Open-Government-Data-Strategie Schweiz 2014­2018 Vom Bundesrat am 16. April 2014 genehmigt

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Übersicht Daten sind der Rohstoff der Wissensgesellschaft. Im Zuge der Etablierung einer Informationsinfrastruktur, die von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Bildung und Kultur rund um die Uhr genutzt wird, wächst die Datenmenge exponentiell an. Im Gegensatz zu materiellen Rohstoffen verknappen die Daten bei der Informationsund Wissensproduktion nicht, sondern führen zu neuen Daten, Informationen, Erkenntnissen und Dienstleistungen. Sie haben damit ein dauerhaftes Potenzial für die Schaffung von Mehrwert.

Die öffentliche Verwaltung produziert, verarbeitet und sammelt zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben Daten in hoher Qualität. Die Publikation und Bereitstellung von Behördendaten birgt ein grosses Potenzial, das bis dato in der Schweiz nur teilweise ausgeschöpft worden ist. Ziel ist es, Behördendaten so zu publizieren, dass die Öffentlichkeit sie einfach auffinden und wiederverwenden kann.

Behördendaten können als offen bezeichnet werden, wenn: ­

sie offen zugänglich sind und

­

ihre Nutzung nicht aus datenschutz-, urheber- oder informationsschutzrechtlichen Gründen eingeschränkt ist und Dritte sie frei wiederverwenden können (Open Government Data, OGD).

Offene Behördendaten eröffnen vielfältige Möglichkeiten: Bürgerinnen und Bürger können die Handlungen von Regierung und Verwaltung auf Basis von Daten besser verstehen und nachvollziehen. Verwaltungen können bei der Produktion und Nutzung von Daten neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit nutzen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Forschende können die bereits vorhandenen Daten nutzen, um neue Forschungsergebnisse zu erzielen. Konsumentinnen und Konsumenten können datengestützt bessere Entscheidungen bei der Auswahl von Produkten und Dienstleistungen treffen. Unternehmen können neue Produkte und Dienstleistungen konzipieren und tragen damit entscheidend zur Innovationsleistung eines Landes bei.

Einer sekundären Nutzung der Daten stehen heute technische, organisatorische und rechtliche Barrieren im Weg. Manche Daten sind nur schlecht zu finden, ungenügend beschrieben oder werden in Formaten oder mit Nutzungsbedingungen angeboten, die für die weitere Verwendung untauglich sind. Im Interesse einer wertsteigernden Wiederverwendung der Daten sind diese Barrieren und Einschränkungen zu beseitigen.

Die Thematik ist international in starker Entwicklung begriffen: In den letzten Jahren haben Länder wie die USA, Grossbritannien, Deutschland, Österreich und Frankreich sowie die Europäische Union entsprechende Massnahmen getroffen, um dieses Potenzial zu nutzen. Auch in der Schweiz ist OGD ein Thema. Der Bundesrat anerkennt das noch unvollständig ausgeschöpfte wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Potenzial, das die personenunabhängigen und sicherheitsmässig unbedenklichen Behördendaten bergen. Er will die Voraussetzungen zur Ausschöp-

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fung dieses Potenzials schaffen. In Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden sowie weiteren Institutionen des öffentlichen Sektors will er zur Entstehung einer offenen und prosperierenden nationalen Datenwirtschaft und -kultur beitragen.

Der vorliegende Bericht stellt zunächst klar, was unter «Open Government Data» (OGD) zu verstehen ist. Anschliessend werden die Vision des Bundesrates zu dieser Thematik und die davon abgeleiteten einzelnen Zielsetzungen formuliert. Die Strategie wird in ihre Rahmenbedingungen, namentlich in andere Strategien des Bundesrates, eingebettet. Schliesslich werden für die konkrete Umsetzung der Strategie Grundsätze und konkrete Massnahmen definiert.

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Bericht 1

Zweck des Dokuments

Der Bundesrat will den Zugang zu Behördendaten ausbauen und setzt sich dafür ein, dass das Potenzial von «Open Government Data» (OGD) in der Schweiz realisiert wird.

Die OGD-Strategie Schweiz 2014­2018 schafft ein gemeinsames Verständnis des Nutzens von OGD, hält die Ziele, welche mit der Bereitstellung von OGD erreicht werden sollen, fest und bestimmt die Ausrichtung der Tätigkeiten der Bundesverwaltung im Bereich OGD bis 2018.

Die OGD-Strategie Schweiz ist für die Bundesverwaltung verbindlich, soweit diese dem Weisungsrecht des Bundesrates untersteht. Sie wird in den zuständigen Departementen und Bundesstellen umgesetzt. Für die weiteren Bundesstellen gilt die Strategie als Empfehlung. Im Interesse einer über die föderalen Ebenen hinweg koordinierten Umsetzung von OGD strebt der Bund auf Basis dieser Strategie eine Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden an. Eine Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen des öffentlichen Sektors wird geprüft.

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Was ist «Open Government Data»?

«Open Government Data» (OGD) verbindet das Konzept «Open Government» als Leitbild staatlichen Handelns mit den Konzepten «Open Data» und «Government Data». Letztere stellen bestimmte Merkmale der Datenbereitstellung in den Vordergrund.

Tabelle 1 Konzeptionelle Grundlagen Begriff

Beschreibung

Open Government

ist ein Synonym für verschiedene staatspolitische Visionen und Konzepte, die auf mehr Transparenz, Partizipation und Kooperation abzielen.

(offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln) Government Data (Behördendaten1)

definiert Daten und Informationen in Bezug auf Behörden als Produzenten und Eigner.

Merkmale: Im Rahmen eines staatlichen Auftrags erstellte und aufbereitete Daten.

1

Unter dem Begriff «Daten» werden eine Sammlung von Zeichen resp. Werten verstanden, die z. B. durch Beobachtungen, Messungen und Erhebungen entstanden sind. Daten beschreiben einen Informationsgehalt in einer Form, die zur Weiterverarbeitung zweckdienlich ist. Strukturierte Daten sind systematisch erfasst und in Dateien oder Datenbanken hinterlegt. Daten können in digitaler oder analoger Form vorliegen. Für wichtige Datenkategorien vgl. z. B. die statistischen Themen gemäss Bundesamt für Statistik (www.bfs.admin.ch).

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Begriff

Beschreibung

Open Data

definiert Offenheit in Bezug auf Daten und Inhalte.

(Offene Daten)

Merkmale: Freie Verwendung, Weiterverwendung und Verbreitung von Daten.

Was sind Behördendaten des Bundes?

Behördendaten sind Daten, die von Behörden aller Staatsgewalten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags erhoben, erstellt, verwaltet, verarbeitet und gespeichert werden. Im Vordergrund stehen zum Beispiel Daten aus den Bereichen Wetter, Geoinformation, Statistiken, Verkehr, Kriminalität, Umwelt und Energie-System der Schweiz.

Wann sind Behördendaten offen?

Open Government Data (OGD) ist ein Konzept, das auf die Zugänglichkeit und Wiederverwendung von Daten zielt, die im Rahmen der Verwaltungstätigkeit produziert werden2.

Bei Behördendaten kann es sich um Daten aus der allgemeinen Verwaltungstätigkeit handeln oder um Daten, die nur auf eine spezifische Anfrage einer einzelnen Person oder eines einzelnen Unternehmens hin erarbeitet oder bereitgestellt wurden. Nur im ersten Fall sollen die Daten als OGD veröffentlicht werden3. Im zweiten Fall soll auch künftig die staatliche Leistung vom Nachfrager entschädigt werden.

Eine Bereitstellung von Daten als OGD ist nur dann zulässig, wenn sie nicht gegen geltendes Recht (insbesondere Datenschutz-, Urheberrechts- und Informationsschutzbestimmungen) verstösst4.

Verhältnis zum Öffentlichkeitsgesetz Zu beachten ist, dass die Zielsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 20045 (BGÖ) zwar teilweise jener von OGD entspricht, dass es aber wesentliche Unterschiede gibt: Erstens vermittelt das BGÖ primär das Recht, auf Gesuch hin Zugang zu Dokumenten der Verwaltung zu erhalten, während OGD auf ein Selbstbedienungssystem abzielt. Zweitens geht es bei OGD zwar auch, aber nicht nur um die Transparenz der Staatsorgane. Ebenso wichtig ist die erhoffte Wertschöpfung aufgrund einer wirtschaftlichen Nutzung von Daten.

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Siehe dazu den Bericht des Bundesrates vom 13. Sept. 2013 in Erfüllung des Postulats Wasserfallen 11.3884 «Open Government Data als strategischer Schwerpunkt im E-Government» vom 29. Sept. 2011: www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/ 33498.pdf.

Bei der Frage nach der Veröffentlichung der Daten orientiert sich die vorliegende OGDStrategie an international etablierten Prinzipien: http://sunlightfoundation.com/policy/documents/ten-open-data-principles/(Stand 4.3.2014).

Offene Behördendaten in diesem Sinne werden seit September 2013 auf dem OGD-PilotPortal www.opendata.admin.ch bereitgestellt. Als Orientierung sind die Datensammlungen in verschiedenen internationalen OGD-Portalen ersichtlich. Beispiele auf nationaler Ebene sind data.gv.at (Österreich) und data.gov.uk (England) oder auf kommunaler Ebene daten.berlin.de (Berlin) und data.stadt-zuerich (Stadt Zürich).

SR 152.3

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Verhältnis zum allgemeinen Informationsauftrag des Bundesrates und der Verwaltung Die allgemeine Aufgabe des Bundesrates und der Verwaltung, die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit zu informieren6, betrifft einen Teilbereich von OGD. Im Gegensatz zum BGÖ ist hier eine aktive Information der Öffentlichkeit vorgesehen. OGD hat aber insofern einen weiteren Fokus, als nicht nur Informationen über die Tätigkeit der Behörden erfasst werden, sondern auch Daten, die das Hauptprodukt bestimmter behördlicher Aufgaben sind.

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Vision

Die öffentliche Verwaltung in der Schweiz verfügt über wertvolle Daten von hoher Qualität. Der Bundesrat will möglichst viele dieser Daten im Sinne von OGD offen zugänglich und frei wiederverwendbar machen, denn: OGD ermöglicht Innovation und wirtschaftliches Wachstum Daten aus Anwendungsgebieten wie z. B. Energie, Umwelt, Verkehr, Gesundheit und weiteren Verwaltungsbereichen erlauben es innovativen Unternehmen, neue Informationsdienstleistungen zu entwickeln und dadurch die Lebensqualität in unserer Gesellschaft zu verbessern. Offene Behördendaten ermöglichen zudem neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entwicklung unseres Landes.

OGD fördert Transparenz und Partizipation Bürgerinnen und Bürger, Parteien und Medien erhalten dank OGD einen transparenteren Einblick in die Tätigkeit von Regierung und Verwaltung und können dadurch ihre politische Rolle und ihre gesellschaftliche Verantwortung kompetenter wahrnehmen.

OGD erhöht die Effizienz der Verwaltung Behörden können ihre eigenen Daten über politische und organisatorische Grenzen hinweg besser nutzen und die Datenqualität dank den Rückmeldungen der Nutzerinnen und Nutzer schrittweise verbessern.

Der Bundesrat will durch OGD die Entwicklung einer Informationsgesellschaft in unserem Land fördern und die führende Stellung der Schweiz in der globalen Informationswirtschaft stärken.

Mit der Umsetzung der OGD-Strategie Schweiz soll die systematische Freigabe und Bereitstellung von Behördendaten als OGD in den normalen Ablauf der Verwaltungstätigkeiten schrittweise integriert werden.

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Vgl. insb. Art. 180 Abs. 2 der Bundesverfassung (SR 101) und Art. 10 des Regierungsund Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG, SR 172.010).

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Zielsetzungen

Um die beschriebene Vision zu verwirklichen, will der Bundesrat die folgenden Ziele erreichen: Freigabe der Behördendaten Der Bund stellt der Öffentlichkeit seine für OGD geeigneten Daten in maschinenlesbaren und offenen Formaten zur freien Wiederverwendung zur Verfügung. Die rechtlichen, organisatorischen, finanziellen und technischen Rahmenbedingungen der Datenproduktion in den einzelnen Verwaltungseinheiten sind an die Erfordernisse von OGD angepasst und erlauben, wo dies sinnvoll ist, die öffentliche Bereitstellung der Daten ohne speziellen Zusatzaufwand («open data by default»).

Koordinierte Publikation und Bereitstellung der Behördendaten Der Bund macht mit Hilfe einer zentralen Infrastruktur seine Datenbestände für die Öffentlichkeit leicht auffindbar (Publikation der Metadaten auf einem OGD-Portal) und stellt die Daten für die freie Nutzung bereit. Die zuständigen Verwaltungseinheiten (Datenproduzenten) publizieren zu diesem Zweck allgemeinverständliche inhaltliche Beschreibungen ihrer Datenbestände auf dem OGD-Portal und bieten standardisierte technische Zugriffsfunktionen für die offenen Daten an.

Etablierung einer Open-Data-Kultur Der Bund unterstützt die Verwendung der Daten durch freie, einheitliche und verständliche Nutzungsbedingungen und durch Zusatzinformationen zu den einzelnen Datensätzen, die das inhaltliche und technische Verständnis der Daten erleichtern, sowie durch weitere kommunikative Massnahmen. Zu diesem Zweck pflegt der Bund mit der Öffentlichkeit einen kontinuierlichen Dialog mit dem Ziel, die Nutzung der offenen Daten zu verbreitern und so zur Etablierung einer partizipativen und innovativen Open-Data-Kultur beizutragen.

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Rahmenbedingungen

5.1

Bezug zu bestehenden Strategien

Die OGD-Strategie Schweiz dient der Erreichung von übergeordneten Zielen, die in der Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz7 formuliert sind. Sie ist zudem im Kontext der E-Government-Strategie Schweiz zu verorten.

7

Bundesrat (2012): Strategie des Bunderates für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz. Bern, März 2012: www.bakom.admin.ch > Themen > Informationsgesellschaft > Strategie des Bundesrates

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5.1.1

Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz

Mit der Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz will der Bundesrat die Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für Wirtschaft und Gesellschaft nutzen. Er priorisiert verschiedene Handlungsfelder, um das Innovationspotenzial der IKT für die Schweiz zu erschliessen.8 Das Ziel, den Zugang zu Behördendaten und -informationen zu erleichtern, ist strategisch dem Handlungsfeld «E-Demokratie und E-Government» zuzuordnen9 und steht für OGD im Vordergrund.

Der Zugang zu Daten, die von der Verwaltung erstellt oder aufbereitet werden, dient unter anderem der konsequenten Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips. Sofern keine rechtlichen Bestimmungen einer Veröffentlichung entgegenstehen, kann der Zugang zu Behördendaten die Transparenz der Tätigkeiten der Bundesverwaltung erhöhen. Über die Weiterverwendung kann zudem ein wirtschaftlicher Mehrwert erreicht werden.

Zu dieser Zielsetzung hat der Bundesrat unter anderem die folgenden Handlungsschwerpunkte definiert: ­

Erleichterung eines nutzerfreundlichen und bedürfnisorientierten Zugangs zu amtlichen Daten und Dokumenten der Bundesverwaltung

­

Abklärungen zum Datenangebot, zur Datensicherheit und zu erforderlichen Rechtsgrundlagen.10

5.1.2

E-Government-Strategie Schweiz

OGD weist auch einen Bezug zu E-Government auf, weil der Zugriff auf Daten anderer Verwaltungsstellen bzw. deren Weitergabe eine Voraussetzung für den vollständig elektronischen Geschäftsverkehr ist. Die OGD-Strategie Schweiz wurde im Rahmen eines Vorhabens der E-Government-Strategie Schweiz ausgearbeitet.

Die Ziele und Umsetzungsprinzipien im Bereich E-Government sind in einer vom Bund und den Kantonen gemeinsam getragenen Strategie definiert. E-Government hat zum Ziel, das elektronische Dienstleistungsangebot der Behörden aller föderalen Ebenen auszubauen. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf dem elektronischen Geschäftsverkehr mit der Wirtschaft, der Bevölkerung und zwischen den Behörden11.

Die Zusammenarbeit wird im E-Government sowohl zwischen Verwaltungsstellen als auch zwischen den föderalen Ebenen als strategisch wichtig erachtet. Synergien 8

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10 11

Es sind dies: 1) Infrastruktur , 2) Sicherheit und Vertrauen, 3) Wirtschaft, 4) E-Demokratie und E-Government, 5) Bildung, Forschung und Innovation, 6) Kultur, 7) Gesundheit und Gesundheitswesen, 8) Energie- und Ressourceneffizienz.

OGD weist allerdings auch Bezüge zu weiteren Handlungsfeldern auf, da Daten oder deren Sicherheit in verschiedenen Verwaltungsbereichen eine hohe Relevanz haben (z. B. Forschung, Gesundheitswesen).

Strategie des Bunderates für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz. Bern, März 2012, S. 11.

Bundesrat (2007): E-Government-Strategie Schweiz. Vom Bundesrat verabschiedet am 24. Januar 2007. Bern, S. 6 (www.egovernment.ch > E-Government Schweiz > Grundlagen)

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sollen genutzt werden, um Effizienzgewinne zu erzielen. Das Prinzip «einmal entwickeln ­ mehrfach anwenden» gilt nicht nur für IKT-Systeme und -Anwendungen, sondern auch für Daten.

Zu dieser Zielsetzung im Bereich E-Government hat der Bundesrat die folgenden für OGD relevanten Handlungsschwerpunkte definiert: ­

Weiterentwicklung und Umsetzung der «E-Government-Strategie Schweiz».

­

Umstellung der verwaltungsinternen (und nach Möglichkeit der verwaltungsexternen) Prozesse des Bundes auf eine vollständig elektronische Basis.

Offene Standards und die Möglichkeit der Weitergabe erlauben es, Investitionen optimal zu auszuschöpfen. In diesem Kontext geht OGD über den Bereich E-Government hinaus, indem die Wiederverwendung bestehender Daten nicht an konkrete Geschäftsprozesse gekoppelt ist.

5.2

Einhaltung des Datenschutzes

Die OGD-Strategie Schweiz muss die Vorschriften über den Schutz der personenbezogenen Daten uneingeschränkt berücksichtigen. Datenschutzrechtliche Vorgaben müssen in der Planungs- und Entwicklungsphase von OGD-Projekten beachtet werden. Auch wenn bei OGD-Projekten typischerweise aggregierte und anonymisierte Daten für die Weiterverwendung bereitgestellt werden, muss den Datenschutzgrundsätzen Rechnung getragen werden. Dazu gehört, dass die Behörde die Folgen für den Datenschutz prüft, bevor sie Daten zur Weiterverwendung für die Öffentlichkeit bereitstellt.

Technische und organisatorische Massnahmen müssen sicherstellen, dass die Offenlegung personenbezogener Daten verhindert wird. Aggregierte und anonymisierte Datensätze müssen schliesslich eine Rückidentifizierung natürlicher oder juristischer Personen unmöglich machen.

5.3

Zusammenarbeit

5.3.1

Mit Kantonen und Gemeinden

Die Zusammenarbeit des Bundes mit den Kantonen und Gemeinden in der Freigabe und Bereitstellung der Behördendaten ist zentral für die Umsetzung von OGD in der Schweiz.

Die vorliegende Strategie dient als Grundlage für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Kantonen und Gemeinden im Bereich OGD. Die Kantone und Gemeinden sind eingeladen, diese Strategie in ihrem Bereich in Koordination mit dem Bund umzusetzen.

Benötigte Konzepte, Instrumente und die Expertise sollen gemeinsam und unter Einbezug der OGD-Anwender entwickelt und benutzt werden. In einem Kooperationsmodell werden der Rahmen und die Regeln der Zusammenarbeit gemeinsam festgelegt.

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5.3.2

Mit weiteren Institutionen des öffentlichen Sektors

Die Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von Daten mit weiteren Stellen und Organisationen ist erwünscht. In Anlehnung an die Richtlinie 2013/37/EU12 wird unter anderem geprüft, inwiefern der direkte Einbezug von öffentlichen Institutionen im Interesse einer wirtschaftlichen und nachhaltigen Nutzung ihrer Daten sinnvoll ist. Vereinbarungen über die Zusammenarbeit werden gemeinsam erarbeitet.

6

Umsetzung

6.1

Grundsätze

Die Umsetzung der OGD-Strategie Schweiz beruht auf den folgenden Grundsätzen: G1

OGD als Handlungsmaxime

Behördendaten werden im Rahmen eines öffentlichen Auftrags erstellt und bearbeitet. Die Öffentlichkeit hat grundsätzlich ein legitimes Interesse, den Kontext zu kennen, Zugang zu den Daten zu erhalten und sie weiterverwenden zu können. Die Veröffentlichung nach OGD soll daher als Handlungsprinzip für alle geeigneten Behördendaten gelten, sofern diese gemäss den bestehenden rechtlichen Grundlagen veröffentlicht werden können. Wo dies nicht der Fall ist, wird eine Anpassung der rechtlichen Grundlagen geprüft. Daten-, Urheberrechts- oder Informationsschutzbestimmungen dürfen dabei nicht verletzt werden und sollen grundsätzlich auch nicht geändert werden.

G2

Offene und wiederverwendbare Behördendaten

Die Publikation der Behördendaten soll es der Öffentlichkeit sowie der Verwaltung selbst erlauben, einen möglichst grossen Nutzen aus der Wiederverwendung der Daten zu ziehen: ­

Rechtlich: Die Nutzung der Daten erfolgt unter möglichst freien, einheitlichen und verständlichen Nutzungsbedingungen.

­

Finanziell: Grundsätzliche Gebührenbefreiung. Insbesondere soll die kommerzielle Weiterverwendung durch die Privatwirtschaft in Zukunft gebührenbefreit sein.

­

Technisch: Die Daten werden in maschinenlesbarer Form angeboten, verständlich und zweckmässig beschrieben und dauerhaft zur Verfügung gestellt. Es sollen möglichst offene Formate angewandt werden.

G3

Leicht zugängliche Behördendaten

Die Behördendaten sollen ohne unnötige Verzögerung publiziert und über ein zentrales Verzeichnis auffindbar und zugänglich gemacht werden. Oft liegt der Wert der publizierten Daten in der Nutzung über die Organisationsgrenzen hinweg. Dies erfordert den Aufbau und Betrieb einer entsprechenden technischen Infrastruktur und eine koordinierte Publikation der Daten mit folgenden Elementen:

12

Richtlinie 2013/37/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Änderung der Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors, ABl. L 175 vom 27.6.2013, S. 1

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­

eine zentrale Publikationsplattform (OGD-Portal mit Metadatenverzeichnis), die von den Behörden aller Ebenen und dezentralen Organisationen gemeinschaftlich genutzt wird, wobei die Verantwortung für die Bereitstellung der Daten bei den zuständigen Stellen verbleibt;

­

ein standardisiertes Vorgehen für die Publikation und Bereitstellung der Daten;

­

ein Metadatenformat, das die wesentlichen Aspekte eines Datensatzes beschreibt (Titel, Kurzbeschreibung, Autor etc.) und sich an internationalen Standards orientiert;

­

ein Dateninventar und eine nationale Datenfreigabeplanung.

G4

Kooperation mit den OGD-Anwenderinnen und -Anwendern als Voraussetzung

Die Nutzung von und der Umgang mit offen zugänglichen Behördendaten ist für die Behörden selbst wie auch für Firmen, Medien, Nichtregierungsorganisationen und Privatpersonen ungewohnt und stellt alle Beteiligten vor Herausforderungen. Für eine nachhaltige Nutzung der offenen Behördendaten ist eine enge Zusammenarbeit mit den Anwenderinnen und Anwendern notwendig. Damit das Potenzial realisiert und Risiken frühzeitig erkannt werden, sollen folgende Aspekte gefördert werden: ­

Etablierung einer Open-Data-Kultur in der Bundesverwaltung (Anreize durch Sensibilisierung und Hilfestellung für die Umsetzung)

­

Stärkung der Kompetenzen im Umgang mit Daten (z. B. Erhebung, Analyse, Verwaltung, Interpretation, Verknüpfung; sog. «Data Literacy»)

­

Zusammenarbeit mit der Open-Data-Community sowohl im nationalen als auch internationalen Kontext.

6.2

Massnahmen

Zur Erreichung der Zielsetzungen und basierend auf den Grundsätzen werden in Zusammenarbeit mit den betroffenen Verwaltungsstellen und den OGD-Anwenderinnen und -Anwendern die folgenden Massnahmen umgesetzt: Freigabe der Behördendaten M1

Überprüfung und Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Freigabe der Daten der Bundesverwaltung im Sinne von OGD werden gemeinsam mit den zuständigen Stellen geprüft und in einer Arbeitshilfe für die Verwaltung festgehalten. Entsprechende Grundlagen werden insbesondere zur Regelung der Haftung des Bundes und zur Sicherung der Urheberrechte erarbeitet. Wo nötig, werden entsprechende Anpassungen der Gesetzgebung ausgearbeitet.

M2

Datenfreigabeprozess

Die Veröffentlichung der Behördendaten als OGD erfolgt schrittweise. Zur Entwicklung des OGD-Angebots werden periodisch Vorschläge für die Freigabe ausgewähl-

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ter Datensätze zusammen mit den OGD-Anwenderinnen und -Anwendern und den betroffenen Verwaltungsstellen erarbeitet13. Die Dateninhaber führen eine Prüfung der finanziellen, rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen durch.

Dabei werden sie durch direkte Beratung oder mit entsprechenden Hilfsmitteln unterstützt. Falls die Prüfung zeigt, dass eine Freigabe unter den gegebenen Umständen nicht möglich ist, werden gemeinsam Lösungen gesucht. Es obliegt letztlich den Verwaltungsstellen, zu entscheiden, ob und wann ihre Datensätze publiziert werden. In einer ersten Etappe soll die Publikation grundsätzlich unproblematischer Datensätze14 bevorzugt werden.

M3

Datenfreigabeplanung

Aufgrund der Rückmeldungen der Verwaltungsstellen im Rahmen des Freigabeprozesses (siehe M2) wird eine Datenfreigabeplanung erarbeitet. Darin wird festgehalten, ob und bis zu welchem Zeitpunkt die Publikation und Bereitstellung eines bestimmten Datensatzes erfolgt.

M4

Inventarisierung der Datenbestände des Bundes

Ein zentrales Verzeichnis der für OGD geeigneten Datenbestände der Bundesverwaltung soll schrittweise aufgebaut und publiziert werden. Dieses Inventar ist eine Grundlage für die weitere Entwicklung und Planung des OGD-Angebotes.

M5

Überprüfung der Gebührenpolitik

Die Erhebung von Gebühren für die Nutzung von Behördendaten wird in Etappen abgebaut. Für die Gratisabgabe von OGD und die Grenzkostenverrechnung individueller Zusatzleistungen im Zusammenhang mit frei zugänglichen Daten werden die bestehenden Rechtsgrundlagen geprüft und wo erforderlich angepasst. Ein übergeordnetes Konzept zur Kompensation des Einnahmeausfalls wird erarbeitet. Die betroffenen Verwaltungseinheiten erstellen auf dieser Basis die entsprechenden Erlassentwürfe.

Zur Abgrenzung zwischen OGD und kundenspezifischen, individuellen Leistungen werden allgemeine Kriterien für die Bundesverwaltung erarbeitet. Darauf aufbauend klären die einzelnen Bundesstellen, welche ihrer Daten unter OGD fallen und somit gratis verfügbar sein sollen.

Koordinierte Publikation und Bereitstellung der Behördendaten M6

Aufbau des OGD-Portals

Ein OGD-Portal, das eine gemeinsame nutzerfreundliche Publikation der Daten des Bundes, der Kantone und Gemeinden sowie weiterer Institutionen des öffentlichen Sektors ermöglicht, muss aufgebaut und in einen dauerhaften Betrieb überführt werden. Das OGD-Portal des Bundes hat sich im Pilotbetrieb bereits bewährt. Ein nationales Portal soll daher sowohl hinsichtlich Funktionen als auch in Bezug auf 13

14

Beispielweise identifiziert der Verein Opendata.ch einen ersichtlichen Mehrwert in den folgenden Daten-Kategorien: Beschaffungsdaten, Unternehmensregister, Daten des öffentlichen und privaten Verkehrs, Daten zum Energie-System der Schweiz, Budgets und Rechnungen der Verwaltungseinheiten, Gesundheitsdaten (z. B. Qualitätsindikatoren wie Infektionsraten oder Operationserfolge, Kostenindikatoren usw.), Daten aus der Forschung, demografische Daten zur Migration, Kriminalitätsdaten.

Als unproblematische gelten Daten, deren Publikation eindeutig zulässig ist und keinen besonderen Zusatzaufwand erzeugt.

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das Datenangebot auf den Erfahrungen des Pilotportals aufbauen. Die Bereitstellung von Daten soll in geeigneten Fällen auch weiterhin in dazu bewährten Strukturen einzelner Fachbereiche ausserhalb des OGD-Portals erfolgen (z. B. Geodaten).

M7

Bereitstellung von Hilfsmitteln und Instrumenten für die Datenpublikation und -bereitstellung

Die Bundesstellen sollen bei der Publikation und Bereitstellung ihrer Daten als OGD unterstützt werden. Standardisierte Publikationshilfsmittel sowie Instrumente zur Qualitätsprüfung werden den Dateninhabern zur Verfügung gestellt.

M8

Auswahl und Definition der OGD-Standards

Ein standardisiertes Metadaten-Format sowie Datenformate und Zugriffsfunktionen für die Bereitstellung der OGD sind unter Einbezug der OGD-Produzenten und -Anwender zu definieren und umzusetzen.

M9

Erarbeitung einheitlicher Nutzungsbedingungen

Ein möglichst einheitliches Nutzungsmodell für die offenen Behördendaten der Bundesverwaltung wird erarbeitet (zu den allenfalls nötigen Anpassungen der Gesetzgebung siehe M1). Dieses Modell soll auch bei möglichst vielen Kantonen und Gemeinden zum Einsatz kommen.

M10

Erarbeitung eines OGD-Kooperationsmodells

Für die Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden wird ein OGDKooperationsmodell einschliesslich der Nutzung des OGD-Portals entwickelt und implementiert15. Eine Teilnahme von Institutionen aus dem öffentlichen Sektor wird unter Einbezug der OGD- Anwenderinnen und -Anwender geprüft.

Etablierung einer Open-Data-Kultur M11

Dialog mit den OGD-Anwendern

Ein regelmässiger Dialog mit den Anwenderinnen und Anwendern (Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft) wird gepflegt, um das Datenangebot zu optimieren, Standards und Hilfsmittel zu entwickeln und eine «best practice» zu etablieren.

M12

Bekanntmachung des Datenangebots in der Öffentlichkeit

Massnahmen werden getroffen, um die Öffentlichkeit auf das Datenangebot und dessen Zweck aufmerksam zu machen. Die Kompetenz im Umgang mit OGD einschliesslich der Nutzung der technischen Werkzeuge wird durch die zuständigen Stellen in geeigneter Form den interessierten OGD-Anwenderinnen und -Anwendern vermittelt. Dabei spielt die OGD-Community eine zentrale Rolle.

M13

Evaluation der Wirkung von OGD

Die Behörden evaluieren die Auswirkung von OGD auf die politische Meinungsbildung, die politische Partizipation, die wirtschaftliche Entwicklung und die administrativen Prozesse.

15

Ein gutes Beispiel dazu ist die «Cooperation OGD Österreich»: www.data.gv.at > Hintergrund-Infos

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6.3

Organisation

Zentrale Umsetzungsorganisation (Projekt «OGD Schweiz») Innerhalb des Projekts «OGD Schweiz»16 werden in Absprache mit den betroffenen Verwaltungsstellen die Initiativen im Bereich OGD (schweizweit) koordiniert und die Umsetzung der Unterstützungsmassnahmen sichergestellt und beobachtet.

Das Projekt dient auch als Plattform für den Dialog mit den OGD-Anwendern.

In der Projektorganisation sollen die föderalen Ebenen sowie die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft und die Wissenschaft vertreten sein.

Dezentrale Umsetzungsorganisation (einzelne Verwaltungsstellen) Die einzelnen Verwaltungsstellen sind für die Entscheidung und Planung der Publikation und für die Bereitstellung der OGD in ihren Organisationen zuständig. Dabei werden sie von der zentralen Projektorganisation unterstützt, insbesondere:

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­

bei der Inventarisierung (Klärung des Anwendungsbereichs),

­

beim Dialog mit den OGD-Anwendern,

­

bei der Publikation und Bereitstellung (OGD-Portal),

­

bei den Kommunikationsaktivitäten,

­

bei den Standardisierungsarbeiten,

­

bei der Erarbeitung von Kompensationslösungen und

­

bei der Prüfung (gegebenenfalls Anpassung) der Gesetzgebung.

Vgl. www.egovernment.ch > Umsetzung > Schwerpunkte > Open Government Data

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