14.079 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Ghana vom 12. November 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Abkommens zwischen der Schweiz und Ghana zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und auf Veräusserungsgewinnen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. November 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-1907

8865

Übersicht Das Abkommen vom 23. Juli 2008 zwischen der Schweiz und Ghana zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und auf Veräusserungsgewinnen enthält einen Artikel über den Informationsaustausch, der sich auf die ordnungsgemässe Anwendung des Abkommens und die Bekämpfung von Abkommensmissbräuchen beschränkt. Das Abkommen ist seit dem 1. Januar 2010 anwendbar.

2013 haben Verhandlungen auf schriftlichem Weg zu einem Änderungsprotokoll geführt, das den Informationsaustausch auf Ersuchen an den aktuellen internationalen Standard anpasst. Das Änderungsprotokoll wurde am 22. Mai 2014 in Accra unterzeichnet.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Änderungsprotokolls begrüsst.

8866

Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz schon immer den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

2

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Schweiz unterzeichnete am 23. Juli 2008 mit der Republik Ghana ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und auf Veräusserungsgewinnen einschliesslich eines Protokolls1 (hiernach «das Abkommen»). Dieses Abkommen trat am 30. Dezember 2009 in Kraft und ist seit dem 1. Januar 2010 anwendbar.

Entsprechend der Schweizer Praxis zur Zeit der Unterzeichnung enthält dieses Abkommen einen Artikel über den Informationsaustausch, der sich auf die ordnungsgemässe Anwendung des Abkommens und die Bekämpfung von Abkommensmissbräuchen beschränkt. Nach dem Rückzug des Schweizer Vorbehalts zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens im März 2009 und im Rahmen der beiderseitigen Kontaktaufnahmen zu dieser Frage wurde es 2009 mit Blick auf ein möglichst rasches Inkrafttreten des Abkommens nicht für nötig erachtet, erweiterte Amtshilfebestimmungen auszuhandeln. Hingegen stand fest, dass die Anpassung an den internationalen Standard zu gegebener Zeit erfolgen sollte, was denn auch 2013 auf schriftlichem Weg geschah.

Das Änderungsprotokoll wurde am 22. Mai 2014 in Accra unterzeichnet.

1

SR 0.672.936.31

8867

3

Würdigung

In den vergangenen Jahren wurden in Ghana in den Sektoren Gas und Erdöl, Infrastrukturen und Landwirtschaft Investitionen getätigt, die diesem Land mit seiner regional beneidenswerten politischen und wirtschaftlichen Stabilität günstige wirtschaftliche Aussichten eröffneten. Die Doppelbesteuerungsabkommen, die Direktinvestitionen ausländischer Gesellschaften sowie die globale Tätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen fördern, spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Das geltende Abkommen enthält, gemessen an den wirtschaftlichen Zielen und an denjenigen der Abkommenspolitik, die im Bereich der Vermeidung der Doppelbesteuerung sowohl von der Schweiz als auch von Ghana verfolgt wird, insgesamt vorteilhafte Lösungen. Aus Schweizer Sicht war es demnach nicht realistisch, vertragliche Verbesserungen anzustreben; ausserdem gab es nach Auffassung beider Staaten keinen Grund, das 2008 erzielte Resultat infrage zu stellen. Erforderlich war einzig die Anpassung der Amtshilfe an den internationalen Standard; diese wurde zügig vorgenommen. Die neue Bestimmung über den Informationsaustausch steht in Einklang mit dem internationalen Standard und dem Ziel der schweizerischen Abkommenspolitik in diesem Bereich.

Beide Staaten können somit im Rahmen der Peer Review des «Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes» (Global Forum) ein weiteres ihrer Doppelbesteuerungsabkommen aktualisieren lassen, was sie in dieser Frage in eine bessere Position versetzt. Da Ghana ausserdem seit 2014 der Peer Review Group des Global Forum angehört, ist die Anpassung an den internationalen Standard für die Schweiz auch in dieser Hinsicht von Bedeutung. Somit ist wünschenswert, dass diese Änderung möglichst rasch in Kraft tritt.

4

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

Die neuen Bestimmungen des Abkommens zur Regelung der Amtshilfe zwischen den beiden Staaten folgen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem Musterabkommen der OECD in Steuerfragen (hiernach: «OECD-Musterabkommen») sowie der Abkommenspolitik der Schweiz in diesem Bereich. Nachfolgend werden deshalb nur die Neuerungen beim internationalen Standard und bei der einschlägigen Schweizer Abkommenspolitik erläutert.

Art. I des Änderungsprotokolls zu Art. 27 DBA (Informationsaustausch) Das Änderungsprotokoll enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard. Im Folgenden wird lediglich auf einzelne Punkte eingegangen.

Das Änderungsprotokoll übernimmt im Wesentlichen den Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen betreffen die Beschränkung des materiellen Anwendungsbereichs des Informationsaustauschs auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, den Ausschluss der Weitergabe erhaltener Informationen an Aufsichtsbehörden und die Möglichkeit, die Informationen mit dem Einverständnis

8868

beider Staaten für andere Zwecke zu verwenden. Diese Änderungen sind mit dem internationalen Amtshilfestandard vereinbar.

Die Bestimmungen von Artikel 27 werden im Protokoll (Ziff. 5) konkretisiert.

Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Ziff. 5 des Abkommensprotokolls zu Art. 27 des Abkommens (Informationsaustausch) Die Bestimmung regelt im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig sind insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person und, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z.B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Das Protokoll zum Abkommen hält ebenso fest, dass diese Anforderungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören nach dem weiterentwickelten OECD-Standard auch konkrete Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Das Änderungsprotokoll ermöglicht es, solchen Ersuchen Folge zu leisten. Die Identifikation kann durch Name und Adresse der betroffenen Person erfolgen, aber auch durch andere Mittel, z. B. durch die Beschreibung eines Verhaltensmusters. Diese Auslegung beruht auf der Auslegungsklausel (Bst. c i.V.m. Bst. b), die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weit gehenden Informationsaustauschs verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zuzulassen sind. Das Verfahren für Gruppenersuchen richtet sich nach dem Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20122.

Die vorgesehenen Bestimmungen verpflichten die Vertragsstaaten nicht dazu, Informationen auf automatischer oder spontaner Basis auszutauschen (Bst. d). Für diese Formen der Amtshilfe bietet das heutige Schweizer Recht keine ausreichende Grundlage. Wird eine erweiterte Zusammenarbeit im Steuerbereich gewünscht, so braucht es zusätzlich ein Instrument, das von der Bundesversammlung genehmigt werden muss.

Art. III des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten) Die Bestimmungen des Abkommens zum Informationsaustausch finden Anwendung auf Informationen, welche sich auf Steuerjahre beziehen, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls folgenden Kalenderjahrs beginnen.

2

SR 672.5

8869

5

Finanzielle Auswirkungen

Die Aufnahme einer Bestimmung über den Informationsaustausch in das Abkommen hat keine direkte Verminderung der Steuereinnahmen zur Folge. Gegebenenfalls kann die Klausel zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen, da sie der Schweiz erlaubt, Amtshilfeersuchen an Ghana zu stellen. Diesbezügliche Schätzungen sind jedoch nicht möglich.

Aufgrund der neuen Klausel kann sich ein administrativer Mehraufwand ergeben; es ist aber zu erwarten, dass dieser sich mit dem vorhandenen Personal, dass sich um den Informationsaustausch kümmert, bewältigen lässt.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das Änderungsprotokoll begrüsst. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützen damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

6

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Änderungsprotokoll ist Artikel 54 der Bundesverfassung3 (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des Änderungsprotokolls zuständig. Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen dem fakultativen Referendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20024 gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Es wird Amtshilfe nach dem internationalen Standard im erweiterten Umfang gewährt, wie dies der jüngeren Abkommenspolitik der Schweiz auf diesem Gebiet entspricht. Somit enthält das Änderungsprotokoll eine wichtige neue Verpflichtung für die Schweiz. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Ghana wird deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

3 4

SR 101 SR 171.10

8870