Ablauf der Referendumsfrist: 10. Juli 2014

Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen vom 21. März 2014

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 122 Absatz 1 und 173 Absatz 2 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 6. September 20132 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 13. November 20133, beschliesst: Art. 1

Zweck

Dieses Gesetz bezweckt, denjenigen Menschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die administrativ versorgt worden sind.

Art. 2

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für Menschen, die gestützt auf die in der Schweiz vor dem 1. Januar 1981 geltenden Bestimmungen des kantonalen öffentlichen Rechts oder des Zivilgesetzbuches4 durch eine kantonale oder kommunale Behörde administrativ versorgt und in eine Anstalt eingewiesen worden sind.

Art. 3

Anerkennung des Unrechts

Zahlreiche vor dem 1. Januar 1981 erfolgte administrative Versorgungen sind aus heutiger Sicht:

1

a.

zu Unrecht erfolgt; oder

b.

in einer Weise vollzogen worden, die als Unrecht zu betrachten ist.

Unrecht geschehen ist denjenigen Menschen, deren administrative Versorgung den seit dem 1. Januar 1981 geltenden grundlegenden Anforderungen nicht entsprochen hat, namentlich Menschen, die ohne Strafurteil in eine Strafanstalt eingewiesen worden sind.

2

1 2 3 4

SR 101 BBl 2013 8639 BBl 2013 8937 SR 210

2013-2334

2853

Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen. BG

Art. 4

Ausschluss finanzieller Ansprüche

Aus der Anerkennung des Unrechts nach diesem Gesetz entsteht kein Anspruch auf Schadenersatz, Genugtuung oder sonstige finanzielle Leistungen.

Art. 5

Wissenschaftliche Aufarbeitung

Der Bundesrat sorgt für die wissenschaftliche Aufarbeitung der administrativen Versorgungen unter Berücksichtigung anderer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen oder sonstiger Fremdplatzierungen.

1

Er beauftragt damit eine unabhängige Kommission, die aus Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen besteht.

2

Die Untersuchungsergebnisse werden veröffentlicht. Personendaten werden für die Veröffentlichung anonymisiert.

3

Art. 6

Archivierung

Die Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden sorgen für die Aufbewahrung der Akten zur administrativen Versorgung.

1

2

Sie dürfen die Akten nicht für Entscheide zulasten der Betroffenen heranziehen.

Art. 7

Akteneinsichtsrecht

Die Menschen, die administrativ versorgt worden sind, und, nach ihrem Tod, ihre Angehörigen, haben ein Recht auf einen einfachen und kostenlosen Zugang zu den sie betreffenden Akten.

1

Die mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung befassten Personen haben ein Akteneinsichtsrecht, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgabe nötig ist.

2

Art. 8

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Nationalrat, 21. März 2014

Ständerat, 21. März 2014

Der Präsident: Ruedi Lustenberger Der Sekretär: Pierre-Hervé Freléchoz

Der Präsident: Hannes Germann Die Sekretärin: Martina Buol

Datum der Veröffentlichung: 1. April 20145 Ablauf der Referendumsfrist: 10. Juli 2014

5

BBl 2014 2853

2854