK und VSJF siehe auch Ziffer 2.2.2.

Der Vorschlag, wonach im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren das BVGer in den Zentren des Bundes im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Instruktionsmassnahmen durchführen und das Urteil mündlich eröffnen kann (Art. 111abis E-AsylG) wird von allen Kantonen, der KKJPD, SODK, dem SSV, SGV, der BDP, CVP, EVP, GPS, SP sowie einer deutlichen Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchliche Organisationen als wichtiges Novum der schweizerischen Asylpraxis begrüsst. Es wird u.a. angeregt, diesen Vorschlag auch für das erweiterte Verfahren vorzusehen (z.B. GPS, SP, Caritas, HEKS, SFH, SKF, SRK, UNHCR, VSJF). Das BVGer äussert sich eher kritisch.

Das BVGer möchte, dass die Instruktionsverhandlungen nicht nur in Zentren des Bundes sondern auch am Sitz des BVGer durchgeführt werden können (ähnlich auch z.B. GPS, HEKS, SFH, SKF, SRK, VSJF: Instruktionsmassnahmen ausschliesslich am Sitz des BVGer). Da nicht zum vornherein feststehe, ob die Beschwerde im einzelrichtlicherlichen Verfahren (Art. 111 Bst. e AsylG)
behandelt werde, müsste das BVGer für die mündliche Eröffnung des Urteils mit mindestens drei Richterinnen oder Richtern in den Zentren des Bundes anwesend sein.

Haltung des Bundesrates Mit der kürzeren Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren soll dem berechtigten Anliegen nach raschen Asylverfahren Rechnung getragen werden. Als flankierende Massnahme schlägt der Bundesrat einen umfassenden Rechtsschutz vor.

Damit ist sichergestellt, dass die Asylverfahren rechtsstaatlich korrekt und fair durchgeführt werden.

Die Beschwerdefrist für das beschleunigte Verfahren soll neu jedoch auf sieben Arbeitstage und für das Dublin-Verfahren analog der heutigen Regelung auf fünf Arbeitstage festgelegt werden (Vernehmlassungsentwurf: neun Kalendertage für das beschleunigte Verfahren resp. sieben Kalendertage für das Dublin-Verfahren, vgl.

Art. 108 Abs. 1 und 3 E-AsylG). Damit kann eine Verkürzung der Beschwerdefrist aufgrund von Feiertagen vermieden werden.

8038

Die Rechtsvertretung informiert die Asylsuchenden so rasch als möglich über ihre Chancen im Asylverfahren (Art. 102h Abs. 2 E-AsylG). Ein definitiver Entscheid der Rechtsvertretung über den Verzicht auf die Erhebung einer Beschwerde bei offensichtlich unbegründeten Asylgesuchen kann erst im Zeitpunkt der Eröffnung des erstinstanzlichen Entscheides erfolgen. Dies soll neu analog der Regelung in der TestV in Artikel 102h Absatz 4 E-AsylG präzisiert werden. Durch die vorzeitige Information über die Chancen im Asylverfahren können sich die betroffenen Asylsuchenden frühzeitig auf eine allfällige Beschwerdeerhebung vorbereiten. Zudem soll die Nachfrist für die Verbesserung einer Beschwerde im beschleunigten Verfahren neu auf sieben Tage verlängert werden (Vernehmlassungsentwurf drei Tage, vgl.

Art. 110 Abs. 1 E-AsylG). Damit können die Betroffenen ihr Beschwerderecht uneingeschränkt wahrnehmen.

Eine generelle Beschwerdefrist von dreissig Tagen für alle Verfahren lehnt der Bundesrat ab. Bereits heute beträgt die Beschwerdefrist z.B. bei Dublin-Verfahren oder bei anderen Nichteintretensverfahren fünf Arbeitstage (vgl. Art. 108 Abs. 2 AsylG). Diese Frist soll unverändert übernommen werden (Art. 108 Abs. 3 E-AsylG). Bei einer Beschwerdefrist von 30 Tagen wäre zudem die Einführung eines umfassenden Rechtsschutzes nicht mehr gerechtfertigt. Würde man die Beschwerdefrist beim beschleunigten Verfahren von sieben Arbeitstagen auf 30 Tage erhöhen, bedingt dies höhere Unterbringungskapazitäten in den Zentren des Bundes im Umfang von rund 300 Plätzen. Dies verursacht zusätzliche Investitionskosten von rund 36 Millionen Franken. Die jährlichen Betriebskosten würden um rund 11 Millionen Franken ansteigen. Bei einer Erhöhung der Beschwerdefrist auf 30 Tage auch im Dublin-Verfahren (bereits nach geltendem Recht beträgt diese fünf Arbeitstage, Art. 108 Abs. 2 AsylG) müssten zusätzlich 600 Unterbringungsplätze geschaffen werden. Dies führt zu zusätzlichen Investitionskosten von rund 72 Millionen Franken und zusätzlichen jährlichen Betriebskosten von rund 22 Millionen Franken. Eine Erhöhung der Beschwerdefrist auf 30 Tage im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren würde demnach zu einem Zusatzbedarf von 900 Plätzen führen. Die zusätzlich benötigten 900 Plätze würden den Bau von bis zu vier weiteren Zentren des
Bundes erfordern. Dies erschwert die Standortsuche nach geeigneten Unterkünften erheblich. Aufgrund der drei vorgesehenen Verfahrenskategorien (beschleunigtes Verfahren, Dublin-Verfahren und erweitertes Verfahren), welche unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen, ist eine unterschiedliche Dauer der Beschwerdefristen insbesondere für Zwischenverfügungen im beschleunigten Verfahren und im erweiterten Verfahren nicht zu vermeiden (vgl. Art. 108 Abs. 1 und 2 E-AsylG).

Bei Asylgesuchen, welche im erweiterten Verfahren behandelt werden, ist davon auszugehen, dass zeitintensive Abklärungen vorgenommen werden müssen (z.B.

Anfragen an die Schweizerischen Vertretungen in den Herkunftsstaaten von Asylsuchenden). Es ist deshalb gerechtfertigt, dass die entsprechenden Behandlungsfristen für das BVGer länger ausfallen als im beschleunigten Verfahren oder im DublinVerfahren. Dem Anliegen der CVP soll jedoch Rechnung getragen werden, indem die Behandlungsfrist des BVGer neu 30 Tage betragen soll (Vernehmlassungsentwurf 2 Monate; Art. 109 Abs. 2 E-AsylG). Da es sich um eine Ordnungsfrist handelt, welche bei notwendigen Abklärungen zum Sachverhalt überschritten werden kann, kann auf den Begriff «in der Regel» verzichtet werden (vgl. Art. 109 Abs. 4 E-AsylG).

8039

Eine Ausdehnung der mündlichen Instruktionsverfahren auf Beschwerden im erweiterten Verfahren lehnt der Bundesrat aus Gründen der Praktikabilität ab. Da sich die Asylsuchenden im erweiterten Verfahren nicht in den Zentren des Bundes, sondern in den Kantonen aufhalten, wäre die Organisation solcher Verfahren mit einem unverhältnismässigen Mehraufwand verbunden. Den Anliegen des BVGer soll insofern Rechnung getragen werden, als mündliche Instruktionsmassnahmen sowohl in den Zentren des Bundes als auch am Sitz des BVGer durchgeführt werden können (vgl. Art. 111abis Abs. 1 E-AsylG).

2.2.4

Verteilung und Zuweisung auf die Kantone (Art. 27 E-AsylG), Vollzug von Wegweisungen (Art. 45 f. E-AsylG) und Zwangsmassnahmen (Art. 74 ff. E-AuG)

Verteilung und Zuweisung auf die Kantone (Art. 27 E-AsylG) Einzelne Kantone (z.B. AG, SO) fordern Anpassungen beim Verteilschlüssel. Es müsse sichergestellt sein, dass allen Kantonen auch Fälle des erweiterten Verfahrens zugewiesen werden. Die Verteilfrage dürfe zu keinen ungerechten Verhältnissen führen, und die Kantone ohne Bundeszentren sollen die Folgen der erweiterten Verfahren nicht einseitig zu tragen haben.

Haltung des Bundesrates Auf Gesetzesstufe besteht hinsichtlich des Verteilschlüssels kein Anpassungsbedarf (Art. 27 E-AsylG). Bund und Kantone haben sich anlässlich der 2. Asylkonferenz vom 28. März 2014 über die grundsätzliche Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone und die Kompensation der Standortkantone der zukünftigen Zentren des Bundes geeinigt. Die Details zur Verteilung und der Zuweisung sollen wie bis anhin auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Artikel 27 E-AsylG soll jedoch genauer umschreiben, welche Fälle zukünftig den Kantonen nicht mehr zugewiesen werden. Die Begriffe «Verteilung» und «Zuweisung» sollen zudem einheitlich verwendet werden.

Wegweisungsverfügung (Art. 45 Abs. 2 und Abs. 2bis E-AsylG) Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. GPS, SFH, SKF, UNHCR, VSJF) bemängeln die siebentägige Ausreisefrist bei Asylentscheiden im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens. Die bisherige flexible Frist von sieben bis dreissig Tagen soll auch für das beschleunigte Verfahren beibehalten werden. Die heutige Regelung erlaube die Festsetzung der Ausreisefrist unter Berücksichtigung des Einzelfalles.

Die Rückführungsrichtlinie, die für die Schweiz verbindlich sei, sehe in jedem Falle eine Ausreisefrist von sieben bis 30 Tagen vor (z.B. Caritas, UNHCR).

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält am Änderungsvorschlag zu Artikel 45 Absatz 2 E-AsylG fest.

Die Regelung entspricht der Rückführungsrichtlinie, welche für die SchengenStaaten lediglich eine Mindestauseisfrist von sieben Tagen vorschreibt. Die kurze Ausreisefrist im Rahmen des beschleunigten Verfahrens ist gerechtfertigt, da sich die betroffenen Personen in der Regel nur kurze Zeit in der Schweiz aufhalten. Wie bis anhin kann diese Mindestausreisefrist beim Vorliegen besonderer Umstände 8040

(familiäre Situation, gesundheitliche Probleme usw.) nach Artikel 45 Absatz 2bis E-AsylG verlängert werden.

Zudem hat der Bundesrat Artikel 46 Absätze 1bis und 1ter E-AsylG angepasst.

Grundsätzlich ist der Standortkanton des Zentrums des Bundes für den Wegweisungsvollzug zuständig. Der Bundesrat soll jedoch vorsehen können, dass aufgrund besonderer Umstände ein anderer Kanton als der Standortkanton als zuständig bezeichnet wird, wenn beispielsweise ein Ausreisezentrum in einem kleineren Kanton liegt (vgl. Abs. 1bis). Es soll zudem gewährleistet werden, dass bei einem Mehrfachgesuch nach Artikel 111c AsylG der bereits früher für den Wegweisungsvollzug zuständige Kanton auch weiterhin dafür zuständig bleibt (vgl. Abs. 1ter).

Zwangsmassnahmen (Art. 74 ff. E-AuG) Die Überführung der dringlichen Änderungen im AuG zu den Zwangsmassnahmen (Art. 74 Abs. 2, 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5, 80 Abs. 1 E-AuG) wird von einer deutlichen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer begrüsst. Einige Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. die SFH, der SKF, das SRK und der VSJF) lehnen die Regelung ab, wonach eine Ausschaffungshaft angeordnet werden kann, wenn der erstinstanzliche Wegweisungsentscheid in einem Zentrum des Bundes ergeht (Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 E-AuG). Einige Kantone (z.B. BE, GE, GL, LU, OW, SO, SZ, TU) schlagen vor, dass die Ausschaffungshaft ab Zentren des Bundes nicht nur vom BFM, sondern auch vom Standortkanton angeordnet werden kann. Der Bund verfüge weder über die Haftplätze noch über die dafür notwendigen polizeilichen Kompetenzen.

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat hält an der Überführung der dringlichen Massnahmen im Asyl- und Ausländerbereich fest. Diese sind wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Neustrukturierung im Asylbereich. Die dringlichen Massnahmen wurden von 78 Prozent der Stimmbevölkerung in einer Referendumsabstimmung deutlich angenommen.

Die Zwangsmassnahmen im AuG stellen eine freiheitsentziehende Massnahme dar.

Artikel 5 der Konvention vom 4. November 195049 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) legt fest, dass der Freiheitsentzug einer gesetzlichen Grundlage bedarf, in einem rechtlich korrekten Verfahren erfolgen muss und für die Erreichung des Zwecks notwendig und verhältnismässig zu sein hat. Dies bedeutet auch, dass für die Betroffenen
aus einer gesetzlichen Grundlage klar hervorgehen muss, welche Behörde eine Administrativhaft anordnet. Eine alternative Zuständigkeit (Bund oder Kantone) ohne klare gesetzliche Zuständigkeitskriterien würde diesen rechtstaatlichen Garantien widersprechen. Aus diesen Gründen lehnt der Bundesrat eine alternative Zuständigkeit für die Anordnung der Ausschaffungshaft ab. Da die Kantone über die entsprechenden Haftplätze und polizeilichen Kompetenzen verfügen, soll die Ausschaffungshaft ab Zentren des Bundes ­ im Gegensatz zum Vernehmlassungsentwurf ­ vom Standortkanton angeordnet werden (Art. 80 Abs. 1 E-AuG).

49

SR 0.101

8041

2.2.5

Staatliche Leistungen an Personen im Asylbereich (Art. 80 ff. E-AsylG)

Zuständigkeit zur Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfe sowie Sicherstellung des Grundschulunterrichts und der Gesundheitsversorgung (Art. 80 f. E-AsylG) Der im Vernehmlassungsverfahren vorgeschlagene Artikel 80 E-AsylG zur Zuständigkeit bezüglich Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfeleistungen sowie die Regelung zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und des Grundschulunterrichts stiessen auf grosse Akzeptanz bei den Vernehmlassungsteilnehmern. Alle Kantone und alle Parteien mit Ausnahme der FDP und der SVP sowie im Grundsatz alle interessierten Kreise mit Ausnahme der KKJPD (Ausgestaltung des Grundschulunterrichts) waren mit der Stossrichtung des Artikels einverstanden.

Die KKJPD monierte, dass eine Regelung des Grundschulunterrichts in den Zentren des Bundes in Artikel 24 ff. E-AsylG zu bewerkstelligen sei. Eine Regelung in Artikel 80 E-AsylG sei irreführend. Ausserdem regte sie an, dass klare Regelungen zum Anspruch auf Grundschulunterricht in den Zentren des Bundes, in den besonderen Zentren und in den kantonalen Zentren nötig seien. Weiter sei eine Klarstellung der Kompetenzen zur Sicherstellung des Grundschulunterrichts, wie er in Artikel 80 E-AsylG vorgesehen sei, notwendig. Es sei zudem eine explizite Regelung bezüglich der Kostenübernahme für den Grundschulunterricht in Zentren des Bundes zu schaffen. In allen Bundeszentren sei zu gewährleisten, dass der Grundschulunterricht für jedes schulpflichtige Kind unverzüglich nach Wohnsitznahme in einem Zentrum erfolgen kann. In diesem Sinne äusserten sich auch die GPS und weitere interessierte Kreise (CSP, KID, SEK und Unia).

Die FDP bringt auch hier vor, dass keine Neufassung des Artikels 80 AsylG nötig sei und das bestehende Recht genüge.

Haltung des Bundesrates Den Einwänden der KKJPD konnte zum grössten Teil Rechnung getragen werden.

Aus systematischen Gründen ist es angezeigt, den Anspruch auf Grundschulunterricht im Rahmen der Definition der Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen zu regeln und nicht in Artikel 24 ff. E-AsylG. Der verfassungsmässigen Kompetenzordnung (Art. 19 und 62 BV) wurde bei der Neuformulierung des Artikels 80 E-AsylG Rechnung getragen, weshalb in Artikel 80 Absatz 4 E-AsylG eine Formulierung aufgenommen wurde, welche die Kompetenz der Kantone zur Organisation des Grundschulunterrichts ausdrücklich nennt
und der ebenfalls eine anteilsmässige Kostentragung des Bundes bei der Durchführung des Grundschulunterrichts in den Zentren des Bundes vorsieht. Die Erläuterungen wurden dahingehend ergänzt, dass die Kantone unverzüglich nach Wohnsitznahme von Kindern in einem Zentrum des Bundes den Grundschulunterricht zu gewährleisten haben.

Den Einwänden der FDP auf Beibehaltung der bestehenden Rechtslage konnte nicht Rechnung getragen werden, da beispielsweise schon allein bei der Durchführung des Grundschulunterrichts in den Zentren des Bundes für den Bund neue Kosten entstehen, die zwingend einer neuen gesetzlichen Regelung bedürfen.

8042

2.2.6

Zentren des Bundes (Art. 24, 24a und 24e E-AsylG)

Zentren des Bundes (Art. 24 E-AsylG) Der Vorschlag, wonach der Bund Zentren zur Unterbringung von Asylsuchenden im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren errichtet (Art. 24 E-AsylG), wird von allen Kantonen, der KKJPD, der SODK, dem SGV, dem SSV, der BDP, CVP, EVP, GPS, SP sowie von einer deutlichen Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchlichen Organisationen sowie dem UNHCR grundsätzlich begrüsst. Auch die FDP unterstützt die Schaffung von Zentren des Bundes.

Ablehnend äussern sich die SVP, SOSF und die Unia.

Einige Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. BE, BL, BS, GR, SH, SZ, ZH, SSV, Schweizerischer Gewerbeverband [SGV USAM]) fordern einen Verzicht auf die Unterscheidung zwischen Verfahrens-, Warte- und Ausreisezentren im AsylG und möchten stattdessen den allgemeinen Begriff «Zentren des Bundes» verwenden (vgl.

Art. 24 E-AsylG im Vernehmlassungsentwurf). Dies ermögliche eine flexiblere Lösung bei der Nutzung der Zentren des Bundes. Auch die GPS lehnt die Einführung verschiedener Zentrumsformen ab, da die damit verbundene Ungleichbehandlung von Asylsuchenden schwer zu rechtfertigen sei. Einige Kantone (z.B. BL, GR, SH, ZH) lehnen die Regelung ab, wonach Asylsuchende im Dublin-Verfahren auch vor Ablauf der maximalen Aufenthaltsdauer in den Zentren des Bundes von 140 Tagen auf die Kantone verteilt werden können (Art. 24 Abs. 7 E-AsylG in der Vernehmlassungsvorlage). Es wird gefordert, dass alle Personen im DublinVerfahren nicht mehr auf die Kantone verteilt werden. Der Bund solle für ausreichende Reserven bei den Unterbringungsplätzen in den Zentren des Bundes sorgen und die Reservebildung nicht nur den Kantonen überlassen. Zudem werden teilweise Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung der Unterbringung in den Zentren des Bundes gemacht (z.B. genügend Raum für Familien und Ehepaare, Rückzugsmöglichkeiten, genügend Freizeitaktivitäten, Berücksichtigung der Bedürfnisse von verletzlichen Personen; z.B. GPS, CSP, HEKS, SFH, SRK, UNHCR).

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat teilt die Auffassung, wonach eine Unterscheidung zwischen Verfahrens-, Warte- und Ausreisezentren im AsylG einer flexiblen Umsetzung der Neustrukturierung entgegen stehen kann. Artikel 24 E-AsylG soll entsprechend angepasst und die Begriffe «Verfahrens-, Warte- und
Ausreisezentren» durch den Begriff «Zentren des Bundes» ersetzt werden. Dies hat redaktionelle Anpassungen im Artikel 24 sowie in weiteren Bestimmungen (z.B. Art. 19 und 21 E-AsylG, Art. 74, 76 und 80 E-AuG) zur Folge. Siehe hierzu auch Kommentar zum 2a. Abschnitt vor Artikel 24 E-AsylG.

Neu soll zudem ausdrücklich festgehalten werden, dass eine Unterbringung von Asylsuchenden in Zentren des Bundes auch bis zur Asylgewährung oder der Anordnung einer vorläufigen Aufnahme im beschleunigten Verfahren erfolgen kann (vgl.

Art. 24 Abs. 2 Bst. a E-AsylG; vgl. hierzu Ausführungen in Ziff. 2.2.2).

Der Bundesrat geht mit den Vernehmlassungsteilnehmern einig, dass sowohl der Bund als auch die Kantone genügend Reserveplätze für allfällige Schwankungen bei den Gesuchszahlen vorsehen müssen. Wie bereits unter Ziffer 1.2.3 (Abschnitt «Erstinstanzliches Verfahren») ausgeführt, haben sich sowohl der Bund als auch die 8043

Kantone anteilsmässig an der Bereitstellung von Schwankungsreserven zu beteiligen. Die angestrebten 5000 Plätze in Zentren des Bundes enthalten deshalb bereits eine Reserve von 20 Prozent.50 Eine vorzeitige Verteilung auf die Kantone vor Ablauf der maximalen Aufenthaltsdauer von 140 Tagen in den Zentren des Bundes kann jedoch insbesondere dann notwendig werden, wenn einer über die Schwankungsreserve von 20 Prozent hinausgehender, rascher und erheblicher Anstieg der Asylgesuche z.B. aufgrund einer akuten Krisensituation in einem Herkunftsstaat von Asylsuchenden vorliegt. Dies soll neu auf Gesetzesstufe explizit festgehalten werden (Art. 24 Abs. 5 E-AsylG). In einer solchen Situation kann es aus Kapazitätsgründen notwendig sein, auch Personen im Dublin-Verfahren vorzeitig auf die Kantone verteilen zu müssen.

Die konkrete Ausgestaltung der Zentren des Bundes hinsichtlich der Unterbringung von Asylsuchenden soll auf Verordnungsstufe geregelt werden (siehe auch Art. 24b Abs. 2 E-AsylG).

Kantonale Zentren (Art. 24e E-AsylG) Der Vorschlag, wonach Asylsuchende in Bundeszuständigkeit (beschleunigtes oder Dublin-Verfahren) ausnahmsweise auch in kantonalen Zentren untergebracht werden können (Art. 24e E-AsylG), wird von einer überwiegenden Mehrheit der Kantone, der KKJPD, der SODK, dem SGV, dem SSV, der BDP, der CVP, der EVP, der GPS und der SP unterstützt. Dasselbe gilt für eine deutliche Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs, kirchliche Organisationen sowie das UNHCR, sofern sie sich zum Vorschlag geäussert haben.

BL, BS und ZH lehnen eine Mischform zwischen Bundeszentren und kantonalen Zentren ab. Dies stehe einer klaren Aufgabenverteilung entgegen. Der Bund soll für alle Kosten der Bundeszentren, auch wenn diese kantonal geführt werden, aufkommen.

Der grundsätzlich zustimmende Kanton LU weist darauf hin, dass bezüglich der Abgeltung der Standortkantone noch Klärungsbedarf bestehe. Zudem bestehe die Gefahr einer Ungleichbehandlung zwischen Asylsuchenden in Bundeszentren und in kantonalen Zentren. Der SGV und der SSV fordern, dass die betroffenen Standortgemeinden vom Bund und den Kantonen rechtzeitig zu informieren und einzubeziehen seien. Den Standortgemeinden seien die Zusatzkosten zudem angemessen abzugelten.

Haltung des Bundesrates Die primäre Verantwortung
für die Bereitstellung von Reserven für die Unterbringung von Asylsuchenden liegt bei den Verantwortlichen (Bund oder Kantone je nach Verfahrensart). In der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013 wird ausdrücklich festgehalten, dass Bund und Kantone sich verpflichten, die für ihre Aufgaben im Asylbereich erforderlichen Ressourcen insbesondere in den Bereichen der Unterbringung, des Personals und der Finanzierung sicher zu stellen und den möglichen Schwankungen anzupassen51. Wie bereits ausgeführt (vgl. Ziff. 1.2.3, Abschnitt «Erstinstanzliches Verfahren»), soll gemäss Schlussbericht «Gesamtpla50 51

Siehe Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» der Arbeitsgruppe Neustrukturierung vom 18. Februar 2014, S. 33 ff.

www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2013 > 21.01.2013 > Dokumente > Gemeinsame Erklärung der Asylkonferenz

8044

nung Neustrukturierung des Asylbereiches der Bund eine Reserve von rund 1000 Unterbringungsplätzen vorsehen.

Während der Einführungsphase der Neustrukturierung oder bei erheblichen Schwankungen der Zahl der Asylgesuche kann es jedoch zu Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung von Asylsuchenden in den Zentren des Bundes (Art. 24 E-AsylG) kommen. Um solche Engpässe vermeiden zu können, sollen Asylsuchende in kantonalen Zentren untergebracht werden können. Die kantonalen Zentren dienen der Unterbringung von Asylsuchenden in Bundeszuständigkeit (beschleunigtes Verfahren oder Dublin-Verfahren). Bei solchen Kapazitätsengpässen kann es zudem notwendig sein, auch in diesen Zentren Asylverfahren durchzuführen. Für die Durchführung des Asylverfahrens und die damit zusammenhängenden Aufgaben bleibt jedoch allein das BFM verantwortlich. Analog der TestV sollen neu auch kommunale Zentren genutzt werden können, sofern der Standortkanton damit einverstanden ist (Art. 24e Abs. 1 E-AsylG).

Die vorgeschlagene Regelung kann jedoch nur dann effektiv umgesetzt werden, wenn zwischen dem Bund und den betroffenen Kantonen resp. Gemeinden eine Vereinbarung insbesondere bezüglich der Abgeltung der entstehenden Kosten erzielt wird. Dies soll neu ausdrücklich auf Gesetzesstufe festgehalten werden (Art. 24e Abs. 5 E-AsylG). In einer solchen Vereinbarung können z.B. auch die Verantwortlichkeiten geregelt werden.

Mit der vorgeschlagenen Regelung wird ein wichtiges Instrument für die erfolgreiche Umsetzung der Neustrukturierung geschaffen, welches das gegenseitige Einverständnis zwischen Bund und den betroffenen Kantonen resp. Gemeinden voraussetzt.

Besondere Zentren (Art. 24a E-AsylG) Den Bemerkungen der Vernehmlassungsteilnehmern zur Bestimmung über die besonderen Zentren des Bundes für Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder den Betrieb der Zentren erheblich stören (Art. 24a E-AsylG, Überführung in das unbefristete Recht), wurde mehrheitlich bereits im Rahmen der Verordnungsanpassungen zu den dringlichen Änderungen des Asylgesetzes (Vorlage 3) Rechnung getragen (z.B. klare Definition der Zuweisungskriterien in ein besonderes Zentrum oder eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Zuweisung in ein besonderes Zentrum, vgl. Art. 16b AsylV 1).

Der SGV und der SSV stehen der Einrichtung besonderer
Zentren kritisch gegenüber, solange klare Kriterien für die Unterbringung fehlen. Sie würden zu negativen Auswirkungen in den Standortgemeinden und in angrenzenden Gemeinden führen (Gefahr von Gewalt, hoher personeller und finanzieller Aufwand). Die Standorte besonderer Zentren sollen deshalb vom Bund unterstützt und entschädigt werden.

Der Kanton BS fordert, dass in den besonderen Zentren keine Asylverfahren durchgeführt werden (Streichung von Art. 24a Abs. 2 E-AsylG).

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat nimmt die Anliegen der betroffenen Städte und Gemeinden ernst. Die Neustrukturierung des Asylbereichs ist eine Verbundsaufgabe, welche nur in enger Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten erfolgreich umgesetzt werden kann. Im Rahmen der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 wurde an der zweiten Asylkonferenz beschlossen, dass der Bund und die 8045

Kantone dafür sorgen, dass Gemeinden mit besonderen Aufgaben die ihnen zustehende Kompensation finanzieller oder anderer Art erhalten (vgl. Ziff. 2 Bst. d und Ziff. 6 der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013). Es liegt in der Kompetenz der Kantone, den vom Bund an die Standortkantone auszurichtenden Beitrag an die Sicherheitskosten eines besonderen Zentrums (Art. 91 Abs. 2ter E-AsylG) an die betroffenen Städten und Gemeinden weiterzuleiten.

Das Anliegen des Kantons BS, wonach keine Asylverfahren in den besonderen Zentren durchgeführt werden sollen, steht einer prioritären Behandlung von Asylgesuchen renitenter Personen entgegen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen der Umsetzung der Neustrukturierung einzelne Verfahrensschritte nur in den ordentlichen Zentren des Bundes durchgeführt werden.

Weitere Bemerkungen zur Unterbringung von Asylsuchenden in Zentren des Bundes Die Überführung der Beiträge an die Sicherheitskosten von Standortkantonen eines Zentrums des Bundes sowie für die Durchführung von Beschäftigungsprogrammen für Personen in Zentren des Bundes (Vorlage 3, Art. 91 Abs. 2ter und 4bis E-AsylG) in das ordentliche und unbefristete Recht wird von allen Kantonen, der KKJPD, SODK, SGV, SSV, BDP, CVP, EVP, FDP, GPS und SP grundsätzlich gutgeheissen.

Dasselbe gilt für alle übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs, kirchliche Organisationen sowie dem UNHCR, sofern sie sich zum Vorschlag geäussert haben.

Mehrere Kantone (z.B. AR, BE, GL, GR, LU, NE, NW, SH, SZ, TI, VD, VS, ZH) fordern, dass Pauschalbeiträge an die Sicherheitskosten auch für kantonale Kollektivunterkünfte ausgerichtet werden. Einige Kantone (z.B. BS, NE, VD) erachten den Beitrag als zu niedrig (CHF 110 000 pro 100 Unterbringungsplätze in einem Zentrum des Bundes resp. CHF 110 000 pro 50 Unterbringungsplätze in einem besonderen Zentrum; vgl. Art. 41 AsylV 2). Der SGV, der SSV und die SAB möchten, dass die Beiträge an die Sicherheitskosten direkt den Standortgemeinden sowie den angrenzenden Gemeinden ausgerichtet werden. In diesem Zusammenhang fordern der SGV, der SSV und die SAB, dass der Standortkanton eines kantonalen Zentrums gesetzlich verpflichtet wird, Bundesbeiträge den Standortgemeinden resp. angrenzenden Gemeinden weiterzuleiten. Zudem sollen auch die Verwaltungskosten der
betroffenen Gemeinden abgegolten werden.

Einige Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. GL, UR, SRK) fordern, dass die Beiträge für die Durchführung von Beschäftigungsprogrammen auch für Personen ausgerichtet werden, die sich im Kanton aufhalten (z.B. im Rahmen des erweiterten Verfahrens, Art. 91 Abs. 4bis E-AsylG).

Der Vorschlag, wonach Asylsuchende während ihres Aufenthaltes in den Zentren des Bundes keine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen, jedoch bei einem Aufenthalt im Kanton keinem Arbeitsverbot mehr unterstehen (vgl. Art. 43 E-AsylG), wird von einer deutlichen Mehrheit der Kantone, der KKJPD, der SODK, dem SGV, dem SSV, der BDP, CVP, EVP, GPS, SP sowie einer überwiegenden Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs, kirchliche Organisationen und dem UNHCR begrüsst.

Die Kantone BL, GL, NW sowie der Verband der Schweizerischen Arbeitsmarktbehörden (VSAA) lehnen den Vorschlag ab. Es wird im Wesentlichen gefordert, die geltende Regelung beizubehalten, wonach Asylsuchende in den ersten drei Monaten 8046

nach der Einreichung des Asylgesuchs einem Arbeitsverbot unterliegen (Art. 43 Abs. 1 AsylG). BL und der VSAA schlagen vor, das Arbeitsverbot bis zu einem rechtskräftigen Asylentscheid auszudehnen (sinngemäss SVP).

Haltung des Bundesrats Der Bundesrat hält an der vorgeschlagenen Regelung zur Sicherheitspauschale und dem Beitrag an Beschäftigungsprogramme fest (Art. 91 Abs. 2ter und 4bis E-AsylG).

Diese wurden in der Volksabstimmung vom 9. Juni 2013 von 78 Prozent der Stimmbevölkerung deutlich angenommen. Zudem ist es gestützt auf die in der Bundesverfassung verankerte Kompetenzverteilung Aufgabe der Kantone, die Sicherheit auf ihrem Gebiet zu gewährleisten. Sie haben auch für die entsprechende Finanzierung zu sorgen. Die Höhe des Pauschalbeitrages an die Sicherheitskosten der Standortkantone erachtet der Bundesrat als angemessen. Gemäss der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 sollen die finanziellen Auswirkungen der Neustrukturierung im Asylbereich im Rahmen eines Monitorings überprüft und die entsprechenden Kompensationen der Standortkantone und Standortgemeinden gegebenenfalls angepasst werden (vgl. Ziff. 2 Bst. f der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014). Die innerkantonale Mittelverteilung im Bereich der Sicherheit fällt in die Zuständigkeit der Kantone. Aus diesem Grund soll der Pauschalbeitrag den Standortkantonen und nicht den Standortgemeinden ausgerichtet werden. Wie bereits ausgeführt (siehe oben Ziff. 2.2.6, Haltung Bundesrat zu Art. 24a E-AsylG), wurde in der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 festgehalten, dass der Bund und die Kantone dafür sorgen, dass die Gemeinden mit besonderen Aufgaben die ihnen zustehende Kompensation finanzieller oder anderer Art erhalten (vgl. auch Ziff. 6 der Gemeinsamen Erklärung vom 21. Januar 2013). Es liegt in der Kompetenz der Kantone, den vom Bund an die Standortkantone auszurichtende Beitrag an die Sicherheitskosten eines Zentrums des Bundes (Art. 91 Abs. 2ter E-AsylG) den betroffenen Städten und Gemeinden weiterzuleiten (vgl. zum Ganzen auch Antwort des Bundesrates auf die Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates, Sicherheitspauschale für Gemeinden mit Asylempfangszentrum, 12.3338).

Für Asylsuchende, die sich in den Kantonen aufhalten, finanziert der Bund bereits heute kantonale Beschäftigungsprogramme im Rahmen der
Globalpauschale (vgl.

Art. 88 Abs. 2 AsylG).

Angesichts der breiten Zustimmung zur vorgeschlagenen Regelung über die Erwerbstätigkeit von Asylsuchenden (Art. 43 Abs. 1 E-AsylG) hält der Bundesrat am Vorschlag fest. Die Aufhebung der dreimonatigen Wartefrist zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei einem Aufenthalt im Kanton kann zu einer finanziellen Entlastung des Bundes führen und ist eine sinnvolle Massnahme für Personen im erweiterten Verfahren.

2.3

Plangenehmigungsverfahren und bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes (Art. 24c, 24d, 95a ff. E-AsylG)

Vorübergehende bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung von Asylsuchenden (Art. 24c und 24d E-AsylG) Die vorübergehende bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung von Asylsuchenden (Art. 24c und 24d E-AsylG) wird von 8047

allen Kantonen, nahezu allen Parteien (BDP, CVP, EVP, FDP, GPS, SP), der BPUK, KKJPD, SODK, SGV und vom SSV gutgeheissen. Dasselbe gilt für alle übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchlichen Organisationen, sofern sie sich zum Vorschlag geäussert haben. Die SVP äussert sich nicht konkret zur bewilligungsfreien Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung von Asylsuchenden. Sie lehnt jedoch die Vorschläge des Bundesrates generell ab und erachtet eine erneute Gesetzesrevision als nicht notwendig (siehe dazu auch Ziff. 2.1). Der SGV und SSV fordern, dass bei der in Artikel 24d E-AsylG vorgesehenen Nutzungsdauer von drei Jahren (Art. 24d Abs. 1 E-AsylG) eine frühzeitige Konsultation der Standortgemeinde stattfindet. Je nach Lage der Unterkunft seien auch Nachbargemeinden ausreichend zu konsultieren. Der SGV schlägt vor, dass die Information der Standortgemeinde (Anzeigepflicht) spätestens 90 Tage im Voraus erfolgt (anstelle von 60 Tagen, vgl. Art. 24d Abs. 3 E-AsylG). Aus Sicht der SAB sind die Rechte der Gemeinden bei der Bestimmung über die kurzfristige Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes ungenügend gesichert. Sobald eine Vorauswahl der möglichen Standortgemeinden getroffen werde, sollen die betroffenen Gemeinden aktiv und als gleichberechtigte Partner in den weiteren Auswahlprozess eingebunden werden.

Hinsichtlich der in Artikel 24c E-AsylG vorgeschlagenen Nutzungsfrist erachten es der SGV und SSV als zentral, dass die Dauer von einem Jahr nicht überschritten und bei einer Ausnahmesituation gemäss Artikel 55 des AsylG nicht überstrapaziert werde. Der SGV fordert zudem, dass auch in einer Ausnahmesituation die Standortgemeinden so früh wie möglich zu informieren und anzuhören seien. Artikel 55 AsylG sei entsprechend anzupassen.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an den vorgeschlagenen Regelungen fest. Artikel 24d E-AsylG entspricht Artikel 26a AsylG, welcher im Rahmen der dringlichen Änderungen des Asylgesetzes beschlossen wurde und in der Volksabstimmung vom 9. Juni 2013 von 78 Prozent der Stimmbevölkerung angenommen wurde. Die vorgesehene Anzeigefrist an die Standortgemeinden von 60 Tagen entspricht somit dem geltenden Recht und hat sich in der Praxis bewährt. Zudem muss noch vor der Anzeige eine Konsultation der Standortgemeinde
stattfinden. Die von der SGV vorgeschlagene Erhöhung der Anzeigefrist auf 90 Tage ist daher nicht erforderlich. Dem Anliegen der SGV und SSV, je nach Lage der Unterkunft auch Nachbargemeinden zu konsultieren, kann nicht entsprochen werden. Eine solche Regelung könnte zu Zuständigkeitsund Interessenskonflikten mit der Standortgemeinde führen. Sie würde es daher dem Bund erschweren, mit der Standortgemeinde einen konstruktiven Dialog zu führen.

Bei Artikel 24c E-AsylG handelt es sich um eine notrechtlich motivierte Bestimmung, die eine sinnvolle Ergänzung zum vorgeschlagenen Plangenehmigungsverfahren darstellt. Der subsidiäre Charakter der vorgeschlagenen Bestimmung wird durch die restriktive Formulierung unterstrichen, wonach eine kurzfristige Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes nur möglich ist, sofern die bestehenden Unterbringungsstrukturen kurzfristig nicht ausreichen. Den Anliegen der Städte und Gemeinden wird insofern hinreichend Rechnung getragen, als die maximale Nutzungsdauer von einem Jahr sowie die Karenzfrist von zwei Jahren klar festgehalten werden (vgl. Art. 24c Abs. 1 und Abs. 3 E-AsylG). Bei der Nutzung im Rahmen einer Ausnahmesituation gemäss Artikel 55 Absatz 1 AsylG besteht ebenfalls eine

8048

Anzeigepflicht von 60 Tagen vor der Inbetriebnahme (vgl. Art. 24c Abs. 4 E-AsylG); eine Anpassung von Artikel 55 AsylG ist nicht notwendig.

Es ist zutreffend, dass Artikel 24c E-AsylG (einjährige Nutzung) im Gegensatz zu Artikel 24d E-AsylG (dreijährige Nutzung) keine gesetzlich verankerte vorgängige Konsultation der Standortgemeinde vorsieht, sondern lediglich eine Anzeigepflicht.

Die kurze Nutzungsdauer von einem Jahr, die Karenzfrist von zwei Jahren sowie der subsidiäre Charakter der Bestimmung rechtfertigen den Verzicht auf eine vorgängige Konsultation. Auch bei der Anwendung von Artikel 24c E-AsylG ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei das öffentliche Interesse an einer Nutzung regelmässig sehr hoch zu gewichten ist.

Schliesslich sollen die Artikel 24c Absatz 1 und 24d Absatz 1 E-AsylG ergänzt werden, um klarzustellen, dass die Bauten und Anlagen des Bundes sowohl der Unterbringung von Asylsuchenden als auch der Durchführung der Verfahren dienen können.

Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG) Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer äussert sich lediglich zum Grundsatz der Einführung eines bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahrens (Art. 95a E-AsylG) und verzichtet auf Ausführungen zur konkreten Ausgestaltung dieses Verfahrens (Art. 95b­95l E-AsylG).

Das vorgeschlagene Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG) wird von allen Kantonen (ausser SG), von der BDP, CVP, EVP, FDP, GPS, SP, der BPUK, KKJPD, SODK, dem SGV und SSV gutgeheissen. Dasselbe gilt für alle übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchlichen Organisationen (ausser Unia), sofern sie sich zum Vorschlag geäussert haben. Die BPUK und die KKJPD erachten das vorgeschlagene Plangenehmigungsverfahren als unabdingbares Element der Neustrukturierung des Asylbereichs. Für den SGV ist das Plangenehmigungsverfahren ein geeignetes Instrumentarium. Da die Standortgemeinden am stärksten von einem konkreten Bauvorhaben tangiert sind, seien entsprechende Mitwirkungsrechte notwendig.

Die CVP erachtet die Schaffung von Mitwirkungsmöglichkeiten (wie z.B. Anhörungen) für die Territorialgemeinde und den Kanton als sehr wichtig. Auch TG erwartet einen frühzeitigen Einbezug des Kantons und der betroffenen Gemeinden. Die SAB schlägt die Einführung eines Vetorechts zugunsten der
vorselektierten Gemeinden im Planungsprozess vor.

Der SGV und der SSV beantragen, dass in Artikel 95a Absatz 3 E-AsylG neben dem kantonalen auch das kommunale Recht erwähnt und beim Plangenehmigungsverfahren soweit wie möglich berücksichtigt wird.

Zudem erachtet der SGV die Einsetzung des EJPD als Genehmigungsbehörde als problematisch, da dieses Departement in der Angelegenheit selbst Partei und primär auch nicht für baurechtliche Belange zuständig sei. Der SGV erachtet das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) als besser geeignete, unabhängige Genehmigungsbehörde.

Der SSV und der SGV beantragen zudem eine Auflistung der für das Plangenehmigungsverfahren erforderlichen Unterlagen im Gesetz (Art. 95c E-AsylG). Die Standortgemeinde soll über die Aussteckung eines Projekts (Art. 95d E-AsylG) gemäss SGV mindestens 30 Tage im Voraus informiert werden (SSV: 14 Tage).

8049

Schliesslich schlagen der SGV und der SSV vor, dass die Bestimmung über die Anhörung, die Publikation und die Auflage (Art. 95e E-AsylG) zumindest auf Verordnungsstufe detaillierter ausgeführt werden müsse. Es sei festzuhalten, welche Informationen der Publikation eines Gesuches beigefügt werden muss (z.B. Bauvorhaben, Verwendungszweck, Anzahl Personen, die untergebracht werden sollen usw.).

Der ablehnende Kanton SG ist der Ansicht, dass die Kriterien zur Anwendung des vereinfachten Plangenehmigungsverfahrens (Art. 95j Abs. 1 E-AsylG) zu wenig konkret seien und einen erheblichen Ermessensspielraum eröffnen würden. Er fordert deshalb, dass die Kriterien im Gesetz präziser und abschliessender definiert werden sollen. Die SVP äussert sich nicht direkt zum vorgeschlagenen Plangenehmigungsverfahren. Sie hält aber fest, dass für die Erstellung der für den Bund benötigten zusätzlichen 3000 Unterbringungsplätze Kantonen, Gemeinden und Privaten alle Rekursmöglichkeiten zur Verfügung stehen würden. Zudem lasse der Bundesrat offen, wo die Bundeszentren stehen sollen und welche Gemeinde grosse Zentren akzeptieren würde. Die Standortsuche nach Bundeszentren könne durch die Einführung von Zentren mit klar definierten, geschlossenen Rayons für Personen im Asylverfahren erleichtert werden.

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an der vorgeschlagenen Regelung fest. Das Plangenehmigungsverfahren bildet einen notwendigen Bestandteil für eine erfolgreiche Umsetzung der Neustrukturierung des Asylbereichs. Auch andere, vergleichbare bundesrechtliche Plangenehmigungsverfahren haben sich in der Praxis bei Bauten von nationalem Interesse bewährt. Die Mitwirkungsmöglichkeiten für die Gemeinde und den Kanton werden durch die Anhörung der betroffenen Kantone und Gemeinden (Art. 95e E-AsylG) und die Beschwerdemöglichkeiten (Art. 95g Abs. 3 und 95l E-AsylG) gewährleistet. Mit der vorgeschlagenen Formulierung in Art. 95a Abs. 3 E-AsylG ist der Einbezug des kommunalen Rechts ebenfalls sichergestellt.52 Die von der SAB geforderte Einführung eines grundsätzlichen Veto-Rechts der möglichen Standortgemeinden könnte die Neustrukturierung des Asylbereichs gefährden. Die Funktion des Generalsekretariats des VBS als Genehmigungsbehörde im militärischen Plangenehmigungsverfahren hat sich bewährt; deshalb soll das Generalsekretariat
des EJPD als Genehmigungsbehörde für die Plangenehmigungsverfahren im Asylbereich eingesetzt werden (vgl. Art. 126 des Militärgesetzes vom 3. Februar 199553 [MG]).

Die Konkretisierung des Plangenehmigungsverfahrens ist auf Verordnungsstufe vorzunehmen. Insbesondere sollen die Bestimmungen über die Einleitung des ordentlichen Plangenehmigungsverfahrens (Art. 95c E-AsylG), die Anwendung des vereinfachten Plangenehmigungsverfahren (Art. 95j E-AsylG) sowie die Bestimmung zur Anhörung, Publikation und Auflage (Art. 95e E-AsylG) in einer neuen Verordnung des Bundesrates näher ausgeführt werden. Dabei können die Bestimmungen der Militärischen Plangenehmigungsverordnung vom 13. Dezember 199954 (MPV) soweit möglich und sinnvoll übernommen werden (vgl. dazu insbesondere die Art. 8 und 9 MPV betreffend die Einleitung und der Inhalt des Gesuchs).

52 53 54

Entscheid der Rekurskommission UVEK vom 12. Februar 2003 (Erw. 3.4.2), VPB 67.87.

SR 510.10 SR 510.51

8050

Die Forderung des SGV, wonach die Standortgemeinden mindestens 30 Tage (SSV: 14 Tage) vor Aussteckung eines Projekts informiert werden sollen, lehnt der Bundesrat ab. Um den Anliegen der SGV und SSV Rechnung zu tragen, könnte jedoch auf Verordnungsstufe vorgesehen werden, dass die Standortgemeinden z.B. sieben Tage im Voraus über die geplante Aussteckung informiert werden. Im militärischen Plangenehmigungsverfahren ist eine solche Vorinformation der Gemeinden jedoch nicht vorgesehen.

Die in Artikel 95i E-AsylG vorgeschlagene Geltungsdauer der Plangenehmigung von fünf Jahren entspricht anderen, vergleichbaren bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren. Entgegen der Vernehmlassungsvorlage sollen keine unterschiedlichen Fristen für Neubauten oder Umnutzungen bestehender Bauten im Artikel 95i E-AsylG vorgeschlagen werden. Die jüngsten Erfahrungen der Bundesverwaltung zeigen, dass die planerischen und submissionsrechtlichen Vorarbeiten und die anschliessende bauliche Realisierung für die Umnutzung bestehender Bauten in der Regel mit dem zeitlichen Aufwand bei Neubauten vergleichbar sind. Die Überführung bestehender Bauten in dauerhaft genutzte Zentren ist nicht mit der Zwischennutzung bestehender Bundesbauten gemäss Artikel 26a AsylG bzw. Artikel 24d E-AsylG zu vergleichen.

Schliesslich sollen die Artikel 95a Absatz 1 und 95b Absatz 1 E-AsylG ergänzt werden, um klarzustellen, dass die Bauten und Anlagen des Bundes sowohl der Unterbringung von Asylsuchenden als auch der Durchführung der Verfahren dienen können.

Der Bundesrat lehnt das von der SVP vorgeschlagene Rayon für Asylsuchende in Zentren des Bundes ab. Wie bereits in seiner Stellungnahme zur Motion 12.3929 (Aufenthaltsgebiet für Asylbewerber auf den Zuweisungskanton begrenzen) dargelegt, ist er der Auffassung, dass die gesetzlichen Bestimmungen zur Ein- und Ausgrenzung im AuG ausreichend sind (vgl. Art. 74 AuG). Sie erlauben es, gezielt die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden einzuschränken, die die Schweiz verlassen müssen oder die die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören. Von einer generellen, präventiven Regelung wären jedoch alle Asylsuchenden betroffen. Eine systematische Eingrenzung aller Asylsuchenden wäre nach Auffassung des Bundesrates unverhältnismässig.

2.4

Beratung von Asylsuchenden und Rechtsvertretung (Art. 102f ff. E-AsylG)

Die Stellungnahmen zur Beratung von Asylsuchenden und zur Rechtsvertretung fallen kontrovers aus.

Eine überwiegende Mehrheit der Kantone, die KKJPD, die SODK, der SGV und der SSV begrüssen den Vorschlag, wonach Asylsuchenden in Zentren des Bundes (beschleunigtes Verfahren und Dublin-Verfahren) einen Anspruch auf unentgeltliche Beratung und Rechtsvertretung gewährt werden soll (vgl. Art. 102f ff. E-AsylG).

Dies gilt im Grundsatz auch für die BDP, CVP und EVP. Die CVP kann dem unentgeltlichen Rechtsschutz allerdings nur dann zustimmen, wenn der Bundesrat mit der Testphase aufzeigen kann, dass die Asylverfahren tatsächlich verkürzt werden. Die GPS und die SP begrüssen die Vorschläge im Grundsatz, äussern aber zur konkreten Ausgestaltung Vorbehalte. Auch eine Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteil8051

nehmer wie Hilfswerkorganisationen, NGOs, kirchliche Organisationen sowie das UNHCR erklären sich mit den entsprechenden Vorschlägen im Grundsatz einverstanden, äussern jedoch ebenfalls Vorbehalte zur konkreten Ausgestaltung.

Ablehnend äussern sich insbesondere die Kantone AI, BL, BS, GR und SZ. Dasselbe gilt für die FDP, SVP sowie das BVGer. Teilweise wird kritisiert, dass der Vorschlag einer Rechtsvertretung beim beschleunigten Verfahren und im DublinVerfahren zu weit gehe (unentgeltliche Beratung würde genügen). Es wird befürchtet, dass die entsprechenden Vorschläge zu einem starken Anstieg der Beschwerdeeingaben führen und damit die Beschwerdeverfahren verlängert würden. Auch werden eine Mehrbelastung des BVGer sowie hohe Zusatzkosten erwartet. Der Vorschlag laufe dem erklärten Ziel der Beschleunigung der Asylverfahren im Rahmen der Neustrukturierung entgegen.

Der vorgeschlagene Rechtsschutz für Personen nach Verteilung auf die Kantone (Beratung und Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren, Art. 102l E-AsylG sowie erleichterte unentgeltliche Rechtspflege im Beschwerdeverfahren, Art. 102m E-AsylG) wird von einer grossen Mehrheit der Kantone, der KKJPD, SODK, dem SGV und SSV begrüsst. Dies gilt im Grundsatz auch für die BDP, CVP und die EVP.

Die SP sowie z.B. Caritas, die SFH, die SKF, das SRK und der VSJF begrüssen ausdrücklich, dass der Rechtsschutz im erweiterten Verfahren im Vergleich zur TestV verbessert wurde. Auch eine Mehrheit der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchliche Organisationen sind mit den Vorschlägen grundsätzlich einverstanden. Dennoch wird der Rechtsschutz im erweiterten Verfahren teilweise als nicht ausreichend erachtet (z.B. UR, GPS, SP, SFH, SKF, SRK, VSJF, sinngemäss UNHCR). Es wird gefordert, dass auch Personen im erweiterten Verfahren grundsätzlich einen umfassenden Rechtsschutz erhalten. Weiter wird gefordert, dass im erweiterten Verfahren die in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung beizubehalten sei, bis der Asylentscheid in Rechtskraft erwachse (z.B. SP, UR, sinngemäss BVGer, Caritas, HEKS, SFH, SKF, SRK, VSJF). Auch für das BVGer ist nicht nachvollziehbar, dass der Rechtsschutz im Dublin-Verfahren und im beschleunigten Verfahren weiter geht als im erweiterten Verfahren. Das BVGer schlägt eine für alle
Verfahren einheitliche Regelung vor (d.h. auch im Dublin-Verfahren und beschleunigten Verfahren nur erleichterte unentgeltliche Rechtspflege nach Artikel 102m E-AsylG).

Die Kantone AI, BL und GR äussern hingegen grundsätzliche Vorbehalte zur vorgeschlagenen unentgeltlichen Rechtspflege (keine Privilegierung von Asylsuchenden gegenüber anderen Personen im Verwaltungsverfahren, vgl. Art. 102m E-AsylG).

SZ, die FDP und SVP lehnen die Vorschläge gesamthaft ab.

Im Einzelnen werden weitere wichtige Bemerkungen geäussert: Einige Vernehmlassungsteilnehmer äussern Vorbehalte zur Rolle des Leistungserbringers und der Rechtsvertretung (z.B. GPS, DJS, SOSF, Unia, vgl. Art. 102i E-AsylG). Die Rechtsvertretung solle unabhängig arbeiten und ausschliesslich den Asylsuchenden gegenüber verpflichtet sein. Teilweise werden Bedenken vorgebracht, dass nur der Leistungserbringer die Zulassung der Rechtsvertretung regle (z.B. Caritas, HEKS, vgl. Art. 102i Abs. 2 E-AsylG). Es bestehen auch Bedenken darüber, dass zwischen dem BFM und der Beratung und Rechtsvertretung keine klare räumliche Trennung bestehe (z.B. HEKS). Allfällige Vorgaben des BFM zur 8052

Qualitätskontrolle seien zudem als kritisch zu beurteilen (vgl. Art. 102i Abs. 5 E-AsylG). Eine Unterordnung und Einbindung in das Netzwerk des Leistungserbringers würde bedeuten, dass die Rechtsvertretung sich einer Kontrolle durch den Leistungserbringer unterordnen müsse. Es sei fraglich, ob dies aus anwaltsrechtlicher Sicht zulässig sei (z.B. HEKS, SFH, SKF, SRK, VSJF, sinngemäss GPS, SOSF und NE). Die CVP fordert hingegen regelmässige Qualitätskontrollen, um Rechtsbeistände, welche die Verfahren absichtlich verzögern, von ihrer Aufgabe auszuschliessen. Die GPS betont, dass in Holland die Rechtsvertretung aus einer Liste ausgesucht werden könne und der Kontakt zwischen den Betroffenen und der Rechtsvertretung ausserhalb des Verfahrenszentrums stattfinde. Es wird zudem gefordert, dass die Kosten der von den Asylsuchenden selbst ernannten Rechtsvertretung vom Bund getragen werden (z.B. SFH, GPS). Die GPS gibt zu bedenken, dass das fehlende Vertrauensverhältnis nicht als gewichtiger Grund für einen Wechsel der Rechtsvertretung genannt werde. Zudem würden standesrechtliche Sanktionen für die Rechtsvertretung bei einer Verletzung ihrer Pflichten fehlen.

Vereinzelt wird kritisiert, dass Termine für Verfahrenshandlungen dem Leistungserbringer und nicht der Rechtsvertretung mitgeteilt würden (z.B. Caritas, SOSF, UNHCR).

Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer (z.B. GPS, SP, Caritas, HEKS, SEK, SFH, SKF, SOSF, SRK, UNHCR, VSJF) erachten die Einschränkung als nicht sachgerecht, wonach Asylsuchende sich nicht mehr durch eine Vertretung ihrer Wahl oder durch eine dolmetschende Person an die Anhörung zu den Asylgründen begleiten lassen können (vgl. Art. 29 Abs. 2 E-AsylG im Vernehmlassungsentwurf). Eine solche Begleitung steigere das Vertrauen in die Rechtmässigkeit und die Akzeptanz des Asylverfahrens.

Einige Kantone (z.B. BL, SH) lehnen den Vorschlag, wonach sich die Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes zum Entwurf eines Asylentscheides äussern kann, ab (Art. 102k Abs. 1 Bst. c E-AsylG).

Einige Vernehmlassungsteilnehmer verlangen, dass der Bund genügend finanzielle Mittel bereitstellen muss, um die Beratung und Rechtsvertretung abzugelten. Die Anzahl der Beschwerdeeingaben soll nicht über die finanzielle Abgeltung der Rechtsvertretung gesteuert werden (z.B. GPS, Caritas, FIMM, SFH, SKF, SRK, Unia,
VSJF, sinngemäss SOSF). Teilweise wird vorgeschlagen, dass der Bund mehrere Pauschalen ausrichten (z.B. HEKS) oder die Abgeltung nicht pauschal erfolgen soll (z.B. FIMM, SBAA, Unia).

Einige Vernehmlassungsteilnehmer fordern, dass die Beratung über das Asylverfahren auch eine Sozialberatung beinhaltet (z.B. GPS, Caritas, HEKS, IGFM-CH, SFH, SKF, SRK, VSJF).

Schliesslich werden für die unentgeltliche Rechtspflege noch einzelne Anpassungsvorschläge gemacht (z.B. dass Dublin-Fälle im erweiterten Verfahren nicht unter den Ausnahmekatalog von Artikel 102m Abs. 2 E-AsylG fallen oder dass die unentgeltliche Rechtspflege auch dann gelten soll, wenn die zugewiesene Rechtsvertretung auf die Beschwerdeerhebung verzichtet hat, vgl. Art. 102h Abs. 4 und 102m Abs. 4 E-AsylG im Vernehmlassungsentwurf).

8053

Haltung des Bundesrates Grundsätzliche Bemerkungen zum vorgeschlagenen Rechtsschutz Eines der wesentlichen Ziele der Neustrukturierung ist es, bei einem überwiegenden Teil der Asylgesuche ein rasches Verfahren in Zentren des Bundes durchzuführen (beschleunigtes Verfahren und Dublin-Verfahren). Als flankierende Massnahme zu den raschen Verfahren sollen die Betroffenen Anspruch auf einen kostenlosen Rechtsschutz erhalten (Beratung und Rechtsvertretung).

Im beschleunigten Verfahren gelten kurze Verfahrens- und Beschwerdefristen. Über das Asylgesuch soll bereits nach acht Arbeitstagen erstinstanzlich entschieden werden (Art. 37 E-AsylG). Die Beschwerdefrist gegen einen materiellen Asylentscheid im beschleunigten Verfahren soll sieben Arbeitstage betragen (Art. 108 Abs. 1 E-AsylG und Ziff. 1.2.3 Abschnitt «Beschwerdeverfahren» und 2.2.3).

Weder die EMRK noch andere völkerrechtliche Verträge enthalten Mindestfristen für die Erhebung von Beschwerden. Ebenso wenig lässt sich aus der Rechtsprechung der einschlägigen Kontrollorgane eine solche Frist bestimmen. Somit verfügt der nationale Gesetzgeber über einen Ermessenspielraum. Im Rahmen dieses Ermessensspielraumes muss jedoch sichergestellt sein, dass die Betroffenen effektiven Zugang zum Gericht erhalten und ihr Recht auf eine wirksame Beschwerde wahrnehmen können (Art. 29a BV, Art. 6 und 13 EMRK; vgl. hierzu auch Ausführungen des Bundesrates in der Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes vom 26. Mai 2010, 10.052 S. 4502 f.). Eine bloss unentgeltliche Rechtsberatung (ohne Rechtsvertretung) wäre bei einer Beschwerdefrist von sieben Arbeitstagen im beschleunigten Verfahren mit dem Recht auf eine wirksame Beschwerdeerhebung nicht mehr vereinbar. Bei der vorgeschlagenen Beschwerdefrist von sieben Arbeitstagen erachtet der Bundesrat einen wirksamen und effektiven Rechtsschutz (mit Einschluss einer Rechtsvertretung) deshalb als notwendig und verfassungsrechtlich geboten.

Eine Beratung von Asylsuchenden während ihres Aufenthaltes in den Zentren des Bundes (ohne Rechtsvertretung) wäre nur dann mit dem Recht auf eine wirksame Beschwerde vereinbar, wenn die Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren deutlich erhöht würde. Dies widerspricht jedoch dem grundlegenden Ziel der Neustrukturierung im Asylbereich, rasche und rechtsstaatlich korrekte Verfahren in Zentren
des Bundes durchzuführen. Dieses Ziel sowie die entsprechende Ausgestaltung des Rechtsschutzes wurden anlässlich der Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 von den Kantonen, Städten und Gemeinden einstimmig gutgeheissen (vgl. Gemeinsame Erklärung vom 21. Januar 2013, wonach dem Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund und Kantone vom 21. November 2012 zugestimmt wurde).

Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass sich durch eine Erhöhung der Beschwerdefrist der Aufenthalt der Betroffenen in den Zentren des Bundes entsprechend verlängern würde und in den Zentren des Bundes deshalb höhere Unterbringungskapazitäten geschaffen werden müssten (bei einer Erhöhung der Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren auf z.B. 30 Tage müssten beim Bund rund 300 zusätzliche Unterbringungsplätze geschaffen werden, vgl. auch Ziff. 2.2.3). Dies kann die Suche nach geeigneten Unterkünften für den Bund erheblich erschweren und zu Mehrkosten führen. Mit einem Wegfall der Rechtsvertretung müssten die Beschwerde- und Verfahrensfristen erhöht werden. Das Ziel, die Asylverfahren innerhalb von maximal 140 Tagen in Zentren des Bundes abzuschliessen, könnte damit aber nicht mehr erreicht werden.

8054

Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat am vorgeschlagenen Rechtsschutz im beschleunigten Verfahren grundsätzlich fest.

Im Dublin-Verfahren soll die Beschwerdefrist wie bereits heute fünf Arbeitstage betragen (Art. 108 Abs. 3 E-AsylG, vgl. auch Ziff. 1.2.3 Abschnitt «Beschwerdeverfahren» und 2.2.3). Auch wenn die Betroffenen im Dublin-Verfahren gemäss geltendem Recht über keine Erleichterungen beim unentgeltlichen Rechtsschutz verfügen (vgl. Art. 110a Abs. 1 Bst. a AsylG, wonach Dublin-Fälle von der erleichterten unentgeltlichen Rechtspflege ausgenommen sind), sollen auch im Dublin-Verfahren die Verfahrensfristen in den Zentren des Bundes gegenüber der heutigen Regelung gekürzt werden. Asylentscheide im Rahmen des Dublin-Verfahrens sollen bereits innerhalb von drei Arbeitstagen nach Zustimmung zur Überstellung durch den zuständigen Dublin-Staat eröffnet werden (heute fünf Arbeitstage; vgl. Art. 37 Abs. 1 E-AsylG). Auch die Vorbereitungsphase soll im Dublin-Verfahren neu maximal 10 Tage betragen (heute maximal drei Wochen; vgl. Art. 26 Abs. 1 E-AsylG und Art. 26 Abs. 1quater AsylG). Im Beschwerdeverfahren soll das BVGer analog der heutigen Regelung innerhalb von fünf Arbeitstagen über eine allfällige Beschwerde entscheiden (Art. 109 Abs. 3 E-AsylG). Angesichts der verkürzten Verfahrensfristen sowie des Umstandes, dass sich die Betroffenen während des gesamten Asylverfahrens in den Zentren des Bundes aufhalten, erachtet der Bundesrat den vorgeschlagenen Anspruch auf eine kostenlose Beratung und Rechtsvertretung auch für das Dublin-Verfahren gerechtfertigt. Damit können rasche und faire Asylverfahren in den Zentren des Bundes durchgeführt und die Qualität des Asylverfahrens insgesamt verbessert werden.

Einen uneingeschränkten Anspruch auf eine kostenlose Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren auch bei Aussichtslosigkeit einer Beschwerde lehnt der Bundesrat hingegen ab. Eine solche Ausdehnung des Rechtsschutzes im erweiterten Verfahren wäre nicht gerechtfertigt. So beträgt die Beschwerdefrist im erweiterten Verfahren wie bereits heute 30 Tage (Art. 108 Abs. 2 E-AsylG). Für die betroffene Person besteht zudem die Möglichkeit, sich im Kanton bei entscheidrelevanten Verfahrensschritten kostenlos an eine Rechtsberatungsstelle zu wenden (vgl. Art. 102l E-AsylG). Bei Mittellosigkeit und wenn die
Beschwerde nicht aussichtslos ist, werden die Betroffenen zudem amtlich verbeiständet (vgl. Art. 102m E-AsylG).

Diese zusätzlichen Regelungen finden weder auf übrige ausländische Personen noch auf Schweizerinnen und Schweizer in einem Verwaltungsverfahren Anwendung. Es ist somit genügend sichergestellt, dass die Verfahrensrechte von Personen im erweiterten Verfahren gewahrt werden. Der Bundesrat schlägt jedoch einige punktuelle Änderungen beim Rechtsschutz im erweiterten Verfahren vor. So sollen sich die Betroffenen nach der Zuweisung an die Kantone entweder kostenlos an eine Rechtsberatungsstelle oder weiterhin an die ihnen in den Zentren zugeteilte Rechtsvertretung wenden können, wenn entscheidrelevante Schritte anstehen (Art. 102l E-AsylG). Steht die in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren nicht mehr zur Verfügung (z.B. weil diese im Zuweisungskanton nicht tätig ist), wird die Rechtsberatungsstelle im Zuweisungskanton über den bisherigen Stand des Asylverfahrens durch die Rechtsvertretung informiert (Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG). Dadurch kann ein allfälliger Zuständigkeitswechsel erleichtert werden. Schliesslich soll neu vorgeschlagen werden, dass die Rechtsvertretung bereits ab Beginn der Vorbereitungsphase und nicht erst für die Erstbefragung zugewiesen wird (Art. 102h Abs. 1 E-AsylG). Damit ist sichergestellt, dass die betroffenen Personen ab Eintritt in ein Zentrum des Bundes vertreten werden.

8055

Haltung des Bundesrates zum Leistungserbringer der Beratung und Rechtsvertretung (Art. 102i E-AsylG) Der Bundesrat hält an einer Koordination der Beratung und Rechtsvertretung durch einen Leistungserbringer fest (Art. 102i E-AsylG). Dies ermöglicht es, die Abläufe beim Rechtsschutz in den Zentren des Bundes einheitlich auszugestalten, diese zu vereinfachen und damit unnötige Verfahrensverzögerungen zu vermeiden. Es wäre mit einem unverhältnismässigen organisatorischen Mehraufwand verbunden, wenn das BFM alle organisatorischen Belange des Rechtsschutzes jeweils mit den einzelnen von den Asylsuchenden beauftragten Rechtsvertreterinnen oder Rechtsvertretern regeln müsste.

Massgebend für das Rechtsverhältnis zwischen den Asylsuchenden und dem Leistungserbringer bzw. der zugewiesenen Rechtsvertretung sind die vorgeschlagenen Bestimmungen des E-AsylG. Die betroffenen Asylsuchenden haben in Bezug auf die vom Bund finanzierte und vom Leistungserbringer zugewiesene Rechtsvertretung keine Auswahlmöglichkeit. Sie können aber auf die zugewiesene Rechtsvertretung jederzeit verzichten und ihre Rechte entweder in eigenem Namen wahrnehmen oder eine gewillkürte Rechtsvertreterin oder einen gewillkürten Rechtsvertreter bezeichnen. Die Kosten für eine gewillkürte Rechtsvertretung für das erstinstanzliche Verfahren werden jedoch nicht vom Bund getragen (für das Beschwerdeverfahren vgl. Art. 102m Abs. 4 E-AsylG). Eine entsprechende Kostentragungspflicht des Bundes ist vor dem Hintergrund des vorgeschlagenen umfassenden Anspruchs auf einen kostenlosen Rechtsschutz, welcher in anderen Verwaltungsverfahren nicht vorgesehen ist, abzulehnen. Eine solche Kostentragungspflicht würde zudem auch zu einem unverhältnismässigen Administrativaufwand und zu hohen Folgekosten für den Bund führen.

Die Aufnahme des Anliegens einiger Vernehmlassungsteilnehmer, dass Termine direkt der Rechtsvertretung und nicht dem Leistungserbringer mitzuteilen seien, würde die Abläufe in den Zentren des Bundes erschweren und zu einem grossen administrativen Mehraufwand führen. Es wäre nicht praktikabel und würde zu unnötigen Verfahrensverzögerungen führen, wenn das BFM die einzelnen Verfahrensschritte gegenüber den einzelnen Rechtsvertreterinnen und -vertretern kommunizieren müsste. Es soll jedoch im AsylG präzisiert werden, dass der Leistungserbringer
entsprechende Termine unverzüglich mitzuteilen hat (Art. 102j Abs. 1 E-AsylG).

Haltung des Bundesrates zu den weiteren Bemerkungen Die im Vernehmlassungsentwurf vorgeschlagene Aufhebung der Möglichkeit, dass sich Asylsuchende neben der Rechtsvertretung auch durch eine weitere Vertretung ihrer Wahl und durch eine weitere dolmetschende Person an die Anhörung zu den Asylgründen begleiten lassen können (Art. 29 Abs. 2 E-AsylG), beruhte insbesondere auf dem Umstand, wonach eine Beteiligung mehrerer Personen die Organisation der Anhörungen zu den Asylgründen erschweren kann. Der Bundesrat geht jedoch mit den Vernehmlassungsteilnehmern einig, dass die Akzeptanz der Asylverfahren durch eine eigene Begleitung zur Anhörung gefördert werden kann. Aus diesem Grund soll die entsprechende Regelung (Art. 29 Abs. 2 AsylG) grundsätzlich beibehalten werden. Neu wird jedoch der Begriff «Vertreterin oder Vertreter» durch den allgemeineren Begriff «Person» ersetzt, da die asylsuchende Person in den Zentren des Bundes bereits über eine Rechtsvertretung verfügt. Für eine effektive Beschleunigung der Verfahren ist es jedoch wie bereits heute zwingend, dass auf die 8056

terminliche Verfügbarkeit allfälliger Begleitpersonen bei der Organisation der Anhörungen keine Rücksicht genommen werden kann.

Der Bundesrat hält an der vorgeschlagenen Regelung fest, wonach sich die Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes zum Entwurf eines Asylentscheides äussern kann (Art. 102k Abs. 1 Bst. c E-AsylG). Durch diesen Verfahrensschritt können allfällige Einwände der Rechtsvertretung im Rahmen einer kurzen Stellungnahme bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingebracht und durch die zuständige Sachbearbeiterin oder den zuständigen Sachbearbeiter des BFM nötigenfalls berücksichtigt werden. Dadurch kann das Beschwerdeverfahren entlastet werden.

Im Vernehmlassungsentwurf wurde vorgeschlagen, dass der Bundesrat die Voraussetzungen sowie die Höhe der pauschalen Abgeltung der Beratung und Rechtsvertretung an den Leistungserbringer auf Verordnungsstufe regelt. Neu soll die Abgeltung analog der TestV Gegenstand einer Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Leistungserbringer sein (Art. 102k E-AsylG). Dies ermöglicht es in der Praxis, durch ein öffentlich-rechtliches Ausschreibungsverfahren geeignete Leistungserbringer für diese wichtige Aufgabe betrauen zu können. Zudem können die wesentlichen Vereinbarungspunkte im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt und kostengünstige Lösungen gefunden werden.

Den Bemerkungen einzelner Vernehmlassungsteilnehmer zur unentgeltlichen Rechtspflege wurde weitgehend Rechnung getragen (vgl. Art. 102m E-AsylG).

2.5

Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe (Art. 93a f. E-AsylG)

Der Grundsatz, wonach der Bund die Rückkehrberatung und die freiwillige Rückkehr fördert und in den Zentren des Bundes für regelmässige Beratungsgespräche sorgt (Art. 93a f. E-AsylG), wird von allen Kantonen, der KKJPD, SODK, SGV, SSV, BDP, CVP, EVP, GPS und SP grundsätzlich gutgeheissen. Dasselbe gilt für alle übrigen Vernehmlassungsteilnehmer wie Hilfswerksorganisationen, NGOs und kirchliche Organisationen, sofern sie sich zum Vorschlag geäussert haben.

Einzelne Vernehmlassungsteilnehmer befürchten, dass die Möglichkeit, diese Aufgaben sowohl an kantonale Rückkehrberatungsstellen als auch an Dritte übertragen zu können, zu einer uneinheitlichen Praxis führen wird (z.B. GR und SH). Andere Vernehmlassungsteilnehmer regen an, dass die Rückkehrberatung nur von behördenunabhängigen Dritten erfolgen soll (z.B. IOM, SFH, SRK). BL schlägt vor, dass sich der Beratungsprozess nicht nur auf die Rückkehrberatung beschränken, sondern vorgängig auch eine Chancenberatung bezüglich des Asylgesuchs beinhalten soll.

Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer erachten verpflichtende Rückkehrberatungsgespräche bereits während der Vorbereitungsphase als nicht sinnvoll (z.B. SFH, SKF, SRK, VSJF). Sie regen an, dass ein erstes Rückkehrgespräch erst nach einem rechtskräftig ablehnenden Asylentscheid stattfinden soll (so z.B. auch UNHCR).

Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hält an der vorgeschlagenen Regelung fest. Er erachtet es als notwendig, dass sowohl kantonale Rückkehrberatungsstellen als auch Dritte mit der Rückkehrberatung betraut werden können. So verfügen bereits heute nicht alle Kantone über eigene kantonale Rückkehrberatungsstellen oder haben diese Aufgaben an 8057

Dritte delegiert. Mit der offenen Formulierung in Artikel 93a Absatz 2 E-AsylG soll den kantonalen Gegebenheiten Rechnung getragen werden.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Rückkehrberatung unabhängig vom Asylverfahren erfolgen soll. Im Asylverfahren steht die Klärung, ob eine betroffene Person die Flüchtlingseigenschaft erfüllt und ihr in der Schweiz Asyl gewährt wird, im Vordergrund. Im Rahmen der Rückkehrberatung und der Rückkehrhilfe sollen betroffene Asylsuchende jedoch frühzeitig und umfassend über ihre Perspektiven bei einer Rückkehr in den Heimatstaat beraten werden. Dadurch kann die freiwillige Rückkehr gefördert werden. Eine Vermischung von Rückkehr- und Chancenberatung bezüglich des Asylgesuchs ist deshalb abzulehnen.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der Zugang zur Rückkehrberatung und die freiwillige Ausreise mit Rückkehrhilfe in jeder Verfahrensphase (auch in der Vorbereitungsphase) möglich sein sollen (vgl. Art. 93a Abs. 2 E-AsylG). Dadurch werden den betroffenen Personen frühzeitig Alternativen zum Asylverfahren in der Schweiz aufgezeigt, und sie können sich mit einer allfälligen Rückkehr in den Heimatstaat befassen. Auch dies kann eine freiwillige Rückkehr fördern.

Im Vernehmlassungsentwurf wurde vorgeschlagen, dass der Bundesrat die Höhe der pauschalen Beiträge für die Abgeltung der Verwaltungs- und Personalkosten an den Leistungserbringer der Rückkehrberatung auf Verordnungsstufe regelt. Neu soll die Abgeltung der angefallenen Kosten des Leistungserbringers der Rückkehrberatung in den Zentren des Bundes, analog der vorgeschlagenen Regelung für die Abgeltung der Beratung und Rechtsvertretung von Asylsuchenden (vgl. Art. 102k E-AsylG), Gegenstand einer Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Leistungserbringer sein (Art. 93b Abs. 1 E-AsylG). Dies ermöglicht es in der Praxis, durch ein öffentlich-rechtliches Ausschreibungsverfahren geeignete Leistungserbringer für diese wichtige Aufgabe betrauen zu können. Zudem können die wesentlichen Vereinbarungspunkte im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt und kostengünstige Lösungen gefunden werden. Die Ausrichtung der Beiträge für die Abgeltung der in den Kantonen geleisteten Rückkehrberatung soll weiterhin vom Bundesrat auf Verordnungsstufe festgelegt werden und richtet sich nach dem geltenden Artikel 93 Absatz 4 AsylG
(vgl. Art. 93b Abs. 2 E-AsylG).

Schliesslich soll der Klarheit halber in Artikel 93a Absatz 1 E-AsylG festgehalten werden, dass wie bereits heute, die Rückkehrberatung sowohl in den Zentren des Bundes als auch in den Kantonen erfolgen soll.

3

Weitere Änderungen nach dem Vernehmlassungsverfahren

Die weiteren Änderungen nach dem Vernehmlassungsverfahren betreffen insbesondere folgende Änderungsvorschläge: Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat 2012 in ihrem Jahresbericht55 dem BFM empfohlen, sich im Rahmen seiner Finanzaufsichtstätigkeit (Art. 95 AsylG) nicht nur auf die Angaben der Kantone (Erfassung Erwerbstätigkeit im ZEMIS) abzustützen, sondern im Interesse der Datenqualität und der Missbrauchsbekämpfung auch die individuellen AHV-Daten beizuziehen. Aus diesem Grund soll im Bundesgesetz 55

www.efk.admin.ch > Publikationen > Jahresberichte > Jahresbericht 2012

8058

vom 20. Dezember 194656 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) eine neue datenschutzrechtliche Bestimmung aufgenommen werden, welche es der Zentralen Ausgleichstelle (ZAS) ermöglicht, dem BFM Daten über die Erwerbstätigkeit von Personen aus dem Asyl- und Ausländerbereich zu übermitteln (Art. 93bis E-AHVG). Damit kann das BFM seine Finanzaufsichtstätigkeit effizient wahrnehmen.

Um einen einheitlichen Betrieb in den Zentren des Bundes zu gewährleisten, sollen neu auch die kantonalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentren nach Artikel 24e E-AsylG Zugriff auf das Informationssystem MIDES erhalten. Entsprechend sollen die relevanten rechtlichen Grundlagen im Hinblick auf die Zugriffsrechte, den Umfang und Zweck der Bearbeitung der Personendaten (Art. 99b E-AsylG) angepasst werden.

Seit dem 1. Februar 2014 entrichtet das BFM den Kantonen für Flüchtlinge und Schutzbedürftige mit einer Aufenthaltsbewilligung noch während fünf Jahren seit Einreichung des Asylgesuchs eine Globalpauschale (Art. 88 Abs. 3 AsylG). Diese neu auf Gesetzesstufe verankerte zeitliche Begrenzung macht es notwendig, die Ausnahmemöglichkeiten im Hinblick auf die längere Ausrichtung von Pauschalen ebenfalls auf Gesetzesstufe zu regeln. Wie bis anhin auf Verordnungsstufe soll neu auf Gesetzesstufe vorgesehen werden, dass den Kantonen bei Personen, die im Rahmen einer Asylgewährung für Flüchtlingsgruppen in der Schweiz aufgenommen werden, die Pauschale ausnahmsweise länger als fünf Jahre ausgerichtet werden kann (vgl. Art. 88 Abs. 3bis E-AsylG). Diese Ausnahmebestimmung soll insbesondere dazu dienen, vorübergehende Deckungslücken im Bereich der Sozialversicherungen zu überbrücken. Dadurch soll die Bereitschaft der Kantone gefördert werden, betagte Personen, Personen mit einer schweren chronischen Krankheit oder Personen mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung aufzunehmen.

Neu sollen die Kantone während der Dauer eines generellen Entscheid- und Vollzugsmoratoriums den davon betroffenen Personen Sozialhilfe ausrichten können, wenn das EJPD dies vorsieht (Art. 82 Abs. 2bis E-AsylG).

Zudem soll in Analogie zu Artikel 60 Absatz 2 AsylG, der das Verfahren für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für Flüchtlinge mit Asylstatus regelt, der Anspruch von Staatenlosen auf Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung nach fünfjährigem Aufenthalt in der Schweiz aufgehoben werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 E-AuG). Dies hat auch Auswirkungen auf die entsprechenden Finanzierungsbestimmungen (vgl. Art. 87 E-AuG), welche jedoch kostenneutral sind.

Weitere Präzisierungen wurden bei der Regelung über die Erwerbstätigkeit von Asylsuchenden (vgl. Art. 43 Abs. 1 und 4 E-AsylG) vorgenommen. Dasselbe gilt für die Bestimmungen über die Gewährung des vorübergehenden Schutzes und die Rechtsstellung der Schutzbedürftigen, welche punktuell an das Konzept Neustrukturierung angepasst werden sollen (vgl. Art. 69, 72, 75 f. und 78 E-AsylG). Aufgrund des neuen Konzepts zur Neustrukturierung im Asylbereich wurde schliesslich auch die Regelung hinsichtlich der Verfahrenssprache angepasst (vgl. Kommentar zu Art. 16 E-AsylG).

Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz soll eine Übergangsbestimmung für die Umsetzung der Neustrukturierung nach Inkrafttreten der vorliegenden Revi-

56

SR 831.10

8059

sion sowie für das Plangenehmigungsverfahren geschaffen werden (vgl. Ziff. III Übergangsbestimmungen E-AsylG sowie Art. 126c E-AuG).

4

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

4.1

Asylgesetz

Ersatz eines Ausdrucks Der bisherige Ausdruck «Empfangs- und Verfahrenszentren» soll durch «Zentren des Bundes» ersetzt werden. Zur Funktion der Zentren vgl. Artikel 24 E-AsylG (Ausgestaltung der Zentren).

Art. 3 Abs. 3 Der im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG beschlossene Ausschluss von Deserteuren und Wehrdienstverweigerern aus der Flüchtlingseigenschaft (Vorlage 3) soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden.

Art. 6

Verfahrensgrundsätze

Die vorgeschlagene Bestimmung entspricht materiell unverändert dem bisherigen Artikel 6 AsylG. Neu soll die bisherige Abkürzung «Verwaltungsverfahrensgesetz» durch «VwVG» ersetzt werden, um diese für die nachfolgenden Bestimmungen des AsylG einzuführen.

Art. 8 Abs. 1 Bst. b und f Zu Abs. 1 Bst. b Die Pflicht zur Abgabe von Reisepapieren und Identitätsausweisen soll während des ganzen Asylverfahrens bestehen. Gemäss geltendem Recht wird diese Pflicht nur für die heutigen EVZ ausdrücklich erwähnt.

Zu Abs. 1 Bst. f Diese Verpflichtung steht in Zusammenhang mit der Regelung in Artikel 26a Absatz 2 E-AsylG, wonach das BFM bei medizinischen Vorbringen, die für das Asylund Wegweisungsverfahren relevant sind, eine für die Untersuchung zuständige medizinische Fachperson bezeichnen kann. Kommt die betroffene Person dieser Pflicht zur Teilnahme an einer vom BFM angeordneten medizinischen Untersuchung nicht nach, so richtet sich das Verfahren nach Artikel 26a Absatz 3 E-AsylG.

Den konkreten Umständen ist bei der Würdigung, ob eine Mitwirkungspflichtsverletzung vorliegt, Rechnung zu tragen (z.B. bei Vorbringen hinsichtlich psychischer Beeinträchtigungen).

Neu soll im AuG eine Bestimmung zur Weitergabe von medizinischen Daten zur Transportfähigkeit von weggewiesenen Personen zuhanden der kantonalen Vollzugsbehörden aufgenommen werden (siehe Kommentar zu Art. 26a E-AsylG und 71b E-AuG). Dies entspricht auch einem Anliegen der Kantone (siehe Ziff. 2.2.2 Abschnitt «Feststellung medizinischer Sachverhalt»).

8060

Art. 12

Eröffnung und Zustellung bei einem Aufenthalt im Kanton

Vgl. hierzu auch Ziffer 2.2.2 Abschnitt «Eröffnung und Zustellung von Verfügungen und Mitteilungen in den Zentren des Bundes und bei einem Aufenthalt im Kanton».

Zu den Abs. 1 und 2 Der bisherige Artikel 12 AsylG regelt die Gültigkeit der postalischen Zustellung oder Mitteilung an Asylsuchende oder deren Bevollmächtigte bei einem Aufenthalt im Kanton. Neu sollen Asylsuchende vermehrt in den Zentren des Bundes untergebracht werden. Eine postalische Zustellung erübrigt sich in diesen Fällen. Dasselbe gilt für das Flughafenverfahren, da sich die Betroffenen für die Dauer des Verfahrens am Flughafen aufhalten. Die Eröffnung von Verfügungen oder die Zustellung von Mitteilungen in den Zentren des Bundes und am Flughafen sollen deshalb systematisch getrennt geregelt werden (siehe Art. 12a und 13 E-AsylG).

In Artikel 12 E-AsylG soll der Begriff «Zustellung oder Mitteilung» der Klarheit halber durch «Eröffnung von Verfügungen oder Zustellung von Mitteilungen» ersetzt werden. Der neue Titel stellt zudem klar, dass Artikel 12 E-AsylG bei einem Aufenthalt im Kanton Anwendung findet (z.B. im Rahmen des erweiterten Verfahrens). Der vorgeschlagene Absatz 1 entspricht im Wesentlichen der geltenden Regelung in Artikel 20 Absatz 2bis VwVG. Er soll der besseren Lesbarkeit halber in Artikel 12 E-AsylG belassen werden.

Absatz 2 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen Artikel 12 Absatz 2 AsylG.

Neu wird auch hier der Begriff «Mitteilung» durch «Eröffnung von Verfügungen und Zustellung von Mitteilungen» ersetzt. Auch bei einer Verfügung soll klar geregelt werden, welcher bevollmächtigten Person diese eröffnet wird, wenn die asylsuchende Person durch mehrere Bevollmächtigte vertreten wird. Entsprechend der Regelung im VwVG ist die zuerst bezeichnete bevollmächtigte Person zuständig, solange die Vollmacht nicht widerrufen wird (Art. 11 Abs. 3 VwVG).

Zu Abs. 3 Im Rahmen der dringlichen Änderungen des AsylG (Vorlage 3) wurde die Möglichkeit, Asylgesuche auf einer schweizerischen Vertretung einreichen zu können, aufgehoben (sog. Auslandgesuche, siehe auch Art. 19 und 20). In diesem Zusammenhang wurde Absatz 3 aus redaktionellen Gründen ebenfalls aufgehoben. Diese Änderung soll unbefristet ins ordentliche Recht überführt werden.

Neu soll in Absatz 3 die mündliche Eröffnung von Verfügungen und summarische Begründung
bei einem Aufenthalt im Kanton geregelt werden. Die vorgeschlagene Formulierung entspricht dem bisherigen Artikel 13 Absätze 1 und 2 AsylG. Auch bei einem Aufenthalt im Kanton soll eine Verfügung in geeigneten Fällen mündlich eröffnet werden können.

Auf den bisherigen Begriff «Entscheide» kann ­ im Kontext der Artikel 12­13 E-AsylG ­ verzichtet werden, da «Entscheide» nach der allgemeinen Bestimmung in Artikel 5 Absatz 2 VwVG ebenfalls als Verfügungen gelten.

Art. 12a

Eröffnung und Zustellung in den Zentren des Bundes

Zu Abs. 1 Wie bereits erwähnt sollen Asylsuchende neu vermehrt in den Zentren des Bundes untergebracht werden. Eine postalische Zustellung von Mitteilungen oder Eröffnung 8061

von Verfügungen erübrigt sich in diesen Fällen. Aus diesem Grund soll eine Aushändigung von Verfügungen oder Mitteilungen vor Ort gegen schriftliche Empfangsbestätigung erfolgen. Mit Aushändigung einer Verfügung gilt diese als eröffnet. Befinden sich die Asylsuchenden im Kanton (z.B. im Rahmen des erweiterten Verfahrens), so findet Artikel 12 E-AsylG Anwendung.

Sind Asylsuchende untergetaucht, werden Verfügungen oder Mitteilungen an die letzte bekannte Adresse der betroffenen Person eröffnet respektive zugestellt (Zentrum des Bundes).

Zu Abs. 2 Werden Asylsuchende durch eine zugewiesene Rechtsvertretung im Zentrum des Bundes vertreten, ist Absatz 2 anwendbar.

Für einen reibungslosen Ablauf der Asylverfahren muss die Anwesenheit der Leistungserbringer für die Beratung und die Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes gewährleistet sein. Sie sind dafür verantwortlich, dass die zugewiesene Rechtsvertretung Verfügungen und Mitteilungen unverzüglich erhält (z.B. per Telefax oder E-Mail), da diese sich nicht ständig in den Zentren des Bundes befindet. Durch die Zustellung an den in den Zentren des Bundes anwesenden Leistungserbringer ist somit sichergestellt, dass die Rechtsvertretung die Verfügungen oder Mitteilungen umgehend erhält und keine Verzögerungen im Verfahrensablauf entstehen (zum Konzept der Beratung und Rechtsvertretung siehe Art. 102f ff. E-AsylG und Ziff. 1.2.9 sowie 2.4). Asylentscheide oder sonstige Verfügungen gelten mit der Zustellung an den Leistungserbringer als eröffnet. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, der mit der Rechtsvertretung betrauten Person die Eröffnung einer Verfügung oder die Zustellung einer Mitteilung gleichentags bekannt zu geben (z.B. per Telefax oder E-Mail).

Zu Abs. 3 Hat die asylsuchende Person auf eine Rechtsvertretung verzichtet oder verfügt sie über eine selber bestimmte Rechtsvertretung, gilt Absatz 3. Die Zustellung von Mitteilungen oder die Eröffnung von Verfügungen erfolgt durch Aushändigung an die asylsuchende Person. Eine allfällige selber bestimmte Rechtsvertretung wird unverzüglich über die Zustellung oder Eröffnung informiert. Bereits nach geltendem Recht werden Verfügungen im Dublin-Verfahren der asylsuchenden und nicht der bevollmächtigten Person eröffnet. Die bevollmächtigte Person ist jedoch unverzüglich über die Eröffnung zu informieren (vgl. Art. 13 Abs. 5 AsylG).

Zu Abs. 4 Siehe Kommentar zu Artikel 12 Absatz 3 E-AsylG.

Art. 13

Zustellung und Eröffnung im Verfahren am Flughafen und in dringlichen Fällen

Zu den Abs. 1 und 3 Die Absätze 1 und 3 entsprechen materiell dem bisherigen Artikel 13 Absätze 3 und 4 AsylG. Auf den bisherigen Begriff «Entscheide» kann verzichtet werden, da es sich ebenfalls um eine Verfügung handelt (vgl. Art. 5 VwVG).

8062

Zu Abs. 2 Für das Verfahren am Flughafen ist die Regelung von Artikel 12a E-AsylG ebenfalls anwendbar. Dies gilt auch bei der Übermittlung von Verfügungen oder Mitteilungen per Telefax. Eine per Telefax übermittelte Verfügung gilt als eröffnet, wenn diese an den Leistungserbringer erfolgt (Art. 12a Abs. 2 E-AsylG).

Besteht keine zugewiesene Rechtsvertretung oder eine durch die asylsuchende Person selbst ernannte Rechtsvertretung, gilt eine Verfügung als eröffnet, wenn sie der asylsuchenden Person ausgehändigt wird (Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 12a Abs. 1 und 3 E-AsylG).

Auch im Rahmen des Flughafenverfahrens sollen Verfügungen in geeigneten Fällen mündlich eröffnet werden können (vgl. Art. 12a Abs. 4 AsylG).

Art. 16 Abs. 1 und 3 Zu Abs. 1 Der erste Satz von Absatz 1 entspricht der bisherigen Regelung in Artikel 16 Absatz 1 AsylG. Der Grundsatz, wonach Eingaben an Bundesbehörden in jeder Amtssprache eingereicht werden können, soll weiterhin für Eingaben von Asylsuchenden gelten, die auf eine zugewiesene Rechtsvertretung verzichten und keine selber bevollmächtigte Person bezeichnen.

Der Bundesrat kann auf Verordnungsstufe vorsehen, dass Eingaben von Asylsuchenden in Zentren des Bundes, die von einer bevollmächtigten Person vertreten werden, in der Amtssprache des Standortkantons des Zentrums eingereicht werden.

Dies ermöglicht eine bessere Flexibilität beim Personaleinsatz und somit eine fristgerechte Erledigung. Andernfalls müsste in allen Zentren des Bundes die Mehrsprachigkeit der Mitarbeiter sichergestellt sein. Diese Einschränkung soll auch dann Anwendung finden, wenn sich Asylsuchende durch eine selber ernannte Person vertreten lassen. Sie ist vor dem Hintergrund des umfassenden Rechtsschutzes vertretbar.

Zu Abs. 3 Gemäss Absatz 2 (geltendes Recht) werden Verfügungen oder Zwischenverfügungen in der Sprache eröffnet, die am Wohnort der Asylsuchenden Amtssprache ist.

Bei einem Aufenthalt in den Zentren des Bundes gilt somit die Sprache des Standortkantons grundsätzlich als Amtssprache. Bereits im geltenden Recht sind jedoch Ausnahmen vorgesehen, welche aber nur in Einzelfällen Anwendung finden (vgl.

Abs. 3).

Im Rahmen der Neustrukturierung des Asylbereichs sollen Asylsuchende im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren neu bis zu 140 Tage in den Zentren des Bundes untergebracht
werden (Art. 24 Abs. 3 E-AsylG). Damit sollen die entsprechenden Asylverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss grundsätzlich in den Zentren des Bundes durchgeführt werden. Aufgrund dieses neuen Konzepts können die heute in Absatz 3 verankerten, nur ausnahmsweise abrufbaren Tatbestände die neuen Abläufe im Rahmen der Neustrukturierung behindern und damit die Asylverfahren verzögern. Dies kann z.B. im Dublin-Verfahren der Fall sein. So können die betroffenen Personen im Dublin-Verfahren auch in Ausreisezentren untergebracht werden, wenn nach erfolgter Anfrage beim zuständigen Dublin-Staat die Antwort noch aussteht (vgl. Kommentar zu Art. 24 Abs. 1 E-AsylG). Wird eine 8063

betroffene Person vor dem Dublin-Entscheid z.B. von einem Verfahrenszentrum in der italienischen Schweiz in ein Ausreisezentrum im deutschsprachigen Raum transferiert, liegen die Verfahrensunterlagen in italienischer Sprache vor. Der Entscheid müsste jedoch in der Sprache des Standortkantons des Ausreisezentrums eröffnet werden (Abs. 2). Dies würde bedingen, dass sowohl im Verfahrens- wie auch im Ausreisezentrum mehrsprachiges Personal des BFM tätig sein müsste. Dies wäre mit einer unverhältnismässigen organisatorischen Mehrbelastung verbunden.

Bei der Umsetzung der Neustrukturierung ist geplant, Zentren des Bundes auch in zweisprachigen Regionen zu bilden (z.B. Region Zentral- und Südschweiz). Mit der heute geltenden Regelung in Artikel 16 AsylG müssten sich somit die Ausreisezentren grundsätzlich im selben Sprachraum befinden wie die Verfahrenszentren. Dies kann die Standortsuche nach künftigen Zentren des Bundes erheblich erschweren.

Auch im erweiterten Verfahren dürften Asylsuchende nach der geltenden Ausnahmeregelung (Abs. 3) grundsätzlich nur Kantonen zugewiesen werden, welche über dieselbe Amtssprache wie das Zentrum des Bundes verfügen. Von dieser Regelung kann gemäss geltendem Recht nur in Einzelfällen abgewichen werden.

Um die Abläufe im Rahmen der Neustrukturierung zu vereinfachen und die Standortsuche nicht unnötig einzuschränken, soll vom Grundsatz der Amtssprache des Wohnortes der Asylsuchenden nicht nur in Einzelfällen abgewichen werden können (Streichung des Begriffs «ausnahmsweise»). Zudem soll auch Buchstabe c in Absatz 3 angepasst werden, da neu in allen Asylverfahren eine Anhörung zu den Asylgründen in den Zentren des Bundes durchgeführt werden soll.

Im Hinblick auf die vorgeschlagene Regelung zum Anspruch auf eine kostenlose Beratung und Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes sowie auf den Rechtsschutz im erweiterten Verfahren (vgl. Art. 102f ff. E-AsylG) sind die Verfahrensrechte der Betroffenen auch mit der neuen Regelung hinreichend gewährleistet.

Art. 17 Abs. 3 und 4 (aufgehoben) Zu Abs. 3 Während des Aufenthaltes von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden in den Zentren des Bundes und am Flughafen soll die Rechtsvertretung die Aufgaben der Vertrauensperson für unbegleitete Minderjährige übernehmen (Bst. a; vgl. auch Art. 102k E-AsylG sowie Ziff. 2.2.2 Abschnitt
«Unbegleitete minderjährige Asylsuchende»). Damit soll erreicht werden, dass diese Aufgaben im Interesse der Minderjährigen lediglich von einer Person wahrgenommen werden. Dies erleichtert auch die organisatorischen Abläufe. Die Rechtsvertretung stellt die Koordination mit den zuständigen kantonalen Behörden sicher (z.B. Information durch Rechtsvertretung, falls vormundschaftliche Massnahmen notwendig sind). Nach der Zuweisung in den Kanton (z.B. im Rahmen des erweiterten Verfahrens) bleiben die Kantone wie bis anhin für die Bestimmung einer Vertrauensperson zuständig (Bst. b). Diese kantonale Zuständigkeit besteht auch dann, wenn sich unbegleitete Minderjährige gestützt auf Artikel 102l Absatz 1 E-AsylG an die zugewiesene Rechtsvertretung wenden.

Zu Abs. 4 Vor dem Hintergrund, dass eine unentgeltliche Beratung von Asylsuchenden und eine Rechtsvertretung vorgeschlagen werden, kann Absatz 4 des geltenden Rechts aufgehoben werden. Neu soll auch am Flughafen eine unentgeltliche Beratung und Rechtsvertretung gewährleistet werden (vgl. Art. 22 und Art. 102f ff. E-AsylG).

8064

Art. 19 Abs. 1­3 Zu Abs. 1 Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG beschlossene Abschaffung der Möglichkeit, Asylgesuche bei einer schweizerischen Vertretung einzureichen (Vorlage 3), soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden. Zudem sind systematische Anpassungen an die neue Vorlage erforderlich (vgl. Art. 24 E-AsylG und Ziff. 1.2.5 und 2.2.6 Abschnitt «Unterbringung von Asylsuchenden in den Zentren des Bundes»). In besonderen Zentren können keine Asylgesuche eingereicht werden (vgl. Art. 24a Abs. 2 E-AsylG). Dies soll der Klarheit halber ausdrücklich festgehalten werden.

Zu Abs. 1bis Da neu keine Asylgesuche mehr aus dem Ausland eingereicht werden können, wird für die Einreichung eines Asylgesuchs die persönliche Anwesenheit der Asylsuchenden in der Schweiz vorausgesetzt. Auch diese dringliche Änderung des AsylG (Vorlage 3) soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden.

Zu Abs. 2 (aufgehoben) In Zusammenhang mit der Aufhebung der Auslandgesuche wurde auch die Bestimmung abgeschafft, wonach Personen mit einer Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung ein Asylgesuch bei der zuständigen kantonalen Behörde einreichen müssen. Diese dringliche Änderung (Vorlage 3) soll unbefristet ins ordentliche Recht überführt werden.

Zu Abs. 3 (aufgehoben) Asylsuchende sollen in der Vorbereitungsphase auf ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren hingewiesen werden. Die entsprechende Regelung findet sich deshalb neu in Artikel 26 Absatz 3 E-AsylG (Vorbereitungsphase).

Art. 20 (aufgehoben) Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG beschlossene Abschaffung der Möglichkeit, Asylgesuche bei einer schweizerischen Vertretung einzureichen (Vorlage 3), soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden.

Aus humanitären Gründen kann im Rahmen des geltenden Rechts ein Visum erteilt werden, wenn im Einzelfall offensichtlich davon ausgegangen werden muss, dass die betreffende Person im Heimat- oder Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist (Art. 2 Abs. 4 der Verordnung vom 22. Oktober 200857 über die Einreise und die Visumerteilung [VEV]).

Art. 21 Abs. 1 Asylsuchende, die an der Grenze oder nach Anhaltung bei der illegalen Einreise um Asyl nachsuchen, sollen von den zuständigen Behörden in ein Zentrum des Bundes (Art. 24 E-AsylG) oder in ein kantonales oder kommunales Zentrum (Art. 24e E-AsylG) verwiesen werden. In besonderen Zentren können keine Asylgesuche

57

SR 142.204

8065

eingereicht werden (vgl. Art. 24a Abs. 2 E-AsylG). Dies soll der Klarheit halber ausdrücklich festgehalten werden.

Art. 22 Abs. 3bis, 4 und 6 Zu Abs. 3bis Neu sollen Asylsuchende auch im Rahmen des Flughafenverfahrens eine umfassende und unentgeltliche Beratung und Rechtsvertretung erhalten (vgl. Ziff. 1.2.9). Die entsprechenden Bestimmungen über den Rechtsschutz (Art. 102f­102k E-AsylG) sollen sinngemäss auf das Flughafenverfahren Anwendung finden. Analog zur Regelung in den Zentren des Bundes beginnen die Rechtsvertretung und die Beratung über das Asylverfahren am Tag der Einreichung des Asylgesuchs am Flughafen (vgl. Art. 102g und 102h E-AsylG).

Zu Abs. 4 Es handelt sich hier lediglich um eine redaktionelle Anpassung. Der zweite Teil des letzten Satzes (Gelegenheit zur Verbeiständung) kann aufgrund des nunmehr auch auch im Flughafenverfahren gewährten unentgeltlichen Rechtsschutzes gestrichen werden.

Zu Abs. 6 Neu soll nach einem Aufenthalt von 60 Tagen am Flughafen auch eine Zuweisung in ein Zentrum des Bundes möglich sein (bisher nur Zuweisung in Kanton). Da in diesen Fällen bereits ein rechtskräftiger Asyl- und Wegweisungsentscheid vorliegt, ist eine Zuweisung in ein Ausreisezentrum des Bundes möglich.

Der Hinweis auf Artikel 30 AsylG kann gestrichen werden, da die Hilfswerksvertretung bei der Anhörung aufgrund des umfassenden unentgeltlichen Rechtsschutzes aufgehoben werden soll.

Art. 23 Abs. 2 Gemäss geltendem Recht sollen Asylentscheide im Flughafenverfahren innerhalb von 20 Tagen eröffnet werden. Dauern die Verfahren länger, so werden die Betroffenen einem Kanton zugewiesen. Neu soll auch eine Zuweisung in ein Zentrum des Bundes möglich sein, sofern es sich um ein beschleunigtes Verfahren oder ein Dublin-Verfahren handelt. Wird das Asylgesuch im erweiterten Verfahren behandelt, weil weitere Abklärungen vorgenommen werden müssen, sollen die Betroffenen wie bereits heute direkt einem Kanton zugewiesen werden (Triage).

Gliederungstitel vor Art. 24

2a. Abschnitt: Zentren des Bundes Die Unterbringung von Asylsuchenden kann in Zentren des Bundes (Art. 24 E-AsylG), in besonderen Zentren (Art. 24a E-AsylG) sowie in kantonalen und kommunalen Zentren (Art. 24e E-AsylG) erfolgen. Der Begriff «Zentren des Bundes» bildet dabei den Obergriff.

8066

Art. 24

Zentren des Bundes

Vgl. hierzu auch Ziffern 1.2.5 und 2.2.6 Abschnitt «Unterbringung von Asylsuchenden in den Zentren des Bundes».

Zu Abs. 1 Die vom Bund errichteten Zentren können in der Praxis als Verfahrens- oder Ausreisezentren betrieben werden58. Sie werden vom BFM geführt.

Die Funktionen der Zentren sollen in der Praxis auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Verfahrensstadien ausgerichtet werden. Die Zentren des Bundes können der Unterbringung von Asylsuchenden und/oder der Durchführung von Asylverfahren dienen (vgl. auch Art. 95a Abs. 1 E-AsylG).

Im beschleunigten Verfahren (Art. 26c E-AsylG) und im Dublin-Verfahren (Art. 26b E-AsylG) können sich Asylsuchende während des erstinstanzlichen Verfahrens bis zum Ablauf der Beschwerdefrist im Verfahrenszentrum aufhalten. Nach Ablauf der Beschwerdefrist können die betroffenen Personen auch in einem Ausreisezentrum untergebracht werden.

Die Ausreisezentren können der Unterbringung von Personen im Dublin-Verfahren dienen, wenn nach erfolgter Anfrage beim zuständigen Dublin-Staat die Antwort noch aussteht. Auch Personen im beschleunigten Verfahren, die bereits einen Asylund Wegweisungsentscheid erhalten haben und die Ausreise in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat antreten müssen, können sich im Ausreisezentrum aufhalten. In den Ausreisezentren führen Rückkehrberatungsstellen regelmässige Gespräche mit dem Ziel, die zur Rückkehr verpflichteten Personen aktiv auf ihre Ausreise vorzubereiten.

Personen, bei denen nach der Anhörung zu den Asylgründen oder der Gewährung des rechtlichen Gehörs feststeht, dass ihr Asylgesuch weder im beschleunigten Verfahren noch im Dublin-Verfahren geprüft wird, werden im erweiterten Verfahren behandelt (Art. 26d E-AsylG). Ein Übertritt in das erweiterte Verfahren erfolgt namentlich in denjenigen Fällen, in denen weitere aufwendige Sachverhaltsabklärungen erforderlich sind. Sie können in der Praxis bis zum Entscheid, dass das erweiterte Verfahren anwendbar ist, in einem Verfahrenszentrum untergebracht und danach auf die Kantone verteilt werden. Eine Zuweisung auf die Kantone kann auch im beschleunigten Verfahren stattfinden, wenn dies aufgrund eines raschen und erheblichen Anstiegs der Asylgesuche notwendig ist (Abs. 5).

Die Verfahrens- oder Ausreisezentren können in der Praxis z.B. aus organisatorischen oder baulichen Gründen
zusammengelegt werden. Die konkrete Ausgestaltung hängt insbesondere davon ab, welche Örtlichkeiten für die Zentren des Bundes zur Verfügung stehen. Hier müssen flexible Lösungen möglich sein.

Im Rahmen der Arbeiten zum Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches» hat die Arbeitsgruppe Neustrukturierung entschieden, dass aus 58

Siehe hierzu Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone, «Neustrukturierung des Asylbereiches, Umsetzung Beschleunigungsmassnahmen im Asylbereich» vom 21. November 2012, www.bfm.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2012 > 23.11.2012 > Dokumente > Schlussbericht der Arbeitsgruppe Bund/Kantone sowie Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereichs» vom 18. Februar 2014 S. 22 f.; www.ejpd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 2014 > 28.03.2014 > Dokumente > Schlussbericht

8067

Gründen der Flexibilität und Vereinfachung der Verfahrensabläufe auf die im Vernehmlassungsverfahren vorgesehenen Wartezentren für das Dublin-Verfahren verzichtet werden soll.

Zu Abs. 2 Asylsuchende im beschleunigten Verfahren (Art. 26c E-AsylG) sollen ab Einreichung ihres Asylgesuchs bis zur Asylgewährung, der Anordnung einer vorläufigen Aufnahme oder bis zur Ausreise bei einem ablehnenden Asyl- und Wegweisungsentscheid in Zentren des Bundes (Verfahrens- oder Ausreisezentren, siehe hierzu Kommentar zu Abs. 1) untergebracht werden (Bst. a). Bei Dublin-Verfahren (Art. 26b E-AsylG) dauert die Unterbringung ab Einreichung des Asylgesuchs bis zur Ausreise in den zuständigen Dublin-Staat (Bst. b).

Bei Personen im erweiterten Verfahren dauert die Unterbringung in den Zentren des Bundes ab Einreichung des Asylgesuchs bis zur Zuweisung auf die Kantone (Bst. c).

Zu den Abs. 3 und 4 Die Höchstdauer des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes beträgt 140 Tage.

Nach Ablauf dieser Höchstdauer erfolgt eine Zuweisung an einen Kanton (Abs. 3).

Die Höchstdauer muss nicht in jedem Fall ausgeschöpft werden. Dies gilt bei einer Regelung des Aufenthalts (Asylgewährung oder vorläufige Aufnahme) oder bei einem früheren Vollzug der Wegweisung ab dem Zentrum des Bundes.

Die Höchstdauer des Aufenthaltes kann angemessen verlängert werden, wenn dies den raschen Abschluss des Asylverfahrens fördert (Abs. 4). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn im Asylverfahren noch kleinere Zusatzabklärungen getätigt werden müssen, die innerhalb kurzer Zeit vorgenommen werden können (z.B. einfache Dokumentenprüfungen). Zudem kann die Höchstdauer auch dann verlängert werden, wenn der Vollzug der Wegweisung unmittelbar absehbar ist. Der Bundesrat legt fest, nach welchen Kriterien die 140-tägige Aufenthaltsdauer verlängert werden kann.

Zu Abs. 5 Im Unterschied zu Absatz 4 sieht dieser Absatz eine Zuweisung auf die Kantone vor Ablauf von 140 Tagen vor, unabhängig davon, ob das Asylverfahren bereits abgeschlossen ist. Dies bedeutet, dass eine betroffene Person auch im beschleunigten Verfahren oder im Dublin-Verfahren z.B. vor Ablauf der Beschwerdefrist bereits einem Kanton zugewiesen werden kann, wenn dies aus Kapazitätsgründen notwendig ist. Dies gilt z.B. dann, wenn infolge eines raschen und erheblichen Gesuchsanstiegs, der sich aufgrund
einer Krisensituation in einem Herkunftsstaat ergibt, die bestehenden Unterbringungsplätze in den Zentren des Bundes nicht mehr ausreichen.

Die Verteilung und Zuweisung auf die Kantone richten sich nach Artikel 27 AsylG.

Art. 24a

Besondere Zentren

Artikel 24a E-AsylG entspricht weitgehend der dringlichen Änderung des AsylG (Vorlage 3) zur Einführung von besonderen Zentren für Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden (vgl. Art. 26 Abs. 1bis, 1ter und 2ter AsylG). Sie soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden. In besonderen Zentren sollen die gleichen Verfahren durchgeführt werden können, wie in den

8068

Zentren des Bundes nach Artikel 24 E-AsylG. Zusätzlich soll der Begriff «Empfangsstellen» durch den Begriff «Zentren des Bundes» ersetzt werden.

Die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben in den heutigen EVZ oder in besonderen Zentren für Asylsuchende an Dritte zu delegieren (Art. 26 Abs. 2ter AsylG), soll zudem aus systematischen Gründen neu in den Artikeln 24b Absatz 1 (Betrieb der Zentren des Bundes) und 26 Absatz 5 E-AsylG (Vorbereitungsphase) geregelt werden.

Art. 24b

Betrieb der Zentren

Zu Abs. 1 Dieser Absatz entspricht materiell unverändert dem ersten Satz der dringlichen Änderung von Artikel 26 Absatz 2ter geltendes AsylG (Vorlage 3): Delegation von Aufgaben an Dritte zur Sicherstellung des Betriebes (siehe Kommentar zu Art. 24a E-AsylG oben). Sie soll unbefristet ins ordentliche Recht überführt werden.

Die in Artikel 26 Absatz 2ter AsylG enthaltene Delegationsbefugnis des BFM an Dritte für die Wahrnehmung weiterer Aufgaben (z.B. Erhebung von Personalien und das Erstellen von Fotografien und Fingerabdruckbogen) soll neu in Artikel 26 Absatz 5 E-AsylG (Vorbereitungsphase) geregelt werden, da diese Tätigkeiten in der Vorbereitungsphase anfallen. Sie sollen von den rein betrieblichen Aufgaben getrennt geregelt werden.

Zu Abs. 2 Dieser Absatz entspricht materiell unverändert Artikel 26 Absatz 3 des geltenden AsylG.

Art. 24c

Kurzfristige Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes

Dieser Artikel orientiert sich am geltenden Artikel 26a AsylG (dringliche Änderung des AsylG; Vorlage 3), der eine vorübergehende bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes vorsieht.

Im Hinblick auf das ebenfalls vorgesehene neue Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG) ist er jedoch restriktiver formuliert. Es wird zusätzlich vorausgesetzt, dass die bestehenden Unterbringungsstrukturen kurzfristig nicht ausreichen. Im Gegensatz zur geltenden Regelung, die eine dreijährige Nutzungsdauer vorsieht (vgl. Art. 26a Abs. 1 AsylG), ist die Nutzungsdauer auf ein Jahr beschränkt.

Eine erneute Nutzung derselben Baute oder Anlage soll zudem erst nach einem Unterbruch von zwei Jahren erfolgen können. Diese Karenzfrist dient der Rechtssicherheit. Vorgesehen ist allerdings, dass diese Frist dann nicht zur Anwendung kommt, wenn im Asylbereich Ausnahmesituationen nach Artikel 55 des AsylG vorliegen. Mit diesem Vorbehalt wird auch erreicht, dass bei der Anwendung von Artikel 55 AsylG die Unterbringungsproblematik miteinbezogen wird.

Artikel 24c E-AsylG stellt eine Ausnahmeregelung zum vorgeschlagenen bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren dar (siehe neues Kap. 6a Plangenehmigung bei Bauten und Anlagen des Bundes). Sie dient als rechtliche Grundlage, wenn aufgrund unvorhergesehener Ereignisse die Asylgesuche unerwartet ansteigen und dies zu Engpässen bei der Unterbringung führt.

8069

Diese Bestimmung soll erst fünf Jahre nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Änderungen in Kraft gesetzt werden. Bis dahin soll die heutige, weniger restriktive Bestimmung weiterhin gelten (siehe Kommentar zu Art. 24d E-AsylG).

Neu soll gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf der Absatz 1 mit der Begrifflichkeit «oder zur Durchführung von Asylverfahren» ergänzt werden (vgl. Ziff. 2.3).

Art. 24d

Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes

Dieser Artikel entspricht materiell unverändert Artikel 26a AsylG (Vorlage 3).

Diese Bestimmung soll ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Änderungen für die Dauer von fünf Jahren gültig sein. Nach Ablauf dieser Frist soll Artikel 24c E-AsylG in Kraft treten (siehe Kommentar zu Art. 24c E-AsylG). Dieses gestaffelte Inkrafttreten ist notwendig, da es zum heutigen Zeitpunkt nicht absehbar ist, ob nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision die für die Neustrukturierung benötigten Unterkünfte über den Weg des Plangenehmigungsverfahrens genügend rasch bereit gestellt werden können. Nach heutiger Planung muss davon ausgegangen werden, dass die Bereitstellung von Zentren des Bundes mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird (Bauplanung und Bereitstellung der finanziellen Mittel im Rahmen einer Immobilienbotschaft). Die Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung Asylsuchender i.S.v Artikel 24d E-AsylG muss deshalb vorübergehend für einen längeren Zeitraum als die in Artikel 24c E-AsylG vorgeschlagene einjährige Nutzung möglich sein.

Artikel 26a AsylG (Vorlage 3) ist bis zum 28. September 2015 gültig. Mit der Botschaft vom 26. Februar 2014 zur Änderung des Asylgesetzes (Verlängerung der dringlichen Änderungen des Asylgesetzes) wird die Gültigkeit bis zum Inkrafttreten der Neustrukturierung des Asylbereichs (Vorlage 2), längstens aber bis zum 28. September 2019 verlängert. Im Rahmen der vorliegenden Änderungen des AsylG soll die Gültigkeitsdauer der bewilligungsfreien dreijährigen Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes um weitere fünf Jahre verlängert werden (vgl.

Ziff. IV Abs. 4 E-AsylG). Aufgrund der verlängerten Gültigkeitsdauer kann die Beschaffung der benötigten Unterkünfte erfolgreich vorangetrieben werden. Dreijährige Umnutzungen, die vor Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist bereits angezeigt worden sind, sollen auch nach der Aufhebung von Artikel 24d E-AsylG für den angezeigten Zeitraum weiterhin Gültigkeit haben (siehe Übergangsbestimmungen E-AsylG Ziff. III Abs. 5).

Neu soll gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf der Absatz 1 mit der Begrifflichkeit «oder zur Durchführung von Asylverfahren» ergänzt werden (vgl. Ziff. 2.3).

Art. 24e

Kantonale und kommunale Zentren für die Unterbringung

Vgl. hierzu auch Ziffern 1.2.5 und 2.2.6 Abschnitt «Kantonale Zentren».

Sind insbesondere während der Einführungsphase der neuen Verfahren oder bei erheblichen Schwankungen der Zahl der Asylgesuche nicht genügend Unterbringungsplätze in den Zentren des Bundes für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens und des Dublin-Verfahrens verfügbar, können Asylsuchende in kantonalen oder kommunalen Zentren untergebracht werden (Abs. 1). Dies setzt eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Standortkantonen oder -gemeinden voraus (Abs. 5).

8070

Die kantonalen oder kommunalen Zentren werden von den Kantonen respektive den Gemeinden geführt. Die Unterbringung in einem kommunalen Zentrum bedingt das Einverständnis des Standortkantons (Abs. 1).

Die Betreuung in den Zentren, die durch den Kanton oder die Gemeinde geführt werden, erfolgt durch den Standortkanton respektive die Standortgemeinde selber.

Diese können die mit der Unterbringung und den Sicherheitsvorkehrungen in Zusammenhang stehenden Aufgaben (vgl. Abs. 2) ganz oder teilweise Dritten übertragen (Abs. 3). Dabei handelt es sich z.B. um Aufgaben in den Bereichen Unterbringung, medizinische Betreuung der Asylsuchenden, um die Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfe oder die Sicherstellung des Grundschulunterrichts für Kinder (vgl. Abs. 2 Bst. a­c).

Für die Ausrichtung der Sozial- oder Nothilfe gilt kantonales Recht (Abs. 4). Wie bei Personen, die einem Kanton zugewiesen worden sind (z.B. im Rahmen des erweiterten Verfahrens), ist der Standortkanton der kantonalen oder kommunalen Zentren für die Ausrichtung der Sozial- oder Nothilfe zuständig (vgl. auch Art. 80a E-AsylG und Art. 82 Abs. 1 AsylG).

Der Bund entrichtet dem Standortkanton oder der Standortgemeinde durch Vereinbarung Bundesbeiträge für die anfallenden Kosten (Abs. 5). Dabei handelt es sich um Abgeltungen nach Artikel 3 Absatz 2 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199059 (SuG). Diese beinhalten Verwaltungs- und Personalkosten sowie alle Kosten, die bei der Unterbringung der Asylsuchenden anfallen, insbesondere auch die Kosten für die Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfe (Abs. 2). Die Abgeltung erfolgt grundsätzlich durch Pauschalen. Sie ist auch Gegenstand der Vereinbarung zwischen Bund und Standortkanton respektive -gemeinde. Zur Abgeltung einmalig anfallender Kosten können die Beiträge ausnahmsweise nach Aufwand festgesetzt werden.

Die Funktionen eines kantonalen oder kommunalen Zentrums sind gleich wie diejenigen eines Zentrums des Bundes. Die Bestimmungen über das Asylverfahren und die Abläufe in den Zentren des Bundes gelten sinngemäss (Abs. 6). Bei einer Unterbringung gemäss Artikel 24e E-AsylG sind die Bestimmungen über das Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG) nicht anwendbar, da es sich um ein kantonales oder kommunales Zentrum handelt.

Art. 25a (aufgehoben) Das vom Parlament beschlossene beratende
Vorgespräch mit Asylsuchenden (Vorlage 1, in Kraft seit dem 1. Februar 2014) soll neu im Rahmen der Vorbereitungsphase durchgeführt werden (vgl. Art. 26 Abs. 3 E-AsylG).

Art. 26

Vorbereitungsphase

Zu Abs. 1 Dieser Absatz entspricht dem vom Parlament beschlossenen Artikel 26 Absatz 1quater AsylG (Vorlage 1, in Kraft seit dem 1. Februar 2014). Neu soll die Vorbereitungsphase im Dublin-Verfahren maximal zehn Tage betragen; im beschleunigten und erweiterten Verfahren dauert sie wie bis anhin maximal 21 Tage. Die kürzere Frist bei Dublin-Verfahren ist sinnvoll, da die Anfrage an den zuständigen Dublin-Staat 59

SR 616.1

8071

möglichst rasch erfolgen soll. Bei der Dauer der Vorbereitungsphase handelt es sich um Ordnungsfristen, welche bei Vorliegen von triftigen Gründen auch um einige Tage überschritten werden können.

Der bisherige Absatz 1 von Artikel 26 AsylG (Errichtung von Empfangs- und Verfahrenszentren durch den Bund) soll neu in Artikel 24 Absatz 1 E-AsylG geregelt werden (Zentren des Bundes).

Zu den Abs. 2 und 3 Diese Absätze entsprechen materiell unverändert den ersten beiden Sätzen von Artikel 26 Absatz 2 AsylG (Erhebung der Personalien und biometrischer Daten, Erstellen von Fingerabdruckbogen, etc.).

Aus redaktionellen Gründen soll die Durchführung einer Erstbefragung der Asylsuchenden (bisher Befragung zur Person genannt) neu in Absatz 3 geregelt werden (bisher Art. 26 Abs. 2 letzter Satz). Zusätzlich soll das BFM Asylsuchende zu Beginn der Vorbereitungsphase über ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren informieren (bisher Art. 19 Abs. 3 AsylG). Dies kann z.B. individuell oder in Form einer Informationsveranstaltung in den Zentren des Bundes erfolgen.

Während der Vorbereitungsphase sollen anlässlich der Erstbefragung gemeinsam mit den Asylsuchenden die Chancen im Asylverfahren geklärt werden. Falls eine asylsuchende Person freiwillig ihr Asylgesuch zurückzieht, z.B. weil sie ausschliesslich wirtschaftliche Gründe für ihre Einreise in die Schweiz geltend macht, soll dieses formlos abgeschrieben werden (vgl. hierzu Kommentar zur Aufhebung von Art. 25a AsylG). Da die Vorbereitungsphase mit Einreichung des Asylgesuchs beginnt, wäre es widersprüchlich, wenn während der Vorbereitungsphase geklärt würde, ob ein Asylgesuch im Sinne des AsylG vorliegt. Vor diesem Hintergrund soll der erste Satz des Artikels 25a AsylG nicht übernommen werden. Da den Asylsuchenden für das Erstgespräch in der Vorbereitungsphase eine Rechtsvertretung zugewiesen wird, ist ein Beizug Dritter nicht mehr notwendig. Der letzte Satz des Artikels 25a AsylG kann somit gestrichen werden.

Zu Abs. 4 Dieser Absatz entspricht der Regelung in Artikel 26 Absatz 2bis AsylG. Neu soll jedoch die Anfrage an den zuständigen Dublin-Staat in jedem Fall während der Vorbereitungsphase vorgenommen werden. Der Begriff «in der Regel» soll gestrichen werden.

Zu Abs. 5 Dieser Absatz regelt die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben an Dritte delegieren zu können
(z.B. Erhebung der Personalien und Erstellen von Fotografien, vgl. Abs. 2).

Diese Delegationsbefugnis entspricht der dringlichen Änderung von Artikel 26 Absatz 2ter AsylG (Vorlage 3, siehe Kommentar zu Art. 24a und 24b E-AsylG). Sie soll unbefristet ins ordentliche Recht überführt werden.

Die Information der Asylsuchenden über ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren, die Durchführung der Erstbefragung sowie die Anfrage an den zuständigen Dublin-Staat (Abs. 3 und 4) sollen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BFM vorgenommen werden. Es handelt sich hier um Kerntätigkeiten in einem Asylverfahren und nicht um administrative Aufgaben.

8072

Art. 26a

Feststellung des medizinischen Sachverhalts

Der geltende Artikel 26a AsylG (dringliche Änderung des AsylG; befristete Nutzung von Anlagen und Bauten des Bundes zur Unterbringung Asylsuchender) soll neu in Artikel 24d E-AsylG (kurzfristige Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung Asylsuchender) geregelt werden.

Neu soll in Artikel 26a E-AsylG die Feststellung des medizinischen Sachverhaltes geregelt werden. Der Inhalt entspricht materiell unverändert Artikel 26bis AsylG. Bei der Umsetzung ist dafür zu sorgen, dass das medizinische Fachpersonal über die für diese Tätigkeit notwendige Ausbildung verfügt. Dies gilt auch für transkulturelle Kompetenzen (siehe hierzu auch Ausführungen in Ziff. 1.2.3 Abschnitt «Vorbereitungsphase»). Wenn die sprachliche Verständigung nicht möglich ist, werden für die medizinische Untersuchung zertifizierte Übersetzerinnen und Übersetzer beigezogen. Darauf kann verzichtet werden, wenn es sich aus medizinischer Sicht offensichtlich um einen Bagatellfall handelt.

Art. 26b

Dublin-Verfahren

In Artikel 26b wird das Dublin-Verfahren definiert. Dieses wird bereits in der Vorbereitungsphase mit der Einreichung des Gesuchs an einen Dublin-Staat um Aufnahme oder Wiederaufnahme der asylsuchenden Person, eröffnet. Es gilt grundsätzlich als abgeschlossen, wenn die betroffene Person erfolgreich in den zuständigen Dublin-Staat überstellt worden ist.

Verschiedene Fallkonstellationen können jedoch dazu führen, dass ein DublinVerfahren abgebrochen werden und ein beschleunigtes bzw. erweitertes Verfahren durchgeführt werden muss. Dies ist z.B. der Fall, wenn der angefragte Dublin-Staat die Aufnahme oder Wiederaufnahme ablehnt, wenn die Schweiz sich aus bestimmten Gründen zu einem Selbsteintritt entscheidet (z.B. aufgrund der Wahrung der Einheit der Familie) oder wenn die sechsmonatige Überstellungsfrist ungenutzt verstrichen ist.

Art. 26c

Beschleunigtes Verfahren

Ist die Vorbereitungsphase abgeschlossen, wird das eigentliche Asylverfahren eingeleitet. Hier entscheidet sich nach Durchführung der Anhörung oder der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 36 AsylG), ob ein Asylgesuch im Rahmen des beschleunigten oder des erweiterten Verfahrens behandelt wird.

Die Dauer des beschleunigten Verfahrens beträgt grundsätzlich acht Arbeitstage. Da es sich um eine Ordnungsfrist handelt, kann diese in begründeten Fällen um einige Tage überschritten werden (siehe Art. 37 Abs. 3 E-AsylG).

Innerhalb dieser Frist sollen alle für die Eröffnung des erstinstanzlichen Asylentscheides notwendigen Verfahrensschritte durchgeführt werden (sog. getaktetes Verfahren). Der Bundesrat wird ermächtigt auf Verordnungsstufe die einzelnen Verfahrensschritte festzulegen (zum beschleunigten Verfahren und zur Darstellung der einzelnen Verfahrensschritte siehe Ziff. 1.2.3 Abschnitt «Erstinstanzliches Verfahren»).

8073

Art. 26d

Erweitertes Verfahren

In Artikel 26d wird das erweiterte Verfahren definiert.

Steht nach der Anhörung zu den Asylgründen fest, dass innerhalb der Frist im beschleunigten Verfahren (vgl. Art. 37 E-AsylG) kein erstinstanzlicher Asylentscheid gefällt werden kann, weil zum Beispiel weitere Abklärungen vorgenommen werden müssen, so wird ein Asylgesuch im erweiterten Verfahren behandelt und die betroffene Person für die Dauer des Asylverfahrens einem Kanton zugewiesen. Ein solcher Wechsel ins erweiterte Verfahren kann auch in Betracht fallen, wenn das BFM im Rahmen seiner Behandlungsstrategie eine Priorisierung der Gesuchsbehandlungen beschlossen hat (vgl. Art. 37b AsylG, siehe auch Ziff. 1.2.3 und 2.2.2 Abschnitt «Dauer des beschleunigten Verfahrens»).

Unter den Begriff «weitere Abklärungen» fallen Abklärungen, die nicht innerhalb kurzer Zeit vorgenommen werden können. Dazu gehören zum Beispiel Abklärungen bei schweizerischen Vertretungen im Ausland, das Einfordern von weiteren Beweismitteln, die im Herkunftsland beschafft werden müssen, oder allenfalls die Durchführung einer weiteren Anhörung.

Kann eine Abklärung hingegen innerhalb weniger Tage abgeschlossen werden, soll weiterhin das beschleunigte Verfahren zur Anwendung gelangen (z.B. bei einfachen Dokumentenanalysen). Dies wird durch Artikel 37 Absatz 3 E-AsylG verdeutlicht, wonach das beschleunigte Verfahren bei Vorliegen von triftigen Gründen um einige Tage überschritten werden kann. Für die Zuteilung in das erweiterte Verfahren erlässt das BFM eine Zwischenverfügung, welche nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden kann (Art. 107 Abs. 1 AsylG). Der Zuweisungsentscheid für den Aufenthalt im Kanton kann nur mit der Begründung angefochten werden, er verletzte den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 27 Abs. 3 und Art. 107 Abs. 1 AsylG).

Art. 27 Sachüberschrift und Abs. 4 Verteilung und Zuweisung auf die Kantone Neu werden in der Sachüberschrift sowohl der Begriff Verteilung als auch der Begriff Zuweisung aufgeführt. Damit soll verdeutlicht werden, dass diese Begriffe auseinandergehalten werden müssen. Die Verteilung beinhaltet im Idealfall die Einigung der Kantone oder alternativ eine entsprechende Regelung des Bundes auf Verordnungsstufe darüber, wie die Asylsuchenden grundsätzlich anzahlmässig auf die Kantone aufgeteilt werden sollen (Art. 27
Abs. 2 AsylG/Verteilschlüssel).

Gestützt auf diese Grundlage und unter Beachtung der schützenswerten Interessen der Asylsuchenden und der Kantone werden die Asylsuchenden den Kantonen zugewiesen. Beim Zuweisungsentscheid handelt es sich um eine Verfügung, die von der asylsuchenden Person mit der Begründung angefochten werden kann, sie verletze den Grundsatz der Einheit der Familie.

Zu Abs. 4 Zukünftig werden Asylsuchende einem Kanton zugewiesen, wenn über ihr Asylgesuch im Rahmen des erweiterten Verfahrens entschieden werden soll, wenn ein Asylgesuch gutgeheissen wird, wenn eine vorläufige Aufnahme angeordnet wird oder wenn ein negativer Asylentscheid im Rahmen des beschleunigten Verfahrens

8074

nicht innerhalb der maximalen Aufenthaltsdauer von 140 Tagen in einem Zentrum des Bundes in Rechtskraft erwächst (vgl. Art. 24 Abs. 3 E-AsylG).

Demnach werden Personen nicht zugewiesen, bei denen der Vollzug der Wegweisung angeordnet worden ist und deren Asylentscheid in einem Zentrum des Bundes in Rechtskraft erwachsen ist oder deren Asylgesuch in einem Zentrum des Bundes abgeschrieben wurde. Die Standortkantone der Zentren des Bundes sind für den Vollzug der Wegweisung dieser Personen zuständig (vgl. Art. 46 Abs. 1bis E-AsylG). Dies gilt auch, wenn der Wegweisungsvollzug innerhalb der maximalen Aufenthaltsdauer von 140 Tagen in den Zentren des Bundes nicht vollzogen werden konnte.

Anlässlich der Asylkonferenz vom 28. März 2014 konnten sich Bund und Kantone im Rahmen der Gemeinsamen Erklärung grundsätzlich über die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone und die Kompensation der Standortkantone der zukünftigen Zentren einigen. Die detaillierten Kriterien und Abläufe für die Verteilung und die Kompensation sollen auf Verordnungsstufe geregelt werden (vgl.

Art. 27 Abs. 2 AsylG und Ziff. 2 der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014).

Art. 29 Abs. 1, 2, 3 und 4 Zu Abs. 1 Eine Anhörung zu den Asylgründen soll neu bei allen Verfahren in den Zentren des Bundes durchgeführt werden. Bisher wurde die Anhörung in den EVZ oder nach Zuweisung in einen Kanton im BFM durchgeführt.

Zu Abs. 2 Der Begriff «Vertreterin oder Vertreter» wird vor dem Hintergrund des umfassenden Rechtsschutzes in den Zentren des Bundes durch den Begriff «Person» ersetzt (siehe auch Ziff. 2.4).

Zu Abs. 3 Aufgrund des unentgeltlichen Rechtsschutzes (vgl. Art. 102f ff. E-AsylG) ist die Hilfswerksvertretung bei der Anhörung zu den Asylgründen nicht mehr regelmässig anwesend. Der entsprechende Verweis kann gestrichen werden. Hilfswerke können jedoch im Rahmen des unentgeltlichen Rechtsschutzes oder auf individueller Basis als Rechtsvertretung weiterhin an den Anhörungen teilnehmen.

Zu Abs. 4 Ziel der Neustrukturierung des Asylbereichs ist es, dass alle Anhörungen in den Zentren des Bundes durchgeführt werden. Dieser Absatz, welcher die Möglichkeit zur Durchführung der Anhörung durch die Kantone regelt, kann somit aufgehoben werden.

Art. 30 (aufgehoben) Siehe Kommentar zu Artikel 29 Absatz 3 E-AsylG.

8075

Art. 31a Abs. 4 Es handelt sich hier um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der Aufhebung von Artikel 52 AsylG.

Art. 37

Erstinstanzliche Verfahrensfristen

Siehe hierzu auch Ziffern 1.2.3 Abschnitt «Erstinstanzliches Verfahren» und 2.2.2, Abschnitt «Dauer des beschleunigten Verfahrens».

Artikel 37 E-AsylG regelt die Behandlungsfristen für das BFM im beschleunigten Verfahren, im Dublin-Verfahren und im erweiterten Verfahren.

Die kurzen Behandlungsfristen für das BFM im beschleunigten und im DublinVerfahren (8 respektive 3 Arbeitstage) sind gerechtfertigt, da in der vorangehenden Vorbereitungsphase bereits möglichst alle für die Durchführung eines Asylverfahrens notwendigen Abklärungen vorgenommen werden. Zudem werden im Rahmen des beschleunigten Verfahrens nur Asylgesuche behandelt, bei welchen keine weiteren aufwendigen Abklärungen notwendig sind.

Bei diesen Behandlungsfristen des BFM handelt es sich um Ordnungsfristen, welche bei Vorliegen von triftigen Gründen um einige Tage überschritten werden können, wenn das Verfahren innert kurzer Frist abgeschlossen werden kann (Abs. 3). Dies kann z.B. aus organisatorischen Gründen notwendig sein (z.B. bei Krankheit oder unvorhergesehener Abwesenheit einer am Verfahren beteiligten Person) oder wenn Abklärungen getätigt werden müssen, die nur geringen Aufwand verursachen und deshalb nur wenige Tage in Anspruch nehmen (vgl. auch Kommentar zu Art. 26c und 26d E-AsylG).

Im erweiterten Verfahren soll die Behandlungsfrist für das BFM zwei Monate (zusammen mit der Vorbereitungsphase rund drei Monate) betragen. Das geltende Recht sieht vor, dass die Behandlungsfrist für alle materiellen Entscheide in der Regel zehn Arbeitstage nach der Einreichung des Asylgesuchs beträgt (Art. 37 Abs. 2 AsylG in Kraft seit 1. Februar 2014). In der Botschaft des Bundesrates vom 26. Mai 2010 wird hierzu u.a. ausgeführt, dass diese Ordnungsfrist überschritten werden kann, insbesondere wenn notwendige Abklärungen zum Sachverhalt vorgenommen werden müssen, welche mehr Zeit in Anspruch nehmen60. Gerade bei Asylgesuchen, welche im erweiterten Verfahren behandelt werden, ist davon auszugehen, dass zeitintensive weitere Abklärungen vorgenommen werden müssen. Es ist deshalb gerechtfertigt, die entsprechende Behandlungsfrist des BFM auf zwei Monate festzusetzen.

Da es sich bei den vorgeschlagenen Behandlungsfristen um Ordnungsfristen handelt (einschliesslich derjenigen im erweiterten Verfahren), welche bei notwendigen Abklärungen zum
Sachverhalt überschritten werden können, kann auf den Begriff «in der Regel» verzichtet werden.

Absatz 5 entspricht grundsätzlich materiell unverändert den heutigen Absätzen 1 und 2 in Artikel 37 AsylG. Diese Bestimmung regelt die Behandlungsfrist des BFM bei allen übrigen Nichteintretensentscheiden oder materiellen Entscheiden, welche gestützt auf das Asylgesetz ergehen (z.B. bei Mehrfachgesuchen, Art. 111c AsylG).

60

Vgl. Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Asylgesetzes vom 26. Mai 2010 (10.052; BBl 2010 4496).

8076

Auch hier kann auf den Begriff «in der Regel» verzichtet werden, da es sich um eine Ordnungsfrist handelt.

Gemäss Absatz 6 soll das BFM Asylgesuche von Personen ausserhalb der Reihe und unverzüglich behandeln, wenn sich die Betroffenen aufgrund eines Ersuchens des Staates, vor welchem sie die Schweiz um Schutz ersuchen, in Auslieferungshaft befinden (vgl. hierzu auch Kommentar zu Art. 109 Abs. 7 E-AsylG).

Art. 43 Abs. 1 und 4 Zu Abs. 1 Während des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes sollen Asylsuchende keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können. Dies gilt auch für die besonderen Zentren sowie für die kantonalen und kommunalen Zentren (Art. 24a und 24e E-AsylG). Es ist wichtig, dass sich Asylsuchende in dieser Zeit dem BFM zur Verfügung halten. Nur so können Asylverfahren effektiv beschleunigt werden. Vom Verbot der Erwerbstätigkeit ausgenommen ist die Teilnahme an Beschäftigungsprogrammen (vgl. Art. 43 Abs. 4 E-AsylG).

Nach einer Zuweisung auf die Kantone unterstehen die Betroffenen keinem Arbeitsverbot mehr. Die heute geltende Regelung, wonach Asylsuchende in den ersten drei Monaten nach Einreichung ihres Gesuches generell keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, soll im erweiterten Verfahren nicht weitergeführt werden. Ihre Asylgesuche sind nicht offensichtlich unbegründet, und eine allfällige Erwerbstätigkeit kann sinnvoll sein. Sie kann auch zu einer finanziellen Entlastung des Bundes führen.

Zu Abs. 4 Neu soll der Begriff «gemeinnützig» gestrichen werden. Damit soll die Regelung derjenigen im AuG angeglichen werden (vgl. Art. 30 Abs. 1 Bst. l AuG).

Die Teilnahme an Beschäftigungsprogrammen stellt in der Regel keine Tätigkeit dar, die üblicherweise gegen Entgelt ausgeübt wird. Sie gilt deshalb nicht als Erwerbstätigkeit im Sinne von Artikel 11 AuG und ist auch nicht bewilligungspflichtig. Mit Beschäftigungsprogrammen soll den negativen Folgen der Beschäftigungslosigkeit vorgebeugt werden und die Rückkehr- bzw. die Wiedereingliederungsfähigkeit erhalten bleiben. Ein Beschäftigungsprogramm darf zudem keine gewinnorientierte Erwerbsmöglichkeit bieten. Es können aber im Sinne einer Motivationszulage geringfügige Entschädigungen ausgerichtet werden (Art. 6a Abs. 4 der Verordnung des EJPD vom 24. November 200761 über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich). Sobald nicht nur
eine Motivationszulage, sondern ein Lohn ausgerichtet wird, gelten wie bis anhin die Bestimmungen über die Erteilung einer Arbeitsbewilligung (Art. 52 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 200762 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE]). Bei Asylsuchenden, die an Beschäftigungsprogrammen teilnehmen, gelten als Zulassungsvoraussetzungen die im Programm festgesetzten Bedingungen (Art. 52 Abs. 2 VZAE).

61 62

SR 142.311.23 SR 142.201

8077

Art. 45 Abs. 1 Bst. c, 2 und 2bis Zu Abs. 1 Bst. c Es handelt sich hier um eine redaktionelle Anpassung. So kann die zuständige kantonale Behörde eine betroffene Person bereits dann in Ausschaffungshaft nehmen, wenn ein erstinstanzlicher Wegweisungsentscheid eröffnet worden ist (vgl. Art. 76 AuG), ohne dass der Ablauf der im Asylentscheid festgesetzten Ausreisefrist abgewartet werden muss. Aus diesem Grund soll der Begriff «im Unterlassungsfall» gestrichen werden.

Zu den Abs. 2 und 2bis Der erste Satz von Absatz 2 entspricht der heute geltenden Regelung, wonach die Ausreisefrist generell zwischen sieben und dreissig Tagen betragen soll. Die Sätze zwei und drei regeln die Ausreisefristen im beschleunigten Verfahren (zweiter Satz) und im erweiterten Verfahren (dritter Satz). Die Ausreisefrist für Dublin-Verfahren richtet sich wie bis anhin nach Absatz 3. Die allgemeine Regelung im ersten Satz findet somit in allen übrigen Verfahren Anwendung (z.B. bei Mehrfachgesuchen nach Art. 111c E-AsylG).

Im beschleunigten Verfahren soll die Ausreisefrist sieben Tage betragen. Im erweiterten Verfahren beträgt sie wie bis anhin zwischen sieben und dreissig Tagen (Abs. 2). Diese Regelung entspricht der EU-Rückführungsrichtlinie, wonach die Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tage betragen kann. Im DublinVerfahren kann die Ausreisefrist wie bis anhin weniger als sieben Tage betragen (siehe Abs. 3).

Absatz 2bis entspricht materiell unverändert dem bisherigen Absatz 2, 2. Satz. Vgl.

auch Ziffern 1.2.3 Abschnitt «Vollzug von Wegweisungen» und 2.2.4.

Art. 46 Abs. 1bis und 1ter Zu Absatz 1bis Vgl. Kommentar zu Artikel 27 E-AsylG.

An den Asylkonferenzen vom 21. Januar 2013 und vom 28. März 2014 bestand Einigkeit darüber, dass grundsätzlich der Standortkanton für den Wegweisungsvollzug während des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes zuständig ist (beschleunigtes Verfahren und Dublin-Verfahren; vgl. auch Ziff. 7.3.1 Bst. a Schlussbericht «Gesamtplanung Neustrukturierung des Asylbereiches»). Sehen die Kantone jedoch z.B. im Rahmen von Vereinbarungen oder Konkordaten eine andere Regelung vor, so bleibt diese vorbehalten (vgl. Ziff. 3.3.4 des Schlussberichtes der Arbeitsgruppe Bund/Kantone vom 21. November 2012). Ausserdem soll die Möglichkeit bestehen, einen anderen Vollzugskanton zu bezeichnen, wenn beispielsweise
ein Ausreisezentrum in einem kleineren Kanton liegt. Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen für die Bezeichnung eines anderen Vollzugskantons auf Verordnungsstufe.

Zu Abs. 1ter Bei einem Mehrfachgesuch nach Artikel 111c AsylG bleibt der im Rahmen des früheren Asyl- und Wegweisungsverfahrens zuständige Kanton auch weiterhin für den Vollzug der Wegweisung und die Ausrichtung von Nothilfe zuständig. Diese Regelung soll neu ausdrücklich im Asylgesetz vorgesehen werden. Sie entspricht Ziffer 5.1.2 der Weisung des BFM zum Asylgesetz (III), Stand 4. Juli 2014.

8078

Art. 52 Abs. 2 (aufgehoben) Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG beschlossene Aufhebung der Möglichkeit, Asylgesuche bei einer schweizerischen Vertretung einzureichen (Vorlage 3), soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden. Diese Bestimmung ist ebenfalls davon betroffen.

Art. 68 Abs. 3 (aufgehoben) Vgl. Kommentar zu Artikel 52 Absatz 2 E-AsylG.

Art. 69 Abs. 1 Es handelt sich hier um eine redaktionelle Anpassung. Artikel 24 E-AsylG regelt neu die Zentren des Bundes und muss deshalb gestrichen werden.

Art. 72

Verfahren

Es handelt sich hier um eine Anpassung an das Konzept Neustrukturierung. Auf die Verfahren von Schutzbedürftigen sollen neu auch die Bestimmungen über die Zentren des Bundes sinngemäss Anwendung finden (vgl. Art. 24 ff. E-AsylG). Bei betroffenen Personen, die sich im Inland aufhalten, sollen zudem die Bestimmungen über den Rechtsschutz sinngemäss anwendbar sein (vgl. Art. 69 E-AsylG und Art. 102f ff. E-AsylG).

Nach geltendem Recht wird in den EVZ im Rahmen einer Kurzbefragung vorerst abgeklärt, ob eine betroffene Person, zu der vom Bundesrat bezeichneten Gruppe von Schutzbedürftigen angehört (vgl. Art. 69 Abs. 2 i. V.m. Art. 66 AsylG). Neu soll diese Kurzbefragung in den Zentren des Bundes durchgeführt werden (vgl.

Art. 69 Abs. 2 AsylG). Die Kurzbefragung in den Zentren des Bundes soll im Beisein einer Rechtsvertretung durchgeführt werden (vgl. Art. 102h E-AsylG). Nach dieser Kurzbefragung bestimmt das BFM, wer der vom Bundesrat bezeichneten Gruppe von Schutzbedürftigen angehört und wem in der Schweiz vorübergehender Schutz gewährt wird (vgl. Art. 69 Abs. 2 AsylG). Bei Personen, denen der vorübergehende Schutz in der Schweiz gewährt wird, wird das hängige Asylverfahren sistiert, und sie werden wie bereits heute auf die Kantone verteilt. Bei Personen, welche die Flüchtlingseigenschaft offensichtlich erfüllen oder bei denen der vorübergehende Schutz verweigert wurde, wird das Asylverfahren in den Zentren des Bundes fortgeführt.

Bei Schutzbedürftigen, die sich im Ausland befinden (68 AsylG) und denen vor Ort vorübergehender Schutz gewährt wird, sollen die Bestimmungen über den Rechtsschutz (Art. 102f ff. E-AsylG) nicht anwendbar sein. In diesen Fällen soll der vorübergehende Schutz in der Regel durch das BFM, allenfalls im Beisein des UNHCR direkt vor Ort gewährt werden. Die Betroffenen sollen nach ihrer Einreise in die Schweiz über die Zentren des Bundes in die Kantone verteilt werden (vgl. hierzu Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision des Asylgesetzes sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über den Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 4. Dezember 199563).

63

BBl 1996 II 80

8079

Art. 75 Abs. 4 Vgl. hierzu Kommentar zu Artikel 43 Absatz 4 E-AsylG.

Art. 76 Abs. 5 Personen, bei welchen der vorübergehende Schutz aufgehoben werden soll, sollen sich bei entscheidrelevanten Verfahrensschritten an eine Rechtsberatungsstelle im Kanton wenden können. Artikel 102l E-AsylG soll entsprechend sinngemäss auch für diese Personen anwendbar sein. Für das Beschwerdeverfahren gilt Artikel 102m Absatz 1 Buchstabe d E-AsylG.

Art. 78 Abs. 4 Der Hinweis auf Artikel 30 AsylG muss gestrichen werden, da diese Bestimmung aufgehoben werden soll (Hilfswerksvertretung). Personen, bei welchen der vorübergehende Schutz widerrufen werden soll, sollen sich bei entscheidrelevanten Verfahrensschritten an eine Rechtsberatungsstelle im Kanton wenden können. Artikel 102l E-AsylG soll entsprechend sinngemäss auch für diese Personen anwendbar sein. Für das Beschwerdeverfahren gilt Artikel 102m Absatz 1 Buchstabe d E-AsylG.

Gliederungstitel vor Art. 80

5. Kapitel: Sozialhilfe und Nothilfe 1. Abschnitt: Ausrichtung von Sozialhilfe, Nothilfe und Kinderzulagen sowie Grundschulunterricht Vgl. hierzu auch Ziffern 1.2.4 und 2.2.5.

Da im Artikel 80 Absatz 4 neu der Grundschulunterricht geregelt wird, muss der Titel des ersten Abschnitts entsprechend angepasst werden.

Art. 80

Zuständigkeit in den Zentren des Bundes

Aus systematischen Gründen soll die Zuständigkeit in den Zentren des Bundes (Art. 80 E-AsylG) und in den Kantonen (Art. 80a E-AsylG) in zwei separaten Artikeln geregelt werden. Artikel 80 Absatz 1 E-AsylG wird neu im Artikel 80a geregelt. Während der Dauer des Aufenthalts in einem Zentrum des Bundes ist der Bund für die Ausrichtung der Sozial- oder der Nothilfe zuständig (Abs. 1). Dabei gelten die allgemeinen Bestimmungen zur Sozialhilfe, zur Nothilfe und zur Krankenversicherung (Art. 81­83a AsylG) sinngemäss auch für Personen, die sich in einem Zentrum des Bundes aufhalten. Dadurch sind sie Personen gleichgestellt, die sich zu diesem Zeitpunkt in einem Kanton befinden. Zusammen mit dem Standortkanton und den beauftragten Dritten gewährleistet der Bund zudem, dass der Zugang zu einer adäquaten Gesundheitsversorgung und die Durchführung des Grundschulunterrichts sichergestellt sind. Dazu gehören auch der Abschluss und die Verwaltung der Krankenversicherung. Zudem sieht das revidierte Epidemiengesetz64 (EpG) spezifische Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten auch im Asylbereich vor.

64

BBl 2012 8157

8080

Das BFM kann Dritte mit der Ausrichtung der Unterstützung (Sozialhilfe oder Nothilfe, der Betreuung sowie mit der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und des Grundschulunterrichts beauftragen (Abs. 2). Es gilt die Aufwendungen für Verwaltungs- und Personalkosten sowie für die übrigen Kosten analog der TestV gestützt auf Verträge (vgl. Art. 31 Abs. 2 TestV) ab. Die Abgeltung erfolgt grundsätzlich durch Pauschalen. Zur Abgeltung einmalig anfallender Kosten können die Beiträge ausnahmsweise nach Aufwand festgesetzt werden. Damit ist die Priorität der Pauschalabgeltung festgehalten. Der Grundgedanke dabei ist, dass wiederkehrende Kosten (wie z.B. Essen, Unterbringung, etc.) pauschal abgegolten werden sollen. Einmalige Kosten, die genau bezifferbar sind, zum Beispiel Einrichtungsoder Renovationskosten sollen effektiv zurück erstattet werden.

Das BFM kann mit dem Standortkanton vereinbaren, dass er die obligatorische Krankenversicherung abschliesst. Ein solcher Abschluss gewährleistet eine lückenlose Versicherung beim Übergang vom beschleunigten zum erweiterten Verfahren.

Die Asylsuchenden können dabei in schon bestehende Kollektivverträge der Kantone mit den Krankenversicherungen eingebunden werden. Bei einer solchen Vereinbarung vergütet das BFM die Kosten für die Krankenkassenprämien, den Selbstbehalt und die Franchise pauschal. In Artikel 31 Absatz 3 TestV wird bereits der gleiche Wortlaut wie im neuen Artikel 80 Absatz 3 verwendet.

Die Formulierung in Absatz 4 respektiert die verfassungsmässige Kompetenzordnung, wonach die Kantone für den obligatorischen Schulunterricht zuständig sind. In Anwendung der Artikel 19 und 62 der BV sowie gemäss dem Diskriminierungsverbot nach den Artikeln 2 und 28 Absatz 1a des Übereinkommens vom 20. November 198965 über die Rechte des Kindes haben die Kantone den Auftrag, einen ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht zu gewährleisten, der allen Kindern offensteht. Für Kinder, die sich in einem Zentrum des Bundes aufhalten, soll dieser unmittelbar nach Wohnsitznahme im Zentrum gewährleistet sein. Da die bisherige Höchstdauer in den EVZ von 90 Tagen neu auf mindestens 100­140 Tage Aufenthalt in den Zentren des Bundes verlängert wird, sollen betroffene Schulpflichtige nicht schlechter gestellt werden als bei einer Zuweisung auf die Kantone. Der
Standortkanton übernimmt die Organisation des Grundschulunterrichts (Anstellung der Lehrpersonen, Umschreibung der Lehrinhalte, Einteilung und Aufbau der Schulklassen, etc.). Der Bund kann für die Durchführung des Grundschulunterrichts Beiträge ausrichten, wobei die Entschädigung grundsätzlich pauschal erfolgen soll.

Zur Entschädigung einmalig anfallender Kosten können die Beiträge ausnahmsweise nach Aufwand festgesetzt werden.

Art. 80a

Zuständigkeit in den Kantonen

Der Hinweis auf den bisherigen Artikel 30 Absatz 2 AsylG muss gestrichen werden, da die Hilfswerksvertretungen bei der Anhörung nicht mehr anwesend sind. Die Zuständigkeit für die Ausrichtung von Sozial- oder Nothilfe ist von der vorgeschlagenen Neustrukturierung im Asylbereich nicht betroffen: Erfolgt eine Zuteilung von Asylsuchenden auf die Kantone, sind diese zuständig für die Ausrichtung der Sozialoder der Nothilfe (vgl. Satz 1). Dies ist dann der Fall, wenn Asylsuchende im Rahmen des erweiterten Verfahrens den Kantonen zugewiesen werden. Gleiches gilt für Personen im beschleunigten Verfahren oder im Dublin-Verfahren, bei welchen eine 65

SR 0.107

8081

Zuweisung an die Kantone vor Ablauf der Maximaldauer von 140 Tagen erfolgt (z.B. bei einem erheblichen Anstieg der Asylgesuche siehe Art. 24 Abs. 5 E-AsylG).

Bei Personen, deren Asylgesuch im beschleunigten oder im Dublin- Verfahren in den Zentren des Bundes rechtskräftig abgeschlossen wurde, erfolgt keine Zuweisung an die Kantone. Kann der Vollzug für diese Personen jedoch während der Maximaldauer von 140 Tagen nicht sichergestellt werden, ist die Nothilfe von dem Kanton zu gewähren, der für den Vollzug der Wegweisung als zuständig bezeichnet worden ist (vgl. Satz 2). Dies sind die Standortkantone der Ausreisezentren.

Art. 82 Abs. 2bis Seit dem 1. Februar 2014, Inkrafttreten der Änderung des Asylgesetzes vom 14. Dezember 2012, haben Personen mit einem Mehrfachgesuch nur noch Anspruch auf Nothilfe (Art. 82 Abs. 2 AsylG). Die Nothilfeleistungen werden den Kantonen über die Nothilfepauschalen abgegolten. Dies gilt auch für rechtskräftig abgewiesene Personen im Vollzug und im ausserordentlichen Rechtsmittelverfahren. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich eine Gleichstellung dieser Kategorien (Vollzug, Mehrfachgesuche, Wiedererwägungs- und Revisionsgesuche). Damit soll verhindert werden, dass mit der Einreichung von unbegründeten Wiedererwägungs- und Mehrfachgesuchen eine Besserstellung gegenüber Personen im Vollzug erreicht werden kann.

Die Ausgangslage ist aber eine andere, wenn die zuständigen Bundesbehörden aufgrund besonderer Umstände ein generelles Entscheid- und Vollzugmoratorium für eine bestimmte Gruppe von Asylsuchenden erlassen. Der mit einem Moratorium einhergehende längere Aufenthalt der Betroffenen ist nicht auf deren missbräuchliches Verhalten zurückzuführen. Vielmehr können aufgrund der unsicheren Situation im Herkunftsstaat keine Entscheide mit Wegweisungsvollzug getroffen werden.

Mit dem neuen Artikel 82 Absatz 2bis soll deshalb die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Kantone während der Dauer eines generellen Entscheid- und Vollzugsmoratoriums den davon betroffenen Personen Sozialhilfe ausrichten können, wenn das EJPD dies vorsieht. Der Bund vergütet den Kantonen während der Dauer eines solchen Moratoriums die Sozialhilfekosten mittels Globalpauschale. So wird eine ungewollte Kostenverschiebung auf die Kantone verhindert. Zudem soll durch ein Moratorium ein Pulleffekt vermieden
werden (keine sofortige Schutzgewährung für die Betroffenen, solange die Situation nicht geklärt ist).

Mit dem Begriff «generelles Entscheid- und Vollzugsmoratorium» soll deutlich gemacht werden, dass es sich um ein Moratorium von einer gewissen Tragweite handeln muss. Die konkrete Ausgestaltung des Moratoriums (z. Bsp. Dauer, Personenkreis) soll jedoch nicht bereits auf Gesetzesstufe festgelegt werden, sondern kann auf Verordnungsstufe präzisiert werden. Grundsätzlich sollten solche generellen Entscheid- und Vollzugsmoratorien nicht länger als ein Jahr dauern. Nach Ablauf dieser Dauer ist, wenn sich eine Beruhigung der Situation im Herkunftsstaat nicht abzeichnet, für die betroffenen Personen eine andere Regelung (z. Bsp. vorläufige Aufnahme) zu suchen.

Diese neue Gesetzesbestimmung lehnt sich an die Ausnahmebestimmung zur Erwerbstätigkeit nach Artikel 43 Absatz 3 AsylG an, wonach die Kantone auch bestimmten Personen nach Ablauf der Ausreisefrist (rechtskräftig weggewiesene Personen im Vollzug oder Personen mit einem ausserordentlichen Rechtsmittelver8082

fahren) oder für Personen mit einem Mehrfachgesuch eine Erwerbstätigkeit bewilligen können, sofern besondere Umstände vorliegen.

Art. 88 Abs. 1 und 3bis Zu Abs. 1 Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an die neuen Artikel 93a und 93b E-AsylG.

Zu Abs. 3bis Für Personen, die in der Schweiz Asyl erhalten haben, besteht seit dem 1. Februar 2014 nach fünf Jahren rechtmässigem Aufenthalt kein Anspruch mehr auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung. Früher hat das BFM für diese Personen bis zum Erhalt der Niederlassungsbewilligung eine Globalpauschale an die Kantone ausgerichtet; seit dem 1. Februar 2014 wird sie noch während fünf Jahren seit Einreichung des Asylgesuchs ausgerichtet (Art. 88 Abs. 3 AsylG). Wie bis anhin auf Verordnungsstufe soll nun neu auf Gesetzesstufe vorgesehen werden, dass den Kantonen bei Personen, die im Rahmen einer Asylgewährung für Flüchtlingsgruppen in der Schweiz aufgenommen werden, die Pauschale ausnahmsweise länger als fünf Jahre ausgerichtet werden kann. Diese Ausnahmebestimmung soll insbesondere dazu dienen, vorübergehende Deckungslücken im Bereich der Sozialversicherungen zu überbrücken. Dadurch soll die Bereitschaft der Kantone gefördert werden, insbesondere betagte Personen, Personen mit einer schweren chronischen Krankheit oder Personen mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung aufzunehmen.

Art. 91 Abs. 2ter und 4bis Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG beschlossene Möglichkeit, dass der Bund den Standortkantonen von Zentren des Bundes einen Pauschalbeitrag an die Sicherheitskosten ausrichten und Beiträge für die Durchführung von Beschäftigungsprogrammen gewähren kann, soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden (Art. 91 Abs. 2ter und 4bis gemäss Vorlage 3). Da der Begriff «Zentren des Bundes» neben den Zentren nach Artikel 24 E-AsylG und den kantonalen und kommunalen Zentren nach Artikel 24e E-AsylG auch die besonderen Zentren umfasst (Art. 24a E-AsylG), kann der Hinweis auf Artikel 24a AsylG gestrichen werden.

Art. 93a

Rückkehrberatung

Zu Abs. 1 Der Rückkehrberatung soll im Rahmen der Neustrukturierung des Asylbereichs ein grosses Gewicht eingeräumt werden. Ziel der Rückkehrberatung in den Zentren des Bundes ist es, die asylsuchenden Personen frühzeitig und umfassend auf das bestehende Rückkehrhilfeangebot hinzuweisen und dadurch die freiwillige Rückkehr zu fördern.

Bei asylsuchenden Personen, die z.B. im Rahmen des erweiterten Verfahrens einem Kanton zugewiesen werden, ist dieser auch für die Rückkehrberatung zuständig.

8083

Das BFM soll die Möglichkeit für regelmässige Rückkehrgespräche in den Zentren des Bundes schaffen. Der Zugang zur Rückkehrberatung und die freiwillige Ausreise mit Rückkehrhilfe sind in jeder Verfahrensphase möglich (auch in der Vorbereitungsphase). Dadurch werden der betroffenen Person Alternativen zum Asylverfahren in der Schweiz aufgezeigt, und sie kann sich frühzeitig mit einer allfälligen Rückkehr in den Heimatstaat befassen.

Die Rückkehrhilfe richtet sich wie bis anhin nach Artikel 93 AsylG.

Zu Abs. 2 Eine vom BFM unabhängige Stelle (kantonale Rückkehrberatungsstelle oder Dritte) führt die Rückkehrberatung in den Zentren des Bundes durch. Dies entspricht einem Anliegen der bereits heute bestehenden Rückkehrberatungsstellen, welche einer unabhängigen Beratung grossen Wert beimessen.

Art. 93b

Beiträge an die Rückkehrberatung

Zu Abs. 1 Der Bund entrichtet Beiträge an den Leistungserbringer in den Zentren des Bundes.

Sie sind eine Entschädigung für die Information und Beratung der Asylsuchenden und weggewiesenen Personen in Bezug auf ihre Rückkehrmöglichkeiten und beinhalten die Verwaltungs- und Personalkosten der kantonalen Rückkehrberatungsstelle oder des beauftragten Dritten. Die Abgeltung dieser Kosten des Leistungserbringers der Rückkehrberatung in den Zentren des Bundes soll, analog der vorgeschlagenen Regelung für die Abgeltung der Beratung und Rechtsvertretung von Asylsuchenden (vgl. Art. 102k E-AsylG), im Rahmen einer Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Leistungserbringer festgelegt werden.

Zu Abs. 2 Die Ausrichtung der Beiträge für die Abgeltung der in den Kantonen geleisteten Rückkehrberatung soll weiterhin vom Bundesrat auf Verordnungsstufe festgelegt werden und richtet sich nach dem geltenden Artikel 93 Absatz 4 AsylG.

Art. 94 (aufgehoben) Da die Hilfswerksvertretung nicht mehr regelmässig bei Anhörungen anwesend ist, soll Artikel 94 AsylG (Beiträge an Hilfswerke) aufgehoben werden (siehe auch Art. 30 AsylG).

Gliederungstitel vor Art. 95a

6a. Kapitel: Plangenehmigung bei Bauten und Anlagen des Bundes Siehe hierzu auch Ziffern 1.2.8 und 2.3.

8084

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 95a

Grundsatz

Zu Abs. 1 Es wird der Grundsatz festgelegt, wonach Bauten und Anlagen, die dem Bund zur Unterbringung von Asylsuchender oder zur Durchführung von Asylverfahren dienen, nur mit einer Plangenehmigung des EJPD errichtet, geändert oder diesem neuen Nutzungszweck zugeführt werden dürfen. Bei Gebäuden zur Durchführung von Asylverfahren handelt es sich z.B. um Gebäude, die der Befragung der Asylsuchenden, der Beratung über das Asylverfahren oder der medizinischen Versorgung dienen.

Es wurde darauf verzichtet, im Gesetz ausdrücklich zu verankern, dass die neu geschaffenen Strukturen bei Bedarf auch von den Kantonen mitgenutzt werden können. Eine solche Bestimmung gehört systematisch nicht zur Regelung des Plangenehmigungsverfahrens, sondern kann zum Beispiel im auszuarbeitenden Sachplan aufgenommen werden. Es ist dabei Absicht des Bundes, dass auch die Kantone die Bundesstrukturen zur Unterbringung der ihnen zugewiesenen Asylsuchenden bei Bedarf nutzen können. Dies betrifft zum Beispiel auch Personen, mit einem negativen Asylentscheid, die sich im Wegweisungsvollzug befinden. Zudem kann im Sachplan beispielsweise festgelegt werden, dass bei Bedarf auch Mitbenutzungen (z.B. Freizeitanlagen, soziale Anlässe usw.) ermöglicht werden.

Die Plangenehmigung ist durch das EJPD zu erteilen. Allgemein ist in anderen bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren in der Regel ein Bundesamt Genehmigungsbehörde, vereinzelt aber auch ein Departement. Bundesämter können vor allem in solchen Verfahren als Genehmigungsbehörde eingesetzt werden, in denen private Gesuchsteller auftreten und die politischen Dimensionen des Projekts überblickbar sind.

Ist eine Bundesbehörde Gesuchstellerin, sollte das entsprechende Departement für die Erteilung der Plangenehmigung zuständig sein. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass ein Amt das Verwaltungsverfahren instruiert, das mit einem Departementsentscheid endet. Im vorliegenden Fall würde aber das BFM gleichzeitig als Gesuchstellerin und als instruierende Behörde auftreten. Diese Doppelfunktion kann vermieden werden, indem das GS-EJPD selber als instruierende Behörde handelt.

Mit diesem Modell bleibt auch die Kohärenz der Rechtsetzung gewahrt.

Zu den Abs. 2 und 3 Diese Absätze entsprechen den üblichen Formulierungen bei bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren. Unter anderem wird
festgehalten, dass das kantonale Recht zu berücksichtigen ist, soweit es die Erfüllung der Aufgaben zur Unterbringung Asylsuchender oder zur Durchführung von Asylverfahren nicht unverhältnismässig einschränkt. Mit der Formulierung in Absatz 3 ist der Einbezug des kommunalen Rechts ebenfalls gewährleistet.

Zu Abs. 4 Bei Vorhaben, die sich erheblich auf Raum und Umwelt auswirken, wird grundsätzlich ein Sachplan vorausgesetzt. Dabei soll jedoch nicht jedes Vorhaben des Bundes in einen Sachplan aufgenommen und örtlich lokalisiert werden. Ein Kriterium für

8085

die Aufnahme in den Sachplan ist zum Beispiel die Grösse der Unterkunft und die mit ihr verbundenen Nebenräume und Nebenanlagen.

Grosse Zentren des Bundes gehören somit in einen Sachplan, während Einrichtungen für die vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden im Sachplan nicht räumlich abgestimmt werden müssen.

Der Sachplan soll auch einen allgemeinen, konzeptionellen Teil enthalten. In Bezug auf die Unterbringung von Asylsuchenden ist es sinnvoll, in diesem Teil grundsätzliche Erörterungen zu Standortfragen und zur Betriebsführung von Einrichtungen für Asylsuchende aufzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn sie bloss temporär genutzt werden oder wegen ihrer Grösse und ihrer Auswirkungen auf die Umgebung nicht sachplanpflichtig sind.

Art. 95b

Enteignungsrecht und anwendbares Recht

Artikel 95b E-AsylG regelt das anwendbare Recht. Die Bestimmung entspricht der üblichen Formulierung bei anderen bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren.

Es wird auf Gesetzesstufe ausdrücklich verankert, dass das EJPD ermächtigt ist, nötigenfalls die Enteignung durchzuführen.

Gliederungstitel vor Art. 95c

2. Abschnitt: Plangenehmigungsverfahren Art. 95c­95j In den Artikel 95c­95j E-AsylG wird das Verfahren näher beschrieben. Es entspricht den bestehenden bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren. Dies betrifft die Bestimmungen zur Einleitung des ordentlichen Plangenehmigungsverfahrens (Art. 95c E-AsylG), die Aussteckung (Art. 95d E-AsylG), die Anhörung, die Publikation und Auflage (Art. 95e E-AsylG), die persönliche Anzeige (Art. 95f E-AsylG) sowie die Einsprachemöglichkeiten (Art. 95g E-AsylG).

Mit dem Verweis in Artikel 95h E-AsylG wird sichergestellt, dass das Bereinigungsverfahren in der Bundesverwaltung den anderen Plangenehmigungsverfahren entspricht und sich nach Artikel 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199766 (RVOG) richtet.

Die in Artikel 95i E-AsylG vorgesehene Geltungsdauer der Plangenehmigung von fünf Jahren ist auch in anderen bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren vorgesehen (vgl. hierzu auch Ziff. 2.3).

Es wird zwischen dem ordentlichem und dem vereinfachtem Plangenehmigungsverfahren unterschieden. Das vereinfachte Plangenehmigungsverfahren (Art. 95j E-AsylG) soll ausschliesslich angewendet werden bei örtlich begrenzten Vorhaben mit wenigen, eindeutig bestimmbaren Betroffenen (Bst. a) sowie bei Bauten und Anlagen, deren Änderung oder Umnutzung das äussere Erscheinungsbild nicht wesentlich verändert, keine schutzwürdigen Interessen Dritter berührt und sich nur unerheblich auf Raum und Umwelt auswirkt (Bst. b). Schliesslich soll das vereinfachte Plangenehmigungsverfahren bei Bauten und Anlagen zur Anwendung kommen, die spätestens nach drei Jahren wieder entfernt werden (Bst. c).

66

SR 172.010

8086

Detailpläne, die sich auf ein bereits genehmigtes Projekt stützen, werden im vereinfachten Verfahren genehmigt (Art. 95j Abs. 2 E-AsylG). Anwendungsfall eines vereinfachten Plangenehmigungsverfahrens ist beispielsweise der Ersatz einer bestehenden Heizungsanlage durch eine verbesserte und umweltverträglichere Anlage.

Im Zweifelsfall ist aber immer das ordentliche Plangenehmigungsverfahren durchzuführen (Art. 95j Abs. 4 E-AsylG). Auch beim vereinfachten Plangenehmigungsverfahren besteht ein umfassender Rechtsschutz (Art. 95l E-AsylG) der Betroffenen.

Das Plangenehmigungsverfahren, insbesondere die Bestimmungen über die Einleitung des ordentlichen Plangenehmigungsverfahrens und die Anwendung des vereinfachten Plangenehmigungsverfahrens, soll in einer neuen Verordnung des Bundesrates konkretisiert werden (vgl. Ziff. 2.3).

3. Abschnitt: Schätzungsverfahren; vorzeitige Besitzeinweisung Art. 95k Die Bestimmungen zum Schätzungsverfahren und der vorzeitigen Besitzeinweisung entsprechen der üblichen Formulierung im Rahmen der bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren.

4. Abschnitt: Rechtsmittelverfahren Art. 95l Dieser Artikel regelt den Rechtsschutz. Wie bereits erwähnt stehen gegen die Entscheide des Departements (GS-EJPD) die Beschwerdemöglichkeit an das Bundesverwaltungsgericht und der Weiterzug an das Bundesgericht offen. Damit wird in allen Verfahren ein umfassender Rechtsschutz gewährleitstet.

Gliederungstitel vor Art. 99a

1a. Abschnitt: Informationssystem der Zentren des Bundes und der Unterkünfte an den Flughäfen Art. 99a Abs. 3 Bst. b Es handelt sich hier um eine redaktionelle Anpassung an Artikel 26 E-AsylG. Die summarische Befragung von Asylsuchenden wird neu in Absatz 3 von Artikel 26 E-AsylG geregelt.

Art. 99b Bst. d Asylsuchende sollen zukünftig in einem kantonal oder kommunal geführten Zentrum untergebracht werden können, wenn nicht genügend Unterbringungsplätze in den Zentren des Bundes verfügbar sind (Art. 24e E-AsylG).

8087

Um einen einheitlichen Betrieb der Zentren des Bundes auch in den kantonalen und kommunalen Zentren nach Artikel 24e E-AsylG zu gewährleisten, sollen neu auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen und kommunalen Zentren Zugriff auf das Informationssystem MIDES erhalten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen und kommunalen Zentren nach Artikel 24e E-AsylG sollen nur in dem Umfang Zugriff auf das Informationssystem MIDES erhalten, als dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Auftrag des BFM erforderlich ist. Dabei stehen Aufgaben im Bereich der Unterbringung und Betreuung im Vordergrund. Der Zugriff auf MIDES soll es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen oder kommunalen Zentren ermöglichen, Transfers zwischen den Zentren zu organisieren, den internen Dienstbetrieb sicherzustellen und zu gewährleisten, dass die Verfahrensabläufe eingehalten werden können. Art und Umfang der jeweiligen Zugriffsberechtigungen werden im Einzelnen auf Verordnungsstufe geregelt.

Gliederungstitel vor Art. 102

8. Kapitel: Rechtsschutz, Beschwerdeverfahren, Wiedererwägung und Mehrfachgesuche Siehe hierzu auch Ziffern 1.2.9 und 2.4.

1. Abschnitt: Rechtsschutz in den Zentren des Bundes In diesem Abschnitt wird der Rechtsschutz der Asylsuchenden während des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes geregelt (beschleunigtes Verfahren, DublinVerfahren).

Der 1a. Abschnitt regelt den Rechtsschutz von Asylsuchenden, die sich im Rahmen des erweiterten Verfahrens im Kanton aufhalten (siehe Art. 102l E-AsylG). Im Abschnitt 1b wird die unentgeltliche Rechtspflege insbesondere für das erweiterte Verfahren geregelt.

Art. 102f

Grundsatz

Zu Abs. 1 Als flankierende Massnahme zum raschen Verfahren besteht ein Anspruch auf eine kostenlose Beratung und Rechtsvertretung für Asylsuchende im beschleunigten Verfahren und bei den Dublin-Verfahren.

Beim erweiterten Verfahren besteht dieser Anspruch, solange sich die Betroffenen in den Zentren des Bundes aufhalten, d.h. bis zum Entscheid, dass das erweiterte Verfahren zur Anwendung kommt (Triage im erstinstanzlichen Verfahren). Danach werden die Betroffenen auf die Kantone verteilt (Art. 26d E-AsylG). Während des Aufenthaltes im Kanton besteht ein eingeschränkter kostenloser Rechtsschutz. Er richtet sich nach den Artikeln 102l und 102m E-AsylG im 1a. und im 1b. Abschnitt.

Die Zuweisung der Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes erfolgt bereits ab Beginn der Vorbereitungsphase. Ein Wechsel soll nur möglich sein, wenn dafür gewichtige Gründe bestehen.

8088

Während des Asylverfahrens kann die Beratung und Rechtsvertretung die Asylsuchenden insbesondere über das Verfahren informieren, an der Erstbefragung und an der Anhörung teilnehmen, zum Entwurf eines ablehnenden Asylentscheids Stellung nehmen und bei Bedarf eine Beschwerde gegen Verfügungen des BFM einreichen.

Zu Abs. 2 Die Organisation der Beratung und der Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes soll im Rahmen einer Leistungsvereinbarung durch einen oder mehrere beauftragte Dritte erfolgen. Je nach Standort der Zentren des Bundes ist es denkbar, dass verschiedene Leistungserbringer beauftragt werden. Aus organisatorischen Gründen soll jedoch pro Zentrum nur ein Leistungserbringer betraut werden. In welcher Form die Beratung und Rechtsvertretung sichergestellt wird, ist Inhalt der Leistungsvereinbarung. Denkbar ist, dass die Leistungserbringer zum Beispiel eine Liste mit interessierten und geeigneten Rechtsvertreterinnen und -vertretern führen. In diese Liste können Rechtsberatungsstellen sowie auch unabhängige Anwältinnen und Anwälte sowie Juristinnen und Juristen aufgenommen werden, die über vertiefte Kenntnisse im Asylrecht verfügen.

Die Beratung und Rechtsvertretung erfolgt in den Zentren des Bundes oder in deren unmittelbarer Nähe. Die Entschädigung erfolgt grundsätzlich pauschal an die Leistungserbringer. Zur Abgeltung einmalig anfallender Kosten können die Beiträge ausnahmsweise nach Aufwand festgesetzt werden. In den Beiträgen an den Leistungserbringer ist insbesondere auch eine Entschädigung für eine unabhängige Übersetzung (Dolmetscherin oder Dolmetscher) und die Organisation enthalten (vgl.

Art. 102k Abs. 2 E-AsylG).

Art. 102g

Beratung über das Asylverfahren

Die Beratung in den Zentren des Bundes steht für das gesamte Asylverfahren einschliesslich des Beschwerdeverfahrens zur Verfügung. Inhaltlich ist sie auf Fragen in Bezug auf das eigentliche Asylverfahren beschränkt. Asylsuchende können die Beratung ab dem ersten Tag ihres Aufenthaltes in den Zentren des Bundes beanspruchen. Die Büros befinden sich in den Zentren des Bundes oder in unmittelbarer Nähe.

Art. 102h

Rechtsvertretung

Zu Abs. 1 Die Zuweisung der Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes erfolgt unmittelbar nach Eintritt in ein Zentrum des Bundes und damit bereits ab Beginn der Vorbereitungsphase. Dies bedeutet, dass die Rechtsvertretung an der Erstbefragung in der Vorbereitungsphase teilnehmen kann, sofern die asylsuchende Person nicht ausdrücklich auf eine Rechtsvertretung verzichtet. Bei Verzicht auf die zugewiesene Rechtsvertretung nimmt die asylsuchende Person entweder ihre Rechte selber wahr, oder sie bestimmt eine andere bevollmächtigte Person als Rechtsvertretung. Die Kosten für eine selbstbestimmte Rechtsvertretung trägt die asylsuchende Person selbst.

Die Rechtsvertretung soll an allen verfahrensrelevanten Schritten beteiligt sein und so einen umfassenden Rechtsschutz sicherstellen. Ein Wechsel der Rechtsvertretung ist nur möglich, wenn gewichtige Gründe dafür sprechen. Dies könnte z.B. der Fall 8089

sein, wenn eine asylsuchende Person geschlechtsspezifische Verfolgungsgründe geltend macht und daher von einer Person gleichen Geschlechts vertreten werden möchte.

Zu den Abs. 2 und 4 Die Rechtsvertretung soll die asylsuchende Person so rasch als möglich über ihre Chancen im Asylverfahren informieren (Abs. 2). Ein definitiver Entscheid, dass eine Rechtsvertretung auf die Erhebung einer Beschwerde bei offensichtlich unbegründeten Asylgesuchen verzichtet, kann erst im Zeitpunkt erfolgen, in welchem alle entscheidrelevanten Aspekte eingehend geprüft und gewürdigt wurden. Dies ist erst gegeben, wenn ein erstinstanzlicher Entscheides vorliegt. Aus diesem Grund soll die zugewiesene Rechtsvertretung ihren Verzicht auf die Erhebung einer Beschwerde so rasch als möglich nach der Eröffnung des Asylentscheides der asylsuchenden Person mitteilen (Abs. 4). Durch die vorzeitige Information über die Chancen im Asylverfahren (Abs. 2) können sich die betroffenen Asylsuchenden frühzeitig auf eine allfällige Beschwerdeerhebung vorbereiten (z.B. durch Kontaktaufnahme mit einer selber bestimmten Rechtsvertretung). Damit können die Betroffenen ihr Beschwerderecht uneingeschränkt wahrnehmen.

Zu den Abs. 3 und 5 Ab dem Zeitpunkt der Zuteilung dauert die Rechtsvertretung im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren bis zur Rechtskraft des Entscheides.

Im erweiterten Verfahren besteht sie grundsätzlich bis zum Entscheid über dessen Durchführung. Dieser Entscheid wird nach der Anhörung zu den Asylgründen oder der Gewährung des rechtlichen Gehörs gefällt. Die Beratung und Rechtsvertretung nach Zuweisung auf einen Kanton richtet sich nach den Artikeln 102l und 102m E-AsylG. Die Betroffenen können sich während ihres Aufenthaltes im Kanton kostenlos an eine Rechtsberatungsstelle wenden, wenn im Rahmen ihres Asylverfahrens entscheidrelevante Verfahrensschritte durchgeführt werden, z.B. eine weitere Anhörung zu den Asylgründen (Art. 102l E-AsylG). Anstelle dieser Möglichkeit kann die zugewiesene Rechtsvertretung auch nach der Zuweisung auf die Kantone beibehalten werden (vgl. hierzu Art. 102l E-AsylG). Steht die zugewiesene Rechtsvertretung für das erweiterte Verfahren nicht mehr zur Verfügung, orientiert sie die Rechtsberatungsstelle im Kanton über den Verfahrensstand (vgl. Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG).

Für das
Beschwerdeverfahren erhalten die Betroffenen eine amtliche Verbeiständung, wenn sie mittelos sind und ihre Beschwerde nicht von vorherein aussichtslos ist (Art. 102m E-AsylG). Die Beschwerdefrist im erweiterten Verfahren soll weiterhin 30 Tage betragen. Weitere Massnahmen zum Rechtsschutz sind daher nicht erforderlich.

Die Aufgaben der Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes sind in Artikel 102k E-AsylG geregelt.

Art. 102i

Aufgaben des Leistungserbringers

Zu den Abs. 1 und 2 Der Leistungserbringer ist zuständig für die Organisation der Beratung über das Asylverfahren und der Rechtsvertretung. Er stellt sicher, dass die Wahrnehmung dieser Aufgaben einem hohen Qualitätsstandard entspricht. Es ist Aufgabe des 8090

Leistungserbringers, die mit diesen Aufgaben betrauten Personen zu bestimmen und sie den Asylsuchenden zuzuweisen. Damit wird gewährleistet, dass diese Personen von einer neutralen Stelle zugewiesen werden. Es ist wichtig, dass diese Funktion objektiv und unabhängig wahrgenommen werden kann.

Zu den Abs. 3 und 4 Zur unentgeltlichen Beratung über das Asylverfahren sind alle Personen zugelassen, die über berufliche Erfahrungen mit Asylsuchenden verfügen. Ein juristischer Hochschulabschluss soll nicht vorausgesetzt werden. Bereits heute werden die Asylsuchenden auch durch Personen beraten, die über berufliche Erfahrungen im Asylbereich verfügen, jedoch nicht über einen juristischen Hochschulabschluss (Rechtsberatungsstellen).

Zur unentgeltlichen Rechtsvertretung zugelassen sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Ebenfalls zugelassen sind Personen mit einem universitären juristischen Hochschulabschluss (ohne Anwaltszulassung), die über berufliche Erfahrungen im Asylbereich verfügen.

Zu Abs. 5 Zwischen dem Leistungserbringer und dem BFM soll ein regelmässiger Informationsaustausch stattfinden. Dazu gehören insbesondere die Qualitätssicherung und Koordinationsfragen. Im Rahmen der Qualitätskontrolle ist dafür zu sorgen, dass sich die Rechtsvertretung im Beschwerdeverfahren auf Fälle beschränkt, die nicht von Anfang an aussichtslos sind.

Art. 102j

Teilnahme der Rechtsvertretung

Zu den Abs. 1 und 2 Es ist Aufgabe des Leistungserbringers, dafür zu sorgen, dass die Rechtsvertretung z.B. an der Erstbefragung in der Vorbereitungsphase und der Anhörung teilnimmt und über weitere Verfahrensschritte unverzüglich informiert wird. Das BFM teilt dem Leistungserbringer die entsprechenden Termine rechtzeitig mit. Ist die Rechtsvertretung nicht anwesend, so entfalten die Handlungen des BFM trotzdem ihre Rechtswirkung. Diese Regelung ist notwendig, um die Asylverfahren innerhalb der vorgeschlagenen kurzen Fristen durchführen zu können.

Es ist Aufgabe des Leistungserbringers, bei einer Verhinderung der Rechtsvertretung rechtzeitig für einen Ersatz zu sorgen. Liegt eine unvorhergesehene kurzfristige Verhinderung der Rechtsvertretung vor, die auf nicht beeinflussbaren schwerwiegenden Umständen (z.B. plötzliche Krankheit, Unfall etc.) beruht, wird der Verfahrensschritt auf den nächsten möglichen Zeitpunkt verschoben. Der Begriff «entschuldbare Gründe» bringt zum Ausdruck, dass Gründe vorliegen müssen, welche es dem Leistungserbringer verunmöglichen, für einen Ersatz zu sorgen, z.B. bei einem schweren Unfall des Rechtsvertreters mit anschliessendem Spitalaufenthalt.

Zu Abs. 3 Die zugewiesene Rechtsvertretung erhält den Entwurf eines ablehnenden Asylentscheides zur Stellungnahme (Art. 102k Abs. 1 Bst. c E-AsylG). Dieser wird ihm vom Leistungserbringer rechtzeitig zugestellt. Unterlässt die Rechtsvertretung die Einreichung einer Stellungnahme oder wird diese nicht fristgerecht eingereicht, so gilt dies als Verzicht auf Stellungnahme. Dadurch wird gewährleistet, dass das 8091

Verfahren innert kurzer Zeit abgeschlossen werden kann. Dieses Vorgehen ist gerechtfertigt, da die Rechtsvertretung nach Eröffnung des definitiven Entscheids weiterhin die Möglichkeit hat, eine Beschwerde einzureichen.

Art. 102k

Entschädigung für die Beratung und Rechtsvertretung

Zu Abs. 1 Absatz 1 listet diejenigen Aufgaben auf, für welche die Beratung und Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes entschädigt wird. Dabei handelt es sich nicht um eine abschliessende Aufzählung.

Im Beschwerdeverfahren soll die Rechtsvertretung neben der Beschwerdeschrift auch allfällige weitere Eingaben im Rahmen eines Schriftenwechsels verfassen und die asylsuchende Person bei allfälligen Instruktionsmassnahmen im Beschwerdeverfahren verbeiständen (z.B. bei mündlichen Anhörungen der Asylsuchenden).

Eine Entschädigung erfolgt ebenfalls für die Wahrnehmung der Interessen als Vertrauensperson für minderjährige Asylsuchende (siehe Bst. e E-AsylG). Dabei soll die Rechtsvertretung die Koordination mit den zuständigen kantonalen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden sicherstellen (Art. 17 Abs. 3 Bst. a E-AsylG).

Für Personen im erweiterten Verfahren besteht nach Zuweisung auf die Kantone die Möglichkeit, sich für entscheidrelevante Verfahrensschritte (z.B. Anhörung zu den Asylgründen, vgl. Kommentar zu Art. 102l E-AsylG) an eine Rechtsberatungsstelle im Kanton zu wenden. Anstelle dieser Möglichkeit können sich die Betroffenen alternativ weiterhin auch an die in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung wenden (Art. 102l Abs. 1 E-AsylG). Die entsprechende Entschädigung der Rechtsvertretung wird im Rahmen der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Leistungserbringer festgelegt (Bst. f). Steht die zugewiesene Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren nicht mehr zur Verfügung (z.B. weil diese nicht im Zuweisungskanton tätig ist), wird die Rechtsberatungsstelle im Zuweisungskanton über den bisherigen Stand des Asylverfahrens durch die Rechtsvertretung informiert (Bst. f). Dies erleichtert den Zuständigkeitswechsel und stellt sicher, dass die Rechtsberatungsstelle über alle notwendigen Informationen verfügt, um die betroffene asylsuchende Person beraten und vertreten zu können.

Die Abgeltung der in Absatz 1 aufgeführten Aufgaben der Beratung und Rechtsvertretung soll mit dem Leistungserbringer im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt werden.

Zu Abs. 2 Die zu vereinbarende Entschädigung beinhaltet auch die Verwaltungs- und Personalkosten (insbesondere für die Organisation und Durchführung der Beratung und Rechtsvertretung) sowie die Abgeltung der Kosten für eine unabhängige Übersetzung. Die
unabhängige Übersetzung trägt dem Anliegen einer umfassenden Beratung über das Asylverfahren und Rechtsvertretung Rechnung. Die vertraglich vereinbarte Abgeltung erfolgt grundsätzlich pauschal.

8092

1a. Abschnitt: Rechtsschutz nach Zuweisung auf die Kantone Art. 102l

Beratung und Rechtsvertretung im erweiterten Verfahren

Asylsuchende werden nach dem Entscheid, dass ein erweitertes Verfahren durchgeführt wird, für die Dauer des Asylverfahrens einem Kanton zugewiesen (Art. 26d E-AsylG). Die Betroffenen können sich im Kanton kostenlos an eine Rechtsberatungsstelle wenden, wenn im Rahmen ihres Asylverfahrens entscheidrelevante Verfahrensschritte durchgeführt werden, z.B. eine weitere Anhörung zu den Asylgründen (Abs. 1). Alternativ können sich die Betroffenen für entscheidrelevante Verfahrensschritte an die in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung wenden (Abs. 1; vgl. auch Kommentar zu Art. 102k E-AsylG).

Die Rechtsvertretung für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach Artikel 102m E-AsylG. Diese kann auch durch Personen wahrgenommen werden, die über einen juristischen Hochschulabschluss und beruflicher Erfahrung im Asylbereich verfügen (Art. 102m Abs. 3 E-AsylG). Damit ist gewährleistet, dass die in den Rechtsberatungsstellen tätigen Personen die Asylsuchenden im Beschwerdeverfahren vertreten können. Dadurch kann ein Zuständigkeitswechsel vermieden werden.

Die Rechtsberatungsstellen werden vom Bund für ihre Tätigkeiten im Rahmen einer Vereinbarung abgegolten (Abs. 2). Dabei sollen nur die Beratung und Vertretung bei entscheidrelevanten Verfahrensschritten abgegolten werden, z.B. bei Anhörungen zu den Asylgründen, der Gewährung des rechtlichen Gehörs zu Abklärungsresultaten, etc. Die Höhe der Entschädigung, welche grundsätzlich pauschal abgegolten wird, ist Gegenstand der Vereinbarung zwischen dem Bund und der Rechtsberatungsstelle im Kanton. Die Abgeltung beinhaltet auch die Information der Rechtsberatungsstelle über den bisherigen Stand des Asylverfahrens (vgl. auch Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG).

Bei der zugewiesenen Rechtsvertretung, welche die Vertretung anstelle der Rechtsberatungsstelle auch im erweiterten Verfahren wahrnimmt, erfolgt die Abgeltung für Tätigkeiten bei entscheidrelevanten Verfahrensschritten durch Vereinbarung mit dem Leistungserbringer (Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG).

Der Bundesrat legt die Voraussetzungen fest, die eine Rechtsberatungsstelle für die Ausübung ihrer Aufgaben (Beratung und Rechtsvertretung von Asylsuchenden) erfüllen muss (z.B. ausgewiesene Erfahrung im Asylbereich, vgl. Abs. 3).

Die Entschädigung für die Rechtsvertretung im Beschwerdeverfahren richtet sich nach Artikel 102m E-AsylG.

1b. Abschnitt: Unentgeltliche Rechtspflege Die unentgeltliche Rechtspflege kann auch für Personen im beschleunigten Verfahren oder im Dublin-Verfahren anwendbar sein (vgl. Art. 102m Abs. 4 E-AsylG). Da diese Personenkategorie sich in der Regel nicht im Kanton, sondern in einem Zentrum des Bundes aufhält (Art. 24 Abs. 2 Bst. a und b E-AsylG), muss aus systematischen Gründen ein neuer Abschnitt vor Artikel 102m E-AsylG eingefügt werden.

8093

Art. 102m Die in der Vorlage 1 beschlossene Regelung zur unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 110a AsylG, Wegfall der Voraussetzung der Notwendigkeit einer amtlichen Vertretung bei der unentgeltlichen Rechtspflege, in Kraft seit dem 1. Februar 2014) soll neu für Personen gelten, deren Asylgesuch im Rahmen des erweiterten Verfahrens behandelt wird (siehe Abs. 1 Bst. a).

Den betroffenen Asylsuchenden soll für das Beschwerdeverfahren eine amtliche Verbeiständung zur Verfügung stehen, sofern sie mittelos sind und ihre Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos ist (vgl. Art. 65 VwVG).

Dies gilt auch für Personen, deren Asylgesuch im beschleunigten Verfahren oder im Dublin-Verfahren behandelt wurde, die jedoch auf eine unentgeltliche Rechtsvertretung nach Artikel 102h E-AsylG verzichten oder deren zugewiesene Rechtsvertretung auf die Erhebung einer Beschwerde verzichtet hat (Abs. 4 und Art. 102h Abs. 4 E-AsylG). Asylsuchende im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren, die eine unentgeltliche Rechtsvertretung in den Zentren des Bundes in Anspruch genommen haben (Art. 102h E-AsylG), sind auch im Beschwerdeverfahren durch diese vertreten. Artikel 102m E-AsylG findet auf sie deshalb keine Anwendung.

Von der erleichterten unentgeltlichen Rechtspflege ausgenommen sind Beschwerden im Rahmen von Wiedererwägungs- und Revisionsverfahren sowie von Mehrfachgesuchen (Abs. 2). Die heute geltende Ausnahme, wonach auch Dublin-Verfahren von der erleichterten Rechtspflege ausgenommen sind, soll gestrichen werden. Es wäre wenig konsequent, wenn die erleichterte Rechtspflege nicht auf Dublin-Fälle anwendbar wäre, die im Rahmen des erweiterten Verfahrens behandelt werden.

Gliederungstitel vor Art. 103

1c. Abschnitt: Beschwerdeverfahren auf Kantonsebene Aus systematischen Gründen soll der geltende erste Abschnitt neu unter 1c.

Abschnitt geregelt werden.

Art. 108

Beschwerdefristen

Vgl. hierzu auch Ziffern 1.2.3 Abschnitt «Beschwerdeverfahren» und 2.2.3.

Die Beschwerdefrist gegen materielle Asylentscheide im beschleunigten Verfahren beträgt sieben Arbeitstage, diejenige gegen Zwischenverfügungen fünf Kalendertage (Abs. 1). Die Reduktion der Beschwerdefrist von heute dreissig auf sieben Arbeitstage ist angesichts des ausgebauten Rechtsschutzes möglich und im Hinblick auf die angestrebte Beschleunigung der Asylverfahren notwendig.

Im erweiterten Verfahren beträgt die Beschwerdefrist bei materiellen Asylentscheiden wie bereits heute dreissig Tage, diejenige gegen Zwischenverfügungen zehn Tage (Abs. 2). Auch diese Frist entspricht der heute geltenden Regelung (vgl.

Art. 108 Abs. 1 AsylG).

Die Beschwerdefrist bei Nichteintretensentscheiden und für das Flughafenverfahren beträgt für das beschleunigte und das erweiterte Verfahren wie bereits nach geltendem Recht fünf Arbeitstage (Abs. 3 entspricht materiell unverändert Abs. 2 nach geltendem Recht). Mit dem allgemeinen Begriff «Nichteintretensentscheide» wird klargestellt, dass alle Nichteintretensentscheide, welche gestützt auf das Asylgesetz 8094

ergehen, einer fünftägigen Beschwerdefrist unterstehen (z.B. bei Wiedererwägungsoder Mehrfachgesuchen, vgl. Art. 111b f. AsylG).

Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG eingeführte Bestimmung, wonach die Beschwerdefrist bei einer Ablehnung eines Asylgesuchs von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten fünf Arbeitstage beträgt, soll mit Absatz 3 unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden (Art. 108 Abs. 2 AsylG gemäss Vorlage 3).

In den übrigen Fällen beträgt die Beschwerdefrist 30 Tage seit Eröffnung der Verfügung (Abs. 6). Darunter fallen alle weiteren materiellen Entscheide, welche gestützt auf das Asylgesetz ergehen.

Die Absätze 4, 5 und 7 entsprechen im Wesentlichen den heutigen Absätzen 3­5. Da neu der Standortkanton für die Anordnung der Ausschaffungshaft ab den Zentren des Bundes zuständig ist (heute BFM, vgl. Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 E-AuG), ist nicht mehr das BVGer Beschwerdeinstanz. Aus diesem Grund muss der Verweis auf die Ausschaffungshaft ab den Zentren des Bundes im geltenden Absatz 4 gestrichen werden (vgl. Art. 108 Abs. 5 E-AsylG).

Art. 109

Behandlungsfristen

Neu soll im Artikel 109 E-AsylG auf den bisherigen Begriff «in der Regel» verzichtet werden (siehe hierzu Kommentar zu Art. 37 E-AsylG und vgl. auch Ziff. 1.2.3 Abschnitt «Beschwerdeverfahren» und 2.2.2 f.).

Zu Abs. 1 Im beschleunigten Verfahren beträgt die Behandlungsfrist des BVGer bei Beschwerden gegen materielle Asylentscheide zwanzig Tage. Dies entspricht der geltenden Regelung für alle materiellen Entscheide (Art. 109 Abs. 4 AsylG).

Zu Abs. 2 Im erweiterten Verfahren beträgt die Behandlungsfrist bei Beschwerden gegen materielle Asylentscheide dreissig Tage. Gemäss geltendem Recht beträgt die Behandlungsfrist für alle materiellen Entscheide in der Regel 20 Tage (Art. 109 Abs. 4 AsylG). Es ist jedoch gerechtfertigt, für das erweiterte Verfahren eine längere Behandlungsfrist für das BVGer vorzusehen.

Zu Abs. 3 Dieser Absatz entspricht grundsätzlich dem bisherigen Absatz 1.

Bei beiden Verfahren (beschleunigtes und erweitertes Verfahren) soll die Behandlungsfrist des BVGer bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide wie bereits heute fünf Arbeitstage betragen. Unter diesen Absatz fallen auch die DublinVerfahren sowie Beschwerden gegen Entscheide, die im Rahmen des Flughafenverfahrens ergangen sind.

Das Parlament hat eine dringliche Änderung beschlossen, wonach das BVGer über Beschwerden gegen die Ablehnung von Asylgesuchen von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten in der Regel innerhalb von fünf Arbeitstagen entscheidet (Art. 109 Abs. 1 AsylG, Vorlage 3). Diese Änderung, welche seit dem 29. September 2012 in Kraft ist, soll in Absatz 3 übernommen und unbefristet ins ordentliche Recht überführt werden.

8095

Zu Abs. 4 Analog zur Regelung der Behandlungsfristen des BFM (Art. 37 E-AsylG) soll auch die Behandlungsfrist für das BVGer um einige Tage überschritten werden können, wenn triftige Gründe vorliegen. Bei den genannten Behandlungsfristen handelt es sich um Ordnungsfristen, deren Nichteinhaltung keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen nach sich zieht.

Zu Abs. 5 Dieser Absatz entspricht grundsätzlich dem bisherigen Absatz 3. Da neu der Standortkanton für die Anordnung der Ausschaffungshaft ab den Zentren des Bundes zuständig ist (heute BFM, vgl. Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 E-AuG), ist nicht mehr das BVGer Beschwerdeinstanz. Aus diesem Grund muss der Verweis auf die Ausschaffungshaft ab den Zentren des Bundes gestrichen werden.

Zu Abs. 6 Dieser Absatz entspricht grundsätzlich materiell unverändert dem geltenden Artikel 109 Absatz 4 AsylG und regelt die Behandlungsfrist des BVGer bei Beschwerden gegen alle weiteren materiellen Entscheide, welche gestützt auf das Asylgesetz ergehen (z.B. im Rahmen eines Wiedererwägungs- und Mehrfachgesuches). Auch bei dieser Bestimmung kann auf den Begriff «in der Regel» verzichtet werden, da es sich um eine Ordnungsfrist handelt.

Zu Abs. 7 Befindet sich eine Person in Auslieferungshaft, so ist es aufgrund des schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit besonders wichtig, dass das BVGer den Beschwerdeentscheid besonders rasch fällt. Beschwerden von Asylsuchenden in Auslieferungshaft sollen deshalb ausserhalb der Reihe und unverzüglich behandelt werden. Dies bedeutet, dass solche Beschwerden vor allen anderen Beschwerdesachen und unverzüglich behandelt werden. Die heute geltende Regelung, wonach diese Fälle mit besonderer Beförderlichkeit zu behandeln sind (Art. 109 Abs. 5 AsylG), bringt die Notwendigkeit einer solch prioritären Behandlung zu wenig deutlich zum Ausdruck.

Die besondere Dringlichkeit der Bearbeitung der Beschwerdesache ist jedoch nur dann erforderlich, wenn die Auslieferungshaft auf der Grundlage eines Ersuchens des Verfolgerstaates angeordnet wurde. Eine Auslieferung einer asylsuchenden Person an einen Drittstaat (z.B. Ersuchen von Deutschland um Auslieferung eines türkischen Asylsuchenden) ist nämlich nach erfolgter Prüfung durch das Bundesamt für Justiz grundsätzlich jederzeit und in jedem asylrechtlichen Verfahrensstadium zulässig, sofern
der betroffenen Person dort keine anschliessende Weiterauslieferung oder Rückführung in ihren Heimatstaat droht (Beachtung des Non-RefoulementGebots durch diesen Drittstaat). Ein Urteil des BVGer muss bei Vorliegen einer solchen Konstellation somit nicht abgewartet werden.

Art. 110 Abs. 1, 3 und 4 Siehe hierzu auch Ziffer 2.2.3.

Absatz 1 regelt die Nachfrist zur Verbesserung der Beschwerde. Diese soll wie bis anhin bei Beschwerden gegen materielle Entscheide (z.B. im Rahmen des beschleunigten oder des erweiterten Verfahrens) sieben Tage betragen. Bei Beschwerden 8096

gegen Nichteintretensentscheide, gegen Entscheide im Rahmen des Flughafenverfahrens sowie bei Verfügungen nach Artikel 111b AsylG (Wiedererwägungsgesuche) beträgt die Frist zur Verbesserung der Beschwerde wie bisher drei Tage. Neu soll dies auch dann gelten, wenn die Betroffenen aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen und keine weiteren Abklärungen vorgenommen werden müssen (Safe Country-Entscheid ohne weitere Abklärung).

Absatz 3 soll gegenüber der heutigen Regelung durch Einfügung eines Verweises präzisiert werden. Die Frist für die Beibringung von Beweismitteln gemäss Absatz 2 soll aus wichtigen Gründen verlängert werden können.

Absatz 4 soll aus redaktionellen Gründen angepasst werden. Neu soll die Haft ab den Zentren des Bundes vom Standortkanton angeordnet werden (vgl. Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 E-AuG). Buchstabe b des geltenden Rechts muss somit gestrichen werden.

Art. 110a (aufgehoben) Die unentgeltliche Rechtspflege wird neu in Artikel 102m E-AsylG geregelt.

Art. 111 Bst. d (aufgehoben) Es handelt sich hier um eine redaktionelle Anpassung. Neu soll die Haft ab den Zentren des Bundes vom Standortkanton angeordnet werden (vgl. Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 E-AuG).

Art. 111abis

Instruktionsmassnahmen und mündliche Urteilseröffnung

Siehe hierzu Ziffern 1.2.3 Abschnitt «Beschwerdeverfahren» und 2.2.3.

Zu Abs. 1 Vor dem BVGer wird heute das Verfahren bis zum Entscheid (sog. Instruktionsverfahren) in asylrechtlichen Streitigkeiten fast ausschliesslich schriftlich geführt. In der Praxis wird oftmals unter Ansetzung von Vernehmlassungsfristen ein einfacher oder doppelter Schriftenwechsel durchgeführt. Dieser dient dem Ziel, die Beschwerde zur Entscheidreife zu führen. Nach Abschluss des Instruktionsverfahrens entscheidet das BVGer auf dem Weg der Aktenzirkulation (Art. 41 Abs. 1 VGG); in gewissen Fällen kann eine öffentliche Urteilsberatung stattfinden (Art. 41 Abs. 2 VGG).

Die Schriftlichkeit des Instruktionsverfahrens kann den Austausch von rechtlichen Argumenten verzögern und die Sachverhaltsermittlungen sowie das Nachfragen bei Unklarheiten erschweren. Damit kann es zu zeitlichen Verzögerungen im Instruktionsverfahren kommen. Neu soll deshalb das BVGer in Beschwerdeverfahren gegen einen Asylentscheid vermehrt in den Zentren des Bundes Instruktionsmassnahmen (insbesondere mündliche Anhörung der Asylsuchenden) durchführen können, wenn der angefochtene Entscheid im beschleunigten oder im Dublin-Verfahren ergangen ist und dadurch der Beschwerdeentscheid rascher gefällt werden kann. Das Instruktionsverfahren kann auch am Sitz des BVGer durchgeführt werden. Der Instruktionsrichter soll für die entsprechenden Massnahmen einen zweiten Richter beiziehen (Art. 39 Abs. 2 VGG). An einer mündlichen Anhörung nehmen lediglich die Verfahrensparteien teil; das Publikum ist von solchen Verhandlungen ausgeschlossen.

8097

Eine mündliche Anhörung hat folgende Vorteile: Das BVGer kann sich einen persönlichen Eindruck der Glaubwürdigkeit von Aussagen der beschwerdeführenden Partei verschaffen. Werden neue Vorbringen vorgetragen, erfolgt die Gewährung des rechtlichen Gehörs direkt in der Instruktionsverhandlung. Es kann ein rascher Austausch der rechtlichen Argumente stattfinden. Wenn nötig, kann eine mündliche Anhörung erweitert und eine eigentliche Instruktionsverhandlung, z.B. mit Zeugeneinvernahmen, durchgeführt werden. In klaren Fällen, bei denen keine weiteren Abklärungen erforderlich sind, kann über eine Beschwerde im Rahmen einer Parteiverhandlung unmittelbar entschieden und das Urteil mündlich eröffnet werden. Stellt das BVGer fest, dass umfangreiche weitere Abklärungen erforderlich sind, kann das Instruktionsverfahren bis zur Entscheidreife wieder schriftlich fortgesetzt werden.

Zu den Abs. 2 und 3 Nach Durchführung der Instruktionsmassnahmen kann das Urteil bei Entscheidreife im Rahmen einer Parteiverhandlung gleichentags gefällt und mündlich eröffnet werden. Dies bedingt die Anwesenheit des Instruktionsrichters sowie der Richterin oder des Richters, die den Beschwerdeentscheid fällen. Mit der vorgeschlagenen Regelung ist es aber auch möglich, dass sich das BVGer zur Urteilsfällung zurückziehen und danach das Urteil mündlich eröffnen kann. Da es sich um ein letztinstanzliches Urteil handelt, tritt es am Tag der Ausfällung (resp. am Tag der mündlichen Eröffnung) in Kraft. Der Sitz des BVGer bleibt durch die neue Regelung unangetastet (vgl. Art. 4 Abs. 1 VGG). Wird das Instruktionsverfahren in den Zentren des Bundes durchgeführt, sollen dem BVGer in den Zentren des Bundes oder in deren unmittelbaren Nähe geeignete Räume zur Verfügung gestellt werden, die für die Instruktionsmassnahmen genutzt werden können. Mit der neuen Regelung kann das Beschwerdeverfahren beschleunigt werden.

Im erweiterten Verfahren sollen wie bereits heute die allgemeinen Regelungen des VGG Anwendung finden. In der Praxis soll hier das Instruktionsverfahren überwiegend schriftlich erfolgen. Es handelt sich hier um mehrheitlich aufwendigere Fälle und die Asylsuchenden halten sich nicht mehr in den Zentren des Bundes auf.

Die mündliche Eröffnung und die summarische Begründung sind protokollarisch festzuhalten. Dabei ist dem Anspruch auf
Urteilsbegründung Rechnung zu tragen.

Deshalb soll auf Verlangen der Betroffenen das BVGer das Urteil vollständig ausfertigen und mit der üblichen Begründungsdichte versehen. Die Vollstreckbarkeit des Urteils wird dadurch nicht aufgeschoben. Mit dieser Regelung ist auch sichergestellt, dass im Falle eines Weiterzugs des Urteils des BVGer an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein hinreichend begründetes Urteil vorliegt.

Art. 111ater

Parteientschädigung

Wegen der vorgeschlagenen unentgeltlichen Rechtsvertretung entstehen der asylsuchenden Person bei Beschwerden im Rahmen des beschleunigten Verfahrens und des Dublin-Verfahrens keine Parteikosten. Dementsprechend hat sie auch keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. hierzu Art. 64 VwVG).

Personen, deren Asylgesuch im beschleunigten und im Dublin-Verfahren behandelt worden ist und die auf eine vom BFM zur Verfügung gestellten Rechtsvertretung verzichten, sollen hingegen die Verfahrenskosten nach den allgemeinen Regeln der Bundesrechtspflege auferlegt werden. Sie haben im Falle des Obsiegens weiterhin 8098

auch Anspruch auf eine Parteientschädigung. Dasselbe gilt, wenn die zugewiesene Rechtsvertretung auf die Erhebung einer Beschwerde verzichtet (Art. 111ater E-AsylG).

Art. 111b Abs. 1 Bei Wiedererwägungsgesuchen soll keine Vorbereitungsphase stattfinden, da sie schriftlich und begründet eingereicht werden müssen und die Betroffenen bereits vorher ein Asylverfahren durchlaufen haben. Der Verweis auf die Anwendbarkeit der Artikel 66­68 VwVG trifft nur für qualifizierte Wiedererwägungsgesuche zu, nicht aber, wenn mit dem Wiedererwägungsgesuch die Anpassung einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung an nachträglich eingetretene Veränderungen der Sachlage herbeigeführt werden soll. Durch die Streichung des letzten Satzes soll dies richtiggestellt werden.

Art. 111c Abs. 1 Auch bei Mehrfachgesuchen soll keine Vorbereitungsphase durchgeführt werden.

Wird ein Mehrfachgesuch fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Asylentscheides eingereicht, kommen die Vorbereitungsphase und das beschleunigte Asylverfahren erneut zur Anwendung.

Zu Ziff. III (Übergangsbestimmungen) Zu Abs. 1 Bei Asylverfahren, welche im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen des AsylG zur Neustrukturierung hängig sind, bleibt grundsätzlich das bisherige Recht anwendbar. Die Regelung für hängige Verfahren im Rahmen der Testphase findet sich in Absatz 2. Mit dem Begriff «hängige Verfahren» sind sowohl die erstinstanzlichen als auch die vor dem BVGer hängigen Rechtsmittelverfahren gemeint.

Zu Abs. 2 Auf hängige Asylgesuche, welche im beschleunigten Verfahren oder im DublinVerfahren nach der TestV behandelt werden, soll die TestV anwendbar bleiben.

Dasselbe gilt auch für das Beschwerdeverfahren, insbesondere für die Beschwerdefrist von zehn Kalendertagen (vgl. Art. 38 Test V). Die Beschwerdefrist verbleibt somit für betroffene Personen, deren Asylgesuch im Rahmen der TestV hängig ist, unabhängig von der Vorlage zur Neustrukturierung bei zehn Kalendertagen.

Im Rahmen der Botschaft zur Verlängerung der dringlichen Änderungen des AsylG schlägt der Bundesrat eine Übergangsbestimmung vor, wonach die weitere Anwendung der getesteten Ausführungsbestimmungen mit dem Inkrafttreten der Vorlage zur Neustrukturierung des Asylbereichs endet (vgl. Übergangsbestimmung zu Art. 112b Ziff. I Abs. 3). Die Verlängerungsvorlage befindet sich zurzeit
in parlamentarischer Beratung. Um zu vermeiden, dass neues Recht auf hängige Fälle im Testbetrieb anwendbar wäre, sollen hängige Asylverfahren im Interesse der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie weiterhin nach der TestV behandelt werden.

Dies entspricht auch einem häufig angewendeten Grundsatz bei übergangsrechtlichen Fragen. Aufgrund der beschränkten Unterbringungskapazität im Testbetrieb hätte dies zur Folge, dass nur wenige erstinstanzlich hängige Asylverfahren von dieser Regelung betroffen wären.

8099

Für Asylsuchende, deren hängiges Gesuch gestützt auf die TestV (vgl. Art. 19 TestV) ausserhalb der Testphase behandelt wird, ist das bisherige Recht anwendbar (vgl. Abs. 1).

Zu Abs. 3 Asylgesuche, welche nach dem Inkrafttreten der Neustrukturierung eingereicht werden, sollen grundsätzlich in den bestehenden Zentren des Bundes nach dem neuen Recht behandelt werden. Bei hängigen Asylverfahren soll grundsätzlich das bisherige Recht anwendbar bleiben (vgl. Abs. 1).

Die Durchführung neuer Verfahren in den Zentren des Bundes setzt voraus, dass genügend Unterbringungskapazitäten vorhanden sind. In der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 ist vorgesehen, dass die Neustrukturierung des Asylbereichs schrittweise eingeführt wird (vgl. Ziff. 1.1.5 sowie Ziff. 3 der Gemeinsamen Erklärung). Wie bereits ausgeführt und ebenfalls im Rahmen der Gemeinsamen Erklärung vom 28. März 2014 verabschiedet, erarbeitet das BFM unter Mitwirkung der verantwortlichen Kantone der einzelnen Regionen das Standortkonzept für die Regionen zuhanden der Arbeitsgruppe Neustrukturierung (vgl. Ziff. 1.1.5). Die Standorte sind bis Ende 2014 zu bezeichnen. Mit der Neustrukturierung können mittel- bis langfristig substanzielle Einsparungen erzielt werden. Der Aufbau muss jedoch im Rahmen einer rollenden Planung etappiert vorgenommen werden (vgl.

Ziff. 5). Dies bedeutet, dass davon ausgegangen werden muss, dass im Zeitpunkt der Inkraftsetzung der Neustrukturierung des Asylbereichs noch nicht alle benötigten Strukturen zur Verfügung stehen. Die Umsetzung der Neustrukturierung bedingt, dass möglichst alle am Verfahren beteiligten Akteure vor Ort anwesend sind. Dies ist nur möglich, wenn die Asylverfahren in Zentren des Bundes durchgeführt werden können. Für diejenigen Asylgesuche, welche nicht in den Zentren des Bundes behandelt werden können, soll deshalb das bisherige Recht anwendbar bleiben. Unter das bisherige Recht fallen auch die dringlichen Änderungen (Vorlage 3), die mit der Botschaft zur Verlängerung der dringlichen Änderungen des AsylG in ordentliches Recht überführt werden sollen.

Diejenigen Bestimmungen, welche in direktem Zusammenhang mit der Neustrukturierung des Asylbereiches stehen, kommen für Asylverfahren, welche nicht in Zentren des Bundes durchgeführt werden, nicht zur Anwendung. Dies sind insbesondere die Regelungen über: ­

die Zentren des Bundes (Art. 24, 24e, 99a Abs. 3 Bst. b, 99b Bst. d E-AsylG)

­

das Verfahren in den Zentren des Bundes (Art. 19 Abs. 3, 23 Abs. 2, 25a, 26 Abs. 1­4, 26b­26d, 29 Abs. 1­4, 30, 37 E-AsylG)

­

den Rechtsschutz (Art. 22 Abs. 3bis­4 und 6, 102f­102m E-AsylG)

­

die Eröffnung von Verfügungen und die Zustellung von Mitteilungen (Art. 12, 12a, 13 E-AsylG)

­

das Beschwerdeverfahren (Art. 108 Abs. 1 und 2, 4­7, 109 Abs. 1 und 2, 4­7, 110 Abs. 3, 110a, 111abis, 111ater E-AsylG).

Grundsätzlich nicht anwendbar sind Bestimmungen über die Verfahrenssprache (Art. 16 Abs. 1 E-AsylG), die Zuweisung einer Vertrauensperson an unbegleitete minderjährige Asylsuchende (Art. 17 Abs. 3 und 4 E-AsylG), die Zuweisung auf die Kantone (Art. 27 Abs. 4 E-AsylG), den Wegweisungsvollzug (Art. 45 Abs. 2, 46 8100

Abs. 1bis E-AsylG), die Schutzbedürftigen (Art. 72, 76 Abs. 5, 78 Abs. 4 E-AsylG), die Ausrichtung von Sozialhilfe, Nothilfe und den Grundschulunterricht (Art. 80 und 80a E-AsylG) sowie Bestimmungen über die Bundesbeiträge (Art. 93a, 93b, 94 E-AsylG). Vorbehalten bleiben hier einzelne Normgehalte, wenn diese für die Durchführung von Asylverfahren ausserhalb der Zentren des Bundes notwendig sind.

Nach längstens zwei Jahren sollen alle Asylverfahren nach neuem Recht durchgeführt werden. Angesichts der umfangreichen Umsetzungsarbeiten, welche für eine erfolgreiche Umsetzung der Neustrukturierung notwendig sind (insbesondere Aufbau der benötigen Strukturen), kann bei dieser Frist nicht ausgeschlossen werden, dass mit baulichen Provisorien gearbeitet werden muss. Nach dem bekannten Verlauf von Baubewilligungsverfahren (auch bei Plangenehmigungsverfahren) muss davon ausgegangen werden, dass diese innerhalb von zwei Jahren noch nicht abgeschlossen oder die Bauten und Anlagen noch nicht alle errichtet sein dürften.

Zu Abs. 4 Die im AsylG vorgeschlagenen Änderungen (Art. 95a­95l E-AsylG) sollen für die Errichtung von neuen Bauten und Anlagen des Bundes auf zehn Jahre ab Inkraftsetzung dieser Revision befristet werden (siehe Ziff. 1.2.8 und Ziff. IV Abs. 3 E-AsylG). Diese Gültigkeitsdauer soll jedoch nicht für Umnutzungen bestehender Bauten und Anlagen sowie für Umbauten oder Renovationsarbeiten an bestehenden Bauten und Anlagen gelten. Dabei sollen auch bestehende Bauten und Anlagen, die neu zur Unterbringung von Asylsuchenden oder zur Durchführung von Asylverfahren dauerhaft umgenutzt werden, weiterhin dem Plangenehmigungsverfahren unterstellt bleiben. Im Rahmen einer solchen Umnutzung kann die Unterbringungskapazität bei Bedarf erhöht oder verringert werden bzw. Umbauten oder Renovationsarbeiten vorgenommen werden. Folge dieser Regelung ist, dass der Bund zehn Jahre nach dem Inkrafttreten der Vorlage keine neuen Bauten und Anlagen auf bisher unbebauten Liegenschaften im Rahmen der Plangenehmigung errichten kann.

Zu Abs. 5 Artikel 24d E-AsylG soll ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Änderungen für die Dauer von fünf Jahren gültig sein (siehe hierzu Kommentar zu Art. 24d E-AsylG und zu Ziff. IV Abs. 4 E-AsylG). Dreijährige Umnutzungen, die vor Ablauf der fünfjährigen Gültigkeitsdauer
des Artikels 24d E-AsylG bereits angezeigt worden sind, sollen auch nach der Aufhebung von Artikel 24d E-AsylG für den angezeigten Zeitraum weiterhin Gültigkeit haben.

Zu Abs. 6 Mit Ausnahme der dreijährigen Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes (Art. 26a AsylG), richten sich die Bewilligungsverfahren für Bauprojekte, die dem Bund zur Unterbringung von Asylsuchenden oder zur Durchführung von Asylverfahren dienen, heute nach kantonalem Recht. Mit dem Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff. E-AsylG) besteht die Besonderheit, dass die Verfahrenszuständigkeit zu einer Bundesbehörde wechselt (EJPD als Genehmigungsbehörde). Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz soll deshalb die allgemeingültige Regelung, wonach das neue Recht auf hängige erstinstanzliche Verfahren und das geltende Recht auf hängige Beschwerdeverfahren Anwendung findet, explizit geregelt werden. Für bestehende Bauvorhaben, die im erstinstanzlichen Verfahren noch hängig

8101

sind, wird somit das neue Recht (Plangenehmigungsverfahren) anwendbar. Auf hängige Beschwerden sollen die geltenden kantonalen Rechte anwendbar bleiben.

Zu Ziff. IV (Schlussbestimmungen) In dieser Ziffer wird spezifisch auf das Plangenehmigungsverfahren (Art. 95a ff.

E-AsylG) Bezug genommen.

Absatz 3 sieht vor, dass Artikel 95a Absatz 1 Buchstabe a E-AsylG zehn Jahre nach dessen Inkrafttreten aufgehoben wird (Befristung). Ab diesem Zeitpunkt soll der Bund keine neuen Bauten und Anlagen für die Unterbringung von Asylsuchenden auf bis zu diesem Zeitpunkt unbebauten Liegenschaften mehr errichten können (siehe hierzu Ziff. 1.2.8). Die Befristung rechtfertigt sich, zumal der Bund bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich die erforderlichen Bundesstrukturen geschaffen haben sollte. Auch nach Ablauf der zehnjährigen Frist soll das Plangenehmigungsverfahren aber bei Umnutzungen von bestehenden Bauten und Anlagen weiterhin zur Anwendung kommen. Zu beachten sind hier neben den bereits im Plangenehmigungsverfahren realisierten Bauten und Anlagen insbesondere geeignete Objekte wie militärische Anlagen oder ehemalige Hotels, Spitäler und Heime usw. Im Zusammenhang mit der Befristung von Artikel 95a Absatz 1 Buchstabe a E-AsylG wird zudem klargestellt, dass nach der Aufhebung auf hängige Verfahren das bisherige Recht Anwendung finden soll (vgl. Übergangsbestimmungen Ziff. III, Abs. 4 E-AsylG).

Eine Befristung ist ebenfalls für Artikel 24d E-AsylG vorgesehen (Abs. 4). Dieser Artikel soll fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten wieder aufgehoben bzw. durch Artikel 24c E-AsylG ersetzt werden (Abs. 5). Im Sinne einer Klarstellung wird festgehalten, dass gestützt auf Artikel 24d E-AsylG bereits angezeigte Nutzungsänderungen auch nach der Aufhebung dieses Artikels weiterhin gültig sind (vgl. Übergangsbestimmungen Ziff. III, Abs. 5 E-AsylG).

4.2

Bundesgesetz vom 16. Dezember 200567 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

Art. 31 Abs. 3 Im Rahmen der parlamentarischen Debatte zur Asylgesetzrevision vom 14. Dezember 2012 (Vorlage 1) wurde der Anspruch von Flüchtlingen mit Asylstatus auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach fünf Jahren rechtmässigem Aufenthalt in der Schweiz aufgehoben. Seit dem 1. Februar 2014 richtet sich die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach Artikel 34 AuG.

Mit der Einführung von Artikel 31 AuG wurde die Gleichstellung von Staatenlosen mit Flüchtlingen im Bereich Aufenthalt beabsichtigt68. Die nun nach geltendem Recht bestehende diesbezügliche Besserstellung von Staatenlosen lässt sich vor diesem Hintergrund nicht rechtfertigen. Zudem finden sich in den Materialien zur parlamentarischen Beratung der Vorlage 1 keine Hinweise, dass der Gesetzgeber von der ursprünglichen Intention von Artikel 31 AuG abweichen wollte und Staaten67 68

SR 142.20 BBl 2002 6845 6907

8102

lose neu bewusst besser stellen wollte als Flüchtlinge mit Asylstatus69. Konsequenterweise soll daher Artikel 31 Absatz 3 AuG aufgehoben werden.

Art. 71b

Weitergabe medizinischer Daten zur Beurteilung der Transportfähigkeit

Vgl. hierzu Ziffer 2.2.2 Abschnitt «Feststellung des medizinischen Sachverhalts».

Die vorgeschlagene Bestimmung regelt einerseits die Weitergabe medizinischer Daten, die für die Beurteilung der Transportfähigkeit einer rückzuführenden Person relevant sind, an die für die Weg- oder Ausweisung zuständigen kantonalen Behörden. Dabei handelt es sich um diejenigen kantonalen Behörden, die eine Weg- oder Ausweisung anordnen oder eine vom BFM angeordnete rechtskräftige Wegweisung vollziehen. Der Begriff der Transportfähigkeit richtet sich nach Artikel 18 der ZAV.

Diese Weitergabepflicht soll auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BFM, die für die zentrale Organisation und Koordination des zwangsweisen Weg- und Ausweisungsvollzugs zuständig sind, und den medizinischen Fachpersonen, welche im Auftrag des BFM den Weg- oder Ausweisungsvollzug im Zeitpunkt der Ausreise medizinisch überwachen, bestehen. Unter den Begriff «medizinische Fachperson» fallen zum Beispiel Fachärztinnen und -ärzte sowie ausgebildetes Krankenpersonal gemäss Artikel 26a AsylG.

Der vorliegende Artikel beinhaltet eine Auskunftspflicht gemäss Artikel 321 Absatz 3 StGB. Die Gefängnisärztinnen und -ärzte und weitere medizinische Fachpersonen werden im umschriebenen Bereich von ihrem Berufsgeheimnis entbunden und gegenüber den zuständigen kantonalen Behörden, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BFM, die für die zentrale Organisation und Koordination des zwangsweisen Weg- und Ausweisungsvollzugs zuständig sind, und medizinischen Fachpersonen zur Auskunft verpflichtet.

Art. 74 Abs. 2 Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG eingeführte Möglichkeit, dass der Standortkanton eines Zentrums des Bundes gegenüber den dort untergebrachten Personen Eingrenzungen verfügen kann, soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden (Art. 74 Abs. 2 AuG gemäss Vorlage 3). Darüber hinaus sind systematische Anpassungen an die neue Vorlage erforderlich.

Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 und 5 Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG eingeführte Möglichkeit, dass das BFM eine Ausschaffungshaft von 30 Tagen bei Personen in einem Zentrum des Bundes anordnen kann, soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden (Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 AuG gemäss Vorlage 3). Darüber hinaus sind systematische Anpassungen an die neue Vorlage erforderlich.

Schliesslich soll in der Ziffer 3 die Fundstelle des AsylG eingeführt werden.

69

AB 2012 N 1119 1120

8103

Art. 80 Abs. 1 und 2bis Zu Abs. 1 Die im Rahmen der dringlichen Änderung des AsylG eingeführte Möglichkeit, dass der Standortkanton bei Personen in einem Zentrum des Bundes eine Vorbereitungshaft anordnen kann, soll unbefristet in das ordentliche Recht überführt werden (Art. 80 Abs. 1 AuG gemäss Vorlage 3). Hinsichtlich der Anordnung der Ausschaffungshaft ab den Zentren des Bundes soll die Haft neu anstelle des BFM durch den Standortkanton angeordnet werden. Dieser verfügt über die notwendigen Administrativhaftplätze und polizeilichen Kompetenzen. Darüber hinaus sind systematische Anpassungen an die neue Vorlage erforderlich.

Zu Abs. 2bis Da die Haft ab den Zentren des Bundes neu durch den Standortkanton angeordnet werden soll, muss der letzte Satz in Absatz 2bis, welcher auf das AsylG verweist, gestrichen werden. Analog der Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens (Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 6 AuG) soll auch bei der Haft ab den Zentren des Bundes ein schriftliches Verfahren zur Haftüberprüfung vorgesehen werden. Dies ist gerechtfertigt, da die Dauer der Haft wie bei der Haft im Dublin-Verfahren höchstens dreissig Tage beträgt (vgl. Art. 76 Abs. 2 AuG). Auch im geltenden Recht ist für die Haft ab einem EVZ eine schriftliche Haftüberprüfung vorgesehen.

Art. 86 Abs. 1 Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an den vorgeschlagenen Artikel 80a E-AsylG (Zuständigkeit für die Gewährleistung von Sozialhilfe oder Nothilfe in den Kantonen).

Art. 87 Abs. 1 Bst. b und d, Abs. 3 und 4 Neu sollen staatenlose Personen nach fünf Jahren rechtmässigem Aufenthalt in der Schweiz keinen Anspruch auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mehr erhalten (vgl. Art. 31 Abs. 3 E-AuG). Dies entspricht der geltenden Regelung bei anerkannten Flüchtlingen. Die Aufhebung von Artikel 31 Absatz 3 E-AuG bedingt eine Anpassung der Finanzierungsbestimmungen. Neu soll für die Beendigung der Kostenerstattungspflicht des Bundes für staatenlose Personen an eine Frist von fünf Jahren seit der Anerkennung der Staatenlosigkeit angeknüpft werden (heute: Anknüpfung an den Anspruch auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung).

Diese Änderung kann kostenneutral umgesetzt werden.

Art. 126c

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ... des AsylG

Analog zur Regelung im E-AsylG (vgl. Abs. 3 der Übergangsbestimmung zum AsylG) soll für Asylsuchende, deren Gesuch nicht in den Zentren des Bundes behandelt werden kann, das bisherige Recht anwendbar bleiben (Abs. 1). Unter dem bisherigen Recht fallen auch die dringlichen Änderungen (Vorlage 3), die mit der Botschaft zur Verlängerung der dringlichen Änderungen des AsylG in ordentliches Recht überführt werden sollen (vgl. hierzu auch Kommentar zu Abs. 3 der Übergangsbestimmung zum E-AsylG).

8104

Absatz 2 sieht vor, dass bei Verfahren im Rahmen der Anordnung der Ausschaffungshaft ab EVZ (Art. 76 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 AuG), welche im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neustrukturierung hängig sind, die bisher geltenden Bestimmungen weiter anwendbar bleiben. Dies bedeutet, dass das BFM die Haft anordnet und das BVGer als Beschwerdeinstanz zuständig bleibt.

Die in den Übergangsbestimmungen des E-AsylG vorgesehene Anwendbarkeit der TestV für hängige Verfahren im Rahmen der Testphase (vgl. Abs. 2 der Übergangsbestimmung des E-AsylG) gilt auch für die entsprechenden Bestimmungen über Zwangsmassnahmen (vgl. Art. 39 f. TestV). Es ist daher im AuG keine entsprechende Übergangsregelung notwendig.

4.3

Bundesgesetz vom 20. Dezember194670 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)

Art. 93bis

Meldungen an das Bundesamt für Migration

Es handelt sich um eine datenschutzrechtliche Bestimmung, welche es der Zentralen Ausgleichstelle (ZAS) ermöglicht, dem BFM Daten über die Erwerbstätigkeit von Personen aus dem Asyl- und Ausländerbereich zu übermitteln; dies soll dem BFM eine effiziente Finanzaufsichtstätigkeit ermöglichen.

Der Bund gilt den Kantonen die Sozialhilfekosten für Asylsuchende und Flüchtlinge sowie für vorläufig Aufgenommene und Staatenlose mittels Pauschalabgeltungen (Globalpauschale) ab. Im Jahr 2012 richtete er den Kantonen gestützt auf das Asylund Ausländergesetz rund 666 Millionen Franken aus. Die Höhe der Abgeltungen wird dabei durch die in der Datenbank ZEMIS von Bund und Kantonen erfassten Daten bestimmt. Finanzrelevant ist vor allem der Faktor der Erwerbstätigkeit. Die Qualität der Daten über die Erwerbstätigkeit ist deshalb von zentraler Bedeutung für die korrekte Bemessung und Ausrichtung der Bundesbeiträge an die Kantone, die sich auf das AsylG und das AuG stützen (Art. 88 AsylG und Art. 87 AuG). Gleiches gilt für die Kontrolle der von den Arbeitgebern überwiesenen Beiträge im Rahmen der Sonderabgabe. Erwerbstätige Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen müssen Sozialhilfekosten, welche sie und ihre Angehörigen verursacht haben, zurückerstatten. Zu diesem Zweck werden ihnen, wenn sie erwerbstätig sind, zehn Prozent des Erwerbseinkommens durch den Arbeitgeber abgezogen und dem Bund überwiesen (Art. 86 Abs. 2 AsylG).

Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat 2012 in ihrem Jahresbericht dem BFM empfohlen, sich im Rahmen seiner Finanzaufsichtstätigkeit (Art. 95 AsylG) nicht nur auf die Angaben der Kantone (Erfassung Erwerbstätigkeit im ZEMIS) abzustützen, sondern im Interesse der Datenqualität und der Missbrauchsbekämpfung auch die individuellen AHV-Daten beizuziehen.

Gemäss der neuen Gesetzesbestimmung wird die ZAS die vom BFM übermittelte Personenliste mit den entsprechenden AHV-Nummern mit ihren Angaben aus den individuellen Konten der gemeldeten Personen vergleichen und allfällige Abweichungen dem BFM zurückmelden. Basis des Datenaustausches bildet ein gemein-

70

SR 831.10

8105

sames Konzept zum Datenaustausch, in dem auch die Periodizität des Datenabgleichs festgeschrieben wird.

Die regelmässige Datenpflege der Ausgleichskassen und die Datenübermittlung an die ZAS verursacht Kosten, welche durch die Verwaltungskostenbeiträge ihrer Mitglieder finanziert werden. An diesen Kosten muss sich das BFM beteiligen, da es von diesem System auch profitiert. Gleiches gilt für die bei der ZAS anfallenden Kosten für die Datenpflege, den Datenabgleich und die entsprechende Übermittlung an das BFM.

Das BFM beteiligt sich anteilsmässig an diesen Aufwendungen mit einem Pauschalbeitrag. Es ist vorgesehen, dass sich dieser Pauschalbeitrag aus einem fixen Basisbetrag an die ZAS sowie einer Fallpauschale pro festgestellte Abweichung zwischen den Zemis- und den AHV-Daten zusammen setzt. Diese Vergütung richtet das BFM dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) aus, welches für die anteilsmässige Verteilung auf die ZAS und die Ausgleichskassen besorgt sein wird. Für einen jährlichen Datenabgleich auf der Datenbasis der zwei vorangehenden Jahre würden dabei dem BFM Kosten in der Grössenordnung von rund 25 000 bis höchstens 50 000 Franken entstehen.

4.4

Bundesgesetz vom 20. Juni 200371 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA)

Art. 1 Abs. 2 Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen, die aufgrund zweier Gesetzesrevisionen notwendig sind (vgl. Bürgerrechtsgesetz vom 29. September 195272 [BüG] sowie Bundesgesetz vom 19. März 201073 über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI über den Schutz von Personendaten im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen).

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

5.1.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Neustrukturierung im Asylbereich soll mittelbis längerfristig zu Einsparungen führen. Präzise Angaben zu den möglichen finanziellen Auswirkungen sind jedoch schwierig, da insbesondere keine genaue Prognose über die künftige Entwicklung der Asylgesucheingänge möglich ist. Zudem werden beim Bund anfänglich Investitionskosten für die Schaffung der Zentren des Bundes anfallen, welche davon abhängig sind, an welchen Standorten geeignete Objekte gefunden werden können und wie viele Neu- bzw. Umbauten notwendig sind.

71 72 73

SR 142.51 SR 141.0 AS 2010 3387

8106

Gestützt auf eine Modellrechnung kann jedoch ein Systemvergleich zwischen dem heutigen und dem neuen System vorgenommen werden, um abzuschätzen, ob und in welchem Umfang die Neustrukturierung zu Einsparungen führt, welche die Investitionen und Zusatzkosten aufwiegen. Als zentrale betriebswirtschaftliche Kennzahl dient die sogenannte Amortisationsdauer. Diese zeigt auf, ab wann die Investitionskosten und höheren Betriebs- und Personalkosten durch die Einsparungen infolge der verkürzten Verfahrensdauern «aufgefangen» bzw. amortisiert werden.

Ziel dieser Wirtschaftlichkeitsberechnungen ist es zudem, in einer Gesamtschau das Gesamtvolumen an Investitionen und Mehrkosten den angestrebten Einsparungen gegenüberzustellen und den Nutzen der Neustrukturierung des Asylbereichs in Form der betriebswirtschaftlichen Rentabilität aufzuzeigen. Die Gesamtschau bildet die Grundlage, um in weiteren Schritten die erforderlichen Rahmen bzw. Verpflichtungskredite für die einzelnen Umsetzungsphasen (insbesondere Testbetrieb, militärische Bundesunterkünfte, zivile Bundesunterkünfte) zu beantragen.

5.1.2

Annahmen für die Berechnungen eines Grundszenarios

Die Berechnungen basieren auf den Erfahrungswerten und Annahmen bezüglich der Investitions- und Betriebskosten pro Asylunterkunft.

Im Vergleich zur ersten Berechnung, welche die Basis für die Vernehmlassungsvorlage im Jahr 2013 war, wurden in der aktualisierten Version auch die Investitionskosten für die zusätzlich erforderlichen Arbeitsplätze einbezogen. Darüber hinaus mussten aufgrund der Erkenntnisse der laufenden Planung die Investitionskosten pro Bett von 100 000 auf 120 000 Franken erhöht werden. Schliesslich müssen auch in den bestehenden Bundesstrukturen höhere Ersatz- bzw. Erweiterungsinvestitionen vorgenommen werden, als ursprünglich angenommen wurde.

Bezüglich der erforderlichen Bettenkapazität wurde berücksichtigt, dass der Wegweisungsvollzug bei ablehnenden Asylentscheiden im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens oder eines Dublin-Verfahrens ab den Zentren des Bundes erfolgen soll.

Die notwendigen Infrastrukturkapazitäten für Warte- bzw. Ausreisezentren sind entsprechend einzubeziehen.

Weiter wird angenommen, dass beim Aufbau der Zentren des Bundes auch auf bestehende (grössere Zentren, ab ca. 250 Betten bis idealerweise 350-Betten) kantonale Unterkünfte zurück gegriffen werden kann, dies im Umfang von rund 1000 Betten. Es wird zudem davon ausgegangen, dass sich von den bestehenden rund 1400 Unterbringungsplätzen des Bundes (vgl. Ziff. 1.2.7) rund 500 ohne grosse Kostenfolgen in das neue Konzept eingliedern lassen, da diese die Anforderung hinsichtlich Mindestbettenkapazität von rund 250 Plätzen erfüllen können.

An der Asylkonferenz vom 21. Januar 2013 wurde vereinbart, dass Strukturen für die Behandlung von jährlich 25 000 Asylgesuchen im Umfang von rund 6000 Betten erstellt werden. In der Zwischenzeit hat das BFM die Planungsgrössen für die Asylgesuchsentwicklung revidiert und im Rahmen des Voranschlags 2014 und des Finanzplans 2015­2017 auf 24 000 Asylgesuche angesetzt. Diese Planungsgrösse wurde im Rahmen des Voranschlags 2015 und des Finanzplans 2016­2018 wegen des Rückgangs der Asylgesuche im ersten Halbjahr 2014 auf 22 000 Asylgesuche reduziert.

8107

Als Grundlage für die Bereitstellung der notwendigen Bettenkapazität basiert die Wirtschaftlichkeitsberechnung weiterhin auf einer Annahme von 24 000 Asylgesuchen pro Jahr, dies schon zur Sicherstellung der erforderlichen Schwankungstauglichkeit. Weiter wird angenommen, dass ein Teil der abgewiesenen Asylsuchenden die Schweiz selbstständig verlässt und deshalb weniger Kapazitäten in Ausreisezentren erforderlich sind. Aus diesen Gründen wird neu von einer Gesamtkapazität von rund 5000 Betten ausgegangen (inkl. der heute bereits bestehenden Kapazität, welche mittel- bis langfristig ins neue Modell überführt werden kann).

Weiter wird davon ausgegangen, dass während der mehrjährigen Aufbauphase der Neustrukturierung eine sukzessive Abnahme der unbegründeten Asylgesuche um rund 25 Prozent erzielt wird, dies, weil schon während der Aufbauphase ein Teil der Verfahren beschleunigt werden können. Demnach wird angenommen, dass die Zahl der Asylgesuche in diesem Zeitraum insgesamt von 24 000 auf 20 000 Gesuche pro Jahr sinkt. Diese Annahme sowie die grundsätzlich schwer vorhersehbare Entwicklung der Asylgesuchszahlen erfordern, dass bereits während der Aufbauphase regelmässig evaluiert wird, ob der Zielwert von 24 000 Asylgesuchen zu halten ist bzw. angepasst werden muss. Der Aufbau ist somit zu etappieren. Damit soll auch verhindert werden, dass Überkapazitäten aufgebaut werden.

5.1.3

Mehrkosten beim Bund

­

Die im Auftrag des Bundesrates eingeleiteten Massnahmen zur mittelfristigen Erhöhung der Unterbringungskapazität des Bundes auf eine Gesuchsentwicklung von 24 000 Asylgesuchen pro Jahr als Bestandteil der Neustrukturierung im Asylbereich wird in den kommenden Jahren zu Investitionskosten des Bundes für die Unterkünfte und die Arbeitsplätze führen.

­

Dazu kommen die finanzierungswirksamen Betriebskosten ab Inbetriebnahme der neuen Unterkünfte (beim Bundesamt für Bauten und Logistik [BBL] und beim BFM). Dabei sind die Betriebskosten für grössere Zentren dank Effizienzgewinnen optimaler als bei kleineren Zentren. Grundlage der Berechnungen und Zielwert sind die Erfahrungswerte aus dem Betrieb der heutigen EVZ.

­

Die straffe Taktung des Verfahrens erfordert wesentlich mehr Personal als heute, dies im Umfang von zusätzlichen rund 250 Stellen (Faktor 1.5­2).

Dieser Aufwand fällt des Weiteren aufgrund intensiverer und vertiefter Abklärungen am Anfang des Asylverfahrens an, dies um die Asylentscheide rasch und in der geforderten Qualität zu fällen. Vergleicht man das schweizerische Asylsystem mit dem niederländischen, so verfügen die Niederlande, welche ebenfalls das getaktete Verfahren einsetzen, über mindestens doppelt so viel Personal für den Asylbereich als die Schweiz.

­

Ein neuer Faktor sind die Mehrkosten für den vorgeschlagenen Rechtsschutz. Dazu kommen Aufwände für die medizinische Versorgung in den Zentren des Bundes (inkl. Kosten für Dolmetscherinnen und Dolmetscher) und die zusätzlichen Abklärungen während der Vorbereitungsphase (z.B.

konsequente Analyse der Reisepapiere und Beweismittel).

8108

­

5.1.4

Für schulpflichtige Kinder muss vom Bund bei einem längeren Aufenthalt neu mit der Standortgemeinde oder in den Zentren selbst ein geeignetes Angebot für Bildungsmassnahmen finanziert werden. Neu fallen die Gesundheitskosten während des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes an, bzw.

findet wegen der obligatorischen Krankenversicherung eine Kostenverlagerung zum Bund statt.

Einsparungen beim Bund

Den erhöhten Kosten insbesondere in der Anfangsphase stehen jedoch mittel- bis längerfristig beim Bund folgende Einsparungen gegenüber: ­

Die Neustrukturierung des Asylbereichs ermöglicht es, die Dauer der Asylverfahren markant zu senken. Unnötige, durch langwierige Verfahren und die örtliche Distanz bedingte Verzögerungen können vermieden werden.

­

Durch die geringere Anzahl Asylsuchender, die den Kantonen zugeteilt werden, und die Verkürzungen des Aufenthaltes der Betroffenen in den Kantonen auch im erweiterten Verfahren werden die Aufwendungen bei den Sozialhilfe- und Betreuungskosten sinken und damit auch die vom Bund ausgerichtete Summe der Globalpauschalen. Dies gilt auch für die Verwaltungskosten- und die Nothilfepauschalen.

­

Rasche Verfahren werden dazu führen, dass weniger Personen wegen Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung vorläufig aufgenommen werden. Der Bund vergütet den Kantonen die Sozialhilfekosten während längstens sieben Jahren nach Einreise der vorläufig aufgenommenen Person.

Demnach werden auch hier tiefere Sozialhilfekosten (Globalpauschale) anfallen.

­

Längerfristig wird die Beschleunigung der Verfahren erfahrungsgemäss zu einer Abnahme der unbegründeten Asylgesuche führen. Der Umstand, dass sich der Sachverhalt während eines kurzen Asylverfahrens nicht grundlegend ändert, erschwert zudem die Begründung von ausserordentlichen Rechtsmitteln.

5.1.5

Finanzielle Auswirkungen nach der Vernehmlassung

Das Ergebnis der Vernehmlassung führt zu keinen Anpassungen in der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsberechnung: ­

Nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens wurden neue Bestimmungen aufgenommen, wonach der Bund in verschiedenen Bereichen Vereinbarungen abschliessen kann. Dies gilt für die Abgeltung der Standortkantone und Standortgemeinden von kantonalen und kommunalen Zentren (Art. 24e Abs. 5 E-AsylG), für die Entrichtung der Beiträge an die Rückkehrberatung in den Zentren des Bundes (Art. 93b Abs. 1 E-AsylG), für die Entschädigung der Beratung und Rechtsvertretung (Art. 102k Abs. 1 E-AsylG) sowie für die Entschädigung der Rechtsberatungsstelle im Kanton (Art. 102l Abs. 2 E-AsylG). Im Vernehmlassungsentwurf war vorgesehen, dass in die8109

sen Bereichen eine Pauschalabgeltung erfolgt und der Bundesrat die Voraussetzungen und das Verfahren zur Ausrichtung und Abrechnung der Beiträge auf Verordnungsstufe festlegt. Die Abgeltung der Kosten mittels Vereinbarung soll ebenfalls grundsätzlich pauschal erfolgen. Zudem erlaubt der Abschluss einer Vereinbarung in der Praxis, durch ein öffentlich-rechtliches Ausschreibungsverfahren kostengünstige und flexible sowie wettbewerbsorientierte Lösungen zu finden. Dies kann gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf zu vereinzelten Einsparungen führen.

­

Die nach dem Vernehmlassungsverfahren vorgeschlagenen punktuellen Verbesserungen beim Rechtsschutz sind ebenfalls kostenneutral. So sollen sich Asylsuchende neu nach der Zuweisung an die Kantone anstelle der Rechtsberatungsstelle auch an die in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung wenden können (Art. 102l E-AsylG). Die Abgeltung erfolgt in diesem Fall an den Leistungserbringer anstatt an die Rechtsberatungsstelle.

Sie ist Gegenstand der Vereinbarung mit dem Bund (Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG). Dies gilt auch für die Information an die Rechtsberatungsstelle über den Verfahrensstand, falls die zugewiesene Rechtsvertretung für das weitere Verfahren nicht mehr zur Verfügung steht (Art. 102k Abs. 1 Bst. f E-AsylG). Die Rechtsvertretung soll zudem neu bereits ab Beginn der Vorbereitungsphase und nicht erst wie im Vernehmlassungsentwurf vorgeschlagen zugeteilt werden (vgl. Art. 102h Abs. 1 E-AsylG). Auch diese Änderung hat keine weiteren finanziellen Auswirkungen zur Folge, da die Aufgaben der Rechtsvertretung dieselben unabhängig vom Zeitpunkt der Zuteilung bleiben (vgl. Art. 102k E-AsylG).

­

Wie bis anhin auf Verordnungsstufe (vgl. Art. 24 Abs. 4 AsylV 2) soll eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, wonach der Bund für Personen, die im Rahmen einer Asylgewährung für Flüchtlingsgruppen in der Schweiz aufgenommen wurden, die Globalpauschale ausnahmsweise länger als fünf Jahre ausrichten kann (Art. 88 Abs. 3bis E-AsylG). Wie erwähnt, bestand diese Regelung bereits auf Verordnungsstufe, weshalb mit keinen zusätzlichen Kosten zu rechnen ist.

­

Auch die Regelung, wonach die Kantone während eines generellen Entscheid- und Vollzugsmoratoriums den davon betroffenen Personen Sozialhilfe ausrichten können (Art. 82 Abs. 2bis E-AsylG) kann kostenneutral umgesetzt werden. Würde während der Dauer eines generellen Vollzugsmoratoriums nur Nothilfe ausgerichtet, müsste das Finanzierungssystem für die Nothilfe auf Verordnungsstufe angepasst werden, um eine ungewollte Kostenverlagerung auf die Kantone zu vermeiden. Der mit einem Moratorium einhergehende längere Aufenthalt der Betroffenen ist nicht auf deren missbräuchliches Verhalten zurückzuführen. Vielmehr können aufgrund der aktuellen Situation im Herkunftsstaat keine Entscheide mit Wegweisungsvollzug getroffen werden, solange die Situation im Herkunftsstaat unsicher ist.

Da davon auszugehen ist, dass alle Personen während eines Vollzugsmoratoriums Nothilfe beziehen würden, sind die entsprechenden Kosten unwesentlich tiefer als bei der Ausrichtung der Sozialhilfe. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass in der Nothilfe hohe Strukturkosten anfallen.

­

Dasselbe gilt für die punktuellen Anpassungen der Bestimmungen über die Gewährung des vorübergehenden Schutzes (Art. 69, 72, 75 und 76 E-AsylG) an die Neustrukturierung des Asylbereichs. Bei Schutzbedürftigen handelt es

8110

sich auch um Personen aus dem Asylbereich. Aufgrund einer akuten Gefährdungssituation im Herkunftsstaat wird das Asylgesuch jedoch sistiert und ein vorübergehender Schutz gewährt. Es ist demnach aus Kostensicht unerheblich, dass für die Erstbefragung in den Zentren des Bundes eine Rechtsvertretung anwesend ist, da auch Asylsuchenden für die erste Befragung in den Zentren des Bundes eine Rechtsvertretung zugeteilt wird. Des Weiteren wurde der vorübergehende Schutz in der Praxis bisher nie angewendet. Im Rahmen eines Postulats der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (Überprüfung des Status der vorläufigen Aufnahme und der Schutzbedürftigkeit, 14.3008) wurde der Bundesrat zudem beauftragt, in einem Bericht aufzuzeigen, wie der Status der vorläufigen Aufnahme im Asylund im Ausländergesetz verbessert oder allenfalls neu geregelt werden kann.

Dabei soll der Bundesrat auch die geltende Regelung des Status der Schutzbedürftigkeit in seine Überlegungen einbeziehen. Der Bundesrat hat am 28. Mai 2014 die Annahme des Postulates beantragt.

­

Im Vernehmlassungsentwurf wurde hinsichtlich des Grundschulunterrichts vorgeschlagen, dass dieser für Personen in den Zentren des Bundes in Zusammenarbeit mit den Kantonen durch den Bund sichergestellt werden soll.

Die im Artikel 80 Absatz 4 E-AsylG nun enthaltene Regelung, wonach der Bund für die Durchführung des Grundschulunterrichts Beiträge ausrichten kann, kann gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf zu einem leichten Mehraufwand seitens des Bundes von rund 0,4 Millionen Franken führen.

­

Die Regelung, wonach in Analogie zu Artikel 60 Absatz 2 AsylG der Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung bei Staatenlosen nach einem fünfjährigen Aufenthalt in der Schweiz aufgehoben werden soll (vgl.

Art. 31 Abs. 3 E-AuG), kann kostenneutral umgesetzt werden (siehe Kommentar zu Art. 87 E-AuG).

5.1.6

Finanzierungsprozess

Für den Bau und die Einrichtung der Bundesasylzentren sind hohe Investitionen nötig. Da dafür über das Voranschlagsjahr hinaus wirkende Verpflichtungen eingegangen werden müssen, werden dem Parlament im Rahmen der Immobilienbotschaft des EFD die entsprechenden Verpflichtungskredite unterbreitet (Art. 21 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 200574 über den eidgenössischen Finanzhaushalt [FHG] i.V. mit Art. 28 der Verordnung vom 5. Dezember 200875 über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes [VILB]). Die Voranschlagskredite werden dem Parlament im Rahmen der Budgetbotschaft beantragt (Voranschlag BBL).

74 75

SR 611.0 SR 172.010.21

8111

5.1.7

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Verpflichtungskredite werden jeweils der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV unterstellt, sofern sie die in der BV festgelegten Höhe überschreiten.

Der Ausgabenbremse unterstellt werden zudem die im Rahmen dieser Vorlage geänderten Subventionsbestimmungen des Asylgesetzes, wenn diese neu sind und die in der BV festgelegten Beträge überschreiten. Dies betrifft die neuen Regelungen zum generellen Entscheid- und Vollzugsmoratorium (Art. 82 Abs. 2bis E-AsylG) sowie zu den Beiträgen an den Grundschulunterricht (Art. 80 Abs. 4 E-AsylG).

5.1.8

Ergebnis und Fazit

Die Modellberechnungen des Grundszenarios mit 24 000 Gesuchen, unter der Voraussetzung, dass 1000 Bettenkapazitäten von den Kantonen übernommen werden können und sich die getroffenen Annahmen (vgl. Ziff. 5.1.2) nicht wesentlich ändern, ergeben folgendes Resultat76:

76 77

­

Der Investitionsbedarf beträgt bis zu 548 Millionen Franken. Diese Berechnung basiert auf den heute bekannten Kennwerten für den Investitionsbedarf pro Bett bzw. pro Arbeitsplatz77.

­

Die jährlichen Einsparungen im Bereich Sozialhilfe an die Kantone betragen bis zu rund 348 Millionen Franken. Rund 90 Prozent dieser erwarteten jährlichen Einsparungen entfallen auf die Reduktion der Zahlungen an die Kantone im Bereich der Sozialhilfe für Asylsuchende durch kürzere bzw. keine Verweildauer der asylsuchenden Personen bzw. der rechtskräftig abgewiesenen Personen in den kantonalen Strukturen. Die übrigen Einsparungen stehen im Zusammenhang mit einer Reduktion der neuen vorläufigen Aufnahmen pro Jahr und einem entsprechenden Rückgang im Bereich der Globalpauschale für vorläufig Aufgenommene in der Finanzierungszuständigkeit des Bundes.

­

Die jährlichen Mehrkosten für internes und externes Personal sowie für den Betrieb der Verfahrens- und Ausreisezentren belaufen sich auf rund 178 Millionen Franken. Dabei betragen die zusätzlichen internen PersonalSiehe hierzu auch Anhang: «Vergleich jährliche Gesamtkosten heute gegenüber Neustrukturierung des Asylbereichs».

Für die Bundeszentren wird mit 120 000 Franken pro Schlafplatz gerechnet. Bei den besonderen Zentren wird mit 130 000 Franken pro Schlafplatz gerechnet. Darin enthalten sind die Kosten für die Bereitstellung der Aufenthaltsstrukturen (Räume für Beschäftigung, Kantine, Kranken- und Isolationszimmer, usw.). Die Erhöhung der Unterbringungsdauer auf bis zu 140 Tage hat Auswirkungen auf den Flächenbedarf und die Standards. Für die Umnutzung von kantonalen Unterkünften werden Investitionskosten von 50 000 Franken pro Platz veranschlagt. Dazu kommen die notwendigen Landerwerbskosten sowie die Erstausstattungen (v.a. Mobiliar, Sicherheit, IKT). Diese variieren je nach Standort und Funktion eines Zentrums.

Zudem werden neu Investitionen von 63 Millionen Franken für zusätzliche 630 Arbeitsplätze einberechnet (inkl. Arbeitsplätze für externes Personal). Einerseits müssen gewisse bestehende Arbeitsplätze in die regionalen Strukturen verlagert werden, andererseits werden die Arbeitsplätze für die in der gemeinsamen Erklärung von Bund und Kantonen geforderte Schwankungstauglichkeit berücksichtigt (vgl. 1.1.5 Punkt 2e).

8112

kosten jährlich bis zu rund 44 Millionen Franken (inkl. Anteil für Anhörungspersonal im Umfang von 5,5 Millionen Franken und Anteil für zusätzliche Arbeitsplatzkosten). Im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Rechtsschutz sowie dem Personal für die medizinische Sachverhaltsabklärung entstehen Mehraufwände von 56 Millionen Franken. Die Betriebskosten betragen bis zu rund 78 Millionen Franken aufgrund der zusätzlichen Aufenthaltstage im Verfahrenszentrum bzw. in einem Ausreisezentrum sowie wegen höherer Sicherheitskosten insbesondere in den Ausreisezentren.

­

Die jährlichen Netto-Einsparungen gegenüber dem heutigen System betragen im eingeschwungenen Zustand bis zu 170 Millionen Franken bzw. bis zu 20 Prozent.

­

Die Amortisation dauert bis zu 6.3 Jahren ab Beginn Neubau der Bundeszentren resp. Umbau von kantonalen Asylzentren78. Diese Berechnung stützt sich auf die Annahme einer Realisierungsphase von drei bis vier Jahren pro Projekt. Bedingung dazu ist das Plangenehmigungsverfahren. Verlängert sich die Realisierungs- und Bauphase auf 6­8 Jahre, erhöht sich die Amortisationsdauer auf bis zu 8 Jahre.

Sollten hingegen nur 500 Betten von den Kantonen übernommen werden können, so steigt die Amortisationsdauer um rund ein Jahr (das Investitionsvolumen steigt um rund 35 Millionen Franken auf bis zu rund CHF 583 Millionen Franken).

Bei der Annahme, dass die unbegründeten Asylgesuche um rund 25 Prozent von 24 000 auf 20 000 abnehmen und die Gesamtkapazität von rund 5000 Betten trotzdem erstellt wird, entsteht eine Reservekapazität für die Behandlung von 4000 Gesuchen im Umfang von rund 800 Betten. Diese Reservehaltung entspricht dem Willen des Bundesrates, den er im Rahmen der Verabschiedung des Notfallkonzeptes geäussert hat. Das System muss zudem in der Lage sein, auch Schwankungen aufzufangen.

Im Rahmen von Sensitivitätsanalysen wurde auch berechnet, welchen Einfluss die Veränderung der grundlegenden Parameter auf die Amortisationsdauer hat. Den grössten Einfluss hat die Veränderung der Verfahrensdauer. Eine Erhöhung der Verfahrensdauer um 20 Prozent z.B. hat eine Verschlechterung der Amortisationsdauer um 1.4 Jahre zur Folge.

Es ergibt sich folgendes Fazit: Mit der Neustrukturierung können mittel- bis langfristig substanzielle Einsparungen erzielt werden. Der Aufbau muss jedoch im Rahmen einer rollenden Planung etappiert vorgenommen werden. Die Amortisationsdauer wird wesentlich durch den tatsächlichen Investitionsbedarf sowie die Anzahl der Betten und die Grösse der Anlagen beeinflusst, die von den Kantonen übernommen werden können. Die Erkenntnisse aus den laufenden Planungen führen zu einer Erhöhung des Investitionsvolumens, womit sich die Amortisationsdauer gegenüber den Berechnungen Stand Mai 2013 um rund 1­3 Jahre verlängert.

78

Die Einführung der Neustrukturierung im Asylbereich über die sechs Regionen gemäss Ziffer 1.1.5 erfolgt etappenweise. Der Zeitpunkt der einzelnen Etappen ist unter anderem abhängig vom Realisierungszeitpunkt der für die einzelnen Regionen erforderlichen neuen Verfahrens- und Ausreisezentren. Dies hat zur Folge, dass die hier aufgeführten NettoEinsparungen von jährlich bis zu 170 Millionen Franken erst im eingeschwungenen Zustand vollumfänglich erbracht werden können.

8113

Die Evaluation der Testphase soll unter anderem aufzeigen, ob das gesetzte Ziel der Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann. Eine erste Bilanz der Evaluation wird im Rahmen eines Zwischenberichtes Ende 2014 vorliegen (vgl. Ziff. 1.1.7).

Sobald das Standortkonzept vorliegt, können die Investitionskosten zudem anhand der geplanten Standorte konkretisiert werden. In diesem Zeitpunkt bzw. im Rahmen der Immobilienbotschaft EFD und der Anträge auf Verpflichtungskredite wird die Wirtschaftlichkeit der Neustrukturierung erneut überprüft. Sollte dabei das Entlastungsziel gefährdet werden, wird mit dem Bau der Bundeszentren abgewartet, eine Anpassung der Planung vorgenommen und gegebenenfalls in einer ergänzenden Vorlage Vorschläge für weitere gesetzliche Anpassungen eingebracht.

5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

­

Vorab ist festzuhalten, dass insbesondere im Bereich Unterbringung eine Ausgabenverlagerung von den Kantonen zum Bund stattfindet und die Kantone in diesem Bereich wesentlich entlastet werden.

­

Der rasche Abschluss eines grossen Teils der Verfahren in den Zentren des Bundes führt zudem zu weniger Zuteilungen von Personen auf die Kantone.

Auch wird der Aufenthalt in den Kantonen im Rahmen des erweiterten Verfahrens verkürzt. Damit können die Kantone und Gemeinden in den Bereichen Unterbringung, Gesundheit, Bildung und Sicherheit entlastet werden.

­

Rasche Asylverfahren ermöglichen es auch, frühzeitig Integrationsmassnahmen zu ergreifen, wenn die betroffenen Personen voraussichtlich länger in der Schweiz verbleiben werden. Dies wirkt sich längerfristig positiv auf die Sozialhilfekosten der Kantone und Gemeinden aus.

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201279 zur Legislaturplanung 2011­ 2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201280 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Der Entwurf zur Änderung des AsylG stützt sich auf Artikel 121 Absatz 1 BV (Gesetzgebungskompetenz des Bundes über die Gewährung von Asyl sowie Aufenthalt und Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern). Er ist mit der Verfassung vereinbar.

79 80

BBl 2012 564 und 614 BBl 2012 7161

8114

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Eine Beschleunigung der Asylverfahren soll unter anderem durch die Schaffung von Verfahrenszentren des Bundes sowie durch die Anpassung der Beschwerdefristen und des Rechtsschutzes für die Asylsuchenden erreicht werden. Die Reduktion der Beschwerdefrist von heute dreissig auf sieben Arbeitstage im beschleunigten Verfahren ist im Hinblick auf die angestrebte Beschleunigung der Asylverfahren notwendig. Der Rechtsschutz bleibt ­ wie vorne ausgeführt ­ ausreichend gewahrt.

Damit kann den Vorgaben der EMRK, des Internationalen Pakts vom 16. Dezember 196681 über bürgerliche und politische Rechte (UNO Pakt II) und anderer internationalen Übereinkommen, welche ein faires Verfahren voraussetzen, entsprochen werden. Die vorgeschlagene Verkürzung der Beschwerdefristen ist somit vereinbar mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

7.3

Verhältnis zum europäischen Recht

7.3.1

Entwicklungen im Asylbereich innerhalb der EU

Die Europäische Union ist der Auffassung, dass das Erreichen gemeinsamer Schutzstandards im Rahmen des geplanten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems nur durch eine weitere Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften im Asylbereich erfolgen kann. Dies erfordert auch Änderungen bereits erlassener Rechtsakte im Asylbereich. Zu diesen Rechtsakten zählen einerseits die Verfahrens- sowie die Aufnahmerichtlinie, die Qualifikationsrichtlinie sowie die Dublin- und EurodacVerordnungen. Sämtliche der erwähnten Rechtsakte wurden in den letzten Jahren einer Revision unterzogen. Bislang wurde einzig die Qualifikationsrichtline formell verabschiedet82. Die übrigen Richtlinien sowie die Dublin- und die EurodacVerordnung wurden bis zum Sommer 2013 verabschiedet. Für die Schweiz sind aufgrund ihrer Assoziierung an der Dubliner Zusammenarbeit einzig die Dublinund die Eurodac-Verordnung verbindlich. In der EU besteht zudem seit 2011 das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO). Dessen Ziel ist es, Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer europäischen und internationalen Verpflichtungen im Bereich Asyl zu unterstützen und damit auch das Dublin-System zu stärken. Damit nimmt das Unterstützungsbüro wesentliche Aufgaben im Hinblick auf die konkrete Gestaltung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wahr. EASO wird zudem eine wichtige Rolle im Frühwarnmechanismus83 einnehmen. Die Schweiz beabsichtigt entsprechend, an EASO teilzunehmen und hat im Juni 2014 mit der EU eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet.

81 82 83

SR 0.103.2 Die Qualifikationsrichtlinie wurde am 24. November 2011 angenommen. Die EU-Mitgliedstaaten haben bis zum 21. Dezember 2013 Zeit, die Richtlinie umzusetzen.

Vgl. Botschaft über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen (EU) Nr. 603/2013 und (EU) Nr. 604/2013, BBl 2014 2690 f.

8115

7.3.2

Kompatibilität der schweizerischen Gesetzgebung mit dem EU-Recht

Ziel und Zweck der vorliegenden Änderungsvorschläge zum Asylgesetz sind mit denjenigen der Neufassung der Verfahrensrichtlinie84 vereinbar. Wie beim Entwurf zur Änderung des Asylgesetzes stehen schnelle, faire und effiziente Verfahren im Fokus dieser Neufassung der EU-Verfahrensrichtlinie. Als flankierende Massnahme zum beschleunigten Verfahren sieht der Entwurf zur Änderung des Asylgesetzes einen Anspruch auf eine kostenlose Beratung über das Asylverfahren und eine Rechtsvertretung für Asylsuchende in der Vorbereitungsphase, im beschleunigten Verfahren und bei den Dublin-Verfahren vor. Werden während des Aufenthaltes im Kanton weitere entscheidrelevante Verfahrensschritte durchgeführt, können sich die betroffenen Asylsuchenden kostenlos an eine Rechtsberatungsstelle im Kanton oder an die ihnen in den Zentren des Bundes zugewiesene Rechtsvertretung wenden (Art.

102f ff. E-AsylG). Gemäss der EU-Verfahrensrichtlinie sollen Asylsuchende bereits im erstinstanzlichen Verfahren Zugang zu kostenloser Rechtsberatung haben. Diese kann durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure erbracht werden (Art. 21 Abs. 1).

Dabei liegt der Fokus insbesondere auf Rechts- und Verfahrensinformationen (Art. 19 Abs. 1).

Gemäss der EU-Verfahrensrichtlinie ist ein kostenloser Rechtsbeistand für das Beschwerdeverfahren vorgesehen (Art. 20 Abs. 1), wobei die Gewährung des kostenlosen Rechtsbeistands von gewissen Bedingungen abhängig gemacht werden kann, beispielsweise Mittellosigkeit (Art. 21 Abs. 2 Bst. a) oder davon, dass die Beschwerde nicht aussichtslos ist (Art. 20 Abs. 3). Dies entspricht dem Vorschlag zur unentgeltlichen Rechtspflege für Asylsuchende im erweiterten Verfahren, wonach im Beschwerdeverfahren neben den Verfahrenskosten auch die Kosten für die amtliche Verbeiständung übernommen werden, wenn die betroffene Person mittellos und die Beschwerde nicht aussichtslos ist (vgl. 102m E-AsylG). Ähnlich wie in Artikel 102m Absatz 3 E-AsylG ist die amtliche Verbeiständung auch auf europäischer Ebene nicht nur auf Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen beschränkt. Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b der EU-Verfahrensrichtlinie sieht vor, dass diese auch von sonstigen Rechtsberatern und -beraterinnen gewährt werden kann, die nach einzelstaatlichem Recht zur Vertretung von Personen, die internationalen Schutz beantragen,
bestimmt wurden.

Das erstinstanzliche Prüfungsverfahren soll nach der EU-Verfahrensrichtlinie in der Regel innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden (Art. 31). Diese Frist ist länger als die vorgeschlagenen Behandlungsfristen im erstinstanzlichen Asylverfahren (vgl. Art. 37 E-AsylG). Die EU-Verfahrensrichtlinie verweist in Lemma 18 jedoch ebenfalls auf das allgemeine Ziel hin, Asylanträge so rasch als möglich zu entscheiden.

Zwar ist die EU-Verfahrensrichtlinie, wie oben ausgeführt, für die Schweiz nicht verbindlich. Die Schweiz ist jedoch über die Dubliner Zusammenarbeit eng mit den Asylsystemen der EU-Staaten verbunden. Es liegt daher im schweizerischen Interesse, dass die Asylverfahren in allen europäischen Staaten einen vergleichbaren Stan-

84

Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes; ABl. L 180 vom 29.06.2013.

8116

dard aufweisen. Dem wird im Rahmen der vorliegenden Änderung des Asylgesetzes Rechnung getragen.

Der Entwurf zur Änderung des Asylgesetzes ist im Übrigen mit den Vorgaben des Dublin-Acquis vereinbar. Zu den Auswirkungen der Umsetzung der Dublin III-Verordnung siehe Ziffer 1.1.6.

8117

Anhang

Vergleich jährliche Gesamtkosten heute gegenüber Neustrukturierung des Asylbereichs in Mio. CHF

Verfahren heute

Modell Neustrukturierung im eingeschwungenen Zustand

1a) Personalkosten Kernprozesse heute inkl. Anhörungspersonal (inkl. Arbeitsplatzkosten)

91.0

91.0

1b) Betriebskosten EVZ heute (inkl. Miet- und Mietnebenkosten)

76.4

76.4

1c) Zahlungen Sozialhilfe für Asylsuchende an Kantone heute

679.6

679.6

Total 1) Gesamtkosten heute

847.0

847.0

2a) Mehrkosten Personal Kernprozesse inkl. Anhörungspersonal (inkl. Arbeitsplatzkosten) (Kredit: Personalbezüge inkl. AGB sowie Übriger Betriebsaufwand)

0.0

44.0

2b) Mehrkosten externes Personal, insbesondere Beratung und Rechtsvertretung (inkl. Arbeitsplatzkosten) (Kredit: Asylverfahrensaufwand sowie Betriebsausgaben EVZ)

0.0

56.0

2c) Mehrbedarf Betriebskosten EVZ (inkl. Miet- und Mietnebenkosten)

0.0

78.0

Total 2) Mehrkosten

0.0

178.0

3a) Einsparungen Sozialhilfe Asylsuchende an Kantone (Verwaltungskosten-, Nothilfe- und Globalpauschale)

0.0

­303.6

3b) Einsparungen Globalpauschale für vorläufig Aufgenommene (Rückgang neue VA)

0.0

­44.5

Total 3) Minderkosten

0.0

­348.1

Total 4) Netto-Einsparungen

0.0

­170.1

847.0

676.9

Total 5) Gesamtkosten neu Vergleich zu Gesamtkosten heute (Sicht Erfolgsrechnung) Investitionsrechnung: Total Investitionskosten für Unterbringungsstruktur inkl. Arbeitsplätze

8118

­20 % 548.0