13.098 Botschaft zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ungarn vom 20. November 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens vom 12. September 2013 zwischen der Schweiz und Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. November 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Übersicht Das bestehende Abkommen zwischen der Schweiz und Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen wurde am 9. April 1981 unterzeichnet und seither nicht revidiert.

Im Zuge der vom Bundesrat am 13. März 2009 geänderten Abkommenspolitik zum Informationsaustausch nahmen die Schweiz und Ungarn 2012 Verhandlungen auf, um das Doppelbesteuerungsabkommen mit einer Bestimmung nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zu ergänzen. Das bisherige Abkommen enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch. Die Amtshilfe in Steuersachen ist daher auf Informationen beschränkt, die zur ordnungsgemässen Anwendung des Abkommens und zur Vermeidung von Missbräuchen notwendig sind.

Es wurde vereinbart, das Abkommen vollständig zu revidieren und ein neues Abkommen abzuschliessen, das das Abkommen von 1981 ersetzt. Nebst der Vereinbarung einer Bestimmung über den Informationsaustausch in Steuersachen nach dem internationalen Standard konnte das neue Abkommen auch in anderen Punkten an die heutige Abkommenspolitik beider Länder und an den Wortlaut des geltenden OECD-Musterabkommens angepasst werden. Zu erwähnen ist namentlich die Quellensteuerbefreiung von Dividenden aus Beteiligungen von mindestens 10 Prozent und von Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und die Nationalbanken.

Das Abkommen wurde am 12. September 2013 in Budapest unterzeichnet.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Abkommens begrüsst.

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz schon immer den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Zwischen der Schweiz und Ungarn besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.941.81, nachfolgend «Abkommen 1981»). Es wurde am 9. April 1981 in Budapest unterzeichnet und bislang nicht revidiert.

Nachdem der Bundesrat am 13. März 2009 mit seinem Beschluss, den Vorbehalt der Schweiz gegenüber dem Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD (nachfolgend «OECD-Musterabkommen») zurückzuziehen, eine Änderung der schweizerischen Abkommenspolitik eingeleitet hatte, ist Ungarn mit dem Wunsch an die Schweiz herangetreten, das Abkommen 1981 mit einer Bestimmung nach Artikel 26 OECD-Musterabkommen zu ergänzen. Das Abkommen 1981 enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch. Die Amtshilfe beschränkt sich gemäss schweizerischer Praxis auf diesem Gebiet nach heutigem Abkommen demnach auf den Austausch der Informationen, die zur ordnungsgemässen Anwendung des Abkommens und zur Vermeidung von Missbräuchen notwendig sind.

Während die Schweiz grundsätzlich nur eine Teilrevision des bestehenden Abkommens wünschte, plädierte die ungarische Delegation aus praktischen Gründen und angesichts des Alters des geltenden Abkommens für eine Gesamtrevision und den Abschluss eines neuen Doppelbesteuerungsabkommens. Dabei bestand Einigkeit, dass die bewährten Lösungen des Abkommens 1981 übernommen werden sollen.

Die Delegationen einigten sich daher auf dieser Basis auf eine Gesamtrevision.

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Nebst der Verankerung der neuen Bestimmung über den Informationsaustausch in Steuersachen wurde das Abkommen auch in anderen Punkten an die heutige Abkommenspolitik beider Länder und den Wortlaut des geltenden OECD-Musterabkommens angepasst.

Das neue Abkommen (nachfolgend «DBA-H») wurde am 12. September 2013 in Budapest unterzeichnet.

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Würdigung

Dividenden und Zinsen unterliegen nach dem Abkommen 1981 einer Residualsteuer von 10 Prozent. Hinsichtlich der Dividenden erhöht das DBA-H die generelle Residualsteuer auf 15 Prozent, nimmt aber Dividenden an Gesellschaften aus Beteiligungen von mindestens 10 Prozent sowie Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und die Nationalbanken von der Quellenbesteuerung aus. Hinsichtlich der Zinsen kommt das Besteuerungsrecht neu ausschliesslich dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers dieser Einkünfte zu. Die im Abkommen 1981 vorgesehene Quellensteuerbefreiung von Lizenzgebühren wurde im DBA-H übernommen. Diese neuen Regeln fördern Investitionen und den wirtschaftlichen Austausch im bilateralen Verhältnis. Zur Verhinderung von Missbräuchen wurde eine Bestimmung aufgenommen, die die Abkommensvorteile für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren versagt, wenn eine konkrete Gestaltung hauptsächlich in der Inanspruchnahme der Abkommensvorteile begründet ist.

Für Veräusserungsgewinne aus Anteilen an Immobiliengesellschaften liegt das Besteuerungsrecht künftig im Belegenheitsstaat der Liegenschaften. Die Kantone können damit ihr Besteuerungsrecht aus wirtschaftlicher Handänderung wahrnehmen.

Ruhegehälter können neu ausschliesslich im Quellenstaat besteuert werden. Diese Lösung berücksichtigt die Unterschiede der Vorsorgesysteme der Schweiz und von Ungarn.

Sollte Ungarn künftig mit einem andern Staat eine Schiedsklausel in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbaren, so ist Ungarn zur Aufnahme von Verhandlungen über die Aufnahme einer solchen Bestimmung in das DBA-H verpflichtet.

Damit erhält die Schweiz Gewähr, dass sie in diesem Bereich nicht schlechter gestellt wird als andere Staaten.

Schliesslich erfüllt die neue Bestimmung über den Informationsaustausch den in diesem Bereich geltenden internationalen Standard.

Im vorliegenden Abkommen konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird. Die Kantone und interessierten Wirtschaftsverbände haben das DBA-H begrüsst.

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das DBA-H folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem OECDMusterabkommen sowie der Abkommenspolitik der Schweiz. Die nachfolgenden Ausführungen beschränkten sich darauf, die wichtigsten Abweichungen gegenüber dem OECD-Musterabkommen, dem Abkommen 1981 und der schweizerischen Abkommenspolitik zu erläutern.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Der Katalog der ungarischen Steuern wird den aktuellen Gegebenheiten angepasst.

Ungarn erhebt die Körperschaftssteuer nach einem gestaffelten Tarif. Bis zu einem Gewinn von 500 Millionen Forint (ca. 2 Mio. Fr.) beträgt der Steuersatz 10 Prozent, darüber 19 Prozent. Die durchschnittliche, effektive Besteuerung liegt in der Praxis bei 14­15 Prozent. Natürliche Personen unterliegen einer Einkommenssteuer zum Einheitssatz von 16 Prozent.

Die überbauten und unbebauten Grundstücke unterliegen je einer spezifischen Grundsteuer vom Vermögen.

Art. 3

Allgemeine Begriffsbestimmungen

Auf Begehren der Schweiz wurde eine Definition der Vorsorgeeinrichtung vereinbart. Diese müssen in einem Vertragsstaat errichtet sein, der Regulierung dieses Staates unterliegen, von den Steuern vom Einkommen generell ausgenommen sein und natürliche Personen gegen die Risiken von Alter, Invalidität oder Tod versichern. Die Bestimmung wird in Ziffer 1 des Protokolls zum Abkommen weiter präzisiert. Für die Schweiz umfasst der Begriff der Vorsorgeeinrichtung sämtliche Einrichtungen der Säulen 1, 2 und 3a. Die kollektive Kapitalanlage, in welche ausschliesslich Vorsorgeeinrichtungen investieren, wird gleich behandelt wie die direkte Kapitalanlage durch die Vorsorgeeinrichtungen selbst.

Art. 4

Ansässige Person

Diese Bestimmung ist neu nach dem Wortlaut des OECD-Musterabkommens gefasst. Abweichend von dessen Wortlaut wird auf Wunsch von Ungarn die Liste der Anknüpfungskriterien für die Steuerpflicht nach innerstaatlichem Recht in Absatz 1 mit dem Geschäftssitz ergänzt. Da die Aufzählung beispielhafter Natur ist, handelt es sich dabei lediglich um eine Klarstellung.

Im Protokoll zum Abkommen wird festgehalten, dass Vorsorgeeinrichtungen und Organisationen mit religiösen, wohltätigen, wissenschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder Ausbildungszwecken als in einem Vertragsstaat ansässige Personen gelten (Ziff. 2). Diese Bestimmung dient der Präzisierung, dass solche Einrichtungen auch im Fall einer allfälligen Steuerbefreiung als ansässige Personen qualifizieren können. In der Schweiz gelten solche Institutionen auch ohne eine entsprechende Bestimmung nach innerstaatlichem Recht als ansässig für Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen, auch wenn diese Institutionen aufgrund der von ihnen verfolgten Zwecke steuerbefreit sind.

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Art. 5

Betriebsstätte

Die Bestimmung entspricht weitgehend dem Wortlaut des OECD-Musterabkommens.

Absatz 4 hält Sachverhalte fest, die zu keiner Betriebsstätte führen. Die Ausnahmen sind dadurch begründet, dass die entsprechenden Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten sind oder nur unwesentlich zum Gewinn des Unternehmens beitragen. Auf Wunsch der Schweiz wurde zusätzlich eine Ausnahme für die Montage selbsthergestellter Maschinen und Ausrüstung vereinbart. Eine vergleichbare Bestimmung enthielt bereits das Abkommen 1981. Die betroffenen Unternehmen sind in der Herstellung von Maschinen oder Ausrüstung tätig. Für sie ist deren Montage nur ein Nebengeschäft.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Artikel 7 wurde nach dem neuen Wortlaut von Artikel 7 des OECD-Musterabkommens gefasst. Mit dieser Bestimmung wird der sogenannte «Authorised OECD Approach», kurz AOA, übernommen. Betriebsstätten werden demnach weitgehend wie unabhängige Unternehmen behandelt. Die Gewinnzuteilung richtet sich nach den für verbundene Unternehmen entwickelten Verrechnungspreisgrundsätzen.

Der Gesamterfolg des Unternehmens darf demnach nicht mehr auf seine Teile aufgeteilt werden. Stattdessen muss der Erfolg jedes Unternehmensteils ermittelt werden. Die Kombination der Erfolge der Unternehmensteile entspricht schliesslich dem Gesamterfolg des Unternehmens. Es ist nach diesem Ansatz beispielsweise möglich, dass eine Betriebsstätte einen Gewinn erzielt, während das Gesamtunternehmen einen Verlust schreibt oder umgekehrt.

Absatz 1 bleibt materiell unverändert. Absatz 2 hält wie bis anhin den Grundsatz des Drittvergleichs fest. Im Unterschied zur bisherigen Regelung wird jedoch festgehalten, dass die Leistungsbeziehungen zwischen dem Hauptsitz und der Betriebsstätte auch zu berücksichtigen sind. So sind beispielsweise die Leistungen der zentralisierten Dienste an die Betriebsstätte (z.B. für Personalmanagement oder Rechtsdienst) von dieser für steuerliche Zwecke wie gegenüber einem unabhängigen Leistungserbringer zu entschädigen, obwohl zivilrechtlich und für Zwecke der Handelsbilanz keine Leistungsbeziehung besteht.

Absatz 3 betrifft die Gegenberichtigung im Staat des Hauptsitzes bzw. der Betriebsstätte, wenn es zu einer Aufrechnung in Folge der Verletzung des Prinzips des Drittvergleichs nach Absatz 2 kommt. Die Gegenberichtigung erfolgt nur, wenn die ursprüngliche Aufrechnung für gerechtfertigt gehalten wird. Der ständigen Praxis der Schweiz entsprechend werden die Aufrechnung und die Gegenberichtigung daher stets Gegenstand eines Verständigungsverfahrens im Sinn von Artikel 25 DBA-H sein. Die bisherigen Absätze 4­6 von Artikel 7 des Abkommens 1981 sind in der neuen Bestimmung nicht mehr enthalten. Die in der Schweiz im interkantonalen Verhältnis übliche proportionale Aufteilung der Unternehmensgewinne ist auf internationaler Ebene bereits seit Jahren nicht mehr in Gebrauch. Die Streichung hat daher keine materiellen Auswirkungen. Wie bis anhin bestätigt Absatz 4 den im bisherigen Absatz 7 festgehaltenen Grundsatz, dass die speziellen Zuteilungsregeln anderer Artikel des DBA-H der Regelung für Unternehmensgewinne vorgehen.

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Art. 10, 11 und 12

Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren

Ungarn erhebt nach seinem innerstaatlichen Recht eine Quellensteuer von 16 Prozent auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, sofern sie an natürliche Personen bezahlt werden. Zahlungen an juristische Personen unterliegen dagegen in Ungarn keiner Quellenbesteuerung.

Artikel 10 (Dividenden) des Abkommens 1981 sieht einen Residualsteuersatz von 10 Prozent ohne Ausnahmen vor. Im DBA-H beträgt der generelle Residualsteuersatz für Dividenden 15 Prozent. Neu können indessen Dividenden aus direkten Beteiligungen an Gesellschaften von mindestens 10 Prozent des Kapitals nur noch im Ansässigkeitsstaat der nutzungsberechtigten Gesellschaft besteuert werden (Art. 10 Abs. 3 Bst. a). Ausser bei solchen Beteiligungen gilt die ausschliessliche Steuerbarkeit im Ansässigkeitsstaat auch für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und die Nationalbanken (Art. 10 Abs. 3 Bst. b und c).

Bei den Zinsen (Art. 11) wurde wie bereits zuvor bei den Lizenzgebühren (Art. 12) die ausschliessliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat vereinbart.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Dieser Artikel wird mit einem neuen Absatz 4 ergänzt. Wie andere Schweizer Doppelbesteuerungsabkommen und das OECD-Musterabkommen sieht er vor, dass die Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Vermögen zu über 50 Prozent direkt oder indirekt aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat stammen, in diesem besteuert werden können. Die Schweiz als Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person gewährt in einem solchen Fall die Freistellung erst dann, wenn nachgewiesen wurde, dass die Besteuerung in Ungarn tatsächlich erfolgt ist (Art. 23 Abs. 2 Bst. a DBA-H).

Um den Handel von börsenkotierten Aktien an Immobiliengesellschaften nicht zu erschweren, wurde eine Ausnahme von Absatz 4 für solche Titel vereinbart (Bst. a).

Ebenso gilt eine Ausnahme für Anteile an einer Gesellschaft, deren Wert zwar zu mehr als 50 Prozent aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat besteht, die aber ihre Geschäftstätigkeit in diesen Liegenschaften ausübt (Bst. b). Nicht unter die Bestimmung würden daher beispielsweise Gewinne einer in Ungarn ansässigen Person aus der Veräusserung von Anteilen an einer in der Fabrikation tätigen Gesellschaft fallen, deren Vermögen zwar zu mehr als 50 Prozent aus Liegenschaften in der Schweiz besteht, wenn die Gesellschaft in diesen ihren Fabrikationsbetrieb führt. In diesen Fällen kommt das Besteuerungsrecht für die Veräusserungsgewinne dem Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person zu, im Beispiel daher Ungarn (Art. 13 Abs. 5 DBA-H).

Art. 18

Ruhegehälter

Das ungarische Vorsorgesystem besteht wie das schweizerische aus drei Säulen.

Versichert sind ausschliesslich beruflich tätige Personen. Die erste Säule ist die staatliche Vorsorge. Diese ist in Ungarn vorherrschend. Die zweite Säule ist die private Vorsorge. Es handelt sich dabei um ein kapitalbasiertes System. Schliesslich gibt es die freiwillige Vorsorge (dritte Säule). Die Beiträge der ersten und zweiten Säule sind steuerlich nicht abziehbar und die Leistungen in Ungarn von der Besteuerung ausgenommen. Die Beiträge der dritten Säule sind teilweise abziehbar. Die Leistungen unterliegen einer nach der Versicherungsdauer degressiven Besteuerung.

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Ungarn wünschte, eine ausschliessliche Besteuerung der Ruhegehälter im Quellenstaat zu vereinbaren, und begründete dies mit den tiefen Leistungen der ungarischen Vorsorge. Diese betragen durchschnittlich ca. 200 Franken und maximal rund 1000 Franken pro Monat. Bei der geringen Höhe der Leistung würde berücksichtigt, dass diese in Ungarn nicht besteuert werden. Die vorgeschlagene Lösung würde sicherstellen, dass dies auch im Verhältnis zur Schweiz so ist. Die Schweiz hat angeführt, dass Personen, die lediglich die Leistungen der ungarischen Vorsorge erhalten, aufgrund der Sozialabzüge und des allgemeinen Steuerfreibetrags in der Schweiz ohnehin meist keine Einkommenssteuern bezahlen müssten und es nicht gerechtfertigt wäre, dass Ruhegehälter von Personen, die massgebende andere Einkünfte haben, unbesteuert blieben.

Angesicht der geringen Höhe der ungarischen Vorsorgeleistungen haben sich die Delegation im Rahmen des Gesamtkompromisses schliesslich darauf geeinigt, dass Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen ausschliesslich im Quellenstaat besteuert werden können. Dies gilt auch für Ruhegehälter aus früherem öffentlichem Dienst.

Die Bestimmung von Artikel 18 DBA-H wird im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 4) präzisiert: Als Ruhegehälter gelten demnach auch Kapitalleistungen. Im Fall der Schweiz fallen die Leistungen der Säulen 2 und 3a unter Artikel 18 DBA-H.

Art. 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Die Bestimmung entspricht inhaltlich jener aus dem Abkommen 1981, sie wurde jedoch nach dem heute gängigen Wortlaut gefasst. Ungarn vermeidet die Doppelbesteuerung wie die Schweiz durch Freistellung unter Progressionsvorbehalt. Einzig hinsichtlich der Dividenden kommt die Anrechnungsmethode zur Anwendung.

Art. 26

Informationsaustausch

Das DBA-H enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard. Die nachfolgenden Ausführungen gehen lediglich auf einzelne Punkte in Artikel 26 DBA-H sowie der dazugehörigen Protokollbestimmung (Ziff. 6) ein.

Wie in den Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit diversen anderen Staaten sowie im OECD-Musterabkommen gilt die Bestimmung über den Informationsaustausch für sämtliche Steuern. Der Geltungsbereich ist somit nicht auf die unter das Abkommen fallenden Steuern beschränkt.

Die Schweiz wird Ungarn keine Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht. Dies wurde der ungarischen Delegation anlässlich der Verhandlungen mitgeteilt.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 6) konkretisiert.

Es regelt unter anderem im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig ist insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z.B.

eine Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Ebenso hält das Protokoll zum Abkommen fest, dass diese Voraussetzungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

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Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören nach dem weiterentwickelten OECD Standard auch konkrete Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Die Schweiz kann nach dem DBA-H solchen Ersuchen Folge leisten. Mit detaillierten Angaben zur Gruppe der Steuerpflichtigen, die es dem ersuchten Staat ermöglichen, die konkret betroffenen Personen zu bestimmen, kommt der ersuchende Staat dem Erfordernis der Identifikation der vom Ersuchen betroffenen steuerpflichtigen Personen nach (Bst. b). Eine solche Auslegung gebietet die Auslegungsklausel (Bst. c i.V.m. Bst. b in fine), die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weitgehenden Informationsaustausches verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zuzulassen sind. Die notwendige Grundlage zur Beantwortung von Gruppenersuchen wurde im innerstaatlichen Recht der Schweiz durch den Erlass des Steueramtshilfegesetzes vom 28. September 2012 geschaffen (SR 672.5).

Die neue Klausel findet auf die Steuerjahre Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Kalenderjahres beginnen.

Art. 28

Inkrafttreten

Die Bestimmungen des DBA-H finden Anwendung auf Quellensteuern und auf Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Kalenderjahres beginnen. Das gilt auch für die Bestimmungen über den Informationsaustausch.

Das Abkommen 1981 tritt mit Inkrafttreten des DBA-H ausser Kraft. Es ist jedoch weiterhin auf Steuerjahre und Steuerperioden anwendbar, die vor dem Tag enden, an dem die Bestimmungen des DBA-H Anwendung finden.

Ziff. 3 des Protokolls zum Abkommen (Zu den Art. 10, 11, 12 und 13 Abs. 4 Bst. b) Zur Verhinderung des Missbrauchs des DBA-H wurde in Ziffer 3 des Protokolls zum Abkommen eine Missbrauchsbestimmung vereinbart. Damit soll vermieden werden, dass Abkommensvorteile Personen zugutekommen, die ihre Verhältnisse mit der hauptsächlichen Absicht gestalten, in den Genuss der erwähnten Bestimmungen des DBA-H zu gelangen. Die vorgesehene Missbrauchsbestimmung entspricht der Entwicklung der schweizerischen Abkommenspolitik auf diesem Gebiet und der von der Schweiz befolgten Praxis im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Abkommensmissbräuchen.

Auf Wunsch Ungarns gilt die Missbrauchsbestimmung nicht nur in Bezug auf die Bestimmungen über Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, sondern auch in Bezug auf die Ausnahmebestimmung hinsichtlich der Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an Immobiliengesellschaften, wenn die Gesellschaft in ihrer Liegenschaft ihr Gewerbe ausübt (Art. 13 Abs. 4 Bst. b). Aus ungarischer Sicht bestanden Bedenken, dass diese Bestimmung es einem Unternehmen ermöglichen würde, einen Teil seiner eigenen Liegenschaft selbst gewerblich zu nutzen und damit mit der gesamten Liegenschaft unter diese Ausnahmebestimmung zu fallen.

Die Missbrauchsbestimmung soll solche Fälle verhindern. Aus schweizerischer

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Sicht würde in solchen Fällen die erwähnte Ausnahmebestimmung jedoch ohnehin nur hinsichtlich des effektiv selbst gewerblich genutzten Teils gelten.

Ziff. 5 des Protokolls zum Abkommen (Zu Art. 25) Ungarn verpflichtet sich der Schweiz gegenüber zur Aufnahme von Verhandlungen über die Vereinbarung einer Schiedsklausel im DBA-H, sollte es eine entsprechende Bestimmung in einem Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Drittstaat vereinbaren (Ziff. 5 des Protokolls zum Abkommen). Mit dieser Bestimmung wird sichergestellt, dass die Schweiz in diesem Bereich gleich behandelt wird wie andere Abkommenspartner Ungarns.

Briefwechsel Ungarn wünschte eine Klausel im Protokoll zum Abkommen, wonach im Fall eines Widerspruchs von Bestimmungen des DBA-H mit den EU-rechtlichen Verpflichtungen Ungarns, das EU-Recht dem Abkommen vorgehen würde. Da eine solche Bestimmung für die Schweiz als Nichtmitglied der EU nicht annehmbar, eine Klarstellung für Ungarn jedoch unabdingbar war, haben sich die Delegationen schliesslich auf einen Briefwechsel geeinigt. Dieser ermöglicht es Ungarn ausdrücklich, Konsultationen über mögliche Verhandlungen zur Änderung des DBA-H anzustreben, wenn es eine Unvereinbarkeit des DBA-H mit seinen Verpflichtungen als EU-Mitgliedstaat feststellt. Der Briefwechsel geht nicht über die Möglichkeiten hinaus, die Revision eines Abkommens anzuregen, die Vertragsstaaten eines Abkommens auch ohne entsprechende Klarstellung zukommen.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Ausnahme von der Quellensteuer für Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen sowie für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Nationalbanken hat grundsätzlich steuerliche Einbussen zur Folge. Dies gilt ebenso für den Wegfall der Quellensteuer auf Zinsen. Sie führen jedoch zu einer Standortverbesserung und damit grundsätzlich zu zusätzlichen Steuereinnahmen. Ebenfalls mit Mehreinnahmen verbunden ist die Erhöhung des generellen Residualsteuersatzes auf Dividenden. Über die Höhe der steuerlichen Einbussen und Mehreinnahmen liegt keine Schätzung vor.

Das vorliegende Abkommen kann im Rahmen der bestehenden personellen Ressourcen umgesetzt werden.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das DBA-H begrüsst.

Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das DBA-H ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist.

Gemäss Artikel 184 Absatz 2 BV unterzeichnet der Bundesrat die Verträge. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des 96

DBA-H zuständig. Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen dem fakultativen Referendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das DBA-H ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD stellt eine gewichtige Neuerung der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung dar. Das Abkommen enthält damit wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des DBA-H ist daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

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