14.061 Botschaft zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) vom 3. September 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastruktur.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. September 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-1829

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Übersicht Mit der Vorlage wird eine einheitliche, an die Entwicklungen des Marktes und an internationale Vorgaben angepasste Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen sowie der Pflichten der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer beim Effekten- und Derivatehandel vorgenommen. Dadurch werden die Stabilität und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz nachhaltig gestärkt.

Ausgangslage Effiziente Finanzmärkte sind auf gut funktionierende Finanzmarktinfrastrukturen angewiesen, über welche die Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer Finanzinstrumente handeln, abrechnen und abwickeln können. Zu diesen Finanzmarktinfrastrukturen zählen Börsen und andere Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Zahlungssysteme und Transaktionsregister. Finanzmarktinfrastrukturen kommt oft monopolähnlicher Charakter zu und sie sind stark international vernetzt. Ihr Ausfall birgt daher bedeutende Risiken für die Stabilität des Finanzsystems.

In der Finanzmarktkrise haben Finanzmarktinfrastrukturen weitgehend reibungslos funktioniert. Die Krise hat allerdings das Risikobewusstsein geschärft und die Notwendigkeit zur Berücksichtigung ausgeprägter Stresssituationen deutlich vor Augen geführt. Internationale Standardsetter haben daher die bisherigen Standards für Finanzmarktinfrastrukturen überarbeitet.

Zudem hat die Finanzmarktkrise aufgezeigt, dass die mangelnde Transparenz und ungenügende Besicherung auf den Märkten für ausserbörslich gehandelte Derivate (sog. OTC-Derivate) aufgrund ihrer starken internationalen Vernetzung sowie der grossen Handelsvolumen und Ausfallrisiken die Stabilität des ganzen Finanzsystems gefährden kann. Seither sind internationale Bemühungen im Gange, um die Transparenz und die Stabilität im OTC-Derivatemarkt zu verbessern. So haben sich die G-20-Länder insbesondere verpflichtet sicherzustellen, dass standardisierte OTCDerivatekontrakte über eine zentrale Gegenpartei abgerechnet, sämtliche OTCDerivatetransaktionen an Transaktionsregister gemeldet und standardisierte OTCDerivatetransaktionen, falls dazu geeignet, über Börsen oder andere elektronische Plattformen gehandelt werden. Die G-20 beauftragten das FSB damit, die Empfehlungen für die Umsetzung der genannten Verpflichtungen zu erlassen und ihre Implementierung zu überwachen.

Die bestehende Schweizer
Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen ist im Hinblick auf die Entwicklung der Finanzmärkte in verschiedener Hinsicht nicht mehr angemessen und genügt den Anforderungen gemäss international anerkannten Standards in verschiedenen Bereichen nicht mehr. In der Schweiz bestehen heute zudem keine Vorgaben für den Handel mit Derivaten, welche den G-20-Verpflichtungen und den Empfehlungen des FSB Rechnung tragen. Dadurch besteht ein im Vergleich zu anderen Finanzplätzen geringerer Schutz der Anlegerinnen und Anleger und die Stabilität und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Finanzplatzes werden beeinträchtigt.

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Inhalt der Vorlage Die bestehenden Unzulänglichkeiten der heutigen Rechtslage werden durch das neue Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) angegangen. Dieses regelt die Organisation und den Betrieb von Finanzmarktinfrastrukturen in ihrer Gesamtheit.

Die heute auf das Börsengesetz, das Bankengesetz und das Nationalbankgesetz verstreuten Bestimmungen werden aufgehoben und es wird eine konsistente, an die veränderten Markverhältnisse und an internationale Vorgaben angepasste Regulierung in einem einzigen Gesetz geschaffen. Die Regulierung der Börsen entspricht dabei im Grundsatz der bestehenden Regelung im Börsengesetz. Insbesondere wird das geltende Prinzip der Selbstregulierung beibehalten, das sich in diesem Bereich bewährt hat.

Der sehr vage und im internationalen Vergleich nicht mehr aktuelle Begriff der börsenähnlichen Einrichtung wird durch die präziser definierten und besser abgrenzbaren Begriffe des multilateralen Handelssystems und des organisierten Handelssystems ersetzt. Multilaterale Handelssysteme unterscheiden sich von Börsen dadurch, dass sie Effekten zwar zum Handel zulassen, jedoch keine Kotierung erfolgt. Sie werden analogen Regeln unterstellt wie Börsen. Organisierte Handelssysteme werden demgegenüber nicht als eigenständige Finanzmarktinfrastrukturen erfasst, sondern ihr Betrieb bleibt den Banken, Effektenhändlern, Börsen und multilateralen Handelssystemen vorbehalten. Dem Betreiber eines organisierten Handelssystems werden dabei gewisse spezifische Pflichten insbesondere betreffend Organisation und Handelstransparenz auferlegt. Mit den Transparenzvorschriften für multilaterale und organisierte Handelssysteme wird auch die Problematik der sogenannten Dark Pools, also bislang kaum transparenter Handelsplätze, angegangen. Zudem wird mit dem FinfraG die Grundlage geschaffen, um den Hochfrequenzhandel zu regeln und nötigenfalls einzuschränken.

Im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen wird neu eine Bewilligungspflicht für zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme eingeführt. Es werden spezifisch auf diese Finanzmarktinfrastrukturen zugeschnittene Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten formuliert. Bis anhin konnte die FINMA zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssystem in bestimmten Fällen dem Banken- oder dem Börsengesetz
unterstellen. Für Transaktionsregister bestand überhaupt keine Regelung.

Neben den aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Finanzmarktinfrastrukturen enthält das FinfraG sämtliche Regeln, welche im Zusammenhang mit dem Handel von Effekten und Derivaten für alle Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer gelten (sog. Marktverhaltensregeln). Dies sind einerseits die heute im Börsengesetz verankerten Bestimmungen über die Offenlegung von Beteiligungen, über die öffentlichen Kaufangebote sowie über den Insiderhandel und die Marktmanipulation und anderseits die neuen, den internationalen Standards entsprechenden Regeln zum Derivatehandel. Der weitaus grösste Teil des schweizerischen Derivatehandels ist heute grenzüberschreitend und findet schwergewichtig mit der EU statt. Die vorgeschlagene Regulierung orientiert sich daher in erster Linie am EU-Recht. Im Ergebnis sollen auch in der Schweiz künftig die drei zentralen Pflichten des Derivatehandels gelten: Abrechnung über eine zentrale Gegenpartei, Meldung an ein Transaktions-

7485

register und Minderung der Risiken. Anders als in der EU sollen jedoch aus Gründen der Verhältnismässigkeit und in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen in den USA Ausnahmen für kleinere Vertragsparteien im Finanzbereich geschaffen werden. Was die Pflicht anbetrifft, Derivatgeschäfte über eine Börse oder ein anderes Handelssystem zu handeln, so enthält der Gesetzesentwurf die entsprechenden rechtlichen Grundlagen. Deren Inkraftsetzung soll aber erst erfolgen, wenn diese Pflicht auch in den Partnerstaaten eingeführt ist.

Schliesslich werden mit der Vorlage die heute in den verschiedenen Finanzmarktgesetzen vorgesehenen Bestimmungen zur Amtshilfe durch eine einheitliche Regelung im Finanzmarktaufsichtsgesetz ersetzt. Diese basiert gegenüber dem Ausland auf jener des Börsengesetzes, orientiert sich an internationalen Vorgaben in diesem Bereich und sieht analog zur Regelung im Steueramtshilfegesetz die Möglichkeit einer Einschränkung des Kundenverfahrens vor, wenn durch die vorgängige Information der Kundin oder des Kunden der Zweck der Amtshilfe und die wirksame Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Behörde vereitelt würde. Zudem wird sowohl im Finanzmarktaufsichts- als auch im Nationalbankgesetz eine ausdrückliche Grundlage für die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Gremien geschaffen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

7489 7489 7489 7489 7491 7493 7493 7495 7495 7495 7497 7498 7498 7498 7499

2

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Erkenntnisse aus der Finanzmarktkrise 1.1.1.1 Finanzmarktinfrastrukturen 1.1.1.2 OTC-Derivatehandel 1.1.2 Heutige Rechtslage 1.1.2.1 Finanzmarktinfrastrukturen 1.1.2.2 OTC-Derivatehandel 1.1.3 Mängel der heutigen Rechtslage 1.1.3.1 Finanzmarktinfrastrukturen 1.1.3.2 OTC-Derivatehandel 1.2 Beantragte Neuregelung 1.2.1 Allgemeines 1.2.2 Finanzmarktinfrastrukturen 1.2.3 Derivatehandel 1.2.4 Übernahme der Marktverhaltensregeln aus dem Börsengesetz 1.2.5 Amtshilfe 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.3.2 Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf 1.4 Rechtsvergleich 1.4.1 Allgemeines 1.4.2 EMIR 1.4.3 MiFID II/MiFIR 1.4.4 Central Securities Depositaries Regulation (CSDR) 1.4.5 Dodd-Frank Act 1.4.6 Beurteilung der Vorlage im Vergleich zum europäischen Recht 1.4.6.1 Finanzmarktinfrastrukturen 1.4.6.2 Derivatehandel 1.4.6.3 Beurteilung Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Finanzmarktinfrastrukturgesetz 2.2 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse 2.2.1 Bundesgerichtsgesetz 2.2.2 Revisionsaufsichtsgesetz 2.2.3 Zivilprozessordnung 2.2.4 Strafprozessordnung 2.2.5 Bundesgesetz über die Stempelabgaben 2.2.6 Mehrwertsteuergesetz 2.2.7 Verrechnungssteuergesetz 2.2.8 Nationalbankgesetz

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2.2.9 2.2.10 2.2.11 2.2.12 2.2.13 2.2.14 2.2.15 3

4

Kollektivanlagengesetz Bankengesetz Börsengesetz Geldwäschereigesetz Finanzmarktaufsichtsgesetz Bucheffektengesetz Versicherungsaufsichtsgesetz

Auswirkungen 3.1 Ausgangslage 3.1.1 Finanzmarktinfrastrukturen 3.1.2 Derivatehandel 3.2 Auswirkungen des FinfraG auf Bund und Behörden 3.2.1 Finanzmarktinfrastrukturen 3.2.2 Derivatehandel 3.3 Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft 3.3.1 Finanzmarktinfrastrukturen 3.3.2 Derivatehandel 3.4 Auswirkungen auf einzelne Akteure und gesellschaftliche Gruppen 3.4.1 Finanzmarktinfrastrukturen 3.4.2 Derivatehandel 3.5 Fazit Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 1 Pflichten im Derivatehandel nach Gegenparteien (GP)

7601 7602 7607 7608 7608 7622 7625 7625 7625 7625 7626 7627 7627 7628 7628 7628 7631 7634 7634 7636 7637

7640

2

Konkordanztabelle Marktverhaltensregeln

7638

5

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

7638 7638 7638 7639 7639

Anhänge: 7641 3 Abkürzungsverzeichnis

7642

Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (Finanzmarktinfrastrukturgesetz, FinfraG) (Entwurf)

7647

7488

Bericht 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Erkenntnisse aus der Finanzmarktkrise

1.1.1.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Effiziente Finanzmärkte sind auf gut funktionierende Finanzmarktinfrastrukturen angewiesen, über welche die Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer Finanzinstrumente handeln, abrechnen und abwickeln können. Zu diesen Finanzmarktinfrastrukturen zählen Börsen und andere Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Zahlungssysteme und Transaktionsregister. Sie erlauben es, die Verarbeitungsschritte einer Transaktion mit Finanzinstrumenten zu standardisieren, zu automatisieren und zu beschleunigen. Dies trägt dazu bei, die Kosten und die operationellen Risiken zu senken, die mit dem Handel, der Abrechnung und der Abwicklung von Transaktionen mit Finanzinstrumenten verbunden sind.

Die Hauptfunktionen der einzelnen Finanzmarktinfrastrukturen lassen sich vereinfacht wie folgt umschreiben: ­

Börsen und andere Handelssysteme: Die Hauptfunktion von Börsen und anderen Handelssystemen ist die Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage. Durch die Konzentration von Kaufs- und Verkaufsangeboten an einer zentralen Stelle wird gewährleistet, dass sich alle potenziellen Käufer und Verkäufer von Finanzinstrumenten treffen, und sich dadurch marktgerechte Preise ergeben. Je reger der Handel, umso liquider ist der Markt, das heisst desto eher findet ein Käufer einen Verkäufer und umgekehrt.

­

Zentrale Gegenparteien: Zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses kann eine zentrale Gegenpartei zwischen die beiden am Handel beteiligten Parteien treten. Diese wird einerseits zum Käufer für den Verkäufer und andererseits zum Verkäufer für den Käufer. Dadurch reduzieren zentrale Gegenparteien das Gegenparteiausfallrisiko und leisten unter bestimmten Bedingungen einen Beitrag zur Reduktion der Ansteckungsgefahr bei Ausfall eines Teilnehmers und somit zur Erhöhung der Stabilität des Finanzsystems.

­

Zentralverwahrer: Wertpapiere werden heutzutage in der Regel nicht mehr durch die Anlegerinnen und Anleger selbst, sondern in Form von Bucheffekten durch einen Zentralverwahrer verwahrt. Die Wertpapiere werden daher nicht mehr physisch ausgetauscht, sondern ihre Übertragung erfolgt durch eine elektronische Umbuchung auf den Effektenkonten des Zentralverwahrers. Der Zentralverwahrer übernimmt teilweise auch die Verwaltung der Wertpapiere (Global custody).

­

Zahlungssysteme: Als Zahlungssysteme gelten Einrichtungen, die Zahlungsverpflichtungen abrechnen und abwickeln. Sie übernehmen damit unter anderem die Abwicklung der Geldseite einer Transaktion mit einem Finanzinstrument.

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­

Transaktionsregister: Transaktionsregister sammeln und verwalten Daten zu Transaktionen mit Derivaten. Sie fördern damit die Transparenz auf dem Derivatemarkt.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Finanzmarkttransaktionen kann schematisch vereinfacht wie folgt dargestellt werden:

Über Finanzmarktinfrastrukturen werden üblicherweise hohe Umsätze gehandelt, abgerechnet und abgewickelt und ihnen kommt oft monopolähnlicher Charakter zu.

Darüber hinaus hat die globale Ausrichtung der Finanzmärkte und die damit einhergehende grosse Anzahl grenzüberschreitender Interaktionen in den letzten Jahren zu einer grösseren internationalen Vernetzung der Finanzmarktinfrastrukturen geführt.

Ihnen kommt daher oft systemische Bedeutung zu und ihr Ausfall birgt bedeutende Risiken für die Stabilität des Finanzsystems. Es besteht damit ein grosses Interesse daran, Finanzmarktinfrastrukturen angemessen zu regulieren und zu beaufsichtigen.

In der Finanzmarktkrise von 2008 haben Finanzmarktinfrastrukturen weitgehend reibungslos funktioniert. Die Krise hat allerdings das Risikobewusstsein geschärft und die Notwendigkeit zur Berücksichtigung ausgeprägter Stresssituationen deutlich vor Augen geführt. Zudem wurde in Zusammenhang mit den G-20-Verpflichtungen zum OTC-Derivatehandel (vgl. Ziff. 1.1.1.2) die Bedeutung von zentralen Gegenparteien erhöht und eine neue Finanzmarktinfrastruktur, das sogenannte Transaktionsregister, geschaffen. Die Lehren aus der Finanzmarktkrise sowie die Erfahrungen der letzten Jahre bei der Umsetzung der bisherigen Aufsichtsstandards veranlassten das Committee on Payment and Settlement (CPSS) und die Internationale Organisation für Effektenhandels- und Börsenaufsichtsbehörden (IOSCO) die bisherigen Standards für Finanzmarktinfrastrukturen zu überarbeiten (Core principles for systemically important payment systems vom Januar 20011, Recommenda1

www.bis.org > publications > CPSS > No 43

7490

tions for securities settlement systems vom November 20012 sowie Recommendations for central counterparties vom November 20043). Mit den neuen Principles for financial market infrastructures (PFMI) vom April 20124 wurden 24 Prinzipien für zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme sowie fünf Verantwortlichkeiten für ihre Beaufsichtigung oder Überwachung formuliert. Sie ersetzen die einzelnen alten Standards für Zahlungssysteme, zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer und legen neue Standards für Transaktionsregister fest.

1.1.1.2

OTC-Derivatehandel

Derivate bieten als Instrument der Risikosteuerung grundsätzlich wichtige Vorteile für Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer und die Volkswirtschaft insgesamt.

Mit der Finanzmarktkrise wurde jedoch ersichtlich, dass mit dem ausserbörslichen Handel mit Derivaten (sog. OTC-Derivate) Risiken und Schwächen verbunden sind:5

2 3 4 5

­

Mangelnde Transparenz: OTC-Derivatekontrakte werden bilateral und nicht über ein Handelssystem zwischen den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern abgeschlossen. Sie unterliegen daher bislang grundsätzlich keinen Transparenzvorschriften. Dies erschwert den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern die Beurteilung der eingegangenen Risiken und mindert die Effizienz des Preisbildungsmechanismus. Aufgrund der starken internationalen Vernetzung der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer kann dies letztlich zu einem systemischen Risiko beitragen. Für die Aufsichtsbehörden ist es zudem schwierig, diese systemischen Risiken rechtzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.

­

Hohes Gegenparteiausfallrisiko: Zwischen dem Abschluss und der Erfüllung eines OTC-Derivatekontrakts können mehrere Monate, ja sogar Jahre liegen. Während dieses Zeitraums sind die Parteien dem Risiko ausgesetzt, dass die Gegenpartei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt (sog. Gegenparteiausfallrisiko). Zusätzlich erhöht wird dieses Risiko dadurch, dass OTC-Derivatekontrakte gewöhnlich weder über eine zentrale Gegenpartei abgerechnet noch ausreichend besichert werden. Aufgrund der hohen Vernetzung der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer kann sich der Ausfall einer Partei zudem nicht nur auf die Gegenpartei, sondern auch auf andere Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer auswirken und zu einem systemischen Risiko führen.

­

Hohes operationelles Risiko: OTC-Derivatekontrakte sind in der Regel nicht standardisiert, sondern auf die Bedürfnisse der einzelnen Kunden zugeschnitten und komplex. Ihre Verarbeitung erfolgt daher im Gegensatz zu einer Börsentransaktion nicht automatisiert, sondern erfordert auf vielen Stufen manuelle Eingriffe in erheblichem Umfang. Dies erhöht das operatiowww.bis.org > publications > CPSS > No 46 www.bis.org > publications > CPSS > No 64 www.bis.org> publications > CPSS > No 101 Vgl. statt Vieler Commission Staff Working Paper accompanying the Commission Communication ensuring efficient, safe and sound derivatives markets, S. 13 ff.

7491

nelle Risiko, wodurch unter anderem auch das Gegenparteiausfallrisiko zunimmt.

Als Folge dieser Erkenntnisse haben die G-20-Staaten am Gipfeltreffen in Pittsburgh im September 2009 beschlossen, die folgenden politischen Verpflichtungen bis Ende 2012 umzusetzen:6 ­

standardisierte OTC-Derivatekontrakte über zentrale Gegenparteien abzurechnen (Abrechnungspflicht);

­

sämtliche OTC-Derivatetransaktionen an Transaktionsregister (TR) zu melden (Meldepflicht);

­

standardisierte OTC-Derivatetransaktionen, falls geeignet, über Börsen oder andere elektronische Plattformen zu handeln (Plattformhandelspflicht);

­

bilateral (d. h. nicht über zentrale Gegenparteien) abgerechnete OTCDerivatetransaktionen höheren Kapitalanforderungen zu unterstellen.

Abrechnungspflicht Durch die Pflicht, standardisierte OTC-Derivatetransaktionen über eine zentrale Gegenpartei abzurechnen, kann das Gegenparteiausfallrisiko für den Verkäufer und den Käufer sowie die Ansteckungsgefahr bei Ausfall eines Teilnehmers reduziert werden. Damit wird die Stabilität des Finanzsystems gestärkt. Es gilt allerdings zu beachten, dass zentrale Gegenparteien Gegenparteirisiken konzentrieren. Sie sind daher angemessen zu regulieren und zu beaufsichtigen (vgl. auch Ziff. 1.1.1.1).

Meldepflicht Die Meldung sämtlicher Derivatetransaktionen an ein Transaktionsregister soll es den Aufsichtsbehörden ermöglichen, einen besseren Überblick über den Derivatemarkt und dessen Teilnehmer zu erhalten. Die Aufsichtsbehörden sollen insbesondere die Risikopositionen einzelner Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer, die finanziellen Abhängigkeiten zwischen einzelnen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern, deren Abhängigkeit vom Eintreten bestimmter Risiken und damit potenzielle Instabilitäten im Finanzmarkt frühzeitig erkennen und ihre Aufsichtsfunktion besser wahrnehmen können. Zudem sollen die von Transaktionsregistern zentral gesammelten Daten in aggregierter Form veröffentlicht werden und so den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern helfen, die eingegangenen Risiken besser abzuschätzen und eigene Positionen zu bewerten. Gerade in Stresssituationen kann damit auch Vertrauen in den Markt hergestellt werden, was die Stabilität des Finanzsystems erhöht. Die Meldepflicht dient damit der Erhöhung der Transparenz im globalen Derivatemarkt und erlaubt unter anderem eine bessere Erkennung von systemischen Risiken und von Marktmissbrauch.

Plattformhandelspflicht Durch die Verlagerung des standardisierten OTC-Derivatehandels auf Börsen oder andere elektronische Handelsplattformen wird die Vor- und Nachhandelstransparenz für Aufsichtsbehörden, Teilnehmer und die Öffentlichkeit zusätzlich erhöht.

6

Vgl. www.g20.org > Official Resources > Library > Pittsburgh G20 Leaders Declaration

7492

Kapitalanforderungen Durch höhere Kapitalanforderungen für nicht zentral abgerechnete OTC-Derivate sollen Kapitalpuffer geschaffen werden, um mögliche Verluste bei Ausfall der Gegenpartei decken zu können. Zugleich besteht ein Anreiz, diese Kontrakte zu standardisieren und über eine Plattform zu handeln sowie über eine zentrale Gegenpartei abzurechnen.

Die Verpflichtungen gelten auch für OTC-Derivate, deren Handel neu auf elektronische Handelsplattformen verschoben wird und bei denen es daher fraglich ist, ob sie noch als OTC-Derivate, also als ausserbörslich gehandelte Derivate im engeren Sinn, bezeichnet werden können. Müssten solche Derivatekontrakte nicht zentral abgerechnet und an ein Transaktionsregister gemeldet werden, würde dies der mit den G-20-Verpflichtungen bezweckten Stärkung der Stabilität des Finanzsystems zuwiderlaufen. Zudem würde es der Arbitrage Vorschub leisten.7 Diese Präzisierung ist im Folgenden immer zu beachten, wenn von den G-20-Verpflichtungen zum Handel mit «OTC-Derivaten» gesprochen wird.

Die G-20 beauftragten das FSB damit, Empfehlungen für die Umsetzung der genannten Verpflichtungen zu erlassen. Diese Empfehlungen wurden im Oktober 2010 veröffentlicht. Ausserdem wurde das FSB damit beauftragt, die Implementierung der G-20-Beschlüsse und der FSB-Empfehlungen zum OTC-Derivatehandel in den nationalen Rechtsordnungen zu überprüfen. Zu den Jurisdiktionen, welche bei der Umsetzung der G-20-Beschlüsse am weitesten fortgeschritten sind, gehören die EU, die USA und Japan.

1.1.2

Heutige Rechtslage

1.1.2.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Börsen und börsenähnliche Einrichtungen Wer in der Schweiz eine Börse betreiben will, bedarf nach Artikel 3 des Börsengesetzes vom 24. März 19958 (BEHG) eine Bewilligung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA). Als Börsen gelten dabei Einrichtungen des Effektenhandels, die den gleichzeitigen Austausch von Angeboten unter mehreren Effektenhändlern sowie den Vertragsschluss bezwecken (Art. 2 Bst. b BEHG). Effekten sind vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Wertpapiere, nicht verurkundete Rechte mit gleicher Funktion (Wertrechte) und Derivate (Art. 2 Bst. a BEHG). Die Bewilligung wird erteilt, wenn die Voraussetzungen gemäss Artikel 3 Absatz 2 BEHG erfüllt sind.

Im Bereich der Regulierung von Börsen kommt der Grundsatz der Selbstregulierung zum Tragen. So schreibt Artikel 4 BEHG vor, dass die Börse im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben eine eigene, ihrer Tätigkeit angemessene Betriebs-, Verwaltungsund Überwachungsorganisation zu gewährleisten hat. Sie erlässt zu diesem Zweck Reglemente, die sie der FINMA zur Genehmigung unterbreitet. Das BEHG selbst nennt die folgenden wesentlichen Pflichten von Börsen:

7 8

Vgl. den zweiten Fortschrittsbericht des Financial Stability Board , S. 14 (www.financialstabilityboard.org > publications > documents 2009­2011) SR 954.1

7493

­

Pflicht zum Erlass eines Handelsorganisationsreglements (Art. 5 Abs. 1 BEHG) und eines Reglements über die Zulassung von Effekten zum Handel (Art. 8 Abs. 1 BEHG);

­

Pflicht, ein Journal als chronologische Aufzeichnung über sämtliche bei ihr getätigten und über die ihr gemeldeten börslichen und ausserbörslichen Geschäfte zu führen (Art. 5 Abs. 2 BEHG);

­

Pflicht, Angaben öffentlich bekannt zu machen, die für die Transparenz des Effektenhandels erforderlich sind (sog. Handelstransparenz; Art. 5 Abs. 3 BEHG);

­

Pflicht zur Marktüberwachung (Art. 6 BEHG);

­

Pflicht zur Errichtung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz (Art. 9 BEHG).

Der Bundesrat kann börsenähnliche Einrichtungen ganz oder teilweise dem BEHG unterstellen oder auf die Unterstellung bestimmter börsenähnlicher Einrichtungen verzichten, wenn der Gesetzeszweck es rechtfertigt (Art. 3 Abs. 4 BEHG). In Artikel 16 der Börsenverordnung vom 2. Dezember 19969 (BEHV) wird diese Regelungskompetenz an die FINMA weiterdelegiert. Börsenähnlich im Sinne von Artikel 3 BEHG ist ein Handelssystem, das Funktionen einer Börse ganz oder teilweise wahrnimmt, ohne sämtliche Begriffsmerkmale der Börse zu erfüllen.

Systeme zur Abrechnung und Abwicklung von Zahlungen und Finanzinstrumenten Gemäss Artikel 19 Absatz 1 des Nationalbankgesetzes vom 3. Oktober 200310 (NBG) überwacht die Schweizerische Nationalbank (SNB), um die Stabilität des Finanzsystems zu schützen, Systeme zur Abrechnung und Abwicklung von Zahlungen (Zahlungssysteme) oder von Geschäften mit Finanzinstrumenten (Effektenabwicklungssysteme). Diese Umschreibung umfasst Zahlungssysteme, zentrale Gegenparteien, Effektenabwicklungssysteme und zentrale Verwahrungsstellen, nicht hingegen Transaktionsregister und Handelsplätze.

Die Systemüberwachung durch die SNB wird im Nationalbankgesetz dreistufig geregelt. Erstens kann die SNB im Rahmen der statistischen Auskunftspflicht bei allen Betreibern der vorgenannten Systeme Daten über deren Geschäftstätigkeit erheben (Art. 15 NBG). Zweitens unterliegen Betreiber von Zahlungssystemen mit hohem Betragsvolumen und von Effektenabwicklungssystemen einer erweiterten Offenlegungspflicht (Art. 20 Abs. 1 NBG): Sie müssen der SNB auf Verlangen alle notwendigen Auskünfte erteilen, Unterlagen zur Verfügung stellen und Einsicht in die Einrichtungen vor Ort gewähren. Drittens kann die SNB an den Betrieb von Zahlungs- und Effektenabwicklungssystemen, von denen Risiken für die Stabilität des Finanzsystems ausgehen, Mindestanforderungen stellen (Art. 20 Abs. 2 NBG).

Die SNB hat die entsprechenden Bestimmungen in der Nationalbankverordnung vom 18. März 200411 (NBV) per 1. Juli 2013 revidiert. Mit dieser Revision erfolgte eine teilweise Angleichung des schweizerischen Regulierungsrahmens für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen an die PFMI. Zudem zielte die SNB mit der Revision darauf ab, einen Beitrag dazu zu leisten, dass der massgebende

9 10 11

SR 954.11 SR 951.11 SR 951.131

7494

Regulierungsrahmen für Schweizer zentrale Gegenparteien äquivalent, das heisst gleichwertig zu demjenigen der EU ist (vgl. Ziff. 1.4.2).

Eine funktionierende Finanzmarktinfrastruktur ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Stabilität des Finanzsystems, sondern auch aus Sicht des Anlegerschutzes und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz von entscheidender Bedeutung. Deshalb kann die FINMA den Betreiber einer Finanzmarktinfrastruktur im Sinne des NBG dem Bankengesetz vom 8. November 193412 (BankG) oder dem BEHG unterstellen und ihm eine Bank- oder Effektenhändlerbewilligung erteilen (Art. 1bis Abs. 1 BankG und Art. 10bis Abs. 1 BEHG). Die FINMA ist jedoch nicht zur Unterstellung verpflichtet.

Voraussetzung für die Bewilligungserteilung durch die FINMA ist, dass sowohl die Bewilligungsvoraussetzungen des BankG oder des BEHG als auch die von der SNB festgelegten erweiterten Auskunftspflichten und Mindestanforderungen dauernd eingehalten werden (Art. 1bis Abs. 2 BankG und Art. 10bis Abs. 2 BEHG). Da die Bewilligungsvoraussetzungen nach dem BankG und dem BEHG speziell auf Banken und Börsen ausgerichtet sind, kann die FINMA einen Betreiber einer Finanzmarktinfrastruktur im Sinne des NBG allerdings von bestimmten Vorschriften des BankG und des BEHG befreien oder Verschärfungen anordnen (Art. 1bis Abs. 3 BankG und Art. 10bis Abs. 3 BEHG).

1.1.2.2

OTC-Derivatehandel

Die Schweiz kennt keine aufsichtsrechtlichen Vorgaben, welche den G-20-Verpflichtungen für den Handel mit OTC-Derivaten Rechnung tragen. Der Abschluss einer OTC-Derivatetransaktionen erfolgt grundsätzlich individuell zwischen den Parteien und gestützt auf die privatrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts13 (OR).14 Zur Verbesserung der Rechtssicherheit werden dabei in der Regel standardisierte Musterverträge verwendet. International von Bedeutung ist diesbezüglich das ISDA-Master-Agreement15. In der Schweiz kommt stattdessen teilweise auch der SBVg-OTC-Rahmenvertrag16 zur Anwendung.

1.1.3

Mängel der heutigen Rechtslage

1.1.3.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen konnte mit der Revision der NBV eine teilweise Angleichung an internationale Standards vorgenommen werden (vgl.

Ziff. 1.1.2.1). Es bestehen jedoch nach wie vor wichtige Regulierungslücken, welche die Stabilität und die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems, den Anlegerschutz und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz gefährden können.

12 13 14 15 16

SR 952.0 SR 220 Vgl. zur Darstellung möglicher Geschäftsbeziehung, Geiger Peter, Der OTC-Handel mit Finanzderivaten aus rechtlicher Sicht, Diss. Zürich 1998, S. 179 ff.

Rahmenvertrag der International Swaps & Derivatives Association (ISDA) Rahmenvertrag der Schweizerischen Bankiervereinigung für Over-the-Counter- (OTC-) Derivate

7495

Stabilität und Funktionsfähigkeit des Finanzsystems sowie Anlegerschutz Die bestehende schweizerische Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen ist im Hinblick auf die Entwicklung der Finanzmärkte in verschiedener Hinsicht nicht mehr angemessen. Insbesondere ist das Bewilligungsregime für inländische Finanzmarktinfrastrukturen nicht zufriedenstellend. So kommt der FINMA heute bei der Unterstellung von börsenähnlichen Einrichtungen unter das BEHG ein sehr grosses Ermessen zu. Daraus resultiert zwar der Vorteil, dass moderne Handelssysteme flexibel und massgeschneidert reguliert werden können. Die genannte Regelung ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit problematisch. Zudem erweisen sich die bestehenden Transparenzvorschriften als zu wenig klar und dem Informationsbedürfnis des Marktes nicht mehr angemessen.

In Bezug auf die Nachhandelsinfrastrukturen (d. h. zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme) mangelt es an einer Bewilligungspflicht und an klar festgelegten und spezifisch auf diese Infrastrukturen zugeschnittenen Bewilligungsvoraussetzungen und Verhaltenspflichten. Ausserdem fehlt für die systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen ein massgeschneidertes Abwicklungsregime, das darauf abzielt, die systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse auch in Krisensituationen aufrechtzuerhalten. Die heutige Regulierung wird damit den mit der Tätigkeit der Nachhandelsinfrastrukturen verbundenen Risiken für die Stabilität des Finanzsystems, für die Teilnehmer und auch für die Anlegerinnen und Anleger nicht gerecht. Ferner fehlt es an einer Regulierung für Transaktionsregister und an einem Anerkennungsregime für ausländische Finanzmarktinfrastrukturen, welche Dienstleistungen für Schweizer Teilnehmer oder Finanzmarktinfrastrukturen erbringen wollen.

Die festgestellten Mängel gefährden aufgrund der unter Ziffer 1.1.1.1 dargelegten Rolle von gut funktionierenden Finanzmarktinfrastrukturen für das Finanzsystem generell die Stabilität des Finanzsystems der Schweiz sowie aufgrund der internationalen Vernetzung der Finanzmärkte auch die Stabilität des internationalen Finanzsystems. Zudem beeinträchtigen sie den Schutz der Anlegerinnen und Anleger (vgl.

auch Ziff. 3.3.1 und 3.4.1).

Wettbewerbsfähigkeit und Markzutritt Die
Mitglieder von CPSS und IOSCO haben sich dazu verpflichtet, die PFMI bis Ende 2012 in ihrer Jurisdiktion einzuführen. Davon ist die Schweiz als Mitglied von CPSS und IOSCO ebenfalls betroffen. Setzt sie die PFMI im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern nicht vollständig um, so würde dies der Reputation und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz schaden und sich aufgrund der Bedeutung der Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen (vgl. Ziff. 3.1.1) negativ auf die schweizerische Volkswirtschaft auswirken.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Erlasse der EU zur Umsetzung der G-20Verpflichtungen für den Handel mit Derivaten und der PFMI sogenannte Drittstaatenregelungen enthalten. Gemäss diesen wird für den Markzutritt von Finanzmarktinfrastrukturen aus der Schweiz, eine mit der EU-Regulierung äquivalente Regulierung und Aufsicht dieser Finanzmarktinfrastrukturen in der Schweiz vorausgesetzt (vgl. Ziff. 1.4.2, 1.4.3 und 1.4.4). Wird keine gleichwertige Regulierung geschaffen, besteht die Gefahr, dass Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen ihre internationale Anbindung verlieren. Als Folge könnten Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen, das heisst insbesondere die zentrale Gegenpartei SIX x-clear AG, ihr Dienstleistungsan7496

gebot nicht mehr für Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer in der EU erbringen.

1.1.3.2

OTC-Derivatehandel

Wie in Ziffer 1.1.2.2 aufgezeigt, bestehen in der Schweiz zurzeit keine regulatorischen Vorgaben für den Handel mit OTC-Derivaten, welche den G-20-Verpflichtungen und den FSB-Empfehlungen Rechnung tragen oder dem europäischen Recht entsprechen. Dies ist unter verschiedenen Gesichtspunkten problematisch.

Stabilität und Funktionsfähigkeit des Finanzsystems sowie Anlegerschutz Es besteht international Konsens darüber, dass die Umsetzung der Verpflichtungen der G-20 und der Empfehlungen des FSB zum Handel mit OTC-Derivaten notwendig ist, um die Stabilität des globalen Finanzsystems zu stärken. Durch eine inhaltlich konsistente und zeitlich koordinierte internationale Umsetzung der genannten Verpflichtungen und Empfehlungen soll eine effektive und effiziente Überwindung der Probleme und Risiken des OTC-Derivatehandels sichergestellt werden (vgl.

Ziff. 1.1.1.2).

Die Schweiz verfügt über einen bedeutenden OTC-Derivatemarkt, auf dem vorab die beiden Grossbanken als Gegenparteien auftreten und auf dem der Grossteil der Transaktionen grenzüberschreitend getätigt wird (vgl. Ziff. 3.1.2). Werden in der Schweiz keine den G-20-Verpflichtungen entsprechende Pflichten für den Handel mit OTC-Derivaten eingeführt, würden die mangelnde Transparenz, das hohe Gegenparteiausfallrisiko und das hohe operationelle Risiko auf dem OTC-Derivatemarkt in der Schweiz weiterhin bestehen. Damit würde nicht nur der Schutz der einzelnen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer, sondern auch die Stabilität des Finanzplatzes Schweiz gefährdet. Aufgrund der internationalen Verbundenheit und Grösse des Schweizer OTC-Derivatemarkts kann die Schweiz mit der Umsetzung der G-20-Verpflichtungen zudem einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des globalen Finanzsystems leisten. Ferner kann damit verhindert werden, dass Anbieter ihre Derivatetransaktionen und die damit einhergehenden Risiken in die Schweiz verlagern, um weniger strengen Vorschriften zu unterstehen (vgl. auch Ziff. 3.4.2).

Wettbewerbsfähigkeit und Marktzutritt Obwohl die FSB-Empfehlungen zum OTC-Derivatehandel völkerrechtlich nicht bindend sind, ist die Schweiz als Mitglied des FSB dazu aufgerufen, die entsprechenden Empfehlungen umzusetzen. Unterlässt sie dies, obschon die G-20-Verpflichtungen und die entsprechenden FSB-Empfehlungen international umgesetzt werden, würde
die Schweiz als Regulierungsoase angesehen. Dies würde die Reputation des Finanzplatzes Schweiz und dessen Wettbewerbsfähigkeit und damit letztlich die schweizerische Volkswirtschaft negativ beeinträchtigen.

Darüber hinaus ist auch im Bereich des OTC-Derivatehandels zu beachten, dass die Erlasse der EU zur Umsetzung der G-20-Verpflichtungen und der FSB-Empfehlungen Drittstaatenregelungen enthalten. Unter anderem werden gemäss diesen gruppeninterne grenzüberschreitende Geschäfte von der Schweiz aus in die EU nur dann von der Abrechnungspflicht befreit, wenn die Gegenpartei in der Schweiz mit der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister 7497

(EMIR)17 äquivalenten Abrechnungs-, Melde- und Risikominderungspflichten unterliegt (vgl. Ziff. 1.4.2). Werden in der Schweiz keine äquivalenten Pflichten eingeführt, ist davon auszugehen, dass sich für Schweizer Gruppen grenzüberschreitende OTC-Derivatgeschäfte im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten, welche von der Abrechnungspflicht befreit sind, verteuern würden. Damit wären zwischen den Schweizer und den europäischen Finanzdienstleistern keine gleich langen Spiesse (Level-playing-field) mehr gegeben, was sich letztlich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz und auf die gesamte schweizerische Volkswirtschaft auswirken könnte. Zudem könnte damit das gruppeninterne Risikomanagement der betroffenen Gruppen beeinträchtigt werden (vgl. auch Ziff. 3.4.2).

1.2

Beantragte Neuregelung

1.2.1

Allgemeines

Die dargestellten Mängel der heutigen Rechtslage werden durch ein neues Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) angegangen. Dieses regelt die Organisation und den Betrieb von Finanzmarktinfrastrukturen in ihrer Gesamtheit. Die heute auf das BEHG, das NBG und das BankG verteilten Bestimmungen werden aufgehoben und es wird eine konsistente, an die veränderten Marktverhältnisse und an internationale Vorgaben angepasste Regulierung in einem einzigen Bundesgesetz geschaffen.

Neben den aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Finanzmarktinfrastrukturen enthält das FinfraG sämtliche Regeln, welche im Zusammenhang mit dem Handel von Effekten und Derivaten für alle Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer gelten (sog.

Marktverhaltensregeln). Dies sind neben den neuen Bestimmungen über den Handel mit Derivaten die heute im BEHG verankerten Bestimmungen über die Offenlegung von Beteiligungen, über die öffentlichen Kaufangebote und über den Insiderhandel sowie die Marktmanipulation. Schliesslich werden mit der Schaffung des FinfraG einheitliche Bestimmungen zur Amtshilfe im Finanzmarktbereich ins Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 200718 (FINMAG) aufgenommen.

1.2.2

Finanzmarktinfrastrukturen

Das FinfraG regelt die Organisation und den Betrieb sämtlicher Finanzmarktinfrastrukturen (Handelsplätze, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme). Die Regulierung der Börsen entspricht dabei im Grundsatz der bestehenden im BEHG. Insbesondere wird das geltende Prinzip der Selbstregulierung beibehalten. Es ist jedoch zu beachten, dass die Selbstregulierung international kritisch betrachtet wird. Die Grenzen der Selbstregulierung werden daher im FinfraG konkreter aufgezeigt. Insbesondere wird neu ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Selbstregulierung unter Aufsicht der FINMA erfolgt. Die geltende Börsenregulierung wird zudem durch die neu für alle Finanzmarktinfra17

18

Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, ABl. L 201vom 27.7.2012, S. 1.

SR 956.1

7498

strukturen gleichermassen geltenden allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten ergänzt. Besonders hervorzuheben ist zudem, dass die Pflicht zur Vorhandelstransparenz neu ausdrücklich auf Gesetzesebene statuiert wird und dass die Handelsüberwachungsstellen inländischer Börsen zur Zusammenarbeit verpflichtet werden.

Der sehr vage und im internationalen Vergleich nicht mehr aktuelle Begriff der börsenähnlichen Einrichtung wird durch die präziser definierten und besser abgrenzbaren Begriffe des multilateralen Handelssystems und des organisierten Handelssystems ersetzt. Multilaterale Handelssysteme unterscheiden sich von Börsen dadurch, dass sie Effekten zwar zum Handel zulassen, jedoch keine Kotierung erfolgt. Sie werden analogen Regeln unterstellt wie Börsen. Organisierte Handelssysteme werden demgegenüber nicht als eigenständige Finanzmarktinfrastrukturen erfasst, sondern ihr Betrieb bleibt den Banken, Effektenhändlern, Börsen und multilateralen Handelssystemen vorbehalten. Dem Betreiber eines organisierten Handelssystems werden dabei gewisse spezifische Pflichten insbesondere betreffend Organisation und Handelstransparenz auferlegt. Mit den Transparenzvorschriften für multilaterale und organisierte Handelssysteme wird auch die Problematik der Dark Pools, also bislang kaum transparenter Handelsplätze, angegangen. Zudem wird mit dem FinfraG die Grundlage geschaffen, um den Hochfrequenzhandel zu regeln und nötigenfalls einzuschränken.

Im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen wird zudem neu eine Bewilligungspflicht für zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme eingeführt. Es werden spezifisch auf diese Finanzmarktinfrastrukturen zugeschnittene Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten formuliert. Bis anhin konnte die FINMA zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssystem in bestimmten Fällen dem BankG oder dem BEHG unterstellen. Für Transaktionsregister bestand überhaupt keine Regelung. Vorgesehen ist zudem ein massgeschneidertes Abwicklungsregime für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen.

Diese Vorgaben orientieren sich an den PFMI und dem europäischen Recht. Für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen kann die SNB wie bis anhin zusätzlich besondere Anforderungen in der NBV stellen. Auch das bestehende komplementäre Aufsichts- und Überwachungskonzept zwischen der FINMA und der SNB in Bezug auf systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen wird beibehalten.

1.2.3

Derivatehandel

Der Handel mit Derivaten soll in der Schweiz einer Regelung unterstellt werden, welche heutigen internationalen Standards entspricht. Der weitaus grösste Teil des schweizerischen Derivatehandels ist grenzüberschreitend und findet schwergewichtig mit der EU statt (vgl. Ziff. 3.1.2). Die entsprechenden Derivatgeschäfte werden schon heute nach den geltenden Regeln der EU ­ also nach EMIR (vgl. Ziff. 1.4.2) ­ abgewickelt, da diese von der in der EU ansässigen Gegenpartei zu erfüllen sind.

Die hier vorgeschlagene Regulierung orientiert sich folgerichtig in erster Linie an den massgeblichen Bestimmungen in EMIR, womit verhindert wird, dass bei Derivatgeschäften mit der EU nicht kompatible oder sich gar widersprechende Regime zur Anwendung gelangen. Es erfolgt aber nicht eine wortgetreue Übernahme von EMIR ins FinfraG, sondern es werden materiell und auch in der Regulierungstiefe 7499

Anpassungen vorgenommen, die sich aus den schweizerischen Marktverhältnissen ergeben. Im Ergebnis sollen auch in der Schweiz künftig die drei zentralen Pflichten des Derivatehandels gelten: Abrechnung über eine zentrale Gegenpartei, Meldung an ein Transaktionsregister und Minderung der Risiken. Anders als in der EU sollen jedoch aus Gründen der Verhältnismässigkeit und in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen in den USA Ausnahmen für kleinere Vertragsparteien im Finanzbereich geschaffen werden. Was die Pflicht anbetrifft, Derivatgeschäfte über eine Börse oder ein anderes Handelssystem zu handeln, so enthält der Gesetzesentwurf die entsprechenden rechtlichen Grundlagen. Deren Inkraftsetzung soll aber erst erfolgen, wenn diese Pflicht auch in den Partnerstaaten eingeführt ist.

1.2.4

Übernahme der Marktverhaltensregeln aus dem Börsengesetz

Die geltenden Bestimmungen über die Offenlegung von Beteiligungen (Art. 20 f.

BEHG), über die öffentlichen Kaufangebote (Art. 22 ff. BEHG) und über den Insiderhandel und die Marktmanipulation (Art. 33e f. BEHG) gelten ­ wie die Regeln zum Derivatehandel ­ für sämtliche Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer. Sie beziehen sich auf Beteiligungspapiere, die an einer Schweizer Börse kotiert sind oder auf an einem Schweizer Handelsplatz zum Handel zugelassene Effekten. Aufgrund dieses engen Sachzusammenhangs zu den Handelsplätzen werden sie aus dem BEHG herausgelöst und materiell unverändert ins FinfraG überführt.

1.2.5

Amtshilfe

Im Rahmen der Schaffung des FinfraG werden schliesslich die heute in den verschiedenen Finanzmarktgesetzen enthaltenen Bestimmungen zur Amtshilfe durch eine einheitliche Regelung im FINMAG ersetzt. Die Bestimmungen über die Amtshilfe mit dem Ausland orientieren sich dabei an der geltenden börsengesetzlichen Regelung und an internationalen Vorgaben in diesem Bereich. Sie sehen analog zur Regelung im Steueramtshilfegesetz die Möglichkeit einer Einschränkung des Kundenverfahrens vor, wenn die vorgängige Information der Kundin oder des Kunden den Zweck der Amtshilfe und die wirksame Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Behörde vereiteln würde. Es wird zudem eine ausdrückliche Grundlage für die Zusammenarbeit der FINMA und der SNB mit internationalen Organisationen und Gremien geschaffen.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vorlage bildete vom 13. Dezember 2013 bis 31. März 2014 Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens. Die überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer beurteilte die Vorlage positiv. Sie begrüsst die Angleichung der Schweizer Regulierung im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen und des Derivatehandels an 7500

die veränderten Marktverhältnisse und internationale Vorgaben. Die Ausrichtung der Regulierung an derjenigen der EU wird gutgeheissen und ein allfälliger Swiss-Finish abgelehnt. Grundsätzlich ebenfalls befürwortet wird die Zusammenführung der Bestimmungen im Zusammenhang mit den Finanzmarktinfrastrukturen in einem einzigen Erlass sowie die Neufassung und Vereinheitlichung der Bestimmungen zur Amtshilfe mit ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden im FINMAG.

In gewissen Bereichen machten die Befürworter der Vorlage jedoch Vorbehalte geltend und es wurde eine Vielzahl verschiedener Präzisierungen und Anpassungen von oft sehr technischem Charakter vorgeschlagen. So stiessen im Bereich der Finanzmarkinfrastrukturen vorab die im Vorentwurf vorgesehene Bewilligungspflicht des organisierten Handelssystems sowie die Einführung der Vorhandelstransparenz auf Kritik. Es wurde vorgeschlagen, in beiden Bereichen mit einer Regulierung zuzuwarten, bis die EU in ihrer Regulierung Erfahrungen sammeln konnte. Bemängelt wurde zudem häufig, dass die verschiedenen Handelsplätze nicht eindeutig voneinander abgrenzbar oder die Definitionen nicht klar seien. Moniert wurde zudem, dass es bezüglich der auf die Handelsplätze anwendbaren Bestimmungen an einer Differenzierung (analog EU-Recht) fehle. Ferner wurde das vorgeschlagene Anerkennungsregime für ausländische Handelsplätze, Zentralverwahrer und Transaktionsregister als nicht praktikabel abgelehnt. Im Bereich des Derivatehandels wurden der Derivatebegriff und der sich hieraus ergebende Geltungsbereich der Handelspflichten beanstandet. Daneben wurden einzelne Unterstellungsregelungen und gewisse Einzelbestimmungen zu den Handelspflichten bemängelt. Einzelne Vernehmlassungsteilnehmer kritisierten zudem die Einschränkung des Kundenverfahrens im Bereich der Amtshilfe.

1.3.2

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Gestützt auf die Vernehmlassung wurden gegenüber der Vernehmlassungsvorlage die folgenden wesentlichen materiellen Änderungen vorgenommen: ­

Der Betrieb eines organisierten Handelssystems bedarf grundsätzlich nicht mehr einer eigenständigen Bewilligung, sondern wird von einer Bewilligung als Bank, Effektenhändler, Börse oder multilaterales Handelssystem mit umfasst. Dem Betreiber eines organisierten Handelssystems werden gewisse spezifische Pflichten insbesondere betreffend Organisation und Transparenz auferlegt. Damit erfolgt eine differenzierte, aber dennoch auf den Anlegerschutz ausgerichtete Regulierung von Börsen und multilateralen Handelssystemen einerseits und organisierten Handelssystemen anderseits.

­

Es wird (vorläufig) faktisch keine umfassende, sondern eine grundsätzlich auf Aktien beschränkte Vorhandelstransparenz für Börsen und multilaterale Handelssysteme eingeführt. Der Bundesrat wird jedoch ermächtigt, die Vorhandelstransparenz unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards und der ausländischen Rechtsentwicklung auf andere Effekten auszudehnen. Die Betreiber eines organisierten Handelssystems haben Anforderungen an die Nachhandelstransparenz zu erfüllen. Der Bundesrat wird zudem ermächtigt, unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards und der ausländischen Rechtsentwicklung für organisierte Handelssysteme die Vorhandelstransparenz einzuführen. Mit diesen Änderungen 7501

wird dem Anliegen der Anlegerinnen und Anleger nach Transparenz Rechnung getragen (Problematik der Dark Pools), ohne dass die Schweiz eine in ihrer Tragweite zurzeit noch sehr unklare Regelung der EU übernimmt.

­

Neu müssen ausländische Börsen, multilaterale Handelssysteme und Transaktionsregister aus Effizienz- und Praktikabilitätsgründen nicht mehr in jedem Fall einzelfallweise um eine Anerkennung durch die FINMA ersuchen. Sie gelten viel mehr grundsätzlich als anerkannt, wenn der Staat, in dem sie ihren Sitz haben, seine Finanzmarktinfrastrukturen angemessen reguliert und beaufsichtigt. Dies dürfte in der EU grundsätzlich der Fall sein.

Organisierte Handelssysteme sind keine eigenständigen Finanzmarktinfrastrukturen und bedürfen daher keiner Anerkennung mehr.

­

In den Übergangsbestimmungen wird zwecks Erhöhung der Rechtssicherheit ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren (beschränkt auf neue Anforderungen) für Finanzmarktinfrastrukturen vorgesehen, die zurzeit über eine Bewilligung als börsenähnliche Einrichtung oder als Bank verfügen. Zudem bedürfen von der FINMA bereits heute bewilligte ausländische Börsenteilnehmer keiner erneuten Bewilligung und bestehende Verbindungen zwischen Zentralverwahrern müssen nicht neu genehmigt werden.

­

Verschiedene Bestimmungen erfuhren eine Präzisierung, so etwa jene über die systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen, die Handelsüberwachung, den Ausfall eines Teilnehmers einer zentralen Gegenpartei oder die Segregierung und Übertragbarkeit sowie generell die insolvenzrechtlichen Bestimmungen. Zudem wird in verschiedenen Bestimmungen der Schutzzweck des Gesetzes genauer umschrieben und die Begriffe «Finanzmarktinfrastruktur», «Teilnehmer» und «indirekter Teilnehmer» werden neu definiert.

­

Die von den Derivatehandelspflichten erfassten Derivate werden analog zu EMIR nunmehr auf solche beschränkt, die nicht über einen Handelsplatz gehandelt werden, also auf OTC-Derivate. Sodann lösen wie in den USA ­ aber anders als unter EMIR ­ die Währungsswaps und -termingeschäfte mit Ausnahme der Meldepflicht keine Pflichten aus und es wird klargestellt, dass strukturierte Produkte und die Effektenleihe im Regelungsbereich der Derivatehandelspflichten nicht als Derivate gelten.

­

Die Derivatehandelspflichten gelten neu auch dann als erfüllt, wenn sie unter einem gleichwertigen ausländischen Regime über eine anerkannte ausländische Finanzmarktinfrastruktur erfüllt werden.

­

Die kleinen Finanziellen Gegenparteien werden nicht mehr anhand ihres mit Derivaten abgesicherten Hypothekengeschäfts erfasst, sondern gestützt auf ihren Derivatehandel insgesamt.

­

Das Meldesystem für Derivatgeschäfte ­ namentlich die Bestimmung der meldepflichtigen Person ­ wird in Anlehnung an die US-Regelung vereinfacht.

­

Schliesslich soll bei der Kontrolle der Einhaltung der Derivatehandelspflichten durch Revisionsstellen bei Nichtfinanziellen Gegenparteien eine Pflicht, dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) Anzeige zu erstatten, erst dann entstehen, wenn die Organe der Gegenpartei keine Massnahmen für ein gesetzeskonformes Verhalten treffen.

7502

­

Der Kritik zur Einschränkung des Kundenverfahrens im Bereich der Amtshilfe wurde Rechnung getragen, indem die Regelung übernommen wurde, wie sie vom Parlament in der Frühjahressession 2014 für die Steueramtshilfe verabschiedet wurde und am 1. August 2014 in Kraft getreten ist. Präzisiert wurden die Bestimmungen zur Zusammenarbeit der FINMA und der SNB mit internationalen Organisationen und Gremien sowie die Kompetenz der SNB, von Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern auch Auskünfte und Unterlagen «nicht-statistischer» Natur zu verlangen. Ferner erfolgte eine Aktualisierung einzelner Bestimmungen zur Institutional Governance der SNB.

1.4

Rechtsvergleich

1.4.1

Allgemeines

Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen und Teilnehmer am Derivatehandel sind in erster Linie mit der EU verflochten (vgl. Ziff. 3.1). Im Folgenden werden daher die Erlasse der EU in den genannten Bereichen dargestellt und mit der vorgeschlagenen Regulierung im FinfraG verglichen. Zudem wird auch auf die Grundzüge der Regulierung der USA zum OTC-Derivatehandel eingegangen.

1.4.2

EMIR

EMIR statuiert eine Abrechnungspflicht für OTC-Derivatetransaktionen über zentrale Gegenparteien (Art. 4 ff.) und aufsichtsrechtliche Vorschriften für zentrale Gegenparteien (Art. 14 ff.), eine Meldepflicht für sämtliche Derivatetransaktionen an ein Transaktionsregister (Art. 9) und aufsichtsrechtliche Vorschriften für Transaktionsregister (Art. 55 ff.) sowie Risikominderungspflichten für OTC-Derivatetransaktionen, die nicht zentral abgerechnet werden (Art. 11).

Abrechnungspflicht und Vorschriften für zentrale Gegenparteien Die Pflicht, gewisse OTC-Derivatekontrakte über eine bewilligte oder anerkannte zentrale Gegenpartei abzurechnen, gilt grundsätzlich für alle Finanziellen Gegenparteien (Art. 4 Abs. 1). Auf Nichtfinanzielle Gegenparteien findet die Pflicht nur Anwendung, wenn bestimmte Abrechnungsschwellen überschritten werden (Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 10). Die Europäische Kommission definiert auf Basis eines Entwurfs der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA), auf welche Derivatekategorien die Abrechnungspflicht Anwendung findet (Art. 5). Im Sinne einer extraterritorialen Vorschrift unterstellt Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Transaktionen, die ausschliesslich zwischen Personen mit Sitz in Drittstaaten abgeschlossen werden, ebenfalls der Abrechnungspflicht, soweit diese Transaktionen direkte, erhebliche und voraussehbare Auswirkungen in der EU haben oder dies nötig ist, um die Umgehung des EU-Rechts zu verhindern. Gruppeninterne Transaktionen, welche der Definition in Artikel 3 entsprechen, werden grundsätzlich von der Abrechnungspflicht befreit (Art. 4 Abs. 2). Im Sinne einer Drittstaatenregelung sieht EMIR vor, dass grenzüberschreitende gruppeninterne Transaktionen mit Einbezug eines Drittstaates nur dann von der Abrechnungspflicht befreit werden, wenn der Drittstaat mit EMIR äquivalente Abrechnungs-, Melde- und Risikominderungspflichten vorsieht 7503

(vgl. Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und 2). Zu diesem Zweck muss die EU-Kommission in Bezug auf den betreffenden Drittstaat eine sogenannte Äquivalenzanerkennung gemäss Artikel 13 Absatz 2 erlassen.

In der EU domizilierte zentrale Gegenparteien benötigen eine Bewilligung der zuständigen Aufsichtsbehörde und unterliegen der laufenden Aufsicht und Überwachung (Art. 14 ff.). Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für zentrale Gegenparteien sind als Mindestanforderungen ausgestaltet. Sie betreffen insbesondere die Themenbereiche Kapital und Liquidität, Organisation, Preistransparenz, Sicherheiten und Anlagevorschriften, Segregation und Übertragbarkeit sowie Zugang und Mitgliedschaft. Eine in einem Drittstaat ansässige zentrale Gegenpartei darf Abrechnungsdienste für in der EU ansässige Mitglieder oder Handelsplätze insbesondere nur dann erbringen, wenn die im Drittstaat bestehende Regulierung und Aufsicht über die zentrale Gegenpartei von der Europäischen Kommission als mit EMIR äquivalent anerkannt wurde (vgl. Art. 25).

Meldepflicht und Vorschriften für Transaktionsregister Gemäss Artikel 9 Absatz 1 EMIR stellen die Gegenparteien und die zentralen Gegenparteien sicher, dass die Einzelheiten aller von ihnen geschlossenen Derivatekontrakte und jeglicher Änderungen oder Beendigung von Kontrakten an ein registriertes oder anerkanntes Transaktionsregister gemeldet werden. Wenn kein Transaktionsregister zur Verfügung steht, hat die Meldung an die ESMA zu erfolgen (Art. 9 Abs. 3).

Die Meldungen müssen gemäss Artikel 9 Absatz 5 EMIR mindestens die Identität der Parteien des Derivatekontrakts und die Träger der daraus erwachsenden Rechte und Pflichten sowie die wesentlichen Merkmale des Kontrakts enthalten (Art. 9 Abs. 1). Die Europäische Kommission hat den Inhalt und die Form der Meldung im Rahmen von technischen Standards konkretisiert.19 Die Meldepflicht kann nur durch Meldung an ein registriertes EU-Transaktionsregister oder an ein anerkanntes Transaktionsregister aus einem Drittstaat erfolgen (Art. 9 Abs. 1). Die Registrierung von EU-Transaktionsregistern erfolgt gemäss den in Art. 55 ff. festgelegten Vorschriften. Sie setzt insbesondere voraus, dass ein Transaktionsregister bestimmte organisatorische Vorschriften erfüllt (Art. 78), über ein angemessenes Management des operationellen Risikos verfügt
(Art. 79) sowie die Vertraulichkeit und Integrität der gemeldeten Daten gewährleistet (Art. 80).

EMIR schreibt zudem vor, dass die Transaktionsregister gestützt auf die gesamten Daten die aktuellen Positionen nach Derivateklassen berechnen und in regelmässigen Abständen die aggregierten Positionen der einzelnen Derivateklassen publizieren müssen. Sie müssen zudem sicherstellen, dass die berechtigten Behörden ­ zu denen insbesondere die ESMA und die nationalen Aufsichtsbehörden zählen ­ unmittelbaren Zugang zu den Einzelheiten von Derivatekontrakten haben, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (Art. 81 Abs. 2 und 3). Andere einschlägigen Behörden der Union erhalten die Informationen, die sie für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigen, von der ESMA (Art. 81 Abs. 4).

Behörden eines Drittstaates, in denen ein Transaktionsregister ansässig ist, erhalten insbesondere nur dann unmittelbaren Zugang zu einem Transaktionsregister in der 19

Vgl. www.ec.europa.eu > Europäische Kommission > Der EU-Binnenmarkt > Infrastruktur der Finanzmärkte > Finanzderivate

7504

EU, wenn die Regulierung und die Aufsicht von Transaktionsregistern und Garantien hinsichtlich des Berufsgeheimnisses in diesem Drittstaat mit EMIR äquivalent sind und in einem Staatsvertrag sichergestellt wird, dass die Behörden der Union unmittelbaren und ständigen Zugang zu allen Informationen haben, die sie zur Ausübung ihrer Aufgaben benötigen (Art. 81 Abs. 3 Bst. f i.V.m. Art. 75). Die einschlägigen Behörden von Drittstaaten, in denen kein Transaktionsregister ansässig ist, können sich an die ESMA wenden, um Kooperationsvereinbarungen über den Zugang zu Informationen über in Transaktionsregistern der Union erfasste Derivatekontrakte zu treffen. Dies setzt voraus, dass Garantien hinsichtlich des Berufsgeheimnisses bestehen (Art. 81 Abs. 3 Bst. i i.V.m. Art. 76).

Ein in einem Drittstaat ansässiges Transaktionsregister wird anerkannt und kann dementsprechend Dienstleistungen in der EU erbringen, wenn es im Drittstaat bewilligt ist und einer wirksamen Aufsicht untersteht, die Regulierung von der Europäischen Kommission formell als äquivalent anerkannt wurde, eine internationale Übereinkunft abgeschlossen wurde und eine Kooperationsvereinbarung getroffen wurde, welche sicherstellt, dass die Behörden der Union unmittelbaren und ständigen Zugang zu allen erforderlichen Informationen haben (Art. 77 i.V.m. Art. 75).

Risikomindernde Massnahmen Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien, die einen nicht durch eine zentrale Gegenpartei abgerechneten Derivatekontrakt abschliessen, müssen sogenannte risikomindernde Massnahmen ergreifen (Art. 11). Dazu zählt insbesondere ein angemessenes Management des operationellen Risikos und des Gegenparteiausfallrisikos, welches mindestens die rechtzeitige Bestätigung der Transaktion und angemessene Prozesse für die Abgleichung der Portfolien zwischen Gegenparteien beinhaltet. Zudem ist täglich auf der Basis der aktuellen Kurse der Wert ausstehender Kontrakte zu bewerten und es sind zeitnah, mindestens täglich, angemessene Sicherheiten zu bestellen. Insgesamt soll eine Risikominderung erzielt werden, welche mit dem Einsatz einer zentralen Gegenpartei vergleichbar ist. Für gruppeninterne Transaktionen kann die zuständige Aufsichtsbehörde unter bestimmten Bedingungen auf die Pflicht zur Bestellung von Sicherheiten verzichten. Diese Möglichkeit besteht ausdrücklich
auch für gruppeninterne Transaktionen, bei denen mindestens ein Gruppenteil seinen Sitz in einem Drittstaat hat (Art. 11 Abs. 8 und 9 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und 2). Voraussetzung ist dabei, dass die EU-Kommission in Bezug auf den betreffenden Drittstaat eine Äquivalenzanerkennung gemäss Artikel 13 Absatz 2 erlassen hat.

1.4.3

MiFID II/MiFIR

Die im November 2007 in Kraft getretene Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte und Finanzinstrumente (MiFID)20 regelt die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten durch Banken und Wertpapierfirmen sowie den Betrieb 20

Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1.

7505

traditioneller Börsen und alternativer Handelsplätze (sog. multilateraler Handelssysteme). Obschon MiFID für Wettbewerb bei diesen Dienstleistungen gesorgt und den Anlegern ein breiteres Spektrum an Auswahlmöglichkeiten und niedrigere Preise beschert hat, wurden in der Finanzmarktkrise doch verschiedene Defizite offenkundig. Das Europäische Parlament und der Rat haben daher im Frühjahr 2014 eine revidierte Version von MiFID (MiFID II)21 und eine ergänzende Verordnung (MiFIR)22 verabschiedet. Beide Erlasse wurden am 12. Juni 2014 im Amtsblatt der EU publiziert und sind 20 Tage später in Kraft getreten.

Vorliegend von Interesse ist insbesondere, dass MiFID II und MiFIR zwischen drei Formen von Handelsplätzen unterscheiden (Art. 2 MiFIR): geregelte Märkte, multilaterale Handelssysteme und organisierte Handelssysteme. Geregelte Märkte (regulated markets, RM) sind die traditionellen, staatlich genehmigten Börsen, Multilaterale Handelssysteme (multilateral trading facilities, MTF) sind börsenähnliche Handelssysteme, die geringeren Anforderungen beispielsweise bei der Zulassung von Finanzinstrumenten unterliegen, und organisierte Handelssysteme organised trading facilities, OTF) sind multilaterale Handelssysteme, die nicht als MTF oder RM gelten und in denen Kauf- und Verkaufsinteressen auf organisierte Weise, häufig automatisiert, zusammengeführt werden. Sie werden erstmals als «Handelsplatz» klassifiziert und unterliegen demnach strengeren Transparenzvorschriften als bisher. RM, MTF und OTF bringen die Interessen einer Vielzahl von Käufern und Verkäufern von Finanzinstrumenten zusammen. RM und MTF haben allerdings ­ im Gegensatz zu OTF ­ keinen Ermessensspielraum bei der Zusammenführung von Kundenaufträgen (Art. 2 Abs. 1 Ziff. 13, 14 und 15 MiFIR). Zudem ist ein OTF auf den Handel von Obligationen, strukturierte Produkte, Emissionszertifikate und Derivate beschränkt (Art. 2 Abs. 1 Ziff. 15 MiFIR i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Ziff. 23 MiFID II).

Geregelte Märkte bedürfen einer Zulassung durch die nationale Aufsichtsbehörde (Art. 44 MiFID II). Die organisatorischen Anforderungen an die Handelsplätze sind weitestgehend identisch. MiFIR führt eine umfassende Vor- und Nachhandelstransparenz für alle Finanzinstrumente ein (Art. 3, 6, 8 und 10 MiFIR). Die Transparenzvorschriften sind für alle Handelsplätze identisch,
können jedoch durch die Europäische Kommission und die zuständigen Behörden im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet werden (Art. 4, 5, 7, 9 und 11 MiFIR). Sämtliche Handelsplätze müssen zudem unter anderem sicherstellen, dass ihre Handelssysteme belastbar sind und über hinreichend Kapazität verfügen, um auch in Stressphasen einen ordnungsgemässen Handel zu gewährleisten (Art. 18 und 48 MiFID II).

Mit MiFIR wird ausserdem eine Plattformhandelspflicht eingeführt: Künftig sollen die von der EU-Kommission auf Basis eines Entwurfs der ESMA definierten Derivatekategorien ausschliesslich über eine Handelsplatz gehandelt werden (Art. 28 Abs. 1). Im Sinne einer sogenannten extraterritorialen Vorschrift findet die Plattformhandelspflicht auch auf Derivatetransaktionen zwischen Gegenparteien aus Drittstaaten Anwendung, soweit diese Kontrakte direkte, erhebliche und voraussehbare Auswirkungen auf die EU haben oder soweit ihre Einbeziehung erforderlich ist, 21

22

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349.

Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84.

7506

um eine Umgehung des EU-Rechts zu verhindern (Art. 28 Abs. 2 MiFIR). Der Handel von Derivaten über Drittstaaten-Handelsplattformen ist zulässig, sofern die Europäische Kommission den Rechts- und Aufsichtsrahmen des Drittstaats als äquivalent mit den einschlägigen EU-Regeln für die geregelten Märkte, MTF und OTF anerkannt hat und der Drittstaat Handelsplätze aus der EU für die Erfüllung der Plattformhandelspflicht zulässt (Art. 28 Abs. 1 Bst. d und Abs. 4 MiFIR). Die Gleichwertigkeitsprüfung umfasst neben dem Regulierungsrahmen für Handelsplätze auch die Transparenzvorschriften für Emittenten sowie die Regelung des Marktmissbrauchs.

Ausserdem sollen alle über eine Handelsplattform abgeschlossenen Derivatetransaktionen neu auch der Abrechnungspflicht gemäss EMIR unterliegen, das heisst durch eine zentrale Gegenpartei abgerechnet werden (Art. 29 MiFIR).

1.4.4

Regeln für Zentralverwahrer (CSDR23)

Am 7. März 2012 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Verbesserung der Wertpapierabrechnungen über Zentralverwahrer angenommen. Der Vorschlag soll die Wertpapierabwicklung in Europa sicherer und effizienter machen und gleichzeitig den Prozess beschleunigen und das Risiko eines Scheiterns der Abwicklung minimieren. Er umfasst im Wesentlichen folgende Elemente: ­

Die Abwicklungsfristen werden harmonisiert und für Wertpapiere, die an der Börse oder auf anderen geregelten Märkten gehandelt werden, auf höchstens zwei Tage nach dem Handelstag festgelegt.

­

Jedes Versäumnis, Wertpapiere zum vereinbarten Abwicklungstermin zu liefern, kann durch Sanktionen geahndet werden; die verantwortlichen Teilnehmer müssen in einem solchen Fall die Wertpapiere am Markt kaufen und ihren Gegenparteien liefern.

­

Die Zentralverwahrer müssen strenge organisatorische Auflagen, Wohlverhaltensregeln und aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllen, damit ihr wirtschaftlicher Fortbestand und der Schutz ihrer Teilnehmer gewährleistet sind. Ferner müssen sie durch die zuständigen nationalen Behörden zugelassen und beaufsichtigt werden.

­

Zentralverwahrer haben in der EU Zugang zu allen anderen Zentralverwahrern und zu anderen Marktinfrastrukturen wie Handelsplätzen oder zentralen Gegenparteien, egal in welchem Land sie niedergelassen sind.

Um verabschiedet zu werden, benötigt dieser Vorschlag die Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rats. Am 26. Februar 2014 bestätigte der Ausschuss der Ständigen Vertreter, im Namen des Rates der Europäischen Union, die Einigung mit dem Parlament. Am 15. April 2014 wurde die CSDR vom Europäischen Parlament angenommen. Die formelle Genehmigung des Rates erfolgte am 23. Juli 2014.

Die Publikation im Amtsblatt der EU ist für das dritte Quartal 2014 geplant.

23

Steht für: Central Securies Depositaries Regulation

7507

1.4.5

Dodd-Frank Act

Der am 21. Juli 2010 verabschiedete Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act (DFA)24 stellt eine umfassende Reform der bestehenden US-Finanzaufsicht dar, die weitgehend den gemeinsam mit den G-20-Partnern formulierten Prioritäten folgt. Zu den Zielen des DFA gehören insbesondere die Förderung der Finanzstabilität, die Verbesserung der Rechenschaftspflicht und der Transparenz im Finanzsystem, die Beseitigung des Too-big-to-fail-Problems sowie der Schutz des Steuerzahlers und des Verbrauchers vor unlauteren Geschäftspraktiken von Finanzdienstleistern (Marktmissbrauch). In diesem Sinn deckt der DFA vier Bereiche der Finanzmarktregulierung ab: Reform des institutionellen Regulierungs- und Aufsichtsrahmens, Regulierung von Banken und anderen Finanzinstitutionen, Regelungen zum Anlegerschutz und Regelungen zum Verbraucherschutz.

Für die Umsetzung der G-20-Beschlüsse zu OTC-Derivaten ist insbesondere Titel VII des DFA (Wall Street Transparency and Accountability Act of 2010) relevant.

Damit werden im Commodity Exchange Act (CEA) für Swaps und im Securities Exchange Act (SEA) für Security-based Swaps neue Regulierungs- und Aufsichtsvorschriften geschaffen.25 Die Aufsicht und die Ausarbeitung von Detailregelungen werden grundsätzlich von der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) für Swaps oder von der Securities and Exchange Commission (SEC) für Security-based Swaps wahrgenommen.

Der DFA unterstellt systemrelevante Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer neuen Erlaubnispflichten. Ausserdem dürfen die erfassten Swaps nur noch über anerkannte Abrechnungsstellen abgewickelt und an registrierten Handelsplattformen abgeschlossen werden. Darüber hinaus werden Meldepflichten eingeführt. Im Einzelnen: Der DFA schafft neue Anforderungen für Swaphändler und Major Swap Participants, das heisst Unternehmen, die keine Händler sind und in systemisch wichtigem Umfang in Swap-Geschäften engagiert sind (Sec. 731 und 764). Swaphändler und Major Swap Participants müssen sich bei der CFTC bzw. der SEC registrieren.

CFTC und SEC werden beauftragt, Standards auszuarbeiten in Bezug auf Kapitalanforderungen, Sicherheitsleistungen bei der Eröffnung einer Position und zum Zweck des Ausgleichs der noch vorläufigen Gewinne und Verluste aus offenen Terminpositionen, Verwendung von Sicherheiten,
Nachhandelstransparenz, Betrug, Überwachung, Positionslimite sowie Offenlegung wesentlicher Risiken und Geschäftsaktivitäten mit besonderen Einheiten, einschliesslich Pensionsfonds, Stiftungen oder Regierungsbehörden.

Der DFA sieht vor, dass die erfassten Swaps nur noch über anerkannte Abrechnungsstellen abgewickelt werden dürfen. Die CFTC und die SEC sind verpflichtet, von sich aus oder auf Antrag Swapkontrakte dahingehend zu überprüfen, ob sie der Abrechnungspflicht unterworfen werden sollen. Der DFA sieht eine Ausnahme von der Abrechnungspflicht für Endabnehmer vor, die keine Finanzinstitute sind, Swaps lediglich zur Absicherung ihres eigenen wirtschaftlichen Risikos brauchen und finanzielle Verpflichtungen aus nicht abgerechneten Swaps einhalten (end user 24 25

Pub.L. 111­203, H.R. 4173.

Nachfolgend werden Swaps und Security-based Swaps wenn möglich einheitlich als Swaps bezeichnet. Bei den Rechtsverweisen sind an erster Stelle die Änderungen des CEA und an zweiter Stelle die Änderungen des SEA zu verstehen.

7508

exemption). In diesem Zusammenhang hat die CFTC entschieden, dass kleine Banken nicht als Finanzinstitute gelten, wenn sie keine Swaphändler und Major Swap Participants sind und ihre Aktiva 10 Milliarden US-Dollar nicht überschreiten.26 Im Einzelnen dürfen abrechnungspflichtige Swaps nur über Derivatives Clearing Organizations und abrechnungspflichtige Security-based Swaps nur über Clearing Agencies abgerechnet werden (Sec. 723 und 763). Derivatives Clearing Organizations und Clearing Agencies müssen dafür bei der CFTC bzw. der SEC zugelassen werden und unterstehen gewissen Pflichten (Sec. 725 und 763).

Diejenigen Swaps, die der Abrechnungspflicht unterliegen, müssen zudem über einen regulierten Markt (board of trade bzw. exchange) oder eine Swap Execution Facility abgeschlossen und gehandelt werden (Sec. 723 und 763). Bei Swap Execution Facilities handelt es sich um neue Handelsplattformen, welche einer Registrierungspflicht bei der CFTC bzw. der SEC unterliegen und bestimmte Pflichten einhalten müssen (Sec. 733 und 763). So müssen sie beispielsweise Interessenkonflikte vermeiden, Manipulationen und missbräuchlichen Praktiken vorbeugen und nach dem Handel Informationen zu den Swapkontrakten (wie Preis und Volumen) unverzüglich veröffentlichen.

Schliesslich sind alle Vertragsparteien von Swapverträgen sowie Swaphändler verpflichtet, die Transaktionsdaten zu melden, und zwar unabhängig davon, ob sie der Abrechnungspflicht unterliegen oder nicht (Sec. 727, 729 und 763, 766). Die Transaktionsdaten müssen grundsätzlich an neu geschaffene Swap Data Repositories gemeldet werden, die der Aufsicht der CFTC bzw. der SEC unterstehen und gewisse Pflichten einhalten müssen (Sec. 728 und 763).

Im Titel VIII des DFA (Payment, Clearing, and Settlement Supervision) werden neue regulatorische Vorschriften für Finanzmarktinfrastrukturen eingeführt, sofern diese vom Financial Stability Oversight Council als systemrelevant eingestuft werden. Titel VIII erteilt dem Federal Reserve System (Fed), der SEC und der CFTC dabei weitreichende neue Handlungsvollmachten über Finanzdienstleister. Unter anderem werden das Fed, die SEC und die CFTC beauftragt, RisikomanagementStandards für systemrelevante Finanzdienstleister und für systemrelevante Zahlungsund Abwicklungstätigkeiten von Finanzinstitutionen zu setzen.

Die Vorschriften
des Titel VII sind 360 Tage nach der Verabschiedung, also am 16. Juli 2011, in Kraft getreten. Insgesamt erteilt der DFA über 240 Mandate zur Ausarbeitung von Detailregelungen. Die Regeln sind mehrheitlich im 4. Quartal 2012 wirksam geworden.

1.4.6

Beurteilung der Vorlage im Vergleich zum europäischen Recht

1.4.6.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Um den Zutritt schweizerischer Finanzmarktinfrastrukturen zur EU zu ermöglichen, (vgl. Ziff. 1.1.3.1) wurde bei der Ausarbeitung der Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen in materieller Sicht bewusst eine möglichst EU-konforme Regulierung angestrebt. In folgenden Fällen wird jedoch von EMIR, MiFID II/MiFIR und CSDR abgewichen: 26

17 C.F.R. § 50.50.

7509

27

­

In der EU zeichnet sich ein Trend zu weniger Selbstregulierung ab. In der Schweiz hat sich das Prinzip der Selbstregulierung von Handelsplätzen hingegen bewährt (vgl. Erläuterungen zu Art. 27), weshalb daran festgehalten wird. Dieser Unterschied impliziert verschiedene Abweichungen zwischen dem FinfraG und MiFID II/MiFIR im Bereich der Regulierung von Handelsplätzen. So werden in der EU beispielsweise die Voraussetzungen, welche für die Zulassung von Effekten zum Handel erfüllt sein müssen, nicht durch den Handelsplatz geprüft, sondern durch die zuständige Aufsichtsbehörde.

­

MiFID II sieht vor, dass Betreiber von organisierten Handelssystemen keine Geschäfte für eigene Rechnung über das eigene System tätigen dürfen. Im FinfraG wurde kein solch absolutes Verbot aufgenommen. Der Kundenschutz wird dadurch gewährleistet, dass dass der Betreiber eines organisierten Handelssystems bei der Tätigung von Eigengeschäften über das von ihm betriebene organisierte Handelssystem sicherstellen muss, dass die Kundeninteressen umfassend gewahrt werden (vgl. Art. 44 Bst. c). Diese Regelung ist verhältnismässiger und verfolgt dieselbe Zielsetzung.

­

Im Gegensatz zur CSDR kennt das FinfraG keine Pflicht zur Immobilisierung oder Dematerialisierung von Effekten. Dies wäre unverhältnismässig.

­

CSDR sieht eine Abrechnungsfrist von zwei Tagen vor. Auf die Einführung einer fixen Frist wird im FinfraG verzichtet. Die Regelung wäre zu unflexibel. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass schweizerische Zentralverwahrer die international üblichen Fristen aus Wettbewerbsgründen ebenfalls übernehmen.

­

Das FinfraG erfasst im Gegensatz zur CSDR auch Verbindungen zwischen Zentralverwahrern, bei denen ein Zentralverwahrer ein Konto bei einem Verwahrer hat, welcher selbst kein Zentralverwahrer ist (vgl. Erläuterungen zu Art. 70 Bst. b). Das FinfraG erfasst damit Risiken, die sich aus diesen Verbindungen ergeben können.

­

Das FinfraG setzt für den Zugang von ausländischen Behörden zu Daten in einem Schweizer Transaktionsregister analog EMIR voraus, dass zwischen der zuständigen Schweizer und der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde eine Vereinbarung geschlossen wird. Darin ist unter anderemin Abweichung zu EMIR zu regeln, dass die Weiterleitung der Daten durch die ausländische Finanzmarktaufsichtsbehörde an eine andere ausländische Behörde nur dann zulässig ist, wenn im Fall der Übermittlung an eine Strafbehörde Rechtshilfe nach dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198127 (IRSG) möglich ist und es sich insbesondere nicht um eine Datenweitergabe für Steuerzwecke handelt. Die Verwendung der Daten für Steuerzwecke soll ausgeschlossen werden, da ansonsten die Amtshilfe in Steuersachen umgangen werden kann (vgl. Erläuterungen zu Art. 78).

SR 351.1

7510

1.4.6.2

Derivatehandel

Die vorgeschlagenen Vorschriften zum Derivatehandel orientieren sich primär an denjenigen der EU in EMIR. Die schweizerische Regelung zum Handel mit Derivaten: ­

erfasst dementsprechend im Geltungsbereich Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien und folgt in der Umschreibung dieser beiden Kategorien weitgehend dem Ansatz der EU (vgl. dazu Art. 1 Abs. 4 und 5 sowie Art. 2 Ziff. 8 und 9 EMIR);

­

sieht mit Abrechnungs-, Melde- und Risikominderungspflichten dieselben Pflichten vor wie die EU (Art. 4, 9 und 11 EMIR);

­

nimmt von der Abrechnungspflicht ebenfalls Nichtfinanzielle Gegenparteien aus, soweit diese mit Derivatgeschäften, die nicht klar der Absicherung der Geschäftstätigkeit dienen, keinen Schwellenwert übersteigen (Art. 10 Abs. 1 und 2 EMIR), und nimmt auch bei der Risikominderungspflicht zu EMIR analoge Differenzierungen nach Gegenparteien vor;

­

sieht für die Bestimmung der abrechnungspflichtigen Derivate vor, die gleichen Kriterien heranzuziehen, die auch in EMIR massgeblich sind (Art. 5 Abs. 4 ff. EMIR);

­

sieht bei grenzüberschreitenden Geschäften die Abrechnungspflicht vor, wenn die ausländische Gegenpartei in der Schweiz abrechnungspflichtig wäre (Art. 4 Abs. 1 Bst. a Abs. iv EMIR);

­

sieht Ausnahmen von der Abrechnungs- und der Risikominderungspflicht für gruppeninterne Derivatgeschäfte vor (Art. 3, 4 Abs. 2 sowie Art. 11 Abs. 7 und 8 EMIR);

­

stellt bei der Meldepflicht für Derivatgeschäfte mit einer, dem Recht der USA nachgebildeten, Kaskade (auf einfachere Weise als in EMIR) sicher, dass Klarheit über die meldepflichtige Person besteht und Mehrfachmeldungen an ein Transaktionsregister vermieden werden;

­

regelt die Pflicht, Derivatgeschäfte über einen Handelsplatz oder ein organisiertes Handelssystem zu handeln, analog zu MiFIR (Art. 111). Der Bundesrat soll die genannte Pflicht erst in Kraft setzen, wenn dies nach der internationalen Entwicklung angezeigt ist.

Die schweizerische Regelung geht jedoch in einigen Punkten weniger weit als EMIR. Insbesondere: ­

wird mit der Einführung von Ausnahmen für kleine Finanzielle Gegenparteien den zahlreichen kleinen und kleinsten Banken, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Umstand Rechnung getragen, dass deren Derivatehandelstätigkeit schon vom Umfang her kein Systemrisiko darstellen kann; im Ergebnis ähnelt die schweizerische Regelung der end user exemption im Recht der USA;

­

werden analog zur Regelung in den USA bestimmte Währungsswaps und Währungstermingeschäfte von der Abrechnungs-, Risikominderungs- und Handelspflicht über ein Handelsplatz oder ein organisiertes Handelssystem ausgenommen, da bei diesen Geschäften die zusätzliche Zwischenschaltung

7511

einer zentralen Gegenpartei zur Absicherung der für diese Geschäfte massgeblichen Risiken nicht notwendig ist; ­

sieht die vorgeschlagene Regelung keine formelle vorgängige Bewilligung für gruppeninterne Transaktionen durch eine Behörde vor und es ist auch keine Behörde vorgesehen, welche die Nichtfinanziellen Gegenparteien hinsichtlich der Erfüllung ihrer Pflichten beim Derivatehandel beaufsichtigt; stattdessen soll eine nachträgliche Kontrolle durch die Prüfgesellschaften oder die obligationenrechtliche Revisionsstelle erfolgen;

­

erfasst die Meldepflicht nicht die Nennung des wirtschaftlich Berechtigten, da dies zur Wahrung der Stabilität des Finanzsystems nicht nötig ist, womit zwar nicht die Anforderungen von EMIR, wohl aber diejenigen von IOSCO erfüllt sind.

1.4.6.3

Beurteilung

Die aufgezeigten einzelnen Divergenzen zu den einschlägigen Erlassen oder Erlassentwürfen der EU sind sachlich gerechtfertigt und darauf zurückzuführen, dass schweizerischen Besonderheiten angemessen Rechnung getragen wird. Es ist daher davon auszugehen, dass eine äquivalente schweizerische Regulierung geschaffen wurde.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Finanzmarktinfrastrukturgesetz

1. Titel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Gegenstand und Zweck

Abs. 1 Das FinfraG regelt die Organisation und den Betrieb von Finanzmarktinfrastrukturen (2. Titel) sowie die Verhaltenspflichten der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer beim Effekten- und Derivatehandel (3. Titel), das heisst die Marktverhaltensregeln. Die Begriffe «Finanzmarktinfrastruktur», «Effekten» und «Derivate» werden in Artikel 2 definiert. Es wird auf die diesbezüglichen Erläuterungen verwiesen. Zu den Marktverhaltensregeln zählen die Bestimmungen über den Handel mit Derivaten, die Offenlegung von Beteiligungen, die öffentlichen Kaufangebote sowie den Insiderhandel und die Marktmanipulation. Der Begriff der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer ist umfassend zu verstehen. Er beinhaltet sämtliche Personen, die am Schweizer Finanzmarkt teilnehmen und ist zu unterscheiden vom Begriff «Teilnehmer». Mit letzterem werden Personen umschrieben, welche die Dienstleistung einer Finanzmarktinfrastruktur direkt in Anspruch nehmen (vgl.

Art. 2 Bst. d). Dies sind in der Regel nur juristische Personen.

Abs. 2 Der in Absatz 2 umschriebene Zweck des FinfraG gilt nicht für alle Teile des Gesetzes gleichermassen. Was die Bestimmungen über die Handelsplätze, die Offenle7512

gung von Beteiligungen, die öffentlichen Kaufangebote und den Insiderhandel und die Marktmanipulation sowie die entsprechenden Strafbestimmungen betrifft, so gilt der in Artikel 1 BEHG umschriebene Zweck (Sicherstellung der Transparenz und der Gleichbehandlung sowie Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte) weiterhin, auch wenn er im FinfraG aus redaktionellen Gründen etwas anders umschrieben wird. Was die übrigen Teile des Gesetzes betrifft, so stehen die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und der Stabilität des Finanzsystems, sowie des Schutzes der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer im Vordergrund.

Der Erlass des Gesetzes erfolgt im Übrigen auch zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz und um den Marktzutritt von Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen zu ausländischen Märkten, insbesondere zur EU zu gewährleisten.

Art. 2 Bst. a

Begriffe Finanzmarktinfrastruktur

Als Finanzmarktinfrastrukturen gelten Börsen, multilaterale Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme. Die einzelnen Finanzmarktinfrastrukturen werden in den jeweils einschlägigen Kapiteln des FinfraG definiert. Organisierte Handelssysteme werden nicht als Finanzmarktinfrastrukturen genannt, da sie grundsätzlich nur von Banken, Effektenhändlern, Börsen und multilateralen Handelssystemen betrieben werden dürfen und die allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten für sie nicht gelten.

Bst. b

Effekten

In der Vergangenheit wurde in der Lehre verschiedentlich vorgebracht, die heutige Definition des Begriffs «Effekten» (vgl. Art. 2 Bst. a BEHG) sei dogmatisch nicht ganz korrekt. Als störend wurde empfunden, dass in der Definition Wertpapiere und Wertrechte, welche sich auf die zivilrechtliche Ausgestaltung beziehen, mit den Derivaten, die sich auf den Inhalt beziehen, gleichgestellt werden. Die geltende Definition hat sich indes in der Praxis bewährt, weshalb sie materiell grundsätzlich unverändert ins FinfraG übernommen wird.

Neu wird ausdrücklich festgehalten, dass auch vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Bucheffekten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 des Bucheffektengesetzes vom 3. Oktober 200828 (BEG) vom Effektenbegriff erfasst werden.

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Grossteil der an Handelsplätzen gehandelten und über andere Finanzmarktinfrastrukturen abgerechneten und abgewickelten Wertpapiere, Wertrechte und Derivate Bucheffekten ­ und damit Vermögenswerte sui generis ­ darstellen.

Bst. c

Derivate oder Derivatgeschäfte

Derivate oder Derivatgeschäfte werden als Finanzkontrakte (bilaterale Verträge) definiert, deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Mass eines Basiswertes ableitet.

Unter Finanzkontrakten sind unter anderem Swaps, Optionen und Termingeschäfte zu verstehen. Basiswerte können insbesondere Zinsinstrumente, Währungen, Wert28

SR 957.1

7513

schriften, Kreditrisiken und sonstige Finanzinstrumente sein (bspw. Waren, Emissionspapiere, CO2-Zertifikate).

In Anlehnung an EMIR und MiFID sollen Kassa-/Spotgeschäfte ausdrücklich ausgeschlossen sein. Ein Kassageschäft ist ein Verkaufsgeschäft für eine Ware, einen Vermögenswert oder ein Recht, nach dessen Bedingungen die Lieferung innert zwei Handelstagen oder innert der Frist erfolgt, die in der Regel vom Markt für diese Ware, diesen Vermögenswert oder dieses Recht als Standardlieferfrist akzeptiert wird. Kein Kassageschäft liegt vor, wenn nach der Absprache zwischen den Vertragsparteien die Lieferung des Basiswerts verschoben und nicht innert den oben genannten Fristen vorgenommen wird.

Grundsätzlich unerheblich für die Qualifikation als Derivat ist die Frage, ob ein Derivat als Effekte ausgestaltet ist, das heisst vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet ist.

Bei den Regelungen zum Handel mit Derivaten (3. Titel, 1. Kapitel des Gesetzes) werden für diesen Handel spezifische Präzisierungen zum Derivatbegriff angebracht.

Bst. d

Teilnehmer

Als Teilnehmer gilt jede Person, welche die Dienstleistungen einer Finanzmarktinfrastruktur direkt in Anspruch nimmt. Ein Teilnehmer hat somit eine Vertragsbeziehung zur jeweiligen Finanzmarktinfrastruktur. In der Regel wird es sich bei den Teilnehmern um juristische Personen handeln. Im Bereich der Teilnehmer einer zentralen Gegenpartei umfasst der Begriff Teilnehmer grundsätzlich sowohl die General Clearing Member (GCM) als auch die Individual Clearing Member (ICM).

Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen nur für GCM Sinn macht.

Bst. e

indirekter Teilnehmer

Im Unterschied zu einem Teilnehmer nimmt ein indirekter Teilnehmer die Dienstleistungen einer Finanzmarktinfrastruktur nicht direkt, sondern indirekt, das heisst mittelbar über einen Teilnehmer, in Anspruch. Er hat damit keine Vertragsbeziehung zur jeweiligen Finanzmarktinfrastruktur. Die Definition entspricht materiell Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n NBV. Im Bereich der indirekten Teilnehmer einer zentralen Gegenpartei umfasst der Begriff die Non Clearing Members (NCM).

Bst. f

Kotierung

Die heutige Definition des Begriffs «Kotierung» (Art. 2 Bst. c BEHG) wird beibehalten, jedoch konkretisiert. Die Begriffe der Haupt- und Nebenbörse werden nicht mehr verwendet, da sie überholt sind. Da die Kotierung eine spezielle Form der Zulassung zum Handel darstellt, beinhaltet der im FinfraG verwendete Ausdruck «zum Handel zugelassen» die Kotierung.

Bst. g

Abrechnung (Clearing)

Typische Verarbeitungsschritte zwischen dem Handel und der Abwicklung eines Geschäfts sind die folgenden: ­

7514

Transaktionserfassung, -abstimmung und -bestätigung: Bei ausserbörslich gehandelten Finanzinstrumenten müssen die relevanten Transaktionsdaten von den beiden Handelsparteien intern erfasst (trade capture) und gegenseitig abgestimmt (trade matching bzw. trade reconciliation) sowie bestätigt werden (trade confirmation). Werden Finanzinstrumente an einem elektroni-

schen Handelsplatz gehandelt, müssen die Handelsparteien diese Schritte in der Regel nicht selbst vornehmen, da die Transaktionsdaten beim Handelsabschluss direkt vom Handelsplatz erfasst, gespeichert und den Handelsparteien übermittelt und bestätigt werden.

­

Übernahme der Verpflichtungen durch eine zentrale Gegenpartei oder andere Risikominderungsmassnahmen.

­

Verrechnung (Netting) von Geschäften: Einzelne Geschäfte zwischen den Handelsparteien (einschliesslich einer zentralen Gegenpartei) können zusammengefasst und bilateral oder multilateral verrechnet werden. Durch die Verrechnung können die am Erfüllungstag effektiv abzuwickelnden Zahlungen oder Effektenüberträge reduziert werden.

­

Abstimmung und Bestätigung der abzuwickelnden Zahlungen und Effektenüberträge: Nach der allfälligen Übernahme der Verpflichtungen durch eine zentrale Gegenpartei oder der allfälligen Verrechnung von einzelnen Geschäften müssen die am Erfüllungstag von den einzelnen Handelsparteien oder der zentralen Gegenpartei abzuwickelnden Zahlungen und Effektenüberträge abgestimmt und bestätigt werden.

Bst. h

Abwicklung (Settlement)

Die Abwicklung des Geldbetrags erfolgt in der Regel über ein Zahlungssystem, der Übertrag der Effekten über ein Effektenabwicklungssystem. Anstelle der Lieferung eines spezifischen Finanzinstruments können die Handelsparteien auch vereinbaren, dass die Abwicklung am Erfüllungstag durch Barausgleich erfolgt. Der Barausgleich ist vor allem bei Derivatgeschäften verbreitet.

Bst. i

öffentliche Kaufangebote

Die Bestimmung entspricht materiell Artikel 2 Buchstabe e BEHG. Da Artikel 122 Absatz 1 definiert, auf welche Beteiligungspapiere sich das öffentliche Kaufangebot beziehen muss, wird dieser Passus in der vorliegenden Bestimmung gestrichen.

Bst. j

Insiderinformation

Die Bestimmung entspricht Artikel 2 Buchstabe f BEHG. Der Begriff «börsenähnliche Einrichtung» wird ersetzt durch «Handelsplatz». Gemeint sind damit Börsen und multilaterale Handelssysteme (vgl. Art. 26 Abs. 1).

Art. 3

Konzernobergesellschaften und wesentliche Gruppengesellschaften

Im Zuge der Arbeiten zur Verbesserung der Krisenbeständigkeit der Grossbanken hat sich gezeigt, dass der FINMA unter anderem die Kompetenz fehlt, auch Konzernobergesellschaften und wesentliche Gruppengesellschaften in die Sanierung oder Abwicklung einzubeziehen, was eine der Hauptforderungen des FSB gemäss den Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions vom Oktober 201129 ist. Aus diesem Grund sollen in einem neu zu schaffenden Artikel 2bis BankG solche Gesellschaften den Massnahmen bei Insolvenzgefahr und den Bestimmungen zum Bankenkonkurs unterstellt werden können (siehe die Änderungen bisherigen Rechts im Anhang zum FinfraG). Mit Artikel 3 wird eine entspre-

29

www.financialstabilityboard.org > publications > documents 2009­2011

7515

chende Regelung im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen übernommen. Für Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu Artikel 2bis BankG verwiesen.

Die Kriterien zur Beurteilung der Wesentlichkeit sollen vom Bundesrat festgelegt werden. Damit ist die nötige Flexibilität gewährleistet, da die Rechtsentwicklung in diesem Bereich noch wenig konsolidiert ist und zudem die Entwicklung internationaler Standards mitverfolgt werden muss.

2. Titel: Finanzmarktinfrastrukturen 1. Kapitel: Gemeinsame Bestimmungen Allgemeines Das Kapitel enthält Bestimmungen zur Bewilligung und den Pflichten, die für alle Finanzmarktinfrastrukturen gelten. Zusätzlich werden die besonderen Anforderungen an systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen geregelt.

1. Abschnitt: Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten für alle Finanzmarktinfrastrukturen Art. 4

Bewilligungspflicht

Abs. 1 Börsen und multilaterale Handelssysteme, bedürfen in erster Linie aus Gründen des Anlegerschutzes und zur Schaffung eines Level-playing-field einer Bewilligung der FINMA (vgl. Ziff. 1.1.3.1). Die Bewilligungspflicht der Börse besteht bereits nach geltendem Recht. Auch die multilateralen Handelssysteme werden teilweise bereits heute als börsenähnliche Einrichtungen vom BEHG erfasst. Organisierte Handelssysteme dürfen grundsätzlich nur von Banken, Effektenhändlern, Börsen und multilateralen Handelssystemen betrieben werden (vgl. Art. 43). Für sie greift daher eine indirekte Bewilligungspflicht. Für die Begriffsdefinitionen und die Gründe für die neue Dreiteilung der Handelssysteme wird auf die Erläuterungen zu Artikel 26 und 42 verwiesen.

Zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer werden neu ­ unabhängig davon, ob sie systemisch bedeutsam sind oder nicht ­ ebenfalls einer obligatorischen Bewilligungspflicht durch die FINMA unterworfen und es wird ein neues massgeschneidertes Bewilligungskleid für sie geschaffen. Damit wird den neuen internationalen Standards in diesem Bereich und der Bedeutung dieser Finanzmarktinfrastrukturen für die Aufrechterhaltung der Stabilität des Finanzsystems Rechnung getragen.

Zudem werden der Kundenschutz verbessert und die Rechtssicherheit erhöht (vgl.

auch Ziff. 1.1.3.1). Für die Begriffsdefinitionen wird auf die Erläuterungen zu den Artikeln 48 und 61 verwiesen.

Transaktionsregister sind eine neue Kategorie von Finanzmarktinfrastrukturen, welche im Rahmen der Derivateregulierung eingeführt wurde. Sie spielen eine wichtige Rolle als Informationsquelle für Aufsichtsbehörden und Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer. Ihr Betrieb bedarf daher vorab aus Gründen der Funktions7516

fähigkeit des Finanzmarktes als auch des Kundenschutzes einer Bewilligung der FINMA. Zur Definition des Transaktionsregisters vgl. die Erläuterungen zu Artikel 74.

Bewilligte Finanzmarktinfrastrukturen werden von der FINMA in das von ihr geführte und in elektronischer Form öffentlich zugängliche Verzeichnis der Beaufsichtigten eingetragen (vgl. Art. 23 Abs. 2 FINMAG). Finanzmarktinfrastrukturen, die ohne Bewilligung der FINMA tätig werden, können von dieser zwangsliquidiert werden. Sie bzw. die Verantwortlichen machen sich zudem nach Artikel 44 FINMAG strafbar.

Gemäss Artikel 8 Absatz 1 muss eine Finanzmarktinfrastruktur eine juristische Person nach schweizerischem Recht mit Sitz und Hauptverwaltung in der Schweiz sein. Ausländische Finanzmarktinfrastrukturen benötigen daher keine Bewilligung der FINMA. Sie müssen jedoch unter Umständen eine Anerkennung der FINMA einholen (vgl. Art. 41, 60 und 80) oder unterliegen der Überwachung durch die SNB (vgl. Art. 19 NBG).

Abs. 2 Zahlungssysteme gemäss Artikel 81 tangieren den Schutzzweck des FinfraG in der Regel nicht. Sie sollen jedoch einer Bewilligungspflicht und den Bestimmungen des FinfraG unterstellt werden können, sofern es die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes oder der Schutz der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer erfordern.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Zahlungssystem Finanztransaktionen unter Finanzintermediären abrechnet und abwickelt und das Zahlungssystem von der SNB als systemisch bedeutsam eingestuft wird (vgl. jedoch Abs. 3). In jedem Fall von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind Zahlungssysteme, die durch eine Bank betrieben werden, da diesfalls die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes und der Schutz der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer durch die Bankenregulierung gewährleistet werden. Die Abwicklung von Zahlungen durch Kundinnen und Kunden über die PostFinance AG beispielsweise wird nicht über das FinfraG erfasst.

Abs. 3 Eine Finanzmarktinfrastruktur, die durch die SNB oder in ihrem Auftrag betrieben wird, ist im Umfang dieser Tätigkeit von der Bewilligung und der Aufsicht durch die FINMA ausgenommen. Dabei handelt es sich um Finanzmarktinfrastrukturen, die die SNB zur Erfüllung ihrer geld- und währungspolitischen Aufgaben nach Artikel 5 Absätze 1 und 2 NBG betreibt oder betreiben lässt. Bei
der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe entscheidet die SNB autonom und weisungsfrei (Art. 6 NBG).

Die Aufsicht durch die FINMA würde der Weisungsfreiheit der SNB zuwiderlaufen.

Ein Anwendungsfall ist das von der SIX Interbank Clearing AG im Auftrag der SNB betriebene Interbanken-Zahlungssystem SIC. Erbringt die Finanzmarktinfrastruktur weitergehende bewilligungspflichtige Dienstleistungen, greift die Ausnahme nicht.

Eine Finanzmarktinfrastruktur, die durch die SNB oder in ihrem Auftrag betrieben wird, soll nicht gänzlich vom FinfraG ausgenommen werden. Die PFMI sind grundsätzlich auch auf Finanzmarktinfrastrukturen anwendbar, die von Zentralbanken (oder in ihrem Auftrag) betrieben werden. Dies soll auch in der Schweiz gelten, weshalb jedenfalls die Artikel 22 (systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen und Geschäftsprozesse), 23 (besondere Anforderungen) und 89 (Systemschutz) auf solche Finanzmarktinfrastrukturen anwendbar sind. Nicht anwendbar ist Artikel 24 (Stabilisierungs- und Abwicklungsplanung), da die darin vorgesehenen Kom7517

petenzen der FINMA wiederum der Weisungsfreiheit der SNB zuwiderlaufen würden.

Da solche Finanzmarktinfrastrukturen keine allgemeinen Voraussetzungen und Pflichten nach Artikel 4 ff. zu erfüllen haben, muss die SNB die Möglichkeit haben, in der NBV an sie entsprechende Anforderungen (z. B. betreffend Organisation und Auslagerungen) zu stellen, die den internationalen Standards Rechnung tragen.

Abs. 4 Aus Gründen des Kundenschutzes darf sich eine bewilligungspflichtige Finanzmarktinfrastruktur erst ins Handelsregister eintragen lassen, wenn sie von der FINMA die Bewilligung erhalten hat. Dies gilt auch für Änderungen der Bewilligungsvoraussetzungen.

Art. 5

Bewilligungsvoraussetzungen

Anspruch auf die Bewilligung hat, wer die Voraussetzungen dieses Abschnitts und die für die einzelnen Finanzmarktinfrastrukturen anwendbaren zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Vorgaben orientieren sich an der geltenden Regelung, am europäischen Recht und an den PFMI. Letztere sehen vor allem Vorgaben vor für die Bereiche Organisation, Risikomanagement, Abwicklung, Ausfallfolgen, Zugang, Effizienz und Transparenz.

Grundsätzlich hat die Finanzmarktinfrastruktur die Bewilligungsvoraussetzungen jederzeit zu erfüllen und den Anforderungen während ihrer gesamten Geschäftstätigkeit zu genügen. Bewilligungsvoraussetzungen, die aus praktischen Gründen effektiv erst mit der Ausübung der Tätigkeit erfüllt werden können, muss die Finanzmarktinfrastruktur zumindest erfüllen können. Eine genaue Trennung der Bewilligungsvoraussetzungen, die bei der Errichtung einer Finanzmarktinfrastruktur zu erfüllen sind, und der Anforderungen, denen bei der Ausübung der Geschäftstätigkeit zu genügen ist, ist nicht möglich.

Art. 6

Zusätzliche Anforderungen an systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen

Systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen müssen zur Absicherung der von ihnen ausgehenden Risiken für die Stabilität des Finanzsystems wie nach geltendem Recht zusätzlich von der SNB definierte Anforderungen (Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten) erfüllen (Art. 23). Betreffend die Definition von systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen und deren Bezeichnung durch die SNB vgl.

Artikel 22, zum Bewilligungsverfahren vgl. die Erläuterungen zu Artikel 25.

Art. 7

Änderung der Tatsachen

Die Bewilligungsvoraussetzungen müssen dauernd eingehalten werden. Die Finanzmarktinfrastruktur hat der FINMA daher die Änderung von Tatsachen zu melden, die der Bewilligung oder der Genehmigung zugrunde liegen. Sind die Änderungen von wesentlicher Bedeutung, so hat die Finanzmarktinfrastruktur für die Weiterführung der Tätigkeit vorgängig die Bewilligung oder Genehmigung der FINMA einzuholen. Eine vorgängige Bewilligung sämtlicher Änderungen wäre kaum praktikabel. Hat die Finanzmarktinfrastruktur keinen Einfluss auf die Änderung (bspw. bei Tod eines Gewährsträgers), so ist sie der FINMA raschmöglichst zu melden. Der 7518

Bundesrat oder die FINMA werden näher bestimmen, welche Änderungen von wesentlicher Bedeutung sind.

Art. 8

Organisation

Abs. 1 Eine Finanzmarktinfrastruktur muss eine juristische Person nach schweizerischem Recht sein. Natürliche Personen und Personengesellschaften sind grundsätzlich nicht geeignet, die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Pflichten einer Finanzmarktinfrastruktur sicherzustellen. Der statutarische Sitz einer Finanzmarktinfrastruktur muss in der Schweiz liegen. Ausländische Finanzmarktinfrastrukturen werden vom FinfraG nur im Ausnahmefall erfasst (vgl. Art. 41, 60 und 80). Auch die Hauptverwaltung der Finanzmarktinfrastruktur muss in der Schweiz ausgeübt werden, nicht jedoch notwendigerweise am Ort des Sitzes. Verlegt die Finanzmarktinfrastruktur ihre Hauptverwaltung ins Ausland, so hat dies einen Bewilligungsentzug zur Folge, da diesfalls die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten nicht mehr gewährleistet wäre.

Abs. 2 Die Finanzmarktinfrastruktur muss angemessene Regeln zur Unternehmensführung verfügen und so organisiert sein, dass sie die gesetzlichen Pflichten erfüllen kann.

Sie muss namentlich besondere Organe für die Geschäftsführung einerseits und für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle anderseits bestimmen und die Befugnisse zwischen diesen Organen so abgrenzen, dass eine sachgemässe und unabhängige Überwachung der Geschäftsführung gewährleistet ist. Sie legt die Aufgaben und Kompetenzen in den Statuten und im Organisationsreglement fest.

Abs. 3 Es ist unter dem Gesichtspunkt der Stabilität des Finanzsystems und des Kundenschutzes von zentraler Bedeutung, dass eine Finanzmarktinfrastruktur die Risiken, denen sie ausgesetzt ist (bspw. das Kreditrisiko, das Liquiditätsrisiko oder das operationelle Risiko), identifiziert, misst, steuert und überwacht. Der Bundesrat wird die Bestimmung konkretisieren.

Art. 9

Gewähr

Diese Bestimmung übernimmt im Wesentlichen die im BankG enthaltenen Gewährsanforderungen. Hervorzuheben ist, dass auch die Finanzmarktinfrastruktur selbst Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung bieten muss. Dies war in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b BEHG für Börsen bereits ausdrücklich geregelt und im Bankenbereich etablierte Bewilligungspraxis der FINMA. Eine Finanzmarktinfrastruktur bietet beispielsweise dann keine Gewähr, wenn ihr Verwaltungsrat so zerstritten ist, dass er seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann.

Neu wird aus Gründen der Klarheit ausdrücklich festgehalten, dass die fachliche Qualifikation jeweils von einer einzelnen Person entsprechend ihrer Funktion und Verantwortung und insgesamt vom jeweiligen Gremium als Ganzes vorausgesetzt wird.

7519

Art. 10

Nebendienstleistungen

Abs. 1 Eine juristische Person darf grundsätzlich nur eine Finanzmarktinfrastruktur betreiben. Damit soll verhindert werden, dass sich die Destabilisierung einer Finanzmarktinfrastruktur auf eine von der gleichen juristischen Person ausgeübte andere Finanzmarktinfrastruktur ausweiten kann oder dass sich Probleme bei der Verantwortlichkeitsabgrenzung ergeben. Dies schliesst nicht aus, dass innerhalb einer Unternehmensgruppe mehrere Finanzmarktinfrastrukturen betrieben werden.

Von dieser Regelung ausgenommen ist der Betrieb eines oder mehrerer multilateraler Handelssysteme durch eine Börse. Diese Finanzmarktinfrastrukturen können ohnehin nicht systemisch bedeutsam sein und unterscheiden sich lediglich darin, dass eine Börse Effekten kotiert, während ein multilaterales Handelssystem diese ohne Kotierung zum Handel zulässt. Ohne Weiteres zulässig ist der Betrieb eines Effektenabwicklungssystems und einer zentralen Verwahrstelle durch einen Zentralverwahrer. Dies ist keine Ausnahme zur vorliegenden Bestimmung, da Effektenabwicklungssysteme und zentrale Verwahrstellen nicht als eigenständige Finanzmarktinfrastrukturen gelten (vgl. Art. 61).

Abs. 2 Die Ausübung einer Nebendienstleistung, für die nach den Finanzmarktgesetzen eine Bewilligung oder Genehmigung eingeholt werden muss, bedarf einer entsprechenden Bewilligung oder Genehmigung der FINMA und der Einhaltung der zusätzlichen Bewilligungsvoraussetzungen. Die Bewilligung als Finanzmarktinfrastruktur beinhaltet mit anderen Worten keine Bewilligung für nach anderen Finanzmarktgesetzen bewilligungspflichtige Tätigkeiten.

Abs. 3 Die Ausübung von nach den übrigen Finanzmarktgesetzen oder dem FinfraG nicht bewilligungs- oder genehmigungspflichtigen Nebendienstleistungen ist der Finanzmarktinfrastruktur grundsätzlich erlaubt. Geht mit diesen Nebendienstleistungen indessen ein erhöhtes Risiko einher, so kann die FINMA deren Ausübung von der Umsetzung organisatorischer Massnahmen oder der Bereitstellung zusätzlicher Eigenmittel und ausreichender Liquidität abhängig machen. Als nicht bewilligungspflichtige Nebendienstleistung gilt insbesondere der Betrieb eines organisierten Handelssystems durch eine Börse oder ein multilaterales Handelssystem (vgl.

Art. 43 Abs. 1).

Art. 11

Auslagerungen

Abs. 1 Will eine Finanzmarktinfrastruktur wesentliche Dienstleistungen, wie das Risikomanagement auslagern, so bedarf dies der vorgängigen Genehmigung der FINMA.

Damit soll verhindert werden, dass bewilligungspflichtige Tätigkeiten von nicht adäquat beaufsichtigten Dritten ausgeübt werden. Wesentliche Dienstleistungen sind die für die jeweilige Finanzmarktinfrastruktur charakteristischen Dienstleistungen, welche unmittelbar mit ihrer Geschäftstätigkeit zusammenhängen. Die wesentlichen Dienstleistungen sind nicht für alle Finanzmarktinfrastrukturen dieselben. Der Bundesrat wird die Bestimmung konkretisieren.

7520

Handelt es sich um eine von der SNB als systemisch bedeutsam bezeichnete Finanzmarktinfrastruktur, so hat die FINMA vorgängig die SNB anzuhören.

Abs. 2 Um Probleme der Verantwortlichkeitsabgrenzung zu vermeiden, hat die Finanzmarktinfrastruktur in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Dienstleistungserbringer (Auslagerungsvertrag) die gegenseitigen Rechte und Pflichten klar zu regeln.

Abs. 3 Lagert eine Finanzmarktinfrastruktur Dienstleistungen aus, so bleibt sie für die Erfüllung der Pflichten aus diesem Gesetz aufsichtsrechtlich verantwortlich.

Art. 12

Mindestkapital

Die Bestimmung entspricht materiell Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b BankG und gilt neu auch für Börsen. Für zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer wird damit geltendes Recht fortgeführt.

Art. 13

Geschäftskontinuität

Abs. 1 Bereits kurzfristige Ausfälle der Dienstleistungen und Funktionen einer Finanzmarktinfrastruktur können erhebliche Auswirkungen auf ihre Teilnehmer, andere Finanzmarktinfrastrukturen sowie die Finanzmärkte haben. Im Rahmen ihres Geschäftskontinuitätsmanagement (Business Continuity Management) hat eine Finanzmarkinfrastruktur daher über ihren ganzen Lebenszyklus hinweg bis zu ihrer Liquidation die Instrumente und Prozesse vorzusehen, damit sie ihren Geschäftsbetrieb sowie insbesondere ihre systemisch bedeutsamen Prozesse und Funktionen bei Schadenereignissen oder Krisen aufrechterhalten oder zeitgerecht wiederherstellen kann.

Abs. 2 Eine Finanzmarktinfrastruktur muss in der Lage sein, bei Entzug oder Rückgabe ihrer Bewilligung die Vermögenswerte und Positionen ihrer Teilnehmer zeitnah übertragen oder abwickeln zu können.

Art. 14

Informationstechnische Systeme

Abs. 1 Finanzmarktinfrastrukturen sind im Rahmen ihrer Tätigkeiten bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen auf komplexe technische Systeme angewiesen. Die Systeme von Finanzmarktinfrastrukturen sind dabei in der Regel mit denjenigen ihrer Teilnehmer sowie mit anderen Finanzmarktinfrastrukturen vernetzt. Über sie werden eine grosse Anzahl Finanztransaktionen ausgeführt, abgerechnet und abgewickelt.

Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass sie über IT-Systeme verfügen, welche robust sind und zuverlässig funktionieren. Robuste IT-Systeme bilden auch eine zentrale Grundlage dafür, dass eine Finanzmarktinfrastruktur ihre Geschäftstätigkeit bei unvorhergesehenen Schadenereignissen oder Krisen möglichst reibungslos fortsetzen kann.

7521

Abs. 2 Eine Finanzmarktinfrastruktur speichert und verarbeitet eine Vielzahl an Informationen ihrer Teilnehmer und deren Transaktionen. Sie hat daher Vorkehrungen zum Schutz der Integrität und Vertraulichkeit dieser Informationen zu treffen.

Art. 15

Finanzgruppen

Abs. 1 Ist eine Finanzmarktinfrastruktur Teil einer Finanzgruppe, so kann die FINMA ihre Bewilligung vom Bestehen einer angemessenen konsolidierten Aufsicht durch eine Finanzmarktaufsichtsbehörde abhängig machen. Die Bestimmung entspricht sinngemäss Artikel 3b BankG.

Abs. 2 Absatz 2 enthält eine für Finanzmarktinfrastrukturen leicht modifizierte Definition der Finanzgruppe nach Artikel 3c Absatz 1 BankG.

Abs. 3 Die Artikel 3d­3g BankG finden sinngemäss Anwendung auf Finanzgruppen nach diesem Gesetz. Besonders hervorzuheben ist dabei Artikel 3d Absatz 2 BankG.

Dieser bestimmt im Sinne des Territorialitätsprinzips, dass sich die FINMA, unter Wahrung ihrer Kompetenzen, mit anderen ausländischen Behörden verständigt, falls diese ebenfalls die vollständige oder teilweise Aufsicht über die Finanzgruppe oder das Finanzkonglomerat beanspruchen.

Art. 16

Schutz vor Verwechslung und Täuschung

Die Bestimmung bezweckt den Schutz der Anlegerinnen und Anleger sowie der Gläubigerinnen und Gläubiger vor Verwechslungen und Täuschungen, die sich im Zusammenhang mit der Bezeichnung von Anbietern von Finanzdienstleistungen ergeben können. Die aufgeführten Bezeichnungen dürfen in dieser Hinsicht nur von einer nach diesem Gesetz entsprechend bewilligten Finanzmarktinfrastruktur verwendet werden. Die Bestimmung ist Artikel 1 Absatz 4 BankG und Artikel 12 des Kollektivanlagengesetzes vom 23. Juni 200630 (KAG) nachgebildet.

Art. 17

Auslandgeschäft

Die Meldepflicht soll es der FINMA ermöglichen, ihre Aufsichtstätigkeit wahrzunehmen und allfällige Risiken für die Finanzmarktinfrastruktur einzuschätzen . Die Meldepflicht gilt auch bei wesentlicher Änderung der Präsenz im Ausland. Eine ähnliche Meldepflicht ist heute bereits in Artikel 12 BEHV und in Artikel 3 Absatz 7 BankG statuiert.

30

SR 951.31

7522

Art. 18

Diskriminierungsfreier und offener Zugang

Abs. 1 Die Finanzmarktinfrastruktur wird ­ in Anlehnung an Artikel 24 NBV ­ verpflichtet, den Teilnehmern einen diskriminierungsfreien und offenen Zugang zu ihren Dienstleistungen zu gewähren. Dadurch sollen der Wettbewerb zwischen den Finanzmarktinfrastrukturen gefördert, die effiziente Dienstleistungserbringung gesteigert und überhöhte Kosten für die Teilnehmerinnen und -teilnehmer ­ welche teilweise von Gesetzes wegen verpflichtet werden, die Dienstleistungen von Finanzmarktinfrastrukturen in Anspruch zu nehmen ­ vermieden werden. Der diskriminierungsfreie Zugang ist namentlich dann nicht gewährleistet, wenn zu hohe oder sachlich nicht gerechtfertigte Anforderungen oder überhöhte Preise für die Nutzung der angebotenen Dienstleistungen verlangt werden.

Abs. 2 Die Beschränkung des Zugangs für einzelne Personen zu den Dienstleistungen ist zulässig, sofern dadurch die Sicherheit oder die Effizienz der Finanzmarktinfrastruktur gesteigert wird und diese Wirkung durch andere Massnahmen nicht erreicht werden kann (Bst. a) oder die Eigenschaften des möglichen Teilnehmers den Geschäftsbetrieb der Finanzmarktinfrastruktur oder ihrer Teilnehmer gefährden könnten (Bst. b). Die Finanzmarktinfrastruktur kann die Teilnahme von der Erfüllung von operationellen, technischen, finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen abhängig machen.

Die Finanzmarktinfrastrukturen haben die Anforderungen für den Zugang zu ihren Dienstleistungen und die Preise ihrer Dienstleistungen öffentlich bekannt zu machen (vgl. Art. 21).

Art. 19

Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten

Das Gesetz legt für alle Finanzmarktinfrastrukturen einheitlich fest, dass sie sämtliche von ihnen erbrachten Dienstleistungen, die angewendeten Verfahren und Prozesse sowie die ausgeübten Tätigkeiten aufzeichnen und während mindestens zehn Jahren aufbewahren müssen. Durch diese Anforderung sollen die Vorgänge im Zusammenhang mit der Durchführung der spezifischen Dienstleistungen einer Finanzmarktinfrastruktur nachvollziehbar gemacht werden.

Die Bestimmung tritt zusätzlich neben allfällige Vorschriften, welche sich aus dem OR ergeben.

Art. 20

Vermeidung von Interessenkonflikten

Der Betrieb einer Finanzmarktinfrastruktur kann Interessenkonflikte mit sich führen, welchen mit wirksamen Massnahmen zu begegnen ist. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn eine Finanzmarktinfrastruktur Teil eines Konzerns ist oder direkt oder indirekt von Teilnehmern gehalten wird. Die Bestimmung dient vorab dem Anlegerschutz.

Art. 21

Veröffentlichung wesentlicher Informationen

Eine Finanzmarktinfrastruktur hat die für ihre Teilnehmer, die Emittenten und die Öffentlichkeit wesentlichen Informationen wie ihre Organisation, die Voraussetzun7523

gen für die Teilnahme oder die Rechte und Pflichten der Teilnehmer und Emittenten zu veröffentlichen. Dadurch soll den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern ermöglicht werden, sich über die Finanzmarktinfrastruktur zu informieren und die mit der Teilnahme verbundenen Risiken besser einzuschätzen. Gestützt auf diese Bestimmung hat eine Börse die Gesellschaften zu bezeichnen, für welche die Angebotspflicht nach Artikel 132 nicht gilt oder die den Grenzwert auf über 33 Prozent angehoben haben. Diese Pflicht ergab sich bis anhin aus Artikel 5 Absatz 3 BEHG.

2. Abschnitt: Besondere Anforderungen für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen Allgemeines Basierend auf den CPSS-Grundsätzen vom Januar 2001 ist nach geltendem Recht die SNB als Zentralbank für die Überwachung systemisch bedeutsamer Zahlungsund Effektenabwicklungssysteme zuständig und kann an sie nach Artikel 20 Absatz 2 NBG zur Absicherung der von ihnen ausgehenden Risiken für die Stabilität des Finanzsystems Mindestanforderungen stellen. Die Mindestanforderungen können insbesondere die sechs Regelungsgegenstände Organisationsgrundlagen, Geschäftsbedingungen, operationelle Sicherheit, Zulassung von Teilnehmern, Folgen von Erfüllungsschwierigkeiten von Teilnehmern und verwendete Zahlungsmittel betreffen.31 Darüber hinaus kann die FINMA als Finanzmarktaufsichtsbehörde solche Systeme dem BankG oder dem BEHG unterstellen (vgl. Ziff. 1.1.2.1). Neu sehen die PFMI vom April 2012 vor, dass Finanzmarktinfrastrukturen generell namentlich Vorgaben in den Bereichen Organisation, Risikomanagement, Abwicklung, Ausfallfolgen, Zugang, Effizienz und Transparenz zu erfüllen haben. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist von der Zentralbank oder einer Finanzmarktaufsichtsbehörde zu überwachen beziehungsweise zu beaufsichtigen.

Mit dem FinfraG erfolgt eine einheitliche Regulierung aller Finanzmarktinfrastrukturen in einem einzigen Gesetz und es sollen grundsätzlich sämtliche Finanzmarktinfrastrukturen der Bewilligung und Aufsicht durch die FINMA unterstellt werden (vgl. Ziff. 1.2.2). Finanzmarktinfrastrukturen haben die Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten in Artikel 8 ff. sowie die Bestimmungen, welche in den für die einzelnen Finanzmarktinfrastrukturen einschlägigen Kapiteln festgehalten sind, einzuhalten.

Als systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen kommen nur zentrale Gegenparteien (Art. 48 ff.), Zentralverwahrer (Art. 61 ff.) und Zahlungssysteme (Art. 81 f.) in Frage. Börsen und andere Handelsplätze fallen nicht in Betracht, da sie regelmässig kein Gegenparteirisiko tragen und ihre Dienstleistungen substituierbar sind. Eine derartige Unterscheidung trifft die Mehrheit der Rechtsordnungen.

Künftig unterstehen systemisch bedeutsame zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer (vgl. Art. 4 Abs. 1) sowie systemisch bedeutsame Zahlungssysteme (vgl. die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 2) zwingend
der Institutsaufsicht durch die FINMA.

Diese wacht über die Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten (vgl. Art. 83 Abs. 2). Komplementär hinzu tritt die bereits bisher durch die SNB 31

BBl 2002 6097, hier 6221 f.

7524

ausgeübte Systemüberwachung (vgl. Art. 83 Abs. 1). Entsprechend werden die grundlegenden Anforderungen an systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen in Artikel 8 ff. sowie in den für die einzelnen Finanzmarktinfrastrukturen einschlägigen Kapiteln festgehalten. Während im ersten Abschnitt bereits Anforderungen beispielsweise an Organisation und Gewähr, Mindestkapital und Risikomanagement gestellt werden, finden sich in den einschlägigen Kapiteln für zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer etwa auch Vorgaben zu den vertraglichen Grundlagen, zur Liquidität und den verwendeten Zahlungsmitteln. Zusätzlich kann die SNB, wie heute, nach Artikel 23 an systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen besondere Anforderungen stellen. Die Bestimmungen dieses Abschnitts definieren demnach den Begriff der systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen und regeln ­ ergänzt durch Verordnungsbestimmungen der SNB (vgl. Art. 23 Abs. 3) ­ die besonderen Anforderungen, die an sie gestellt werden. Sie bezwecken, die von systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen ausgehenden Risiken für die Stabilität des Finanzsystems zu vermindern, die Fortführung systemisch bedeutsamer Geschäftsprozesse zu gewährleisten und staatliche Interventionen zu vermeiden.

Art. 22

Systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen und Geschäftsprozesse

Die Definition der systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen und Geschäftsprozesse entspricht inhaltlich den geltenden Artikeln 20 und 20a NBV.

Die SNB berücksichtigt bei der Beurteilung der Frage, ob eine zentrale Gegenpartei, ein Zentralverwahrer oder ein Zahlungssystem systemisch bedeutsam ist, insbesondere folgende Kriterien, die auch in den PFMI aufgeführt sind (vgl. Art. 20 Abs. 2 NBV): ­

die Geschäfte, die über die Finanzmarktinfrastruktur abgerechnet oder abgewickelt werden, namentlich ob es sich um Devisen-, Geldmarkt-, Kapitalmarkt- oder Derivatgeschäfte handelt oder um Geschäfte, welche die Umsetzung der Geldpolitik unterstützen;

­

die Transaktionsvolumina und -beträge, die über die Finanzmarktinfrastruktur abgerechnet oder abgewickelt werden;

­

die Währungen, in denen Geschäfte über die Finanzmarktinfrastruktur abgerechnet oder abgewickelt werden;

­

die Anzahl, der Nominalwert und die Emissionswährung der zentral verwahrten Finanzinstrumente;

­

die Anzahl und die Art der Teilnehmer;

­

die Verbindungen mit anderen Finanzmarktinfrastrukturen;

­

die Möglichkeit der Teilnehmer, für die Abrechnung und Abwicklung von Geschäften kurzfristig auf eine andere Finanzmarktinfrastruktur oder alternative Abrechnungs- und Abwicklungsverfahren auszuweichen und die damit verbundenen Risiken;

­

die mit dem Betrieb der Finanzmarktinfrastruktur verbundenen Kredit- und Liquiditätsrisiken.

7525

Art. 23

Besondere Anforderungen

Abs. 1­3 Wie nach geltendem Recht (vgl. Art. 20 NBG) müssen systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen zur Absicherung der von ihnen ausgehenden Risiken für die Stabilität des Finanzsystems besondere Anforderungen erfüllen. Die SNB wird die Einzelheiten wie bisher in einer Verordnung regeln und dazu die mitinteressierten Verwaltungseinheiten sowie die interessierten Kreise ausserhalb der Verwaltung anhören. Die besonderen Anforderungen müssen international anerkannten Standards Rechnung tragen. Sie können die vertraglichen Grundlagen (Zulassung und Ausschluss von Teilnehmern, Rechte und Pflichten des Betreibers und der Teilnehmer, Regeln und Verfahren für den Betrieb einer Finanzmarktinfrastruktur usw.), die verwendeten Zahlungsmittel, das Risikomanagement (insb. das Management von Kredit-, Liquiditäts-, Verwahrungs-, Anlage- und operationellen Risiken sowie von Risiken aus indirekter Teilnahme und aus Verbindungen zwischen Finanzmarktteilnehmern), die Geschäftskontinuität und die informationstechnischen Systeme (insb.

die Rechenzentren und das Informationssicherheitsmanagement) betreffen. Die SNB kann demnach unter dem Blickwinkel des Systemschutzes bei diesen Regelungsgegenständen über die im FinfraG und den Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Regelungen hinausgehen, indem sie beispielsweise festlegt, dass die von systemisch bedeutsamen zentralen Gegenparteien zu verlangenden Sicherheiten mit Blick auf den Ausfall von mehr als einem Teilnehmer zu bemessen sind (vgl. Art. 28b Abs. 3 NBV gegenüber Art. 49 Abs. 2 Bst. c). Umgekehrt erübrigen sich die zurzeit verschiedentlich in der NBV vorgesehenen Kollisionsregen, wonach Regelungen in der NBV keine Anwendung finden, falls der Betreiber einer Finanzmarktinfrastruktur durch die FINMA beaufsichtigt ist und dadurch denselben Anforderungen untersteht: Künftig unterstehen systemisch bedeutsame zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer (vgl. Art. 4 Abs. 1) sowie systemisch bedeutsame Zahlungssysteme (vgl. die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 2) zwingend der Institutsaufsicht durch die FINMA sowie den grundlegenden Anforderungen des FinfraG und der Ausführungsbestimmungen.

Geht die SNB bei den in Absatz 2 abschliessend aufgezählten Regelungsgegenständen über die allgemein vorgesehenen Bewilligungsvoraussetzungen und Pflichten hinaus, so werden
letztere von den besonderen Anforderungen konsumiert. Die SNB muss aber darlegen können, dass die Anforderungen nach Art und Umfang für den in Absatz 1 festgelegten Zweck, die Stabilität des Finanzsystems zu schützen, notwendig sind (Grundsatz der Verhältnismässigkeit).32 Nicht unter die Regelungsgegenstände im zweiten Absatz fallen namentlich die Gewähr (Art. 9), Nebendienstleistungen (Art. 10), Auslagerungen (Art. 11), das Mindestkapital (Art. 12), der Schutz vor Verwechslung und Täuschung (Art. 16), das Auslandsgeschäft (Art. 17) und die Vermeidung von Interessenkonflikten (Art. 20).

Handelt es sich um eine von der SNB (oder in ihrem Auftrag) betriebene Finanzmarktinfrastruktur nach Artikel 4 Absatz 3, kann die SNB nebst den besonderen Anforderungen nach Artikel 23 auch weitere Anforderungen stellen, wie beispielsweise an die Organisation, das Mindestkapital und an Auslagerungen, um internationalen Standards Rechnung zu tragen.

32

BBl 2002 6097, hier 6222

7526

Abs. 4 Gemäss Artikel 19 Absatz 2 NBG fallen auch systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen mit Sitz im Ausland unter die Überwachung der SNB. Wie bis anhin (vgl. Art. 21 NBV) kann die SNB diese jedoch von der Einhaltung der besonderen Anforderungen befreien, wenn sie im Ausland einer gleichwertigen Aufsicht und Überwachung unterliegen und die für die Aufsicht und Überwachung zuständigen Behörden mit der SNB nach Artikel 21 Absatz 2 NBG zusammenarbeiten. Dabei ist davon auszugehen, dass diese Zusammenarbeit in der Regel auch weiterhin in einem sogenannten Memorandum of Understandig (MoU) geregelt wird. Eine allfällige Befreiung gilt auch hinsichtlich Artikel 24.

Art. 24

Stabilisierungs- und Abwicklungsplanung

Allgemeines Im Gesetz wird verankert, dass systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen und die FINMA ­ analog den Bestimmungen für systemrelevante Banken ­ Planungen, Instrumente und Massnahmen vorzusehen haben, die im Falle von Krisen oder der drohenden Insolvenz einer Finanzmarktinfrastruktur deren Stabilisierung oder ­ falls diese scheitert ­ die Sanierung oder geordnete Abwicklung ermöglichen sowie die Weiterführung ihrer systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse gewährleisten.

Die Bestimmung stellt eine spezielle, auf Gesetzesstufe verankerte Anforderung für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen dar. Der in Absatz 1 geforderte Stabilisierungsplan (recovery plan) entspricht den Anforderungen in Artikel 26 NBV nach geltendem Recht. Der in jener Bestimmung ebenfalls geforderte Plan, um die systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse bei einer freiwilligen Geschäftsaufgabe geordnet beenden zu können (orderly wind down plan), bleibt als besondere Anforderung nach Artikel 23 FinfraG ebenfalls bestehen. Es handelt sich in beiden Fällen somit um keine neuen Anforderungen.

Abs. 1 Der Stabilisierungsplan dient der Vorbereitung einer Stabilisierung der systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastruktur. Ziel des Plans ist die eigenständige Fortführung der Geschäftstätigkeit, namentlich die ununterbrochene Fortführung der systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse. Der Plan soll aufzeigen, wie die Finanzmarktinfrastruktur beispielsweise bei systemweiten oder institutsbezogenen Kapital- oder Liquiditätsproblemen die erforderliche Finanzkraft wiedererlangen kann. Er hat Szenarien darzulegen, mittels derer die Finanzmarktinfrastruktur die Implementierung von eigenständigen Stabilisierungsmassnahmen prüft und plant.

Der Stabilisierungsplan hat derartige Szenarien sowohl für marktweite als auch für institutsbezogene Kapital- und Liquiditäts-Stress-Situationen vorzusehen. Dabei hat die Finanzmarktinfrastruktur relevante Vorgaben zuständiger ausländischer Aufsichtsbehörden und Zentralbanken zu berücksichtigen. Sie reicht den Stabilisierungsplan der FINMA ein (vgl. Abs. 3). Die FINMA hat den Plan zu genehmigen.

Diese Genehmigung bedarf der Anhörung der SNB (vgl. Art. 25 Abs. 4).

Abs. 2 Der Abwicklungsplan dient der Vorbereitung einer Sanierung oder Liquidation der Finanzmarkinfrastruktur durch die FINMA. Die FINMA ist alleine für die Sanierung oder Liquidation zuständig und erstellt den Abwicklungsplan, hört aber die SNB 7527

zum Plan an. Die systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur hat der FINMA die für den Plan erforderlichen Informationen und Daten einzureichen (vgl. Abs. 3).

Der Abwicklungsplan soll aufzeigen, wie bei einer massiven finanziellen, marktoder branchenweiten oder institutsbezogenen Krise die systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse weitergeführt oder geordnet beendet werden können. Er kommt zum Tragen, nachdem allfällige Stabilisierungsmassnahmen keine Verbesserung bewirkt haben. Ausgangspunkt für den Abwicklungsplan ist damit, dass die Geschäftstätigkeit der Finanzmarktinfrastruktur nicht mehr unverändert fortgesetzt werden kann. Im Unterschied zum Bankenrecht wird nicht zwischen Notfallplan und Abwicklungsplan unterschieden. Der Abwicklungsplan enthält die Elemente des Notfallplans, welche aufzeigen, wie die für die Schweizer Märkte systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse weitergeführt werden können.

Abs. 3 Die systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur hat der FINMA nebst dem Stabilisierungsplan auch die für die Erstellung des Abwicklungsplans erforderlichen Informationen und Daten einzureichen. Genaueres zu den Fristigkeiten bestimmt die Verordnung.

Abs. 4 Um die Wirksamkeit der Abwicklungsplanung proaktiv zu erhöhen, sind die im Plan vorgesehenen Massnahmen von den Finanzmarktinfrastrukturen vorbereitend umzusetzen, soweit dies für die ununterbrochene Weiterführung der systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse notwendig ist. Die FINMA räumt dazu entsprechende Fristen ein.

3. Abschnitt: Bewilligungsverfahren Art. 25 Abs. 1 Als systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen kommen nur zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme in Frage (vgl. Art. 22).

Damit die SNB beurteilen kann, ob eine dieser Finanzmarktinfrastrukturen systemisch bedeutsam ist, hat die FINMA die SNB über entsprechende Bewilligungsgesuche zu informieren. Daran schliesst sich eine Anhörung der FINMA durch die SNB zur möglichen systemischen Bedeutsamkeit der Finanzmarktinfrastruktur an (Abs. 2). Hier entscheidet die SNB, ob die Finanzmarktinfrastruktur systemisch bedeutsam ist oder ob sie noch Zeit zur Beantwortung dieser Frage benötigt. Stellt sie bereits hier fest, dass der Finanzmarktinfrastruktur aus ihrer Sicht keine systemische Bedeutsamkeit zukommt, wird das Verfahren ohne weitere Einbindung der SNB fortgesetzt (Abs. 5). Die erwähnten Finanzmarktinfrastrukturen haben gegenüber der SNB eine Auskunftspflicht (vgl. Art. 20 Abs. 1 NBG).

Abs. 2 Die SNB hat in der Folge durch Verfügung festzustellen, ob die gesuchstellende Finanzmarktinfrastruktur systemisch bedeutsam im Sinne von Artikel 22 Absatz 1 ist, und zu bezeichnen, welche Geschäftsprozesse nach Artikel 22 Absatz 2 systemisch bedeutsam sind. Sie hört dazu jeweils die FINMA an. Ausserdem hat die SNB 7528

festzulegen, welche der besonderen Anforderungen nach Artikel 23 die einzelne systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur erfüllen muss, und in der Verfügung festzustellen, ob sie diese Anforderungen erfüllt oder erfüllen kann.

Abs. 3 Erfüllt die systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur die besonderen Anforderungen, so teilt die SNB dies der FINMA mit. Bei Vorliegen der allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen (vgl. Art. 5) erteilt die FINMA die Bewilligung. In der Praxis wird diese Prüfung in der Regel parallel zum Prüfungsverfahren der SNB gemäss Absatz 2 erfolgen und die beiden Behörden sprechen sich ab.

Die FINMA darf die Bewilligung nur erteilen, wenn die systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur sämtliche Bewilligungsvoraussetzungen und die besonderen Anforderungen nach den Artikeln 23 und 24 erfüllt (vgl. Art. 6). Eine allfällige Bewilligungsverfügung durch die FINMA hat festzuhalten, dass die Finanzmarktinfrastruktur von der SNB als systemisch bedeutsam eingestuft wird und daher auch die von der SNB bezeichneten besonderen Anforderungen nach Artikel 23 einzuhalten hat.

Abs. 4 Ferner hat die FINMA den Stabilisierungsplan nach Artikel 24 zu genehmigen. Da der Stabilisierungsplan für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen von besonderer Bedeutung ist, bedarf die Genehmigung der vorgängigen Anhörung der SNB.

Abs. 5 Gelangt die SNB zum Schluss, dass eine zentrale Gegenpartei, ein Zentralverwahrer oder ein Zahlungssystem nicht systemisch bedeutsam ist, so teilt sie dies der FINMA mit. Die FINMA erteilt die Bewilligung, wenn die allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen nach Artikel 5 erfüllt sind.

Abs. 6 Das in den Absätzen 1­5 umschriebene Bewilligungsverfahren findet sinngemäss Anwendung auf Anerkennungsgesuche von ausländischen zentralen Gegenparteien (vgl. Art. 60). In Bezug auf ausländische Zentralverwahrer und Zahlungssysteme erübrigt sich eine Regelung, da diesfalls keine Anerkennung vorgesehen ist.

2. Kapitel: Handelsplätze und organisierte Handelssysteme Allgemeines Im Gegensatz zur Schweiz, welche nach geltendem Recht zwischen Börsen und börsenähnlichen Einrichtungen unterscheidet (vgl. Ziff. 1.1.2.1), sehen MiFID II und MiFIR eine sehr detaillierte Dreiteilung der Plattformen vor: Unterschieden wird zwischen dem geregelten Markt, dem multilateralen Handelssystem und dem organisierten Handelssystem (vgl. auch Ziff. 1.4.3). Mit dem FinfraG wird diese Dreiteilung übernommen. Unterschieden wird demnach neu zwischen Börsen, multilateralen Handelssystemen und organisierten Handelssystemen.

7529

Börsen und multilaterale Handelssysteme werden dabei als eigenständige Finanzmarktinfrastrukturen unter dem Oberbegriff «Handelsplätze» (zu den Begriffen vgl.

die Erläuterungen zu Art. 26) einer Bewilligungspflicht und grundsätzlich derselben aufsichtsrechtlichen Regulierung unterstellt. Organisierte Handelssysteme können im Unterschied zu den Börsen und multilateralen Handelssystemen diskretionär sein und den bilateralen Handel ermöglichen (vgl. Art. 42). Sie werden zudem heute mit einer einzigen Ausnahme durch Banken und Effektenhändler betrieben, welche bereits über eine Bewilligung verfügen. Aus diesen Gründen werden sie nicht als eigenständige Finanzmarktinfrastrukturen erfasst, sondern ihr Betrieb wird grundsätzlich den Banken, Effektenhändlern, Börsen und multilateralen Handelssystemen vorbehalten und von der entsprechenden Bewilligung mitumfasst. Dem Betreiber eines organisierten Handelssystems werden jedoch gewisse spezifische Pflichten insbesondere betreffend Organisation und Transparenz auferlegt (vgl. Art. 43 ff.).

Im Ergebnis wird der sehr vage und im internationalen Vergleich nicht mehr aktuelle Begriff der börsenähnlichen Einrichtung durch die genauer definierten Begriffe des multilateralen Handelssystems und des organisierten Handelssystems ersetzt.

Damit wird die Rechtssicherheit für die Betroffenen erhöht, das Level-playing-field unter den Handelssystemen verbessert und eine Angleichung an internationale Verhältnisse vorgenommen. Durch eine differenzierte Regelung von Börsen und multilateralen Handelssystemen einerseits und organisierten Handelssystemen anderseits wird den Unterschieden der verschiedenen Handelssysteme angemessen Rechnung getragen und es erfolgt dennoch eine auf den Anlegerschutz ausgerichtete Regulierung. Insbesondere wird mit der Einführung von Transparenzvorschriften für multilaterale und organisierte Handelssysteme die Problematik von Dark Pools erfasst.

1. Abschnitt: Handelsplätze Art. 26

Begriffe

Abs. 1 Börsen und multilaterale Handelssysteme werden aus redaktionellen Gründen unter dem Oberbegriff «Handelsplätze» zusammengefasst.

Abs. 2 Die Definition der Börse wird beibehalten, jedoch klarer formuliert, um die Abgrenzung von multilateralen und organisierten Handelssystemen zu ermöglichen. Als Börse gilt demnach «eine Einrichtung zum multilateralen Handel von Effekten, an der Effekten kotiert werden und welche den gleichzeitigen Austausch von Angeboten unter mehreren Teilnehmern sowie den Vertragsabschluss nach nicht diskretionären Regeln bezweckt». Der Unterschied zwischen einer Börse und einem multilateralen Handelssystem liegt darin, dass Börsen Effekten kotieren. Multilaterale Handelssysteme lassen Effekten hingegen zum Handel zu, ohne sie zu kotieren. Für den Begriff der Kotierung sei auf Artikel 2 Buchstabe f verwiesen. Dabei ist zu beachten, dass Börsen Effekten in bestimmten Segmenten auch zum Handel zulassen können, ohne sie zu kotieren. Dies ist bei der SIX Swiss Exchange beispielsweise im sogenannten Sponsored Segment der Fall. Für die Abgrenzung zum organisierten Handelssystem vgl. die Erläuterungen zu Artikel 42.

7530

Abs. 3 Als multilaterales Handelssystem gilt «eine Einrichtung zum multilateralen Handel von Effekten, die den gleichzeitigen Austausch von Angeboten unter mehreren Handelsteilnehmern sowie den Vertragsabschluss nach nicht diskretionären Regeln bezweckt ohne Effekten zu kotieren». Wie bereits erwähnt, kotiert ein multilaterales Handelssystem im Gegensatz zur Börse keine Effekten. Im Gegensatz zu einem organisierten Handelssystem sieht ein multilaterales Handelssystem immer nur multilateralen Handel vor ­ und nie bilateralen Handel ­ und bezweckt Vertragsabschlüsse stets nach nicht diskretionären Regeln. Als multilateral gilt der Handel, wenn die Handelsteilnehmer gleichzeitig auf ein bestimmtes Angebot eintreten können. Ob eine zentrale Gegenpartei in den Vertrag eintritt, ist für die Beurteilung der Frage, ob multilateraler oder bilateraler Handel vorliegt, unerheblich.

Art. 27

Selbstregulierung

Abs. 1 Das im BEHG verankerte Prinzip der Selbstregulierung (vgl. Art. 4 BEHG) wird grundsätzlich beibehalten. Dies bedeutet, dass die Handelsplätze ­ unter Vorbehalt der im FinfraG und den entsprechenden Ausführungsbestimmungen statuierten Vorgaben sowie unter Aufsicht der FINMA ­ eine eigene ihrer Tätigkeit angemessene Regulierungs- und Überwachungsorganisation sicherzustellen haben. Dies ermöglicht es den Handelsplätzen, sich rasch an internationale Entwicklungen und die Bedürfnisse des Marktes anzupassen.

Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Selbstregulierung international zu bewähren hat. Die Grenzen der Selbstregulierung werden daher im FinfraG konkreter aufgezeigt. Insbesondere wird neu ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Selbstregulierung unter der Aufsicht der FINMA erfolgt. Diese hat darauf zu achten, dass die zuständige Stelle die gesetzlichen Vorschriften einhält und ihre Aufgaben effektiv wahrnimmt.

Angemessen ist eine Regulierungs- und Überwachungsorganisation nur dann, wenn die für die Wahrnehmung der Regulierung und Überwachung zuständige Stelle (vgl. Abs. 2) mit angemessenen personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet ist.

Abs. 2 In Absatz 2 wird neu ausdrücklich festgelegt, dass die dem Handelsplatz übertragenen Regulierungs- und Überwachungsaufgaben von unabhängigen Stellen wahrgenommen werden müssen. Ob es sich dabei um eine einzige Stelle oder mehrere Stellen handelt, ist unerheblich. Die Regulierungs- und Überwachungsaufgaben können auch ausgelagert werden, wobei die Voraussetzungen nach Artikel 11 einzuhalten sind. Die genannten Stellen sind berechtigt, aber auch verpflichtet, die zur Umsetzung des Gesetzes notwendigen Regeln ­ insbesondere die Reglemente nach den Artikeln 28, 34 und 35 ­ zu erlassen und deren Einhaltung sowie die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben zu überwachen und Verstösse dagegen zu sanktionieren.

Sie müssen von der Geschäftsleitung organisatorisch, personell und finanziell unabhängig sein (vgl. dazu auch Art. 8 Abs. 1 BEHV). Die leitenden Personen der Regulierungs- und Überwachungsorganisation müssen einen guten Ruf geniessen, Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten und die erforderlichen fachlichen Qualifikationen aufweisen.

7531

Abs. 3 Die heutige Regelung von Artikel 4 Absatz 2 BEHG wird beibehalten und auf alle Handelsplätze ausgedehnt. Die Aufsichtsbehörde prüft die Reglemente auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Genehmigt werden müssen nur die Reglemente, die für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben (inkl. der Zweckbestimmung) relevant sind. Den Reglementen nachgelagerte Regularien müssen sich auf die genehmigten Reglemente stützen. Sie bedürfen daher keiner zusätzlichen Genehmigung.

Art. 28

Organisation des Handels

Abs. 1 Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen Artikel 5 Absatz 1 BEHG. Der Begriff des leistungsfähigen Handels wird jedoch ersetzt durch denjenigen des geordneten Handels, welcher aussagekräftiger ist.

Abs. 2 Auch Absatz 2 entspricht weitgehend dem geltenden Recht (vgl. Art. 5 Abs. 2 BEHG). Der Begriff «Journal» wird aber nicht mehr verwendet. Er ist nicht mehr zeitgemäss in diesem Zusammenhang und weckt falsche Vorstellungen. Neu erwähnt wird zudem, dass auch die Aufträge der Handelsteilnehmer (inkl. Löschungen und Änderungen) zu erfassen sind. Nur so kann eine effiziente Überwachung der Kursbildung (inkl. Aufdeckung von marktmissbräuchlichem Verhalten) gewährleistet werden.

Art. 29

Vor- und Nachhandelstransparenz

Allgemeines Transparenz erleichtert die Preisfindung und damit die Preisbildung, eine der wichtigsten Funktionen des Sekundärmarktes. Je vollständiger und besser verfügbar Handelsinformationen sind, desto effizienter ist der Prozess der Preisbildung und desto grösser ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fairness und damit die Funktionsfähigkeit des Effektenmarktes. Die heutige Bestimmung zur Handelstransparenz (Art. 5 Abs. 3 BEHG) ist sehr generisch formuliert und erwähnt insbesondere die Pflicht zur Gewährleistung der Vorhandelstransparenz nicht ausdrücklich. Sie vermag damit den internationalen Anforderungen in diesem Bereich nicht mehr zu genügen. Die Bestimmung wird daher im Vergleich zum geltenden Recht präzisier formuliert und statuiert in Absatz 1 neu ausdrücklich auch die Vorhandelstransparenz. Die heute in Artikel 5 Absatz 3 BEHG ausdrücklich erwähnte Pflicht der Börse zur Bezeichnung der Gesellschaften, für welche die Angebotspflicht nicht gilt oder die den Grenzwert auf über 33 1/3 Prozent angehoben haben, wird demgegenüber in Artikel 29 nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Sie war bereits unter geltendem Recht systematisch fragwürdig eingegliedert und ergibt sich neu aus Artikel 21.

Abs. 1 Absatz 1 führt ausdrücklich die Vorhandelstransparenz auf. Sie soll es den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern ermöglichen, sich über aktuelle Handelsinteressen zu informieren. Sie ist wichtig für einen fairen und funktionsfähigen Effektenmarkt, und ihre Bedeutung nimmt angesichts der zunehmenden Komplexität, 7532

Fragmentierung und technologischen Entwicklungen der Märkte weiter zu. Die Pflicht zur Veröffentlichung der aktuellen Geld- und Briefkurse für Aktien entspricht MiFID. Der Bundesrat wird bestimmen, für welche anderen Effekten die Vorhandelstransparenz noch gelten soll (vgl. Abs. 3). Damit wird eine Angleichung an MiFID II/MiFIR ermöglicht.

Abs. 2 Absatz 2 statuiert die Nachhandelstransparenz, welche bis anhin in Artikel 5 Absatz 3 BEHG enthalten war. Diese soll es den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern ermöglichen, sich über kürzlich abgeschlossene Transaktionen in zum Handel zugelassenen Effekten zu informieren, und dadurch die Gleichbehandlung der Anlegerinnen und Anleger sowie die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte gewährleisten. Es wird daher festgelegt, dass umgehend sämtliche Informationen zu am Handelsplatz getätigten Abschlüssen und zu den ihm gemeldeten ausserhalb des Handelsplatzes getätigten Abschlüssen ­ wie der Preis, das Volumen und der Handelszeitpunkt ­ veröffentlicht werden müssen.

Abs. 3 Wie bereits ausgeführt, wird der Bundesrat unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards und der ausländischen Rechtsentwicklung bestimmen, für welche Effekten ausser Aktien die Vorhandelstransparenz gelten soll (Bst. a). Er hat zudem unter Berücksichtigung derselben Kriterien Ausnahmen von der Vor- und Nachhandelstransparenz zu regeln (Bst. b). Zu denken ist dabei insbesondere an die Erlaubnis, sogenannte Block Trades verzögert bekannt zu geben, damit keine Kursschwankungen entstehen. Ferner ist zu beachten, dass die Bekanntgabe von Transaktionen der SNB die von ihr angestrebte Geldpolitik gefährden kann. Auch in Bezug auf solche Transaktionen können sich Ausnahmen als sinnvoll erweisen. Diese Kompetenzen des Bundesrates erlauben eine flexible Anpassung an MiFID II/MiFIR sowie an veränderte Verhältnisse.

Art. 30

Sicherstellung eines geordneten Handels

Der Handel an Handelsplätzen ­ und dabei insbesondere an Börsen ­ wird über hochleistungsfähige IT-Infrastrukturen abgewickelt. Das Funktionieren und die Aufrechterhaltung der Stabilität solcher Systeme sind für die Effektenmärkte zentral und werden sowohl innerhalb der EU als auch bei internationalen Standardsettern wie der IOSCO vorrangig thematisiert. Ein Handelsplatz, der eine technische Plattform betreibt, hat daher über ein Handelssystem zu verfügen, das auch bei hoher Handelstätigkeit einen geordneten Handel gewährleistet. Der Handelsplatz hat wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Störungen in seinem Handelssystem zu minimieren. Zu denken ist dabei insbesondere an Massnahmen gegen negative Auswirkungen des Algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels.

Art. 31

Überwachung des Handels

Abs. 1 Die Bestimmung entspricht weitgehend Artikel 6 Absatz 1 BEHG. Dass der Handelsplatz über eine unabhängige Handelsüberwachungsstelle verfügen muss, wird vorliegend nicht mehr erwähnt, da sich diese Vorgabe bereits aus Artikel 27 ergibt.

Nicht mehr erwähnt wird auch die Überwachung der Abwicklung, da diese nicht 7533

durch die Handelsplätze erfolgen kann, sondern gegebenenfalls durch die nachgelagerten zentralen Gegenparteien oder Zentralverwahrer.

Zu überwachen sind die Auftragseingaben, -löschungen, -änderungen und Abschlüsse des betreffenden Handelsplatzes sowie diejenigen Abschlüsse in zum Handel am betreffenden Handelsplatz zugelassenen Effekten, die ausserhalb des Handelsplatzes getätigt wurden und dem Handelsplatz gemeldet oder anderweitig zur Kenntnis gebracht wurden. Nur durch den Einbezug der ausserhalb des Handelsplatzes getätigten Abschlüsse ergibt sich für die Überwachungsstelle ein vollständiges Bild.

Dies bedeutet, dass die Handelsüberwachungsstelle auch die öffentlich zugänglichen Informationen über an anderen Handelsplätzen getätigte Abschlüsse in Effekten berücksichtigt, die einen massgeblichen Einfluss auf die bei ihr gehandelten Effekten haben können. So ist es beispielsweise unerlässlich, dass die Handelsüberwachungsstelle im Rahmen der Überwachung eines Warrants auch von den Abschlüssen des unterliegenden Basiswerts Kenntnis hat. Um eine effektive Marktaufsicht gewährleisten zu können, müssen die verwendeten Überwachungssysteme mit den technischen Fortschritten der Handelsplätze und ihrer Teilnehmer mithalten.

Abs. 2 Bei Verdacht auf Gesetzesverletzungen oder sonstige Missstände benachrichtigt die Handelsüberwachungsstelle die FINMA. Diese Regelung entspricht Artikel 6 Absatz 2 BEHG. Neu wird zusätzlich festgehalten, dass bei Verdacht auf Verletzung von Straftatbeständen unverzüglich die zuständige Strafverfolgungsbehörde zu informieren ist.

Abs. 3 In Ergänzung zu Artikel 38 FINMAG wird festgehalten, dass die FINMA, die zuständige Strafverfolgungsbehörde, die Übernahmekommission und die zuständige Handelsüberwachungsstelle die im Rahmen der Zusammenarbeit und zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen austauschen. Unter den Begriff der Informationen fallen insbesondere Auskünfte und Unterlagen (vgl. die Erläuterungen zu Art. 42 Abs. 1 FINMAG). Ein solcher Informationsaustausch ist für eine effiziente und effektive Abklärung verdächtiger Sachverhalte notwendig. Die Genannten dürfen die erhaltenen Informationen jedoch ausschliesslich zur Erfüllung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgaben verwenden.

Art. 32

Zusammenarbeit zwischen Handelsüberwachungsstellen

Das Börsenumfeld hat sich stark verändert, und die Fragmentierung der Aufträge hat zugenommen. Dies führt zu neuen Herausforderungen in der Handelsüberwachung, da sich missbräuchliche Verhaltensweisen unter Einbezug von mehreren Handelsplätzen und Jurisdiktionen sowie über OTC-Transaktionen abspielen können. Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass die Handelsüberwachungsstellen einen Gesamtüberblick über die an ihrem Handelsplatz zum Handel zugelassenen Effekten haben und eine entsprechende Überwachung vornehmen. Inländische Handelsüberwachungsstellen verschiedener Handelsplätze werden daher in Absatz 1 unter bestimmten Voraussetzungen zum kostenlosen Austausch von Handelsdaten verpflichtet. Diese Daten dürfen ausschliesslich zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben der Handelsüberwachungsstellen verwendet werden (Abs. 2). Dies gilt auch für die Weitergabe der Daten an andere Stelle. Eine Weitergabe an die überwachten Börsen ist nicht gestattet. Dies würde dem Erfordernis der Unabhängigkeit der Handels7534

überwachungsstellen zuwiderlaufen. Im Übrigen ist zu beachten, dass Mitarbeitende der Handelsüberwachungsstelle die Pflicht haben, das Berufsgeheimnis zu wahren (vgl. Art. 144).

Da sich die Zusammenarbeit mit ausländischen Handelsüberwachungsstellen in der Praxis nicht immer einfach gestaltet, wird in Absatz 3 lediglich das Recht zur Zusammenarbeit zwischen inländischen und ausländischen Handelsüberwachungsstellen aufgenommen. Der Begriff der Handelsdaten ist weit zu verstehen. Er umfasst alle Daten, die für die Handelsüberwachung notwendig sind.

Art. 33

Einstellung des Handels

Stellt eine Börse den Handel in einer bestimmten Effekte aufgrund ausserordentlicher Umstände oder auf Antrag des Emittenten ein, so verfügt sie in der Regel über Informationen zum Emittenten, über welche andere Handelsplätze nicht verfügen.

Zur Aufrechterhaltung eines geordneten Handels und aus Kundenschutzgründen wird daher vorgesehen, dass die Börse den Entscheid, den Handel einzustellen, umgehend veröffentlichen muss. Ausserdem müssen auch alle anderen Schweizer Handelsplätze, an denen die betroffene Effekte zum Handel zugelassen ist, den Handel einstellen. Selbstverständlich hat eine Börse beim Entscheid, den Handel einzustellen, die Auswirkungen auf die Anlegerinnen und Anleger zu berücksichtigen.

Keine ausserordentlichen Umstände im Sinne dieser Bestimmung sind Handelsunterbrechungen (Stop trading) infolge definierter Abweichungen von einem Referenzpreis oder Unterbrüche des Handels, die auf einen Ausfall des Systems einer Börse zurückzuführen sind.

Art. 34

Zulassung von Teilnehmern

Abs. 1 Handelsplätze haben, wie bereits in Artikel 7 BEHG vorgesehen, transparente Zulassungskriterien für Teilnehmer zu publizieren, sodass sämtliche zulassungsfähigen Unternehmen eine Teilnehmerschaft in Betracht ziehen können. Solche transparenten Voraussetzungen entsprechen dem Bedürfnis nach einem diskriminierungsfreien Marktzugang und der Gleichbehandlung aller Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer. Handelsplätze erhalten dadurch aber auch die Möglichkeit, gezielte Zulassungskriterien in Bezug auf die Plattform per se oder die darauf gehandelten Effekten zu erlassen. Auf jeden Fall sollte es zu keiner Diskriminierung kommen, weder unter den Handelsplätzen noch unter den Teilnehmern, da dies zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würde und einzelne Betreiber von Handelsplätzen oder deren Teilnehmer unter Umständen nicht mehr konkurrenzfähig wären. Zu den Pflichten, welche ein Handelsplatz seinen Teilnehmern auferlegen muss, gehören insbesondere die Aufzeichnungs- und Meldepflichten nach den Artikeln 38 und 39.

Selbstverständlich hat der Handelsplatz die Einhaltung der Pflichten zu überwachen und bei Verstössen Sanktionen zu ergreifen (vgl. auch Art. 35 Abs. 3).

Abs. 2 Der Kreis möglicher Teilnehmer soll indes in Zukunft nicht mehr nur auf Effektenhändler beschränkt sein, sondern analog dem Recht der EU (Art. 42 MiFID) ausgedehnt werden. Bereits heute werden in der Schweiz Versicherungen und Verwalter 7535

kollektiver Kapitalanlagen mit substanzieller Aktivität am Geldmarkt zum CHF Repo- und OTC-Spot-Markt, das heisst bei der Eurex Zürich AG und der SIX SIS AG zugelassen. Zukünftig soll daher gesetzlich verankert werden, dass nebst Effektenhändlern auch weitere von der FINMA beaufsichtigte Institute an einer Börse oder an einem multilateralen Handelssystem teilnehmen können, sofern der betreffende Handelsplatz sicherstellt, dass sie gleichwertige technische und operative Voraussetzungen wie Effektenhändler erfüllen. Als Teilnehmer zugelassen werden können zudem von der FINMA bewilligte ausländische Handelsteilnehmer und die SNB.

Art. 35

Zulassung von Effekten durch eine Börse

Die Bestimmung entspricht materiell weitgehend Artikel 8 BEHG, wurde jedoch redaktionell überarbeitet. In materieller Hinsicht wird neu explizit festgehalten, dass das Reglement auch die Pflichten des Emittenten, der von ihm Beauftragten und von Dritten während der Dauer der Kotierung oder der Zulassung der Effekten zum Handel enthalten muss (so zum Beispiel Offenlegungspflichten gemäss den Vorschriften zur Rechnungslegung, Ad-hoc-Publizität sowie Management-Transaktionen oder die sogenannten Regelmeldepflichten). Bereits jetzt enthalten die Regularien der Börsen regelmässig entsprechende Vorschriften. Es handelt sich demnach um eine blosse Klarstellung. Mit dem Hinweis auf die vom Emittenten beauftragten Dritten sind namentlich die sogenannten anerkannten Vertreter gemeint. In Bezug auf Effekten, die nicht kotiert, sondern lediglich zum Handel zugelassen sind, können ebenfalls Aufrechterhaltungspflichten bestehen (wie bspw. die Pflicht zur Meldung von Dividenden). Diesfalls trägt aber nicht notwendigerweise der Emittent oder ein von ihm beauftragter Dritter die Verantwortung für die Erfüllung dieser Pflichten, sondern ein Dritter, der nicht zwingend in einem Vertragsverhältnis zum Emittenten stehen muss, wie beispielsweise ein sogenannter Sponsor.

Börsen können Effekten zum Handel zulassen, welche an der entsprechenden Börse nicht kotiert sind. Es ist auch nicht erforderlich, dass die zum Handel zugelassene Effekte überhaupt an einer Börse kotiert ist.

Die Börse hat die Einhaltung des Reglements zu überwachen und bei Verstössen die vertraglich vorgesehenen Sanktionen zu ergreifen.

Art. 36

Zulassung von Effekten durch multilaterale Handelssysteme

Auch multilaterale Handelssysteme sind gehalten, ein Reglement über die Zulassung von Effekten zum Handel zu erlassen. Dieses Reglement hat insbesondere festzulegen, welche Informationen zu veröffentlichen sind, damit die Anlegerinnen und Anleger die Eigenschaften der Effekten und die Qualität des Emittenten beurteilen können. Für weitere Ausführungen wird auf Artikel 35 verwiesen.

Art. 37

Beschwerdeinstanz

Die Bestimmung entspricht inhaltlich Artikel 9 BEHG, wird diesem gegenüber aber systematisch und sprachlich geringfügig angepasst. Gleichzeitig wird sie auf multilaterale Handelssysteme ausgedehnt und es werden neu auch andere Teilnehmer als Effektenhändler erfasst. Wie bisher, regelt der Handelsplatz die Organisation und das Verfahren vor der unabhängigen Beschwerdeinstanz, wobei die Organisationsstruktur, die Verfahrensvorschriften und insbesondere die Ernennung der Mitglieder 7536

unverändert der Genehmigung durch die FINMA bedürfen, welche somit insbesondere auch die Unabhängigkeit der Mitglieder der Beschwerdeinstanz zu beurteilen hat. Wie im bisherigen Recht sind im übrigen die Zivilgerichte (wobei an deren Stelle gestützt auf eine Schiedsvereinbarung auch ein Schiedsgericht treten kann33) für Streitigkeiten zwischen Handelssystemen und Teilnehmern zuständig, soweit ein Beschwerdeverfahren durchgeführt wurde oder aber ein solches nicht vorgesehen ist.

2. Abschnitt: Pflichten der Teilnehmer Art. 38

Aufzeichnungspflicht

Die geltende Journalführungspflicht (vgl. Art. 15 Abs. 1 BEHG) für Börsenteilnehmer wird weitergeführt und auf sämtliche Teilnehmer an einem Handelsplatz ausgedehnt. Sie ermöglicht eine effiziente Marktaufsicht. Der Zugriff auf die relevanten Informationen ist zudem für die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der Amtshilfe von wesentlicher Bedeutung. Der überholte Begriff des Journals wird aufgegeben. Es ist die Nachvollziehbarkeit aller Transaktionen sicherzustellen, auch derjenigen, die ein Teilnehmer auf Nostro eingeht.

Art. 39

Meldepflicht

Die Bestimmung entspricht grundsätzlich der heutigen Regelung im BEHG (vgl.

Art. 15 Abs. 2 und 3 BEHG) und bezweckt die Transparenz des Effektenhandels.

Wie die Aufzeichnungs- wird auch die Meldepflicht ausgedehnt auf sämtliche Teilnehmer an einem Handelsplatz. Wie bereits heute (vgl. Art. 2 ff. der Börsenverordnung-FINMA vom 25. Oktober 200834 [BEHV-FINMA] sowie FINMA-Rundschreiben 2008/11 «Meldepflicht Effektengeschäfte») obliegt es der FINMA, die Bestimmung zu konkretisieren. Dies erscheint aufgrund der technischen Materie sachgerecht.

3. Abschnitt: Bewilligung ausländischer Teilnehmer Art. 40 Abs. 1 An der bisherigen in Artikel 10 Absatz 4 BEHG in Verbindung mit Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 53 BEHV geltenden Regelung für die Bewilligung von ausländischen Börsenteilnehmern (sog. Remote-member-Bewilligung) wird grundsätzlich festgehalten. Sie wird jedoch auf sämtliche Teilnehmer an einem Handelsplatz ausgedehnt. Zudem können neu auch ausländische Teilnehmer, welche in der Schweiz über eine Zweigniederlassung verfügen, als Remote member zugelassen werden. Nach bisherigem Recht war dies nicht möglich. Das ausländische Mutterhaus, welches eine Zweigniederlassung in der Schweiz betrieb, war gezwungen, die Aktivitäten an Schweizer Börsen über die Zweigniederlassung als Börsenteil33 34

BGE 137 III 37 E. 2.2.2 SR 954.193

7537

nehmerin zu tätigen. Diese Regelung schränkte die Teilnehmer in ihrer Tätigkeit unnötigerweise ein. Sie wird daher aufgegeben. Allerdings muss der ausländische Teilnehmer sicherstellen, dass seine Aktivitäten von den Aktivitäten von allfälligen bewilligten Schweizer Einheiten getrennt sind (vgl. Bst. c).

In Angleichung an internationale Regelungen wird ferner in Buchstabe a nicht mehr nur eine angemessene Aufsicht über den ausländischen Handelsteilnehmer verlangt, sondern auch eine angemessene Regulierung dieser Handelsteilnehmer. In diesem Zusammenhang ist auch Buchstabe b zu sehen, der als Teilaspekt von Buchstabe a festhält, dass der ausländische Teilnehmer darlegen muss, dass er der Schweizer Regulierung gleichwertige Verhaltens-, Aufzeichnungs- und Meldepflichten einzuhalten hat. Im Sinne der Klarheit wird zudem in Buchstabe d neu verlangt, dass die zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörden der FINMA effektiv Amtshilfe leisten und nicht nur in der Lage sind, Amtshilfe zu leisten.

Die heute in Artikel 53a BEHV enthaltene Regelung für die Bewilligung von nichtbeaufsichtigten ausländischen Eigenhändlern wird nicht weitergeführt, da sie in der Praxis nur vereinzelt zur Anwendung kam.

Abs. 2 Wie nach geltendem Recht (vgl. Art. 37 BEHG) kann die FINMA einem ausländischen Teilnehmer trotz Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen die Bewilligung verweigern, wenn der Sitzstaat des betreffenden Teilnehmers schweizerischen Teilnehmern keinen tatsächlichen Zugang zu seinen Märkten gewährt und nicht die gleichen Wettbewerbsbedingungen bietet wie inländischen Teilnehmern. Vorbehalten bleiben anderslautende internationale Verpflichtungen (bspw. das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen [GATS] der WTO oder Freihandelsabkommen).

Abs. 3 Die Regelung gemäss Absatz 3 ist neu. Sie soll sicherstellen, dass sowohl die ausländische Aufsichtsbehörde als auch die FINMA Überblick über die Aktivitäten des Bewilligungsträgers haben.

Abs. 4 Geldpolitische Operationen mit der SNB (inklusive Interbankenmarkt) werden nach heutiger Regelung mit Zentralbankgeld abgewickelt. Dies bedeutet, dass sämtliche ausländischen Teilnehmer an einer geldpolitischen Operation mit der SNB über ein Girokonto verfügen müssen. Die Teilnahme an geldpolitischen Operationen mit der SNB bedarf daher keiner Bewilligung durch die FINMA.

4. Abschnitt: Anerkennung ausländischer Handelsplätze Art. 41 Die Bestimmung entspricht weitgehend dem heutigen Artikel 14 BEHV. Anknüpfungspunkt für die Anerkennung eines ausländischen Handelsplatzes ist die Teilnahme von regulierten Schweizer Teilnehmern an demselben (Abs. 1). Kernelement der Anerkennung ist analog dem bisherigen Artikel 14 BEHV eine Bestätigung der ausländischen Aufsichtsbehörde betreffend die Einhaltung der im jeweiligen Land 7538

geltenden aufsichtsrechtlichen Bestimmungen und der Zusicherung zur Zusammenarbeit mit der FINMA. Zudem muss der ausländische Handelsplatz einer angemessenen Regulierung und Aufsicht unterstehen.

Nebst der in Absatz 2 geregelten Anerkennung im Einzelfall wird in Absatz 3 eine generelle Anerkennung vorgesehen. Diese greift, wenn die FINMA generell festgestellt hat, dass der Staat, in dem der ausländische Handelsplatz seinen Sitz hat, seine Handelsplätze angemessen reguliert und beaufsichtigt. Dies dürfte für Handelsplätze in der EU der Fall sein. Zudem muss die Zusammenarbeit mit der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde gewährleistet sein. Dies kann durch den Abschluss eines MoU oder einen Briefwechsel mit der zuständigen Aufsichtsbehörde erfolgen oder aber durch eine Bestätigung der ausländischen Aufsichtsbehörde im Einzelfall.

Wie nach geltendem Recht (vgl. Art. 37 BEHG) kann die Anerkennung verweigert werden, wenn der Staat, in dem der ausländische Handelsplatz seinen Sitz hat, den schweizerischen Handelsplätzen keinen tatsächlichen Zugang zu seinen Märkten gewährt und nicht die gleichen Wettbewerbsmöglichkeiten bietet wie inländischen Handelsplätzen. Vorbehalten bleiben abweichende internationale Verpflichtungen (bspw. GATS oder Freihandelsabkommen).

5. Abschnitt: Organisierte Handelssysteme Art. 42

Begriff

Bst. a Als organisiertes Handelssystem gilt zunächst eine Einrichtung zum multilateralen Handel von Effekten oder anderen Finanzinstrumenten, die den Austausch von Angeboten sowie den Vertragsabschluss nach diskretionären Regeln bezweckt. Im Unterschied zu einer Börse oder einem multilateralen Handelssystem kann damit ein organisiertes Handelssystem diskretionären Handel ermöglichen. Diskretionär ist der Handel immer dann, wenn der Einrichtung beim Zusammenführen von Aufträgen in irgendeiner Form ein Ermessen zukommt.

Bst. b Als organisiertes Handelssystem gilt weiter eine Einrichtung zum multilateralen Handel von Finanzinstrumenten, die keine Effekten sind, die den Austausch von Angeboten sowie den Vertragsabschluss nach nicht diskretionären Regeln bezweckt.

Im Sinne eines Auffangtatbestandes zu multilateralen Handelssystemen werden daher mit dem organisierten Handelssystem auch Einrichtungen erfasst, auf denen andere Finanzinstrumente als Effekten, beispielsweise OTC-Derivate, gehandelt sowie multilateral und nicht diskretionär zusammengeführt werden.

Bst. c Als organisiertes Handelssystem gilt schliesslich auch eine Einrichtung zum bilateralen Handel von Effekten oder anderen Finanzinstrumenten, die den Austausch von Angeboten bezweckt. Unerheblich ist, ob der Vertragsabschluss nach diskretionären oder nicht diskretionären Regeln bezweckt wird. Bilateral ist der Handel dann, wenn die Handelsteilnehmer nicht gleichzeitig auf ein bestimmtes Angebot eintreten können, das heisst ein bestimmtes Angebot nur einzelnen Handelsteilnehmern unter-

7539

breitet wird. Der Begriff des organisierten Handelssystems erfasst damit teilweise auch den sogenannten systematischen Internalisierer des EU-Rechts.

Art. 43

Bewilligungs- oder Anerkennungspflicht

Organisierte Handelssysteme können im Unterschied zu den Börsen und multilateralen Handelssystemen diskretionär sein und den bilateralen Handel ermöglichen. Sie werden zudem heute mit einer einzigen Ausnahme durch Banken und Effektenhändler betrieben, welche bereits über eine Bewilligung verfügen. Aus diesen Gründen werden sie nicht als eigenständige Finanzmarktinfrastrukturen erfasst, sondern ihr Betrieb wird grundsätzlich den Banken, Effektenhändlern, Börsen und multilateralen Handelssystemen vorbehalten und von der entsprechenden Bewilligung abgedeckt (Abs. 1). Ausländische Betreiber von organisierten Handelssystemen können um Anerkennung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes nachsuchen. Im Ergebnis steht diese Möglichkeit gestützt auf Artikel 41 ausländischen Börsen und multilateralen Handelssystemen offen, nicht aber ausländischen Banken, da diese in der Schweiz nicht einem Anerkennungsregime unterstehen, und auch nicht organisierten Handelssystemen, da diese nach diesem Gesetz keiner eigenständige Bewilligungspflicht unterstehen sollen.

Von der Bewilligungspflicht ausgenommen ist der Betrieb eines organisierten Handelssystems innerhalb einer Finanzgruppe, wenn er durch eine juristische Person erfolgt, die direkt von einer Finanzmarktinfrastruktur beherrscht wird und der konsolidierten Aufsicht durch die FINMA untersteht (Abs. 2). Auch in diesem Fall ist gewährleistet, dass der Betreiber des organisierten Handelssystems gewisse grundlegende Anforderungen an die Gewähr, die Organisation und das Mindestkapital erfüllt und die FINMA die Durchsetzung der nachfolgenden Pflichten sicherstellen kann. Unter die Ausnahme gemäss Absatz 2 fällt heute die SIX Repo AG.

Die Betreiber eines organisierten Handelssystems haben der FINMA gemäss Artikel 29 FINMAG zu melden, dass sie ein organisiertes Handelssystem betreiben oder in Zukunft ein solches betreiben wollen.

Art. 44

Organisation und Vermeidung von Interessenkonflikten

Aus Gründen des Kundenschutzes muss ein organisiertes Handelssystem von den übrigen Geschäftstätigkeiten des Betreibers getrennt betrieben werden und wirksame organisatorische Massnahmen zur Feststellung, Verhinderung, Beilegung und Überwachung von Interessenkonflikten treffen. Bei der Tätigung von Eigengeschäften über das organisierte Handelssystem muss zudem sichergestellt werden, dass die Kundeninteressen umfassend gewahrt werden.

Art. 45

Sicherstellung eines geordneten Handels

Wie Börsen und multilaterale Handelssysteme (vgl. Art. 30) haben auch die Betreiber eines organisierten Handelssystems sicherzustellen, dass dieses auch bei hoher Handelstätigkeit einen geordneten Handel gewährleistet, und wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Störungen im Handelssystem ­ etwa durch Hochfrequenzhandel ­ zu vermeiden. Die Bestimmung dient vorab dem Kundenschutz. Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 30 verwiesen.

7540

Art. 46

Handelstransparenz

Auch für den Handel auf organisierten Handelssystemen werden neu Transparenzvorschriften eingeführt. Da organisierte Handelssysteme den bilateralen Handel zulassen können, wird indessen eine von der Regelung für Börsen und multilaterale Handelssysteme leicht abweichende Regelung vorgesehen. So gilt zwar die Nachhandelstransparenz umfassend, die Informationen sind jedoch nicht notwendigerweise umgehend zu veröffentlichen. Vielmehr wird der Bundesrat bestimmen, mit welcher Frequenz die Daten zu veröffentlichen sind. Zudem wird die Vorhandelstransparenz, da mit dieser international noch keine Erfahrungen gesammelt werden konnten, noch nicht eingeführt. Dem Bundesrat wird jedoch die Kompetenz eingeräumt, sie unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards und der ausländischen Rechtsentwicklung einzuführen. Durch die Bestimmung wird die Preistransparenz massgeblich verbessert und das Problem der Dark Pools angegangen.

6. Abschnitt: Strombörsen Art. 47 Die Bestimmung nimmt den geltenden Artikel 2a BEHG in präzisierter Form auf.

Dies rechtfertigt sich angesichts der offenen zukünftigen Entwicklung. Der physische Handel mit Elektrizität fällt zwar nicht in den Anwendungsbereich des FinfraG.

Soweit aber an Strombörsen oder auf anderen Handelsplätzen Strombezugsrechte wie Kapazitätsrechte auf dem Höchstspannungsnetz und Derivate, die sich auf Elektrizität beziehen, gehandelt werden, können Auswirkungen auf den physischen Handel mit Elektrizität, namentlich auf die Sicherheit der Stromversorgung, nicht ausgeschlossen werden. Soweit die Besonderheiten des Strommarkts, insbesondere die Sicherheit der Stromversorgung, es erfordern, soll deshalb der Bundesrat ermächtigt werden, vom FinfraG abweichende Vorschriften zu erlassen.

3. Kapitel: Zentrale Gegenparteien 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 48

Begriff

Der Begriff der zentralen Gegenpartei lehnt sich eng an die Verwendung des Begriffs in EMIR (Art. 2 Ziff. 1 EMIR) und in den PFMI an. Er ist materiell identisch mit demjenigen der NBV.

Art. 49

Sicherheiten

Zentrale Gegenparteien konzentrieren durch ihre Tätigkeit Risiken. Im Fokus stehen dabei insbesondere Kredit- und Liquiditätsrisiken. Diese Risiken hat die zentrale Gegenpartei zu begrenzen, indem sie von den Teilnehmern angemessene Sicherheiten verlangt, insbesondere in Form von Ersteinschusszahlungen (Initial Margins), Nachschusszahlungen (Variation Margins) und Beiträgen an den Ausfallfonds (Default Fund) (Abs. 1). Diese Sicherheiten sollen beim Ausfall des Teilnehmers einen allfälligen Verlust der zentralen Gegenpartei decken (vgl. Art. 53 Abs. 2).

7541

Absätze 2 und 3 legen quantitative und qualitative Anforderungen an die zu verlangenden Sicherheiten fest. Sie entsprechen den internationalen Standards.

Wird die Pflicht zur zentralen Abrechnung von Derivatgeschäften über eine anerkannte ausländische zentrale Gegenpartei erfüllt (vgl. Art. 96), sind die Sicherheitsleistungen im Ausland zu hinterlegen. Dies ist Versicherungen mit gebundenen Vermögen nach geltendem Recht nicht erlaubt (vgl. Art. 87 Abs. 2 der Aufsichtsverordnung vom 9. November 200535 [AVO]), was jedoch im Rahmen der laufenden Revision der AVO geändert werden soll.

Art. 50

Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen

Die Bestimmung entspricht grundsätzlich Artikel 25 NBV mit leichten Anpassungen. Sie dient der Risikobeschränkung. Der Begriff des Zahlungsmittels ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Erfasst wird auch die Art des Zahlungsgegenstandes, beispielsweise Buchgeld oder Fremdwährung. Nicht praktikabel ist eine Abwicklung durch die Übertragung von bei einer Zentralbank gehaltenen Sichtguthaben beispielsweise dann, wenn sie zwar möglich, aber sehr aufwendig ist.

Art. 51

Eigenmittel und Risikoverteilung

Die Bestimmung entspricht weitgehend der bankengesetzlichen Regelung (Art. 4 Abs. 1­3 BankG). Damit wird für zentrale Gegenparteien geltendes Recht weitergeführt. Aus rechtssystematischen Überlegungen werden aber die Kompetenzen der FINMA, Ausführungsvorschriften zu erlassen und in begründeten Fällen Erleichterungen oder Verschärfungen anzuordnen, nicht mehr auf Gesetzesstufe geregelt.

Diese Kompetenzen sollen nach den allgemeinen Zuständigkeits- und Delegationsregeln durch den Bundesrat in einer Verordnung zusammen mit den konkreten Eigenmittelvorschriften (u. a. den Mindestanforderungen) geregelt werden.

Art. 52

Liquidität

Der Zugang zu ausreichenden Liquiditätsressourcen ist für eine zentrale Gegenpartei unentbehrlich. Die Bestimmung hält daher fest, dass eine zentrale Gegenpartei über Liquidität verfügen muss, um ihren Zahlungsverpflichtungen auch beim Ausfall des Teilnehmers, gegenüber dem sie die grösste Risikoposition aufweist, unter extremen, aber plausiblen Marktbedingungen in allen Währungen nachkommen (Abs. 1 Bst. a) und ihre Dienstleistungen und Tätigkeiten ordnungsgemäss ausführen zu können (Abs. 1 Bst. b). Ferner wird die zentrale Gegenpartei verpflichtet, ihre Finanzmittel ausschliesslich in bar oder in liquiden Finanzinstrumenten mit geringem Markt- und Kreditrisiko anzulegen (Abs. 2). Die Verpflichtung einer zentralen Gegenpartei, ihre Liquiditätsrisiken zu identifizieren, zu messen, zu steuern und zu überwachen, ergibt sich bereits aus Artikel 8 Absatz 3.

Art. 53

Verfahren bei Ausfall eines Teilnehmers

Abs. 1 Der Ausfall eines Teilnehmers, beispielsweise bedingt durch dessen Insolvenz, bedeutet eine potenzielle Stresssituation für die zentrale Gegenpartei, die anderen 35

SR 961.011

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Teilnehmer sowie gegebenenfalls die verbundenen zentralen Gegenparteien. Die zentrale Gegenpartei muss daher Massnahmen zur Begrenzung der Kredit- und Liquiditätsrisiken vorsehen, welche beim Ausfall eines Teilnehmers entstehen.

Diese Massnahmen müssen rechtlich durchsetzbar sein.

Abs. 2 Absatz 2 enthält Vorgaben zur Reihenfolge, nach der die zentrale Gegenpartei die verfügbaren finanziellen Ressourcen beim Ausfall eines Teilnehmers heranziehen soll, um einen Verlust zu decken; in diesem Zusammenhang wird häufig auch vom «Wasserfall» gesprochen. Grundsätzlich stehen dabei drei Quellen an finanziellen Ressourcen zur Verfügung: die Sicherheiten, die der ausgefallene Teilnehmer in Form von Einschusszahlungen (Ersteinschuss- und Nachschusszahlungen) und seinem Ausfallfondsbeitrag geleistet hat, die Ausfallfondsbeiträge der übrigen Teilnehmer und die Eigenmittel der zentralen Gegenpartei. Zunächst hat eine zentrale Gegenpartei sämtliche vom ausgefallenen Teilnehmer geleisteten Sicherheiten zur Deckung von allfälligen Verlusten heranzuziehen (Verursacherprinzip oder Defaulter-pays-Prinzip). Anschliessend ist ein im Voraus bestimmter Anteil der Eigenmittel der zentralen Gegenpartei zur Verlustdeckung zu verwenden. Dieses Skin-in-thegame-Prinzip soll das Verursacherprinzip stärken, indem die zentrale Gegenpartei einen Anreiz hat, von allen Teilnehmern genügend hohe Einschusszahlungen einzufordern. Damit wird die Wahrscheinlichkeit verringert, dass die zentrale Gegenpartei einen Teil ihrer Eigenmittel zur Verlustdeckung heranziehen muss. Erst danach darf die zentrale Gegenpartei die Sicherheiten der nicht ausgefallenen Teilnehmer zur Verlustdeckung heranziehen. Die Bestimmung entspricht der aktuellen Regelung in der NBV und dem europäischen Recht.

Abs. 3 Die zentrale Gegenpartei hat Regeln betreffend die Deckung von Verlusten vorzusehen, die gemäss dem Verfahren nach Absatz 2 nicht gedeckt sind. Diese Regeln müssen den Teilnehmern vor der Teilnahme bekannt gegeben werden, damit sie das mit der Teilnahme an der zentralen Gegenpartei verbundene Risiko abschätzen können.

In Anlehnung an Artikel 45 Absatz 4 zweiter Satz EMIR ist es der zentralen Gegenpartei dabei nicht gestattet, die von nicht ausgefallenen Teilnehmern geleisteten Einschusszahlungen zu verwenden, um Verluste aufgrund des Ausfalls eines
anderen Teilnehmers zu decken. Sie darf in Anlehnung an Artikel 48 Absatz 7 EMIR auch die Sicherheiten von indirekten Teilnehmern nicht dazu verwenden, um Verluste aufgrund des Ausfalls eines Teilnehmers oder eines anderen indirekten Teilnehmers zu decken. Schliesslich darf sie den bei ihr hinterlegten, über die Einschussforderung hinausgehenden Überschuss eines indirekten Teilnehmers nach Artikel 59 Absatz 3 dazu verwenden, um Verluste aufgrund des Ausfalls eines Teilnehmers (im Sinne eines GCM) oder eines anderen indirekten Teilnehmers zu decken (vgl. Art. 39 Abs. 6 EMIR). Diese Vorschriften präjudizieren den Entscheid, ob eine zentrale Gegenpartei weitergehende Verluste selbst oder durch Teilnehmerbeiträge deckt, nicht.

7543

Art. 54 und 55

Segregierung und Übertragbarkeit

Allgemeines Nimmt ein Teilnehmer indirekt über einen Teilnehmer an einer zentralen Gegenpartei teil, so kann dies für den indirekten Teilnehmer spezifische Risiken implizieren, namentlich beim Ausfall des Teilnehmers. In diesem Fall ist es möglich, dass (i) Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen der indirekten Teilnehmer von einer zentralen Gegenpartei im Rahmen eines sogenannten Close-out-Verfahrens zur Deckung von Verlusten herbeigezogen werden; (ii) Sicherheiten und Forderungen indirekter Teilnehmer in die Konkursmasse des ausfallenden Teilnehmers fallen; oder (iii) den indirekten Teilnehmern der Zugriff auf ihre Sicherheiten und die Erfüllung ihrer Forderungen und Verpflichtungen eine Zeitlang oder ganz verunmöglicht wird.

Die Vorschrift, die Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen indirekter Teilnehmer von denjenigen der Teilnehmer (im Sinne von GCM) bei zentralen Gegenparteien zu trennen (Segregierung), und die Vorschrift zur Übertragbarkeit der Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen dienen dem Schutz der indirekten Teilnehmer beim Ausfall des Teilnehmers. Die Segregierung stellt sicher, dass die Rechtsverhältnisse übersichtlicher sind und dadurch die Risiken besser kontrolliert werden können. Zudem ist eine Trennung Voraussetzung für die Übertragung auf einen anderen Teilnehmer. Damit bleiben für indirekte Teilnehmer die Verfügbarkeit ihrer Sicherheiten und die Erfüllung ihrer Forderungen und Verpflichtungen gewährleistet . Die Vorschriften betreffend Segregierung und Übertragbarkeit verringern auch die Gefahr, dass indirekte Teilnehmer den Teilnehmer (im Sinne eines GCM) bei Verdacht auf finanzielle Schwierigkeiten sofort wechseln und damit finanzielle Schwierigkeiten entweder hervorrufen oder noch verstärken. Sie können damit einen positiven Beitrag zur Stabilität des Teilnehmers leisten.

Art. 54

Segregierung

Abs. 1 Absatz 1 verpflichtet die zentrale Gegenpartei zur Segregierung der eigenen Vermögenswerte, Forderungen und Verpflichtungen von denjenigen der Teilnehmer (Bst. a) und zur Segregierung der Vermögenswerte, Forderungen und Verpflichtungen zwischen den Teilnehmern (Bst. b).

Abs. 2 Absatz 2 betrifft die Segregierungsmöglichkeiten des Teilnehmers. Die Bestimmung verlangt, dass die zentrale Gegenpartei es ihren Teilnehmern ermöglicht, die Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen indirekter Teilnehmer getrennt von den eigenen zu halten. Die zentrale Gegenpartei muss den Teilnehmern die Wahl zwischen einer Omnibus-Kunden-Kontentrennung und einer Einzelkunden-Kontentrennung bieten. Dabei werden die Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen der indirekten Teilnehmer eines Teilnehmers einzeln (Einzelkunden-Kontentrennung) oder gemeinsam (Omnibus-Kunden-Kontentrennung) gehalten. Die Bestimmung geht einher mit Artikel 59, der dem Teilnehmer die Pflicht auferlegt, seine Vermögenswerte von denjenigen seiner Kundinnen und Kunden zu trennen.

7544

Art. 55

Übertragbarkeit

Abs. 1 Absatz 1 regelt den Grundsatz der Übertragbarkeit. Gemäss diesem hat die zentrale Gegenpartei zu gewährleisten, dass bei Ausfall eines Teilnehmers Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen, welche der Teilnehmer für Rechnung eines indirekten Teilnehmers hält, auf einen vom indirekten Teilnehmer benannten anderen Teilnehmer übertragen werden können. Dies gilt auch bei einer OmnibusKunden-Kontentrennung und zwar in dem Sinne, dass in Omnibus-Konten geführte Sicherheiten, Forderungen und Verpflichtungen in globo auf entsprechende Konten bei einem anderen Teilnehmer übertragen werden können müssen. Dies ist nur dann möglich, wenn die indirekten Teilnehmer denselben Ersatzteilnehmer wählen. Die Gewährleistung der Übertragbarkeit hat durch eine entsprechende Ausgestaltung der Reglemente der zentralen Gegenpartei zu erfolgen. Die auf diese Weise zustande gekommenen Übertragungsvereinbarungen bleiben im Fall der Insolvenz des Teilnehmers von den angeordneten Insolvenzmassnahmen unberührt (vgl. Art. 90).

Abs. 2 Absatz 2 legt fest, dass ein Teilnehmer als ausgefallen gilt, wenn er innerhalb der von der zentralen Gegenpartei festgesetzten Frist die Zulassungsvoraussetzungen, welche die finanzielle Leistungsfähigkeit des Teilnehmers betreffen, nicht erfüllt.

Die Bestimmung lehnt sich an das Recht der EU an. Der Klarheit wegen wird zudem ausdrücklich festgelegt, dass als Ausfall jedenfalls die Eröffnung eines Zwangsliquidationsverfahrens zum Zwecke der Generalexekution über den Teilnehmer gilt.

Diese Formulierung lehnt sich an Artikel 17 BEG an. Nach schweizerischem Recht ist dies die Eröffnung des Konkurses oder die Nachlassstundung mit Vermögensabtretung.

2. Abschnitt: Interoperabilitätsvereinbarungen Art. 56

Diskriminierungsfreier Zugang

Abs. 1 Vereinbarungen zwischen zentralen Gegenparteien über die interoperable ­ das heisst systemübergreifende ­ Abrechnung von Finanzinstrumenten (Interoperabilitätsvereinbarungen) ermöglichen es einem Teilnehmer einer zentralen Gegenpartei, eine Transaktion mit einem Teilnehmer einer anderen zentralen Gegenpartei abzurechnen. Dadurch können mehrere zentrale Gegenparteien in Konkurrenz zueinander Finanztransaktionen an einem Handelsplatz oder eine bestimmte Produktkategorie abrechnen, was letztlich wiederum im Interesse der Kundinnen und Kunden liegt, da dadurch beispielsweise die Abrechnungskosten gesenkt werden. Absatz 1 legt daher den Grundsatz fest, dass zentrale Gegenparteien Interoperabilitätsvereinbarungen schliessen können.

Abs. 2 Interoperabilitätsvereinbarungen bedürfen der Zusammenarbeit zwischen zwei konkurrierenden zentralen Gegenparteien. Es kann für eine bestehende zentrale Gegenpartei auf einem Handelsplatz vorteilhaft sein, in wettbewerbsbehindernder Absicht eine Anfrage für Interoperabilität einer anderen zentralen Gegenpartei 7545

abzulehnen oder zu verzögern. Die Bestimmung schreibt daher vor, dass eine zentrale Gegenpartei einen Interoperabilitätsantrag einer anderen zentralen Gegenpartei annehmen muss, es sei denn der Abschluss der Vereinbarung gefährdet die Sicherheit und die Effizienz der Abrechnung. Eine Ablehnung des Antrages muss begründet werden.

Art. 57

Genehmigung

Abs. 1 Interoperabilitätsvereinbarungen haben zwar für die Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer einen Nutzen, sie führen aber auch dazu, dass eine zentrale Gegenpartei gegenüber einer anderen zentralen Gegenpartei Kredit- und Liquiditätsrisiken übernimmt. Der Ausfall einer zentralen Gegenpartei kann daher zu Verlusten und Liquiditätsproblemen bei einer anderen zentralen Gegenpartei und schlimmstenfalls zu einem Dominoeffekt führen. Aus diesen Gründen unterliegt der Abschluss einer Interoperabilitätsvereinbarung der Genehmigung der FINMA.

Abs. 2 Die FINMA genehmigt die Vereinbarung unter der Voraussetzung, dass die Anforderungen nach Absatz 2 eingehalten sind. Diese beinhalten insbesondere die Besicherung der Risikopositionen zwischen zentralen Gegenparteien (Bst. b und c) sowie die Bewilligung oder Anerkennung der zentralen Gegenparteien durch die FINMA (Bst. d).

In diesem Zusammenhang ist auf Artikel 60 hinzuweisen, wonach eine ausländische zentrale Gegenpartei unter anderem eine Anerkennung der FINMA einholen muss, wenn sie mit einer schweizerischen zentralen Gegenpartei eine Interoperabilitätsvereinbarung eingeht. Über die Möglichkeit, gemäss Artikel 60 Absatz 3 die Anerkennung zu verweigern, wird sichergestellt, dass die ausländische zentrale Gegenpartei nur anerkannt wird, falls deren Sitzstaat einer schweizerischen zentralen Gegenpartei den Marktzutritt erlaubt.

Abs. 3 Sofern eine der an der Interoperabilitätsvereinbarung beteiligten zentralen Gegenparteien systemisch bedeutsam ist, holt die FINMA vor der Genehmigung die Zustimmung der SNB ein.

Abs. 4 Weitet eine an einer Interoperabilitätsvereinbarung beteiligte zentrale Gegenpartei ihre Tätigkeit auf einen neuen Handelsplatz aus und werden damit keine neuen Risiken begründet, so bedarf die Interoperabilitätsvereinbarung keiner neuen Genehmigung. Keine neuen Risiken werden insbesondere dann begründet, wenn die Erweiterung nicht zur Teilnahme weiterer zentraler Gegenparteien an der Interoperabilitätsvereinbarung und auch nicht zur Abrechnung neuer Produkttypen über die Interoperabilitätsvereinbarung führt.

7546

3. Abschnitt: Teilnehmer Art. 58

Preisbekanntgabe

Teilnehmer einer zentralen Gegenpartei, die indirekten Teilnehmern den Zugang zu einer zentralen Gegenpartei ermöglichen (GCM), haben die Preise für Dienstleistungen, welche sie im Zusammenhang mit der Abrechnung erbringen, öffentlich bekannt zu machen. Die Bestimmung soll es den indirekten Teilnehmern ermöglichen, die Dienstleistungen von Teilnehmern zu vergleichen. Sie soll die Konkurrenz zwischen den Teilnehmern fördern, um die Abrechnungskosten möglichst niedrig zu halten.

Art. 59

Segregierung

Abs. 1 und 2 Die Anforderungen betreffend Segregierung, welche in Artikel 54 an zentrale Gegenparteien gestellt werden, werden in den Absätzen 1 und 2 sinngemäss auch an die Teilnehmer gestellt, die indirekten Teilnehmern den Zugang zu einer zentralen Gegenpartei ermöglichen (GCM). Die Bestimmung dient dem Schutz der indirekten Teilnehmer beim Ausfall des Teilnehmers. Für Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu Artikel 54 verwiesen.

Einzelner indirekter Teilnehmer kann auch ein spezifisches Sondervermögen wie ein einzelner Fonds eines indirekten Teilnehmers sein.

Abs. 3 Sofern ein indirekter Teilnehmer die Einzelkunden-Kontotrennung gewählt hat, verpflichtet Absatz 3 den Teilnehmer, einen allfälligen Überschuss an Einschusszahlungen (excess margins) zugunsten seines indirekten Teilnehmers bei der zentralen Gegenpartei zu hinterlegen. Der Teilnehmer darf die excess margins somit nicht selbst verwahren. Der Überschuss darf zudem nur für Verluste des Abrechnungskontos des berechtigten indirekten Teilnehmers verwendet werden (vgl. Art. 53 Abs. 3 Bst. c). Die Bestimmung dient damit dem Schutz des indirekten Teilnehmers und entspricht Artikel 39 Absatz 6 EMIR.

Abs. 4 Ein Teilnehmer hat die Kosten und die Einzelheiten zum Umfang des durch die jeweilige Kontenführung gewährten Schutzes öffentlich bekannt zu machen. Die Bestimmung entspricht Artikel 39 Absatz 7 EMIR.

4. Abschnitt: Anerkennung ausländischer zentraler Gegenparteien Art. 60 Abs. 1 Anknüpfungspunkt für die Anerkennung einer ausländischen zentralen Gegenpartei ist die Teilnahme von beaufsichtigten Schweizer Teilnehmern an derselben. Zudem bedarf eine ausländische zentrale Gegenpartei auch dann einer Anerkennung durch die FINMA, wenn sie Abrechnungsdienste für eine schweizerische Finanzmarktinf7547

rastruktur (bspw. eine Börse) erbringt oder eine Interoperabilitätsvereinbarung mit einer Schweizer zentralen Gegenpartei eingeht.

Abs. 2 und 3 Die Voraussetzungen für eine Anerkennung im Einzelfall sowie das Recht der FINMA, die Anerkennung mangels Reziprozität zu verweigern, entsprechen den Anerkennungsvoraussetzungen für ausländische Handelsplätze (Art. 41). Es wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.

Aufgrund der grossen Bedeutung von zentralen Gegenparteien für die Finanzstabilität besteht ein grosses Interesse daran sicherzustellen, dass auch im grenzüberschreitenden Verkehr die Vereinbarungen über die Verrechnung im Insolvenzfall sicher und wirksam ist. Hierfür ist es notwendig, dass die FINMA die Möglichkeit hat, die Nettingmodelle einer ausländischen zentralen Gegenpartei im Einzelfall einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Im Unterschied zu einem Handelsplatz oder einem Transaktionsregister kann eine zentrale Gegenpartei daher nicht generell, sondern nur im Einzelfall anerkannt werden.

Abs. 4 Die FINMA kann eine ausländische zentrale Gegenpartei im Einzelfall von der Anerkennungspflicht befreien, sofern dadurch der Schutzzweck des Gesetzes nicht beeinträchtigt wird. Dies dürfte beispielsweise dann der Fall sein, wenn ein einzelner Schweizer Teilnehmer über eine ausländische zentrale Gegenpartei nur ein geringes Volumen abrechnet.

4. Kapitel: Zentralverwahrer 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 61

Begriffe

In Anlehnung an das europäische Recht wird der Begriff des Zentralverwahrers eingeführt. Dieser umfasst sowohl den Betreiber einer zentralen Verwahrungsstelle als auch den Betreiber eines Effektenabwicklungssystems. Die Begriffe der zentralen Verwahrungsstelle und des Effektenabwicklungssystems entsprechen materiell denjenigen in der NBV (vgl. Art. 2 Bst. j und k NBV). Zwar sind die Funktionen der zentralen Verwahrung und der Abwicklung von Effekten häufig eng miteinander verknüpft und können durch den gleichen Betreiber auf der gleichen technischen Plattform erbracht werden (so auch in der Schweiz). Gleichwohl ist diese Unterscheidung sinnvoll, da die beiden Funktionen grundsätzlich auch voneinander unabhängig durch unterschiedliche Betreiber erbracht werden können. Als Effektenabwicklungssystem wird auch ein System erfasst, das nur Abrechnungs- oder nur Abwicklungsschritte erfasst, wie beispielsweise ein Triparty Agent.

Art. 62

Grundsätze der Verwahrung, Verbuchung und Übertragung von Effekten

Die Bestimmung enthält die Grundsätze für die Erbringung typischer Dienstleistungen eines Zentralverwahrers. Absatz 1 enthält die Pflicht, eine sachgerechte und rechtskonforme Verwahrung, Verbuchung und Übertragung von Effekten zu gewährleisten. Die Regeln und Verfahren sind insbesondere nur dann sachgerecht, 7548

wenn sie die mit der Verwahrung, Verbuchung und Übertragung von Effekten verbundenen Risiken möglichst minimieren. Die Bestimmung übernimmt damit grundsätzlich Artikel 25c Absatz 1 NBV, geht jedoch darüber hinaus.

Die Absätze 2 und 3 entsprechen Artikel 25c Absätze 3 und 4 NBV. Das in Absatz 2 geforderte Verbot, Effektenkonten zu überziehen, findet auf diejenigen Effekten Anwendung, die bei der zentralen Verwahrungsstelle zentral verwahrt werden. Für Effekten, bei denen die zentrale Verwahrungsstelle als Investor CSD oder Global Custodian fungiert, kann aufgrund der Omnibuskontostruktur ein Überzug nicht immer verhindert werden. In diesem Fall hat die zentrale Verwahrungsstelle Massnahmen zu ergreifen, um die aus einem allfälligen Überzug entstehenden Risiken für die zentrale Verwahrungsstelle und für die Teilnehmer zu begrenzen. Mit Absatz 3 soll die Integrität der Effektenemission gewährleistet und eine allfällige Unterdeckung in den Effektenkonten erkannt werden.

Absätze 4 und 5 sind sind Artikel 25a NBV entnommen.

Art. 63

Abwicklungsfristen

Internationale Usanzen sehen in der Regel die Abwicklung einer Transaktion in Effekten innerhalb von zwei oder drei Tagen vor («T+2» oder «T+3»). In der EU laufen Bestrebungen, ein einheitliches Regime von T+2 einzuführen. Auf die Einführung einer solch fixen Frist auf Gesetzesstufe wird verzichtet. Die Regelung wäre zu unflexibel. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass schweizerische Zentralverwahrer die international üblichen Fristen aus Wettbewerbsgründen ebenfalls übernehmen werden. Es wird dem Zentralverwahrer jedoch vorgeschrieben, dass er sich bei der Festlegung der Abwicklungsfristen insbesondere an den internationalen Usanzen und den Bedürfnissen seiner Teilnehmer zu orientieren hat (Abs. 1).

Da es dem Zentralverwahrer grundsätzlich freigestellt wird festzulegen, innerhalb welcher Frist die Effektengeschäfte in seinem System abgewickelt werden müssen, wird von ihm verlangt, dass sein System es den Teilnehmern grundsätzlich erlaubt, diese Fristen einzuhalten (Abs. 2). Des Weiteren wird dem Zentralverwahrer die Pflicht auferlegt, die Einhaltung der Abwicklungsfristen zu überwachen und bei Verletzung der Fristen Sanktionen zu ergreifen. Die entsprechenden Sanktionen hat er in seinen Regularien vorzusehen. Sie sind vertraglicher Natur (Abs. 3).

Art. 64

Sicherheiten

Das Risikomanagement ist auch bei einem Zentralverwahrer von besonderer Bedeutung. Die Bestimmung schreibt daher explizit vor, dass ein Zentralverwahrer Risiken, die bei einer Kreditgewährung entstehen, durch geeignete Massnahmen zu decken hat (Abs. 1). Zu denken ist dabei insbesondere an Wertpapiersicherheiten.

Ein Zentralverwahrer akzeptiert ausschliesslich liquide Sicherheiten, die geringe Kredit- und Marktrisiken aufweisen, und bewertet die Sicherheiten vorsichtig (Abs. 2).

Art. 65

Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen

Die Bestimmung wurde analog zu Artikel 50 formuliert. Es wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.

7549

Art. 66

Eigenmittel und Risikoverteilung

Die Bestimmung entspricht weitgehend der bankengesetzlichen Regelung (vgl. auch die Ausführungen zu Art. 51). Damit wird für Zentralverwahrer geltendes Recht weitergeführt Art. 67

Liquidität

Die Bestimmung wurde analog zu Artikel 52 formuliert. Es wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.

Art. 68

Verfahren bei Ausfall eines Teilnehmers

Analog zu einer zentralen Gegenpartei hat der Zentralverwahrer die Pflicht, Massnahmen zur Begrenzung der Kredit- und Liquiditätsrisiken vorzusehen, welche beim Ausfall eines Teilnehmers entstehen (vgl. die Erläuterungen zu Art. 53 Abs. 1).

Art. 69

Segregierung

Analog zu der Regelung für eine zentrale Gegenpartei (vgl. Art. 54) muss ein Zentralverwahrer seine eigenen Vermögenswerte von den Effekten seiner Teilnehmer trennen und die Effekten eines Teilnehmers von denjenigen anderer Teilnehmer (Abs. 1 und 2). Überdies muss der Zentralverwahrer seinen Teilnehmern die Möglichkeit bieten, ihre Effekten von denjenigen ihrer Kundinnen und Kunden (d. h. den indirekten Teilnehmern) zu trennen (Abs. 3). Die Trennung wird durch das Führen gesonderter Effektenkonten erzielt.

2. Abschnitt: Verbindungen von Zentralverwahrern Art. 70

Begriff

Es können grundsätzlich zwei Arten von Verbindungen unterschieden werden: interoperable Verbindungen (Bst. a) und Zugangsverbindungen (Bst. b). Interoperable Verbindungen sind Vereinbarungen über die gegenseitige Ausübung von Zahlungs- und Übertragungsaufträgen. Es sind vertragliche Vereinbarungen, in der die Kompatibilität der Systeme von Zentralverwahrern hinsichtlich der Ausführung von Zahlungs- oder Übertragungsaufträgen vorgesehen wird. An einer solchen Vereinbarung kann mehr als nur ein Zentralverwahrer beteiligt sein.

Zugangsverbindungen sind Vereinbarungen über die direkte oder indirekte Teilnahme eines Zentralverwahrers an einem anderen Zentralverwahrer. Die einfachste Form einer Zugangsverbindung ist diejenige über den Anschluss eines Zentralverwahrers als «gewöhnlicher» Teilnehmer an einem anderen Zentralverwahrer (sog.

normale Zugangsverbindung). Daneben gibt es auch qualifizierte Zugangsverbindungen. Bei dieser Form erbringt ein Zentralverwahrer gegenüber einem anderen Zentralverwahrer im Vergleich zu seinen übrigen Teilnehmern besondere Dienstleistungen, die über seine gewöhnliche Dienstleistungserbringung klar hinausgehen (sog. kundenspezifische Zugangsverbindung). Zugangsverbindungen können direkt oder indirekt sein. Bei einer indirekten Zugangsverbindung nimmt der Zentralverwahrer als indirekter Teilnehmer an einem anderen Zentralverwahrer teil. Der direkte Teilnehmer muss nicht ein anderer Zentralverwahrer sein. Vielmehr handelt es 7550

sich dabei in der Regel um Finanzinstitute, die als Subcustodians die Effektenverwahrung anbieten und die es ihren Kontoinhaberinnen und -inhabern ermöglichen, das Effektenabwicklungssystem eines anderen Zentralverwahrers über sie zu nutzen.

Art. 71

Genehmigung

Interoperable Verbindungen und kundenspezifische Zugangsverbindungen bergen unter anderem das Risiko, dass sich der Ausfall eines Zentralverwahrers auf einen oder mehrere andere Zentralverwahrer überträgt (vgl. zur selben Problematik bei der zentralen Gegenpartei die Erläuterungen zu Art. 57). Ihre Errichtung bedarf daher der Genehmigung durch die FINMA (Abs. 1). Die Genehmigung wird erteilt, wenn die Voraussetzungen gemäss Absatz 2 erfüllt sind. Ist ein an der Verbindung von Zentralverwahrern beteiligter Zentralverwahrer systemisch bedeutsam, bedarf die Genehmigung durch die FINMA der Zustimmung der SNB (Abs. 3).

Art. 72

Meldung

Normale Zugangsverbindungen benötigen aufgrund ihrer geringeren Risiken und ihrer grossen Anzahl in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht keine Genehmigung. Sie müssen jedoch der FINMA gemeldet werden, sodass diese bei Bedarf geeignete aufsichtsrechtliche Massnahmen ergreifen kann.

Verzicht auf eine Vorschrift zur Anerkennung ausländischer Zentralverwahrer Es wird darauf verzichtet, eine Bestimmung betreffend die Anerkennung ausländischer Zentralverwahrer vorzusehen. Aus Risikoüberlegungen ist es nicht erforderlich, einen ausländischen Zentralverwahrer anzuerkennen, bevor er die Abwicklung von Effektengeschäften sowie die Effektenverwahrung für Schweizer Teilnehmer durchführen darf. Im Fokus stehen vielmehr die Regelungen zu ZentralverwahrerVerbindungen und zentralen Verwahrnetzwerken, welche in der Praxis und aus Risikogesichtspunkten von grösserer Bedeutung sind. Im Unterschied zur Teilnahme an einem ausländischen Handelsplatz, einer ausländischen zentralen Gegenpartei oder einem ausländischen Transaktionsregister kann die Teilnahme an einem ausländischen Zentralverwahrer sehr vielseitig sein. Es bestehen zudem weltweit unzählige Zentralverwahrer, die untereinander vielfältig verbunden sind. Eine Anerkennung ausländischer Zentralverwahrer wäre daher nicht praktikabel. Es ist jedoch zu beachten, dass systemisch bedeutsame Zentralverwahrer mit Sitz im Ausland unter die Überwachung der SNB fallen (vgl. Art. 19 Abs. 2 NBG).

3. Abschnitt: Segregierung durch den Teilnehmer Art. 73 Die Bestimmung ist Artikel 59 nachgebildet. Da sich die Eigentumsrechte an Bucheffekten nach dem BEG richtet, kommt der Segregierung vorliegend nicht dieselbe herausragende Bedeutung zu wie bei der zentralen Gegenpartei; hinsichtlich der schuldrechtlichen Forderungen ist sie aber dennoch von Bedeutung. Diese gilt es zu segregieren, damit der Insolvenzverwalter im Default-Fall erkennen kann, welche Forderung zur Masse gehört und welche nach dem neuen Konzept nur «durch den

7551

Teilnehmer (im Sinne des GCM) hindurchfliessen», ohne dass dieser eigene Rechte daran hat.

5. Kapitel: Transaktionsregister 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 74

Begriff

Der Begriff des Transaktionsregisters ist neu in der schweizerischen Gesetzgebung.

Er lehnt sich eng an die Verwendung des Begriffs in EMIR (Art. 2 Ziff. 2 EMIR) und in den internationalen Standards (PFMI) an.

Art. 75

Datenaufbewahrung

Das Transaktionsregister zeichnet die ihr gemeldeten Daten auf und bewahrt sie während mindestens zehn Jahren nach der Fälligkeit des Kontrakts auf. Die genannte Frist entspricht dem Recht der EU (vgl. Art. 80 Abs. 3 EMIR). Die Bestimmung stellt somit eine Lex specialis zu Artikel 19 dar. Hat ein Derivatekontrakt mehrere Fälligkeitstermine, ist der letzte Termin massgebend. Änderungen der aufgezeichneten Daten sind ebenfalls zu dokumentieren. Die Aufzeichnung und die Aufbewahrung der Daten haben in einer Weise zu erfolgen, welche gewährleistet, dass das Transaktionsregister seine gesetzlichen Pflichten in Bezug auf die Datenveröffentlichung und den Datenzugang erfüllen kann. Der Bundesrat kann bei Bedarf nähere Angaben dazu machen.

Im Übrigen untersteht ein Transaktionsregister in Bezug auf den Umgang mit den gemeldeten Daten dem Bundesgesetz vom 19. Juni 199236 über den Datenschutz (DSG). Dieses sieht unter anderem vor, dass Personendaten nur rechtmässig und nur zu dem Zweck bearbeitet werden dürfen, der bei der Beschaffung angegeben wurde, aus den Umständen ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen ist (Art. 4 Abs. 1 und 3 DSG). Als Datenverarbeitung gilt dabei «jeder Umgang mit Personendaten, unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Aufbewahren, Verwenden, Umarbeiten, Bekanntgeben, Archivieren oder Vernichten von Daten» (Art. 3 Bst. e DSG). Ein Transaktionsregister hat ausserdem alle angemessenen Massnahmen zu treffen, um unrichtige oder unvollständige Daten zu berichtigen oder zu vervollständigen (Art. 5 Abs. 1 DSG). Personendaten müssen ferner durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden (vgl. diesbezüglich auch Art. 14 Abs. 2).

Die Bekanntgabe der Daten richtet sich im Übrigen nach den Artikeln 76­79.

Art. 76

Datenveröffentlichung

Allgemeines Die kostenlose Veröffentlichung der im Transaktionsregister zentral gesammelten Daten in aggregierter und anonymisierter Form soll es den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern ermöglichen, die eingegangenen Risiken besser abzuschätzen und eigene Positionen zu bewerten. Darüber hinaus fördert sie die allgemeine 36

SR 235.1

7552

Markttransparenz, welche das Vertrauen der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer in den Finanzmarkt fördert und marktmissbräuchliches Verhalten verhindern kann. Die Veröffentlichung dient damit nicht zuletzt der Stabilität des Finanzsystems.

Abs. 1 Es ist auf eine angemessene Häufigkeit der Veröffentlichung zu achten, welche dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach aktuellen und gleichzeitig aussagekräftigen Daten Rechnung trägt. Die Daten sollten leicht zugänglich sowie verständlich und übersichtlich formuliert sein. Sie sollen zudem eine vergleichende Analyse ermöglichen.

Als Derivatekategorien kommt insbesondere eine Einteilung in Warenderivate, Kreditderivate, Devisenderivate, Aktienderivate, Zinsderivate und sonstige Derivate in Frage.

Abs. 2 Dem Transaktionsregister steht es frei, weitere Daten zu veröffentlichen. Aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes müssen die Daten jedoch aggregiert und anonymisiert werden. Damit steht fest, dass es nicht zulässig ist, Informationen über eine spezifische Gegenpartei zu veröffentlichen.

Art. 77

Datenzugang für inländische Behörden

Abs. 1 Die Bestimmung regelt in abschliessender Weise, welche Behörden Zugang zu den vom Transaktionsregister gesammelten Daten erhalten müssen. Der Zugang muss kostenlos sein. Es handelt sich bei diesen Behörden um jene, die für die Erfüllung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgaben in der Finanzmarktaufsicht auf die Kenntnis der genannten Daten angewiesen sind, das heisst die FINMA, die SNB und die anderen schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörden und die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom). Der Begriff der anderen schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörden ist heute bereits in Artikel 34a BEHG genannt. Zu denken ist bei diesen insbesondere an die Übernahmekommission, die Revisionsaufsichtsbehörde oder die Wettbewerbskommission (vgl. zudem die Erläuterungen zu Art. 39 Abs. 1 FINMAG unter Ziff. 2.2.13). Andere Behörden ­ insbesondere Justizbehörden ­ werden vom Begriff nicht erfasst. Sie können sich die notwendigen Daten allenfalls über den Amts- oder Rechtshilfeweg beschaffen. Die ElCom soll direkten Zugang zu einem Transaktionsregister erhalten, da es für die Beobachtung des Strommarktes wichtig ist, unmittelbar Zugang auf die Daten von Stromderivaten zu haben.

Die genannten Behörden erhalten nur zu jenen Daten Zugang, welche sie für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen. Welche Daten dies genau sind und wie der Zugriff darauf konkret erfolgt, wird der Bundesrat unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards konkretisieren. Dabei ist davon auszugehen, dass die FINMA aufgrund ihrer umfassenden Aufsichtsbefugnis Zugang zu allen Transaktionsdaten erhalten muss.

Abs. 2 Zentralbanken sind zwar von der Meldepflicht gemäss Artikel 103 ausgenommen.

Gegenparteien von Zentralbanken müssen entsprechende Derivatetransaktionen jedoch an ein Transaktionsregister melden. Dies kann die Wirkung solcher Transak7553

tionen beeinträchtigen. Aus diesem Grund ist die Vertraulichkeit dieser Daten besonders zu schützen. Der Bundesrat wird daher ermächtigt, unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards den Zugang zu Daten, die Transaktionen von Zentralbanken betreffen, einzuschränken, beispielsweise durch Auflagen an die Behörden, keine zentralbankspezifischen Anfragen zu tätigen und die Vertraulichkeit von zentralbankspezifischen Daten, welche sie aufgrund anderer Anfragen erhalten, besonders zu schützen (vgl. dazu auch CPSS/IOSCO, Authorities' access to trade repository data, August 201337).

Art. 78

Datenzugang für ausländische Behörden

Abs. 1 Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer können die Meldepflicht auch durch die Meldung an ein anerkanntes ausländisches Transaktionsregister erfüllen. Es ist daher für Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörden von essenzieller Bedeutung, Zugang zu diesen ausländischen Transaktionsregistern zu haben. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Schweizer Behörden einen Überblick über Positionen und Exposures der Schweizer Institute im Derivatemarkt erhalten. Dieser Zugang wird in der EU in der Regel nur gewährt, wenn die Schweiz den Behörden der EU unmittelbaren und ständigen Zugang zu einem Schweizer Transaktionsregister gewährt (vgl. Art. 81 Abs. 3 Bst. f i.V.m. Art. 75 Abs. 2 EMIR und Art. 81 Abs. 3 Bst. i i.V.m. Art. 76 EMIR).

Die Schweiz muss daher zumindest den ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden direkten kostenlosen Zugang zu einem schweizerischen Transaktionsregister gewähren. Dies jedoch nur für Daten, welche sie für die Erfüllung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgaben benötigen. Dies dürfte regelmässig nicht zutreffen auf rein schweizerische Sachverhalte. Zudem ist aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes dafür zu sorgen, dass dieser Zugang nur unter den in der Bestimmung genannten Voraussetzungen gewährt wird. Diese Voraussetzungen sind in Anlehnung an die Voraussetzungen der Amtshilfe formuliert. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Voraussetzung, wonach die ausländischen Behörden die erhaltenen Daten nicht zu Steuerzwecken an andere Behörden weiterleiten dürfen (Bst. b Ziff. 2). Ansonsten könnte die Amtshilfe in Steuersachen umgangen werden.

Das Transaktionsregister muss den Behörden, die die Voraussetzungen erfüllen, direkt Zugang zu den Daten gewähren, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Ein Beschwerderecht der betroffenen Kundin oder des betroffenen Kunden besteht nicht, da es sich nicht um Amtshilfe im Einzelfall handelt und dies nicht praktikabel wäre. Ausserdem könnte ein solches dazu führen, dass die Schweizer Behörden keinen Zugang zu europäischen Transaktionsregistern erhalten. Der Zugang von anderen ausländischen Behörden richtet sich nach den Bestimmungen über die internationale Amts- und Rechtshilfe. Die genannten Behörden erhalten nur zu jenen Daten Zugang, welche sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Welche Daten dies genau sind und wie der Zugriff darauf konkret erfolgt, wird der Bundesrat unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards konkretisieren.

37

www.bis.org > Monetary & financial stability > Committee on Payment and Settlement Systems > Publications

7554

Die in Artikel 78 vorgesehene Regelung ist als Spezialregelung zum geplanten Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden und über den Schutz der schweizerischen Souveränität (Zusammenarbeits- und Souveränitätsschutzgesetz, ZSSG)38 zu verstehen. Sie geht diesem somit vor.

Abs. 2 Der Bundesrat regelt unter Berücksichtigung anerkannter internationaler Standards den Zugang zu Daten, die Transaktionen von Zentralbanken betreffen. Zur Begründung wird auf Artikel 77 Absatz 2 verwiesen.

Art. 79

Datenübermittlung an Private

Abs. 1 Die Bestimmung erlaubt es einem Transaktionsregister, die ihm gemeldeten Daten in einem beschränkten Rahmen auch an Private zu übermitteln. Als Private gelten dabei alle natürlichen und juristischen Personen, die keine Behörden sind. Im Gegensatz zu der Mitteilung gemäss den Artikeln 77 und 78 kann das Transaktionsregister in diesem Fall ein Entgelt für seine Dienstleistung verlangen.

Damit die Daten nicht missbraucht werden können, ist eine Weitergabe nur dann zulässig, wenn die Daten aggregiert und anonymisiert werden.

Abs. 2 Die Übermittlung von Daten, die eigene Transaktionen betreffen, ist uneingeschränkt zulässig. Eine meldepflichtige Person kann insbesondere dann ein Interesse an der Kenntnis der Daten über ihre eigenen Transaktionen haben, wenn sie die Meldepflicht an einen Dritten delegiert hat. Zudem kann sich ein Zusammenzug der eigenen Daten aus allgemeinem Interesse als nützlich erweisen. Die Bestimmung erfasst auch den Fall, dass Daten an von der meldepflichtigen Person beauftragte Personen weitergegeben werden.

2. Abschnitt: Anerkennung ausländischer Transaktionsregister Art. 80 Abs. 1 Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer können ihre Meldepflicht durch Meldung an ein bewilligtes inländisches oder anerkanntes ausländisches Transaktionsregister erfüllen (vgl. Art. 103). Anknüpfungspunkt für die Anerkennung eines ausländischen Transaktionsregisters ist damit die Entgegennahme von Daten in Erfüllung der Meldepflicht nach Artikel 103.

Abs. 2 Die Anerkennungsvoraussetzungen entsprechen grundsätzlich denjenigen für die übrigen ausländischen Finanzmarktinfrastrukturen. Da es für Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörden von essenzieller Bedeutung ist, Zugang zu den ausländi38

www.ejpd.admin.ch > Themen > Sicherheit > Gesetzgebung > Zusammenarbeit und Souveränitätsschutz

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schen Transaktionsregistern zu haben, und aus Gründen des Datenschutzes wird jedoch zusätzlich vorgesehen, dass die zuständige ausländische Aufsichtsbehörde der zuständigen Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde bestätigt, dass die Voraussetzungen gemäss Artikel 78 Absatz 1 Buchstaben b und c erfüllt sind. Das heisst, die ausländische Finanzmarktaufsichtsbehörde muss einer gesetzlichen Geheimhaltungspflicht unterliegen. Zudem darf sie die Daten nur an andere ausländische Behörden weiterleiten, wenn im Fall der Übermittlung an eine Strafbehörde die Rechtshilfe nach IRSG möglich ist und es sich nicht um eine Datenweitergabe für Steuerzwecke handelt.

Abs. 3 Nebst der in Absatz 2 geregelten Anerkennung im Einzelfall wird in Absatz 3 wie bei der Anerkennung von Handelsplätzen eine generelle Anerkennung vorgesehen.

Diese greift, wenn die FINMA generell festgestellt hat, dass der Staat, in dem das ausländische Transaktionsregister seinen Sitz hat, seine Transaktionsregister angemessen reguliert und beaufsichtigt. Dies dürfte in der EU der Fall sein. Zudem muss die Zusammenarbeit mit der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde gewährleistet sein. Dies kann durch den Abschluss eines MoU oder einen Briefwechsel mit der zuständigen Aufsichtsbehörde erfolgen, oder aber durch eine Bestätigung der ausländischen Aufsichtsbehörde im Einzelfall.

Abs. 4 Absatz 4 beinhaltet den Grundsatz der Reziprozität, wie er auch für die Anerkennung der übrigen ausländischen Finanzmarktinfrastrukturen gilt.

6. Kapitel: Zahlungssysteme Art. 81

Begriff

Als Zahlungssystem gilt eine Einrichtung, die gestützt auf einheitliche Regeln und Verfahren Zahlungsverpflichtungen abrechnet und abwickelt. Der Begriff entspricht materiell demjenigen in der NBV.

Art. 82

Pflichten

Da Zahlungssysteme in der Regel keiner Bewilligungspflicht unterliegen (vgl. Art. 4 Abs. 2) und das einzige in der Schweiz als systemisch bedeutsam eingestufte Zahlungssystem (SIC) im Auftrag der SNB betrieben und von ihr überwacht wird, erscheint es zurzeit nicht notwendig, spezifische ­ über die allgemeinen Bestimmungen ­ hinausgehende Pflichten für Zahlungssysteme zu normieren. Um eine flexible Anpassung an die Entwicklungen des Marktes und auch an die internationalen Standards zu ermöglichen, wird jedoch eine Kompetenz des Bundesrates geschaffen, spezifische Pflichten an Zahlungssysteme zu formulieren, falls dies zur Umsetzung anerkannter internationaler Standards notwendig ist. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit der SNB nach Artikel 23 zur Festlegung besonderer Anforderungen für systemisch bedeutsame Zahlungssysteme.

7556

7. Kapitel: Aufsicht und Überwachung Allgemeines Das Kapitel regelt die Aufsicht der FINMA über sämtliche Finanzmarktinfrastrukturen und die Überwachung der systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen durch die SNB. Für die Aufsichtskompetenzen der FINMA ist ergänzend das FINMAG und für die Überwachungskompetenzen der SNB das NBG heranzuziehen.

Art. 83

Zuständigkeiten

Abs. 1 Aufsichtsbehörde für Finanzmarktinfrastrukturen, die nicht systemisch bedeutsam sind, ist die FINMA (vgl. auch Art. 6 FINMAG). Für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen (als solche kommen nur zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme in Frage; vgl. Art. 22) hat sich das bestehende zweiteilige Aufsichts- und Überwachungskonzept bewährt und es wird daran festgehalten: Während die SNB die Finanzmarktinfrastrukturen unter dem Blickwinkel der Sicherung der Stabilität des Finanzsystems überwacht (Systemüberwachung), nimmt die FINMA die mikroprudenzielle Aufsicht über die Systembetreiber (Institutsaufsicht) wahr.39 Im Gegensatz zur Aufsicht (supervision) durch die FINMA betrifft die Überwachung (oversight) das System. Die Überwachung durch die SNB hat zum Ziel, die Stabilität des Finanzsystems zu schützen (vgl.

Art. 19 Abs. 1 NBG). Kein Ziel der Überwachung durch die SNB ist der individuelle Gläubiger- oder Anlegerschutz. Dies schliesst freilich nicht aus, dass die SNB im Rahmen der Überwachung systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen auch Aspekte der allgemeinen Voraussetzungen und Pflichten nach Artikel 4 ff.

beurteilt, soweit sie Auswirkungen auf die besonderen Anforderungen nach Artikel 23 haben (bspw. Aspekte der Organisation, die Auswirkungen auf das Risikomanagement haben können) und nicht eindeutig in der Zuständigkeit der FINMA liegen (wie etwa die Gewährsprüfung). Da die Aufgaben der beiden Behörden komplementär sind (sog. Komplementärmodell), sollen SNB und FINMA bei der Überwachung und Beaufsichtigung systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen eng zusammenarbeiten und ihre Tätigkeiten aufeinander abstimmen (vgl.

Abs. 3).40 Die primäre Verantwortung für die Koordination liegt bei der FINMA.

Abs. 2 Die FINMA beaufsichtigt die Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen und der Pflichten gemäss dem FinfraG und dessen Ausführungsbestimmungen, soweit deren Einhaltung nicht durch die Überwachung der besonderen Anforderungen nach Artikel 23 durch die SNB erfasst wird. Damit steht fest, dass ausschliesslich die FINMA zuständig ist für die Aufsicht über nicht systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen, das heisst Handelsplätze und Transaktionsregister sowie nicht systemisch bedeutsame zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme. Die
Aufsicht umfasst dabei alle Aspekte, die gewöhnlich Gegenstand einer Institutsaufsicht sind, wie Eigenmittel, Liquidität, interne Organisation, Risikovertei39 40

BBl 2002 6097, hier 6170 f., 6218, 6277 BBl 2002 6097, hier 6172 f.

7557

lung, Grundzüge des Risikomanagements sowie die Zuverlässigkeit und Eignung der wesentlichen Organe und handelnden Personen.

Bei systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen findet die Aufsicht der FINMA hingegen ihre Grenzen bei der Systemüberwachung durch die SNB: Die SNB ist zuständig für die Überwachung der Einhaltung der besonderen Anforderungen. Geht sie bei den in Artikel 23 Absatz 2 abschliessend aufgezählten Regelungsgegenständen über die grundsätzlich vorgesehenen Regelungen hinaus, so obliegt die Überwachung der Einhaltung der entsprechenden Anforderungen ihr und nicht der FINMA. Das Überwachungsinstrumentarium der SNB richtet sich dabei nach den Vorschriften des NBG, dasjenige der FINMA grundsätzlich nach dem FINMAG und den besonderen Vorschriften des FinfraG.

Abs. 3 Um überlagernde Tätigkeiten zu vermeiden, informieren die beiden Behörden einander regelmässig über Erkenntnisse, die sie im Rahmen ihrer jeweiligen Handlungen gewinnen, und stützen sich soweit möglich auf Informationen, welche bereits von der anderen Behörde oder einer Prüfgesellschaft nach Artikel 84 erhoben wurden. So stützt sich die SNB heute schon bei der Überprüfung der Einhaltung der Mindestanforderungen gemäss NBG soweit möglich auf die Prüfergebnisse der FINMA ab.41 Bei der Beobachtung und der Analyse laufender Entwicklungen und Projekte von Finanzmarktinfrastrukturen setzen beide Behörden Themenschwerpunkte. Denkbar ist zudem, dass Treffen mit Vertretern systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen im Beisein beider Behörden stattfinden. Nötigenfalls kann die FINMA, aufgrund ihrer Bewilligungszuständigkeit für die Betreiber, die SNB bei der Durchsetzung von Massnahmen unterstützen, insbesondere im Falle der Nichteinhaltung besonderer Anforderungen gemäss Artikel 23.

Aufgrund des oft grenzüberschreitenden Charakters von Finanzmarktinfrastrukturen besteht für die FINMA und die SNB die Notwendigkeit, mit ausländischen Aufsichts- und Überwachungsbehörden zusammenzuarbeiten. Die rechtliche Grundlage, um mit ausländischen Behörden Informationen auszutauschen, ergibt sich aus Artikel 42 FINMAG und Artikel 21 NBG.

Die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden kann sowohl bei Finanzmarktinfrastrukturen mit Sitz in der Schweiz als auch bei Finanzmarktinfrastrukturen mit Sitz im Ausland notwendig sein. Bei
Finanzmarktinfrastrukturen mit Sitz in der Schweiz liegt die primäre Verantwortung für die Koordination bei der FINMA, die sicherstellt, dass die Arrangements mit ausländischen Behörden den Anforderungen internationaler Standards genügen. Die SNB unterstützt die FINMA, sofern es sich um systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen handelt, namentlich in den Themengebieten, in denen sie im Rahmen der laufenden Überwachung die Einhaltung der besonderen Anforderungen überprüft.

Bei ausländischen Finanzmarktinfrastrukturen ist eine Zusammenarbeit mit den ausländischen Aufsichts- und Überwachungsbehörden dann notwendig, wenn diese durch die FINMA anerkannt oder von der SNB als systemisch bedeutsam eingestuft wurden. FINMA und SNB stimmen sich in der Kommunikation mit den ausländischen Behörden ab, um ein einheitliches Auftreten zu gewährleisten.

41

Erläuterungsbericht zur Revision der Nationalbankverordnung vom 10. Juni 2013, S. 3 (abrufbar unter www.snb.ch).

7558

Art. 84

Prüfung

Gemäss BankG, BEHG, KKG und Pfandbriefgesetz vom 25. Juni 193042 (PfG) beruht die Aufsicht auf dem dualen Aufsichtssystem und damit auf dem Einsatz zugelassener Prüfgesellschaften. Dieses soll auch für den Infrastrukturbereich übernommen werden. Artikel 84 schafft die Grundlage dafür, dass FINMA und SNB im Rahmen des dualen Aufsichtssystems Prüfgesellschaften über Finanzmarktinfrastrukturen einsetzen können (vgl. Art. 24 FINMAG und Art. 20 Abs. 3 NBG). Die FINMA kann selbst direkte Prüfungen bei den Finanzmarktinfrastrukturen durchführen (vgl. die analoge Bestimmung für die SNB in Art. 20 Abs. 3 NBG). Die Formulierung entspricht der gesetzlichen Regelung zur Bündelung der Aufsichtskompetenz über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften, wie sie vom Parlament in der Sommersession 2014 verabschiedet wurde.43 Art. 85

Stimmrechtssuspendierung

Zur Durchsetzung von Artikel 9 Absätze 3 und 5 kann die FINMA das Stimmrecht suspendieren, das an Aktien oder Anteile gebunden ist, die von qualifiziert Beteiligten gehalten werden. Dies entspricht Artikel 23ter BankG.

Art. 86

Freiwillige Rückgabe der Bewilligung

Die Bestimmung soll einer Finanzmarktinfrastruktur die Möglichkeit geben, ihre Tätigkeit einzustellen, ohne dass zugleich die juristische Person aufgelöst werden muss. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine juristische Person die Finanzmarktinfrastrukturtätigkeit zwar nicht mehr weiterführt, dafür aber andere bisherige Tätigkeiten weiter durchführen möchte. Verlangt wird ein Auflösungsplan, der sich insbesondere zur Abwicklung der finanziellen Verpflichtungen äussert. Erst wenn den Pflichten aus dem Auflösungsplan vollständig nachgekommen wurde, kann eine Finanzmarktinfrastruktur aus der Aufsicht der FINMA entlassen werden.

Die Bestimmung ist Artikel 60 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 17. Dezember 200444 (VAG) nachgebildet. Wird der Auflösungsplan nicht eingehalten, kann gemäss Artikel 87 Absatz 1 Buchstabe c die Bewilligung entzogen werden.

Art. 87

Entzug der Bewilligung

Abs. 1 Neben den in Artikel 37 FINMAG genannten Voraussetzungen werden in den Buchstaben a­c Tatbestände eingeführt, wonach eine Bewilligung wieder entzogen werden kann. Diese entsprechen dem aktuellen internationalen Standard.

Nach Buchstabe a kann eine Bewilligung entzogen werden, wenn der Betreiber binnen zwölf Monaten ab Bewilligungserteilung keinen Gebrauch von der Bewilligung macht.

Sofern der Betreiber einer Finanzmarktinfrastruktur nach Ausübung der Geschäftstätigkeit binnen sechs Monaten keine nur mit der Bewilligung zulässigen Dienstleistungen mehr erbringt oder Tätigkeiten ausübt und nicht von sich aus auf die 42 43 44

SR 211.423.4 BBl 2014 5113 SR 961.01

7559

Bewilligung verzichtet, so kann ihm die Bewilligung nach Buchstabe b ebenfalls wieder entzogen werden.

Buchstabe c knüpft an Artikel 86 an für den Fall, dass ein Auflösungsplan nicht eingehalten wird. Die Bestimmung ist Artikel 60 Absatz 3 VAG nachgebildet.

Abs. 2 Mit dem Bewilligungsentzug ist zwingend die Liquidation der juristischen Person verbunden, nicht jedoch mit dem Entzug der Anerkennung einer ausländischen juristischen Person.

8. Kapitel: Insolvenzrechtliche Bestimmungen Art. 88

Insolvenzmassnahmen

Abs. 1 Für die Sanierung und Abwicklung von Finanzmarktinfrastrukturen finden die Vorschriften der Bankeninsolvenz nach dem BankG Anwendung, sofern das FinfraG keine abweichenden Bestimmungen vorsieht. Die bankenrechtlichen Bestimmungen sollen dabei nicht unbesehen mechanisch, sondern sinngemäss für Finanzmarktinfrastrukturen gelten. Das Gesetz erlaubt und verlangt damit, den unterschiedlichen Gegebenheiten und Besonderheiten von Finanzmarktinfrastrukturen Rechnung zu tragen. Im Grundsatz wird der regulatorische Status quo beibehalten.

Vom Verweis auf das BankG nicht erfasst werden die Bestimmungen zu privilegierten Einlagen (Art. 37a­37c BankG), zur Einlagensicherung (Art. 37h­37k BankG) und zu nachrichtenlosen Vermögenswerten (Art. 37l BankG). Dies erklärt sich damit, dass Finanzmarktinfrastrukturen keine Einlagen halten. Der Verweis auf Artikel 37d BankG zur Absonderung von Depotwerten erfasst auch den in dieser Bestimmung vorgesehenen Verweis auf Artikel 16 BankG zur Definition der Depotwerte.

Abs. 2 Bevor die FINMA gegenüber systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen als Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde Insolvenzmassnahmen ergreift, hört sie die SNB als Überwachungsbehörde an.

Art. 89

Systemschutz

Artikel 89 übernimmt die aktuelle Regelung von Artikel 27 Absätze 1­2bis BankG, wobei im Fall von Insolvenzmassnahmen gegenüber Teilnehmern nicht nur betroffene Betreiber von Zahlungs- und Effektenabwicklungssystemen, sondern neu auch zentrale Gegenparteien und zentrale Verwahrungsstellen von der FINMA soweit möglich informiert werden sollen. Zudem findet Absatz 2 neu ebenfalls Anwendung im Fall einer anerkannten ausländischen Finanzmarktinfrastruktur, soweit sie Schweizer Teilnehmern direkten Zugang zu ihrer Einrichtung gewährt. Weiter gilt Absatz 2 neu sinngemäss auch für Finanzmarktinfrastrukturen, die durch die SNB oder in ihrem Auftrag betrieben werden, sowie für Zahlungssysteme, die durch Banken betrieben werden. Der geltende Artikel 27 Absatz 3 BankG wird neu formu7560

liert (siehe die Änderungen bisherigen Rechts im Anhang zum FinfraG) und vom Verweis nach Artikel 88 Absatz 1 erfasst.

Art. 90

Vorrang von Vereinbarungen bei Insolvenz eines Teilnehmers

Wie soeben erwähnt, wird der neu formulierte Artikel 27 BankG zum Vorrang von Aufrechnungs-, Verwertungs- und Übertragungsvereinbarungen bei Insolvenz einer Finanzmarktinfrastruktur kraft des Verweises in Artikel 88 Absatz 1 erfasst. Artikel 90 beinhaltet eine grundsätzlich reziproke Bestimmung für den Fall der Insolvenz eines Teilnehmers einer zentralen Gegenpartei. So sehen zentrale Gegenparteien in ihren Teilnehmerverträgen regelmässig Close-Out-Netting-Klauseln vor. Diese bestimmen, dass im Fall des Ausfalls eines Teilnehmers (Close-Out-Event), alle noch nicht erfüllten Verträge zwischen der zentralen Gegenpartei und dem ausfallenden Teilnehmer aufgelöst und miteinander verrechnet werden. Im Ergebnis bleibt lediglich eine Nettoforderung zu begleichen. Die noch nicht fälligen Forderungen werden dabei nach ihrem Wert zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung erfasst. Für Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu Artikel 27 BankG sowie jene zum neuen Artikel 30a BankG verwiesen. Letzterer behandelt insbesondere das Verhältnis zwischen im Voraus geschlossenen Vereinbarungen (Art. 90 bzw. Art. 27 BankG) und dem Aufschub entsprechender Rechte (Art. 91 bzw. Art. 30a BankG) und wird ebenfalls vom Verweis in Artikel 88 Absatz 1 erfasst.

Art. 91

Aufschub der Beendigung von Verträgen

In einem neuen Artikel 30a BankG soll der in Artikel 57 der Bankeninsolvenzverordnung der FINMA vom 30. August 201245 (BIV-FINMA) vorgesehene Aufschub der Beendigung von Verträgen ausdrücklich auf Gesetzesstufe verankert werden (siehe die Änderungen bisherigen Rechts im Anhang zum FinfraG). Die neue Bestimmung gilt nach Artikel 88 Absatz 1 sinngemäss auch für Finanzmarktinfrastrukturen. Schiebt die FINMA die Beendigung von Verträgen und die Ausübung von Rechten zu deren Beendigung auf, so hat sie nach Artikel 91 die Auswirkungen auf die Finanzmärkte sowie den sicheren und geordneten Betrieb der betroffenen Finanzmarktinfrastruktur, von deren Teilnehmern und anderer mit ihr verbundener Finanzmarktinfrastrukturen zu berücksichtigen.

Mit den neuen Bestimmungen wird letztlich das Ziel verfolgt, die Sanierungsmöglichkeit aufrechtzuerhalten, indem dilatorisch die Möglichkeit ausgeschlossen wird, dass von in Verträgen vereinbarten Beendigungsrechten Gebrauch gemacht wird.

Entsprechend sind bei Anordnung einer Insolvenzmassnahme, wobei zur Hauptsache die Übertragung von Dienstleistungen gemeint ist, die Vertragspartner der Finanzmarktinfrastruktur nicht berechtigt, diese Verträge zu beenden. Der Niedergang der Finanzmarktinfrastruktur soll dadurch verlangsamt werden, dass sich die Vertragspartner nicht auf Vertragsbeendigungsrechte berufen können.

Wären die Vertragspartner der Finanzmarktinfrastruktur befugt, in einem solchen Fall die Verträge zu beenden (und zu verrechnen [Close-out Netting]), sänken die Chancen einer Sanierung der verbleibenden Finanzmarktinfrastruktur beträchtlich.

Für Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu Artikel 30a BankG verwiesen.

45

SR 952.05

7561

3. Titel: Marktverhalten 1. Kapitel: Handel mit Derivaten 1. Abschnitt: Allgemeines Art. 92

Geltungsbereich

Abs. 1 Der Anwendungsbereich dieses Kapitels soll grundsätzlich alle Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien umfassen, soweit sie ihren Sitz in der Schweiz haben (vgl. für einen Überblick über die Pflichten im Derivatehandel nach Gegenparteien die Tabelle im Anhang). Niederlassungen von Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern im Ausland werden vom Gesetz damit erfasst, nicht aber Niederlassungen in der Schweiz von Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern mit Sitz im Ausland. Diese Regelung entspricht spiegelgleich derjenigen in EMIR, womit verhindert wird, dass bei grenzüberschreitenden Derivatgeschäften zwei Rechtsordnungen für dieselbe Niederlassung gelten.

Abs. 2 Das FinfraG unterscheidet analog zu EMIR zwischen Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien. Finanzielle Gegenparteien sind die Teilnehmer am Derivatehandel, welche gewerbsmässig im Finanzmarkt tätig sind, während die nicht im Finanzbereich tätigen Handelsteilnehmer als Nichtfinanzielle Gegenparteien gelten.

Artikel 2 Ziffer 8 EMIR verweist für die Definition der einzelnen Finanziellen Gegenparteien auf die einschlägigen EU-Richtlinien, wobei es sich bei diesen Gegenparteien im Ergebnis jeweils nur um juristische Personen handelt. In diesem Sinne sollen als Finanzielle Gegenparteien gelten:

46

­

Buchstabe a: Banken nach den einschlägigen Bestimmungen der Bankengesetzgebung. Sie entsprechen den «Kreditinstituten» nach der Richtlinie 2006/48/EG46. Im Gegensatz zum EU-Recht, wonach nur Unternehmen, also juristische Personen, Kreditinstitute sein können, werden vom FinfraG entsprechend der Regulierung im BankG mit den Privatbankiers teilweise auch natürliche Personen erfasst. Da Privatbankiers in der Schweiz derselben Aufsicht wie andere Banken unterstehen und mit wenigen Ausnahmen auch denselben Vorschriften nachzukommen haben, besteht kein Anlass, die Privatbankiers vorliegend anders als die übrigen Banken zu behandeln.

­

Buchstabe b: Effektenhändler nach BEHG. Sie werden analog EMIR dem FinfraG unterstellt, da sie Dienstleistungen erbringen, die nach MiFID als «Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten» nur von «Wertpapierfirmen» erbracht werden dürfen.

Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1

7562

­

Buchstabe c: Entsprechend dem genannten Artikel 2 Ziffer 8 EMIR47 unterstehen dem FinfraG auch die Versicherungsunternehmen (Direkt- und Rückversicherer) nach VAG.

­

Buchstabe d: Um zu verhindern, dass Derivatgeschäfte in nicht als Bank oder Versicherung regulierte Konzernobergesellschaften ausgelagert werden, sollen auch diese als Finanzielle Gegenparteien gelten.

­

Buchstabe e und f: Weiter fallen als Finanzielle Gegenparteien unter das Gesetz die bewilligungspflichtigen Personen nach Artikel 13 Absatz 2 KAG sowie die kollektiven Kapitalanlagen selber. Obwohl diese immer über Fondsleitungen oder Vermögensverwalter handeln, werden sie hier (entsprechend den ausländischen Regelungen) zusätzlich aufgeführt, was im Hinblick auf die ­ entsprechend den offenen Derivatpositionen erfolgende ­ Zuordnung als kleine oder grosse Finanzielle Gegenpartei von Bedeutung ist. Ausgenommen sind einzig die Depotbanken (da sie als Banken schon als Finanzielle Gegenparteien gelten) sowie die Vertriebsträger und die Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen, da diese in dieser Funktion keinen Derivatehandel treiben. Die unter das Gesetz fallenden Personen werden von Artikel 2 Ziffer 8 EMIR entweder als «OGAW» (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) nach der Richtlinie 2009/65/EG (OGAW-Richtlinie)48 oder aber als alternative Investmentfonds erfasst, die gemäss der Richtlinie 2011/61/EU (AIFM-Richtlinie)49 von Verwaltern alternativer Investmentfonds verwaltet werden.

­

Buchstabe g: Schliesslich fallen auch die Vorsorgeeinrichtungen gemäss den Artikeln 48 ff. und Anlagestiftungen gemäss den Artikeln 53g ff. des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198250 über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVG) unter die Bestimmungen dieses Kapitels51.

Nicht als Finanzielle Gegenpartei gelten grundsätzlich multilaterale Handelssysteme nach Artikel 26 Absatz 3. Zwar erbringen sie gemäss Anhang I Abschnitt A von MiFID ebenfalls Wertpapierdienstleistungen. Multilaterale Handelssysteme als solche gelten aber auch unter MiFID nicht als Wertpapierfirma, denn Artikel 4 Absatz 1 Ziffer 15 MiFID macht klar, dass ein multilaterales Handelssystem sowohl 47

48

49

50 51

Mit Verweisung auf die Erste Richtlinie 73/239/EWG des Rates vom 24. Juli 1973 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung, ABl. L 228 vom 16.8.1973, S. 3, die Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen, ABl. L 345 vom 19.12.2002, S. 1, und die Richtlinie 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2005 über die Rückversicherung und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 92/49/EWG des Rates sowie der Richtlinien 98/78/EG und 2002/83/EG, ABl. L 323vom 9.12.2005, S. 1 Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32.

Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1.

SR 831.40 vgl. dazu auch Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (ABl. L 235 vom 23.9.2003), ABl. L 291 vom 14.9.2004, S. 18.

7563

von einer Wertpapierfirma (bspw. einer Bank) als auch von einem Marktbetreiber (Börse) betrieben werden kann. In MiFID musste allerdings ein Weg gefunden werden, um die multilateralen Handelssysteme auch gewissen Organisations-, Transparenz- und Marktüberwachungspflichten unterstellen zu können, ähnlich den auf regulierte Märkte anwendbaren Pflichten (Titel III von MiFID).52 Der dafür verwendete Kunstgriff erfolgte über die Definition von Wertpapierdienstleistungen im Anhang zur MiFID.

Auch Vermögensverwalter ausserhalb des Kollektivanlagenbereichs und Anlageberater erbringen Dienstleistungen, welche nach EU-Recht als «Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten» zu definieren sind und nach denen sie formell als Finanzielle Gegenparteien erfasst werden müssten. Es erscheint indessen auch mit Blick auf das mit diesem Gesetz anvisierte Ziel der Finanzstabilität weder angezeigt noch verhältnismässig, Vermögensverwalter und Anlageberater, die vielfach als natürliche Personen selbstständig ausserhalb einer der unter den Buchstaben a­f genannten Personen tätig sind, den hohen Anforderungen für Finanzielle Gegenparteien zu unterstellen.

Abs. 3 Entsprechend Artikel 2 Ziffer 9 EMIR sollen auch im FinfraG alle Unternehmen, die keine Finanziellen Gegenparteien sind, als Nichtfinanzielle Gegenpartei gelten.

Abs. 4 Für multilaterale Entwicklungsbanken und öffentlich-rechtliche Einrichtungen und Organisationen, die sich im Besitz oder unter der Garantie oder einer gleichwertigen Sicherheit von Bund, Kantonen oder Gemeinden befinden, sowie für die über vergleichbare Garantien verfügenden Einrichtungen der Sozialversicherung ­ wie etwa dem Ausgleichsfonds AHV/IV/EO ­ spricht ebenfalls eine weitgehende Entbindung von den in diesem Gesetz vorgesehenen Pflichten. Für diese Einrichtungen besteht ein geringes Gegenparteiausfallrisiko. Sie sollen daher einzig der Meldepflicht unterstehen. Nicht unter diese Ausnahme fallen Unternehmen, die als Finanzielle Gegenparteien im Sinne von Artikel 92 Absatz 2 gelten.

Abs. 5 Die hier dem Bundesrat zugewiesene Kompetenz ist in den Fällen wichtig, in denen ­ wie unter der US-Regulierung nach dem DFA ­ die Regulierung des Heimatstaats die ausländischen Niederlassungen nicht erfasst.

Art. 93

Ausnahmen

Abs. 1 Die Organisationseinheiten der öffentlichen Hand handeln zwar ebenfalls mit Derivaten, sie stellen dabei aber keine Gefahr für die Finanzstabilität dar. Aus diesem Grund sind sie vom Geltungsbereich der Regelungen zum Handel mit Derivaten auszunehmen. Bei Einrichtungen wie der SNB, die währungspolitische Verpflichtungen wahrnehmen, begründet sich die Ausnahme auch damit, dass ein Eingriff in deren geldpolitische Zuständigkeiten vermieden werden soll. Aus den gleichen 52

Für weitere Informationen siehe beispielsweisewww.linklaters.com > Publications & Seminars > MiFID II > Multilateral Trading Facilities ("MTFs")

7564

Gründen kann der Bundesrat gemäss Absatz 2 ausländische Zentralbanken und öffentliche Stellen, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind, von der Anwendbarkeit der Vorschriften über den Handel mit Derivaten ausnehmen (vgl. Abs. 2) Abs. 2 Die dem Bundesrat in Buchstabe a zugewiesene Kompetenz zur Gewährung von Ausnahmen soll vor unter anderem zum Tragen kommen, wenn sich die Regelungen in diesem Kapitel angesichts der ­ sich erst allmählich konkretisierenden ­ internationalen Standards und deren Umsetzung in den massgeblichen Märkten für die Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer als unverhältnismässig erweisen. In diesem Rahmen kann etwa auf die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge verwiesen werden. Im schweizerischen System kann von der beruflichen Vorsorge keine systemgefährdende Wirkung ausgehen, da das Exposure liquiditätsnah gedeckt sein muss und auch keine Nachschusspflicht oder Hebel erlaubt sind.

Bei diesen Einrichtungen wird ­ soweit sie mit den «Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung» nach Artikel 2 Ziffer 8 EMIR vergleichbar sind ­ auch die Entwicklung in der EU im Auge zu behalten sein.

Darüber hinaus kann der Bundesrat ausländische Zentralbanken oder öffentliche Stellen, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind (bzw. Geschäfte mit diesen), vom Geltungsbereich dieses Kapitels ganz oder teilweise ausnehmen. Dies wird er in der Regel dann vorsehen, wenn sich aus der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung eine gleichwertige Ausnahme für die entsprechenden schweizerischen Einrichtungen ergibt. Voraussetzung für die Ausnahme wäre somit die Reziprozität: Die ausländische Rechtsordnung soll für entsprechende schweizerische Einrichtungen ebenfalls eine Ausnahme vorsehen.

Dadurch sollen gleiche Bedingungen für Transaktionen mit Zentralbanken sichergestellt werden. Dies wird auch zu mehr Kohärenz und Konsistenz auf internationaler Ebene beitragen. Die Ausnahmebestimmung für ausländische Einrichtungen ist zudem auch wichtig, damit schweizerische Einrichtungen beispielsweise in der EU von der Clearing- und Meldepflicht ausgenommen werden können (vgl. Art. 1 Abs. 6 EMIR).

Abs. 3 Unter die Ausnahmen im Geltungsbereich sind explizit die strukturierten Produkte (vgl. Art. 5 KAG) und die Effektenleihe
aufzunehmen. Diese Klärung ist notwendig, da ­ wie die Vernehmlassung gezeigt hat ­ die Begrifflichkeiten im Derivatebereich in der Praxis unterschiedlich verwendet werden. Nicht besonders zu erwähnen und auszunehmen sind Repo-Transaktionen; diese fallen zum Vornherein nicht unter den Derivatbegriff.

Abs. 4 Dieser Absatz gibt dem Bundesrat die notwendige Flexibilität, um auf die noch nicht abgeschlossene internationale Entwicklung bei der Derivateregulierung reagieren zu können. Es ist denkbar, dass festgestellt wird, dass hier vorgesehene Regelungen für bestimmte Finanzinstrumente nicht mehr notwendig sind.

7565

Art. 94

Erfüllung von Pflichten unter ausländischem Recht

Diese Bestimmung soll verhindern, dass Derivatgeschäfte formal nach schweizerischem Recht abgewickelt werden müssen, obwohl sie von der FINMA als gleichwertig anerkannten ausländischen Regeln entsprechen und ­ soweit für die Erfüllung der Pflicht notwendig ­ auch über eine von der FINMA nach diesem Gesetz anerkannte Finanzmarktinfrastruktur abgewickelt werden. Es muss sichergestellt werden, dass bei grenzüberschreitenden Geschäften mit Drittstaaten, welche eine mit der Schweiz vergleichbare Derivateregulierung implementiert haben, keine Doppelspurigkeiten und möglicherweise widersprüchliche Anforderungen an die Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer entstehen. Es wäre auch nicht zu begründen, wenn ein Geschäft vollumfänglich beispielsweise den mit dem vorliegenden Gesetz umgesetzten Regeln von EMIR entspricht und auch über eine von der FINMA anerkannte zentrale Gegenpartei in einem EU-Land abgerechnet wird und trotzdem (nebst EMIR) auch noch die Schweizer Regeln zur Abrechnung einzuhalten wären. Die EU und die USA sehen in ihren Regulierungen daher die Möglichkeit vor, via Gleichwertigkeitsanerkennung Equivalence oder Substituted Compliance» solche Konflikte im grenzüberschreitenden Geschäft zu vermeiden. Auf Verordnungsstufe zu vertiefen sind der Prozess und die Bedingungen für die Gleichwertigkeitsanerkennung durch die FINMA.

Art. 95

Informationsfluss innerhalb der Gruppe

Diese Bestimmung schafft die gesetzliche Grundlage dafür, dass Schweizer Gegenparteien bei der Erfüllung von Derivatehandelspflichten (bspw. beim Portfolioabgleich, beim Austausch von Sicherheiten oder bei einer im Konzern zentralisierten Erfüllung der Meldepflicht) Informationen mit ihren ausländischen Konzerngesellschaften oder Zweigstellen austauschen können.

2. Abschnitt: Abrechnung über eine zentrale Gegenpartei Allgemeines Die Einführung einer Abrechnungspflicht für Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien verfolgt das Ziel, das Gegenparteiausfallrisiko zu mindern und dadurch einen Beitrag an die Stabilität des Finanzsystems zu leisten. Sie ist damit als eine Ergänzung zu den risikomindernden Massnahmen für nicht zentral abgerechnete Derivatetransaktionen zu verstehen.

Art. 96

Pflicht

Abs. 1 Die Pflicht, über eine zentrale Gegenpartei abzurechnen, gilt analog zur Regelung in der EU für Derivate, die nicht über eine Börse (in der Terminologie der EU: geregelter Markt; vgl. Art. 2 Ziff. 7 EMIR) oder ein multilaterales Handelssystem, welches nach dem vorliegenden Gesetz vergleichbaren Anforderungen untersteht, gehandelt werden. Bereits heute werden zahlreiche börsengehandelte Derivate auch gleich zentral abgerechnet.

7566

Von der Abrechnungspflicht betroffen sind Transaktionen (i) zwischen zwei Finanziellen Gegenparteien, (ii) zwischen einer Finanziellen und einer Nichtfinanziellen Gegenpartei und (iii) zwischen zwei Nichtfinanziellen Gegenparteien.

Abs. 2 Ausgenommen von der Abrechnungspflicht sind Transaktionen, bei denen es sich bei einer (oder bei beiden) der Gegenparteien entweder um eine kleine Finanzielle oder um eine kleine Nichtfinanzielle Gegenpartei handelt (vgl. Art. 97 und 98).

Abs. 3 Die Klassifizierung einer Gegenpartei liegt in ihrer eigenen Verantwortung. Ihre Gegenpartei darf sich ­ soweit nicht klare Indizien dagegen sprechen ­ auf eine entsprechende Bestätigung der Gegenpartei verlassen.

Abs. 4 Sollte zusätzlich zur Abrechnungspflicht eine Pflicht zum Handel über bewilligte oder anerkannte Handelsplätze oder organisierte Handelssysteme eingeführt werden (vgl. dazu den 5. Abschnitt in diesem Kapitel), so wird mit dieser Bestimmung zusätzlich die Grundlage für die Einführung einer Pflicht geschaffen, alle so zu handelnden Derivate auch zentral abzurechnen. Diese Pflicht ergibt sich nicht aus EMIR, sondern sie orientiert sich an Artikel 29 der von der EU mittlerweile verabschiedeten MiFIR (vgl. Ziff. 1.4.3). Der Bundesrat wird sie nur dann in Kraft setzen, wenn auch die entsprechende Regelung in den Partnerstaaten, namentlich im Rahmen von MiFIR, in Kraft gesetzt werden sollte.

Abs. 5 Die Bestimmung gibt der FINMA die Möglichkeit, unter Einhaltung des Schutzzwecks dieses Gesetzes eine Abrechnung über eine nicht anerkannte zentrale Gegenpartei zu erlauben. Ohne diese Möglichkeit würde letztlich der wirtschaftliche Handlungsspielraum von Schweizer Teilnehmern eingeschränkt, da ausländische zentrale Gegenparteien in einer solchen Konstellation in der Regel auf eine Anerkennung durch die FINMA verzichten dürften. Die Regel könnte etwa bei Geschäften mit geringem Handelsvolumen zum Tragen kommen und, bei denen der Aufwand für die Anerkennung einer ausländischen zentralen Gegenpartei unverhältnismässig wäre.

Art. 97

Kleine Nichtfinanzielle Gegenparteien

Allgemeines Gemäss der achten FSB-Empfehlung (vgl. Ziff. 1.1.1.2) sollen die Behörden bei ihren Regulierungsvorhaben angemessene Ausnahmen für die Abrechnungspflicht zulassen, solange keine systemischen Risiken erzeugt werden. Die Bestimmungen dieses Artikels nehmen diese Anforderungen auf und entsprechen materiell weitgehend der Regelung in der EU (vgl. Art. 10 Abs. 1­4 EMIR).

Abs. 1 Die Ausgestaltung der Schwellenwerte für eingegangene OTC-Derivatepositionen von Nichtfinanziellen Gegenparteien und die zeitliche Berechnungsweise tragen sowohl den Interessen der Nichtfinanziellen Gegenparteien nach berechenbaren Regeln als auch denjenigen nach Systemschutz angemessen Rechnung.

7567

Der Statuswechsel von einer (grossen) Nichtfinanziellen zu einer kleinen Nichtfinanziellen Gegenpartei ist immer dann und mit sofortiger Wirkung möglich, wenn ihre gleitenden Durchschnittsbruttopositionen in sämtlichen für sie massgeblichen Derivatekategorien die Schwellenwerte (wieder) unterschreiten.

Abs. 2 Hier wird festgesetzt, unter welchen Voraussetzungen eine kleine Nichtfinanzielle Gegenpartei zu einer (grossen) Nichtfinanziellen Gegenpartei wird und ab wann für sie die Abrechnungspflicht gilt. Die Gegenpartei wird vier Monate ab dem Zeitpunkt abrechnungspflichtig, zu welchem sie auch nur mit einer ihrer Durchschnittsbruttopositionen den massgeblichen Schwellenwert in einer Derivatekategorie überstieg.

Die Frist gibt ihr die Möglichkeit, die Erfüllung der mit dem Statuswechsel entstehenden Pflichten angemessen vorzubereiten . Der Statuswechsel in die andere Richtung ­ von einer Nichtfinanziellen zu einer kleinen Nichtfinanziellen Gegenpartei ­ ist in Absatz 1 geregelt.

Abs. 3 Transaktionen, die zu Absicherungszwecken abgeschlossen werden (Hedging), werden bei der Berechnung des Schwellenwerts Nichtfinanzieller Gegenparteien nicht berücksichtigt. Hintergrund dieser Regelung ist die Vermutung, dass diese Transaktionen einen Beitrag zur Reduktion des systemischen Risikos leisten. Da die Abrechnungskosten durchaus substanziell sein können, sollen die Gegenparteien durch eine Abrechnungspflicht auch nicht davon abgehalten werden, ihre kommerziellen Risiken mit Derivaten zu begrenzen. Auf Verordnungsstufe wird näher festzulegen sein, nach welchen Kriterien Geschäfte als Absicherungsgeschäfte zu qualifizieren sind (Art. 99).

Aus dem Zusammenspiel der Artikel 97 und 99 ergibt sich, dass die Überschreitung des Schwellenwerts in einer Derivatekategorie zur Abrechnungspflicht für alle im Sinn dieses Gesetzes eingegangenen Derivatgeschäfte führt. Besteht eine Abrechnungspflicht, so erfasst diese mithin alle Derivatekategorien und auch die HedgingTransaktionen. Dies, weil eine Gegenpartei, welche den Schwellenwert überschreitet, als im Derivatehandel grundsätzlich bedeutende Gegenpartei eingestuft wird. Es kann an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass sich die im Ausland gehandhabten Schwellenwerte in einer Derivatekategorie im Milliardenbereich (Euro oder US-Dollar) bewegen.

Art. 98

Kleine Finanzielle Gegenparteien

Allgemeines Die EU sieht keine Bestimmung vor, welche kleinere Finanzielle Gegenparteien von der Abrechnungspflicht ausnehmen würde. Anders präsentiert sich die Regelung der USA. Danach gelten gewisse Finanzinstitute nicht als Financial Entities, soweit ihre Bilanzsumme 10 Milliarden US-Dollar nicht übersteigt. Sie fallen damit allerdings immer noch unter die Meldepflicht und können nur von der Ausnahme profitieren, solange es sich um Absicherungstransaktionen handelt.

Eine Ausnahme von der Abrechnungspflicht für gewisse Finanzielle Gegenparteien erscheint auch unter schweizerischen Verhältnissen grundsätzlich sinnvoll. Diese werden im FinfraG als «kleine Finanzielle Gegenparteien» bezeichnet. Wie bereits festgestellt wurde, steigert zwar die Abrechnungspflicht die Stabilität des Finanz7568

systems, ist aber für die Beteiligten mit nicht unerheblichem Aufwand und mit Kosten verbunden. Es gibt nun zahlreiche kleinere Banken oder auch Pensionskassen in der Schweiz, die mit Derivaten keine Spekulationsgeschäfte betreiben, sondern ihre Risiken absichern, die sie beispielsweise durch Gewährung von Hypotheken an ihre Kundinnen und Kunden eingehen. Erhebungen im Vorfeld dieser Vorlage haben im Weiteren ergeben, dass der weitaus grösste Anteil der Derivatetransaktionen in und aus der Schweiz unter Grossbanken als Gegenparteien abgewickelt wird. Das restliche Geschäft kann als marginal bezeichnet werden und ist auch von daher für die Stabilität des Finanzsystems unbedeutend. Auch ist gemäss Signalen aus dem Markt davon auszugehen, dass kleinere Finanzielle Gegenparteien für Absicherungsgeschäfte der genannten Art nur mit grösster Mühe einen Clearingteilnehmer finden dürften, da diese an solchen Geschäften mit ihrem Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag nicht interessiert sind.

Abs. 1 Die Bestimmung sieht in Anlehnung an das in den USA geltende Prinzip vor, dass Finanzielle Gegenparteien unter bestimmten Voraussetzungen nicht unter die Abrechnungspflicht fallen. Anders als in den USA soll in der Schweiz aber nicht die Bilanzsumme das wesentliche Kriterium bilden, da sie die offenen Derivatpositionen ­ und damit die aus Derivatgeschäften erwachsenden Risiken ­ nicht unbedingt abbildet. Es erscheint angesichts des Schutzzwecks des Gesetzes sachgerechter, Finanzielle Gegenparteien nach der Höhe der offenen Durchschnittsbruttoposition aller ihrer offenen OTC-Derivatkontrakte zu kategorisieren, wobei die Berechnung nach dem Beispiel der Nichtfinanziellen Gegenparteien rollend zu erfolgen hat.

Abs. 2 Die Modalitäten zur rollenden Berechnung einer Überschreitung des Schwellenwerts und die sich aus der Überschreitung ergebenden Folgen entsprechen den Regeln für Nichtfinanzielle Gegenparteien.

Art. 99

Schwellenwerte

Abs. 1 Es sollen Schwellenwerte für Derivatekategorien festgelegt werden, bei deren Überschreiten eine Nichtfinanzielle Gegenpartei unter die Abrechnungspflicht nach Artikel 96 fällt. Bei den Nichtfinanziellen Gegenparteien kommen als solche Derivatekategorien entsprechend den unterschiedlichen Basiswerten insbesondere Warenderivate, Kreditderivate, Devisenderivate, Aktienderivate und Zinsderivate in Frage.

Die Bruttoposition besteht aus dem absoluten Nominal der ausstehenden Derivatgeschäfte einer Derivatekategorie.

Abs. 2 Bei den Finanziellen Gegenparteien soll ein einziger Schwellenwert für alle ausstehenden OTC-Derivatgeschäfte zusammengenommen massgeblich sein. Im Gegensatz zu den Nichtfinanziellen Gegenparteien ist es bei den Finanziellen Gegenparteien, deren Grundgeschäft sich wie das Derivatgeschäft bereits im Finanzmarkt abspielt, nur schwer möglich, eine überzeugende trennscharfe Separierung von Spekulations- und Absicherungsgeschäften vorzunehmen. Auch wäre es relativ leicht möglich, in diesen formal oft identischen Geschäften Umgehungsmöglichkeiten zu finden.

7569

Abs. 3 In Anlehnung an EMIR werden bei der Berechnung der Durchschnittsbruttoposition grundsätzlich alle Transaktionen berücksichtigt, also auch solche anderer Unternehmen innerhalb der Gruppe, zu der die Gegenpartei gehört. Die gruppeninternen Geschäfte werden dann aber nicht von der Abrechnungspflicht erfasst, sofern sie die Voraussetzungen (Art. 102) erfüllen.

Abs. 4 Da die Entwicklung stark im Fluss ist und aufgrund des technischen Charakters sollen die Schwellenwerte durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe festgesetzt werden. Bei der Festsetzung der Höhe des Schwellenwerts wird der Systemrelevanz der Positionen und Forderungen je Gegenpartei und Kategorie von Derivaten Rechnung zu tragen sein. Zu prüfen ist aber auch, inwieweit hier von den Gegenparteien bei ihrer Geschäftstätigkeit eingesetzte Risikominderungsmethoden zu berücksichtigen sind.53 Was den Schwellenwert für Finanzielle Gegenparteien angeht, so wird der Bundesrat darauf achten, ihn so anzusetzen, dass Finanzielle Gegenparteien, die mit OTCDerivaten vornehmlich ein kleines Hypotheken- oder Devisenkundengeschäft absichern, unter den Schwellenwert zu liegen kommen.

Art. 100

Erfasste Derivate

Abs. 1 Auf Verordnungsstufe ist ein geeignetes Vorgehen zu definieren, nach welchem die FINMA über die Abrechnungspflicht für ein Derivatgeschäft befindet. Darin wird namentlich sicherzustellen sein, wie die Interessen der zentralen Gegenparteien ausreichend gewahrt werden können.

Voraussetzungen für die Erfassung von Derivaten zur Abrechnungspflicht sind ein hoher Standardisierungsgrad, eine ausreichende Liquidität, ein genügendes Handelsvolumen, die Verfügbarkeit von Preisbildungsinformationen sowie ein Gegenparteiausfallrisiko in einer Grössenordnung, welche eine Abrechnungspflicht rechtfertigt.

Der Grad der Standardisierung orientiert sich an zwei Kriterien, nämlich der rechtlichen Standardisierung, das heisst dem Vorliegen von branchenüblichen rechtlichen Dokumenten und Masterverträgen, und der operationellen Standardisierung, das heisst dem Vorhandensein von automatisierten und allgemein anerkannten sogenannten Post-trade-Prozessen. Die Liquidität definiert sich über die Grösse und Tiefe eines Marktes und beurteilt sich nach der Möglichkeit, grössere Transaktionen durchzuführen, ohne dabei einen marktbestimmenden Einfluss auszuüben. Das Volumen wird über das aggregierte Nominal der gehandelten Geschäfte bestimmt.

Entscheidend ist bei beiden Kriterien eine ausreichende Stabilität im Krisenfall. Die Verfügbarkeit von Preisbildungsinformationen ist dann gegeben, wenn Anbieter von Finanzmarktdaten in regelmässigen Abständen aktuelle Quotierungs- oder Handelsabschlusspreise publizieren.

Sind die Kriterien der Buchstaben a­e nicht in genügendem Mass erfüllt, eignet sich ein Derivat nicht zur Aufnahme in den Katalog der abrechnungspflichtigen Instrumente.

53

Vgl. Ziff. 31 der Erwägungsgründe zu EMIR

7570

Voraussetzung für die Unterstellung eines Derivats unter die Abrechnungspflicht ist schliesslich, dass eine bewilligte oder anerkannte zentrale Gegenpartei bereit und fähig ist, das entsprechende Derivat zentral abzurechnen. Es gibt Finanzinstrumente, die derivatähnlich sind, aber von ihrer Abwicklung her ­ weil sie entweder in bar abgewickelt oder tatsächlich mittels Warenlieferung erfüllt werden ­ nicht die von den Derivaten ausgehenden Risiken enthalten. Solche Instrumente soll die FINMA von der Abrechnungspflicht ausnehmen können.

Abs. 2 Bei der Festlegung der unter die Abrechnungspflicht fallenden Derivate trägt die FINMA der internationalen Entwicklung der Standards und des ausländischen Rechts Rechnung. Damit soll eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes vermieden, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit regulatorischer Arbitrage eingeschränkt werden.

Abs. 3 Es ist selbstverständlich, soll aber gleichwohl klar festgehalten werden, dass eine Abrechnungspflicht nur für Derivate eingeführt werden kann, die auch tatsächlich von einer zentralen Gegenpartei zur Abrechnung entgegengenommen werden.

Was die Währungsswaps- und -termingeschäfte angeht, so soll hier analog zur Regelung in den USA ­ und anders als in der EU ­ für Zug um Zug zu erfüllende Geschäfte (etwa solche die über Continuous-Linked-Settlement [CLS] abgewickelt werden) auf eine Abrechnungspflicht verzichtet werden, da mit dieser wenig gewonnen wäre. Bei solchen Geschäften beschränkt sich das Risiko vor dem Settlement wegen der hohen Liquidität und Austauschbarkeit im Wesentlichen auf das Marktrisiko (Ausfallrisiko in Höhe der Absicherung oder des Wiederbeschaffungswertes). Weil Zug um Zug zu erfüllen ist, wäre das Risiko mangelnder Lieferung im Zeitpunkt der Vertragserfüllung durch die Gegenpartei in diesem Zeitpunkt demgegenüber weit grösser (die solvente Partei hat erfüllt, erhält aber keinen Gegenwert) als das Gegenparteirisiko, welchem bei anderen Derivatgeschäften durch die zentrale Abrechnungspflicht begegnet werden soll. Dieses im Zentrum stehende Erfüllungsrisiko ist heute in der Praxis aber durch bestehende anerkannte Abrechnungsverfahren (CLS- und Payment against Payment-Systeme), die eine simultane Erfüllung der Verpflichtungen gewährleisten, bereits weitgehend beseitigt. Schliesslich
ist hier zu bemerken, dass durchaus ernsthafte Bedenken bestehen, ob zentrale Gegenparteien von ihrer Grösse her überhaupt in der Lage wären, das Abrechnungsrisiko der weltweiten Währungsswaps- und -termingeschäfte zu tragen. Bei diesen besteht der offene abzusichernde Betrag anders als bei übrigen Derivatgeschäften oft nicht in einer an einem Stichtag zwischen den Parteien auszugleichenden Differenz, sondern im vollen Betrag des Kontrakts.

Art. 101

Grenzüberschreitende Geschäfte

Finanzmärkte sind global und viele Derivatetransaktionen finden grenzüberschreitend mit einer Gegenpartei im Ausland statt. Es stellt sich deshalb die Frage, inwiefern solche grenzüberschreitenden Geschäfte der Abrechnungspflicht unterstellt werden sollen. Um das übergeordnete Ziel der Derivateregulierung, die Stabilität des Finanzsystems, sicherzustellen, scheint es sinnvoll, dass auch grenzüberschreitende Geschäfte mit Gegenparteien in Drittstaaten, welche in der Schweiz der Abrechnungspflicht unterstehen würden, zentral abzurechnen sind. Die Regelung verhindert 7571

auch, dass Transaktionen auf Drittstaaten mit einer weniger strengen Derivateregulierung verlagert werden. Die Anwendung der Abrechnungspflicht auf im Ausland domizilierte Unternehmen führt dazu, dass diese Unternehmen Teil der Schweizer Clearingstruktur oder einer von der Schweiz anerkannten Clearingstruktur werden oder über das indirekte Clearing der Schweizer Banken gehen müssen. Es ist davon auszugehen, dass gewisse heutige Transaktionen unter einem solchen Regime nicht mehr stattfinden werden, da insbesondere kleinere Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht einfach einen Clearingteilnehmer für solche Transaktionen finden werden. Betroffen sind allerdings auch nur die Fälle, namentlich ausserhalb der EU oder der USA, in denen das ausländische Unternehmen nach dem eigenen Regime nicht ohnehin schon selber zentral abrechnen muss.

Art. 102

Gruppeninterne Geschäfte

Gruppeninterne Transaktionen sind ein wertvolles und teilweise notwendiges Instrument für ein effizientes, gruppenweites Risiko- und Kapitalmanagement. Die Risiken aus gruppeninternen Derivatetransaktionen unterscheiden sich von sonstigen Transaktionen und sie sind daher auch spezifisch zu regeln. EMIR nimmt gruppeninterne Transaktionen in der EU unter bestimmten Voraussetzungen generell von der Pflicht zur Abrechnung über eine zentrale Gegenpartei aus. Analog sollen auch gruppeninterne Derivatetransaktionen von Schweizer Gruppen von der Abrechnungspflicht ausgenommen werden. Dieselben Bedingungen sollen, im Unterschied zur EU, auch für grenzüberschreitende gruppeninterne Transaktionen gelten. Die EU erlaubt diese Ausnahme nur für grenzüberschreitende Geschäfte mit Ländern, die über eine gleichwertige Derivateregulierung verfügen.

Die Ausnahme von der Abrechnungspflicht gilt für alle Gegenparteien und, im Gegensatz zur Regelung in der EU, ohne dass dafür eine vorgängige Zustimmung der FINMA oder einer anderen Aufsichtsbehörde erforderlich wäre. Dieser Unterschied zur Regelung in EMIR wird aus Gründen der Verhältnismässigkeit getroffen.

Es erscheint in Anbetracht der zur Diskussion stehenden Risiken aus gruppeninternen Geschäften ­ die sich als Ganzes betrachtet eigentlich ausgleichen sollten ­ als nicht angezeigt, solche Geschäfte vorgängigen Bewilligungsverfahren zu unterziehen. Es genügt, wenn die Prüfgesellschaft (bei den durch die FINMA beaufsichtigten Finanziellen Gegenparteien) oder die Revisionsstelle bei den anderen Gegenparteien im Rahmen ihrer nachträglichen Prüftätigkeit abklärt, ob unter diesem Kapitel beanspruchte Ausnahmen von der Abrechnungspflicht tatsächlich zu Recht beansprucht wurden oder nicht (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu Art. 115 und 116).

Bei den Nichtfinanziellen Gegenparteien kommt noch dazu, dass für präventive Bewilligungen eigens eine neue Behörde aufgestellt werden müsste.

3. Abschnitt: Meldung an ein Transaktionsregister Allgemeines Mit der Meldepflicht und den Pflichten der Transaktionsregister wird eine Verbesserung der Transparenz, Effizienz, Integrität, und Erfassung von Risiken bei Transaktionen mit Derivaten angestrebt.54 Daten über sämtliche Transaktionen erlauben es 54

Vgl. Ziff. 9, 41 und 43 der Erwägungsgründe zu EMIR

7572

zudem, Marktentwicklungen und Systemrisiken besser abzuschätzen. Die zentrale Speicherung kann auch bei der Ermittlung der abrechnungs- oder handelspflichtigen Derivate hilfreich sein.55 Damit diese Ziele erreicht werden, müssen möglichst umfassende Daten vorliegen. Es wurde daher weitgehend auf Ausnahmen von der Meldepflicht verzichtet und die Pflicht gilt nicht nur für Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien, sondern auch für zentrale Gegenparteien.

Art. 103

Pflicht

Allgemeines Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien sowie zentrale Gegenparteien sind gehalten, gewisse Informationen zu Derivatetransaktionen an ein von der FINMA bewilligtes oder anerkanntes Transaktionsregister zu melden. Das Transaktionsregister verwendet die erhaltenen Informationen, um sie nach einer Aufbereitung gemäss Artikel 76 in aggregierter Form nach Derivatekategorien zu veröffentlichen und den gemäss Artikeln 77 und 78 berechtigten Behörden zur Verfügung zu halten.56 Meldungen an ausländische Transaktionsregister, die in Erfüllung der Meldepflicht nach diesem Kapitel erfolgen, bedürfen infolge der hier geschaffenen gesetzlichen Grundlage keiner Bewilligung nach Artikel 271 des Strafgesetzbuches57 (StGB).

Abs. 1 Hier wird der Grundsatz der Meldepflicht verankert.58 Diese betrifft ausnahmslos alle Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien und alle von ihnen abgeschlossenen Derivatetransaktionen, auch gruppeninterne Transaktionen und Transaktionen mit Gegenparteien, die nach Artikel 92 vom Geltungsbereich dieses Kapitels ausgenommen sind. Für die Meldepflicht spielt es weiter keine Rolle, ob die Derivate über einen regulierten Markt gehandelt werden oder nicht.

Abs. 2, 3 und 4 Mit einer der US-amerikanischen Regelung nachgebildeten Kaskade der Meldepflicht wird sichergestellt, dass Klarheit über den Meldepflichtigen besteht, und auch, dass eine Transaktion nicht mehrfach an ein Register gemeldet wird.59 Ebenfalls wird (in Abs. 2 Bst. c) sichergestellt, dass eine Meldung auch dann erfolgt, wenn nach der Kaskade die ausländische Gegenpartei melden müsste, diese aber aus irgendwelchen Gründen keine Meldung erstattet oder nicht an ein bewilligtes oder anerkanntes Transaktionsregister meldet.

Abs. 5 Die Bestimmung räumt den Pflichtigen das Recht ein, die Erstattung der Meldung an einen Dritten zu delegieren.60 Mit der Delegation kann sich der Meldepflichtige selbstverständlich nicht seiner Meldepflicht entledigen; er bleibt weiterhin verantwortlich dafür, dass die Meldung gesetzeskonform erfolgt.

55 56 57 58 59 60

Vgl. Ziff. 37 der Erwägungsgründe zu EMIR Vgl. Art. 81 Abs. 1 ff. EMIR SR 311.0 Vgl. Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 EMIR Vgl. Art. 9 Abs. 1 UAbs. 4 EMIR Vgl. Art. 9 Abs. 1 UAbs. 3 EMIR

7573

Abs. 6 Es soll vermieden werden, dass zwar eine Meldepflicht besteht, aber eine entsprechende Meldung mangels Transaktionsregister nicht erstattet werden kann.61 Für den Fall, dass kein bewilligtes schweizerisches Transaktionsregister besteht und kein ausländisches anerkannt wurde, schreibt der Bundesrat vor, an welche Stelle die Meldung zu erstatten ist.

Art. 104

Zeitpunkt und Inhalt der Meldung

Abs. 1 Es sind nicht nur die Abschlüsse von Geschäften zu melden. Die Meldepflicht betrifft auch allfällige Änderungen und Beendigungen von Geschäften. Dabei wird eine einheitliche Frist angesetzt: Die Meldung ist spätestens am Arbeitstag, welcher dem entsprechenden Vorgang folgt, zu vollziehen.62 Abs. 2 Hier wird der Mindestinhalt der Meldungen spezifiziert, wobei der Bundesrat weitere Anforderungen statuieren kann. Dabei werden bezüglich des Formats und des Inhalts internationale Standards, insbesondere diejenigen der IOSCO63, zu berücksichtigen sein. Zur eindeutigen Identifizierung der Parteien des Derivatgeschäfts ist denkbar, sich im Einklang mit der internationalen Praxis auf den Legal Entity Identifier» (LEI) sowie den Product and Trade Identifier, den Unique Product Identifier (UPI) und den Unique Trade Identifier (UTI) abzustützen. Mit dem LEI-System wird derzeit weltweit eine einheitliche Identifikationsnummer für Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer an Finanzmarkttransaktionen eingeführt. Nicht zu nennen ist, mangels Relevanz für den verfolgten Gesetzeszweck und entgegen der Regelung in Artikel 9 Absatz 5 EMIR, die allenfalls hinter einem Derivatgeschäft stehende wirtschaftlich berechtigte Person.

Abs. 3 Der Bundesrat kann weitere Angaben verlangen, wenn sich dies namentlich aus der Entwicklung internationaler Standards ergeben sollte. Sodann wird er auch die formale Ausgestaltung der Meldung festlegen.

Abs. 4 Die Bestimmung erlaubt es Schweizer Gegenparteien, Daten an ausländische Transaktionsregister zu liefern, die über die Schweizer Anforderungen hinausgehen.

Damit sollen vielfach auftretende Fälle erfasst werden, in welchen die in der Schweiz ansässige Bank von ihrer ausländischen Nichtfinanziellen Gegenpartei beauftragt wird, die dieser obliegende Meldung für ein Derivatgeschäft nach ausländischen Regeln an ein ausländisches Transaktionsregister vorzunehmen. Diese Meldung kann Angaben enthalten, die das schweizerische Recht nicht vorsieht. Um zu verhindern, dass die Bank für die Meldung jedes Mal eine Bewilligung nach Artikel 271 StGB einholen muss, erklärt das Gesetz hier solche Meldungen ausdrücklich als zulässig. Handelt es sich bei den in diesem Sinne zusätzlich übermittel61 62 63

Vgl. Art. 9 Abs. 3 EMIR Vgl. Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 EMIR Insb. IOSCO Report on OTC derivatives data reporting and aggregation requirements, Januar 2012

7574

ten Angaben um Personendaten, so ist zur Aufhebung des Bankgeheimnisses die Zustimmung der betroffenen Person notwendig.

Meldungen an ausländische Transaktionsregister, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgen, bedürfen im Übrigen keiner Bewilligung nach Artikel 271 StGB.

Art. 105

Aufbewahrung der Belege

Dieser Artikel regelt die Aufbewahrungspflichten von Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien. Es besteht kein Anlass, diese anders zu regeln als im Privatrecht.

4. Abschnitt: Risikominderung Allgemeines Sowohl die G-20 als auch das FSB anerkennen, dass nicht alle OTC-Derivate genügend standardisierbar sind und über eine zentrale Gegenpartei abgerechnet werden können. Die Gründe dafür können beispielsweise in spezifischen HedgingBedürfnissen liegen, für die kein oder nur ein wenig liquider Markt besteht. Neben der fehlenden Standardisierbarkeit gibt es weitere Gründe, weshalb Derivate nicht über zentrale Gegenparteien abgerechnet werden. Erstens werden gewisse Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer von der Abrechnungspflicht ausgenommen (wie etwa Bund, Kantone, Gemeinden, SNB, BIZ, Nichtfinanzielle Gegenparteien unter den Schwellenwerten, kleine Finanzielle Gegenparteien). Da die Abrechnungspflicht ­ wie vorne schon ausgeführt ­ immer zwei Parteien eines Derivats betrifft, sind bei Derivaten mit den genannten Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern immer auch die jeweiligen Gegenparteien von der Abrechnungspflicht ausgenommen (selbst wenn diese grundsätzlich der Abrechnungspflicht unterliegen). Zweitens gibt es gewisse Ausnahmen von der Abrechnungspflicht (bspw.

Intragruppenausnahme, Absicherungsgeschäfte für Nichtfinanzielle Gegenparteien).

Auch in diesen Bereichen werden weiterhin nicht zentral abgerechnete Derivate bestehen bleiben. Die Regulierung bezweckt einerseits mittels Einführung von verschiedenen prozessualen Vorschriften, die operationellen Risiken im Zusammenhang mit der Abwicklung von Derivaten zu vermindern und andererseits durch die Stellung von Sicherheiten das Gegenparteiausfallrisiko und das damit verbundene Systemrisiko zu reduzieren. Die Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmungen trägt den höheren Risiken von bilateral abgerechneten Derivaten Rechnung und soll einen Anreiz zur zentralen Abrechnung setzen.

Die in Artikel 11 Absatz 4 EMIR verlangte angemessene Eigenkapitalausstattung der Finanziellen Gegenparteien, welche die Risiken von bilateralen OTC-Derivatgeschäften berücksichtigen, sind in der Schweiz schon heute in den Spezialbestimmungen geregelt (Eigenmittelverordnung vom 1. Juni 201264 [ERV], AVO [Swiss Solvency Test SST]65). Die Normierung eines Grundsatzes im FinfraG ist daher unnötig.

64 65

SR 952.03 Das KAG kennt keine OTC-spezifischen Kapitalanforderungen für Fondsvermögen.

7575

Art. 106

Pflicht

Abs. 1 Die Risikominderungspflichten gelten unter Vorbehalt der nachstehenden spezifischen Bestimmungen grundsätzlich für alle Derivatgeschäfte, die nicht zentral abgerechnet werden müssen, unbesehen, ob sie über einen Handelsplatz, ein organisiertes Handelssystem oder bilateral abgeschlossen wurden.

Abs. 2 Die Risikominderungspflichten gelten nicht für Transaktionen, bei denen eine der beteiligten Gegenparteien vom Geltungsbereich dieses Kapitels ausgenommen ist.

Dies, weil nicht zentral abgerechnete Geschäfte mit solchen Gegenparteien in der Regel keine Risiken generieren, die besonders gemindert werden müssen.

Da für Währungsswaps- und -termingeschäfte kein Abrechnungsrisiko besteht, lösen diese Geschäfte auch keine Risikominderungspflichten aus.

Schliesslich sind auch Derivatgeschäfte von den Risikominderungspflichten auszunehmen, wenn sie freiwillig über eine zentrale Gegenpartei abgerechnet werden.

Abs. 3 Der Bundesrat hat die Möglichkeit, aus Gründen der Verhältnismässigkeit gewisse Ausnahmen von den Risikominderungspflichten vorzusehen. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit ist zu beachten, dass die Risikominderungspflichten insbesondere für kleinere Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer einen beträchtlichen administrativen und auch finanziellen Aufwand bedeuten.

Im Bereich des Austauschs von Sicherheiten wird der Bundesrat unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklung namentlich auch den speziellen Anforderungen an Versicherungen und Pensionskassen nötigenfalls Rechnung tragen können.

Art. 107

Minderung des operationellen Risikos und des Gegenparteirisikos

Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien sollen operationelle Risiken und Gegenparteiausfallrisiken im Zusammenhang mit nicht zentral abgerechneten Derivatgeschäften durch vorgegebene Massnahmen reduzieren. Im Einzelnen werden folgende Pflichten vorgesehen, wobei das Gesetz nur die wesentlichen Elemente nennt und die Detailregelungen auf Verordnungsstufe vorzunehmen sein werden: ­

Rechtzeitige Bestätigung (Bst. a): Bereits heute werden Derivate typischerweise zwischen den Parteien bestätigt. Neu sollen zeitliche Vorgaben bestehen, bis zu welchem Zeitpunkt eine Bestätigung erfolgen muss. Der zeitliche Rahmen soll sich je nach Derivatekategorie am jeweils üblichen Standard orientieren. Den Besonderheiten der Nichtfinanziellen Gegenparteien wird gebührend Rechnung zu tragen sein. Eine einseitige Bestätigung dürfte ausreichend sein, sofern sie unwidersprochen bleibt. Zudem werden die wesentlichen Vertragsbedingungen der Derivate in der Bestätigung zu erfassen sein. Dazu gehören insbesondere die wirtschaftlich relevanten Abmachungen sowie der Verweis auf den anwendbaren Rahmenvertrag.

­

Abstimmung des Portfolios und Beherrschung der damit verbundenen Risiken (Bst. b): Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien werden sich mittels Vereinbarung über ein Verfahren zur Abstimmung des Portfolios

7576

einigen müssen. Eine Delegation der Abstimmung des Portfolios an die Gegenpartei oder an eine Drittpartei sollte möglich sein und die Häufigkeit der effektiven Abstimmung des Portfolios sollte in Abhängigkeit der Anzahl offener Transaktionen zwischen den Gegenparteien stehen. Zudem sollten nur Portfolios mit mehr als einer gewissen Mindestanzahl offener Transaktionen mit einer Gegenpartei abgeglichen werden. Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien werden die aus der Verwendung von nicht zentral abgerechneten Derivaten erwachsenden Risiken angemessen überwachen und verwalten müssen. Bei Finanziellen Gegenparteien ergibt sich eine entsprechende Pflicht bereits aus den bestehenden Spezialgesetzen. Bei Nichtfinanziellen Gegenparteien wird sich mit der Zeit eine Best Practice entwickeln. Namentlich wird beim Adressatenkreis zu berücksichtigen sein, dass solche Verfahren nur von professionellen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern tatsächlich gehandhabt werden können.

­

Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenparteien sollen sich mittels Vereinbarung über Verfahren einigen, nach denen Streitigkeiten erledigt werden (Bst. c): Formelle Anforderungen an eine solche Vereinbarung sollen nicht geschaffen werden; die Parteien sollten sich aber über Gerichtsstand und anwendbares Recht einigen.

­

Wo zwei finanzielle Gegenparteien zahlreiche gegenläufige Derivatgeschäfte abgeschlossen haben, kann die Überwachungspflicht auch durch eine Komprimierung des Portfolios erfüllt werden (Bst. d): In Anlehnung an die EU66 wird auch in der Schweiz die Portfoliokomprimierung von den Gegenparteien nur unter speziellen Voraussetzungen und mit Zurückhaltung verlangt.

Das EU-Recht verlangt nebst den von dieser Bestimmung erfassten Pflichten von Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien auch «die Beobachtung des Werts ausstehender Kontrakte»67. Diese Pflicht ergibt sich in der Schweiz bereits aus den anwendbaren Buchführungsvorschriften. Im Übrigen wird hier davon ausgegangen, dass die Beobachtung des Wertes ausstehender Kontrakte durch die Pflicht zur Bewertung gemäss Artikel 108 vollumfänglich abgedeckt ist (siehe hierfür die Erläuterungen zu Art. 108). Auch EMIR kennt auf dem Level 2 keine Umsetzung der Beobachtungspflicht.

Art. 108

Bewertung ausstehender Geschäfte

Allgemeines Wie oben erwähnt verlangt EMIR68 zur Beobachtung des Werts ausstehender Kontrakte formalisierte Prozesse, die solide, belastbar und prüfbar sind. Diese Beobachtungspflicht hat bei genauer Betrachtung keine eigenständige Bedeutung und wird 66

67 68

Vgl. dazu Art. 14 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 149/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für indirekte Clearingvereinbarungen, die Clearingpflicht, das öffentliche Register, den Zugang zu einem Handelsplatz, nichtfinanzielle Gegenparteien und Risikominderungstechniken für nicht durch eine CCP abgerechnete OTC-Derivatekontrakte, ABl. L 52 vom 23.2.2013, S. 11.

Vgl. Art. 11 Abs. 2 Bst. b EMIR Art. 11 Abs. 2 Bst. b EMIR

7577

hier vollumfänglich in die Pflicht zur täglichen Bewertung69 aufgenommen. Zwar werden von der Pflicht zur täglichen Bewertung die kleinen Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien nicht erfasst. Diese Einschränkung erfolgt indessen sowohl unter EMIR als auch im FinfraG sehr bewusst. Eine tägliche Bewertung ist aufwendig, bedingt operationelle Prozesse und setzt Professionalität voraus. Entsprechend wird die tägliche Bewertung einer kleinen Finanziellen oder Nichtfinanziellen Gegenpartei sowohl unter EMIR als auch im FinfraG nicht zugemutet. Das FinfraG nimmt aus den gleichen Überlegungen auch die kleinen Finanziellen Gegenparteien nach Artikel 98 von dieser Verpflichtung aus.

Abs. 1 und 2 Die Vorschrift soll Transparenz schaffen, indem die gegenseitigen Risikopositionen zwischen den Gegenparteien täglich neu bestimmt werden müssen. Die erfassten Gegenparteien haben den Wert ausstehender, nicht zentral abgerechneter Derivate täglich auf Basis der aktuellen Kurse zu berechnen. Zeitlich gilt die Pflicht für die Gegenparteien so lange, als sie abrechnungspflichtig sind, also vier Monate über die letzte Überschreitung eines Schwellenwerts hinaus (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 Abs. 2). Bereits heute nehmen professionelle Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer solche Bewertungen auf täglicher Basis vor.

Abs. 3 Bei inaktiven Märkten und entsprechend fehlenden verlässlichen Kursen hat die Bewertung nach Modellen zu erfolgen. Professionelle Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer haben bereits heute solche Modelle etabliert. Die Gegenparteien müssen ihre Bewertungsmodelle nach internen Richtlinien festlegen und ausreichend dokumentieren. Eine Delegation der Bewertung der ausstehenden nicht zentral abgerechneten Derivate an die Gegenpartei oder an eine Drittpartei ist möglich.

Auf Verordnungsstufe werden die näheren Anforderungen an die Bewertungsmodelle festgelegt.

Abs. 4 Die Pflicht zur täglichen Bewertung kann von Nichtfinanziellen Gegenparteien delegiert werden. Finanzielle Gegenparteien ­ auch kleine ­ müssen in der Lage sein, die Bewertung selbst vorzunehmen.

Art. 109

Austausch von Sicherheiten

Der Austausch von Sicherheiten (Margins) reduziert den Verlust bei Ausfall einer Gegenpartei (Gegenparteiausfallrisiko) und verhindert eine Verschlechterung der eigenen Bonität. Damit soll eine Ausbreitung auf andere Akteure im Finanzsystem (Contagion) verhindert werden.

Die angemessene Trennung der Sicherheiten (Segregierung) gemäss Absatz 2 soll sicherstellen, dass zum einen die Sicherheiten im Fall eines Ausfalls der Gegenpartei klar zuordenbar sind ­ man denke an die Verluste der Investmentgesellschaft Olivant im Rahmen des Konkurses der Investmentbank Lehman Brothers Inc. ­ und zum anderen schnell (vor der offiziellen Liquidation) verwertet werden können.

69

Entsprechend Art. 11 Abs. 2 EMIR

7578

Analog zur Abrechnungspflicht gilt beim Austausch von Sicherheiten bei grenzüberschreitenden Geschäften, dass die Pflicht auch für die ausländischen Gegenparteien besteht, wenn in der Schweiz Sicherheiten hinterlegt werden müssten. Da die ausländische Gegenpartei nicht unter den Geltungsbereich des FinfraG fällt, wird sie nicht direkt von dieser Pflicht erfasst. Die Schweizer Gegenpartei wird aber das Geschäft nicht ausführen dürfen, wenn sie von der ausländischen Gegenpartei keine Sicherheiten erhält.

Nicht zuletzt, um Arbitrage zwischen den verschiedenen Jurisdiktionen zu verhindern, hat eine internationale Arbeitsgruppe im Juli 2013 internationale Standards zu den Anforderungen an Sicherheiten für nicht zentral abgerechnete OTC-Derivate veröffentlicht.70 Als Implementierungszeitpunkt ist der 1. Dezember 2015 vorgesehen. Bei gewissen Währungsderivaten wird die Hinterlegung von Sicherheiten eingeschränkt. Weiter ist es vorgesehen, dass die Sicherheiten unter Einhaltung strikter Bedingungen einmalig wiederverwendet werden können (re-hypothecation).

Die Schweiz wird hier den weiteren Entscheidungen der internationalen Standardsetter und insbesondere der EU Rechnung tragen und die Anforderungen an den Austausch von Sicherheiten für bilateral abgerechnete Geschäfte auf Verordnungsstufe regeln (Abs. 4).

Kleine Nichtfinanzielle Gegenparteien sind von dieser Pflicht ausgenommen.

Sodann wird in Absatz 3 eine Bestimmung aufgenommen, welche sicherstellt, dass vertragliche Vereinbarungen über die Verwertung von Sicherheiten den Regeln von Artikel 211 Absatz 2bis des Bundesgesetzes vom 11. April 188971 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) vorgehen.

Art. 110

Gruppeninterne Geschäfte

Gegenparteien von gruppeninternen Geschäften sollen grundsätzlich von der Pflicht, Sicherheiten auszutauschen, ausgenommen werden.72 Gruppenintern besteht ein reduziertes Gegenparteirisiko, da Gruppenmitglieder einer einheitlichen Risikokontrolle und Oberleitung unterstehen. Das gruppeninterne Gegenparteiausfallrisiko wird durch die in Absatz 1 Buchstabe b geforderten Risikoverfahren kontrolliert, während Buchstabe c sicherstellt, dass im Falle eines Ausfalls einer Tochtergesellschaft die Gruppe als Ganzes haftet. Was unter den «rechtlichen» Hindernissen zu verstehen ist, ist auch in der EU derzeit nicht ganz klar. Es erscheint aber offensichtlich, dass damit nicht die einer allgemeinen internationalen Usanz entsprechenden regulatorischen Rahmenbedingungen zur Sicherung der Eigenmittel gemeint sein können. Bei der auf Verordnungsstufe aufzunehmenden Regelung der geeigneten Risikobewertungs-, mess- und kontrollverfahren wird sich der Bundesrat an den international gebräuchlichen Standards orientieren, insbesondere an denjenigen in der EU.

70 71 72

www.bis.org > Monetary & financial stability > Basel Committee on Banking Supervision > Publications > Margin requirements for non-centrally cleared derivatives SR 281.1 Vgl. Art. 11 Abs. 7 EMIR

7579

5. Abschnitt: Handel über Handelsplätze oder organisierte Handelssysteme Allgemeines Auf der Ebene der G-20 wurde am 25. September 2009 in Pittsburgh vereinbart, bis Ende 2012 eine Pflicht, über Plattformen zu handeln, einzuführen: Standardisierte OTC-Derivatetransaktionen sollen ­ falls dafür geeignet ­ über Börsen oder gegebenenfalls auf geeigneten elektronischen Handelsplattformen gehandelt werden. Dies soll die Vor- und Nachhandelstransparenz für Aufsichtsbehörden, für die Teilnehmer und die Öffentlichkeit zusätzlich verbessern (vgl. Ziff. 1.1.1.1 und 1.1.3.1).

In der EU soll eine solche Plattformhandelspflicht mit MiFIR eingeführt werden (vgl. Ziff. 1.4.3), wobei die vorgesehenen Bestimmungen einen engen Zusammenhang zu EMIR aufweisen (bspw. bei der Definition der erfassten Gegenparteien oder der erfassten Derivate). In der Schweiz soll aus Wettbewerbsgründen mit der Einführung der Pflicht zugewartet und deren Einführung auf die internationale Entwicklung (insbesondere auf den Zeitplan zur Einführung der Plattformhandelspflicht in der EU) abgestimmt werden (Art. 162 Abs. 2).

Art. 111

Pflicht

Ähnlich wie in den USA, wo beide Vorgaben im DFA enthalten sind, wurde in Anbetracht der inhaltlichen Verknüpfung zwischen Abrechnungs- und Plattformhandelspflicht entschieden, die Pflicht, über einen Handelsplatz oder über ein organisiertes Handelssystem zu handeln, im vorliegenden Gesetz vorzusehen. Nach der kommenden EU-Regulierung wird die Pflicht erfüllt, indem Derivate über einen geregelten Markt (nach Schweizer Recht eine Börse), ein MTF oder ein OTF gehandelt werden (Art. 28 MiFIR). In der Schweiz soll grundsätzlich das Gleiche gelten, indem die Pflicht erfüllt werden kann durch Handel über einen von der FINMA bewilligten oder nach Artikel 41 anerkannten Handelsplatz oder über ein organisiertes Handelssystem, das durch einen nach Artikel 43 von der FINMA bewilligten oder anerkannten Betreiber betrieben wird.

Die Bestimmungen zu den erfassten Derivaten (Art. 112), zu den grenzüberschreitenden Geschäften (Art. 113) und zu den gruppeninternen Transaktionen (Art. 114) entsprechen jeweils den Bestimmungen zur Abrechnungspflicht unter dem 2. Abschnitt. Dabei wurde auf die kommende Ausgestaltung der Plattformhandelspflicht gemäss MiFIR geachtet. Entsprechend soll diese Verpflichtung sowohl für Finanzielle als auch für Nichtfinanzielle Gegenparteien gelten, soweit es sich nicht um kleine Gegenparteien handelt, wenn sie untereinander Derivate gemäss Artikel 112 handeln.

Art. 112

Erfasste Derivate

Für die Bezeichnung der von der Pflicht, über einen Handelsplatz oder über ein organisiertes Handelssystem zu handeln, erfassten Derivate sind im Grundsatz die gleichen Kriterien heranzuziehen, die auch schon für die Bestimmung der von der Abrechnungspflicht erfassten Derivate massgebend sind. Diese Angleichung an die Abrechnungspflicht entspricht dem Regulierungsansatz in der EU und in den USA.

7580

Die Bezeichnung der Derivate erfolgt durch die FINMA unter Einbezug der interessierten Handelsplätze und -systeme (wie bei der Abrechnungspflicht). Dies gewährt die notwendige Flexibilität für die Anpassung an die internationale Entwicklung (insbesondere im Hinblick auf die geplante Einführung der Plattformhandelspflicht in der EU) unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Marktes.

Art. 113

Grenzüberschreitende Geschäfte

Die Bestimmung entspricht derjenigen zur Abrechnungspflicht (vgl. Art. 101) und der vorgeschlagenen EU-Regulierung.

Art. 114

Gruppeninterne Geschäfte

Entsprechend den Bestimmungen zur Abrechnungspflicht (Art. 102) unterstehen die gruppeninternen Geschäfte nicht der Pflicht nach Artikel 111. Dies entspricht auch der vorgeschlagenen EU-Regulierung.

6. Abschnitt: Prüfung Art. 115

Zuständigkeiten

Abs. 1 und 2 Die Prüfung, ob die Gegenparteien die Pflichten dieses Kapitels im Derivatehandel einhalten, soll im bestehenden Prüfregime erfolgen. Sie erfolgt damit für die unter der prudenziellen Aufsicht der FINMA stehenden Gegenparteien entsprechend den Finanzmarktgesetzen durch die FINMA oder die Prüfgesellschaften und für die anderen Gegenparteien durch die Revisionsstellen in der ordentlichen oder allenfalls eingeschränkten Revision nach den Artikeln 727 und 727a OR.

Das Regime im FinfraG entspricht damit nicht demjenigen der EU, welches namentlich bei der Ausnahmebewilligung von der Abrechnungspflicht für gruppeninterne Transaktionen und bei der Aufsicht über die Nichtfinanziellen Gegenparteien eine begleitende behördliche Beaufsichtigung vorsieht. Diese ist zwar marktnah und ermöglicht ein rasches Eingreifen, sie erbringt aber in den Verhältnissen der Schweiz verglichen mit dem Aufwand keinen ins Gewicht fallenden Nutzen. Die Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde, mit den dieser zustehenden aufsichtsrechtlichen Sanktionen, sowie die Strafdrohung gegenüber den nicht beaufsichtigten Gegenparteien werden für ausreichend Marktdisziplin sorgen (vgl. Art. 116).

Abs. 3 Die Einhaltung der Pflichten im Derivatehandel ist im Bereich der beruflichen Vorsorge Sache der zuständigen Aufsichtsbehörden des Bundes, der Kantone und der Regionen (vgl. Art. 61 ff. BVG).

Art. 116

Berichterstattung und Anzeige

Die Bestimmung enthält die Anweisungen an die Prüfgesellschaften und die Revisionsstellen hinsichtlich der Berichterstattung und Anzeigepflicht im Rahmen der Feststellungen über die Erfüllung der Derivatehandelspflichten. Dabei ist die Pflicht der Revisionsgesellschaften derjenigen des OR bei Überschuldung nachgebildet.

7581

Erst wenn die Organe der betroffenen Gesellschaft bei festgestellten Missständen nicht Abhilfe schaffen, erfolgt eine Anzeige an das EFD.

2. Kapitel: Offenlegung von Beteiligungen Art. 117

Meldepflicht

Abs. 1­3 Grundsätzlich wird hier die Bestimmung von Artikel 20 BEHG übernommen.

Zweck der börsengesetzlichen Offenlegung ist die Schaffung von Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen Beherrschungsverhältnisse einer Gesellschaft. Meldepflichtig ist in erster Linie der wirtschaftlich Berechtigte, dem auch die Kontrolle über die Stimmrechte zukommt (vgl. Abs. 1). Es kommt jedoch vor, dass eine andere Person als der wirtschaftlich Berechtigte rechtlich oder faktisch über die Ausübung der Stimmrechte entscheiden kann. Bei einem solchen Auseinanderfallen von wirtschaftlicher Berechtigung und Stimmrechtsausübung rechtfertigt es der Zweck des Offenlegungsrechts, auch den zur freien Stimmrechtsausübung befugten Dritten einer Meldepflicht zu unterstellen. Diese war bisher in Artikel 9 Absatz 2 BEHVFINMA verankert. Die Rechtsprechung anerkannte zudem, dass nicht nur eine rechtlich durchsetzbare Kontrollmöglichkeit relevant ist, sondern auch tatsächliche Umstände die Möglichkeit der Stimmrechtskontrolle mit sich bringen können (vgl.

BVGE B-1215/2009, oder BGE 136 II 304 E. 7.7 u. 7.8). Angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichts in diesem Zusammenhang (Entscheid 2C_98/2013 vom 29. Juli 2013) wird die zusätzliche Meldepflicht des zur freien Ausübung der Stimmrechte ermächtigten Dritten neu auf Gesetzesstufe geregelt.

Dazu wird in Absatz 1 das Kriterium des Erwerbs «für eigene Rechnung» gestrichen und die Bestimmung von Artikel 9 Absatz 2 BEHV-FINMA in Artikel 117 Absatz 3 überführt. In Absatz 2 wird schliesslich klargestellt, dass an der Abwicklung von Kundentransaktionen beteiligte Finanzintermediäre auch nach der Streichung des Kriteriums «für eigene Rechnung» nicht meldepflichtig werden. Dies bedeutet, dass beispielsweise Banken, die eine Börsentransaktion abwickeln oder ein Wertschriftendepot führen, oder klassische Vermögensverwalter, die eine Anlage auswählen, auch weiterhin keiner Meldepflicht unterliegen, soweit sie nicht zur autonomen Stimmrechtsausübung ermächtigt sind. Sofern Finanzintermediäre jedoch befugt sind, Stimmrechte autonom auszuüben, trifft sie eine selbstständige Meldepflicht nach Absatz 3.

Absatz 1 beschreibt somit den direkten, indirekten und gemeinsamen Erwerb von meldepflichtigen Beteiligungspapieren, Absatz 2 führt aus, wer von Absatz 1 nicht betroffen ist,
und Absatz 3 enthält eine zusätzliche Meldepflicht für Personen, die zur freien Ausübung einer meldepflichtigen Anzahl von Stimmrechten in der Lage sind.

Abs. 4 In Absatz 4 werden neu die einem Erwerb oder einer Veräusserung gleichgestellten Sachverhalte zusammengefasst, die bisher in Artikel 20 Absatz 2 BEHG sowie in Artikel 16 Buchstabe a Ziffer 1 BEHV-FINMA geregelt waren. Eine Meldepflicht nach Absatz 1 beziehungsweise 4 entsteht demnach unter anderem auch bei einem Erreichen, Über- oder Unterschreiten eines Grenzwerts infolge einer Veränderung 7582

des Gesellschaftskapitals. Ferner wird konkretisiert, dass die erstmalige Kotierung von Beteiligungspapieren mit Blick auf die Offenlegung dieselben Folgen zeitigt wie ein Erwerb. Meldepflichtig bei erstmaliger Kotierung ist der wirtschaftlich Berechtigte (vgl. Abs. 1) und allenfalls zudem diejenige Person, welche die Stimmrechte nach freiem Ermessen ausüben kann (vgl. Abs. 3). Damit wird dem Zweck der Schaffung von Transparenz von Beginn an Rechnung getragen.

Abs. 5 Absatz 5 enthält neu auf Gesetzesstufe die bisher in Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe d BEHV-FINMA festgehaltene Generalklausel, wonach alle Vorgänge, die im Ergebnis das Stimmrecht über die Beteiligungspapiere vermitteln können, einen indirekten Erwerb nach Absatz 1 darstellen. Ausgenommen ist weiterhin die Erteilung einer Vollmacht ausschliesslich zur Vertretung an einer Generalversammlung. Diese Bestimmung war in der Vergangenheit von praktischer Bedeutung, wenn es darum ging, Sachverhalte zu beurteilen, die im Wortlaut des Artikels 20 BEHG und der übrigen Ausführungsbestimmungen nicht explizit genannt wurden. Zu denken ist beispielsweise an den Beteiligungsaufbau an der Sulzer AG in den Jahren 2006 und 2007 mittels Optionserwerb. Dieser wurde gestützt auf Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe d der BEHV-FINMA als aufsichtsrechtliche Verletzung von Artikel 20 BEHG qualifiziert und führte später zu einer Anpassung des materiellen Rechts. Der neue Absatz 5 ermöglicht aber nicht nur die Ahndung allfälliger Umgehungsversuche, er stellt auch klar, dass es bei der Offenlegung von Beteiligungen neben der wirtschaftlichen Berechtigung auch um die Kontrolle über die Stimmrechte geht. Der Gehalt des bisherigen Artikels 20 Absatz 2bis BEHG wird von Absatz 5 miterfasst.

Art. 118

Meldepflicht für organisierte Gruppen

Mit dieser Bestimmung wird Artikel 20 Absatz 3 BEHG aus redaktionellen Gründen in einen separaten Artikel überführt. Eine Änderung materiellen Rechts ist damit nicht verbunden.

Art. 119

Mitteilung an die FINMA

Die Bestimmung entspricht Artikel 20 Absatz 4 BEHG. Es handelt sich auch vorliegend um eine rein redaktionelle Änderung.

Art. 120

Kompetenzen der FINMA

Mit den Absätzen 1 und 3 dieser Bestimmung werden die Absätze 5 und 6 von Artikel 20 BEHG ebenfalls aus redaktionellen Gründen in einen separaten Artikel überführt und sprachlich leicht überarbeitet. Absatz 2 verankert die bisher in Artikel 24 Absatz 1 BEHV-FINMA vorgesehene Möglichkeit der Gewährung von Ausnahmen und Erleichterungen von der Melde- und Veröffentlichungspflicht neu auf Gesetzesstufe und stellt somit die seit Inkrafttreten des BEHG entwickelte diesbezügliche Praxis der Offenlegungsstelle auf ein gesetzliches Fundament. Ausnahmen und Erleichterungen können sowohl generell-abstrakt auf Stufe Verordnung als auch individuell-konkret im einzelnen Anwendungsfall gewährt werden. Der letzte Satz von Artikel 20 Absatz 5 BEHG wird gestrichen, da die dort explizit vorgesehene Möglichkeit der Gewährung von Ausnahmen für Banken und Effektenhändler neu in Absatz 2 enthalten ist, der nun die Grundlage für die Ausnahme gemäss Artikel 18 BEHV-FINMA bildet. Ebenso entfällt das historisch im Gesetzgebungs7583

prozess zum BEHG entstandene Antragsrecht der Übernahmekommission betreffend den Erlass von Ausführungsbestimmungen im Offenlegungsrecht durch die FINMA.

Der in der Praxis gelebte Austausch zwischen FINMA und Übernahmekommission in regulatorischen Fragen erstreckt sich auf den gesamten Tätigkeitsbereich der Übernahmekommission und bedarf keiner expliziten Rechtsgrundlage für das Offenlegungsrecht.

Art. 121

Informationspflicht der Gesellschaft

Die Bestimmung entspricht Artikel 21 BEHG.

3. Kapitel: Öffentliche Kaufangebote Art. 122­138 Der 5. Abschnitt des geltenden BEHG wird materiell grundsätzlich unverändert in das 3. Kapitel des 3. Titels des FinfraG übernommen. Gebührenregelungen müssen nach den Delegationsgrundsätzen grundsätzlich durch den Bundesrat erlassen werden. In Artikel 123 Absatz 5 wird daher neu ausdrücklich eine Delegation an den Bundesrat eingefügt. Ausserdem wird im selben Absatz festgehalten, dass die Übernahmekommission von den Parteien in Verfahren in Übernahmesachen Gebühren erheben kann. Da sich die Parteistellung nach Artikel 136 Absätze 2 und 3 ergibt, kann darauf verzichtet werden, die einzelnen Personen wie nach geltendem Recht noch einmal explizit aufzuzählen. Ferner wird in Artikel 123 Absatz 6 festgehalten, dass die Börsen die Kosten der Übernahmekommission tragen, die durch die Gebühren nicht gedeckt sind. Damit wird das Verhältnis zwischen der Gebührenerhebung durch die Verfahrensparteien und die Kostentragung durch die Börsen klarer.

In Artikel 131 Absatz 5 wird neu aus Gründen der Rechtssicherheit ausdrücklich erwähnt, dass die Übernahmekommission nebst Bestimmungen über die Form und die Frist der Meldung auch solche über den Umfang der Meldung erlassen kann.

Schliesslich werden die heutigen Absätze 2 und 3 von Artikel 32 BEHG aus redaktionellen Gründen in einen eigenen Artikel überführt (Art. 133). Es handelt sich dabei um eine rein redaktionelle Änderung. Im Übrigen wird auf die Konkordanztabelle im Anhang verwiesen.

4. Kapitel: Insiderhandel und Marktmanipulation Der 5a. Abschnitt des geltenden BEHG wird materiell unverändert in das 4. Kapitel des 3. Titels des FinfraG übernommen. Der Begriff «Börse oder börsenähnliche Einrichtung» wird ersetzt durch «Handelsplatz». Damit sind Börsen und multilaterale Handelssysteme gemeint (vgl. Art. 26 Abs. 1). In Artikel 139 Absatz 1 wird zudem im Interesse der Rechtssicherheit klargestellt, dass auch unzulässig handelt, wer eine Empfehlung ausnützt, von der er weiss oder wissen muss, dass sie auf einer Insiderinformation beruht. Ferner wird aus redaktionellen Gründen der Begriff «daraus abgeleitete Finanzinstrumente» durch «daraus abgeleitete Derivate» ersetzt.

Eine materielle Änderung ist mit dieser terminologischen Anpassung nicht verbunden. Insbesondere ist von Artikel 139 auch weiterhin eine ausnützende Handlung in einem nicht kotierten Derivat erfasst, sofern dieses aus einem kotierten Basiswert 7584

abgeleitet ist. In Artikel 140 Absatz 2 Buchstabe a wird schliesslich die Kompetenz des Bundesrates gestrichen, Vorschriften über zulässige Effektengeschäfte zum Zweck der Kurspflege zu erlassen. Es hat sich im Rahmen der Revision der Börsenverordnung (Börsendelikte und Marktmissbrauch) gezeigt, dass eine solche Ausnahme nicht notwendig ist.73 Im Übrigen wird auf die Konkordanztabelle im Anhang verwiesen.

5. Kapitel: Aufsichtsinstrumente Marktaufsicht Art. 141

Stimmrechtssuspendierung und Zukaufsverbot

Die Bestimmung entspricht Artikel 34b BEHG.

Art. 142

Aufsichtsinstrumente gemäss FINMAG

Die Bestimmung entspricht Artikel 34 BEHG Art. 143

Auskunftspflichten

Die Bestimmung entspricht Artikel 35 BEHG.

4. Titel: Straf- und Schlussbestimmungen 1. Kapitel: Strafbestimmungen Verzicht auf Mindeststrafe im Fall einer Wiederholung Die heute im BankG und im BEHG vorgesehenen Mindestbussen im Fall der Wiederholung werden im FinfraG generell nicht übernommen. Ihr Zweck war es, unter der damals geltenden Verordnung vom 1. Dezember 1999 über das automatisierte Strafregister Verurteilungen wegen Verstössen gegen die Meldepflicht überhaupt fähig zum Eintrag ins Strafregister zu machen. Heute besteht eine generelle Eintragungsfähigkeit von Übertretungen bei Bussen ab 5000 Franken (Art. 3 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 der Verordnung vom 29. September 200674 über das Strafregister [VOSTRAVerordnung]), ohne dass zusätzlich die Androhung einer Mindestbusse für den Wiederholungsfall verlangt ist. Im Übrigen läuft die Bestimmung auch ins Leere, da der Wiederholungsfall ohnehin strenger bestraft wird: Das zweiturteilende Gericht kann einerseits die im ersten Urteil bedingt ausgesprochene Strafe widerrufen, sofern die neue Tat während der Probezeit begangen wurde, und andererseits kann es im zweiten Urteil für den Wiederholungsfall eine höhere und dazu unbedingte Strafe ausfällen, je nachdem, welche Prognose der beschuldigten Person gestellt wird. Das geltende Recht stellt damit genügend Mittel zur Verfügung, um einen Rückfall angemessen zu sanktionieren.

73 74

Vgl. Erläuterungsbericht zur Änderung der Börsenverordnung vom 10. April 2013, S. 4 (www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/30237.pdf).

SR 331

7585

Art. 144

Verletzung des Berufsgeheimnisses

Die Bestimmung entspricht Artikel 43 BEHG und Artikel 46 BankG. Sie gilt jedoch nicht nur für Börsen, sondern für alle Finanzmarktinfrastrukturen, insbesondere auch für das Transaktionsregister und wird an die parlamentarische Initiative 10.450 angepasst. Zudem ist zu beachten, dass der Bundesrat im Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Harmonisierung der Strafrahmen im StGB, im Militärstrafgesetz vom 13. Juni 192775 (MStG) und im Nebenstrafrecht76 ausgeführt hat, dass sich Strafandrohungen von vorsätzlich und fahrlässig begangenen Delikten wegen unterschiedlichen Unrechtsgehalts unterscheiden müssen, wobei jedoch unangemessen grosse Unterschiede zu vermeiden seien. Konkret hat sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, dass die fahrlässige Begehung eines Vergehens mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ebenfalls als Vergehen bestraft werden soll, und nicht als Übertretung. Die Strafandrohung bei fahrlässiger Strafbegehung lautet daher neu auf Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen anstatt wie bis anhin auf Busse in der Höhe von bis zu 250 000 Franken. Die Zuständigkeit wird neu in Artikel 153 geregelt.

Art. 145

Verletzung der Bestimmungen über den Schutz vor Verwechslung und Täuschung und der Meldepflichten

Die Bestimmung ist Artikel 49 BankG nachgebildet.

Art. 146

Verletzung von Aufzeichnungs- und Meldepflichten

Die Bestimmung entspricht Artikel 42a BEHG. Sie gilt jedoch nicht nur für Effektenhändler, sondern für alle Teilnehmer an einem Handelsplatz. Ausserdem lautet die Strafandrohung bei fahrlässiger Tatbegehung neu auf Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen anstatt wie bis anhin auf Busse in der Höhe von bis zu 250 000 Franken (vgl. zur Begründung die Erläuterungen zu Art. 144).

Art. 147

Verletzung von Pflichten betreffend den Derivatehandel

Die Strafbestimmung sanktioniert Verstösse gegen die Derivatehandelsvorschriften des 1. Kapitels des 3. Titels, welche in der Regel durch die Prüfgesellschaften gemeldet oder durch die Revisionsstellen angezeigt werden (vgl. Art. 115 und 116).

Art. 148

Verletzung von Meldepflichten

Die Verletzung der Offenlegungsbestimmungen wird wie bisher in Artikel 41 BEHG, unter Strafe gestellt. Strafbar ist weiterhin neben der unterlassenen Meldung auch die falsche oder verspätete Meldung.

Artikel 41 Absatz 4 BEHG droht im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung eine Mindestbusse von 10 000 Franken an. Diese Bestimmung wird nicht übernommen (vgl. zur Begründung die Erläuterungen vor Art. 144).

75 76

SR 321.0 www.ejpd.admin.ch > Themen > Sicherheit > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Harmonisierung der Strafrahmen

7586

Art. 149

Verletzung der Angebotspflicht

Die Bestimmung entspricht Artikel 41a BEHG.

Art. 150

Pflichtverletzungen durch die Zielgesellschaft

Die Bestimmung entspricht Artikel 42 BEHG mit Ausnahme der Bestimmung von Artikel 42 Absatz 3 BEHG zur Mindestbusse im Wiederholungsfall, welche nicht übernommen wird (vgl. zur Begründung die Erläuterungen vor Art. 144).

Art. 151

Ausnützen von Insiderinformationen

Die Bestimmung entspricht Artikel 40 BEHG. Der Begriff «Börse oder börsenähnliche Einrichtung» wird ersetzt durch «Handelsplatz». Analog des aufsichtsrechtlichen Verbots des Insiderhandels wird zudem im Interesse der Rechtssicherheit klargestellt, dass auch strafbar ist, wer eine Empfehlung ausnützt, die auf einer Insiderinformation beruht. Ferner wird aus redaktionellen Gründen der Begriff «daraus abgeleitete Finanzinstrumente» durch «daraus abgeleitete Derivate» ersetzt. Eine materielle Änderung ist mit dieser terminologischen Anpassung nicht verbunden.

Art. 152

Kursmanipulation

Die Bestimmung entspricht Artikel 40a BEHG. Auch hier wurde der Begriff «Börse oder börsenähnliche Einrichtung» durch «Handelsplatz» ersetzt.

Art. 153

Zuständigkeit

Absatz 1 entspricht Artikel 44 BEHG. In Absatz 2 wird die Zuständigkeit der Kantone zur Verfolgung und Beurteilung von Verletzungen des Berufsgeheinmnises geregelt.Die Zuständigkeit zur Verfolgung und Beurteilung der übrigen Strafbestimmungen dieses Gesetzes liegt beim EFD (vgl. Art. 50 Abs. 1 FINMAG).

2. Kapitel: Schlussbestimmungen 1. Abschnitt: Vollzug Art. 154 Es wird sinnvoll sein, dass der Bundesrat zu gewissen Bestimmungen des FinfraG Ausführungsrecht erlässt. Dies wird in Artikel 154 festgehalten, so wie es bisher in Artikel 45 BEHG festgehalten wurde.

2. Abschnitt: Änderung anderer Erlasse Art. 155 Die Änderung anderer Erlasse wird im Anhang geregelt (vgl. Ziff. 2.2).

7587

3. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 156

Finanzmarktinfrastrukturen

Börsen, welche bei Inkrafttreten dieses Gesetzes über eine Bewilligung verfügen, bedürfen keiner neuen Bewilligung oder Anerkennung. Sie müssen jedoch die Anforderungen des FinfraG innert eines Jahres ab dessen Inkrafttreten erfüllen (Abs. 1). Die Bestimmung gilt auch für ausländische Börsen, da diese gemäss geltender Terminologie keine Anerkennung, sondern einer Bewilligung bedürfen (vgl.

Art. 3 Abs. 3 BEHG).

Finanzmarktinfrastrukturen, welche bei Inkrafttreten dieses Gesetzes über eine Bewilligung als börsenähnliche Einrichtung, Bank oder Effektenhändler verfügen, müssen innert eines Jahres ab Inkrafttreten des FinfraG ein neues Bewilligungsgesuch stellen. Bis zum Entscheid über die Bewilligung können sie ihre Tätigkeit fortführen (Abs. 2). Unter diese Bestimmung können in- oder ausländische zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme fallen. Ein neues Bewilligungsgesuch ist notwendig, da mit dem FinfraG neu ein massgeschneidertes Bewilligungskleid für solche Finanzmarktinfrastrukturen geschaffen wird. Das Bewilligungsverfahren beschränkt sich aus Gründen der Rechtssicherheit indessen auf die Prüfung der neuen Anforderungen. Zu diesen gehören auch geänderte Anforderungen. Falls die betroffene Finanzmarktinfrastruktur als systemisch bedeutsam eingestuft wurde, so hat sie im Rahmen des Bewilligungsverfahrens der FINMA eine rechtskräftige Verfügung der SNB vorzulegen (vgl. Art. 25). Aus dieser muss insbesondere hervorgehen, welche Geschäftsprozesse systemisch bedeutsam sind und welche besonderen Anforderungen die Finanzmarktinfrastruktur deshalb zu erfüllen hat. Im Übrigen kann auf die Erläuterungen zu Artikel 25 verwiesen werden.

Alle Finanzmarktinfrastrukturen, die neu diesem Gesetz unterstehen, haben sich innert sechs Monaten ab Inkrafttreten bei der FINMA zu melden. Sie müssen innert eines Jahres ab Inkrafttreten dieses Gesetzes dessen Anforderungen genügen und ein Bewilligungs- oder Anerkennungsgesuch stellen. Bis zum Entscheid über die Bewilligung oder Anerkennung können sie ihre Tätigkeit fortführen (Abs. 3). Es kommt das Verfahren nach Artikel 25 zur Anwendung. Unter diesen Absatz fallen vorab multilaterale Handelssysteme und ausländische Finanzmarktinfrastrukturen.

Art. 157

Ausländische Teilnehmer an einem Handelsplatz

Ausländische Teilnehmer an einem Handelsplatz, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes über eine Bewilligung der FINMA als ausländische Börsenmitglieder verfügen, bedürfen keiner neuen Bewilligung. Sie müssen jedoch die Anforderungen dieses Gesetzes innert eines Jahres ab dessen Inkrafttreten erfüllen. Teilnehmer, die nach geltendem Recht keiner Bewilligung der FINMA bedürfen (vgl. Art. 53a BEHV), dürfen auch weiterhin ohne Bewilligung an einem Schweizer Handelsplatz teilnehmen.

Art. 158

Interoperabilitätsvereinbarungen

Interoperabilitätsvereinbarungen, welche bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung durch die FINMA. Eine solche wäre unverhältnismässig.

7588

Art. 159

Derivatehandel

Es fällt in die Zuständigkeit des Bundesrates, in Berücksichtigung der sich noch in Entwicklung befindenden internationalen Entwicklung und unter Wahrung der Verhältnismässigkeit festzulegen, ob und inwieweit Derivatgeschäfte bei Inkraftsetzung des Gesetzes von dessen Regeln erfasst werden.

Art. 160

Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots

Die Absätze 1 und 2 entsprechen den Übergangsbestimmungen in den geltenden Artikeln 52 und 53 Absatz 2 BEHG.

4. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten Art. 161 Wie unter den Erläuterungen zum 1. Kapitel des 3. Titels erwähnt wird der Bundesrat die Pflicht, über einen Handelsplatz oder ein organisiertes Handelssystem zu handeln (Art. 111 ff.), erst einführen, wenn diese sich als internationaler Standard etabliert hat.

2.2

Änderung anderer Erlasse

2.2.1

Bundesgerichtsgesetz

Art. 83 Bst. u Da die Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote vom BEHG ins FinfraG überführt werden, muss der Verweis in Artikel 83 Buchstabe u des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200577 (BGG) entsprechend angepasst werden.

2.2.2

Revisionsaufsichtsgesetz

Art. 24 Abs. 4 Bst. d Artikel 43 BEHG wird neu teilweise zu Artikel 144 FinfraG. Der Verweis in Artikel 24 Absatz 4 Buchstabe d des Revisionsaufsichtsgesetzes vom 16. Dezember 200578 (RAG) wird entsprechend angepasst.

77 78

SR 173.110 SR 221.302

7589

2.2.3

Zivilprozessordnung

Art. 5 Abs. 1 Bst. h Da grosse Teil des BEHG ins FinfraG überführt werden, muss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe h der Zivilprozessordnung79 (ZPO) um das FinfraG ergänzt werden.

2.2.4

Strafprozessordnung

Art. 269 Abs. 2 Bst. j Die Artikel 40 und 40a BEHG werden neu zu den Artikeln 151 und 152 FinfraG.

Der Verweis in Artikel 269 Absatz 2 Buchstabe j der Strafprozessordnung80 (StPO) wird entsprechend angepasst.

2.2.5

Bundesgesetz über die Stempelabgaben

Art. 13 Abs. 3 Bst. a Die im Bundesgesetz über die Stempelabgaben vom 27. Juni 197381 (StG) unter anderem vorgesehene Umsatzabgabe auf in- und ausländischen Wertpapieren setzt voraus, dass bei einem erfassten Übertragungsgeschäft eine der Vertragsparteien oder einer der Vermittler «Effektenhändler» ist. Artikel 13 Absatz 3 StG definiert diesen Begriff. Er ist in Buchstabe a um die zentralen Gegenparteien gemäss FinfraG zu ergänzen.

Art. 19 Abs. 1 Die Bestimmung befreit ausländische Banken und Börsenagenten von der sie betreffenden halben Umsatzabgabe. Die Befreiung soll auf zentrale Gegenparteien gemäss FinfraG ausgedehnt werden.

2.2.6

Mehrwertsteuergesetz

Art. 78 Abs. 6 Da grosse Teil des BEHG ins FinfraG überführt werden, muss Artikel 78 Absatz 6 des Mehrwertsteuergesetzes vom 19. Juni 200982 (MWSTG) um das FinfraG ergänzt werden.

79 80 81 82

SR 272 SR 312 SR 641.10 SR 641.20

7590

2.2.7

Verrechnungssteuergesetz

Art. 5 Abs. 1 Bst. h Nach der Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Verrechnungssteuergesetz vom 13. Oktober 196583 (VStG) gelten sogenannte Interbankguthaben grundsätzlich nicht als Kundenguthaben, ohne Rücksicht auf Laufzeit, Währung und Zinssatz. Die Zinsen unterliegen deshalb nicht der Verrechnungssteuer. Dies gilt für inländische und ausländische Banken.84 Wenn mit der Abrechnungspflicht unter dem FinfraG eine zentrale Gegenpartei zwischen zwei Banken als finanzielle Gegenpartei tritt, würden die Zinszahlungen auf den hinterlegten Sicherheiten neu der Verrechnungssteuer unterliegen, während dies nach heutigem Recht nicht der Fall ist, weil die Transaktion direkt zwischen den beiden Banken erfolgt und es sich somit um befreite Interbankguthaben handelt. Um den regulatorischen Status quo beizubehalten, ist die Ausnahmeregelung nach Artikel 5 Absatz 1 VStG mit einem neuen Buchstaben h zu ergänzen, sodass abrechnungspflichtige Banken, deren Zinszahlungen aufgrund der Abrechnungspflicht unter dem FinfraG entstehen und mangels Bankstatus der zentralen Gegenpartei neu der Verrechnungssteuer unterliegen würden, von der Verrechnungssteuerpflicht befreit werden.

2.2.8

Nationalbankgesetz

Art. 15 Abs. 1 Der Begriff der Börsen wird in Artikel 15 Absatz 1 NBG durch denjenigen der Finanzmarktinfrastrukturen ersetzt. Damit wird eine Grundlage dafür geschaffen, dass nicht nur Handelsplätze (Art. 26 FinfraG) und Effektenabwicklungssysteme (Art. 61 FinfraG), sondern auch zentrale Gegenparteien (Art. 48 FinfraG), zentrale Verwahrungsstellen (Art. 61 FinfraG), Transaktionsregister (Art. 74 FinfraG) und Zahlungssysteme (Art. 81 FinfraG) der SNB statistische Angaben über ihre Tätigkeit zu liefern haben, und zwar ungeachtet dessen, ob es sich um systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen handelt oder nicht. Materiell wird der Kreis der Meldepflichtigen durch diese Änderung jedoch nicht erweitert, weil die SNB bereits heute unter Artikel 15 Absatz 2 NBG Auskünfte von sämtlichen Marktakteuren einfordern kann. Zudem erfolgt eine Anpassung der überholten anlagefondsrechtlichen Begriffe an diejenigen des KAG.

Abs. 2 Zahlungssysteme nach Artikel 81 FinfraG wie auch Effektenabwicklungssysteme nach Artikel 61 FinfraG unterstehen bereits heute der Auskunftspflicht gemäss Absatz 1. Aus geldpolitischen Überlegungen (Einfluss auf den Bargeldumlauf, Definition der Geldaggregate, Finanzstabilität) ist die SNB darauf angewiesen, Angaben über die Anzahl, Benutzung und Verbreitung bargeldloser Zahlungsinstrumente und über Umsätze, die mit bargeldlosen Zahlungsinstrumenten und Bargeldsubstituten getätigt werden, zu erhalten. Der Grossteil der Akteure im Zahlungsverkehr fällt 83 84

SR 642.21 Merkblatt S-02.123 vom 22. September 1986 (abrufbar unter www.estv.admin.ch).

7591

unter die Definition des Zahlungssystems nach Artikel 81 FinfraG und die statistische Auskunftspflicht ergibt sich bereits gemäss Artikel 15 Absatz 1 NBG. Damit sich die SNB weiterhin einen umfassenden Überblick über den Zahlungsverkehr machen kann, sollen auch Akteure im Zahlungsverkehr, auf welche die Definition des Zahlungssystems nach Artikel 81 FinfraG nicht zutrifft (bspw. Herausgeber von Zahlungsinstrumenten), zur statistischen Auskunft verpflichtet bleiben. Die Erwähnung der «Einrichtungen zur Herausgabe von Zahlungsinstrumenten oder zur Verarbeitung, Abrechnung und Abwicklung des Zahlungsverkehrs» in Absatz 2 verdeutlicht dies. Der Kreis der auskunftspflichtigen Institute wird durch diese Präzisierung nicht erweitert. Die Erwähnung der «Post» am Ende der geltenden Aufzählung kann gestrichen werden, da die PostFinance AG als von der FINMA bewilligte Bank unter Absatz 1 fällt und die übrigen Tätigkeiten des Postkonzerns nicht im Fokus der Statistiktätigkeit der SNB stehen.

1a. Abschnitt: Stabilität des Finanzsystems Art. 16a Allgemeines Die im geltenden Recht festgelegten Auskunftsrechte der SNB nach Artikel 14 ff.

NBG gewähren dieser zwar Zugang zu Informationen, welche für das makroprudenzielle Monitoring des Finanzmarktes durchaus wichtig und hilfreich sind. Die Erfahrungen insbesondere während der Finanzmarktkrise haben aber gezeigt, dass die SNB überdies auch Informationen von den Finanzmarktteilnehmern benötigt, die nicht als statistische Daten im Sinne von Artikel 14 NBG zu qualifizieren sind.

Dabei handelt es sich etwa um quantitative, aber nicht standardisierte ­ und damit nicht aggregierbare ­ Informationen über die Exponierung der Banken gegenüber bestimmten Risikofaktoren im Umfeld oder über ihre Widerstandsfähigkeit, wie sie in Stresstests zum Ausdruck kommt. Ebenso benötigt die SNB für ihr Monitoring des Bankensektors zusätzlich qualitative Informationen, beispielsweise die Einschätzung der Banken hinsichtlich bestimmter Entwicklungen in deren Umfeld.

Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung wird die SNB daher neu ermächtigt, gegenüber den Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern zusätzlich auch Auskünfte und Unterlagen «nicht-statistischer» Natur zu verlangen, soweit sie diese für die Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen, benötigt. Damit wird der SNB ermöglicht, namentlich die relevanten Entwicklungen im Finanzsektor rechtzeitig zu analysieren und damit zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen.

Mit der Gesetzesänderung wird eine von der Arbeitsgruppe «Finanzstabilität» im Frühjahr 2012 abgegebene Empfehlung umgesetzt. Diese Arbeitsgruppe war als Reaktion auf die im Bericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) zum Behördenverhalten während der Finanzmarktkrise geäusserten Anliegen85 eingesetzt worden, um im Bereich der Überwachung der Stabilität des Finanzsystems Gesetzesänderungen zu prüfen, welche der FINMA und der SNB in diesem 85

Vgl. «Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBSKundendaten an die USA», Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 30. Mai 2010, Empfehlung 2, S. 129.

7592

Bereich präzise Ziele setzen und die nötigen Kompetenzen einräumen. Aus Artikel 16a NBG folgt jedoch weder eine Aufsichts- noch eine Überwachungskompetenz.

Abs. 1 Im Einleitungssatz dieses Absatzes wird der Geltungsbereich von Artikel 16a NBG abgesteckt. Der Begriff «Finanzmarktteilnehmer» umfasst grundsätzlich alle nach Artikel 15 NBG bereits im Bereich statistischer Erhebungen auskunftspflichtigen Institute. Der Kreis möglicher Adressaten wird indes dadurch beschränkt, dass die SNB bei ihrer Informationsbeschaffung nur die Auskünfte und Unterlagen einholen darf, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen, benötigt. Bei der Auskunftspflicht nach Artikel 16a NBG handelt es sich demnach um eine individuelle Informationsbeschaffung für den konkreten Einzelfall und nicht um eine allgemeine (statistische) Auskunftspflicht, was durch den Zusatz «auf Verlangen» zum Ausdruck gebracht wird. Als Adressaten der Informationsbegehren stehen die Banken im Fokus. Je nach für die Stabilität des Finanzsystems relevanter Fragestellung kann der Adressatenkreis jedoch ausgeweitet werden, namentlich auf Versicherungen und Pensionskassen.

In den Buchstaben a­c wird der Informationsumfang präzisiert. Die SNB kann namentlich Auskünfte und Unterlagen zur Einschätzung der jeweiligen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer zur massgeblichen Marktentwicklung, der Identifizierung relevanter Risikofaktoren, der Exponierung gegenüber bestimmten Risikofaktoren und der Widerstandsfähigkeit einholen. Der Umfang der Informationen wird indes nicht abschliessend aufgeführt, um der SNB je nach Risikoentwicklung einen Ermessensspielraum bei der Informationsbeschaffung zu belassen.

Abs. 2 Im Bewusstsein der Gefahr funktionaler Überschneidungen und Doppelspurigkeiten ­ insbesondere mit den Aufsichtskompetenzen der FINMA nach den Finanzmarktgesetzen ­ wird das Auskunftsrecht der SNB klar begrenzt. Zum einen wird die SNB durch die Gesetzesänderung berechtigt, Auskünfte und Unterlagen einzufordern, die sie für ihre gesetzliche Aufgabe, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen, benötigt. Zum anderen wird sie aber auch verpflichtet, indem sie sich auf notwendige Informationen zu beschränken und das Auskunftsrecht verhältnismässig auszuüben hat. Entsprechend hat die SNB auf das Einholen von
Auskünften und das Verlangen von Unterlagen zu verzichten, wenn die Informationen bereits anderweitig vorhanden oder leicht erhältlich sind, namentlich bei der FINMA. Dies setzt im Regelfall eine vorherige Information der FINMA voraus. Mit «leicht erhältlich» sind insbesondere Informationen gemeint, die grundsätzlich bei der FINMA vorhanden sind, jedoch nicht genau im von der SNB gewünschten Format oder für die von der SNB gewünschte Periode. Hingegen werden die Kompetenzen der SNB im Bereich der Überwachung von systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen von dieser Einschränkung nicht berührt.

Abs. 3 Die SNB informiert die betroffenen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer über (a) den Zweck der Informationsbeschaffung, (b) die Art und den Umfang der verlangten Auskünfte und Unterlagen sowie (c) deren vorgesehene Verwendung.

Durch eine umfassende Information der Auskunftspflichtigen soll deren Verständnis für den zur Informationsbeschaffung erforderlichen Aufwand gewonnen werden.

7593

Gleichzeitig erleichtert eine klare Kommunikation der beabsichtigten Verwendung eine zielgerichtete Bereitstellung der Informationen durch die Auskunftspflichtigen.

Darüber hinaus kann allfälligen Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Vertraulichkeit bereits im Vorfeld begegnet werden, wenn die Verwendung der Information klar aufgezeigt wird. Die Wahrung der Vertraulichkeit wird überdies durch die in Artikel 49 NBG verankerte Geheimhaltungspflicht gewährleistet.

Abs. 4 Die SNB informiert die FINMA über das Ergebnis ihrer Informationsbeschaffung.

Damit soll sichergestellt werden, dass die FINMA über alle Informationen verfügt, welche sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt (vgl. Art. 50 Abs. 1 NBG). Gleichzeitig wird damit auch die Gefahr von Doppelspurigkeiten reduziert.

Art. 18 Abs. 2 In den Rechnungslegungsvorschriften für Banken wird zurzeit zwischen «Verpflichtungen gegenüber Kunden in Spar- und Anlageform» (Pos. 2.3) sowie «Übrigen Verpflichtungen gegenüber Kunden» (Pos. 2.4) unterschieden (vgl. Art. 25 Abs. 1 der Bankenverordnung vom 17. Mai 197286 [BankV]). Neu sollen die entsprechenden Verbindlichkeiten einheitlich als «Verpflichtungen aus Kundeneinlagen» (Pos. 2.3) erfasst werden (vgl. den Anhang 1 zur BankV in der ab 1. Januar 2015 geltenden Fassung87). Die Position «Verpflichtungen gegenüber Kunden in Sparund Anlageform» ist für die Bestimmung der massgeblichen Verbindlichkeiten und damit der erforderlichen Mindestreserven relevant und wird in Artikel 18 Absatz 2 NBG aufgeführt. Entsprechend muss eine Anpassung erfolgen, sodass Einlagen, welche bisher unter den «Verpflichtungen gegenüber Kunden in Spar- und Anlageform» verbucht wurden, in Artikel 18 Absatz 2 NBG neu als «Verbindlichkeiten aus kündbaren Kundeneinlagen» aufgeführt werden. Die Regelung, wonach gebundene Vorsorgegelder nicht eingerechnet werden, gilt weiterhin.

3. Abschnitt: Überwachung systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen Art. 19

Grundsatz

Absatz 1 wird an die Terminologie des FinfraG angepasst. So wird nicht mehr vom überholten Begriff der Zahlungs- und Effektenabwicklungssysteme gesprochen, sondern von den Finanzmarktinfrastrukturen.

Absatz 2 widerspiegelt inhaltlich im Wesentlichen das geltende Recht. Das Abstellen auf bedeutende Transaktionsvolumen entspricht den PFMI. Gemäss Artikel 23 Absatz 4 FinfraG kann die SNB solche Finanzmarktinfrastrukturen unter bestimmten Umständen von der Einhaltung der im FinfraG vorgesehenen besonderen Anforderungen befreien.

86 87

SR 952.02 AS 2014 1269

7594

Art. 20

Ausgestaltung und Instrumente

Die Tätigkeit der SNB unter den bestehenden Artikeln 19­21 NBG hat zum Ziel, Systemrisiken auszuschliessen oder zu minimieren und dadurch einen Beitrag an die Stabilität des Finanzsystems zu leisten. Nach geltendem Recht unterliegen daher Betreiber von Zahlungssystemen mit hohem Betragsvolumen und von Effektenabwicklungssystemen einer erweiterten Offenlegungspflicht. Die korrelierende Kompetenz der SNB, von zentralen Gegenparteien nach Artikel 48 FinfraG, Zentralverwahrern nach Artikel 61 FinfraG und Zahlungssystemen nach Artikel 81 FinfraG entsprechende Auskünfte und Unterlagen zu verlangen, dient der SNB dazu, die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems frühzeitig zu erkennen und zu beurteilen, ob von einer potenziell risikoreichen Finanzmarktinfrastruktur tatsächlich ein Risiko für die Stabilität des Finanzsystems ausgeht.

Damit die SNB beurteilen kann, ob zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme systemisch bedeutsam sind, müssen sie der SNB auf Verlangen alle Auskünfte und Unterlagen zur Verfügung stellen, welche die SNB hierfür benötigt (Abs. 1; vgl. zudem Art. 25 FinfraG). Steht fest, dass eine Finanzmarktinfrastruktur systemisch bedeutsam ist, so haben sie und ihre Prüfgesellschaft (vgl.

Art. 84 FinfraG) der SNB alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen herauszugeben, welche die SNB zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt (Abs. 2). Sie müssen der SNB zudem unverzüglich Vorkommnisse melden, die für die Überwachung von wesentlicher Bedeutung sind. Die Bestimmung entspricht Artikel 29 FINMAG.

Absatz 3 ermöglicht es der SNB, Prüfungen selbst durchzuführen oder durch die von der Finanzmarktinfrastruktur beauftragte Prüfgesellschaft durchführen zu lassen.

Wird eine Prüfgesellschaft eingesetzt, so hat die Finanzmarktinfrastruktur dieser gemäss Absatz 4 alle Informationen, das heisst Auskünfte und Unterlagen zu übermitteln, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt (vgl. die analoge Bestimmung in Art. 25 FINMAG).

Die SNB wird die Einzelheiten wie bisher in einer Verordnung regeln und dazu die mitinteressierten Verwaltungseinheiten sowie die interessierten Kreise ausserhalb der Verwaltung anhören (Abs. 5).

Der bisherige Absatz 2 von Artikel 20 NBG kann aufgehoben werden. Die besonderen Anforderungen für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen werden neu in Artikel 23 FinfraG geregelt.

Art. 21

Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden

Die Bestimmung übernimmt die geltende Regelung von Artikel 21 Absatz 2 NBG, wird jedoch sprachlich leicht angepasst. Insbesondere wird die Klarstellung von Buchstabe b generell übernommen, wonach «Auskünfte und Unterlagen» unter dem Oberbegriff «Informationen» zusammengefasst werden können. Die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden ist zum einen dann erforderlich, wenn diese spezifische Informationsbedürfnisse über eine systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur mit Sitz in der Schweiz haben. Als Gründe hierfür kommen beispielsweise in Frage, dass die Finanzmarktinfrastruktur grenzüberschreitende Dienstleistungen für ausländische Märkte oder für ausländische Teilnehmer erbringt oder dass sie Zahlungen in anderen Währungen abrechnet oder abwickelt. Zum anderen kann die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden erforderlich sein, wenn eine systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur ihren Sitz im Ausland hat. Sind die in 7595

Artikel 23 Absatz 4 FinfraG aufgeführten Bedingungen für die Befreiung von der Einhaltung der besonderen Anforderungen erfüllt, so arbeitet die SNB mit den zuständigen ausländischen Behörden zusammen und kann von diesen Informationen ersuchen und ersucht werden.

Wie nach geltendem Recht ist die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden nur zulässig zum Schutz der Stabilität des Finanzsystems (vgl. Art. 19 Abs. 1 NBG) und ist deshalb beschränkt auf die Aufsicht und Überwachung systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen. Eine Zusammenarbeit soll aber sowohl mit den für die Systemüberwachung zuständigen Behörden möglich sein als auch mit den Behörden, welche mit der Institutsaufsicht betraut sind. Nicht zulässig ist im Rahmen von Artikel 19 ff. NBG ­ wie bisher ­ der Austausch von Informationen über Teilnehmer einer Finanzmarktinfrastruktur oder deren Kundinnen und Kunden, sodass sich die Frage einer Weiterleitung solcher Informationen an ausländische Strafverfolgungs- oder Fiskalbehörden auch weiterhin nicht stellt.88 Die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit inländischen Behörden ist von der allgemeinen Regelung nach Artikel 50 NBG abgedeckt, sodass der geltende erste Absatz von Artikel 21 NBG gestrichen werden kann.

Art. 22 Abs. 1 Der Begriff «Börsen» wird ersetzt durch «Finanzmarktinfrastrukturen». Zudem erfolgt eine Anpassung an die gesetzliche Regelung zur Bündelung der Aufsichtskompetenz über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften, wie sie vom Parlament in der Sommersession 2014 verabschiedet wurde.89 Art. 23 Abs. 2 und 3 Die Bestimmung entspricht der geltenden Regelung, wird aber in zwei Absätze unterteilt. Zudem wird die Terminologie an diejenige des FinfraG angepasst.

Das FinfraG sieht verschiedentlich Tatbestände vor, die durch die FINMA zu genehmigen sind. Bei Sachverhalten, welche für die Einhaltung der besonderen Anforderungen gemäss Artikel 23 FinfraG relevant sein könnten, informiert die FINMA die SNB, damit diese prüfen kann, ob ein zu genehmigender Sachverhalt für die Einhaltung der besonderen Anforderungen relevant ist. Kommt die SNB zum Schluss, dass dies zutrifft und dass die Finanzmarktinfrastruktur die besonderen Anforderungen nicht (mehr) erfüllen kann, so hält sie dies in einer Verfügung an die Finanzmarktinfrastruktur fest.

Widersetzt sich eine Finanzmarktinfrastruktur
einer Verfügung der SNB und trifft sie keine Massnahmen, um den ordnungsgemässen Zustand wieder herzustellen, oder herrschen schwere Missstände, welche aus Sicht der SNB den raschen Einsatz von Instrumenten erfordert, die der FINMA vorbehalten sind, so bringt die SNB der FINMA ihren Befund zur Kenntnis. Die FINMA kann dann den Sachverhalt prüfen und über den Einsatz weiterer Instrumente entscheiden.

88 89

Vgl. BBl 2002 6097, hier 6223 f.

BBl 2014 5113

7596

Art. 24 Abs. 1, 3bis und 4 Das Straf- und Massnahmenregime des StGB wurde auf den 1. Januar 2007 geändert. Übertretungen werden nunmehr einzig noch mit Busse bedroht (vgl. Art. 103 StGB). Artikel 24 Absatz 1 NBG ist entsprechend anzupassen. Weiter erfolgt eine Anpassung der Frist der Verfolgungsverjährung in Absatz 4 an diejenigen nach Artikel 52 FINMAG. Davon unberührt bleibt die Frist der Vollstreckungsverjährung. Diese ist in Artikel 11 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 22. März 197490 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) geregelt und beträgt nach wie vor fünf Jahre.

Schliesslich wird ein neuer Absatz 3bis eingefügt, welcher die in Artikel 49 FINMAG vorgesehene Regelung für die Strafbestimmung von Artikel 24 NBG übernimmt. Dies ermöglicht der Strafbehörde, bei geringfügigeren Widerhandlungen auf zeitraubende und aufwendige Nachforschungen nach der oder dem verantwortlichen Angestellten oder dem verantwortlichen Organ im betroffenen Unternehmen zu verzichten. Dadurch wird das Unternehmen entlastet und sein Geschäftsbetrieb nicht wegen geringfügigeren Widerhandlungen in unverhältnismässigem Mass gestört.91 Art. 27

Kotierungsbestimmungen

Die SNB untersteht als börsenkotiertes Unternehmen grundsätzlich den Kotierungsbestimmungen der Börse. Derartige Bestimmungen beinhalten unter anderem Verpflichtungen zur Anwendbarkeit von anerkannten Rechnungslegungsstandards. Mit Artikel 27 NBG soll ­ neben anderem ­ sichergestellt werden, dass die der SNB aufgrund von Artikel 29 NBG gewährten Ausnahmen in Bezug auf Rechnungslegungsvorschriften nicht durch Kotierungsbestimmungen einer Börse wieder aufgehoben werden.92 In der Vergangenheit haben sich Diskrepanzen bei der Auslegung von Artikel 27 NBG ergeben, die mit der vorliegenden Anpassung künftig vermieden werden sollen. Da die besondere Natur der SNB nicht nur die finanzielle Berichterstattung, sondern ihre gesamte Tätigkeit erfasst, kann sich die Bestimmung nicht nur auf die finanzielle Berichterstattung und neu auch auf die Ad-hocPublizität beziehen, sondern erfasst sämtliche Bereiche, die sich aus der erwähnten besonderen Natur der SNB ergeben.

Art. 29

Jahresrechnung

Mit Inkrafttreten des neuen Rechnungslegungsrechts im OR93 per 1. Januar 2013 wurden die Bestimmungen zur Rechnungslegung im Aktienrecht (Art. 662­663b aOR) und damit der indirekte Verweis auf die kaufmännische Buchführung (zweiunddreissigster Titel, Art. 957­963 aOR) aufgehoben. Zudem wurde mit Inkrafttreten des neuen Rechnungslegungsrechts der bis anhin sehr rudimentär gehaltene zweiunddreissigste Titel des OR komplett neu gefasst. Dieser enthält nun weitaus detailliertere Bestimmungen zur Rechnungslegung und enthält neu auch Bestimmungen zur Anwendbarkeit von anerkannten Rechnungslegungsstandards. Aufgrund der Tatsache, dass die Bestimmungen zur Rechnungslegung im Aktienrecht aufgehoben wurden, führt der Verweis des heutigen Artikels 29 NBG ins Leere. Auch ist unklar, wie der in Artikel 29 NBG angebrachte Hinweis auf die anerkannten Grundsätze der Rechnungslegung in Anbetracht der Neufassung des zweiunddreissigsten 90 91 92 93

SR 313.0 Vgl. BBl 2006 2829, hier 2890 Vgl. BBl 2002 6097, hier 6233 SR 220

7597

Titels des OR auszulegen ist, da der neue zweiunddreissigste Titel des OR eine weitaus höhere Regelungsdichte enthält als dies bei Inkrafttreten des NBG der Fall war.

Da nun Unklarheiten bestehen, inwiefern die SNB auch unter dem Regime des neuen Rechnungslegungsrechts von den Rechnungslegungsvorschriften abweichen darf, ist Artikel 29 NBG dergestalt anzupassen, dass die ursprünglich vorgesehenen Ausnahmen94 auch unter dem Regime des neuen Rechnungslegungsrechts Bestand haben. Abweichungen von den Rechnungslegungsvorschriften sind von der SNB aber nach wie vor im Jahresbericht zu erläutern. Um jegliche Unklarheiten in Bezug auf die Erstellung einer Geldflussrechnung auszuräumen, wird in Artikel 29 NBG zudem explizit festgehalten, dass keine Geldflussrechnung zu erstellen ist.

Art. 49 Abs. 3 Wie bei Artikel 24 NBG erwähnt, wurde das Straf- und Massnahmenregime des StGB auf den 1. Januar 2007 geändert. Die Bestimmung wird auch hier an die neue Rechtslage angepasst. Das Strafmass für Verletzungen der Geheimhaltungspflicht entspricht demjenigen für Verletzungen des Amtsgeheimnisses (vgl. Art. 320 StGB).

Art. 50

Zusammenarbeit mit inländischen Behörden

Gemäss geltendem Artikel 50 NBG ist die SNB befugt, «den zuständigen schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörden nicht öffentlich zugängliche Auskünfte und Unterlagen zu übermitteln, welche diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen».

Diese Bestimmung soll in einem ersten Absatz beibehalten werden, wobei «Auskünfte und Unterlagen» unter dem Oberbegriff «Informationen» zusammengefasst werden (vgl. auch Art. 21 NBG).

Ein Informationsrecht der SNB gegenüber anderen Bundesbehörden besteht zurzeit nicht. Diese Situation erweist sich als unbefriedigend. Insbesondere die Finanzmarktkrise hat aufgezeigt, dass es in Ausnahmesituationen, in denen die Stabilität des Finanzsystems gefährdet ist, unvermeidbar sein kann, dass die SNB das EFD über nicht öffentlich zugängliche Informationen über bestimmte Finanzmarktteilnehmer in Kenntnis setzen können muss. Es wird daher in einem neuen zweiten Absatz ein entsprechendes allgemeines Informationsrecht geschaffen, welches es der SNB ermöglicht, mit dem EFD nichtöffentliche Informationen auszutauschen, wenn es der Aufrechterhaltung der Stabilität des Finanzsystems dient.

Art. 50a

Zusammenarbeit mit ausländischen Zentralbanken

Allgemeines Aufgrund der Mitgliedschaft der Schweiz beziehungsweise der SNB bei diversen internationalen Organisationen und Gremien ergeben sich vermehrt Pflichten in Bezug auf die Erhebung von Daten, den gegenseitigen Informationsaustausch und die Teilnahme an multilateralen Initiativen. Diese Pflichten ergeben sich für die SNB insbesondere im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen (Art. 5 Abs. 2 Bst. e NBG).

94

Vgl. BBl 2002 6097, hier 6115

7598

Im Statistikbereich sieht Artikel 16 Absatz 3 NBG vor, dass die SNB die von ihr erhobenen statistischen Daten in aggregierter Form an die in Artikel 14 Absatz 2 NBG genannten Behörden und Organisationen übermitteln darf. Der Austausch von vertraulichen Einzelinstitutsdaten in nicht-aggregierter Form ist dagegen nur mit den zuständigen schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörden zulässig (vgl. Art. 16 Abs. 4 NBG). Im Bereich der Finanzstabilität besteht keine gesetzliche Regelung für den Austausch von vertraulichen Informationen mit ausländischen oder internationalen Stellen. Einzig im Bereich der Überwachung systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen besteht mit Artikel 21 NBG eine gesetzliche Regelung für den Austausch von vertraulichen Informationen mit ausländischen Aufsichts- und Überwachungsbehörden.

Zurzeit besteht somit keine gesetzliche Grundlage, welche es der SNB erlauben würde, vertrauliche Informationen über einzelne Finanzmarktteilnehmer (Einzelinstitutsdaten) an andere Zentralbanken, die BIZ oder internationale Organisationen und Gremien zu übermitteln. Folglich stösst die SNB regelmässig an Grenzen, die ihr einen effektiven Informationsaustausch mit den genannten Stellen und insbesondere eine Teilnahme an multilateralen Initiativen verunmöglichen. Ein Abseitsstehen wäre der Reputation der Schweiz namentlich im FSB sowie generell in den massgebenden internationalen Organisationen und Gremien nicht förderlich. Dadurch würden die Schweiz und die SNB international an Einfluss verlieren und Mitspracherechte in internationalen Organisationen und Gremien einbüssen. Das NBG soll deshalb entsprechend angepasst und um zwei neue Bestimmungen erweitert werden.

Die neuen Artikel 50a und 50b NBG sind ­ wie auch die übrigen eingangs zitierten Bestimmungen ­ als Spezialregelungen sowohl zur Regelung von Artikel 16 Absatz 3 NBG als auch zum geplanten ZSSG zu verstehen. Sie gehen diesen somit vor.

Gleiches gilt ­ wie bei Artikel 42b FINMAG ­ gegenüber Artikel 6 DSG.

Abs. 1 Absatz 1 hält fest, dass die Zusammenarbeit der SNB mit ausländischen Zentralbanken und der BIZ der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Artikel 5 NBG dienen muss.

Dies gilt auch für die in Absatz 2 vorgesehene Möglichkeit des Informationsaustauschs. Im Zentrum steht die Aufgabe, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen
(Art. 5 Abs. 2 Bst. e NBG).

Abs. 2 Der Informationsaustausch ist unter zwei kumulativen Voraussetzungen zulässig: Die Empfängerin verwendet die Informationen ausschliesslich zur Erfüllung vorgesehener Aufgaben, die denjenigen der SNB nach Artikel 5 NBG entsprechen, und die Geheimhaltung ist durch gesetzliche Geheimhaltungspflichten oder vertragliche Geheimhaltungsvereinbarungen ausreichend gewährleistet.

Art. 50b

Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Gremien

Allgemeines Es wird auf die allgemeinen Erläuterungen zu Artikel 50a NBG sowie die Erläuterungen zu Artikel 42b FINMAG hingewiesen.

7599

Abs. 1 Wie bei Artikel 50a NBG wird der Kreis derjenigen internationalen Organisationen und Gremien, an deren multilateralen Initiativen die SNB teilnehmen kann, durch ihr Mandat nach Artikel 5 NBG eingeschränkt. Im Vordergrund stehen für die SNB internationale Organisationen und Gremien, die es sich zur primären Aufgabe machen, zur Stabilität des internationalen Finanzsystems beizutragen oder internationale Regulierungsstandards zu setzen. Zurzeit fallen namentlich der IWF und das FSB sowie internationale Standardsetter (bspw. BCBS, CPSS und CGFS) in Betracht. Weitere internationale Organisationen und Gremien können hinzukommen, sofern die Schweiz oder die SNB Mitglied oder Teilhaberin der entsprechenden Organisation oder des entsprechenden Gremiums wird. Jedoch ist der Informationsaustausch mit internationalen Organisationen und Gremien, die überwiegend in Bereichen tätig sind, die sich nicht mit den gesetzlichen Aufgaben der SNB decken, ausgeschlossen. Namentlich internationale Organisationen und Gremien, die sich nur am Rande mit Fragen der Finanzstabilität befassen oder sich allgemein der Förderung der Weltwirtschaft und der sozialen Entwicklung widmen (bspw. die OECD) fallen nicht in den potenziellen Empfängerkreis.

Abs. 2 Der SNB steht es frei, von einer Zusammenarbeit abzusehen, wenn etwa die anderen Teilnehmer der multilateralen Initiative ihrerseits keine entsprechenden Informationen zur Verfügung stellen. Gleiches gilt bei allfälligen Risiken für die Aufgabenerfüllung oder die Unabhängigkeit der SNB. Bei multilateralen Initiativen von grosser Tragweite für den Schweizer Finanzplatz erfolgt die Teilnahme am Informationsaustausch im Einvernehmen mit dem EFD. Dies ist beispielsweise bei Initiativen des IWF und des FSB der Fall, bei denen auch das EFD die Interessen der Schweiz wahrnimmt. Die Tragweite einer multilateralen Initiative ergibt sich im Einzelfall zudem aufgrund der Qualität der Informationen, die übermittelt werden sollen, sowie aufgrund des Umfangs, der Dauer (einmalig, befristet, unbefristet) der Anzahl der Empfänger etc. Damit können unter Umständen auch Initiativen der IOSCO, des BCBS, des CPSS oder anderer internationaler Gremien von grosser Tragweite für den Finanzplatz Schweiz sein.

Abs. 3 und 4 Soweit die SNB und die FINMA an denselben Initiativen teilnehmen, stimmen
sie ihre Tätigkeiten aufeinander ab. Bei einer Teilnahme kann die SNB vertrauliche Informationen über einzelne Finanzmarktteilnehmer (Einzelinstitutsdaten) mit bestimmten internationalen Organisationen und Gremien austauschen, wobei die Geheimhaltung dieser Daten gewährleistet sein muss (vgl. Abs. 1). Es besteht ­ wie bei Artikel 50a NBG ­ kein (Rechts-)Anspruch darauf, dass die SNB die gewünschten Informationen übermittelt. Ausländischen Zentralbanken, der BIZ sowie internationalen Organisationen und Gremien, welche die SNB um Informationen ersuchen, steht deshalb keine Beschwerdemöglichkeit gegen einen ablehnenden Entscheid der SNB offen.

Oftmals fliessen die übermittelten Informationen in einen Analysebericht, der durch die internationale Organisation oder das internationale Gremium an einen ausgewählten und im Voraus bestimmten Kreis von Empfängern (bspw. Finanzmarktaufsichtsbehörden, Zentralbanken, andere internationale Organisationen und Gremien) verteilt oder veröffentlicht werden soll. In solchen Fällen vereinbart die SNB mit 7600

den internationalen Organisationen und Gremien den genauen Verwendungszweck der Informationen und bestimmt über eine allfällige Weiterleitung ­ wozu auch die Veröffentlichung zählt ­ der Analyseberichte.

Art. 52 Abs. 1 In Artikel 52 NBG wird die Auflistung der Artikel, nach denen die SNB ihre Entscheide in Form einer Verfügung erlässt, um Artikel 16a NBG sowie Artikel 23 und 25 FinfraG ergänzt.

Art. 53 Sachüberschrift, Abs. 1 und 1bis Durch die am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Totalrevision der Bundesrechtspflege ist Absatz 1 überflüssig geworden: ­

Absatz 1 Buchstabe a ist durch Artikel 33 Buchstabe e des Verwaltungsgerichtsgesetzes 17. Juni 200595 (VGG) abgedeckt;96 allenfalls könnte auch Artikel 33 Buchstabe h VGG angerufen werden.

­

Absatz 1 Buchstabe b ist durch Artikel 33 Buchstabe b Ziffer 1 VGG abgedeckt.

Artikel 53 Absatz 1 NBG kann daher vereinfacht werden. Dadurch wird ein Absatz 1bis notwendig, der regelt, dass die SNB zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist. Die beiden Absätze übernehmen für die SNB die bereits für die FINMA nach Artikel 54 FINMAG geltende Regelung zum Rechtsschutz.

Der geltende Absatz 2 wird beibehalten, da es sich bei Vereinbarungen über die Gewinnausschüttung nach Artikel 31 NBG nicht ohne Weiteres um eine Streitigkeit zwischen Bund und Kantonen im Sinne von Artikel 120 Absatz 1 Buchstabe b BGG handelt.

Art. 56 und 57 Den beiden zum Inkrafttreten des NBG am 1. Mai 2004 geschaffenen Übergangsbestimmungen kommt aktuell keine Bedeutung mehr zu, weshalb sie aus dem Gesetz gestrichen werden können.

2.2.9 Art. 45

Kollektivanlagengesetz Verhältnis zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz

Da die Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote vom BEHG ins FinfraG überführt werden, muss der Verweis in Artikel 45 KAG entsprechend angepasst werden.

95 96

SR 173.32 Vgl. Bundesgerichtsentscheid 2A.312/2004 vom 22. April 2005 E. 2.1.1.

7601

Art. 138d

Beschwerde

Die Bestimmung ist den Absätzen 2 und 3 von Artikel 24 BankG nachempfunden.

Dadurch soll sichergestellt werden, dass Konkursverfahren bei Bewilligungsträgern nach KAG beförderlich abgewickelt und nicht durch eine Vielzahl von Beschwerden unverhältnismässig verzögert oder blockiert werden können.

Art. 141 Die Regelung der Amtshilfebefugnisse der FINMA erfolgt neu im FINMAG. Entsprechend können die Bestimmungen zur Amtshilfe in den einzelnen Finanzmarktgesetzen gestrichen werden. Artikel 141 KAG wird daher aufgehoben.

Art. 143 Die grenzüberschreitenden Prüfungen werden neu ebenfalls im FINMAG geregelt, sodass Artikel 143 KAG aufgehoben werden kann.

Art. 148 Abs. 3 und Art. 149 Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

2.2.10

Bankengesetz

Allgemeines Die vorgeschlagenen Änderungen des BankG beziehen sich auf das aktuell geltende BankG. Es sind allerdings weitere Revisionen im Bereich der Finanzmarktgesetzgebung wie das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) geplant. Würde sich im Rahmen der parlamentarischen Beratung des FinfraG zeigen, dass auch die anderen Revisionen im Bereich der Finanzmarktgesetzgebung bereits in parlamentarischer Beratung stehen, müsste besonderes Augenmerk auf die Koordination der Arbeiten gelegt werden Art. 1bis Mit dem FinfraG werden klare, auf die einzelnen Finanzmarktinfrastrukturen zugeschnittene Anforderungen (Bewilligungsvoraussetzungen und Verhaltenspflichten) an den Betrieb dieser Finanzmarktinfrastrukturen festgelegt. Artikel 1bis BankG kann daher gestrichen werden.

Art. 2bis Abs. 1 Im Zuge der Arbeiten zur Verbesserung der Krisenbeständigkeit der Grossbanken hat sich gezeigt, dass der FINMA die Kompetenz fehlt, Konzernobergesellschaften, zumeist in der Form einer Holdinggesellschaft, in die Sanierung oder die Abwicklung einzubeziehen. Da das bestehende Insolvenzrecht der FINMA lediglich Kompetenzen über Banken als Einzelinstitute einräumt und Konzernobergesellschaften in 7602

der Regel keinen Bankenstatus haben, wäre im Insolvenzfall nicht die FINMA, sondern das ordentliche Konkursgericht zuständig. Diese geteilte Zuständigkeitsordnung könnte im Ernstfall zu grossen praktischen Schwierigkeiten führen. Bei Gruppengesellschaften, die für die bewilligungspflichtigen Tätigkeiten wesentliche Funktionen erfüllen (wesentliche Gruppengesellschaften), gilt es zudem zu verhindern, dass bewilligungspflichtige Tätigkeiten von nicht adäquat beaufsichtigten Dritten ausgeübt werden. Im Übrigen ist der Einbezug von Holdinggesellschaften und wesentlichen Gruppengesellschaften in ein Abwicklungsregime eine der Hauptforderungen des FSB gemäss den Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions vom Oktober 201197.

Entsprechend sollen Konzernobergesellschaften und wesentliche Gruppengesellschaften mittels Verfügung den Massnahmen bei Insolvenzgefahr und den Bestimmungen zum Bankenkonkurs unterstellt werden können. Der Begriff der Konzernobergesellschaft findet bereits heute in den Bestimmungen zum Wandlungskapital der systemrelevanten Banken (bspw. in Art. 126 Abs. 2 Bst. a ERV) Verwendung und ist umfassender zu verstehen als der Begriff der Holdinggesellschaft. Mit Artikel 3 FinfraG wird eine entsprechende Regelung im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen übernommen.

Abs. 2 und 3 Wesentliche Funktionen können gemäss dem Konsultativdokument des FSB zur «Assessment Methodology for the Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions» vom 28. August 201398 beispielsweise in den Bereichen Tresorerie, Risikomanagement, Rechnungswesen, Personal, Informationstechnologie, Handel und Abwicklung oder Recht und Compliance bestehen. Gemäss Absatz 2 stellt der Bundesrat dafür Kriterien auf. Damit ist die nötige Flexibilität gewährleistet, da die Rechtsentwicklung in diesem Bereich noch wenig konsolidiert ist und zudem die Entwicklung internationaler Standards mitverfolgt werden muss.

Die FINMA ihrerseits hat gemäss Absatz 3 die Aufgabe, bei den jeweiligen Finanzgruppen und Finanzkonglomeraten die wesentlichen Gesellschaften konkret zu bezeichnen. Die Führung eines öffentlichen Verzeichnisses soll Dritte darüber in transparenter Weise informieren.

Art. 23bis Artikel 23bis BankG enthält aktuell zwei Absätze, die beide aufgehoben werden können:
Absatz 3 zur Amtshilfe wird neu ins FINMAG verschoben, die Regelung in Absatz 4 ist neu im FinfraG enthalten.

Neu soll in Artikel 23bis BankG die bestehende Regelung von Artikel 47 VAG abgebildet werden. Damit bei wesentlichen Funktionsausgliederungen die Durchführung der Aufsicht nicht behindert wird, sind die entsprechenden Dienstleister der Auskunfts- und Meldepflicht gegenüber der FINMA zu unterstellen. Auch muss die FINMA die ausgelagerten Funktionen jederzeit vollumfänglich und ungehindert einsehen und prüfen können.

97 98

www.financialstabilityboard.org > publications > documents 2009­2011 www.financialstabilityboard.org > publications > documents 2013

7603

Art. 23septies Die Regelung der grenzüberschreitenden Prüfungen erfolgt neu im FINMAG, sodass Artikel 23septies BankG aufgehoben werden kann.

Art. 24 Abs. 2 Als Konsequenz der Teilunterstellung gemäss dem neuen Artikel 2bis BankG haben Gläubigerinnen und Gläubiger und Eignerinnen und Eigner einer Konzernobergesellschaft oder einer wesentlichen Gruppengesellschaft eine den Gläubigerinnen und Gläubigern und Eignerinnen und Eignern einer Bank identische Stellung im Verfahren. Dies bringt der vorgeschlagene Zusatz in Absatz 2 von Artikel 24 BankG zum Ausdruck.

Art. 27

Vorrang von Aufrechnungs-, Verwertungs- und Übertragungsvereinbarungen

Die Absätze 1­2bis von Artikel 27 BankG werden leicht angepasst ins FinfraG überführt (vgl. Art. 89 FinfraG samt Erläuterungen). Absatz 3 wird mit drei Änderungen zu Absatz 1: Zunächst erfolgt bei den Aufrechnungsvereinbarungen (neuer Bst. a) ­ wozu insbesondere Vereinbarungen über eine Verrechnungserleichterung, eine Verrechnung oder eine Aufrechnung (Netting) zählen ­ ein präzisierender Einschub, dass der Vorrang auch die vereinbarte Methode und die Wertbestimmung einschliesst. Weiter wird bei den Verwertungsvereinbarungen (neuer Bst. b) die aktuelle Formulierung von «an einem repräsentativen Markt gehandelten Effekten oder anderen Finanzinstrumenten» durch die neu für Artikel 31 Absatz 1 BEG vorgesehene Formulierung von «Effekten oder anderen Finanzinstrumenten, deren Wert objektiv bestimmbar ist», ersetzt (vgl. für Einzelheiten die Erläuterungen zu Art. 31 Abs. 1 BEG). Schliesslich erfolgt auch eine Regelung des Vorrangs von Vereinbarungen zur Übertragung portability) (neuer Bst. c). Gemäss Absatz 2 vorbehalten bleibt Artikel 30a BankG.

Art. 30a

Aufschub der Beendigung von Verträgen

Allgemeines Der in Artikel 57 BIV-FINMA vorgesehene Aufschub der Beendigung von Verträgen soll ausdrücklich auf Gesetzesstufe verankert werden. Artikel 30a BankG verfolgt insbesondere das Ziel, dass die FINMA Massnahmen nach dem elften Abschnitt des BankG ­ wozu insbesondere die Übertragung von Bankdienstleistungen, die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital und die Forderungsreduktion zählen ­ ergreifen kann, ohne dass solche Massnahmen vertragliche Beendigungsrechte oder Rechte nach Artikel 27 BankG auslösen würden. Damit soll die unterbruchsfreie Fortführung der Vertragsverhältnisse auch in einer Stresssituation sichergestellt werden. Die Bestimmung setzt ein Anliegen der Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions des FSB vom Oktober 201199 um. Darin wird verlangt, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Verhängung temporärer Suspensionen gegenüber Vertragsbeendigungsrechten (temporary stay on early termination rights) vorsehen. Dies wurde bereits in verschiedenen

99

www.financialstabilityboard.org > publications > documents 2009­2011

7604

ausländischen Rechtsordnungen, namentlich in den USA und in Grossbritannien umgesetzt. Vgl. auch die Erläuterungen zu Artikel 91 FinfraG.

Abs. 1 Gegenüber Artikel 57 BIV-FINMA wird auf wesentliche Einschränkungen verzichtet. So kann ein Aufschub nicht mehr nur bezüglich Verträgen vorgenommen werden, die auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden. Vielmehr ist ein Aufschub grundsätzlich immer dann möglich, wenn die FINMA eine oder mehrere Massnahmen nach dem elften Abschnitt des BankG anordnet oder genehmigt. Damit soll sichergestellt werden, dass namentlich die Fälle, in denen eine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital oder eine Forderungsreduktion angeordnet wird, von der Bestimmung erfasst sind. Neu ist zudem vorgesehen, dass nicht nur Finanzverträge von einem Aufschub betroffen sein können, sondern jegliche Verträge. Damit können neben den Finanzverträgen insbesondere auch Vertragsverhältnisse betroffen sein, welche die Erbringung von Dienstleistungen, z. B. bezüglich der IT-Infrastruktur der Bank, regeln und zum operationellen Betrieb der Bank notwendig sind, oder solche, welche beispielsweise ein Miet- oder Leasingverhältnis zum Gegenstand haben. Ein Aufschub betrifft schliesslich nicht nur Rechte zur Beendigung, sondern gemäss Buchstabe b auch Aufrechnungs-, Verwertungs- und Übertragungsrechte nach Artikel 27 BankG. Gleiches gilt für eine automatische Beendigung von Verträgen. Dies wird durch die Formulierung in Buchstabe a klargestellt, dass nicht nur die Ausübung von Rechten aufgeschoben werden kann, sondern auch die Beendigung von Verträgen.

Abs. 2 Absatz 2 stellt klar, dass ein Aufschub für alle Verträge angeordnet werden kann, welche die Beendigung oder die Ausübung eines Rechts nach Absatz 1 an die Anordnung oder Genehmigung von Massnahmen nach dem elften Abschnitt des BankG knüpfen. Damit sind zunächst Verträge gemeint, welche eine behördliche Massnahme als Beendigungsgrund vorsehen. Zudem werden Verträge erfasst, bei welchen eine Beendigung oder das Recht zur Beendigung einen Zusammenhang mit der Massnahme hat. Damit sollen etwa auch Fälle gedeckt werden, in welchen einer Bank aufgrund der ergriffenen Massnahme vertraglich besondere Pflichten auferlegt werden können (z. B. erhöhte Sicherheitsleistungen).

Ein Aufschub kann auch für Verträge angeordnet werden, welche die Beendigung
nicht direkt an eine von der FINMA ergriffene Massnahme knüpfen, sondern mittelbar daraus ableiten. Weiter können von einem Aufschub Verträge betroffen sein, bei welchen die von der Massnahme betroffene Bank nicht Vertragspartei ist, sondern beispielsweise Garantin oder eine im Vertrag bezeichnete Specified Entity. Der Aufschub ist nämlich bereits dann möglich, wenn der Vertrag die Beendigung an die von der FINMA ergriffene Massnahme knüpft. Der Aufschub kann sodann auch Verträge zwischen Drittparteien betreffen, die eine Beziehung zur Bank aufweisen, gegenüber welcher Massnahmen ergriffen werden. Damit wird insbesondere die Problematik sogenannter Cross-Default-Klauseln entschärft. Diese Klauseln können unter anderem vorsehen, dass ein Vertrag mit einer Tochtergesellschaft beendet werden kann, wenn gegenüber der Muttergesellschaft Insolvenzmassnahmen ergriffen werden. Ein Aufschub kann demnach ungeachtet dessen angeordnet werden, ob die von den Massnahmen betroffene Bank Vertragspartei, Garantin oder eine für den Beendigungsgrund massgebliche Person ist.

7605

Abs. 3 Die Dauer des Aufschubs darf nicht mehr als zwei Arbeitstage betragen. Wie bei Artikel 37h BankG (Einlagensicherung) werden zur Berechnung dieser Frist Samstage, Sonntage und am Sitz der Bank staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.

Würde der Beginn des Aufschubs beispielsweise auf Donnerstag, 12.00 Uhr, gelegt, könnte als Ende des Aufschubs Montag, 12.00 Uhr, bezeichnet werden. Der Aufschub kann auch an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen ausgelöst werden.

Abs. 4 Absatz 4 beschreibt die Situationen, in denen der Aufschub ausgeschlossen ist und gegebenenfalls hinfällig wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Grund, welcher zur Beendigung oder zum Recht nach Absatz 1 führt, nicht mit den Massnahmen nach dem elften Abschnitt des BankG zusammenhängt. Hier kann auf die Ausführungen zu Absatz 2 verwiesen werden mit der Bemerkung, dass Anforderungen an die betroffene Bank, welche sich infolge des Ergreifens von Massnahmen ergeben, als mit diesen Massnahmen zusammenhängend betrachtet werden müssen.

Abs. 5 Für den Fall, dass die Bank nach Ende des Aufschubs die Bewilligungsvoraussetzungen und die übrigen gesetzlichen Vorschriften einhält, stellt Absatz 5 klar, dass die aufgeschobenen Rechte nicht mehr ausgeübt werden können und der Vertrag fortbesteht. Zur Feststellung, ob dies gegeben ist oder nicht, besteht zugunsten der FINMA ein Beurteilungsspielraum. Nicht zu berücksichtigen sind gegebenenfalls einzuhaltende ausländische Vorschriften. Die Voraussetzungen sollten insbesondere dann erfüllt sein, wenn der Grund, welcher zur Ergreifung von Massnahmen geführt hat, weggefallen ist.

Sollten die in Absatz 5 statuierten Voraussetzungen nach Ende des Aufschubs nicht gegeben sein, können im Fall von Beendigungsrechten die Verträge unter Berücksichtigung der vertraglichen Rechte beendigt werden. Zu bemerken ist, dass sich solchenfalls der dauerhafte Aufschub nur auf diejenigen Beendigungsrechte bezieht, welche aufgrund des Aufschubs nicht ausgeübt werden konnten. Entstehen zu einem späteren Zeitpunkt neue Beendigungsrechte, welche nicht aufgeschoben werden, können diese jederzeit ausgeübt werden.

Art. 31 Abs. 3 Artikel 31 Absatz 1 BankG regelt die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Sanierungsplans durch die FINMA. Dazu zählen namentlich das Abstellen auf eine vorsichtige
Bewertung der Aktiven der Bank (Bst. a), die voraussichtliche Besserstellung der Gläubigerinnen und Gläubiger im Vergleich zur Durchführung eines Bankenkonkurses (Bst. b) sowie die Berücksichtigung der konkursrechtlichen Rangordnung der Gläubigerinnen und Gläubiger untereinander und gegenüber den Eignerinnen und Eignern (Bst. c). Entsprechend kann ein Eingriff in die Gläubigerrechte erst erfolgen, wenn die Eignerinnen und Eigner vollständig zu Verlust gekommen sind. Dass die Rechte der Gläubigerinnen und Gläubiger nach Absatz 1 auch im Rahmen von Sanierungsmassnahmen nach Absatz 3 gewahrt bleiben müssen, soll durch eine ausdrückliche Klarstellung in Absatz 3 verankert werden.

Als Sanierungsmassnahmen nennt das Gesetz die Reduktion des bisherigen und die Schaffung von neuem Eigenkapital sowie die Umwandlung von Fremd- in Eigenka7606

pital (Debt to Equity Swap). Diese Massnahmen können indes nur in den Sanierungsplan aufgenommen werden, soweit die Beseitigung einer Insolvenz nicht auf andere Weise möglich ist. Nicht aufgezählt wird die Möglichkeit einer Forderungsreduktion. Dabei handelt es sich jedoch um ein übliches Sanierungsinstrument auch ausserhalb des Finanzsektors, weshalb die Möglichkeit, im Sanierungsplan eine Forderungsreduktion vorzusehen, in Artikel 31 Absatz 3 BankG explizit aufgenommen werden soll: Die betroffenen Gläubigerinnen und Gläubiger verzichten zwar auf einen Teil ihrer angesichts der (drohenden) Insolvenz kurzfristig ohnehin nicht einbringlichen Forderung, erhalten sich aber die Aussicht auf eine Begleichung der Restforderung im Anschluss an eine erfolgreiche Sanierung. Im Übrigen darf ein Sanierungsverfahren nur geführt werden, falls anzunehmen ist, dass die Gläubigerinnen und Gläubiger bei einer Sanierung voraussichtlich besser gestellt werden als im Konkursfall (vgl. Art. 40 Abs. 1 BIV-FINMA), und es hat gestützt auf Artikel 31a BankG grundsätzlich die Mehrheit der nichtprivilegierten Gläubigerinnen und Gläubiger das Recht, den Sanierungsplan abzulehnen und die Konkurseröffnung zu verlangen.

Art. 46 Abs. 3, 47 Abs. 3 und 49 Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

2.2.11

Börsengesetz

Art. 2 Bst. a, b, c, e und f, 2a­9, 10bis, 15 Abs. 2­4, 20­34, 34a Abs. 2, 34b­35, 37, 40­42, 42a Abs. 1 Bst. b, 43 Abs. 1 Bst. a, 44, 48­49, 52­53 Mit dem FinfraG wird die Finanzmarktinfrastruktur neu einheitlich in einem Gesetz geregelt. Die heute im BEHG enthaltenen Bestimmungen betreffend die Börsen und die börsenähnlichen Einrichtungen können damit im BEHG aufgehoben werden.

Aufgehoben werden können zudem sämtliche heute im BEHG enthaltenen Marktverhaltensregeln (Bestimmungen über die Offenlegung von Beteiligungen, Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote und Bestimmungen über den Insiderhandel sowie die Markt- bzw. Kursmanipulation). Alle diese Bestimmungen werden aufgrund ihres engen Sachzusammenhangs ebenfalls ins FinfraG überführt. Für Einzelheiten wird auf die Konkordanztabelle im Anhang verwiesen.

Art. 1 und Art. 2 Bst. d Das BEHG wird in Zukunft nur noch Regeln über den Effektenhändler im Sinne des Kundenhändlers enthalten. Die Bestimmung über den Gegenstand und den Zweck des BEHG (Art. 1 BEHG) sowie die Begriffsdefinition des Effektenhändlers (Art. 2 Bst. d BEHG) werden daher entsprechend angepasst.

Art. 11a Artikel 17 BankG wurde mit dem Inkrafttreten des BEG aufgehoben. Artikel 11a BEHG kann daher ebenfalls aufgehoben werden.

7607

Art. 34a Abs. 1, 38, 38a Die Regelung der Amtshilfe sowie der grenzüberschreitenden Prüfungen erfolgt neu im FINMAG. Die entsprechenden Bestimmungen des BEHG können daher ­ wie diejenigen im BankG und KAG ­ aufgehoben werden.

Art. 36a Während im Kollektivanlagen- und im Versicherungsbereich in Artikel 138d KAG beziehungsweise Artikel 54e VAG eine ausformulierte Spiegelung von Artikel 24 BankG erfolgt, beschränkt sich das BEHG auf Verweise. Folglich wird die Verweistechnik angepasst, sodass auch Artikel 24 BankG erfasst wird.

Art. 42a Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

Art. 43 Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

2.2.12

Geldwäschereigesetz

Art. 37 Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

2.2.13

Finanzmarktaufsichtsgesetz

Art. 1 Bst. h Das FinfraG muss als neues Finanzmarktgesetz in Artikel 1 Buchstabe h FINMAG ebenfalls aufgeführt werden.

Art. 15 Abs. 2 Bst. abis Die Bemessung der Aufsichtsabgabe folgt für Finanzmarktinfrastrukturen grundsätzlich den Kriterien für Beaufsichtigte nach Banken-, Börsen- und Pfandbriefgesetz.

Massgebend sind somit in erster Linie Bilanzsumme und Effektenumsatz. Da bei Zentralverwahrern und Transaktionsregistern (sowie ggf. unterstellten Zahlungssystemen) technisch gesehen keine Effekten umgesetzt werden, soll auch auf den Bruttoertrag abgestellt werden.

7608

Art. 38 Abs. 1 Die Anpassung ist Artikel 31 Absatz 3 FinfraG nachgebildet und schafft Rechtssicherheit bezüglich der Möglichkeit von mit der Verfolgung von Straftaten betrauten Behörden des Bundes und der Kantone (vgl. Art. 12 und 13 StPO, Art. 2 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010100 [StBOG] sowie Art. 20 VStrR), der FINMA Informationen zu übermitteln und von ihr zu erlangen, die für die Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Aufgaben notwendig sein können. Unter den Begriff «Informationen» fallen insbesondere Auskünfte und Unterlagen (vgl. die Erläuterungen zu Art. 42 Abs. 1 FINMAG).

Damit die FINMA ihre gesetzliche Aufgabe der Gefahrenabwehr wahrnehmen kann, ist essenziell, dass die Strafbehörden in der Lage sind, der FINMA von sich aus rasch und formlos Erkenntnisse oder Informationen zu übermitteln , von denen sie glauben, dass sie für die Aufsicht notwendig sind. Diese Möglichkeit besteht zwar schon heute, doch sind die Rechtsgrundlagen verstreut (bspw. Art. 68 StBOG, Art.

29a des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 1997101 [GwG], Art. 38 Abs. 1 und 2 FINMAG sowie diverse Ermächtigungsnormen in kantonalen Einführungsgesetzen zur StPO) und sind sie nicht für alle Strafbehörden gleichermassen klar. Die Mitteilungsermächtigung betrifft laufende und abgeschlossene Ermittlungen, Strafoder Rechtsmittelverfahren. Wie bei der Rechtshilfe erfolgen solche Mitteilungen der Strafbehörden formlos. Die Nähe von Strafverfolgung und Aufsichtstätigkeit zeigt sich beispielsweise bei der Marktaufsicht, beim Vorgehen wegen unerlaubter Tätigkeit oder anderer Verwaltungsstraftaten oder auch hinsichtlich Geldwäschereibekämpfung oder bei Verbrechen oder Vergehen von Beaufsichtigten oder von Organen oder Mitarbeitenden von Beaufsichtigten.

Art. 39

Andere inländische Behörden

Abs. 1 Der geltende Artikel 39 FINMAG verweist hinsichtlich der Amtshilfe im Inland auf die einzelnen Finanzmarktgesetze. Diese sehen regelmässig vor, dass die FINMA befugt ist, anderen Finanzmarktaufsichtsbehörden sowie der SNB nicht öffentlich zugängliche Auskünfte und Unterlagen zu übermitteln, welche diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Dies soll neu einheitlich im FINMAG festgehalten werden, womit die entsprechenden Bestimmungen in den einzelnen Finanzmarktgesetzen aufgehoben werden können. Dabei wird die Formulierung von Artikel 80 VAG übernommen, «Auskünfte und Unterlagen» jedoch unter dem Oberbegriff «Informationen» zusammengefasst (vgl. auch Art. 42 Abs. 1 FINMAG). Nebst der SNB kann sich die FINMA wie bis anhin auch mit anderen inländischen Behörden austauschen, soweit diese mit Aufsichtsaufgaben betraut sind und sie die Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Zu denken ist insbesondere an die Übernahmekommission, die Revisionsaufsichtsbehörde, die Wettbewerbskommission, aber auch an das Bundesamt für Gesundheit und das Bundesamt für Sozialversicherungen sowie die ElCom. In Betracht fallen auch kantonale und regionale Behörden, namentlich im Bereich der beruflichen Vorsorge. Andere Behörden ­ insbesondere Justiz- und Steuerbehörden ­ werden nicht erfasst. Für die Behörden und die SNB bemisst sich die Zusammenarbeit nach den für sie geltenden Gesetzen. Diese am 100 101

SR 173.71 SR 955.0

7609

Ende der geltenden Fassung von Artikel 39 FINMAG enthaltene Selbstverständlichkeit kann gestrichen werden, ohne dass sich hieran etwas ändert.

Abs. 2 Artikel 39 FINMAG soll ­ vergleichbar mit Artikel 50 Absatz 2 NBG ­ mit einem zweiten Absatz ergänzt werden, wonach die FINMA mit dem EFD nicht öffentlich zugängliche Informationen über bestimmte Finanzmarktteilnehmer austauschen kann, wenn es der Aufrechterhaltung der Stabilität des Finanzsystems dient. Insbesondere die Finanzmarktkrise hat aufgezeigt, dass es in Ausnahmesituationen, in denen die Stabilität des Finanzsystems gefährdet ist, unvermeidbar sein kann, dass die FINMA das EFD über gewisse nicht öffentlich zugängliche Informationen bestimmter Finanzmarktteilnehmer in Kenntnis setzen können muss.

Gliederungstitel vor Art. 42

4. Abschnitt: Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen Bislang regelt Artikel 42 FINMAG den Amtshilfeverkehr mit dem Ausland.

Daneben bestehen spezialgesetzliche Sondervorschriften oder Ergänzungen im BankG, BEHG und KAG. Die Behandlung von Amtshilfedossiers und der Informationsaustausch der FINMA zur Wahrnehmung ihrer internationalen Aufgaben im Finanzmarktbereich bewegt sich in der Praxis in einem ständig wachsenden Spannungsfeld zwischen den gestiegenen Erwartungen ausländischer Behörden und internationaler Organisationen und Gremien einerseits und der restriktiven Schweizer Gesetzgebung und Rechtsprechung andererseits. In verschiedenen Punkten erweist sich die geltende Rechtslage zunehmend als ungenügend.

Unter geltendem Recht sind insbesondere folgende Konstellationen problematisch: ­

Beim Erstempfänger muss es sich um eine «Finanzmarktaufsichtsbehörde» mit entsprechenden Kompetenzen handeln. Das FSB und die internationalen Standardsetter (BCBS, IAIS, IOSCO), können nicht als Finanzmarktaufsichtsbehörden bezeichnet werden, da ihnen die Behördenqualität fehlt.

Auch bei einzelnen Stellen, die in die Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten eingebunden sind bestehen Unsicherheiten.

­

Beim Verwendungszweck muss die übermittelte Information in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der «direkten Beaufsichtigungstätigkeit» der Empfängerbehörde über ein ausländisches Institut stehen. Nicht unter diesen Verwendungszweck fallen grundsätzlich: die allgemeine Analyse von Systemrisiken, die Übermittlung an internationale Standardsetter für multinationale Initiativen und die Aufsicht über Aktivitäten von Schweizer Instituten auf ausländischen Märkten ohne physische Präsenz vor Ort.

Vor diesem Hintergrund wird Artikel 42 FINMAG grundlegend revidiert und in zwei Bestimmungen aufgeteilt: Während Artikel 42 FINMAG die Grundsätze der internationalen Zusammenarbeit regelt, hat ein neuer Artikel 42a FINMAG das Verfahren zum Gegenstand. Ausserdem wird neu ein Artikel 42b FINMAG eingefügt. Damit enthält die FINMA zur Wahrnehmung ihrer internationalen Aufgaben eine ausdrückliche Kompetenz für die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Gremien. Ziel der Vorschläge ist es, eine zentrale Amtshilfebestimmung im FINMAG zu schaffen, die sich an den spezialgesetzlichen Bestimmungen (insb. Art. 38 BEHG) orientiert und diese unter einem Dach zusammenfasst. Die 7610

Verwendungszwecke der einzelnen Spezialgesetze werden jedoch in der Anwendung dieser neuen Bestimmung fortwirken.

Da die neuen Bestimmungen über die Amtshilfe und damit die Zusammenarbeit mit «ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden» hinausgehen und weitere Empfängerkreise in Artikel 42b FINMAG vorsehen, ist der Gliederungstitel des 4. Abschnitts vor Artikel 42 ff. FINMAG weiter zu fassen und auf «ausländische Stellen» auszudehnen. Die Bestimmungen des 4. Abschnitts sind zudem als Spezialregelungen zum geplanten ZSSG zu verstehen. Sie gehen diesem somit vor.

Art. 42

Amtshilfe

Allgemeines Die Finanzmärkte sind heutzutage global vernetzt und die Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer zunehmend international tätig. In diesem Umfeld kann die FINMA ihre Aufgaben nur effektiv wahrnehmen, wenn sie international mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenarbeitet (Amtshilfe, grenzüberschreitende Prüfungen etc.). Eine ausreichende Amtshilfefähigkeit ist zudem wichtig für den Ruf des offenen und international ausgerichteten Schweizer Finanzplatzes und häufig Voraussetzung für den Marktzutritt von Schweizer Finanzinstituten im Ausland. Artikel 42 FINMAG ermöglicht es daher der FINMA, ausländische Finanzmarktaufsichtsbehörden mittels Lieferung von nichtöffentlichen Informationen bei deren Tätigkeit zu unterstützen.

Abs. 1 Der aktuelle Begriff der «Durchsetzung» der Finanzmarktgesetze könnte zu eng verstanden und beispielsweise lediglich mit «Enforcement» gleichgesetzt werden.

Die Amtshilfe dient jedoch auch der Ermöglichung anderer Aufsichtstätigkeiten wie etwa der Prüfung der Einhaltung von Bewilligungsvoraussetzungen. Da Artikel 56 FINMAG die FINMA mit dem «Vollzug» des FINMAG und der Finanzmarktgesetze betraut, soll diese Terminologie auch hier Verwendung finden. Ferner wird die Klarstellung von Absatz 2, wonach «Auskünfte und Unterlagen» unter dem Oberbegriff «Informationen» zusammengefasst werden können, bereits in Absatz 1 übernommen.

Abs. 2 Die Voraussetzungen zur Informationsübermittlung an ausländische Finanzmarktaufsichtsbehörden werden in Absatz 2 abschliessend definiert. Diese Regelung entspricht grösstenteils Artikel 38 Absatz 2 BEHG. Es handelt sich um kumulative Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Amtshilfe gewährt werden kann.

Unter die Bestimmung sollen gemäss aktueller Rechtsprechung zu Artikel 38 BEHG alle Behörden fallen, die jedenfalls auch mit Aufsichtsaufgaben im Finanzmarkt betraut sind. Die Übermittlung kann auf Gesuch hin oder spontan erfolgen. Im Falle eines Gesuchs hat die ausländische Finanzmarktaufsichtsbehörde den Grund ihres Ersuchens anzugeben, den relevanten Sachverhalt darzustellen und die gewünschten Informationen zu bezeichnen.102 Sie muss einen Sachverhalt schildern, welcher ihr Aufsichtsinteresse geweckt hat, die Hintergründe eröffnen sowie die notwendigen

102

BGE 125 II 65 S. 73 f.

7611

Informationen aufführen.103 Von der ersuchenden Behörde kann jedoch nicht erwartet werden, dass der vorgetragene Sachverhalt in diesem Verfahrensstadium keine Lücken oder allfällige Widersprüche beinhaltet. Eine solche Anforderung würde im Widerspruch mit den Zielen der internationalen verwaltungsrechtlichen Amtshilfe stehen, zumal diese gerade die Aufklärung von obskuren Elementen bezweckt.104 Übermittelte Informationen dürfen ausschliesslich zum Vollzug des Finanzmarktrechts verwendet werden. Darunter fallen insbesondere folgende Zwecke: Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen, laufende Überwachung der Tätigkeit auf Instituts- oder konzernweiter Basis, Durchsetzung der Finanzmarktgesetze, Prüfung eines Bewilligungsentzuges, Überwachung des reibungslosen Funktionierens des Finanzmarktes sowie Überwachung der Systemrisiken im Finanzmarkt.

Wie bis anhin wird die FINMA damit im Bereich der Marktaufsicht ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden sämtliche Informationen liefern können, welche diese für die Aufsicht über Börsen und andere Finanzmarktinfrastrukturen, Effektenhändler sowie den Effektenhandel benötigen. Ebenso wird die FINMA ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden weiterhin Informationen für deren Beaufsichtigung von ausländischen Instituten sowie zur Überwachung der Stabilität des Finanzsystems übermitteln können. Zusätzlich kann die FINMA dann Amtshilfe leisten, wenn ein Schweizer Finanzintermediär auf einem ausländischen Markt tätig oder sogar registrierungspflichtig ist und die ausländische Behörde Informationen für die Aufsicht über diese Tätigkeit benötigt.

Neben der Amtshilfe gestützt auf ein Gesuch einer ausländischen Behörde ist es der FINMA auch erlaubt, nichtöffentliche Informationen (entgegen BVGE 2010/26 E. 5.6) spontan zu liefern, sofern die Voraussetzungen von Artikel 42 FINMAG erfüllt sind. Der spontane Informationsaustausch entspricht bereits heute der Praxis der FINMA, namentlich in der Gruppenaufsicht, wo regelmässig institutsbezogene Informationen zwischen den betroffenen Behörden ohne formelles Amtshilfegesuch ausgetauscht werden. Im Gegenzug erwartet die FINMA, dass ihr die für ihre Aufsichtstätigkeit relevanten Informationen von den ausländischen Partnerbehörden ebenfalls spontan und ohne formelles Gesuch zugetragen werden.

In jedem Fall ­ das heisst auf Gesuch
hin oder spontan ­ kann die FINMA nur dann Amtshilfe leisten, wenn die ersuchten Informationen im Zusammenhang mit der Finanzmarktaufsicht und den damit verbundenen Aufgaben stehen.

Abs. 3 Artikel 42 FINMAG erhält einen zusätzlichen Absatz für den Informationsaustausch im Bereich der Sanierung und Abwicklung von Bewilligungsinhabern. Dieser Absatz dient der Klarstellung, da ­ wie einleitend erwähnt ­ die im Ausland zuständigen Behörden, Gerichte und Organe nicht stets eindeutig unter den Begriff der «Finanzmarktaufsichtsbehörden» im Sinne der Absätze 1 und 2 subsumiert werden können. Mit der neuen Bestimmung sollen daher nebst den Finanzmarktaufsichtsbehörden sämtliche mit der Sanierung und Abwicklung von Bewilligungsinhabern betraute Behörden, Gerichte und Organe (wie bspw. Zentralbanken oder Einlagen103

Vgl. BGE 129 II 484 E. 4.1 und die zitierten Referenzen; BGE 126 II 409 E. 5a; Bundesverwaltungsgerichtsentscheid B-2980/2007 vom 26. Juli 2007 E. 5.1; Annette Althaus, Amtshilfe und Vor-Ort-Kontrolle, 2. Auflage, Bern 2001, S. 146.

104 Vgl. BGE 128 II 407 E. 5.2.1 und die zitierten Referenzen; Bundesverwaltungsgerichtsentscheid B-1589/2008 vom 2. Juni 2008 E. 6.1.

7612

sicherungsfonds) erfasst werden, unabhängig davon, ob ihnen allgemein Aufsichtsbefugnisse zukommen oder nicht. Ausgeschlossen sind Finanzministerien.

Da die Absätze 1 und 2 sinngemäss angewendet werden, dürfen die ausgetauschten Informationen nur für die Sanierung und Abwicklung von Bewilligungsinhabern verwendet werden. Der Begriff «Bewilligungsinhaber» umfasst in der Schweiz sämtliche Beaufsichtigte, deren Sanierung und Abwicklung in den Zuständigkeitsbereich der FINMA fallen. Im Übrigen kann der Bundesrat gemäss Artikel 7a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 22. März 1997105 (RVOG) im Zusammenhang mit der Anerkennung und Durchführung von Insolvenzmassnahmen der FINMA völkerrechtliche Verträge abschliessen.

Abs. 4 und 5 Während Artikel 38 Absatz 4 BEHG den Grundsatz der Verhältnismässigkeit explizit festhält, fehlt eine solche Regelung bis anhin in Artikel 42 FINMAG. Die Regelung von Artikel 38 Absatz 4 BEHG zur Marktaufsicht wird daher grundsätzlich übernommen und aus systematischen Gründen in Artikel 42 Absatz 4 FINMAG eingefügt. Daraus kann indes nicht geschlossen werden, dass im Rahmen der Institutsaufsicht die Übermittlung von Kundendaten nicht mehr möglich wäre: Soweit die Kenntnis von Kundendaten für Belange der Institutsaufsicht relevant ist (wie bei der Überprüfung von Vorschriften zum Umgang mit Grosskrediten oder mit Vermögenswerten von politisch exponierten Personen), sind die entsprechenden Kundinnen und Kunden als «in die zu untersuchende Angelegenheit verwickelt» anzusehen.

Neu ist einleitend zudem nicht mehr die Rede von «Amtshilfeverfahren», sondern schlicht von der «Amtshilfe». Der Grund hierfür ist, dass in Fällen der Nichtanwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968106 (VwVG) kein formelles Verfahren durchgeführt wird.

Der Regelungsgegenstand des bisherigen Absatzes 3 von Artikel 42 FINMAG wird in den fünften Absatz verschoben. Übernommen wird dabei die Formulierung von Artikel 38 Absatz 6 erster Satz BEHG. Wie bisher kann die FINMA somit im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Justiz (BJ) einer Weiterleitung von übermittelten Informationen an Strafbehörden zu anderen Zwecken als des Vollzugs von Finanzmarktrecht zustimmen.

Artikel 38 Absatz 6 zweiter Satz BEHG erklärt für die Weiterleitung von Informationen an ausländische
Strafbehörden das VwVG für anwendbar, was eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringt, da ein eigentliches Rechtshilfeverfahren nach einem «fremden» Verfahrensrecht geführt werden muss. Dieser Verweis auf das VwVG wird daher nicht in den künftigen Artikel 42 Absatz 5 FINMAG aufgenommen. Für das Amtshilfeverfahren wird mit dem neuen Artikel 42a FINMAG eine eigene Bestimmung mit teils vom VwVG abweichenden Regeln geschaffen (siehe sogleich).

Art. 42a

Amtshilfeverfahren

Allgemeines Bezüglich des Kundenverfahrens gibt es zwei Hauptkritikpunkte: Erstens verzögert das im Schweizer Amtshilferecht vorgesehene Kundenverfahren die Informations105 106

SR 172.010 SR 172.021

7613

übermittlung um Monate und ist damit per se ein Hindernis für eine wirkungsvolle Marktaufsicht. Zweitens führen die spezifischen Schweizer Informationsverpflichtungen im Rahmen des Kundenverfahrens dazu, dass die betroffenen Kundinnen und Kunden bereits Kenntnis von der ausländischen Untersuchung erlangen, bevor die um Amtshilfe ersuchende Behörde überhaupt die Identität der Kundinnen und Kunden erfährt. Dies kann mitunter dazu führen, dass das schweizerische Kundenverfahren es allfälligen Finanzkriminellen ermöglicht, ausländische Verfahren zu behindern oder zu verzögern, vorhandene Beweismittel vor dem Zugriff der ausländischen Behörden zu vernichten und unrechtmässig erlangte Gewinne beiseite zu schaffen.

Die FINMA ist zudem aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dazu gezwungen, die verdächtige Kundin oder den verdächtigen Kunden im Rahmen der Akteneinsicht das Originalgesuch der ausländischen Aufsichtsbehörde offenzulegen.107 Dies verletzt eines der Grundprinzipien des MMoU der IOSCO, welches die FINMA unterzeichnet hat. Zum selben Schluss ist auch der IWF anlässlich des «Financial Sector Assessment Program» (FSAP) 2013 in Bezug auf die Einhaltung der Grundprinzipien der IOSCO gekommen. So hat der IWF in seiner Beurteilung festgehalten, dass das Kundenverfahren die Effizienz der internationalen Zusammenarbeit beeinträchtige und mit grossem Personal- und Zeitaufwand verbunden sei.108 Die internationalen Standards (IOSCO-Grundprinzipien) würden von der Schweiz in diesem Punkt nicht vollständig umgesetzt.

Die sich akzentuierenden Schwierigkeiten der internationalen Kooperation in der Finanzmarktaufsicht könnten letztlich auch die Position der Schweiz bei allfälligen Bemühungen um die Anerkennung der (EU-)Äquivalenz schwächen und gegebenenfalls den Zugang Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen zu ausländischen Märkten behindern.

Vor diesem Hintergrund wird das Kundenverfahren im Vergleich zum bisherigen Recht eingeschränkt. Zudem erfolgt eine Vereinheitlichung der Bestimmungen zur Amtshilfe, indem grundsätzlich die detailliertere, sechs Absätze umfassende Regelung von Artikel 38 BEHG in das FINMAG übernommen wird. Zur besseren Lesbarkeit erfolgt ­ wie einleitend erwähnt ­ auch eine Aufspaltung des Regelungsgegenstandes in zwei Artikel. Während Artikel 42 FINMAG weiterhin die
wesentlichen Grundlagen festhält, werden die verfahrensspezifischen Bestimmungen in einen neuen Artikel 42a FINMAG verlagert.

Abs. 1 Befindet sich die FINMA noch nicht im Besitz der zu übermittelnden Informationen, kann sie diese vom Informationsinhaber verlangen.109 Nicht verlangt ist, dass dazu ein formelles Verfahren nach VwVG durchgeführt wird. Bei den Informationsinhabern handelt es sich nicht immer um prudenziell Beaufsichtigte, die der FINMA laufend zur Auskunft verpflichtet sind oder bei welchen die FINMA gegebenenfalls bereits über die Informationen verfügt. Vielfach geht es stattdessen um Personen und Gesellschaften, die der FINMA in ihrer eigenen, inländischen Aufsichtstätigkeit 107

BVGE 2012/19, E. 6; Bundesverwaltungsgerichtsentscheide B-5469/2010 vom 7. Dezember 2010 E. 4.4.5, B-6062/2011 vom 22. März 2012 E. 5 und B-1258/2013 vom 24. Juli 2013 E. 2.3.1.

108 IWF-Empfehlung: «The Swiss authorities should pursue the abolishment of the strict client confidentiality requirements and the requirement to inform the client of foreign authorities' requests for information.» 109 Bundesgerichtsentscheid 2A.352/2000 vom 9. März 2001 E. 2c/aa.

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nur bei einem entsprechenden Verdacht oder in einem Verfahren zur Auskunft verpflichtet wären (bspw. Investoren in einem Fall der Marktaufsicht oder ehemalige Mitarbeiter eines Beaufsichtigten). Für eine funktionierende internationale Amtshilfe ist es selbstverständlich, dass die ersuchte Behörde auch unabhängig vom Vorliegen einer eigenen inländischen Untersuchung oder eines Aufsichtsverfahrens von sämtlichen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern, welche Gegenstand einer ausländischen Finanzmarktuntersuchung sind, Informationen erheben kann.110 Die FINMA kann sich bei der Bearbeitung eines verwaltungsrechtlichen ausländischen Gesuchs auf die gesetzlichen Mitwirkungspflichten berufen, wie sie in zahlreichen Erlassen vorgesehen sind. Die FINMA kann sodann eine Verfügung (mit der Drohung von Artikel 48 FINMAG) erlassen. Für die Sachverhaltserhebung sowohl im Bereich der kunden- als auch der institutsbezogenen Informationen kann sich die FINMA insbesondere folgender Beweismittel bedienen: Urkunden, Befragungen, Augenschein und Gutachten von Sachverständigen. Im Zeitpunkt der Untersuchung der ersuchenden Behörde ist es für diese häufig unmöglich festzulegen, ob eine Person ­ deren Identität sie regelmässig (noch) nicht kennt ­ im Falle einer erbetenen Auskunft als Partei oder als Zeuge zu befragen ist. Da es solchenfalls auch nicht Aufgabe der FINMA als ersuchte Behörde sein kann, den Status der zu befragenden Person für die ersuchende Behörde verbindlich festzulegen, kann auch eine Befragung als Auskunftsperson erfolgen. Die dadurch erlangten Auskünfte sind zu protokollieren.111 Auskünfte können nach Massgabe von Artikel 16 VwVG verweigert werden.

Abs. 2 In Absatz 2 wird der aus Artikel 42 Absatz 4 FINMAG und Artikel 38 Absatz 3 BEHG transferierte Grundsatz des Kundenverfahrens übernommen. Betreffen die von der FINMA zu übermittelnden Informationen einzelne Kundinnen oder Kunden, so ist das VwVG anwendbar und es ist grundsätzlich ein sogenanntes Kundenverfahren durchzuführen. Die bisherige Praxis, wonach die Übermittlung institutsbezogener Informationen formlos und ohne Anwendung des VwVG erfolgt112, wird beibehalten.

Als Kundinnen und Kunden gelten natürliche und juristische Personen, die keiner Aufsicht unterstellt und auch nicht unterstellungspflichtig sind. Dabei handelt es sich in erster
Linie um die Kontoinhaberin oder den Kontoinhaber.113 Nicht als Kunden gelten demnach Banken, Effektenhändler, Versicherungen, Fondsleitungen, Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen und andere Beaufsichtigte. Nicht kundenbezogen sind beispielsweise Informationen über das Marktgeschehen als solches.

Organe und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beaufsichtigter Institute profitieren vom verfahrensrechtlichen Schutz, soweit sie privat in ihren eigenen Kundenbeziehungen betroffen sind, nicht aber wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit im Finanzmarkt agieren. Nur wenn die von der FINMA zu übermittelnden Informationen kundenbezogen sind, geniessen die betroffenen Personen grundsätzlich Informations- und Parteirechte.114 110 111 112 113 114

BVGE 2008/66 E. 6; FINMA, Die internationale Amtshilfe im Börsenbereich, August 2009, S. 15.

BGE 130 II 473 S. 477 f.

Vgl. BBl 1993 I 1369, hier 1424.

BGE 127 II 323 S. 328 ff.

BGE 127 II 323 S. 327 ff.

7615

Die Rechtsprechung hat bisher unter gewissen Umständen auch professionellen externen Vermögensverwaltern Parteistellung zugesprochen, namentlich dann, wenn sie selber und nicht die eigentliche Bankkundin oder der eigentliche Bankkunde für die Transaktion verantwortlich sind und die Kundin oder der Kunde als «unverwickelter Dritter» angesehen wird.115 In der Praxis wird diese Rechtsprechung regelmässig von beiden Seiten angerufen: Um gegen eine Informationsübermittlung zu argumentieren, wird jeweils behauptet, die andere Seite habe die fragliche Transaktion zu verantworten und selber gelte man als unverwickelter Dritter. Aus diesem Grund ist die FINMA regelmässig gezwungen, doppelte Verfahren zu führen, was einer schnellen Informationsübermittlung entgegensteht. Die besagte Rechtsprechung soll deshalb aufgegeben werden. Bei denjenigen Vermögensverwaltern, welche dem 2012 revidierten Kollektivanlagengesetz unterstehen und somit von der FINMA beaufsichtigt werden, muss sie ohnehin als überholt gelten. Im Übrigen ist auch die Information zu anderen Vermögensverwaltern, welche als professionelle Finanzintermediäre auf den Märkten agieren, eher der instituts- als der kundenbezogenen Information zuzuordnen. Vor dem Hintergrund dieser praktischen Erfahrungen ist eine Rückkehr zur Rechtsprechung angezeigt, wonach Kundinnen und Kunden, über deren Konten Transaktionen abgewickelt werden, nie als unverwickelte Dritte gelten können.116 Wie die Rechtsprechung kürzlich bestätigt hat, kann auch ein wirtschaftlich Berechtigter nicht als unverwickelter Dritter angesehen werden.117 Abs. 3 Das im Rahmen des Kundenverfahrens gewährte Akteneinsichtsrecht steht ­ wie bereits erwähnt ­ im Widerspruch zum IOSCO-MMoU. Dieses gilt als Mindeststandard der internationalen Zusammenarbeit und dient unter anderem der EU als Ausgangspunkt zu Verhandlungen mit Drittstaaten wie der Schweiz. Auch das FSB betrachtet das IOSCO-MMoU als Standard und veröffentlicht, ebenso wie die IOSCO selbst, regelmässig eine Liste mit denjenigen Staaten, welche diesen Standard nicht einhalten. Die FINMA ist derzeit zwar noch A-Signatar des IOSCOMMoU, läuft aber ohne Gesetzesänderung Gefahr, diesen Status zu verlieren. In Absatz 3 soll deshalb eine gesetzliche Grundlage für die standardmässige Beschränkung des Einsichtsrechts in die Korrespondenz mit
ausländischen Behörden geschaffen werden, wie sie das Bundesverwaltungsgericht verlangt.118 Damit die betroffenen Kundinnen und Kunden ihre Verfahrensrechte dennoch wahrnehmen können, bleibt Artikel 28 VwVG vorbehalten. Die FINMA stützt solchenfalls ihren Entscheid zur Informationsübermittlung nur auf Elemente, welche die betroffene Kundin oder den betroffenen Kunden mündlich oder schriftlich zur Kenntnis gebracht worden sind und zu denen sich die Kundinnen und Kunden haben äussern können.

Abs. 4­6 Wie einleitend erwähnt, soll das Kundenverfahren im Vergleich zum bisherigen Recht eingeschränkt werden. Dabei wird die Regelung übernommen, wie sie vom Parlament in der Frühjahressession 2014 für die Steueramtshilfe verabschiedet

115 116 117 118

BGE 127 II 323 E. 3a/bb BGE 126 II 126 E. 6a/bb Bundesverwaltungsgerichtsentscheid B-2697/2013 vom 11. Juli 2013 E. 1.4 f.

BVGE 2012/19, E. 6; Bundesverwaltungsgerichtsentscheide B-5469/2010 vom 7. Dezember 2010 E. 4.4.5, B-6062/2011 vom 22. März 2012 E. 5 und B-1258/2013 vom 24. Juli 2013 E. 2.3.1.

7616

wurde119 und am 1. August 2014 in Kraft getreten ist. Folglich kann davon abgesehen werden, die betroffenen Kundinnen und Kunden vor Übermittlung der Informationen zu informieren, wenn der Zweck der Amtshilfe und die wirksame Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Behörde durch die vorgängige Information vereitelt würde. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn die ersuchende Behörde glaubhaft macht, dass das Gesuch von hoher Dringlichkeit ist oder der Erfolg ihrer Untersuchung durch die vorgängige Information der Betroffenen vereitelt würde (Vorliegen von Kollusionsgefahr). Die betroffenen Kundinnen und Kunden wären jedoch nach Wegfall des Informationshindernisses über das Gesuch zu informieren und könnten über die Rechtmässigkeit der Informationsübermittlung eine nachträgliche beschwerdefähige Verfügung verlangen. Diese Einschränkung macht aber nur dann Sinn, wenn die Informationsinhaber und allfällige Behörden, denen das Ersuchen zur Kenntnis gebracht wurde, die betroffene Kundin oder den betroffenen Kunden nicht ihrerseits über das Gesuch oder dessen Inhalt informieren. Absatz 5 normiert daher ein entsprechendes Verbot. Betroffene Kundinnen und Kunden sind jeweils nachträglich zu informieren und können das Vorgehen durch das Bundesverwaltungsgericht auf Rechtswidrigkeit überprüfen lassen.

Dabei kann die Informationsübermittlung durch die FINMA nicht als rechtswidrig betrachtet werden, solange ein Anfangsverdacht besteht und eine Begründung sowie eine Beschreibung der benötigten Informationen vorliegen.120 Die FINMA muss einzig überprüfen, ob genügend Anhaltspunkte für mögliche Verstösse gegen gesetzliche und reglementarische Vorschriften oder Marktverzerrungen vorliegen, welche das Amtshilfeersuchen rechtfertigen (Anfangsverdacht). Sie muss die Amtshilfe verweigern, wenn die verlangten Informationen in keinem Zusammenhang mit der Untersuchung stehen oder nicht sachbezogen sind, das heisst sich für die Abklärung des in Frage stehenden Sachverhalts nicht als potenziell relevant erweisen, sodass daraus eine verpönte Beweisforschung resultiert (fishing expedition).121 Soweit die Sachverhaltsdarstellung der ausländischen Behörde nicht offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche enthält, ist die FINMA als ersuchte Behörde daran gebunden.122 Ferner ist es nicht Aufgabe der FINMA, über die
Notwendigkeit der ersuchten Informationen oder gar über die Berechtigung des Anfangsverdachts zu entscheiden.123 Auch müssen schweizerische Behörden im Rahmen von Amtshilfeersuchen aus dem Ausland keine Auslegung des ausländischen Rechts vornehmen.124 So ist es etwa nicht Sache der FINMA zu überprüfen, ob in Frage stehende Finanzmarktdelikte nach ausländischem Recht als verwaltungsrechtliche, strafrechtliche oder zivilrechtliche Verletzungen gelten, solange sie gemäss den gesetzlichen Vorschriften der ausländischen ersuchenden Behörde als Finanzmarktdelikte qualifiziert werden. Bei Vorliegen eines klaren Anfangsverdachts kann die FINMA unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsgebots auch spontan Amtshilfe leisten.

Im Falle kundenbezogener Informationen ist jedoch ebenfalls ein Kundenverfahren 119 120

121 122 123 124

www.parlament.ch > Suche > Suche - Curia Vista > 13.083 Vgl. BGE 129 II 484 E. 4.1 und die zitierten Referenzen; BGE 126 II 409 E. 5a und 125 II 65 E. 6b/aa; Bundesverwaltungsgerichtsentscheide B-2980/2007 vom 26. Juli 2007 E. 5.1 und B-1258/2013 vom 25. Juli 2013 E. 4.1.

Vgl. Bundesgerichtsentscheid 2A.649/2006 vom 18. Januar 2007 E. 3.2, BGE 129 II 484 E. 4.1 und die zitierten Referenzen; BVGE 2011/14 E. 5.2.2.1.

Vgl. BGE 128 II 407 E. 5.2.1 und die zitierten Referenzen; Bundesverwaltungsgerichtsentscheid B-658/2009 vom 23. April 2009 E. 5.1.

BGE 126 II 409 E. 5.

Vgl. Bundesverwaltungsgerichtsentscheid B-2980/2007 vom 26. Juli 2007 E. 6.2 und die zitierten Referenzen.

7617

durchzuführen. Die Benachrichtigung der Kundin oder des Kunden kann allerdings unter den Voraussetzungen von Absatz 4 erst nachträglich erfolgen.

Art. 42b

Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Gremien

Allgemeines Die FINMA nimmt gemäss Artikel 6 Absatz 2 FINMAG die internationalen Aufgaben wahr, die mit ihrer Aufsichtstätigkeit zusammenhängen. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Gremien. Als Mitglied des FSB hilft die Schweiz mit, internationale Standards für ein robustes Finanzsystem zu entwickeln. Die FINMA nimmt für die Schweiz zudem auf verschiedenen Ebenen Einsitz beim BCBS, beim IAIS und bei der IOSCO und wirkt dort bei der Ausarbeitung von inter-nationalen Regulierungsstandards mit. Schliesslich ist auf dem Gebiet der internationalen Finanzstabilität auch die Zusammenarbeit der Schweiz mit dem IWF von grosser Bedeutung.

Durch ihre aktive Beteiligung in internationalen Organisationen und Gremien kann sich die Schweiz bei der Ausarbeitung künftiger (Regulierungs-)Standards einbringen und deren Ausrichtung beeinflussen. Dies bringt jedoch auf internationaler Ebene die Erwartung mit sich, dass die entsprechenden Standards von der Schweiz auch übernommen und umgesetzt werden. Im Weiteren wird im Rahmen dieser internationalen Zusammenarbeit ein gegenseitiger Informationsaustausch erwartet, namentlich im Bereich von multilateralen Initiativen (bspw. FSB Data Gaps Initiative). Ein Abseitsstehen wäre der Reputation der Schweiz und der Möglichkeit zur Einflussnahme in den genannten Organisationen und Gremien nicht förderlich.

Der Informationsaustausch im Rahmen dieser Zusammenarbeit unterscheidet sich grundsätzlich von der Amtshilfetätigkeit der FINMA. Dies ist insbesondere in Bezug auf den Kreis der Empfänger (es handelt sich um keine Finanzmarktaufsichtsbehörden) und den Verwendungszweck (multilaterale Initiativen anstatt direkte Beaufsichtigung von ausländischen Instituten) der Fall. Da für den internationalen Informationsaustausch bisher nur die Amtshilfebestimmungen im FINMAG bestehen, stösst die FINMA bei der Erfüllung ihrer internationalen Aufgaben zunehmend an Grenzen. Die Teilnahme der Schweiz an multilateralen Initiativen wird dadurch beeinträchtigt und könnte in Zukunft sogar verunmöglicht werden. Infolgedessen soll nebst den Amtshilfebestimmungen in den Artikeln 42 und 42a FINMAG neu ein Artikel 42b FINMAG geschaffen werden, damit die etablierte Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Gremien erfolgreich weitergeführt werden
kann. Begrenzt wird der Informationsaustausch durch die in Artikel 5 FINMAG definierten Ziele der Finanzmarktaufsicht. Im Vordergrund steht dabei der Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte.

Artikel 42b FINMAG geht ­ im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zu Artikel 38 BEHG ­ Artikel 6 DSG vor.125 Im Übrigen wird auch auf die Erläuterungen zu Artikel 50b NBG hingewiesen.

Abs. 1 Wie einleitend erwähnt, steht der Informationsaustausch mit internationalen Organisationen und Gremien in Zusammenhang mit den internationalen Aufgaben der 125

BGE 126 II 126 E. 5

7618

FINMA (Art. 6 Abs. 2 FINMAG). Mit der neuen Kann-Vorschrift in Artikel 42b Absatz 1 FINMAG erhält die FINMA nun ausdrücklich die Kompetenz für diesen Informationsaustausch. Dabei wird der Kreis derjenigen internationalen Organisationen und Gremien, mit welchen die FINMA nicht öffentlich zugängliche Informationen austauschen kann, durch die gesetzlich festgelegten Ziele der Finanzmarktaufsicht (Art. 5 FINMAG) stark eingeschränkt. Zurzeit kommen für die FINMA namentlich das FSB, der IWF, die BIZ sowie die internationalen Standardsetter BCBS, IAIS und IOSCO in Frage. Weitere internationale Organisationen und Gremien können hinzukommen, sofern die Schweiz oder die FINMA Mitglied oder Teilhaberin der entsprechenden Organisation oder des entsprechenden Gremiums wird.

Abs. 2 Der FINMA steht es frei, von einer Zusammenarbeit abzusehen, wenn etwa die anderen Teilnehmer der multilateralen Initiative ihrerseits keine entsprechenden Informationen zur Verfügung stellen. Gleiches gilt bei allfälligen Risiken für die Aufgabenerfüllung oder die Unabhängigkeit der FINMA. Bei multilateralen Initiativen von grosser Tragweite für den Schweizer Finanzplatz erfolgt die Teilnahme am Informationsaustausch im Einvernehmen mit dem EFD. Dies ist beispielsweise bei Initiativen des IWF und des FSB der Fall, bei denen auch das EFD die Interessen der Schweiz wahrnimmt. Die Tragweite einer multilateralen Initiative ergibt sich im Einzelfall zudem aufgrund der Qualität der Informationen, die übermittelt werden sollen, sowie aufgrund des Umfangs, der Dauer (einmalig, befristet, unbefristet) der Anzahl der Empfänger etc. Damit können unter Umständen auch Initiativen der IOSCO, des BCBS, des CPSS oder anderer internationaler Gremien von grosser Tragweite für den Finanzplatz Schweiz sein.

Abs. 3 und 4 Soweit die FINMA und die SNB an denselben Initiativen teilnehmen, stimmen sie ihre Tätigkeiten aufeinander ab. Bei einer Teilnahme kann die FINMA vertrauliche Informationen über einzelne Finanzmarktteilnehmer (Einzelinstitutsdaten) mit bestimmten internationalen Organisationen und Gremien austauschen, wobei die Geheimhaltung dieser Daten gewährleistet sein muss (vgl. Abs. 1). Es besteht ­ wie bei Artikel 50b NBG ­ kein (Rechts-)Anspruch darauf, dass die FINMA die gewünschten Informationen übermittelt. Den ersuchenden internationalen
Organisationen und Gremien steht daher keine Beschwerdemöglichkeit gegen einen ablehnenden Entscheid der FINMA offen.

Oftmals fliessen die übermittelten Informationen in einen Analysebericht, der durch die internationale Organisation oder das internationale Gremium an einen ausgewählten und im Voraus bestimmten Kreis von Empfängern (bspw. Finanzmarktaufsichtsbehörden, Zentralbanken, andere internationale Organisationen und Gremien) verteilt oder veröffentlicht werden soll. In solchen Fällen vereinbart die FINMA mit den internationalen Organisationen und Gremien den genauen Verwendungszweck der Informationen und bestimmt über eine allfällige Weiterleitung ­ wozu auch die Veröffentlichung zählt ­ der Analyseberichte. Die internationalen Organisationen und Gremien dürfen die übermittelten Informationen ausschliesslich zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausarbeitung und Einhaltung von Regulierungsstandards oder zur Analyse von systemischen Risiken verwenden.

7619

Art. 42c

Informationsübermittlung durch Beaufsichtigte

Neben dem ordentlichen Amtshilfeverfahren besteht ein grosses Bedürfnis für private, international tätige Unternehmen, direkt mit ausländischen Behörden zusammenarbeiten und ihnen Informationen übermitteln zu können. Wer auf einem ausländischen Markt tätig ist, muss sich an die dortigen Regeln halten. Dies bedeutet gerade im Finanzmarktrecht oft, dass den entsprechenden Stellen zeitnah, das heisst innert weniger Stunden oder Tage, (nichtöffentliche) Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Verweis auf das Amtshilfeverfahren wird dafür von ausländischen Behörden immer weniger akzeptiert oder ist aufgrund der Ausgestaltung des Verfahrens nicht stets zielführend. Nach geltendem Recht steht zudem einer direkten Informationsübermittlung im Einzelfall oft Artikel 271 StGB entgegen. Erschwerend kommt hinzu, dass über die Auslegung und Tragweite dieser Bestimmung zum Teil Unklarheit herrscht. Zwar kann über ein Ausnahmegesuch die Anwendung von Artikel 271 StGB ausgeschlossen werden, doch ist dies oft mit erheblichem Aufwand sowohl auf Seiten des Unternehmens wie auch auf Seiten des Bundes verbunden. Schliesslich können Situationen, in welchen ausländische Behörden Informationen verlangen, auch unvermittelt und plötzlich auftreten; ein Bewilligungsgesuch nach Artikel 271 StGB ist dann schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich.

Beaufsichtigte sollen daher, ohne dass zusätzlich eine Bewilligung nach Artikel 271 StGB erforderlich ist, den für sie zuständigen ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden nicht öffentlich zugängliche Informationen übermitteln dürfen, sofern die Voraussetzungen der Amtshilfe erfüllt sind und sofern die Rechte Dritter gewahrt bleiben (Abs. 1). Eine Informationsübermittlung von wesentlicher Bedeutung nach Artikel 29 Absatz 2 FINMAG bedarf der vorgängigen Meldung an die FINMA (Abs. 2). Diese kann generell (d. h. ungeachtet einer allfälligen Meldung) den Amtshilfeweg vorbehalten (Abs. 3). Solchenfalls hat die FINMA vor einer allfälligen Übermittlung zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine amtshilfeweise Übermittlung gegeben sind. Äussert die FINMA von sich aus keinen Vorbehalt, so kann eine Information geliefert werden, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind.

Die Rechte Dritter können dabei auch gewahrt bleiben, wenn diese rechtsgültig auf ihre Rechte
verzichten.

Art. 43 Abs. 1 Die geltende Fassung von Artikel 43 Absatz 1 FINMAG gesteht zwar der FINMA die Möglichkeit grenzüberschreitender Prüfungen bei Beaufsichtigten im Ausland zu, verlangt aber, dass die dabei gewonnenen Informationen im Zusammenhang mit der konsolidierten Aufsicht im Rahmen der Herkunftslandkontrolle (home country control) stehen müssen. Diese Einschränkung auf lediglich einen Aufsichtszweck der FINMA ­ namentlich die konsolidierte Aufsicht ­ ist zu eng. Soweit es, wie nach wie vor verlangt, dem Vollzug der Finanzmarktgesetze dient (vgl. Art. 56 FINMAG), soll die FINMA sämtliche einschlägigen Informationen vor Ort im Ausland erheben können. Die bisherige Begrenzung auf die konsolidierte Aufsicht ist daher zu streichen. Weiter wird die Formulierung der Bestimmung an die gesetzliche Regelung zur Bündelung der Aufsichtskompetenz über Revisionsunternehmen

7620

und Prüfgesellschaften angepasst, wie sie vom Parlament in der Sommersession 2014 verabschiedet wurde.126 Abs. 2­3 Auch bei grenzüberschreitenden Prüfungen durch ausländische Behörden ist bis anhin vorgesehen, dass die gewonnenen Informationen im Zusammenhang mit der konsolidierten Aufsicht im Herkunftsland stehen müssen. Dies hat sich schon bei der Revision des KAG als nicht sachgerecht erwiesen.127 Entsprechend hält die Spezialbestimmung von Artikel 143 Absatz 1 KAG heute als Bedingung für grenzüberschreitende Prüfungen ausländischer Behörden in der Schweiz fest, dass «diese Behörden in ihrem Hoheitsgebiet für die Beaufsichtigung der Tätigkeit der Bewilligungsträger verantwortlich sind». Der zweite und dritte Absatz von Artikel 43 FINMAG soll um diese Formulierung ergänzt werden. Damit kann die FINMA ­ nebst den bereits bestehenden Möglichkeiten im Rahmen der konsolidierten Aufsicht ­ auch Vor-Ort-Kontrollen für weitere Aufsichtszwecke genehmigen, sofern die ersuchende ausländische Behörde in ihrem Hoheitsgebiet für die Beaufsichtigung der Tätigkeit des betroffenen Beaufsichtigten verantwortlich ist. Dies gilt auch in Fällen, in denen die ersuchende ausländische Behörde keine unmittelbare Aufsicht über ein Institut als solches ausübt, sondern in denen lediglich die Überprüfung der Einhaltung der vom Institut erbrachten Dienstleistungstätigkeit in der Aufsichtsverantwortung der Behörde liegt. Illustrativ sei der Fall von grenzüberschreitenden Dienstleistungen nach Deutschland angeführt, wo das grenzüberschreitend tätige Schweizer Institut durch die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) «freigestellt», das heisst aus der BaFin-Aufsicht entlassen wird, die BaFin jedoch weiterhin für die Aufsicht über die erbrachte Dienstleistungstätigkeit des Instituts nach Deutschland verantwortlich ist und insbesondere die Einhaltung der deutschen Verhaltensregeln beaufsichtigen muss. Solche Vor-Ort-Kontrollen, die im Rahmen von Marktzutrittsvereinbarungen erfolgen und dem Zweck der Überprüfung der Einhaltung ausländischer Aufsichtsregeln (bspw. zu Kunden- und Verbraucherschutz, Geldwäschereibekämpfung usw.) im grenzüberschreitenden Geschäft dienen, sind demnach von der Formulierung ebenfalls erfasst.

Unter «Beaufsichtigten» sind gemäss der Legaldefinition von Artikel 3 Buchstabe a
FINMAG sämtliche Personen zu verstehen, die nach den Finanzmarktgesetzen eine Bewilligung, eine Anerkennung, eine Zulassung oder eine Registrierung der Finanzmarktaufsichtsbehörde benötigen inklusive Gruppengesellschaften, welche in eine konsolidierte Aufsicht einbezogen sind. Die Beaufsichtigten können weiterhin eine (kostenpflichtige) Begleitung durch die FINMA verlangen (vgl. Abs. 4).

Im Rahmen der konsolidierten Aufsicht kann wie bis anhin namentlich überprüft werden, ob ein Institut konzernweit: angemessen organisiert ist; die in seiner Geschäftstätigkeit enthaltenen Risiken angemessen erfasst, begrenzt und überwacht; durch Personen geleitet wird, welche Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten; Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften auf konsolidierter Basis erfüllt; seinen Berichterstattungspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden korrekt nachkommt. Vor-Ort-Kontrollen für die Überprüfung einer Tätigkeit von Schweizer Beaufsichtigten, welche in den Hoheitsbereich einer ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörde fallen, sind auf diese Tätigkeit zu begrenzen.

126 127

BBl 2014 5113 BBl 2012 3639, hier 3682 f.

7621

Abs. 3bis und 3ter In Absatz 3bis werden die spezialgesetzlichen Regelungen von Artikel 23septies BankG, Artikel 38a BEHG und Artikel 143 Absatz 2 KAG zum Private Banking Carve-out übernommen. Gestützt darauf können sämtliche spezialgesetzlichen Regelungen zu den grenzüberschreitenden Prüfungen gestrichen werden. Da der Private Banking Carve-out in der konsolidierten Aufsicht jedoch gegen internationale Mindeststandards verstösst128, soll die FINMA ausländischen Herkunftsaufsichtsbehörden zukünftig erlauben können, sich durch Überprüfung einer beschränkten Anzahl einzelner Kundendossiers insbesondere davon zu überzeugen, dass das geprüfte Institut Risiken konzernweit korrekt erfasst. Dazu hat die ausländische Behörde vorgängig einen oder mehrere Zwecke nach Absatz 3 zu benennen (bspw.

die Überprüfung von Vorschriften zum Umgang mit Vermögenswerten von politisch exponierten Personen), zu denen dann einschlägige Dossiers zur Verfügung gestellt werden können. Die Auswahl der Dossiers durch den Beaufsichtigten oder seine Prüfgesellschaft muss zufällig anhand von im Voraus festgelegten Kriterien erfolgen. Eine solche Einsichtnahme dient der ausländischen Behörde, um namentlich die Prozesse des geprüften Beaufsichtigten zu kontrollieren, und darf nicht zu einer Umgehung der Amtshilfe und des Kundenverfahrens führen. Die Mitnahme der geprüften Dossiers und der darin enthaltenen kundenidentifizierenden Informationen ist den ausländischen Behörden untersagt. Sind die ausländischen Behörden an kundenidentifizierenden Informationen für ihre Aufsichtstätigkeit interessiert, so werden sie nach wie vor auf den Amtshilfeweg verwiesen. Das Inkrafttreten von Absatz 3ter könnte mit der Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit dem Ausland koordiniert werden.

Art. 44 Abs. 3, 45 Abs. 3, 46 Abs. 3 und 47 Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

2.2.14

Bucheffektengesetz

Art. 3 Abs. 1bis Nach dieser Bestimmung erwirbt die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber im Falle einer grenzüberschreitenden Verwahrungskette mit der Gutschrift in ihrem oder seinem Effektenkonto die Rechte, welche die Verwahrungsstelle aus der Drittverwahrung erhält. Damit trägt das Gesetz der Tatsache Rechnung, dass die Rechtsstellung der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers je nach anwendbarem Recht unterschiedlich ausgestaltet sein kann und dass die Verwahrungsstelle der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber im grenzüberschreitenden Verhältnis nicht mehr Rechte weitergeben kann, als sie selber gegenüber der Drittverwahrungsstelle hat.

Der neu eingefügte Absatz war ursprünglich bereits im Bericht der Arbeitsgruppe

128

BCBS-Empfehlungen zur Customer Due Diligence for Banks vom Oktober 2001, Consolidated KYC Risk Paper vom Oktober 2004, AMLEG Paper Cooperation between banking supervisors and AML/CFT issues.

7622

Bucheffektengesetz vom 15. Juni 2004129 vorgeschlagen worden, im Entwurf des Bundesrats vom 15. November 2006 aber nicht mehr enthalten. Die bisher fehlende Regelung hat in der Lehre zu Unsicherheiten geführt, ob nach ausländischem Recht verwahrte Finanzinstrumente Bucheffekten im Sinne des Gesetzes sein können und wie sie unter dem BEG zu behandeln sind. Um diese Unsicherheiten auszuräumen, stellt der neue Absatz 1bis von Artikel 3 BEG klar, dass auch im Ausland verwahrte Finanzinstrumente als Bucheffekten im Sinne des BEG gelten, sofern sie funktionell der Bucheffekte nach schweizerischem Recht entsprechen.

Art. 4 Abs. 2 Bst. d Da der Zentralverwahrer neu im FinfraG ausdrücklich reguliert wird, kann er in der Bestimmung explizit aufgeführt werden.

Art. 24­26 Das Bucheffektengesetz sieht verschiedene Methoden vor, wie über Bucheffekten verfügt werden kann: durch Kontogutschrift (Art. 24 BEG), durch Abschluss einer Kontrollvereinbarung (Art. 25 BEG) oder durch Abschluss einer Vereinbarung zwischen Kontoinhaberin oder -inhaber und Verwahrungsstelle, wenn zugunsten der kontoführenden Verwahrungsstelle verfügt wird (Art. 26 BEG). Nach Auffassung einer Mehrheit der Lehre kann jede dieser Methoden sowohl zur Übertragung von Vollrechten (inkl. fiduziarischen Sicherheiten und irregulären Pfandrechten) als auch zur Bestellung von Teilrechten (reguläre Pfandrechte, Nutzniessung) genutzt werden. Das war auch die Meinung des Gesetzgebers, denn in den Materialien findet sich kein Hinweis darauf, dass den verschiedenen Verfügungsmodi des BEG die Dichotomie von Teil- und Vollrechtssicherheit zugrunde lag.

Diese bestehenden Unsicherheiten sollen geklärt werden, indem auch die Artikel 25 und 26 BEG so formuliert werden, dass sie sich auf Verfügungen über Bucheffekten beziehen. Nach unbestrittener Auffassung umfasst der Verfügungsbegriff des schweizerischen Rechts sowohl die Übertragung von Vollrechten (inkl. fiduziarischen Sicherheiten und irregulären Pfandrechten) als auch die Bestellung von Teilrechten (reguläre Pfandrechte, Nutzniessung). Dabei handelt es sich um eine Klarstellung, dass alle Verfügungsmodi zur Begründung aller Sicherungstypen herangezogen werden können. Damit steht das Bucheffektengesetz auch in Einklang mit dem sogenannten Genfer Wertpapierübereinkommen, das in Artikel 11 Absatz 4 ausdrücklich
festhält, dass mittels Kontogutschrift auch eine Teilrechtssicherheit oder ein anderes Teilrecht begründet werden kann.

In Artikel 24 Absatz 2 BEG wird klargestellt, dass bei der verfügenden Kontoinhaberin oder beim verfügenden Kontoinhaber ein Rechtsverlust nur eintritt, wenn ein Vollrecht übertragen wird.

In den Artikeln 25 und 26 BEG wird klargestellt, dass mittels Kontrollvereinbarung oder Vereinbarung zugunsten der kontoführenden Verwahrungsstelle nicht nur eine Sicherheit bestellt werden kann, sondern dass damit alle Arten von Voll- und Teilrechtsübertragungen bewirkt werden können. Somit wird der bisherige Absatz 3 von Artikel 25 BEG redundant. Eine Verfügung zur Bestellung einer Sicherheit kann 129

www.efd.admin.ch > Dokumentation> Berichte> Bericht zum Entwurf des Bucheffektengesetzes

7623

auch unter Beteiligung eines Dritten vorgenommen werden, welcher die Sicherheit für den oder die Begünstigten hält. Der neue Artikel 26 Absatz 2 BEG stellt entsprechend der herrschenden Lehre klar, dass Artikel 25 Absatz 2 BEG auch auf die Verfügung zugunsten der Verwahrungsstelle gemäss Artikel 26 BEG Anwendung findet. Artikel 25 Absatz 2 BEG schliesst das sachenrechtliche Spezialitätsprinzip bei Verfügungen über Bucheffekten aus. «Erwerber» nach Artikel 25 Absatz 1 BEG kann auch der Sicherungsnehmer sein.

Der bisherige Artikel 26 Absatz 2 BEG wird gestrichen. Nach dieser Bestimmung erlischt eine Sicherheit zugunsten der Verwahrungsstelle, wenn diese den Sicherungsgegenstand auf ein Konto einer anderen Kontoinhaberin oder eines anderen Kontoinhabers überträgt. Dass das Sicherungsrecht untergeht, ist eine Rechtsfolge, die weiter geht als unbedingt erforderlich; die Bestimmung steht auch nicht in Einklang mit dem Genfer Wertpapierübereinkommen. Die in Artikel 30 Absatz 2 BEG vorgesehene Rangfolgeordnung regelt den Sachverhalt ausreichend.

Art. 30 Abs. 2 und 3 Die für Artikel 30 Absatz 2 BEG vorgeschlagenen Anpassungen ergeben sich daraus, dass die Artikel 25 und 26 BEG nicht mehr nur von der Bestellung von Sicherheiten handeln, sondern generell von Verfügungen. Artikel 30 Absatz 3 BEG wird ­ wie der bisherige Artikel 25 Absatz 3 BEG ­ aufgrund der Anpassungen in Artikel 25 Absatz 1 BEG redundant.

Art. 31 Abs. 1 Artikel 31 BEG sieht die Möglichkeit vor, dass Bucheffekten, an denen eine Sicherheit bestellt worden ist, durch Privatverwertung (durch Verkauf oder Aneignung) verwertet werden. Diese Befugnis besteht jedoch nach aktuellem Artikel 31 Absatz 1 BEG nur unter der Voraussetzung, dass die Bucheffekten an einem «repräsentativen Markt» gehandelt werden. Das Gesetz definiert nicht, was darunter zu verstehen ist; dementsprechend gross ist in der Praxis die Unsicherheit in diesem Punkt.

Auf das Erfordernis eines repräsentativen Marktes als Voraussetzung für die Privatverwertung ist zu verzichten. Der an sich richtige Grundgedanke, dass eine Privatverwertung durch Aneignung (Art. 31 Abs. 1 Bst. b BEG) nur möglich ist, wenn der Wert des Sicherungsgegenstandes objektiv bestimmbar ist, soll jedoch beibehalten und bezogen auf die Variante der Aneignung (Bst. b) verdeutlicht werden. Diese Anforderung
ergibt sich aus dem Verbot des Verfallvertrags (Art. 894 Zivilgesetzbuch130 [ZGB]), das auch im Anwendungsbereich des BEG gilt und aus dem sich zwingend die Pflicht zur Abrechnung über die Verwertung und zur Herausgabe eines allfälligen Überschusses ergibt.

Nach überwiegender Auffassung gelten die Artikel 31 und 32 BEG nur dann, wenn es sich bei der Sicherheit um ein reguläres Pfandrecht oder ein Retentionsrecht handelt. Das ist insofern zutreffend, als sich dann die Befugnis zum Verkauf oder zur Aneignung direkt aus dem Umstand ergibt, dass der Sicherungsnehmer das Vollrecht an den Bucheffekten erworben hat. Demgegenüber gilt die Pflicht zur Abrechnung und zur Herausgabe eines allfälligen Überschusses auch für Vollrechts-

130

SR 210

7624

sicherheiten, weil das Verbot des Verfallvertrags nach herrschender Lehre auch für Vollrechtssicherheiten gilt.

2.2.15 Art. 54e

Versicherungsaufsichtsgesetz Beschwerde

Die Bestimmung ist den Absätzen 2 und 3 von Artikel 24 BankG nachempfunden.

Konkursverfahren bei Versicherungsunternehmen sollen beförderlich abgewickelt und nicht durch eine Vielzahl von Beschwerden unverhältnismässig verzögert oder blockiert werden können.

Art. 71bis

Konkurs

Wie bei Banken soll der FINMA die alleinige Konkurszuständigkeit über Versicherungsgruppengesellschaften zukommen, sofern diese für bewilligungspflichtige Tätigkeiten eine wesentliche Funktion erfüllen (bspw. Konzernobergesellschaften).

Es kann diesbezüglich sinngemäss auf die Ausführungen zu Artikel 2bis BankG verwiesen werden. Mit Artikel 3 FinfraG wird eine entsprechende Regelung im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen übernommen.

Art. 79bis

Konkurs

Es wird für Versicherungskonglomerate die für Versicherungsgruppen vorgesehene Regelung von Artikel 71bis VAG abgebildet.

Art. 80 Die Regelung der Amtshilfe erfolgt neu im FINMAG. Die entsprechenden Bestimmungen des VAG können daher ­ wie diejenigen in den anderen Finanzmarktgesetzen ­ aufgehoben werden.

Art. 86 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 3 Die Androhung einer Mindestbusse im Wiederholungsfall wird gestrichen. Zur Begründung wird auf die Erläuterungen vor Artikel 144 FinfraG verwiesen.

3

Auswirkungen

3.1

Ausgangslage

3.1.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Bewilligte Finanzmarktinfrastrukturen In der Schweiz sind verschiedene Finanzmarktinfrastrukturen tätig: die SIX-Gruppe mit ihren Börsen (SIX Swiss Exchange AG und SIX Structured Products AG), ihrer zentralen Gegenpartei (SIX x-clear AG, die Transaktionen mit Aktien, Obligationen und ETFs abrechnet) und dem Zentralverwahrer (SIX SIS AG), welcher das Effektenabwicklungssystem SECOM betreibt. Weiter ist in der Schweiz die Eurex Zürich 7625

AG (Eurex) als Börse zugelassen. Die BX Berne eXchange (BX) und die International Capital Market Association (ICMA) sind gegenwärtig als börsenähnliche Einrichtungen von der FINMA bewilligt. Als Zahlungssysteme im Sinne des FinfraG gelten aktuell das Swiss Interbank Clearing (SIC), das im Auftrag der SNB von der SIX Interbank Clearing AG betrieben wird und das Devisenabwicklungssystem Continuous Linked Settlement (CLS), welches von der in den USA domizilierten CLS Bank betrieben wird. Auch die im Vereinigten Königreich domizilierte zentrale Gegenpartei LCH.Clearnet Ltd (LCH) sowie die in Deutschland domizilierte zentrale Gegenpartei Eurex Clearing AG erbringen in der Schweiz ihre Dienstleistungen. Demgegenüber gibt es in der Schweiz bis anhin kein Transaktionsregister.

Kennzahlen Die Schweizer Finanzmarktinfrastruktur ist stark international ausgerichtet. Die Handelsumsätze von SIX Swiss Exchange AG und Scoach Schweiz AG wurden im Jahr 2012 mehrheitlich durch Teilnehmer im Ausland generiert (gesamthaft sind es 892.6 Milliarden Franken, wovon rund 2 Milliarden Franken im Jahr 2012 auf Scoach entfallen). Die Eurex ist unter anderem eine internationale Terminbörse für Derivate, an der Teilnehmer von weltweit 700 Standorten miteinander verbunden sind. Das jährliche Handelsvolumen liegt bei weit über einer Milliarde Kontrakten.

Die BX ist bislang vorwiegend auf den nationalen Finanzplatz im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Immobilien-, Investment- und Fondsgesellschaften ausgerichtet. Sie strebt aber gegenwärtig eine Internationalisierung ihrer Produktpalette an. Ihr Umsatz im Jahr 2012 betrug rund 297 Millionen Franken. ICMA stellt als Selbstregulierungsorganisation ihren Mitgliedern für den Abschluss von Effektengeschäften ein Regelwerk zur Verfügung, welches einen transparenten und geordneten Handel gewährleistet. Sie zählt gegenwärtig rund 430 Mitglieder aus 50 Staaten.

Die SIX x-clear rechnete im Jahr 2012 17,3 Millionen Transaktionen von der Schweizer Börse und 74,3 Millionen Transaktionen von ausländischen Handelsplätzen ab (Verhältnis 19 %:81 %). Das Depotvolumen der SIX SIS AG betrug im Jahr 2012 rund 2 011 Milliarden Franken aus der Schweiz und 676 Milliarden Franken aus dem Ausland; die Anzahl abgewickelter Transaktionen betrug 15,1 Millionen aus der Schweiz und 8,6 Millionen aus dem Ausland.

3.1.2

Derivatehandel

Kennzahlen Der OTC-Derivatemarkt in der Schweiz betrug Ende 2012 gemessen am offenen Kontraktvolumen (Notional Amount Outstanding, NAO; ohne Netting) der Schweizer Finanzinstitute (mit in- und ausländischen Gegenparteien) schätzungsweise rund 90 000 Milliarden Franken. Weltweit betrug das offene Kontraktvolumen mit OTCDerivaten Ende 2012 rund 633 000 Milliarden US-Dollar.131 Von 2002 bis 2008 sind die Umsätze mit OTC-Derivaten in der Schweiz (und weltweit) stark angestiegen. Hingegen ist im gleichen Zeitraum der Anteil an Absicherungsgeschäften (sog.

Hedging-Transaktionen) stetig zurückgegangen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass vermehrt Derivatgeschäfte mit einem Handels- oder spekulativen Hinter131

BIZ Statistik (2013): www.bis.org > Statistics > Foreign exchange markets

7626

grund abgeschlossen werden. Das Volumen (gemessen an NAO) von OTCDerivaten hat sich seit 2004 weltweit beinahe verdreifacht. Das starke Wachstum ist dabei primär auf den Anstieg der Volumen mit Zinsderivaten zurückzuführen, während die Volumen der anderen Derivateklassen im selben Zeitraum auf tieferem Niveau relativ konstant geblieben sind.

Die Hauptakteure im Derivatemarkt sind grosse Finanzinstitute. UBS AG und Credit Suisse AG gehören zu den weltweit grössten 16 Derivatehändlern, den G-16 Dealers. Das offene Kontraktvolumen in der Schweiz entfällt zum überwiegenden Teil auf die beiden Grossbanken. Im Verhältnis dazu ist das Volumen der übrigen Finanzinstitute sehr gering. Nichtfinanzielle Gegenparteien machen in der Schweiz rund 5 Prozent des NAO der Grossbanken aus. In der Schweiz werden denn auch über 90 Prozent aller OTC-Devisen- und Zinsderivate mit einem Finanzinstitut als Gegenpartei abgeschlossen.132 Transaktionen zwischen Nicht-Finanzinstituten gibt es, wenn überhaupt, nur sehr selten.

Derivatemärkte sind stark international ausgerichtet. Das zeigt sich daran, dass weltweit mehr als die Hälfte aller Derivatetransaktionen grenzüberschreitend abgeschlossen werden.133 Dies gilt insbesondere auch für die Schweiz: 2010 wurden 87 Prozent der Devisen-134 und 95 Prozent der Zinsderivate135 sowie 2013 69 Prozentder Devisen- und beinahe 100 Prozent der Zinsderivate mit einer Gegenpartei im Ausland abgeschlossen (gemessen am handelstäglichen Umsatz).136 Die EU ist für die Schweiz der wichtigste Handelspartner im Derivatgeschäft: Die überwiegende Mehrheit aller Transaktionen von Schweizer Gegenparteien wird mit einer Gegenpartei in der EU abgeschlossen (ca. 78 %). Das grenzüberschreitende Geschäft mit US-Gegenparteien ist mit ca. 10 % relativ klein und der Anteil der Transaktionen mit Schweizer Gegenparteien (d. h. rein nationales Geschäft) ist vernachlässigbar (2 %).137 Der Rest entfällt auf Gegenparteien in Asien, insbesondere in Japan und Hongkong. Diese Angaben betreffen insbesondere die Grossbanken mit ihrem hohen Anteil am Schweizer Derivatemarkt. Im Vergleich dazu kann das nationale Geschäft bei kleineren und mittleren Schweizer Banken grösser sein.

3.2

Auswirkungen des FinfraG auf Bund und Behörden

3.2.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Mit dem FinfraG wird eine generelle Bewilligungspflicht für zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Transaktionsregister eingeführt. Zuständig für die Erteilung der Bewilligung und die Aufsicht ist unter Vorbehalt der systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen die FINMA. Sie geht von einem ihr hieraus entstehenden Mehrbedarf von ca. vier neuen Stellen (Vollzeitäquivalente) aus. Es ist jedoch zu beachten, dass die FINMA eine vollständig durch Gebühren und Auf132 133 134 135 136 137

SNB Statistik (2013): www.snb.ch > Informationen für > Medien > Medienmitteilungen > 05.09.2013 Die Anteile können je nach Derivateklasse variieren.

Devisenswaps und Outright Forwards.

Zinsderivate sowie Währungsswaps und -Optionen.

SNB Statistik (2013): www.snb.ch > Informationen für > Medien > Medienmitteilungen > 05.09.2013 Zahlen aus spezifischer Erhebung der FINMA zum «OTC Derivatives Exposure according to Counterparties and Countries as of 31 March 2013» bei ausgewählten Banken.

7627

sichtsabgaben finanzierte, unabhängige öffentlich-rechtliche Einrichtung ist. Die bei ihr entstehenden Mehrkosten werden sich deshalb allenfalls für die beaufsichtigten Finanzinstitute finanziell auswirken und nicht direkt für den Bund.

Die Kompetenzen der SNB im Bereich der systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen ändern sich grundsätzlich nicht. Die Vorlage führt daher bei der SNB nicht zu zusätzlichen Kosten.

Die neue Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen hat weiter keine direkten Auswirkungen auf den Staat. Die Wahrung der Finanzstabilität, der Wettbewerbsfähigkeit und des Marktzugangs der Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen dürfte jedoch indirekt Vorteile für den Staat haben, indem Arbeitsplätze und Steuersubstrat erhalten bleiben (vgl. Ziff. 3.4).

3.2.2

Derivatehandel

Für die Aufsicht zur im FinfraG enthaltenen Derivateregulierung sowie für deren Umsetzung ist die FINMA im Bereich der von ihr schon heute beaufsichtigten Finanziellen Gegenparteien zuständig. Die FINMA wird die Einhaltung der Pflichten von Finanzinstituten nachträglich und gestützt auf die Berichterstattung durch die Prüfgesellschaften prüfen. Im Gegensatz zur Regelung in der EU sieht das FinfraG also kein formelles Gesuchsverfahren der Aufsichtsbehörde für Ausnahmen von Derivatehandelspflichten (etwa für gruppeninterne Geschäfte) vor. Je nach Ausgestaltung einzelner Bestimmungen können die Kosten der FINMA noch variieren. Im Bereich der Meldepflicht für Derivatgeschäfte wird entscheidend sein, wohin Transaktionen gemeldet werden, für die kein Transaktionsregister besteht.

Die FINMA geht von einem ihr aus der Derivateregulierung entstehenden Mehrbedarf von rund zwei neuen Stellen (Vollzeitäquivalente) aus.

Obwohl der Staat im Grundsatz von den mit dem Derivatehandel verbundenen Pflichten im FinfraG ausgenommen ist, können Bund und Behörden durch ihre Teilnahme am Derivatemarkt auch von den Auswirkungen der neuen Bestimmungen betroffen sein (bspw. im Falle eines Preisanstiegs). Die Wahrung der Finanzstabilität, der Wettbewerbsfähigkeit und des Marktzugangs dürfte jedoch indirekt Vorteile für den Staat haben, indem Arbeitsplätze und Steuersubstrat erhalten bleiben (vgl.

Ziff. 3.4).

3.3

Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft

3.3.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Stabilität, Integrität und Funktionsfähigkeit des Finanzsystems Täglich werden hohe Transaktionsvolumen über Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen gehandelt, abgerechnet und abgewickelt. Finanzmarktinfrastrukturen erbringen zentrale Dienstleistungen, die der Stabilität und der Effizienz der Finanzmärkte dienen. Sie ermöglichen die Standardisierung und Automatisierung von Finanztransaktionen und minimieren somit die manuellen Tätigkeiten und die damit verbundenen Kosten und operationellen Risiken. Gut funktionierende Finanzmarktinfrastrukturen tragen zu einem international kompetitiven Finanzplatz und zu preisgünstigen Finanzdienstleistungen bei. Auch die SNB ist für die Umsetzung ihrer Geldpolitik 7628

sowie für die Versorgung des Bankensystems mit Liquidität auf eine möglichst effiziente und verlässliche Finanzmarktinfrastruktur angewiesen.

Eine stabile und effiziente Finanzmarktinfrastruktur bringt einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen und ist ein wichtiger Faktor für die Wahrung der Stabilität des Finanzsystems insgesamt. Die adäquate Regulierung und Überwachung solcher systemisch bedeutsamer Finanzmarktinfrastrukturen trägt zur Stabilität des Finanzsystems bei. Die Einhaltung der international anerkannten Regeln verstärkt den guten Ruf des schweizerischen Finanzmarktes sowie das Vertrauen der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer in dessen Integrität, womit weitere Vorteile für die Schweiz verbunden sind. Bereits mit der Revision der NBV wurden die internationalen Standards für systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen teilweise umgesetzt. Die aus Sicht der Stabilität des Finanzsystems wesentliche Ergänzung durch das FinfraG besteht darin, dass für jede systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastruktur künftig eine Stabilisierungs- und Abwicklungsplanung zu erstellen ist, die primär darauf abzielt, die kontinuierliche Fortführung oder die geordnete Beendigung der systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse sicherzustellen.

Förderung von Wirtschaftswachstum und -entwicklung Finanzmarktinfrastrukturen, und namentlich systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen, können bei unangemessener Regulierung Systemrisiken auslösen oder übertragen. Systemrisiken können durch eine Finanzmarktinfrastruktur ausgelöst werden, wenn ihre systemisch bedeutsamen Geschäftsprozesse aufgrund technischer oder operationeller Probleme oder aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten des Betreibers längere Zeit nicht verfügbar sind und dadurch schwerwiegende Verluste oder Liquiditätsengpässe bei ihren Teilnehmern oder schwerwiegende Störungen an den Finanzmärkten auftreten. Zudem können unangemessen ausgestaltete Finanzmarktinfrastrukturen dazu führen, dass sich finanzielle Probleme einzelner Teilnehmer über die Finanzmarktinfrastruktur auf andere Teilnehmer übertragen und sich dadurch bei diesen schwerwiegende Verluste oder Liquiditätsengpässe ergeben.

Systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen können deshalb, falls sie finanziell, operationell und technisch stabil und widerstandsfähig sind, die
Wahrscheinlichkeit und das Ausmass von Finanzmarktkrisen reduzieren. Insofern als Finanzmarktkrisen jeweils mit erheblichen makroökonomischen Outputverlusten verbunden sind, kann die Einhaltung internationaler Standards zu einer stetigeren Wirtschaftsentwicklung beitragen.

Eine Quantifizierung der Auswirkungen der regulatorischen Neuerungen der Finanzmarktinfrastrukturen auf die Volkswirtschaft ist jedoch schwierig, und es gibt in diesem Bereich keine vergleichbaren aktuellen Studien. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass es in der Schweiz (und international) nur wenige Finanzmarktinfrastrukturen gibt, bei welchen mögliche Kosten aus der Regulierung anfallen können, während die Vorteile einer auch in schwierigen Marktverhältnissen reibungslos funktionierenden und stabilen Finanzmarktinfrastrukturen vielen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern und auch der Volkswirtschaft als Ganzem zugutekommen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass aus der (neuen) Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen ein gesamtwirtschaftlicher Nettonutzen resultieren wird.

7629

Förderung des Wirtschaftsstandorts durch Wettbewerbsfähigkeit und Marktzutritt Wird berücksichtigt, dass 81 Prozent des Geschäftsvolumens der SIX x-clear AG, die Mehrheit der Handelsumsätze der SIX Swiss Exchange AG und SIX Structured Products AG sowie rund die Hälfte der abgewickelten Transaktionen der SIS im Ausland erwirtschaftet werden, wird klar, wie wichtig der Marktzugang für die Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen ist. Die Umsetzung internationaler Standards ist zunehmend eine notwendige Voraussetzung, damit Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen im Ausland den Marktzugang, insbesondere in die EU, aufrechterhalten können.

In der EU beinhaltet EMIR eine Drittstaatenregelung, die für den Markzutritt von Anbietern von zentralen Gegenparteien und Transaktionsregistern aus der Schweiz eine mit der EU-Regulierung äquivalente Regulierung und Aufsicht in der Schweiz voraussetzt. Eine ähnliche Drittstaatenregelung sieht die EU auch für Zentralverwahrer vor. Ohne EU-äquivalente Regulierung und Aufsicht in der Schweiz könnten die betroffenen Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen ihre Dienstleistungen nicht mehr direkt in die EU beziehungsweise für Teilnehmer daraus erbringen, was zu einem Rückgang ihrer Geschäftstätigkeit führen würde. Die fehlenden Skaleneffekte würden die Stückkosten für die inländischen Infrastrukturdienstleistungen substanziell erhöhen, mit entsprechenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes. Das Geschäft und damit das Knowhow und die Arbeitsplätze könnten ins Ausland abwandern, womit letztlich auch Steuersubstrat verloren ginge. Mit dem FinfraG wird eine EU-gleichwertige Regulierung angestrebt, um den erwähnten erheblichen Nachteilen beim Marktzutritt vorzubeugen.

Mit der Revision der NBV im Jahre 2013 wurden die Bestimmungen für systemisch bedeutsame zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme bereits weitgehend an die neuen internationalen Standards und (für zentrale Gegenparteien) an EMIR angepasst. Durch die Anpassungen im FinfraG wird die revidierte NBV ergänzt und bestehende Lücken werden geschlossen, womit die nachhaltige EU-Äquivalenz auch im Bereich zentrale Gegenparteien sichergestellt werden sollte.

In der Schweiz ist zurzeit kein Transaktionsregister domiziliert. Die neuen Regeln für Transaktionsregister können indirekt einen Nutzen
für die Schweiz haben, indem gestützt darauf ein Transaktionsregister in der Schweiz entstehen kann, das adäquat reguliert und beaufsichtigt ist und dem der Marktzugang zur EU und zu anderen wichtigen Wirtschaftsräumen voraussichtlich offen stünde.

Aufgrund der Anpassung der Regulierung an die neuen internationalen Standards von CPSS und IOSCO und durch die mit anderen Rechtsräumen harmonisierte Umsetzung der Regulierung, wird zudem die Interoperabilität und Kompatibilität unter Finanzmarktinfrastrukturen gewährleistet und hierdurch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sowie die Innovation und die Transparenz im Schweizer Finanzmarkt gefördert. Die Erleichterungen bei der wettbewerbsorientierten Zusammenarbeit unter den verschiedenen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern ist für die Wirtschaft als Ganzes sowie für die Konsumenten vorteilhaft, da diese prinzipiell die Kosten der Dienstleistungen und der Produkte senken können.

7630

3.3.2

Derivatehandel

Stabilität, Integrität und Funktionsfähigkeit des Finanzsystems Mit den neuen Bestimmungen für den Derivatehandel sollen neben der Finanzstabilität auch die Reputation und Integrität des Schweizer Finanzplatzes gestärkt werden. Würde sich die Schweiz der international angestrebten Reform des Derivatehandels entziehen oder eine laschere Regulierung implementieren, würde sie zur Regulierungsoase und damit internationaler Regulierungsarbitrage Vorschub leisten.

Als Folge würden die mit Derivatetransaktionen verbundenen Schwächen und Risiken im Inland konzentriert. Gleichzeitig sollen aber auch Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer keine Anreize haben, ihr Derivatgeschäft auf andere Handelsplätze mit weniger strengen Vorschriften zu verlagern, was den Nutzen der neuen Regulierung mindern würde. Daher wurde der Geltungsbereich des FinfraG in Bezug auf den Derivatehandel weit gewählt. Die neu eingeführten Pflichten sind im Grundsatz auch auf grenzüberschreitende Transaktionen anwendbar. Grenzüberschreitende Konflikte zweier Rechtsordnungen sollen dabei jedoch, wenn möglich, vermieden werden.

Erhöhte Finanzstabilität und verbesserte Transparenz generieren einen Nutzen für die Volkswirtschaft: Das Risiko sowie die volkswirtschaftlichen Folgen einer Finanzmarktkrise werden gemindert. Zudem ist die Wahrung der Integrität und des guten Rufes des Schweizer Finanzplatzes vorteilhaft für die Schweiz.

Den Chancen, welche sich aus einer Pflicht, Derivatetransaktionen über eine zentrale Gegenpartei abzurechnen, für die Finanzstabilität ergeben, müssen mögliche Risiken hieraus gegenübergestellt werden: Zentrale Gegenparteien konzentrieren Gegenparteiausfallrisiken und können dadurch selber oder too interconnected to fail werden. Der Ausfall einer zentralen Gegenpartei könnte noch grössere systemische Auswirkung haben als der ursprüngliche Ausfall einer Gegenpartei, da alle teilnehmenden Finanzinstitute direkt betroffen sind. Übernimmt eine zentrale Gegenpartei das Gegenparteiausfallrisiko, sinkt zudem der Anreiz für die Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer, die Bonität ihrer Gegenparteien zu überwachen. Bilaterale Limiten und andere Praktiken des Gegenpartei-Risikomanagements der Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer könnten so in den Hintergrund gedrängt werden. Adäquate regulatorische
Vorschriften für zentrale Gegenparteien (und auch Transaktionsregister) ­ wie sie mit dem FinfraG geschaffen werden ­ sind deshalb zentral für die Finanzstabilität.

Förderung von Wirtschaftswachstum und -entwicklung Verschiedene Studien138, insbesondere auch des IWF139 und der BIZ140, haben die Auswirkungen der Derivatereform für die Wirtschaft und ihre Akteure untersucht: Die IWF-Studie schätzt die Kosten und den Nutzen der Derivateregulierung für die einzelnen Wirtschaftsakteure. Sie legt den Schluss nahe, dass sich die Auswirkungen auf die einzelnen Akteure in der Summe aufheben, mit Ausnahme der Grossbanken, 138

U.A. The Impact of Regulation on the structure of European OTC derivative markets, Deloitte 2012; OTC cleared Derivatives: Benefits, Costs and Implications of the DFA, 2010; ESMA Impact Assessment of Technical Standards on EMIR.

139 Assessing the Cost of Financial Regulation, IMF Working Paper WP 2012 (IWF-Studie), S. 48 ff: www.imf.org > publications & research > latest working papers > 2012.

140 Macroeconomic Impact Assessment Group on Derivatives, BIS, August 2013 (BIZ-Studie): www.bis.org > publications & research > Other publications

7631

welche mit Netto-Kosten aus der Derivateregulierung zu rechnen haben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die IWF-Studie die Kosten ausserhalb eines Krisenfalls schätzt. Wird berücksichtigt, dass die Reform zur Stabilität beiträgt und die Gefahr einer Finanzmarktkrise mindert, ist anzunehmen, dass die Reform als Ganzes längerfristig mehr Nutzen als Kosten für die Volkswirtschaft mit sich bringt.

Die BIZ-Studie schätzt die Kosten und Nutzen der Derivateregulierung auf die Volkswirtschaft anhand der daraus resultierenden BIP-Veränderung. Den Hauptnutzen der Reform sieht die BIZ in der Reduktion der mit OTC-Derivaten verbundenen Gegenparteiausfallrisiken. Andererseits entstehen Zusatzkosten für die zentrale Abrechnung (Abrechnungsgebühren, Ausfallfondsbeiträge etc.), Finanzierungskosten für die zusätzlichen Sicherheiten (Einschuss- und Nachschusszahlungen für die zentrale und nicht zentrale Abrechnung) und Kapitalanforderungen sowie operationelle Kosten (IT, Prozesse, Anwaltskosten etc.). Gewisse operationelle Kosten (bspw. diejenigen der Meldepflicht) sind in der BIZ-Studie nur qualitativ erfasst.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele operationelle Kosten, wie etwa Anpassungen bei den Prozessabläufen oder bei der IT einmalige Kostenpositionen sind und damit keine langfristigen Auswirkungen haben. Die betroffenen Finanzinstitute könnten einen Teil ihrer Mehrkosten auf ihre Kundinnen und Kunden abwälzen. In diesem Fall würden die Preise der Transaktionen in den betroffenen Finanzinstrumenten ansteigen. Die BIZ kommt zum Schluss, dass der Nutzen aus der Derivatereform für die Volkswirtschaft langfristig dennoch grösser als die Kosten sein wird.

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Derivateregulierung werden von der BIZ auf einen Netto-Nutzen in Form eines BIP-Zuwachses von rund 0,12 Prozentpro Jahr geschätzt; je nach Szenario variiert das Resultat zwischen einem NettoNutzen von 0,09 Prozent und 0,13 Prozent des BIP.

Basierend auf den Ergebnissen dieser Studien wird vorliegend auch für die Schweiz erwartet, dass der Nutzen der neuen Derivateregulierung für die Gesamtwirtschaft langfristig überwiegen wird. Der langfristige Hauptnutzen ist die Minderung des aus Finanzmarktkrisen resultierenden Wertschöpfungsverlustes. Währenddessen liegen die wesentlichen Nachteile in der möglichen Reduktion
der Wirtschaftsaktivitäten infolge der höheren Preise für Risikotransfers. Für die Schweiz ist zudem zu berücksichtigen, dass viele andere Rechtsräume ­ allen voran USA, EU und Japan ­ die G-20/FSB-Vorgaben ebenfalls umsetzen (resp. bereits umgesetzt haben). Die hohe Vernetzung von Schweizer Gegenparteien mit diesen Handelsplätzen führt dazu, dass die entsprechenden grenzüberschreitenden Transaktionen von der neuen ausländischen Regulierung ebenfalls kostenwirksam erfasst werden. Der spezifische zusätzliche Einfluss der Schweizer Regeln auf die Kosten der Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer ist damit gering.

In den obigen Studien wurde der Effekt der Umsetzung der G-20/FSB-Bemühungen auf die Reputation und die Integrität des Finanzplatzes nicht berücksichtigt. Zudem hat die Schweiz die mit Basel III einhergehenden Kapitalanforderungen, die in der BIZ-Studie als einer von zwei Hauptkostenpunkten berücksichtigt werden, bereits auf Anfang 2013 in Kraft gesetzt. Insofern ist davon auszugehen, dass die Zusatzkosten der Derivateregulierung für die Schweiz tiefer ausfallen als in der BIZ-Studie angenommen und dass der Nettonutzen höher ist.

Wichtig für die Wirtschaft ist, dass die volkswirtschaftlich wertvollen Absicherungsgeschäfte nicht unnötig verteuert werden und damit Anreize gesetzt werden, Geschäftsrisiken weniger gut abzusichern. Hierfür sind vorliegend im FinfraG zum einen Ausnahmen vorgesehen, welche Nicht-Finanzinstitute (Nichtfinanzielle 7632

Gegenparteien) unter einem gewissen Schwellenwert von den vorgesehenen Abrechnungs- und Risikominderungspflichten ausnehmen. Zudem werden Geschäfte zur Reduzierung von Risiken, die unmittelbar mit der Geschäftstätigkeit oder der Liquiditäts- oder Finanzbewirtschaftung zusammenhängen, bei der Berechnung der Schwellenwerte nicht einbezogen. Im Gegensatz zur Regulierung in der EU sieht das FinfraG sodann vor, dass aus Gründen der Verhältnismässigkeit kleine Finanzinstitute (kleine Finanzielle Gegenparteien) von der Abrechnungspflicht und teilweise auch von der Risikominderungspflicht ausgenommen werden, solange hierdurch die angestrebte Äquivalenz mit der EU nicht gefährdet wird.

Förderung des Wirtschaftsstandorts durch Wettbewerbsfähigkeit und Marktzutritt Die Mehrheit aller Derivatetransaktionen sind grenzüberschreitend, das heisst sie werden mit einer Gegenpartei im Ausland abgeschlossen. Dies gilt insbesondere auch für die Schweiz. Mit Abstand die meisten Gegenparteien von Schweizer Akteuren sind in der EU ansässig. Transaktionen zwischen zwei Schweizer Gegenparteien sind demgegenüber vernachlässigbar. In Anbetracht der vielen grenzüberschreitenden Transaktionen mit EU-Gegenparteien ist die primäre Ausrichtung auf die EU-Regulierung in diesem Bereich für die Schweiz vorteilhaft. Für den Derivatehandel gewichtige Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer sind ebenfalls der Meinung, dass die Schweiz im Bereich der Derivateregulierung keinen Swiss-Finish anstreben sollte, sondern sich an den für uns wichtigsten Wirtschaftsräumen und Derivatemärkten ausrichten soll.

EMIR beinhaltet sogenannte Drittstaatenregelungen, welche in einzelnen Bereichen für die gleichen Wettbewerbsbedingungen respektive den Marktzugang eine gleichwertige (äquivalente) Regulierung im Drittstaat voraussetzen (vgl. Ziff. 1.4.2). Im Derivatebereich führt die fehlende Äquivalenz dazu, dass die grenzüberschreitenden gruppeninternen Transaktionen von Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern mit EU-Gegenparteien der Abrechnungs- und Marginpflicht in EMIR unterstellt werden. Die technischen Standards zu den Marginpflichten werden auch in der EU voraussichtlich erst 2015 in Kraft treten, weshalb in diesem Bereich nicht mit einer Übergangszeit gerechnet wird. Die geschätzten Kosten einer Abrechnungspflicht für solche
gruppeninternen Transaktionen bewegen sich schätzungsweise im tiefen dreistelligen Millionenbereich pro Jahr. Diese Kosten können durch eine Regulierung, die derjenigen der EU gleichwertig ist, vermieden werden. Zudem kann damit gewährleistet werden, dass den Schweizer Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern kein Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren EU-Konkurrenten entsteht, da letztere ihre gruppeninternen Transaktionen nicht zentral abrechnen müssen. Als Folge könnten Transaktionen auf andere Finanzplätze abwandern, Ertragseinbussen für die Banken entstehen und Arbeitsplätze verloren gehen. Mit dem FinfraG wird eine Regulierung, die derjenigen der EU gleichwertig ist, angestrebt, um den erwähnten erheblichen Nachteilen beim Marktzutritt vorzubeugen.

Der Nutzen, der im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Marktzugang beziehungsweise einer gestärkten Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts aus einer Regulierung entsteht, die international harmonisiert und derjenigen der EU gleichwertig ist , wurde in den oben erwähnten Studien (der IWF resp. BIZ) nicht berücksichtigt. Gerade diese Faktoren sind aber für die Schweiz von Bedeutung und schlagen positiv zu Buche.

7633

3.4

Auswirkungen auf einzelne Akteure und gesellschaftliche Gruppen

3.4.1

Finanzmarktinfrastrukturen

Das FinfraG enthält gemeinsame Bestimmungen sowie spezifische Vorschriften für Handelsplätze (Börsen und multilaterale Handelssysteme) und organisierte Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Zahlungssysteme und Transaktionsregister. Während einige Bestimmungen bereits heute bestehen, werden andere Vorschriften neu eingeführt oder es werden bestehende Vorschriften angepasst.

Insbesondere diese neuen und angepassten Bestimmungen wirken sich auf die einzelnen Akteure aus. Sie betreffen unter anderem die Möglichkeit, Kapitalanforderungen für Handelsplätze vorzusehen, sowie die Schaffung der insolvenzrechtlichen Grundlagen für die Übertragbarkeit. Auch die Regelung von Transaktionsregistern ist gänzlich neu. Hinzu kommen Umsetzungen vergleichbarer Bestimmungen zur EU aus MiFID II/MiFIR, was die Handelsplätze anbelangt. sowie bezüglich CSDR mit spezifischen Aspekten der Effektenabwicklung. Die Auswirkungen werden stark davon abhängen, welche Ausführungsbestimmungen auf Verordnungsebene durch den Bundesrat oder die FINMA erlassen werden. Es ist deshalb zum jetzigen Zeitpunkt schwierig festzustellen, welche konkreten Auswirkungen das FinfraG auf die jeweiligen Akteure und gesellschaftlichen Gruppen haben wird. Im Folgenden wird trotzdem versucht, ausgewählte qualitative Aussagen zu machen.

Handelsplätze und organisierte Handelssysteme Neben der Börse werden anstelle der börsenähnlichen Einrichtung neu die Kategorien des multilateralen und des organisierten Handelssystems eingeführt, wobei organisierte Handelssysteme keiner eigenständigen Bewilligung bedürfen. Für alle Handelsplätze (Börsen und multilaterale Handelssysteme) wird auch im FinfraG am Prinzip der Selbstregulierung festgehalten. Neu können auch Kapitalanforderungen an Handelsplätze gestellt werden. Zudem ist neu auch eine Kooperation zwischen den Handelsüberwachungsstellen vorgesehen.

Die Auswirkungen sind insofern beschränkt, als es aktuell in der Schweiz mit der SIX Swiss Exchange AG, SIX Structured Products AG, Eurex AG, BX und ICMA nur wenige Handelsplätze gibt, die den neuen Regulierungen unterstehen. Die SIX Swiss Exchange AG und die SIX Structured Products AG werden ihren Status als Börse unverändert beibehalten. Die Eurex wird zu einem multilateralen Handelssystem. Bei den gegenwärtig als börsenähnliche Einrichtungen
bewilligten BX und ICMA wird hingegen eine Unterstellung entweder als Börse oder als multilaterales oder organisiertes Handelssystem zu prüfen sein. Für die bestehenden Handelsplätze ist aufgrund der im Gesetz neu explizit aufgeführten Anforderungen an informationstechnische Systeme im Allgemeinen und an Handelssysteme im Besonderen nicht von erheblichen Auswirkungen auszugehen, da diese in der Praxis weitestgehend bereits umgesetzt werden. Die Anforderungen werden jedoch neu der aufsichtsrechtlichen Prüfung unterliegen und die Handelsplätze werden die Erfüllung dieser Anforderungennachweisen müssen.

Teilweise neu werden multilaterale und organisierte Handelssysteme aufsichtsrechtlich erfasst. In einer Anfangsphase wird daher vermehrt mit Unterstellungsanfragen von solchen Handelssystemen zu rechnen sein. Die Anzahl dürfte sich aber in einem überschaubaren Rahmen halten. Für die allenfalls betroffenen Handelssysteme kann dies einen erhöhten Abklärungsbedarf bedeuten, um eine mögliche Unterstellung 7634

prüfen zu lassen. Im Falle einer Unterstellung werden sie beziehungsweise ihre Betreiber neue gesetzliche Anforderungen erfüllen müssen. Dies wird für die Betroffenen in der Regel zusätzliche Kosten zur Folge haben (bspw. für die Anpassung der Betriebsorganisation, den Ausbau des Personals, die Bereitstellung der angemessenen IT-Infrastruktur etc.). Sofern es sich bei den Handelssystemen oder ihren Betreibern um bereits von der FINMA bewilligte Institute handelt (bspw. Banken), könnte eine Unterstellung auch unternehmensstrukturelle Anpassungen erfordern, indem der Betrieb der Handelsplattform neu in einer separaten juristischen Person ausgeübt werden muss oder zusätzliche Kapitalanforderungen nach sich ziehen könnte.

Zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer und Zahlungssysteme Im FinfraG selbst finden sich für die systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen keine Anforderungen, die es nicht bereits heute gibt (entweder im BankG oder in der NBV). Die einzige Neuerung ist die Forderung nach der Erstellung eines Abwicklungsplans, bei der aber nicht die Finanzmarktinfrastrukturen, sondern die zuständigen Behörden gefordert sind. Insofern sind auch hier die direkten Auswirkungen beschränkt.

Um die Risiken der zentralen Abrechnungspflicht zu minimieren, wurden mit dem FinfraG wichtige Regelungen zu Aufsichtsrahmen und Bewilligungsanforderungen eingeführt. Zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer wurden bis anhin als Banken oder Effektenhändler bewilligt und durch die FINMA beaufsichtigt. Das FinfraG schafft für zentrale Gegenparteien und Zentralverwahrer auf deren jeweilige Funktionen und Risiken zugeschnittene Bewilligungsvoraussetzungen und einen entsprechend angepassten Aufsichtsrahmen. Mit dem Antrag, die bisherigen Funktionen als zentrale Gegenpartei oder als Zentralverwahrer fortführen zu können, dürfte für die betroffenen Institute ein einmaliger Aufwand verbunden sein. Aufgrund der neuen Derivateregulierung eröffnen sich den zentralen Gegenparteien weitere Geschäftsfelder. Mit dem FinfraG wird zudem die insolvenzrechtliche Grundlage geschaffen, um die Übertragbarkeit von Forderungen, Verpflichtungen und Sicherheiten von indirekten Teilnehmern bei Ausfall eines Teilnehmers einer zentralen Gegenpartei zu ermöglichen. Dadurch werden im Falle der Insolvenz des Teilnehmers der ihm
angeschlossene indirekte Teilnehmer sowie das reibungslose Funktionieren der betroffenen Finanzmärkte besser geschützt. Des Weiteren wird mit dem Vorrang von Aufrechnungs-, Verwertungs- und Übertragungsvereinbarungen vor Insolvenzmassnahmen gegen einen direkten Teilnehmer die Rechtssicherheit und Durchsetzbarkeit entsprechender Vereinbarungen zentraler Gegenparteien erhöht.

Im Bereich der Zentralverwahrer und der Zahlungssysteme wurde die Schweizer Regulierung vorab durch eine Revision der NBV an die neuen internationalen Standards angepasst. Einige Bestimmungen sollen nun ins FinfraG übertragen werden.

Das FinfraG hat deshalb nur geringe Auswirkungen auf Zentralverwahrer und Zahlungssysteme.

Transaktionsregister Die Bestimmungen für Transaktionsregister werden (auch) in der Schweiz neu eingeführt. Da es in der Schweiz wie erwähnt heute kein Transaktionsregister gibt, wirken sich die neuen Bestimmungen in diesem Bereich nicht direkt aus. Indirekt sind die neuen Bestimmungen als positiv zu werten, da es dadurch möglich wird, in 7635

der Schweiz ein Transaktionsregister zu errichten, das voraussichtlich den Marktzugang zur EU erhält. Die gesetzliche Verankerung des Grundsatzes, dass ausländische Behörden Zugang zu den für sie relevanten Daten in einem Schweizer Transaktionsregister erhalten, dürfte zudem Voraussetzung sein, dass Schweizer Behörden ihrerseits Zugang zu den für sie relevanten Daten in ausländischen Transaktionsregistern erhalten.

Neben den weitestgehend gleichbleibenden Anerkennungsvorschriften für ausländische Handelsplätze sind im FinfraG neu auch Anerkennungsregime für ausländische zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister vorgesehen.

Haushalte Die Haushalte dürften nach einer ersten Einschätzung nur marginal betroffen sein.

Die angestrebte Äquivalenz mit dem EU-Recht betrifft sie indirekt, da bei fehlender Äquivalenz allenfalls Marktzutrittsprobleme für Schweizer Unternehmen entstehen, wodurch Arbeitsplätze und Knowhow ins Ausland abwandern könnten.

Staat Bund, Kantone und Gemeinden betreiben keine Finanzmarktinfrastrukturen. Deshalb sind keine direkten Auswirkungen auf den Staat zu erwarten. Allenfalls liegt eine indirekte Betroffenheit vor, wenn durch eine zu strenge oder nicht EU-gleichwertige Regulierung das Geschäft ins Ausland abwandert. Deshalb könnte Steuersubstrat entfallen oder durch das Fehlen einer funktionierenden Finanzmarktinfrastruktur würde die Geldpolitik erschwert. Sollte hingegen die Regulierung international kompatibel und rechtzeitig erfolgen, kann dies die Stabilität im Finanzsystem erhöhen, was einen Standortvorteil darstellt. Transaktionen könnten dadurch in die Schweiz verlagert werden.

3.4.2

Derivatehandel

Finanz- und Nicht-Finanzinstitute Derivatgeschäfte werden, wie aufgezeigt, mehrheitlich von grossen, international tätigen Banken eingesetzt und konzentrieren sich damit in ihren Büchern (G-16Dealers, inkl. UBS und CS). Im Zentrum der Derivateregulierung stehen dementsprechend die grossen Finanzinstitute, für welche gemäss der IWF-Studie (vgl.

Ziff. 3.3.2) auch die Regulierungskosten am höchsten sind. Sie werden in Zukunft vermehrt standardisierte Produkte offerieren, die im Vergleich zu den kundenspezifischen Produkten eine tiefere Marge aufweisen (wegen vermehrtem Wettbewerb und höherer Transparenz). Demgegenüber werden die Grossbanken als Teilnehmer von zentralen Gegenparteien vom Management der zusätzlichen Sicherheiten und der Dienstleistungen für indirekte Teilnehmer profitieren, was ihre zusätzlichen Kosten teilweise kompensieren wird.141 Die grossen Finanzinstitute werden voraussichtlich einen Teil ihrer Mehrkosten aus dem Derivatehandel auf ihre Kundinnen und Kunden überwälzen. Deshalb dürftendie Kosten auch für kleine Finanzinstitute und Endkunden (Nicht-Finanzinstitute) steigen. Auch aufgrund der Tendenz, vermehrt standardisierte Produkte anzubieten, 141

Vgl. IWF-Studie (FN 139), S. 49

7636

könnte der Preis kundenspezifischer Produkte zur Absicherung spezieller Risiken ansteigen. Die IWF-Studie geht jedoch davon aus, dass die übrigen Finanzmarktteilnehmerinnen und -teilnehmer (ohne Grossbanken) von der Derivateregulierung eher profitieren werden, insbesondere durch die mit zunehmender Standardisierung verbundenen Kostenvorteile.142 Im Übrigen werden Nicht-Finanzinstitute und gewisse kleinere Finanzinstitute durch die vorgesehenen Ausnahmen teilweise von den Pflichten befreit, was ihre Kosten verringert.

Unklar ist, wie hoch der Preisanstieg ausfallen könnte. Die BIZ-Studie schätzt die resultierenden Kosten anhand der höheren Zinsspanne (Differenz zwischen Kreditund Einlagenzinsen) auf zwischen 0,06 Prozent und 0,13 Prozent.143 Die erhöhten Preise könnten das Derivatgeschäft dämpfen.

Haushalte Die Haushalte dürften von der vorgesehenen Derivateregulierung nur marginal betroffen sein. Die angestrebte Äquivalenz mit dem EU-Recht betrifft sie indirekt, da bei fehlender Äquivalenz Wettbewerbsnachteile für Schweizer Finanzunternehmen entstehen, womit Geschäftsvolumen sowie Arbeitsplätze und Know-how ins Ausland abwandern könnten. Zudem kommt die erhöhte Stabilität im Finanzsystem durch den daraus generierten Nutzen für die Gesamtwirtschaft indirekt auch den Haushalten zugute.

Staat Bund, Kantone und Gemeinden sowie die SNB und die BIZ sind vom 3. Titel 1. Kapitel des Gesetzes (Handel mit Derivaten) ausgenommen. Bund und Behörden können jedoch durch ihre Teilnahme am Derivatemarkt auch von den Auswirkungen der Bestimmungen betroffen sein. Zum Beispiel durch einen möglichen Preisanstieg (insb. für nicht zentral abgerechnete Transaktionen) und der damit verbundenen Kostenerhöhung. Das schlechtere Pricing kann für die betroffenen Behörden Anreize schaffen, sich freiwillig der Abrechnungspflicht zu unterstellen, mit den entsprechenden Infrastrukturkosten. Falls durch eine zu strenge oder nicht EU-gleichwertige Regulierung das Geschäft ins Ausland abwandert, könnte Steuersubstrat entfallen. Durch eine allenfalls zu lasche Regulierung könnten andererseits ungewünschte risikoreiche Transaktionen in die Schweiz verlagert werden, was die Stabilität gefährden und dem Staat allenfalls indirekte Kosten aufbürden könnte.

3.5

Fazit

Die vorgeschlagene Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen stärkt deren Funktionsfähigkeit und die Stabilität des Finanzmarktes insgesamt. Auch die Regulierung des Derivatehandels leistet durch die Reduktion des Gegenparteiausfallrisikos und der operationellen Risiken sowie der verbesserten Aufsicht und Transparenz einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Finanzsystems. Indem die Schweiz die internationalen Empfehlungen und Regulierungsstandards mit Augenmass, aber gleichwertig mit wichtigen Wirtschaftsräumen umsetzt, wird zudem die Reputation des Finanzplatzes Schweiz und seine Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Die Ausrichtung an der 142 143

Vgl. IWF-Studie (FN 139), S. 50 Vgl. BIZ-Studie (FN 140), S. 38

7637

Regulierung der EU gewährleistet auch die Anbindung der Schweizer Finanzmarktinfrastrukturen an die Märkte der EU. Schliesslich wird sich die Vorlage auch positiv auf den Anlegerschutz auswirken.

Im Bereich der Finanzmarktinfrastrukturen wirkt sich die Vorlage hauptsächlich auf bis anhin nicht regulierte multilaterale und organisierte Handelssysteme aus. Deren Anzahl und Grösse sind angesichts des ständig ändernden Umfelds und der Vielfältigkeit ihrer Ausgestaltung kaum zu eruieren. Deshalb lassensich auch die aus der Neuregulierung resultierenden Kosten nur schwer abschätzen. Diesen Handelssystemen entstehen indessen nicht nur Kosten, sondern sie profitieren direkt vom unbestrittenen Nutzen eines stabileren und transparenteren Markts. Im Bereich der Derivateregulierung sind Auswirkungen vorab auf die am stärksten im Derivatgeschäft tätigen Grossbanken zu erwarten. Da diese jedoch die Grosszahl ihrer Derivatetransaktionen mit Gegenparteien im Ausland abschliessen, welche bereits heute den Derivatehandelspflichten unterstellt sind, ist nur mit verhältnismässig geringen Zusatzkosten der Schweizer Regulierung zu rechnen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 2012144 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012145 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Das Geschäft wird dem Parlament hier trotzdem vorgelegt, da im Interesse des Finanzplatzes Schweiz mit der Umsetzung der FSB-Empfehlungen zum Handel mit OTC-Derivaten und den PFMI von CPSS und IOSCO nicht bis zur nächsten Legislaturplanung zugewartet werden kann. Sie ist mit der Finanzmarktstrategie des Bundesrates vereinbar.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Der Erlass stützt sich auf Artikel 95 und 98 Absätze 1 und 2 der Bundesverfassung.

Er ist somit verfassungskonform.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Sie trägt insbesondere den FSB-Empfehlungen zum Handel mit OTC-Derivaten und den PFMI von CPSS und IOSCO Rechnung.

144 145

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

7638

5.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage sieht keine Ausgaben vor, die unter die Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) fallen.

5.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die in der Vorlage enthaltenen Rechtsetzungsdelegationen an den Bundesrat sowie die Aufsichts- und die Überwachungsbehörde (Art. 3, 5, 12, 23, 29, 39, 46, 47, 51, 66, 77, 78, 82, 88, 93, 96, 99, 100, 103, 104, 106, 112, 120, 128­132, 139, 140, 159, Art. 20 NBG, Art. 2bis BankG, Art. 71bis und Art. 79bis VAG) sollen vorab eine flexible Anpassung an die sich zurzeit stark im Wandel befindenden internationalen Standards erlauben. Für eine Begründung im Einzelfall wird auf die entsprechenden Artikel verwiesen.

7639

Anhang 1

Pflichten im Derivatehandel nach Gegenparteien (GP) Finanzielle GP

kleine Finanzielle GP

Nichtfinanzielle GP über Schwellenwert

Nichtfinanzielle GP unter Schwellenwert

Abrechnung

ja

nein

ja

nein

Meldung

ja

ja

ja

ja

Risikominderung operationelles Risiko

ja

ja

ja

ja

Risikominderung Bewertung ausstehender Geschäfte

ja

nein

ja

nein

Risikominderung Austausch von Sicherheiten

ja

ja

ja

nein

Plattformhandel

ja

nein

ja

nein

7640

Anhang 2

Konkordanztabelle Marktverhaltensregeln FinfraG

BEHG

Art. 117

Art. 20

Art. 118

Art. 20 Abs. 3

Art. 119

Art. 20 Abs. 4

Art. 120

Art. 20 Abs. 5 und 6

Art. 121

Art. 21

Art. 122

Art. 22

Art. 123

Art. 23

Art. 124

Art. 24

Art. 125

Art. 25

Art. 126

Art. 26

Art. 127

Art. 27

Art. 128

Art. 28

Art. 129

Art. 29

Art. 130

Art. 30

Art. 131

Art. 31

Art. 132

Art. 32

Art. 133

Art. 32 Abs. 2 und 3

Art. 134

Art. 33

Art. 135

Art. 33a

Art. 136

Art. 33b

Art. 137

Art. 33c

Art. 138

Art. 33d

Art. 139

Art. 33e

Art. 140

Art. 33f

7641

Anhang 3

Abkürzungsverzeichnis AIFMD

Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr.

1095/2010

AMLEG

AML/CFT Expert Group

AVO

Verordnung vom 9. November 2005 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (SR 961.011)

BankG

Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz; SR 952.0)

BankV

Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung; SR 952.02)

BCBS

Basel Committee on Banking Supervision (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht)

BEG

Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über Bucheffekten (Bucheffektengesetz; SR 957.1)

BEHG

Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz; SR 954.1)

BEHV

Verordnung vom 2. Dezember 1996 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung; SR 954.11)

BEHV-FINMA Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 25. Oktober 2008 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung-FINMA; SR 954.193) BGE

Bundesgerichtsentscheid

BGG

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110)

BIV-FINMA

Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 30. August 2012 über die Insolvenz von Banken und Effektenhändlern (Bankeninsolvenzverordnung-FINMA; SR 952.05)

BIZ

Bank für internationalen Zahlungsausgleich

BJ

Bundesamt für Justiz

BVG

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alter-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40)

BVGE

Bundesverwaltungsgerichtsentscheid

BX

BX Berne eXchange, Berner Börsenverein

CEA

Commodity Exchange Act

CFR

Code of Federal Regulations

CFTC

Commodity Futures Trading Commission

7642

CGFS

Committee on the Global Financial System

CLS

Continuous Linked Settlement

CPSS

Committee on Payment and Settlement Systems

CSD

Central securities depository

CSDR

Central Securities Depositaries Regulation

DFA

Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act

DSG

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (Datenschutzgesetz; SR 235.1)

ECOFIN-Rat

Economic and Financial Affairs Council (Rat der Europäischen Union für Wirtschaft und Finanzen)

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

ElCOM

Eidgenössische Elektrizitätskommission

EMIR

Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

ERV

Verordnung vom 1. Juni 2012 über die Eigenmittel und Risikoverteilung für Banken und Effektenhändler (Eigenmittelverordnung; SR 952.03)

ESMA

European Securities and Markets Authority

EU

Europäische Union

Fed

Federal Reserve System

FinfraG

Finanzmarktinfrastrukturgesetz

FINMA

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

FINMAG

Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz; SR 956.1)

FSB

Financial Stability Board

FSAP

Financial Sector Assessment Programms

FX, Forex

Foreign exchange

GATS

General Agreement on Trade in Services (Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen)

GCM

General Clearing Member

GPK

Geschäftsprüfungskommission

GwG

Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz; SR 955.0)

IAIS

International Association of Insurance Supervisors

ICMA

International Capital Market Association

IOSCO

International Organization of Securities Commissions

7643

IOSCO-MMoU IOSCO Multilateral Memorandum of Understanding concerning consultation and cooperation and the exchange of information IRSG

Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz; SR 351.1)

ISDA

International Swaps & Derivatives Association

IWF

Internationaler Währungsfonds

KAG

Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz; SR 951.31)

KMU

kleine und mittlere Unternehmen

LEI

Legal Entity Identifier

MiFID

Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente

MiFID 2

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU

MiFIR

Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012

MMoU

Multilateral Memorandum of Understanding

MoU

Memorandum of Understanding

MTF

multilateral trading facility

MWSTG

Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz; SR 641.20)

NAO

notional amount outstanding

NBG

Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz; SR 951.11)

NBV

Verordnung zum Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankverordnung; SR 951.131)

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OGAW

Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren

OR

Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) (SR 220)

OTC

over-the-counter

OTF

organised trading facility

PfG

Pfandbriefgesetz vom 25. Juni 1930 (SR 211.423.4)

PFMI

Principles for financial market infrastructures

RAG

Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz; SR 221.302)

RM

regulated market

7644

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010)

SBVg

Schweizerische Bankiervereinigung

SchKG

Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SR 281.1)

SEA

Securities Exchange Act

SEC

Securities Exchange Commission

SIC

Swiss Interbank Clearing

SNB

Schweizerische Nationalbank

SST

Swiss Solvency Test

StBOG

Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz; RS 173.71)

StG

Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (SR 641.10)

StGB

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0)

StPO

Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (SR 312.0)

TR

Transaktionsregister

VAG

Bundesgesetz vom 18. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz; SR 961.01)

VGG

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz; SR 173.32)

VOSTRAVerordnung

Verordnung vom 29. September 2006 über das Strafregister (SR 331)

VStG

Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz; SR 642.21)

VStrR

Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0)

VwVG

Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz; SR 172.021)

ZGB

Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (SR 210)

ZPO

Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (SR 272)

ZSSG

Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden und über den Schutz der schweizerischen Souveränität (Zusammenarbeits- und Souveränitätsschutzgesetz)

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