14.016 Botschaft zur Genehmigung des Vertrags über den Waffenhandel vom 29. Januar 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Vertrags vom 2. April 2013 über den Waffenhandel.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Januar 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1297

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Übersicht Mit dieser Botschaft wird die Genehmigung des Vertrags über den Waffenhandel beantragt. Der Vertrag verfolgt das Ziel, internationale Standards für die Regelung und Kontrolle des internationalen Handels mit konventionellen Waffen zu schaffen und den illegalen Waffenhandel zu bekämpfen. Die Umsetzung des Vertrags macht keine Anpassung des schweizerischen Rechts nötig.

Ausgangslage Nach einem mehrjährigen Prozess im Rahmen der Vereinten Nationen (UNO) hat die UNO-Generalversammlung am 2. April 2013 den Vertrag über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT) verabschiedet. Dieser regelt erstmals völkerrechtlich verbindlich den internationalen Waffenhandel. Die im Vertrag enthaltenen internationalen Standards für die Regelung und Kontrolle des internationalen Handels mit konventionellen Waffen sowie die Massnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung des illegalen Waffenhandels sollen zur Sicherheit und Stabilität sowie zu Kooperation, Transparenz und Verantwortung der Staaten im Bereich des internationalen Waffenhandels beitragen. Ebenso soll das durch missbräuchlichen Waffengebrauch verursachte menschliche Leid vermindert werden.

Inhalt der Vorlage Der Vertrag über den Waffenhandel verpflichtet deshalb die Vertragsstaaten, nationale Kontrollsysteme zu schaffen und zu unterhalten und Waffentransfers insbesondere dann zu verhindern, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Waffen bei der Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verwendet würden. Waffenausfuhren sind des Weiteren anhand von festgelegten Bewilligungskriterien zu prüfen. Insbesondere sind Ausfuhrgesuche abzulehnen, wenn ein überwiegendes Risiko besteht, dass die auszuführenden Waffen zur Begehung von schweren Verstössen des humanitären Völkerrechts oder schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen verwendet würden. Zudem sind die Vertragsstaaten zur Durchführung von Massnahmen zur Verhinderung der Umleitung von Waffentransfers aufgefordert. Um eine möglichst wirkungsvolle Umsetzung des Vertrags zu gewährleisten, sind die Vertragsstaaten zur internationalen Zusammenarbeit und Unterstützung angehalten.

Der ATT ist im aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interesse der Schweiz. Deshalb setzte sie sich auch von Beginn weg für einen möglichst umfassenden und effektiven Vertrag ein. Die
Schweiz hat sich aktiv an den Verhandlungen beteiligt und konnte insbesondere im Zusammenhang mit dem humanitären Völkerrecht, dem Geltungsbereich und exportkontrolltechnischen Fragen konkret auf den Text Einfluss nehmen. Am 3. Juni 2013 unterzeichnete die Schweiz den ATT. Dabei sprach sie sich für eine stringente Umsetzung des Vertrags aus und wies auf die Vorzüge Genfs für das zu etablierende Vertragssekretariat hin. Die Umsetzung des

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ATT fällt unter die Kriegsmaterialgesetzgebung. Sie erfordert jedoch keine Anpassung dieser Rechtsgrundlage. Aufgrund der wichtigen rechtssetzenden Bestimmungen, welche der ATT enthält, untersteht dessen Genehmigung dem fakultativen Referendum.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

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Grundzüge des Vertrags 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Internationaler Handel mit konventionellen Waffen 1.1.2 Bestehende internationale Regelungen und Verpflichtungen 1.1.3 Schweizer Exportkontrollen von Kriegsmaterial 1.1.4 Sicherheits-, Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz 1.1.5 Friedens-, Menschenrechts- und humanitäre Politik der Schweiz 1.2 Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis 1.2.1 Initiative der Zivilgesellschaft 1.2.2 Vorbereitungsprozess im Rahmen der UNO 1.2.3 Verhandlungskonferenzen 1.2.4 Verhandlungsmandat und Rolle der Schweiz 1.2.5 Verabschiedung des Vertrags durch die UNO-Generalversammlung 1.2.6 Unterzeichnung, Ratifikation und Inkrafttreten des Vertrags 1.2.7 Vernehmlassungsverfahren 1.3 Überblick über den Inhalt des Vertrags und Verhältnis zur Schweizer Gesetzgebung 1.3.1 Ziel des Vertrags 1.3.2 Umsetzung des Vertrags in der Schweiz 1.3.3 Grundlegende Verpflichtungen des Vertrags 1.3.4 Verhinderung der Umleitung 1.3.5 Internationale Zusammenarbeit und Unterstützung 1.4 Würdigung 1.4.1 Beitrag zur internationalen, nationalen und menschlichen Sicherheit 1.4.2 Exportkontrollen, Rüstungsbeschaffung und Industriestandort in der Schweiz 1.4.3 Bedeutung für das Völkerrecht und neutralitätsrelevante Aspekte 1.4.4 Internationale Unterstützung und Zusammenarbeit 1.4.5 Universalisierung des Vertrags 1.4.6 Standort Genf

1547 1549 1550 1550 1551 1551 1552 1553 1554 1555 1555 1555 1556 1556 1556 1557 1560 1561 1561 1561 1562 1564 1564 1565 1565

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Vertrags

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3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen

1577 1577 1577 1577

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Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Auswirkungen auf die Aussenpolitik

1578 1578 1578

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

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Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Interpretative Erklärung 5.5 Datenschutz

1579 1579 1579 1579 1580 1580

3.2 3.3 3.4 4

5

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Vertrags über den Waffenhandel (Entwurf)

1581

Vertrag über den Waffenhandel

1583

1545

Botschaft 1

Grundzüge des Vertrags

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Internationaler Handel mit konventionellen Waffen

Die Beschaffung konventioneller Waffen ist für Staaten zur Gewährleistung der inneren und äusseren Sicherheit von zentraler Bedeutung. Da die wenigsten Staaten über ausreichende eigene verteidigungsrelevante industrielle Kapazitäten verfügen, werden die erforderlichen Waffen oftmals von anderen Staaten oder von ausländischen Unternehmen bezogen. Aus der Sicht der Exportländer führen Waffenexporte zu einer Stärkung der heimischen Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie. Waffenexportierende Staaten versuchen dabei in der Regel, die Waffenexporte gemäss ihren aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Zielen zu kontrollieren und zu steuern. Die Komplexität des grenzüberschreitenden Waffenhandels zeichnet sich folglich durch eine starke Einflussnahme der Politik sowie durch eine grosse Zahl staatlicher und privater Akteure aus. Ein Mangel an Transparenz und die Schwierigkeit zur Durchsetzung von Kontrollen sind ebenfalls Merkmale des internationalen Waffenhandels.

Der globale Umfang von Rüstungsexporten ist sehr schwierig zu ermitteln. Der Congressional Research Service (CRS) schätzt, dass 2011 Rüstungsexporte im Wert von etwa 85 Milliarden US-Dollar getätigt wurden.1 Das auf internationale Sicherheitsfragen spezialisierte Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) publiziert seit 2008 keine in Währungseinheiten gemessenen Werte mehr, sondern arbeitet nunmehr mit einheitlich berechneten Trend-Indikatoren.2 Die vom SIPRI in US-Dollar geschätzten Ausfuhren im Jahre 2007 entsprechen dem Doppelten der vom CRS berechneten Ausfuhren desselben Jahres, was die Schwierigkeiten bei der Berechnung der weltweiten Rüstungsausfuhren exemplarisch zum Ausdruck bringt.

Der Hauptgrund für diese Schwierigkeiten liegt in der inkohärenten und unvollständigen Informationslage seitens der ausführenden Staaten. Erschwerend kommt hinzu, dass sowohl die Rüstungsgüter als auch die entsprechenden Auslandgeschäfte unterschiedlich definiert werden.

Das SIPRI schätzt, dass das globale Volumen an Rüstungsexporten zwischen 2008 und 2012 um 17 % höher ist als zwischen 2003 und 2007. Die fünf wichtigsten Exportländer ­ die USA, Russland, Deutschland, Frankreich und China ­ decken dabei gemäss SIPRI zusammen ungefähr 75 % des globalen Volumens ab; die fünf wichtigsten Bestimmungsländer zwischen 2006 und 2010 waren
Indien, China, Pakistan, Südkorea und Singapur. Verteilt auf Regionen wurden zwischen 2008 und 2012 47 % des globalen Volumens nach Asien und Australien, 15 % nach Europa, 17 % in den Nahen Osten, 11 % nach Amerika und 9 % nach Afrika geliefert.3 Diese 1

2 3

Grimmet, Richard F./Kerr, Paul K. (2012): Conventional Arms Transfers to Developing Nations, 2004­2011. Summary. Washington D.C.: Congressional Research Service.

Kann abgerufen werden unter: www.fas.org/sgp/crs/weapons/R42678.pdf.

Stockholm International Peace Research Institute (2013): SIPRI Yearbook 2013: Armaments, Disarmament and International Security, 243­282.

Stockholm International Peace Research Institute (2013): SIPRI Yearbook 2013: Armaments, Disarmament and International Security, 243­282.

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Anteile dürften in etwa die Marktverhältnisse der nahen Zukunft reflektieren. Während der Trend zur Reduktion der Militärbudgets in vielen europäischen Ländern durch die Finanz- und Wirtschaftskrise verstärkt wird, ist in anderen Regionen, besonders im Mittleren und Nahen Osten und dem asiatischen Raum, ein zum Teil erheblicher Anstieg der Rüstungsausgaben zu beobachten.

1.1.2

Bestehende internationale Regelungen und Verpflichtungen

Durch den Vertrag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT) werden erstmals völkerrechtlich verbindliche Standards für die Regelung und Kontrolle des internationalen Handels mit konventionellen Waffen aufgestellt.

Damit im Zusammenhang stehende internationale Regelungen und Verpflichtungen, insbesondere im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung, bilden den normativen Kontext des ATT. Gewisse inhaltliche Überlappungen zwischen den bereits bestehenden internationalen Regelungen und Verpflichtungen sowie dem ATT sind dabei zu verzeichnen, wobei zwischen rechtlich und politisch verbindlichen Instrumenten zu unterscheiden ist.

In erster Linie verbieten die auf der Basis von Artikel 41 der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 19454 (UN-Charta) durch den UNO-Sicherheitsrat verabschiedeten Sanktionen Rüstungsausfuhren nach bestimmten Ländern. Als UNOMitglied setzt die Schweiz diese Sanktionen auf der Basis des Embargogesetzes vom 22. März 20025 (EmbG) um. Der ATT widerspiegelt diese Verpflichtung deklaratorisch in Artikel 6 Absatz 1. Gemäss dem Übereinkommen vom 18. September 19976 über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personenminen und über deren Vernichtung sowie dem Übereinkommen vom 30. Mai 20087 über Streumunition sind neben dem Einsatz, der Herstellung und der Lagerung auch der Handel mit Personenminen und Streumunition verboten.

Diese Verbote werden von Artikel 6 Absatz 2 ATT bezüglich den Transfer solcher Güterbestätigt.

Das Zusatzprotokoll vom 31. Mai 20018 gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Feuerwaffenprotokoll), welches auf dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 20009 gegen die grenzüberscheitende organisierte Kriminalität basiert, verpflichtet die Vertragsstaaten rechtsverbindlich, die illegale Herstellung von Feuerwaffen und den illegalen Handel mit Feuerwaffen zu bekämpfen. Dazu müssen Feuerwaffen individuell markiert und registriert sowie zuverlässige Exportkontrollen gewährleistet und Informationen international ausgetauscht werden. Obwohl limitiert auf Feuerwaffen, beinhaltet das Feuerwaffenprotokoll Bestimmungen, die sich mit dem ATT überschneiden. Um die Einhaltung der jeweiligen Verpflichtungen sowie die Förderung 4 5 6 7 8 9

SR 0.120 SR 946.231 SR 0.515.092 SR 0.515.093 SR 0.311.544 SR 0.311.54

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der Ziele der Vertragswerke sicherzustellen, wird die Schweiz bei abweichenden oder gegensätzlichen Bestimmungen der beiden Vertragswerke jeweils die strengere Bestimmung anwenden.

Neben diesen völkerrechtlichen Regelungen hat sich die Schweiz politisch zur Umsetzung mehrerer internationaler Instrumente mit Bezug zum Waffenhandel verpflichtet. Die Vereinbarung von Wassenaar10 bezweckt die Verhinderung einer destabilisierenden Anhäufung von konventionellen Rüstungsgütern und von Industriegütern, die zu deren Herstellung dienen können (sog. Dual-Use-Güter), um zur Förderung der regionalen und internationalen Sicherheit und Stabilität beizutragen.

Die Teilnehmerstaaten einigen sich auf Standards in der Exportkontrolle und auf die zu kontrollierenden Güter. Die daraus resultierenden Verpflichtungen sind um einiges umfangreicher und detaillierter als diejenigen des ATT und dienen somit dessen Umsetzung.

Anders als die Vereinbarung von Wassenaar beschränkt sich das Kleinwaffenaktionsprogramm der Vereinten Nationen11 auf den Umgang mit Kleinwaffen und leichten Waffen. Dabei ist die Kontrolle des Handels mit Kleinwaffen nur ein Aspekt des Aktionsprogramms, welches die umfassende Bekämpfung des illegalen Waffenhandels zum Ziel hat. Die Bestimmungen des Kleinwaffenaktionsprogramms können als Hilfe zur Interpretation des ATT dienen. Zum ATT in Gegensatz stehende Bestimmungen sind wenige zu verzeichnen, wobei der ATT als rechtlich verbindliches Instrument vorgehen würde.

Das internationale Instrument zur raschen und verlässlichen Identifizierung und Rückverfolgung illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen12 regelt die im Zusammenhang mit der Bekämpfung des illegalen Waffenhandels wichtige Markierung und Buchführung, was die Regelungen des ATT bezüglich Kleinwaffen und leichten Waffen komplementiert. Das UNO-Waffenregister13 sieht einen Informationsaustausch über den Export und Import von konventionellen Hauptwaffensystemen sowie einen freiwilligen Informationsaustausch über Kleinwaffen und leichte Waffen vor. Des Weiteren wurden im Jahr 1991 Richtlinien betreffend den internationalen Waffenhandel sowohl von den ständigen Mitgliedstaaten des UNO-Sicherheitsrats14 als auch von der UNO-Abrüstungskommission15 verabschiedet; diese

10

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12

13 14

15

The Wassenaar Arrangement on Export Controls for Conventional Arms and Dual-Use Goods and Technologies, Final Declaration vom 19. Dezember 1995. Kann abgerufen werden unter: www.wassenaar.org/publicdocuments/declaration.html.

Programme of Action to Prevent, Combat and Eradicate the Illicit Trade in Small Arms and Light Weapons in All Its Aspects (UN PoA), UN doc. A/CONF.192/15 of 9­20 July 2001. Kann abgerufen werden unter: www.poa-iss.org/poa/poahtml.aspx.

International Instrument to Enable States to Identify and Trace, in a Timely and Reliable Manner, Illicit Small Arms and Light Weapons (ITI), United Nations General Assembly, 2005, UN doc. A/60/88. Kann abgerufen werden unter: www.poaiss.org/InternationalTracing/ITI_English.pdf.

Das UNO-Waffenregister vom 6. Dezember 1991, UN doc. A/RES/46/36. Kann abgerufen werden unter: www.un.org/depts/ddar/Register/4636.html.

The Guidelines for conventional arms transfers agreed by the five permanent members of the UN Security Council, London, 18. Oktober 1991. Kann abgerufen werden unter: www.un.org/disarmament/convarms/ATTPrepCom/Background%20documents/1991%20 CD1113%20-%20P5%20guidelines%20-%20E.pdf.

United Nations Disarmament Commission Guidelines for international arms transfers in the context of General Assembly resolution 46/36H of 6 December 1991; Disarmament Commission document A/CN.10/1996/CRP.3, 3 May 1996. Kann abgerufen werden unter www.un.org/disarmament/convarms/Register/HTML/Register_Resources.shtml.

1548

haben nach wie vor ihre Gültigkeit, auch wenn die Bestimmungen des ATT für die Vertragsstaaten Vorrang haben.

1.1.3

Schweizer Exportkontrollen von Kriegsmaterial

Exportkontrollen bezwecken, die unerwünschte Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und konventionellen Waffen zu verhindern. Die Schweiz kontrolliert den Export sowohl von Rüstungsgütern als auch von doppelt verwendbaren Gütern (sog. Dual-Use-Güter), die einerseits einen zivilen Verwendungszweck haben, andererseits aber auch zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen oder konventionellen Rüstungsgütern eingesetzt werden können. Exportkontrollen sind insbesondere dann wirkungsvoll, wenn sie von den wichtigen Lieferländern möglichst einheitlich angewendet werden. Die Schweiz ist Mitglied aller vier internationalen Exportkontrollregimes, nämlich der Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG), der Australien-Gruppe (AG), des Raketentechnologie-Kontrollregimes (MTCR) und der Vereinbarung von Wassenaar (WA).

Die schweizerische Exportkontrolle bezüglich Kriegsmaterial basiert auf dem Kriegsmaterialgesetz vom 13. Dezember 199616 (KMG). Die zuständigen Behörden prüfen jedes Ausfuhrgesuch einzeln und genehmigen eine Ausfuhr, wenn dies dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik nicht widerspricht (Art. 22 KMG). Dabei ist eine an die Bedürfnisse der schweizerischen Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität aufrecht zu erhalten (Art. 1 KMG). Artikel 5 der Kriegsmaterialverordnung vom 25. Februar 199817 (KMV) konkretisiert Artikel 22 KMG und führt die Bewilligungskriterien auf, die bei der Prüfung von Auslandgeschäften zur Anwendung kommen.

Von 2008 bis 2012 erreichten die Kriegsmaterialausfuhren einen Durchschnittswert von ungefähr 730 Millionen Franken (2012: 700,4 Mio. Fr.). Dies entspricht einem durchschnittlichen Anteil von etwa 0,3 % der gesamten Warenausfuhren aus der Schweiz (2012: 0,33 %). Die Hauptabnehmer schweizerischen Kriegsmaterials sind traditionell westeuropäische Staaten. Die Bewilligungspraxis für Ausfuhren in solche Länder ist liberal, da diese Länder die Standards der internationalen Exportkontrollregime einhalten und Ausfuhren in diese Länder grundsätzlich die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen. Aufgeteilt nach Kontinenten machten die Exporte nach Europa durchschnittlich um die 63 % aller Kriegsmaterialausfuhren aus, nach Amerika 7 %, nach Asien 29 %, nach Afrika 0,2 % und nach Australien 0,8 %.

Längerfristig kann
aber festgestellt werden, dass aufgrund der zurückgehenden Aufträge vonseiten der europäischen Staaten aufstrebende Märkte wie zum Beispiel die Golfregion oder der asiatische Raum zunehmend an Bedeutung gewinnen.

16 17

SR 514.51 SR 514.511

1549

1.1.4

Sicherheits-, Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz

Die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz beruht sowohl auf sicherheits- als auch auf aussenpolitischen Überlegungen. Sie dient der Wahrug der Unabhängigkeit und der Sicherheit des Landes, zu der die Eidgenossenschaft durch Artikel 2 Absatz 1 der Bundesverfassung18 (BV) verpflichtet ist. Sie orientiert sich an den aussenpolitischen Zielen von Artikel 54 Absatz 2 BV. Daraus leitet sich eine aktive, pragmatische und realistische Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik nach dem Grundsatz der unverminderten Sicherheit auf möglichst tiefem Rüstungsniveau ab.

Um volle Wirksamkeit zu erreichen, müssen Rüstungskontrollregime nichtdiskriminierend und verifizierbar sein. Völkerrechtlich verbindliche Instrumente sind den rein politischen vorzuziehen. Zudem haben universelle Übereinkommen, die allen Staaten offen stehen, Vorrang vor Absprachen zwischen einzelnen Staatengruppen.

Von diesem Grundsatz rückt die Schweiz im Zusammenhang mit der Teilnahme an Exportkontrollregimen ab. Aufgrund des technologischen Gefälles und angesichts der besonderen Anforderungen solcher Regime an einzelne Staaten sind die multilateralen Exportkontrollregime in Bezug auf ihre Mitgliedschaft nicht universell.

Im Bereich der konventionellen Waffen setzt sich die Schweiz weiterhin für Transparenz und vertrauensbildende Massnahmen ein. Die Politik der Schweiz verfolgt gegenwärtig zwei Stossrichtungen. Sie engagiert sich einerseits für eine bessere Kontrolle des unerlaubten Waffenhandels und andererseits gegen die Verbreitung von Kleinwaffen und leichten Waffen in Spannungsgebieten. Die Schweiz macht sich zudem für eine stärkere rechtliche Regelung des Einsatzes oder für ein Verbot von Waffen stark, die übermässiges Leid verursachen oder unterschiedslos wirken, wie dies beispielsweise bei Streumunition oder Personenminen der Fall ist.

1.1.5

Friedens-, Menschenrechts- und humanitäre Politik der Schweiz

Die Achtung des humanitären Völkerrechts und die Förderung der Menschenrechte sind zentrale Aspekte der Schweizer Aussenpolitik; sie stützen sich auf Artikel 54 Absatz 2 BV. Bei der humanitären Politik geht es um den Schutz von Leben und um die Rechte und die Würde von Einzelpersonen vor, während und nach bewaffneten Konflikten und Krisensituationen. Das humanitäre Engagement der Schweiz ist international anerkannt und innenpolitisch gut verankert. Die Schweiz setzt sich über ihre humanitäre Politik in internationalen Foren, beispielsweise in der UNO, für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen der humanitären Hilfe ein. Ausserdem trägt sie zur internationalen Politikentwicklung bei. Als Depositar und Vertragsstaat der Genfer Abkommen von 194919 sowie der drei Zusatzprotokolle von 197720 und 200521 propagiert die Schweiz das humanitäre Völkerrecht und setzt sich für dessen weltweite Anwendung ein. Der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Kon-

18 19 20 21

SR 101 SR 0.518.12; 0.518.23; 0.518.42; 0.518.51 SR 0.518.521; 0.518.522 SR 0.518.523

1550

flikten ist ein zentraler Teil des humanitären Völkerrechts. Die Schweiz leistet ferner humanitäre Hilfe und schützt damit das Leben und die Würde von Menschen.

Ausserdem ist die Schweiz Vertragsstaat der grundlegendsten internationalen Menschenrechtsverträge und ­instrumente: Die in ihnen verankerten Menschenrechte sind der Ausdruck universell anerkannter Grundwerte. Sie zählen zu den zentralen Werten der Schweizer Politik und Rechtsordnung. Sie sind in der Bundesverfassung verankert, als unverzichtbare Werte, welche die Schweiz in ihrer Innen- und Aussenpolitik schützen und fördern muss. Dieser Wertekanon, der im ausführlichen Grundrechtskatalog der Bundesverfassung (Art. 7­36 BV) seinen Ausdruck findet, wird als unverzichtbare Grundlage für die Schaffung menschlicher Sicherheit, Linderung von Not und Armut in der Welt, zur Förderung der Demokratie, eines dauerhaften Friedens, internationaler Stabilität sowie nachhaltiger Entwicklung betrachtet. Die Schweiz konzentriert sich auf folgende Themen, bei denen sie aufgrund ihrer Erfahrungen und Verpflichtungen einen besonderen Beitrag leisten kann: auf die weltweite Verteidigung und Förderung der elementaren Menschenrechte, auf den Schutz besonders verletzlicher Gruppen sowie auf die systematische Berücksichtigung der Menschenrechte bei allen aussenpolitischen Aktivitäten und auf die Nutzung der Globalisierung für die Förderung der Menschenrechte.

Die Schweiz verfügt dabei über vielfältige Instrumente, um die Menschenrechte zu stärken und Menschenrechtsverletzungen entgegenzutreten. Auf bilateraler Ebene setzt sie sich mittels Demarchen und Menschenrechtsdialogen in verschiedenen Ländern für die Respektierung der Menschenrechte ein. Auf multilateraler Ebene koordiniert sie ihr Engagement mit anderen Staaten, vorab im Rahmen internationaler Organisationen, zum Beispiel im UNO-Menschenrechtsrat, in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa oder im Europarat.

1.2

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

1.2.1

Initiative der Zivilgesellschaft

In den 1920er-Jahren wurde im Rahmen des Völkerbunds erstmals versucht, den grenzüberschreitenden Waffenhandel international zu regeln. Die Bemühungen konnten jedoch nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Auch Artikel 26 der UN-Charta, der den UNO-Sicherheitsrat zu einer Ausarbeitung von Plänen eines Systems der Rüstungsregelung anwies, hat nie zu einer globalen Regelung des internationalen Waffenhandels geführt. Zu Zeiten des kalten Krieges einigten sich Staaten ausschliesslich im regionalen Kontext auf gemeinsame Regeln betreffend die Kontrolle von rüstungsrelevanten Gütern, insbesondere um deren Verbreitung und Weitergabe an verfeindete Staaten zu verhindern.

Nach dem Fall der Berliner Mauer verabschiedeten die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats sowie die UNO-Generalversammlung rechtlich unverbindliche Richtlinien zum internationalen Waffenhandel. Vertreter der Zivilgesellschaft nahmen sich in den darauffolgenden Jahren der Idee eines globalen ATT an und verabschiedeten 1997 unter der Leitung des ehemaligen Präsidenten Costa Ricas, Óscar

1551

Arias, den Verhaltenskodex der Nobelpreisträger bezüglich Waffentransfers.22 Daraus resultierte im Jahr 2001 ein Entwurf eines Rahmenabkommens, der interessierten Staaten unterbreitet wurde. Im Jahr 2004 sprach sich die britische Regierung für einen ATT aus, was die Unterstützung von mehreren europäischen, lateinamerikanischen und afrikanischen Staaten bewirkte. Sieben Staaten ­ Argentinien, Australien, Costa Rica, Finnland, Grossbritannien, Japan und Kenia ­ brachten sodann 2006 eine Resolution in der UNO ein, mit der die Arbeiten für den späteren ATT lanciert wurden.

1.2.2

Vorbereitungsprozess im Rahmen der UNO

Die erste Resolution der UNO-Generalversammlung vom 18. Dezember 200623 zum ATT beauftragte eine internationale Expertengruppe, den Inhalt, die Machbarkeit, den Geltungsbereich und die möglichen Parameter eines rechtlich verbindlichen ATT zu prüfen. Zu diesem Zweck traten Staatenvertreter aus 28 UNO-Mitgliedstaaten, darunter die Schweiz, im Jahr 2008 drei Mal in New York zusammen. Im Vordergrund standen dabei Diskussionen zur politischen Machbarkeit eines rechtlich verbindlichen Vertrags. Zudem drängte sich die grundsätzliche Frage auf, ob eine breite Akzeptanz des allfälligen Vertrags nur bei einem ambitionslosen Inhalt zu erlangen sei. Diese Fragestellung war insbesondere von Bedeutung, da die zwei wichtigsten Exportstaaten von Rüstungsgütern, die USA und Russland, einem ATT kritisch gegenüberstanden.

Die Bemühungen der Expertengruppe, die in einen Bericht des UNO-Generalsekretärs an die UNO-Generalversammlung24 mündeten, wurden 2009 auf der Basis einer weiteren Resolution der UNO-Generalversammlung im Rahmen einer offenen Arbeitsgruppe weitergeführt.25 Die Arbeitsgruppe, die allen UNO-Mitgliedstaaten offenstand, war mit der Erarbeitung von konsensfähigen Elementen eines rechtlich verbindlichen ATT mandatiert; sie erlaubte eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem möglichen Inhalt eines Vertrags sowie eine breitere Abstützung der Diskussionen. Grundsätzlich waren sich alle UNO-Mitgliedstaaten einig, dass der Mangel an internationalen Regeln über den grenzüberschreitenden Waffenhandel ein Problem darstelle. Über die entsprechende Antwort waren die Staaten aber weiterhin uneins.

Der verabschiedete Bericht der zweiten Sitzung der offenen Arbeitsgruppe enthielt entsprechend keine einheitliche Empfehlung, sondern führte lediglich verschiedene Anliegen der UNO-Mitgliedstaaten auf.26 Nach dem Regierungswechsel im Jahr 2008 änderten die USA, der weltgrösste Waffenexporteur, ihre Position und unterstützten fortan die Idee eines ATT. Dies hatte erhebliche Konsequenzen für die Fortführung der entsprechenden Bemühungen innerhalb der UNO. So nahm die UNO-Generalversammlung im Jahr 2009 den Bericht der offenen Arbeitsgruppe an und beschloss, dass 2012 eine Konferenz zur 22

23 24 25 26

The Nobel Peace Laureates' International Code of Conduct on Arms Transfers, Januar 1997. Kann abgerufen werden unter: www.wagingpeace.org/articles/1997/05/00_nobel-code-conduct.htm.

UN doc. A/RES/61/89. Das Abstimmungsverhältnis (Ja-Nein-Enthaltung) war: 153-1-24.

UN doc. A/63/334.

UN doc. A/RES/62/240. Das Abstimmungsverhältnis (Ja-Nein-Enthaltung) war: 133-1-19.

UN doc. A/AC.277/2009/1.

1552

Verhandlung von möglichst hohen internationalen Standards bei der Regelung des grenzüberschreitenden Waffenhandels abgehalten werden soll.27 Dazu wurde die offene Arbeitsgruppe für die noch verbleibenden Sitzungen in ein Vorbereitungskomitee umgewandelt. Dessen vier Sitzungen wurden vertieften substanziellen Diskussionen gewidmet und führten, neben einem Bericht28, zu einer Auslegeordnung in Form eines Vertragsentwurfs29 sowie zu einem Entwurf von Verfahrensregeln für die Verhandlungskonferenz30.

Obwohl im Rahmen des Vorbereitungskomitees keine eigentlichen Verhandlungen stattfanden, zeigten die geführten Debatten die grundlegenden Anliegen und Bedenken der Staaten auf. Die meisten europäischen Staaten, die mehrheitlich schon Exportkontrollen aufwiesen, setzten sich für eine strenge Regelung des internationalen Waffenhandels ein. Ebenso taten dies viele lateinamerikanische und afrikanische Staaten, die am meisten unter den Folgen des unkontrollierten Waffenhandels zu leiden haben. Gewisse Schwellen- und Entwicklungsländer hingegen befürchteten, dass ein zu restriktives Abkommen ihnen den Zugang zu konventionellen Waffen und entsprechenden Technologien verwehren würde.

1.2.3

Verhandlungskonferenzen

Eine erste, vierwöchige Verhandlungskonferenz fand vom 2. bis 27. Juli 2012 unter der Leitung des argentinischen Diplomaten Roberto García Moritán am Hauptsitz der UNO in New York statt. Weitere Verhandlungskonferenzen waren ursprünglich nicht geplant. Ziel der Verhandlungskonferenz war eine konsensuelle Verabschiedung möglichst hoher internationaler Standards bei der Regelung und Kontrolle des internationalen Waffenhandels in Form eines rechtlich verbindlichen internationalen Vertrags. Aufgrund äusserst divergierender Erwartungen der UNO-Mitgliedstaaten konnte aber keine Einigung gefunden werden. Erschwerend kam hinzu, dass der internationale Waffenhandel oftmals vitale Sicherheitsinteressen von Staaten betrifft und dass die Konsensregel eine Einigung aller UNO-Mitgliedstaaten erforderte. In der Folge verlangten die USA, gefolgt von Staaten wie Russland und China, zusätzliche Zeit für Verhandlungen. Vor diesem Hintergrund nahm die UNO-Generalversammlung im Dezember 2012 das Scheitern der Bemühungen zur Kenntnis und berief eine ausdrücklich letzte Verhandlungskonferenz ein.31 Dabei wurde festgehalten, dass dieselben prozeduralen Regeln32 zur Anwendung kommen sollten und dass der zuletzt vorgelegte Vertragsentwurf33 als Verhandlungsgrundlage dienen würde.

Die zweite und letzte Verhandlungskonferenz fand vom 18. bis 28. März 2013 in New York statt. Sie stand unter der Führung des australischen Diplomaten Peter Woolcott und war von einem politischen Willen zur Kompromissfindung und einer konstruktiven Dynamik geprägt. Viele ambitionierte Staaten wussten ihre Positionen pragmatisch zu verteidigen. Kritische Staaten versuchten nicht, die Verhandlungen 27 28 29 30 31 32 33

UN doc. A/RES/64/48. Das Abstimmungsverhältnis (Ja-Nein-Enthaltung) war: 151-1-20.

UN doc. A/CONF.217/1.

Chairman's Draft Paper vom 14. Juli 2011.

UN doc. A/Conf.217/L.1.

UN doc. A/RES/67/234 A. Das Abstimmungsverhältnis (Ja-Nein-Enthaltung) war: 133-0-17.

Vgl. das in Fussnote 30 genannte Dokument.

UN doc. A/CONF/217/CRP.1.

1553

zu behindern, sondern bemühten sich, ihre Anliegen bewusst einzubringen. Die USA wiederum unterstrichen ihr Interesse an einem internationalen Vertrag, indem sie klare Positionen vertraten und sich sehr engagiert an den Verhandlungen beteiligten.

Der Vertragsentwurf konnte deshalb in vielen Belangen gestärkt und mit dem Ziel der Konsensfindung bereinigt werden. Trotzdem widersetzten sich Iran, Nordkorea und Syrien am Schlusstag der Verhandlungen der Verabschiedung des ATT mit der Begründung, ihre Hauptanliegen, insbesondere die Unterbindung von Waffenlieferungen an nichtstaatliche Akteure, seien im Vertragswerk nicht gebührend berücksichtigt. In der Folge stellte Kenia die Einbringung einer Resolution in Aussicht, welche die Abstimmung über den Vertrag durch die UNO-Generalversammlung zum Gegenstand hatte. Damit verpasste die Verhandlungskonferenz zwar die konsensuelle Verabschiedung des ATT, legte aber die Grundlage für eine Abstimmung in der UNO-Generalversammlung.

1.2.4

Verhandlungsmandat und Rolle der Schweiz

Die Schweiz mass dem ATT von Beginn weg einen hohen Stellenwert bei und hat deshalb von Anfang an aktiv am Verhandlungsprozess teilgenommen. Dabei stand die Schweiz für eine umfassende und strikte Regelung ein, die möglichst im Einklang mit der bestehenden nationalen Gesetzgebung stehen würde. Diese Position wurde auch von den zum Verhandlungsmandat konsultierten parlamentarischen Kommissionen ­ den Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte sowie der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats ­ mehrfach bestätigt. Gemäss Mandat des Bundesrates hatte die Schweiz als pragmatische und kompromissbereite Verhandlungspartnerin aufzutreten, um das Erreichen eines Konsenses nicht zu gefährden. Ihre humanitäre Tradition, ihre aktiv betriebene Friedenspolitik und ihre Sicherheitspolitik sowie die strenge Gesetzgebung und Bewilligungspraxis betreffend Waffenausfuhren qualifizierte sie dabei als ernstzunehmende und glaubwürdige Verhandlungsteilnehmerin.

Die Zusammensetzung der Delegation aus Mitarbeitenden des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung, des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten und des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport sowie externen Fachleuten vereinte zudem die notwendigen Kompetenzen, um sich aktiv und konstruktiv in die Verhandlungen einzubringen. Durch ihren Einsatz und ihre fachliche Kompetenz konnte die Delegation schliesslich bis am Ende der Verhandlungen konkret Einfluss auf den Text nehmen sowie der Schweiz ein äusserst engagiertes, kompetentes und zuverlässiges Profil verleihen. Die Einladung zur Einsitznahme im Redaktionskomitee und die Vizepräsidentschaft anlässlich der Verhandlungen im Jahr 2012 unterstrichen das der Schweiz entgegengebrachte Vertrauen. Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Schweiz ihre im Mandat festgelegten Ziele erreicht hat.

1554

1.2.5

Verabschiedung des Vertrags durch die UNO-Generalversammlung

In ihrer Sitzung vom 2. April 2013 nahm die UNO-Generalversammlung das Ergebnis der Verhandlungskonferenz zur Kenntnis und verabschiedete den ATT mit 156 Ja-Stimmen.34 Unter dieser beachtlichen Mehrheit von befürwortenden Staaten befinden sich einige der bedeutendsten Exporteure von Rüstungsgütern, wie beispielsweise die USA, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien, sowie wichtige Importstaaten, wie Brasilien, Saudi-Arabien und Pakistan. Auch die Schweiz stimmte für die Verabschiedung des Vertragswerks. 22 Staaten, darunter Russland, China und Indien, brachten in der UNO-Generalversammlung ihre Zurückhaltung gegenüber dem Vertrag beziehungsweise der Verabschiedung mittels Abstimmung zum Ausdruck und enthielten sich der Stimme. Iran, Nordkorea und Syrien sprachen sich erneut gegen den ATT aus.

1.2.6

Unterzeichnung, Ratifikation und Inkrafttreten des Vertrags

Nach der Verabschiedung durch die UNO-Generalversammlung stand der ATT ab dem 3. Juni 2013 zur Unterzeichnung offen. An diesem Datum unterzeichnete die Schweiz zusammen mit 66 weiteren Staaten anlässlich einer offiziellen Feier den Vertrag. Am 29. Januar 2014 haben insgesamt 116 Staaten aus allen Kontinenten, darunter bedeutende Exportstaaten wie beispielsweise die USA, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien sowie Brasilien, Japan und Australien, den ATT unterzeichnet. Damit der ATT in Kraft treten kann, müssen 50 Staaten den Vertrag ratifizieren, was voraussichtlich noch vor Ende 2014 der Fall sein dürfte. Somit kann mit einem Inkrafttreten im Jahr 2015 gerechnet werden. Neun Staaten haben bis am 29. Januar 2014 ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt. Dies gilt unter anderem auch für Mexiko und Nigeria. Die Schweiz wird den ATT bei einer Genehmigung durch die Bundesversammlung erst nach Ablauf der Referendumsfrist beziehungsweise nach einer allfälligen Zustimmung durch das Volk ratifizieren können (siehe Ziff. 5.3).

1.2.7

Vernehmlassungsverfahren

Der Beitritt zum ATT bedingt keine Anpassung des schweizerischen Landesrechts.

Die sachliche Richtigkeit, die Vollzugstauglichkeit und die Akzeptanz des ATT gilt als gegeben. Der ATT wurde von der UNO-Generalversammlung verabschiedet und kann erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Vertragsstaatenkonferenz angepasst werden. Die Vollzugstauglichkeit ist insofern unbestritten, da die Umsetzung des ATT keiner Anpassung der schweizerischen Rechtsgrundlagen bedarf.

Aufgrund der positiven Resultate der Abklärungen vonseiten des Bundes gilt die Akzeptanz des ATT ebenso als bestätigt. Insbesondere die zum Verhandlungsmandat konsultierten parlamentarischen Kommissionen unterstützten die Bestrebungen 34

UN doc. A/RES/67/234 A. Das Abstimmungsverhalten Angolas wurde zuerst als Enthaltung aufgefasst, doch schliesslich als Befürwortung registriert. Kap Verde war am 2. April 2013 nicht vertreten, liess sich aber nachträglich als Befürworter registrieren.

1555

des Bundesrats für einen starken ATT, der Frieden und Sicherheit fördert. Die dabei erlassenen Vorgaben der parlamentarischen Kommissionen wurden während den Verhandlungen durch die Verhandlungsdelegation umgesetzt. Gemäss den während des Prozesses zum ATT erhaltenen Stellungnahmen der Rüstungsindustrie begrüsst diese die durch den ATT festgelegten internationalen Standards bei der Regelung und Kontrolle des internationalen Waffenhandels. Schweizerische Menschenrechtsorganisationen sprachen sich ebenfalls wiederholt für den ATT aus. Weder Kantone noch Gemeinden sind von der Vorlage betroffen. Folglich wurde im Sinne von Artikel 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200535 auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet.

1.3

Überblick über den Inhalt des Vertrags und Verhältnis zur Schweizer Gesetzgebung

1.3.1

Ziel des Vertrags

Ziel des ATT ist gemäss Vertragstext ausdrücklich nicht die Abrüstung oder das Verbot bestimmter Waffen, sondern die rechtsverbindliche Regelung des internationalen Waffenhandels. Die im Vertrag enthaltenen internationalen Standards bei der Regelung und Kontrolle des Handels mit konventionellen Waffen sowie die Massnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung des illegalen Waffenhandels sollen zur Sicherheit und Stabilität sowie zur Kooperation, Transparenz und Verantwortlichkeit im Bereich des internationalen Waffenhandels beitragen. Ebenso soll das durch missbräuchlichen Waffengebrauch verursachte menschliche Leid vermindert werden.

Die im ATT festgelegten Standards bei der Regelung und Kontrolle des internationalen Waffenhandels stellen internationale Mindeststandards dar, die das Selbstverteidigungsrecht der Staaten gemäss Artikel 51 der UN-Charta in keiner Weise beschneiden. Den Vertragsstaaten steht es zu, in ihrer nationalen Gesetzgebung umfassendere oder strengere Regelungen vorzusehen. Des Weiteren verzichtet der ATT auf eine Regelung des innerstaatlichen Waffenhandels und des Waffenbesitzes.

Diese Kompetenz verbleibt unter dem ATT weiterhin bei den Vertragsstaaten.

Ferner fällt die Anwendung des ATT ausschliesslich in die Kompetenz der einzelnen Vertragsstaaten. In diesem Sinne fehlt es an einer übergeordneten gerichtlichen Instanz, die über die Umsetzung und Anwendung des ATT befinden könnte. Dies kommt insbesondere in Bezug auf die nationalen Bewilligungsentscheide über die dem Vertrag unterstellten Waffentransfers zum Ausdruck.

1.3.2

Umsetzung des Vertrags in der Schweiz

Der ATT wird im Rahmen des bestehenden nationalen Exportkontrollsystems umgesetzt. Grundlage für die Schweizer Exportkontrolle ist die Kriegsmaterial-36 und Güterkontrollgesetzgebung37. Erstere regelt die Exportkontrolle von Kriegsmaterial, Letztere die Exportkontrolle von besonderen militärischen Gütern und doppelt 35 36 37

SR 172.061 SR 514.51 SR 946.202

1556

verwendbaren Gütern (siehe Ziff. 1.1.3). Da sich der Geltungsbereichs des ATT ausdrücklich auf konventionelle Waffen erstreckt (Art. 2 Abs. 1), erfolgt die Umsetzung des Vertrags in der Schweiz im Rahmen der Kriegsmaterialgesetzgebung.

Gemäss Artikel 5 des Kriegsmaterialgesetzes (KMG) gelten als Kriegsmaterial Waffen, Waffensysteme, Munition und militärische Sprengmittel sowie Ausrüstungsgegenstände, die spezifisch für den Kampfeinsatz oder für die Gefechtsführung konzipiert oder abgeändert worden sind und die in der Regel für zivile Zwecke nicht verwendet werden; diese gesetzliche Umschreibung deckt sich mit dem Begriff der konventionellen Waffen des ATT. Ebenfalls als Kriegsmaterial gelten Einzelteile und Baugruppen, wenn erkennbar ist, dass diese in derselben Ausführung nicht auch für zivile Zwecke verwendbar sind.

Kriegsmaterial wird von den besonderen militärischen Gütern unterschieden, die für militärische Zwecke konzipiert oder abgeändert worden sind, aber keine Waffen, Munition, Sprengmittel oder sonstige Kampf- oder Gefechtsführungsmittel darstellen. Zusammen mit militärischen Trainingsflugzeugen mit Aufhängepunkten werden diese Güter von der Güterkontrollgesetzgebung erfasst. Besondere militärische Güter fallen nicht unter den ATT, weshalb die Umsetzung des ATT in der Schweiz ausschliesslich auf der Grundlage der Kriegsmaterialgesetzgebung erfolgen kann.

Eine Anpassung dieser Rechtsgrundlage ist nicht notwendig.

1.3.3

Grundlegende Verpflichtungen des Vertrags

Geltungsbereich Die Regelung des internationalen Handels mit konventionellen Waffen bedingt eine klare Abgrenzung der erfassten Güter und Aktivitäten. Betreffend die Abgrenzung der Güter besagt Artikel 2 Absatz 1 ATT, dass alle konventionellen Waffen gemäss den Kategorien des UNO-Waffenregisters38 sowie Kleinwaffen und leichte Waffen dem Vertrag unterstellt sind. Der ATT verpflichtet die Vertragsstaaten, entsprechende nationale Güterlisten zu erstellen, welche die nationalen Definitionen beinhalten. Dabei werden die Vertragsstaaten ermutigt, möglichst alle konventionellen Waffen dem Vertrag zu unterstellen.

Da in der Schweiz die Umsetzung des ATT durch die Kriegsmaterialgesetzgebung erfolgt, wird die Schweiz die auf der Munitionsliste der Vereinbarung von Wassenaar basierende Liste des Kriegsmaterials (Anhang 1 KMV39) dem Vertrag unterstellen. Dabei werden auch Teile und Komponenten sowie Munition zu den aufgelisteten Gütern erfasst, obwohl der ATT für diese Güter weniger weitreichende Bestimmungen vorsieht.

Der ATT umfasst explizit die folgenden Aktivitäten des Waffenhandels: Aus-, Einund Durchfuhr sowie Umladung und Vermittlung (Art. 2 Abs. 2). Vertragsstaaten haben diese unabhängig von ihrer kommerziellen Natur (z. B. Verkauf, Leasing, Leihe oder Schenkung) dem ATT zu unterstellen. Nicht erfasst wird allerdings der 38

39

Das UNO-Waffenregister vom 6. Dezember 1991 (UN doc. A/RES/46/36) umfasst ausschliesslich konventionelle Hauptwaffensysteme der folgenden Kategorien: Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, grosskalibrige Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Angriffshubschrauber, Kriegsschiffe, Raketen und deren Startsysteme. Kann abgerufen werden unter: www.un.org/depts/ddar/Register/4636.html.

SR 514.511

1557

Technologietransfer. Die Schweiz wird den Technologie- und Knowhow-Transfer sowie die Herstellung von Kriegsmaterial und die Handelstätigkeit mit Kriegsmaterial im Ausland weiterhin auf nationaler Basis kontrollieren.

Nationale Umsetzung und administrative Strukturen Die internationalen Standards des ATT sind durch die Vertragsstaaten umzusetzen.

Von zentraler Bedeutung ist diesbezüglich Artikel 5, der die Vertragsstaaten verpflichtet, nationale Kontrollsysteme, einschliesslich einer Kontrollbehörde, einzurichten. Diese haben den Auftrag, die unter die Hoheit des Vertragsstaats fallenden Waffentransfers zu kontrollieren sowie den Informationsaustausch gemäss ATT sicherzustellen. Dazu hat die Kontrollbehörde mit anderweitigen staatlichen Organen, wie beispielsweise dem Zoll, zu kooperieren, um eine effektive und transparente Kontrolle zu garantieren.

In der Schweiz nimmt das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf der Grundlage von Artikel 13 KMV die Funktion der nationalen Kontrollbehörde wahr. Die laut ATT einzusetzende Kontaktstelle sowie der unter dem ATT anfallende Informationsaustausch erfolgen auf der Grundlage von Artikel 42 KMG und Artikel 23 KMV ebenfalls durch das SECO. Die Zentralstelle Kriegsmaterial des Nachrichtendienstes des Bundes hat komplementär die Bekämpfung illegaler Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kriegsmaterial zur Aufgabe. Die innerstaatlichen Verfahren und Massnahmen, die zur Wahrnehmung der Verpflichtungen des ATT notwendig sind, werden in der Schweiz unter Vorbehalt der Zuweisung zu anderen Gesetzgebungen ausschliesslich durch die Kriegsmaterialgesetzgebung geregelt.

Verbotene Transfers Der Entscheid, welche internationalen Tätigkeiten mit konventionellen Waffen bewilligt werden, fällt den jeweiligen Vertragsstaaten zu. Der ATT enthält jedoch Kriterien, bei deren Vorliegen jegliche Bewilligungserteilung ausgeschlossen ist.

Artikel 6 Absätze 1 und 2 statuieren deklaratorisch, dass bei Vorliegen von entsprechenden Sanktionen oder von aus Staatsverträgen resultierenden internationalen Verpflichtungen keine Bewilligungen erteilt werden dürfen. Absatz 3 desselben Artikels normiert hingegen erstmals auf internationaler Ebene die missbräuchliche Verwendung von konventionellen Waffen im Zusammenhang mit dem Waffenhandel. Demnach dürfen keine Waffentransfers bewilligt
werden, wenn der Vertragsstaat Grund zur Annahme hat, dass die Güter bei der Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verwendet würden.

Damit werden durch den ATT internationale Transfers von konventionellen Waffen verboten, welche die gemäss Völkerrecht schwerwiegendsten Gewalttaten zur Folge haben.

Die Schweizer Kriegsmaterialgesetzgebung wird den Verboten bereits heute gerecht.

Das Verbot von Artikel 6 Absatz 1 ATT, unter Sanktionen stehende Waffentransfers zu bewilligen, wird mittels Artikel 25 KMG, der auf das EmbG verweist, umgesetzt.

Die Artikel 7­8c KMG verbieten im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 ATT namentlich den Handel mit Kernwaffen, biologischen und chemischen Waffen sowie mit Antipersonenminen und Streumunition. Auslandgeschäfte mit Kriegsmaterial werden gemäss Artikel 22 KMG nicht bewilligt, wenn diese dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik widersprechen. Die Bewilligungserteilung für Auslandgeschäfte, die durch Artikel 6 Absatz 3 ATT verboten sind, ist daher aufgrund von Artikel 22 KMG und dem darin 1558

enthaltenen Verweis auf das Völkerrecht ausgeschlossen. Dem trägt auch Artikel 5 Absätze 1 und 2 KMV Rechnung.

Bewilligungsvoraussetzungen Sind Waffenausfuhren nicht durch Artikel 6 ATT verboten, so sind sie von den Vertragsstaaten anhand der Bewilligungsvoraussetzungen gemäss Artikel 7 ATT zu beurteilen. In erster Linie ist dabei im Rahmen einer Einzelprüfung zu beurteilen, ob die auszuführenden Güter zu Frieden und Sicherheit beitragen oder diese untergraben. Ebenfalls ist zu beurteilen, ob die auszuführenden Güter im Sinne der in Artikel 7 Absatz 1 aufgeführten Kriterien missbräuchlich verwendet werden könnten. In einem weiteren Schritt hat der Vertragsstaat risikomindernde Massnahmen zu prüfen. Kommt er zum Schluss, dass trotz des Ergreifens risikomindernder Massnahmen die Wahrscheinlichkeit überwiegt, dass es zu einer Untergrabung von Frieden und Sicherheit oder einer missbräuchlichen Verwendung kommt, so ist die Ausfuhrbewilligung zu verweigern.

Unter der Schweizer Kriegsmaterialgesetzgebung hat die Bewilligungsbehörde jedes Ausfuhrgesuch einzeln zu prüfen. Gemäss Artikel 22 KMG wird die Ausfuhr von Kriegsmaterial für Empfänger im Ausland bewilligt, wenn dies dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik nicht widerspricht. Artikel 5 KMV präzisiert diese Bewilligungsvoraussetzungen anhand von zu berücksichtigenden Bewilligungskriterien sowie absoluten Ausschlusskriterien, die über die Bewilligungsvoraussetzungen von Artikel 7 ATT hinausgehen.

Die gemäss Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a ATT zu prüfende Auswirkung eines Waffenexports auf Sicherheit und Frieden wird in erster Linie gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchtstabe a KMV geprüft. Ist durch das Auslandgeschäft die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität nicht gewährleistet, so wird die Ausfuhr nicht genehmigt. Ebenfalls wird bei Auslandgeschäften mit Kriegsmaterial laut Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d KMV das Verhalten des Bestimmungslands gegenüber der Staatengemeinschaft, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Völkerrechts, beurteilt. Ist das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt, wird gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a KMV die Bewilligung verweigert.

Die in Artikel 7
Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i ATT geforderte Prüfung, ob ein Risiko besteht, dass die auszuführenden Güter zur Begehung oder Erleichterung von schweren Verstössen des humanitären Völkerrechts verwendet werden könnten, wird mittels Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben b und d KMV umgesetzt. Die Situation im Bestimmungsland und das Verhalten des Bestimmungslands gegenüber der Staatengemeinschaft, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des (humanitären) Völkerrechts, wird für jedes einzelne Gesuch beurteilt. Des Weiteren sind gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben a und d KMV Auslandgeschäfte ausgeschlossen, wenn sich das Bestimmungsland an einem bewaffneten Konflikt beteiligt oder wenn ein hohes Risiko besteht, dass die auszuführenden Waffen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden.

Laut Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii ATT muss ebenfalls geprüft werden, ob ein Risiko besteht, dass die auszuführenden Güter zur Begehung oder Erleichterung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen verwendet werden könnten. Im Rahmen der schweizerischen Gesetzgebung wird diese Bestimmung mittels 1559

Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben b und d KMV zur Anwendung gebracht. Die innere Situation des Bestimmungslands, namentlich die Respektierung der Menschenrechte und der Verzicht auf Kindersoldaten, sowie das Verhalten des Bestimmungslands gegenüber der Staatengemeinschaft, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Völkerrechts (beziehungsweise der Menschenrechte) sind bei der Beurteilung von Auslandgeschäften gebührend zu berücksichtigen. Verletzt das Bestimmungsland Menschenrechte systematisch und schwerwiegend, so sind Auslandgeschäfte mit Kriegsmaterial laut Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b KMV ausgeschlossen.

Die Prüfung der inneren Situation des Bestimmungslandes gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b KMV sowie des Verhaltens des Bestimmungslandes gegenüber der Staatengemeinschaft, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Völkerrechts, gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d KMV dient des Weiteren der Umsetzung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern iii und iv ATT sowie von Artikel 7 Absatz 4 ATT, welche die missbräuchliche Verwendung von Waffen im Zusammenhang mit Terrorismus und organisierter Kriminalität sowie mit geschlechtsspezifischer Gewalt zu verhindern sucht. Da Waffen für derartige Aktivitäten oftmals über vorgeschobene Entitäten beschafft werden, kommt der Verhinderung unerwünschter Weitergaben, wie sie durch das Ausschlusskriterium in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e KMV adressiert werden, eine wesentliche Bedeutung zu.

1.3.4

Verhinderung der Umleitung

Die im ATT festgehaltenen internationalen Standards sollen in erster Linie einen verantwortungsvollen grenzüberschreitenden Waffenhandel zur Folge haben. Dazu sind kohärente Bewilligungsentscheide sowie eine effektive Kontrolle der entsprechenden Tätigkeiten notwendig. Letzteres stellt wiederum die Grundlage für die durch den ATT angestrebte erfolgreiche Bekämpfung des illegalen Waffenhandels dar. Vor diesem Hintergrund misst der ATT insbesondere der Verhinderung der unerwünschten Weitergabe beziehungsweise der Umleitung konventioneller Waffen einen hohen Stellenwert bei. Artikel 11 verpflichtet Staaten zu entsprechenden Massnahmen, die unter anderem die Ausstellung von Endverwendungs- beziehungsweise Nichtwiederausfuhr-Erklärungen sowie den Informationsaustausch zum Inhalt haben. Zudem können Waffenausfuhren aufgrund eines Umleitungsrisikos verweigert werden.

Die Schweizer Kriegsmaterialgesetzgebung verwehrt in diesem Sinne die Bewilligung eines Auslandsgeschäfts bei einem hohen Risiko einer unerwünschten Weitergabe von Kriegsmaterial (Art. 5 Abs. 2 Bst. e KMV). Artikel 5a KMV schreibt zudem den Importstaaten von schweizerischem Kriegsmaterial die Einreichung von Nichtwiederausfuhr-Erklärungen vor. Besteht im Bestimmungsland ein erhöhtes Risiko, dass das auszuführende Kriegsmaterial an einen unerwünschten Endempfänger weitergegeben wird, so ist den Schweizer Behörden zusätzlich das Recht zu gewähren, die Einhaltung der Nichtwiederausfuhr-Erklärungen vor Ort überprüfen zu können. Dank der Durchführung solcher Vor-Ort-Überprüfungen in den letzten zwei Jahren hat die Schweiz international eine Vorreiterrolle in der wirkungsvollen Vorbeugung der Umleitung von konventionellen Waffen eingenommen. Der ATT wird der Schweiz als Grundlage für die dazu notwendige internationale Kooperation dienen und damit die bereits bestehenden Bestrebungen erleichtern.

1560

1.3.5

Internationale Zusammenarbeit und Unterstützung

Die grenzübergreifenden Herausforderungen im Zusammenhang mit dem internationalen Waffenhandel können nur global bewältigt werden. Der ATT regelt dementsprechend die internationale Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten. Diese sind angehalten, Informationen betreffend die Umsetzung und Anwendung des Vertrags auszutauschen sowie regelmässig über Waffeneinfuhren und -ausfuhren Bericht zu erstatten. Des Weiteren sind Vertragsstaaten gemäss Artikel 15 Absatz 5 angewiesen, bei Verstössen gegen Massnahmen in Anwendung des ATT im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung internationale Rechtshilfe zu gewähren. Um eine möglichst umfassende und stringente Umsetzung des ATT zu fördern, werden die Vertragsstaaten in Artikel 16 zur internationalen Unterstützung aufgefordert. Vertragsstaaten sollen einander insbesondere bei der Erarbeitung von gesetzlichen Grundlagen und dem Aufbau von nationalen Kapazitäten technisch, materiell und finanziell unterstützen. Dies umfasst unter anderem die Erarbeitung von Modellgesetzgebungen und effektiven Umsetzungspraxen, die Unterstützung in der Lagerverwaltung bestehender Bestände sowie Programme zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration von ehemaligen Kombattanten. Dabei können internationale Organisationen und Akteure der Zivilgesellschaft beigezogen werden, wobei die Koordination der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen des ATT durch dessen Sekretariat erfolgt. Ein freiwilliger Treuhandfonds, der als Schnittstelle zwischen assistenzersuchenden Staaten und Geberstaaten fungiert, soll diese Zusammenarbeit vereinfachen.

Die Schweiz wird auf der Grundlage von Artikel 42 KMG (Amtshilfe zwischen schweizerischen und ausländischen Behörden) im Sinne des ATT kooperieren.

Aufgrund ihrer verantwortungsvollen Exportkontrollpolitik, ihrer humanitären Tradition sowie ihrer aktiven Friedens- und Sicherheitspolitik verfügt die Schweiz über ausgewiesene Fachkompetenzen im Zusammenhang mit der Anwendung des ATT. Folglich wird die Schweiz international als glaubwürdige Partnerin wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund und im Lichte ihrer aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interessen wird sich die Schweiz verstärkt zugunsten der globalen Umsetzung und Anwendung des Vertrags engagieren.

1.4

Würdigung

1.4.1

Beitrag zur internationalen, nationalen und menschlichen Sicherheit

Der ATT ist im aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Interesse der Schweiz. Entsprechend hat sich die Schweiz aktiv in die Verhandlungen eingebracht sowie ihre humanitären und friedens-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Anliegen vertreten. Die Ratifikation des ATT bestätigt deshalb die schweizerische Politik im Bereich des internationalen Waffenhandels und unterstützt deren Fortführung.

Als legitime Mittel der Gewaltanwendung dienen Waffen in erster Linie staatlichen Behörden zur Gewährung der inneren Ordnung und Sicherheit, zur Durchsetzung der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung und zur Durchführung von friedensfördernden Einsätzen. Das Völkerrecht verbietet dagegen Angriffskriege und regelt den Einsatz von Waffen mittels humanitärem Völkerrecht und Menschen1561

rechten. Die Verwendung von Waffen in Verletzung dieses rechtlichen Rahmens sowie für terroristische oder kriminelle Zwecke ist folglich nicht legitim. Ziel jeglicher Regelung des internationalen Waffenhandels muss es deshalb sein, die Beschaffung von Waffen für illegitime Zwecke zu verhindern. Im Ergebnis führt dies zu einer Stärkung der internationalen, nationalen und menschlichen Sicherheit, was im Interesse der Schweiz liegt.

Der ATT verpflichtet Länder, die heute den internationalen Waffenhandel, insbesondere den Export von Waffen, nicht kontrollieren, zur Weiterentwicklung oder Schaffung administrativer Strukturen. Idealerweise wird die Umsetzung des ATT deshalb zu einer globalen und lückenlosen Kontrolle des internationalen Waffenhandels führen. Insbesondere unerwünschte Weitergaben von Waffen werden verhindert und können besser bekämpft werden. Darüber hinaus wird sich der regelmässige Informationsaustausch auf der Grundlage des ATT vertrauensbildend auswirken und damit die internationale Sicherheit und die nationale Sicherheit der Vertragsstaaten erhöhen.

Kern des Beitrags des ATT zu Frieden, Sicherheit und Stabilität sind das darin enthaltene Verbot von bestimmten Transfers und der Mindeststandard bei der Kontrolle von Waffenexporten (Art. 6 und 7). Durch deren Anwendung im Rahmen von Einzelprüfungen von Waffentransfers sollen destabilisierende Anhäufungen von Waffen beziehungsweise fragliche Aufrüstungen verhindert werden können. Desgleichen können Waffenbeschaffungen von Staaten, die einen Angriffskrieg zu beabsichtigen scheinen, sowie Waffentransfers in Verletzung internationaler Sanktionsmassnahmen verhindert werden. Daraus sollte eine Stärkung der internationalen Sicherheit resultieren. Daran anlehnend wird die nationale Sicherheit der Vertragsstaaten erhöht, wenn andere Vertragsstaaten Ausfuhren von Waffen verhindern, die zu terroristischen oder kriminellen Zwecken wie beispielsweise für den Menschenhandel verwendet werden könnten.

Sowohl das Verbot bestimmter Transfers als auch der Mindeststandard bei der Kontrolle von Waffenexporten verpflichten zur Prüfung der aus Sicht der menschlichen Sicherheit zentralen Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Hat ein Staat Kenntnis davon, dass die Waffen zur Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit
oder Kriegsverbrechen verwendet würden, so ist der Transfer der Waffen abzulehnen. Ebenso muss im Rahmen der Einzelprüfung von Waffenexporten das Risiko beurteilt werden, dass die auszuführenden Waffen für die Begehung schwerer Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht oder schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen sowie geschlechtsspezifischer Gewalt verwendet werden könnten. Werden diese Verpflichtungen in gutem Glauben ausgelegt und angewendet, so wird menschliches Leid präventiv verhindert.

Dementsprechend ist der ATT sowie dessen strenge Interpretation im Sinne der Schweiz.

1.4.2

Exportkontrollen, Rüstungsbeschaffung und Industriestandort in der Schweiz

Die angestrebte globale Kontrolle des internationalen Waffenhandels ist mittels nationaler Exportkontrollen durchzusetzen. Ein Beitritt der Schweiz zum ATT wird die nationalen Bestrebungen im Bereich der Exportkontrolle unterstützen. Negative Auswirkungen auf die Rüstungsbeschaffungen der Schweiz oder den heimischen 1562

Industriestandort sind aus nachfolgend dargelegten Gründen keine zu erwarten. Der ATT ist deshalb auch aus Sicht der schweizerischen Exportkontroll- und Rüstungspolitik zu begrüssen.

Zwar verfügt die Schweiz schon heute über nationale Exportkontrollen, doch können sich die entsprechenden nationalen Bemühungen dank dem ATT neu auf eine völkerrechtliche Grundlage abstützen. Dies wird insbesondere positive Auswirkungen auf die Kooperation mit ausländischen Staaten haben. Gerade die Einforderung von Nichtwiederausfuhr-Erklärungen und Überprüfungen von gelieferten Waffen vor Ort durch die Schweiz erhalten aufgrund des ATT eine breitere Akzeptanz und eine erhöhte Legitimität. Zudem sind die Massnahmen der schweizerischen Exportkontrolle wirkungsvoller, wenn andere Staaten dieselben internationalen Tätigkeiten mit Waffen kontrollieren und damit eine lückenlose Kontrolle des Waffenhandels ermöglichen. Des Weiteren führt der Informationsaustausch auf der Grundlage des ATT zu erweiterten Erkenntnissen, die in den schweizerischen Bewilligungsprozess für Waffentransfers einfliessen können.

Der im ATT festgehaltene internationale Standard bei der Regelung und Kontrolle des internationalen Waffenhandels wird einen Massstab setzen, an dem die Exportkontrollpolitiken der Vertragsstaaten gemessen und mit dem sie verglichen werden können. Damit wird eine Vergleichsbasis geschaffen, die es den Vertragsstaaten erlaubt, unterschiedliche Anwendungen des ATT festzustellen und gegebenenfalls zu korrigieren. Vertragsstaaten können aber auch durch andere Vertragsstaaten oder durch die Zivilgesellschaft unter Druck gesetzt werden, um Anpassungen in der Umsetzung des Vertrags vorzunehmen. Dies wird dem Ziel eines verantwortungsvollen internationalen Waffenhandels dienen. Ebenso wird voraussichtlich eine gewisse Harmonisierung der nationalen Praxen bezüglich der Kontrolle des internationalen Waffenhandels eintreten, was zu vergleichbaren Rahmenbedingungen für die in internationaler Konkurrenz stehenden Rüstungsindustrien führen kann.

Aus Sicht der schweizerischen Rüstungsindustrie wird eine internationale Harmonisierung der nationalen Exportkontrollen voraussichtlich aber kaum einen konkreten Mehrwert bringen, da die Rahmenbedingungen ihrer vor allem westlichen Konkurrenten sehr wahrscheinlich nicht angepasst werden. Denn
diese Rahmenbedingungen weisen schon heute einen höheren Standard als der des ATT auf. Waffentransfers, die auf nationaler Ebene gemäss den Standards des ATT bewilligt wurden, werden aber aufgrund der Konformität mit dem geltenden Völkerrecht auf der Grundlage des ATT eine höhere Legitimität zukommen, als dies heute der Fall ist.

Da Waffenimporte in die Schweiz, insbesondere zugunsten der Armee und der übrigen staatlichen Sicherheitsorgane, grundsätzlich die Voraussetzungen des ATT erfüllen und der ATT keine Importbeschränkungen oder -hindernisse vorsieht, wird der ATT keine Auswirkungen auf den Import von Waffen in die Schweiz haben.

Auch wird mit keinem zusätzlichen Aufwand für den Waffenimport zu rechnen sein.

Der Beitritt zum ATT durch die Schweiz würde den Importeuren von Waffen sowie der heimischen Industrie insofern dienen, als der Zugang zu modernen Gütern und Technologien tendenziell einfacher wird, wenn die Schweiz effektive Exportkontrollen gemäss internationalen Standards vorweisen kann. Vor diesem Hintergrund würde die Teilnahme am ATT die aktuelle Exportkontroll- und Rüstungspolitik der Schweiz stärken.

1563

1.4.3

Bedeutung für das Völkerrecht und neutralitätsrelevante Aspekte

Der grenzüberschreitende Handel mit konventionellen Rüstungsgütern erfolgte aus Sicht des Völkerrechts zwar nie in einem rechtsfreien Raum, doch mangelte es bis anhin an einem umfassenden und expliziten Regelwerk mit völkerrechtlicher Rechtskraft. Der ATT füllt nun diese Lücke und stärkt somit das Völkerrecht als solches. Die Vertragsstaaten werden unabhängig ihrer politischen Macht an die Regelungen des ATT gebunden sein. Davon profitiert im Besonderen die Schweiz als Kleinstaat. Die durch den ATT festgehaltenen internationalen Standards können nun auch als Grundlage für die Bemühungen von Staaten, internationalen Gremien, wie beispielsweise dem UNO-Menschenrechtsrat, oder der Zivilgesellschaft herangezogen werden. Wo bis anhin gewisse Handlungen von Staaten im Zusammenhang mit dem internationalen Waffenhandel nur politisch begründet verurteilt werden konnten, kann nun mittels des ATT die Einhaltung von rechtlich verbindlichen Normen gefordert werden. Da der ATT das Ziel eines verantwortungsvollen Waffenhandels verfolgt, dient dies den aussenpolitischen Bemühungen der Schweiz.

Aus normativer Sicht bemerkenswert ist insbesondere das im ATT festgehaltene Verbot bestimmter internationaler Transfers von Waffen, die bei der Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verwendet würden (Art. 6 Abs. 3). Der Waffenhandel in Verbindung mit den gemäss Völkerrecht schwerwiegendsten Gewalttaten wird durch diese Regelung erstmals explizit untersagt. Bis anhin konnte man entsprechende Tätigkeiten basierend auf universell geltendem Völkerrecht (insbesondere gestützt auf den gemeinsamen Art. 1 der Genfer Abkommen) beanstanden, doch wurde die rechtliche Argumentation nicht von allen Staaten geteilt. Somit blieb die Rechtslage unklar. Mit dem ATT kann nun aber eine eindeutige Regelung vorgewiesen werden, deren Anwendung zur Verhinderung von Gräueltaten beitragen kann.

Der ATT hat keine Auswirkungen auf das Neutralitätsrecht oder die Neutralitätspolitik der Schweiz. Ersteres schreibt der Schweiz einerseits vor staatliche Waffenexporte an die Konfliktparteien in einem internationalen bewaffneten Konflikt zu unterlassen und andererseits im Hinblick auf die privaten Waffenexporte alle Konfliktparteien gleich zu behandeln. Letzteres steht für die Gesamtheit der Massnahmen, die
ein dauernd neutraler Staat über das Neutralitätsrecht hinaus von sich aus ergreift, um die Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit seiner dauernden Neutralität zu gewährleisten. Da der Bewilligungsentscheid über Waffentransfers unter dem ATT weiterhin in der Kompetenz der Vertragsstaaten steht und die Mindeststandards des ATT mit dem Neutralitätsrecht vereinbar sind, wird weder das Neutralitätsrecht noch die Neutralitätspolitik der Schweiz durch den ATT tangiert. Die Einhaltung dieser beiden neutralitätsrechtlichen Grundsätze wird nicht in Frage gestellt. Zudem deckt sich die allgemeine Stossrichtung des ATT durchaus mit den Vorgaben der Schweizerischen Neutralitätspolitik.

1.4.4

Internationale Unterstützung und Zusammenarbeit

Vertragsstaaten des ATT sind verpflichtet, nationale Systeme zur Kontrolle des grenzüberschreitenden Waffenhandels zu unterhalten. Länder, die noch keine nationalen Kontrollsysteme vorweisen, sollen gemäss dem ATT durch andere Vertrags1564

staaten in ihren Bemühungen zum Kapazitätsaufbau unterstützt werden. Im Speziellen sollen bedürftigen Staaten technisches und juristisches Fachwissen sowie finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der Vereinbarung von Wassenaar bringt sich die Schweiz schon heute aktiv in den politischen und technischen Austausch über exportkontrollrelevante Themen ein. Des Weiteren unterstützt die Schweiz den Kapazitätsaufbau und die Weitergabe von Fachwissen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des unerlaubten Handels mit und des Missbrauchs von Kleinwaffen und leichten Waffen sowie der Reform des Sicherheitssektors.

Ebenfalls engagiert sich die Schweiz gemäss den Vorgaben des Berichts des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Juni 201040 über die Sicherheitspolitik der Schweiz und des Armeeberichts vom 1. Oktober 201041 in enger Zusammenarbeit mit interessierten Staaten für die Verbesserung der Lagerverwaltung und Lagersicherheit von Kleinwaffen und Munition. Mit dem ATT werden diese Massnahmen der internationalen Unterstützung eine weitere rechtliche Grundlage erhalten.

1.4.5

Universalisierung des Vertrags

Je mehr Staaten dem ATT beitreten, desto bedeutender wird seine normative Wirkung sein. Vor allem die Legitimität und Rechtskraft des Vertrags werden bei einer hohen Anzahl an Vertragsstaaten gewichtig. Aber auch eine globale Kontrolle des internationalen Waffenhandels und eine diesbezüglich globale Zusammenarbeit der Staaten sowie ein universelles Einhalten der internationalen Standards des ATT bedingt eine Teilnahme von möglichst vielen Staaten. Damit die Regelungen des ATT konkret greifen können, sollten prioritär die grössten Exportländer konventioneller Waffen wie beispielsweise die USA, Russland, Deutschland oder Frankreich dem ATT beitreten. Die Teilnahme wichtiger Importländer wie China oder Indien wäre ebenso zu begrüssen, um die Legitimität des Vertrags zu erhöhen und deren Waffenhandel ebenso den Regelungen des ATT zu unterstellen. Die Schweiz wird sich dementsprechend für eine Universalisierung des ATT einsetzen. Damit der Vertrag möglichst rasch in Kraft treten kann, bemüht sich die Schweiz um eine möglichst rasche Ratifizierung und macht sich für eine baldige Ratifikation durch möglichst viele Staaten stark.

1.4.6

Standort Genf

Der ATT sieht die Schaffung eines Sekretariats zur Unterstützung der Umsetzung des Vertrags vor und legt dessen Aufgaben fest. Die Struktur und Finanzierung sowie der Standort des Sekretariats werden im Vertrag jedoch offen gelassen und sind von den Vertragsstaaten nach Inkrafttreten des ATT zu beschliessen. Ob das Sekretariat der UNO angegliedert sein oder ob es die Form einer eigenständigen Organisation annehmen wird, kann zum heutigen Zeitpunkt ebenfalls nicht beurteilt werden. Sekretariate von anderen Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträgen weisen unterschiedliche Grössen und Strukturen auf. Aufgrund der im ATT vorgesehenen Funktionen ist momentan von einem kleinen Sekretariat auszugehen. Die 40 41

BBl 2010 5133 BBl 2010 8871

1565

Vertragsstaaten des ATT sind jedoch in ihren Entscheidungen bezüglich des Sekretariats frei.

Genf beherbergt verschiedene internationale Organisationen und Gremien im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung. Dazu kommt das allgemeine Umfeld mit zahlreichen internationalen Organisationen, Vertragsorganen, Nichtregierungsorganisationen und akademischen Instituten, welche in den Bereichen Sicherheitspolitik, Menschenrechte, Humanitäres sowie Handel aktiv sind. Da dies für das Sekretariat des ATT eine ideale Umgebung wäre, wird Genf als möglicher Standort für das Sekretariat des ATT gehandelt. Um diese Diskussion mitgestalten und bei der entsprechenden Entscheidung mitbestimmen zu können, sollte die Schweiz den ATT möglichst rasch ratifizieren. Auf der Grundlage des Gaststaatsgesetzes vom 22. Juni 200742 und des Berichts vom 25. Juni 201343 über das internationale Genf und dessen Zukunft hat die Schweiz im Fall einer Ansiedelung des Sekretariats in Genf bereits logistische und finanzielle Unterstützung angeboten.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Vertrags

Präambel Die Präambel des ATT behandelt ein breites Spektrum von Thematiken im Zusammenhang mit dem internationalen Waffenhandel. Insbesondere werden die legitimen Interessen am internationalen Waffenhandel sowie die negativen Konsequenzen des nicht geregelten und illegalen Waffenhandels in Erinnerung gerufen. Des Weiteren hält die Präambel fest, dass die Vertragsstaaten strengere Regelungen als diejenigen des ATT einführen können. Die Regelung der Kontrolle des inländischen Waffenhandels liegt gemäss Präambel explizit weiterhin ausschliesslich in der Kompetenz des jeweiligen Vertragsstaates. Schliesslich werden auch bereits bestehende Instrumente und Verpflichtungen mit Bezug zum ATT erwähnt, um den normativen und politischen Kontext darzulegen.

Grundsätze Die Einbeziehung von Grundsätzen als Bestandteil der Präambel war während den Verhandlungen zum ATT umstritten, wurden jedoch insbesondere von skeptischen Staaten nachdrücklich gewünscht. Die Grundsätze des ATT verweisen auf bestehende Rechte und Pflichten der UN-Charta, wie beispielsweise das Recht jedes Staates auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung, das Recht auf territoriale Unversehrtheit oder das Recht auf politische Unabhängigkeit. Ferner halten sie fest, dass jeder Staat zum Zweck der Selbstverteidigung und für friedenserhaltende Operationen das Recht hat, konventionelle Waffen zu beschaffen. Des Weiteren wird in dieser Form erstmals in einem völkerrechtlichen Vertrag auf die Einhaltung und die Durchsetzung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie der Menschenrechte verwiesen. Schliesslich weisen die Grundsätze die Vertragsstaaten an, den ATT in kohärenter, objektiver und nicht diskriminierender Weise umzusetzen.

Artikel 5 Absatz 1 ATT nimmt Bezug auf die Inhalte der Grundsätze.

42 43

SR 192.12 Der Bericht existiert nur auf Französisch und ist zu finden unter: www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/31240.pdf

1566

Art. 1

Ziel und Zweck

Artikel 1 dient der Unterstützung bei der Auslegung anderer Bestimmungen des ATT. Als Ziel des ATT wird festgehalten, den höchstmöglichen gemeinsamen internationalen Standard für die Regelung und Kontrolle des internationalen Handels mit konventionellen Waffen zu schaffen sowie den illegalen Waffenhandel zu verhindern und zu beseitigen. Dies soll dem Zweck dienen, einen Beitrag für Frieden, Sicherheit und Stabilität zu leisten sowie menschliches Leiden zu verringern. Der ATT soll zudem die Zusammenarbeit, Transparenz und das verantwortliche Handeln von Staaten im internationalen Handel von konventionellen Waffen fördern.

Art. 2

Geltungsbereich

Artikel 2 legt einerseits den Geltungsbereich des Vertrags anhand der Liste der unterstellten Waffenkategorien fest und bestimmt andererseits, welche Tätigkeiten zum internationalen Handel zählen.

Nach Absatz 1 ist der Geltungsbereich gemäss der Liste der folgenden acht Waffenkategorien vorgesehen: Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, grosskalibrige Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Angriffshubschrauber, Kriegsschiffe, Flugkörper mit Sprengwirkung und Abschussgeräte für Flugkörper mit Sprengwirkung, Kleinwaffen und leichte Waffen. Diese Kategorien entsprechen den sieben Kategorien des UNO-Registers für konventionelle Waffen44, ergänzt um Kleinwaffen und leichte Waffen im Sinne der entsprechenden UNO-Instrumente. Laut Artikel 5 Absatz 2 haben die Vertragsstaaten eine nationale Kontrollliste vorzulegen, in der die unter die Bestimmungen des Vertrags fallenden Güter definiert sind. Artikel 5 Absatz 3 ermutigt die Vertragsstaaten, die Bestimmungen dieses Vertrags auf die grösstmögliche Bandbreite konventioneller Waffen anzuwenden.

Absatz 2 zählt die unter den Vertrag fallenden Tätigkeiten des internationalen Handels auf, die unter dem Überbegriff «Transfer» zusammengefasst werden. Dabei handelt es sich insbesondere um die Aus-, Ein- und Durchfuhr sowie um die Umladung und Vermittlung konventioneller Waffen. Die Schweiz ist der Ansicht, dass diese Tätigkeiten unabhängig von der Art ihrer Finanzierung vom Vertrag abgedeckt sind. Diese Tätigkeiten fallen somit auch unter den Geltungsbereich des ATT, wenn es sich um Miete, Leasing, Leihe, Schenkung oder eine andere Form der Weitergabe handelt.

Absatz 3 präzisiert, dass der Vertrag auf den internationalen Transport konventioneller Waffen durch einen Vertragsstaat selbst oder in seinem Namen zur eigenen Verwendung keine Anwendung findet, vorausgesetzt, die konventionellen Waffen verbleiben im Eigentum dieses Vertragsstaats. Dies betrifft insbesondere die Lieferung von Waffen ins Ausland für die eigenen Streitkräfte eines Vertragsstaats.

44

Das von der UNO-Generalversammlung 1992 eröffnete UNO-Waffenregister enthält frei zugängliche Angaben zu den Lagerbeständen, zur Produktion sowie zu den Ein- und Ausfuhren der sieben konventionellen Waffenkategorien, die als die tödlichsten betrachtet werden. Es ist ein wichtiges Instrument, das dem Konzept der Transparenz im Waffensektor eine praktische Bedeutung verleiht. Die Schweiz hat die Schaffung des Registers unterstützt und übermittelt seit 1993 jährlich alle relevanten Informationen. Sie war 2006, 2009 und 2013 Mitglied der Gruppe von Regierungsexperten, welche die Wirksamkeit des Registers überprüfte.

1567

Art. 3

Munition

In Artikel 3 wird die in den Geltungsbereich fallende Munition separat behandelt, denn diese Thematik war besonders umstritten und konnte nicht konsensual in die Liste von Artikel 2 Absatz 1 aufgenommen werden. Gemäss diesem Artikel muss jeder Vertragsstaat ein nationales Kontrollsystem zur Regelung der Ausfuhr von Munition, die von den konventionellen Waffen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 ATT abgefeuert, abgeschossen oder ausgebracht wird, schaffen und unterhalten.

Zudem müssen die Vereinbarkeit mit den Voraussetzungen in Artikel 6 (Verbote) und 7 (Ausfuhr und deren Bewertung) geprüft werden, bevor die Ausfuhr dieser Munition genehmigt werden kann. Durch diese Sonderbehandlung ist die Munition insbesondere von allen Massnahmen zur Verhinderung der Umleitung und den Berichterstattungspflichten ausgenommen.

Art. 4

Teile und Komponenten

Artikel 4 behandelt die in den Geltungsbereich fallenden Teile und Komponenten ebenfalls separat. Nach diesem Artikel hat jeder Vertragsstaat ein nationales Kontrollsystem zur Regelung der Ausfuhr von Teilen und Komponenten zu schaffen und zu unterhalten, sofern die Ausfuhr in einer Art und Weise erfolgt, die den Zusammenbau von konventionellen Waffen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 ermöglicht.

Ferner müssen auch die Bestimmungen der Artikel 6 (Verbote) und 7 (Ausfuhr und deren Bewertung) angewandt werden. Durch diese Sonderbehandlung werden Teile und Komponenten insbesondere von allen Massnahmen zur Verhinderung der Umleitung und den Berichterstattungspflichten ausgenommen.

Art. 5

Allgemeine Umsetzung

Der Vertragstext verlangt eine kohärente, objektive und nicht diskriminierende Umsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung der dem Vertrag vorangestellten Grundsätze. Vergleichbare Situationen sollen nicht unterschiedlich behandelt werden.

Der ATT sieht ein nationales Kontrollsystem vor, das Verbote und Bewilligungsverweigerungen konsequent durchzusetzen vermag. Die zu kontrollierenden Waffen sind mittels nationaler Kontrolllisten festzulegen, wobei sich deren Mindestinhalt an den Artikeln 2 Absatz 1 und 5 Absatz 3 zu orientieren hat. Dabei werden die Vertragsstaaten aufgefordert, ein möglichst breites Spektrum an konventionellen Waffen dem ATT zu unterstellen. Die entsprechenden nationalen Kontrolllisten werden über das Sekretariat unter den Vertragsstaaten ausgetauscht und bei Zustimmung des jeweiligen Vertragsstaates auch veröffentlicht.

Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, die zur Umsetzung des Vertrags notwendigen Massnahmen zu ergreifen. Dazu gehören insbesondere Gesetzgebungen und administrative Strukturen. Die Aufgaben des vorgeschriebenen Kontrollorgans umfassen unter anderem die Beschaffung, Verifizierung und Analyse von Informationen, die Beurteilung und Entscheidung von Transfergesuchen, das Überwachen der Einhaltung der eigenen Entscheidungen sowie die Koordination mit in- und ausländischen staatlichen Stellen. Dazu gehören insbesondere Zollbehörden, Polizei und rechtsprechende Behörden. Der ATT sieht des Weiteren die Schaffung einer nationalen Kontaktstelle vor. Das Vereinen von Bewilligungsbehörde und nationaler Kontakt-

1568

stelle innerhalb derselben Verwaltungseinheit bietet sich zur effizienten Vertragsumsetzung an.

Art. 6

Verbote

Artikel 6 legt strikte Kriterien fest, bei deren Vorliegen gewisse Transfers konventioneller Waffen, ihrer Munition sowie ihrer Teile und Komponenten verboten sind.

Beim ersten Fall geht es um Transfers, die Verpflichtungen aus Massnahmen des UNO-Sicherheitsrates unter Kapitel VII der UN-Charta verletzen würden. Wie in Artikel 6 Absatz 1 erwähnt, handelt es sich dabei vor allem um Waffenembargos, die der UNO-Sicherheitsrat kraft der Artikel 39 und 41 der UN-Charta beschlossen hat. Diese Beschlüsse sind für alle UNO-Mitgliedstaaten und damit auch für die Schweiz rechtlich bindend (Art. 25 UN-Charta). Dies ist allerdings keine neue Regel, denn die UNO-Mitgliedstaaten müssen heute schon die Waffenembargos des Sicherheitsrates einhalten.

Die zweite Art verbotener Transfers gemäss Artikel 6 Absatz 2 sind Transfers, welche die einschlägigen völkerrechtlichen Verpflichtungen eines Vertragsstaats verletzen würden, die sich aufgrund völkerrechtlicher Übereinkünfte, deren Vertragspartei er ist, ergeben. Diese Bestimmung bezieht sich somit auf alle völkerrechtlichen Verpflichtungen, die aus Übereinkommen resultieren, insbesondere die Verpflichtungen betreffend den Transfer von oder den unerlaubten Handel mit konventionellen Waffen. Solche Verpflichtungen sind namentlich in Übereinkommen im Zusammenhang mit dem humanitären Völkerrecht und der Rüstungskontrolle und Abrüstung enthalten. Für die Schweiz zählt zu dieser Kategorie insbesondere die Verpflichtung, auf den Transfer von Streumunition45 oder AntiPersonenminen46 zu verzichten. Die Verpflichtung, auf den Transfer von Waffen zu verzichten, kann sich auch aus Übereinkommen ohne direkten Bezug zum Waffenhandel ergeben, beispielsweise aus Menschenrechtsübereinkommen.

Drittens sind Waffentransfers gemäss Artikel 6 Absatz 3 verboten, wenn der Vertragsstaat zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Genehmigung Kenntnis hat, dass die Waffen oder Güter bei der Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verwendet würden. Damit der Transfer verboten ist, reicht es bereits aus, dass der betroffene Staat zum Zeitpunkt der Genehmigung des Waffentransfers wesentliche Gründe zur Annahme hat, dass die Waffen zur Begehung eines dieser Verbrechen dienen. Der Staat braucht in dieser Hinsicht also keine Gewissheit zu haben. Die Schweiz
hat sich aktiv an der Verhandlung dieses Artikels beteiligt und hat am Ende der Verhandlungen einen Kommentar zu den Arten von Verbrechen, die unter diesen Artikel fallen, abgegeben.

Die Verbrechen nach Artikel 6 Absatz 3 entsprechen den Begriffsbestimmungen im Völkerrecht. So ist der Völkermord im Übereinkommen vom 9. Dezember 194847 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes definiert. Es handelt sich dabei auch um eine gewohnheitsrechtliche Regel, die somit für alle Staaten verbindlich ist. Das Übereinkommen enthält eine präzise Definition des Völkermordes, insbesondere, was die Absicht sowie die verbotenen Handlungen betrifft, und hält fest, dass dieses Verbrechen im Frieden oder im Krieg begangen werden kann. Die 45 46 47

SR 0.515.093 SR 0.515.092 SR 0.311.11

1569

Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind im Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 199848 definiert. Das Statut definiert in Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben a­k den Begriff Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Artikel enthält eine Liste spezifischer Handlungen, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen werden. Wie der Völkermord können Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Krieg oder im Frieden begangen werden und unterstehen dem Gewohnheitsrecht.

Kriegsverbrechen sind schwere Verstösse des humanitären Völkerrechts. Artikel 6 Absatz 3 ATT erwähnt explizit die schweren Verletzungen der Genfer Abkommen sowie Angriffe gegen Zivilisten oder gegen zivile Güter, die als solche geschützt werden, sowie die anderen Kriegsverbrechen im Sinne völkerrechtlicher Übereinkünfte, deren Vertragspartei der betroffene Staat ist. Da die Genfer Abkommen universell gültig sind, werden sowohl Kriegsverbrechen in internen als auch internationalen bewaffneten Konflikten erfasst, insbesondere schwere Verstösse des gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Abkommen. Die anderen Referenzinstrumente für schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht sind die Zusatzprotokolle I49 und II50 zu den Genfer Abkommen, die Übereinkunft IV von Den Haag und ihre Reglemente51 sowie das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Die Schweiz, die Vertragspartei aller Übereinkommen ist, in denen die Kriegsverbrechen definiert sind, hat sich vor allem auf die schweren Verletzungen der Genfer Abkommen und der Zusatzprotokolle I und II sowie die Handlungen nach Artikel 8 des Römer Statuts zu beziehen.52 Art. 7

Ausfuhr und deren Bewertung

Die Kriterien und Parameter von Artikel 7 kommen immer dann zur Anwendung, wenn ein Export nicht von vornherein durch einen Ausschlussgrund in Artikel 6 verboten ist. Artikel 7 bezieht sich nur auf den Export und bindet somit vorwiegend den ausführenden Vertragsstaat. Bei der Beurteilung von Waffenausfuhren, die kohärent, objektiv und diskriminierungsfrei zu ergehen hat, sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen wie zum Beispiel der Typ und die Anzahl der Waffen, deren üblicher und vorgesehener Verwendungszweck, die allgemeine Lage im importierenden Staat und dessen regionaler Umgebung, der bezeichnete Endverwender, die am Waffentransfer Beteiligten und die vorgesehene Transportroute.

Artikel 7 Absatz 1 legt fest, dass die Bewilligungsbehörde die Risiken einer Ausfuhr konventioneller Waffen gemäss Artikel 2, von deren Munition sowie von deren Teilen und Komponenten zu berücksichtigen hat. Buchstabe a verlangt eine Beurteilung darüber, ob die auszuführenden Waffen zu Frieden und Sicherheit beitragen oder aber diese gefährden würden. Der Begriff «Frieden und Sicherheit» bezieht sich nicht notwendigerweise auf einen globalen oder internationalen Rahmen, sondern kann sich auch nur auf ein Land, in der Regel die Enddestination, beziehen.

48 49 50 51 52

SR 0.312.1 SR 0.518.521 SR 0.518.522 SR 0.515.111 und SR 0.515.112 Die ausführlichste Liste dieser Handlungen ist in der Studie des IKRK zum Völkergewohnheitsrecht (Customary IHL database) unter der Regel 156 enthalten.

Kann abgerufen werden unter: www.icrc.org/customary-ihl/eng/docs/home.

1570

Des Weiteren prüft die Bewilligungsstelle gemäss Buchstabe b, ob die auszuführenden Güter zur Begehung oder Erleichterung von schweren Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht (Ziff. i), schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte (Ziff. ii), Terrorakten (Ziff. iii) oder Handlungen der organisierten Kriminalität (Ziff. iv) verwendet werden könnten. Im Sinne von Absatz 4 muss auch das Risiko einer Verwendung zur Begehung von schweren Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt oder von Gewalt gegen Frauen und Kinder berücksichtigt werden.

In Anwendung von Artikel 11 Absatz 1 wird zudem das Risiko einer Umleitung geprüft.

Schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i entsprechen Kriegsverbrechen, wie in den Erläuterungen zu Artikel 6 dargestellt wird.

Zur Beurteilung, ob eine schwerwiegende Verletzung von international geltenden Menschenrechten im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii vorliegt, ist eine mögliche Verletzung der elementaren, international verankerten Menschenrechtsgarantien zu prüfen, wozu namentlich folgende hier relevanten Garantien zählen: das Recht auf Leben; das Recht, nicht gefoltert oder sonst wie grausam, unmenschlich oder erniedrigend behandelt zu werden; das Recht auf Freiheit und Sicherheit; das Recht, nicht versklavt zu werden; das Recht auf Gedanken- und Religionsfreiheit; das Recht auf Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit; allenfalls auch das Recht auf Gesundheit, Bildung, Nahrung und Wohnung. Unbestritten ist, dass Verletzungen des zwingenden Völkerrechts in jedem Fall als schwerwiegende Verletzung von international geltenden Menschenrechten betrachtet werden. Zum zwingenden Völkerrecht zählen namentlich das Gewaltverbot, die Verbote von Folter, Völkermord und Sklaverei, die Grundzüge des humanitären Völkerrechts sowie die Summe der notstandsfesten Garantien der EMRK und des UNO-Pakts II.53 Für Menschenrechte, welche nicht zu diesem engen Kreis des zwingenden Völkerrechts gehören, dürfte die Schwelle für die Annahme einer schwerwiegenden Verletzung höher liegen.

Laut Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii ist zu beurteilen, ob zu liefernde Güter der Begehung oder der Erleichterung eines terroristischen Akts dienen könnte, wie er insbesondere in Artikel 2 des Internationalen Übereinkommens vom 15. Dezember 199754
zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge definiert wird. Als terroristische Akte in diesem Sinne gelten unrechtmässige und vorsätzliche Handlungen wie Lieferung, Platzierung, Abfeuern oder Zur-Explosion-Bringen von Sprengstoffen und anderen tödlichen Gegenständen auf öffentlichen Plätzen, in staatlichen Gebäuden, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Infrastrukturbauten, wenn damit die Absicht verfolgt wird, den Tod oder schwere körperliche Verletzungen zu verursachen, oder die vorgenannten Orte zu zerstören.

Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iv verweist auf widerrechtliche Handlungen gemäss dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 200055 gegen die

53

54 55

Eingehend dazu der Zusatzbericht des Bundesrats vom 30. März 2011 zu seinem Bericht vom 5. März 2010 über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht (BBI 2011 3613, insb. 3625 ff). Vgl. ferner die Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung (BBl 1997 I 1, 433 ff. und 446) und die Botschaft vom 27. August 2008 zur Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten (BBl 2008 7603), Ziff. 2.3.2­2.3.4.

SR 0.353.21 SR 0.311.54

1571

grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und deren Zusatzprotokollen56.

Folgende Handlungen sind in diesem Sinne relevant: Schwerstkriminalität, Beteiligung an Gruppen des organisierten Verbrechens, Geldwäscherei und Korruption, Menschenhandel, Menschenschmuggel sowie illegale Herstellung und illegaler Handel von Feuerwaffen.

Gemäss Artikel 7 Absatz 2 sind im Rahmen der Beurteilung eines Exportgesuchs die zur Verfügung stehenden Massnahmen zur Reduktion der in Absatz 1 genannten Risiken zu prüfen. Ein typisches Instrument hierzu sind NichtwiederausfuhrErklärungen, durch die der importierende Staat dem exportierenden Staat schriftlich bestätigt, dass die importierten Güter nicht ohne die Zustimmung des Exportstaates wiederausgeführt werden. Die Schweiz lässt sich zudem von gewissen Ländern bestätigen, dass die gelieferten Waren nicht widerrechtlich gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Weitere risikovermindernde Massnahmen wären zum Beispiel zukünftige Überprüfungen der Waffen vor Ort, bilaterale Programme zum Kapazitätsaufbau oder Projekte zur Verbesserung der Lagerverwaltung und Lagersicherheit.

Artikel 7 Absatz 3 legt die Rechtsfolge der Beurteilung der Waffenausfuhr gemäss Absatz 1 in Verbindung mit den risikovermindernden Massnahmen nach Absatz 2 fest. Kommt der Vertragsstaat im Rahmen der Prüfung der Ausfuhr zum Schluss, dass die Eintretenswahrscheinlichkeit der Untergrabung von Frieden und Sicherheit oder der missbräuchlichen Verwendung der Waffen trotz der Durchführung risikomindernder Massnahmen überwiegt, hat der Vertragsstaat die Ausfuhrbewilligung zwingend zu verweigern.

Gemäss Artikel 7 Absatz 4 muss im Rahmen der Risikobeurteilung auch das Risiko einer Verwendung zur Begehung von schweren Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt oder von schwerer Gewalt gegen Frauen und Kinder beurteilt werden. Dementsprechend fliesst dieses Kriterium in die Prüfung der Kriterien nach Absatz 1 und in die Beurteilung gemäss Absatz 3 ein.

Gemäss Absatz 5 haben Ausfuhrbewilligungen sowie andere offizielle Dokumente im Zusammenhang mit dem Bewilligungsverfahren einen möglichst hohen Detaillierungsgrad aufzuweisen und sind noch vor der effektiven Ausfuhr auszustellen. Die Mindestangaben bestehen grundsätzlich aus Informationen über die Bezeichnung der jeweiligen Güter, Exporteur, Art,
Menge, Preis und Gewicht einer Ware, importierender Staat, Adresse des Importeurs, Geltungsdauer einer Bewilligung und Kontaktdaten der ausstellenden Behörde.

Laut Absatz 6 erteilt der exportierende Staat jenen Vertragsstaaten, in die Waffen und Güter importiert werden, durch die sie durchgeführt oder in denen sie umgeschlagen werden, auf deren Anfrage hin die entsprechenden Informationen. Die Herausgabe von bestimmten Informationen kann verweigert werden, wenn wirt56

Zusatzprotokoll vom 15. November 2000 gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, SR 0.311.541; Zusatzprotokoll vom 15. November 2000 zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, SR 0.311.542; Zusatzprotokoll vom 15. November 2000 gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, SR 0.311.544.

1572

schaftliche oder sicherheitspolitische Interessen tangiert sein könnten. Unproblematisch dürften Informationen sein, die bestätigen, ob ein Transfer durchgeführt wurde oder noch pendent ist, ebenso wie die Enddestination.

Erhält ein Vertragsstaat Informationen, die darauf hinweisen, dass bereits erteilte und noch gültige Bewilligungen die Bewilligungsvoraussetzungen aufgrund von Geschehnissen nicht mehr erfüllen, so wird dieser laut Absatz 7 ermutigt, eine Neubeurteilung durchzuführen. Bei Bedarf kann der Importstaat dazu konsultiert werden.

Art. 8

Einfuhr

Absatz 1 stellt in gewissem Masse ein Gegenstück zu Artikel 7 dar, indem er den importierenden Vertragsstaat zum Informationsaustausch mit dem exportierenden Vertragsstaat verpflichtet. Relevant dürften Informationen sein, welche die Endverwendung oder die Nichtwiederausfuhr zusichern, aber auch allgemeine Auskünfte wie die Sicherheitslage im Land und der Region. Der Artikel sieht in Absatz 2 die Regelung des Imports von konventionellen Waffen gemäss Artikel 2 vor, wovon Munition sowie Teile und Komponenten ausgeschlossen sind. Als möglicher Ansatz wird die Schaffung eines Importkontrollsystems genannt, wobei hierzu im Gegensatz zur Kontrolle von Exporten keine Pflicht besteht. Absatz 3 gibt dem importierenden Vertragsstaat, der gleichzeitig Enddestination eines Transfers ist, das Recht, beim exportierenden Staat nach Informationen über den Status des Transfers wie beispielsweise die definitive Bewilligungserteilung oder dessen Abwicklung zu ersuchen.

Art. 9

Durchfuhr oder Umladung

Zur effektiven Kontrolle des Waffenhandels bedarf es auch einer gewissen Kontrolle der Durchfuhren und des Umschlags. Der Vertrag bezieht sich in Artikel 9, wie beim Import in Artikel 8, nur auf konventionelle Waffen im Sinne von Artikel 2 und verlangt lediglich eine Regelung der Durchfuhren und des Umschlags, nicht aber zwingend eine tatsächliche Kontrolle der benannten Aktivitäten.

Art. 10

Vermittlungstätigkeit

Die Vermittlung ist weder im Vertrag selbst noch in anderen völkerrechtlichen Verträgen definiert. Einen Ansatz gibt der Bericht der UNO-Gruppe von Regierungsexperten zur illegalen Vermittlung von Kleinwaffen und leichten Waffen57: Vermittlung ist das massgebliche Mitwirken am Zustandekommen eines Vertrages zwischen mindestens zwei anderen Parteien gegen Entgelt oder anderweitige Vorteile. Der Vermittler tritt typischerweise nicht als (Zwischen-)Händler auf, ist also weder Lieferant noch Empfänger einer Ware. Aufgrund des Territorialitätsprinzips können nur jene Vermittlungshandlungen erfasst werden, die vom Territorium des jeweiligen Vertragsstaats ausgehen. Im Anwendungsbereich des Vertrages liegen Vermittlungshandlungen in Bezug auf konventionelle Waffen gemäss Artikel 2.

57

Report of the Group of Governmental Experts established pursuant to General Assembly resolution 60/81 to consider further steps to enhance international cooperation in preventing, combating and eradicating illicit brokering in small arms and light weapons, UN doc.

A/62/163, 30. August 2007. Kann abgerufen werden unter: www.poaiss.org/BrokeringControls/English_N0744232.pdf.

1573

Analog den Bestimmungen in den Artikeln 8 und 9 wird ausschliesslich eine Regelung, nicht aber eine tatsächliche Kontrolle der Vermittlungstätigkeit verlangt. Der Vertrag sieht hierzu als mögliche Massnahmen die Registrierung der Vermittler oder das vorgängige Einholen einer schriftlichen Vermittlungsbewilligung vor.

Art. 11

Umleitung

Der Begriff der Umleitung entspricht dem Konzept der unerwünschten Weitergabe der KMV und umfasst neben dem Kontrollverlust über die Waren auf dem Handelsweg oder beim rechtmässigen Besitzer auch die Weitergabe an einen im Zeitpunkt des Ausstellens der Exportbewilligung nicht vorgesehenen Endverwender oder die nicht der Endverwendungserklärung entsprechende Benutzung der Waffen.

Absatz 1 weist Vertragsstaaten an, Umleitungen von konventionellen Waffen vorzubeugen. Die Beurteilung des Risikos der unerlaubten Weiterleitung ist implizit integraler Bestandteil der Prüfung nach Artikel 7 Absätze 1 und 3. Dabei können unter anderem Informationen über Waffentyp, die beteiligten Akteure, die Route sowie die allgemein verfügbaren Kenntnisse über das Endbestimmungsland relevant sein. Ergänzend zu den üblichen risikovermindernden Massnahmen gemäss Artikel 7 Absatz 2 sind weitere Massnahmen wie die Durchführung von vertieften Abklärungen über die am Transfer beteiligten Parteien oder die Verpflichtung zur Beibringung von zusätzlichen Sicherheiten oder Dokumenten denkbar. Namentlich Vor-Ort- Überprüfungen stellen ein probates Mittel dar, um Weiterleitungen zu bekämpfen.

Auch importierende Staaten sollen Massnahmen ergreifen, um Umleitungen zu bekämpfen. Die Vertragsstaaten sind zudem aufgefordert, zu kooperieren und relevante Informationen auszutauschen, um Umleitungen effektiv zu bekämpfen, unabhängig davon, ob sie selbst in den Transfer involviert sind. Mögliche Massnahmen sind die Alarmierung von betroffenen Staaten, die Untersuchung von unerwünscht weitergeleiteter Ware und Mittel zur Rechtsdurchsetzung. Absatz 5 listet allgemeine Massnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung des illegalen Waffenhandels und der Umleitung auf. Dazu gehören Informationsaustausche über internationale Schmuggelrouten, illegale Vermittlungen, Verschleierungsmassnahmen und Umschlagplätze. Zur möglichst effektiven Verbreitung von solchen Informationen soll das Sekretariat informiert und gleichzeitig über getroffene Massnahmen orientiert werden. Dies entspricht Artikel 13 Absatz 1.

Art. 12

Führen von Aufzeichnungen

Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, auf nationaler Basis die ausgestellten Bewilligungen zum Export von konventionellen Waffen oder die tatsächlich ausgeführten konventionellen Waffen aufzuzeichnen. Zur Aufzeichnung von importierten, durchgeführten oder im Vertragsstaat umgeschlagenen konventionellen Waffen werden die Vertragsstaaten ermutigt. Mögliche Inhalte der Aufzeichnungen sind Quantität, Wert, Modell oder Typ einer Waffe, die Menge von bereits transferierten Waffen, Informationen über den exportierenden beziehungsweise den importierenden Staat, allfällige Durchfuhrstaaten oder Staaten, in denen die Waffen umgeschlagen werden, und Endverwender. Die Aufzeichnungen sind mindestens während zehn Jahren aufzubewahren.

1574

Art. 13

Berichterstattung

Vertragsstaaten sind verpflichtet, dem Sekretariat binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Vertrags einen erstmaligen Bericht über die Umsetzung des Vertrags zuzustellen. Dieser Bericht soll über die national geltenden Gesetze, die Kontrollliste gemäss Artikel 5 Absatz 2 sowie über weitere regulatorische oder administrative Massnahmen Aufschluss geben. In einem späteren Zeitpunkt ergehende neue Massnahmen zur Implementierung des Vertrags sind ebenfalls dem Sekretariat zu melden. Das Sekretariat macht alle erstmaligen Berichte sowie die Berichte über neu getroffene Massnahmen zur Umsetzung des Vertrags sämtlichen Vertragsstaaten zugänglich. Artikel 13 Absatz 2 ermutigt Vertragsstaaten durch das Sekretariat, anderen Vertragsstaaten über jene getroffenen Massnahmen zu berichten, die sich in der Bekämpfung der Umleitung als effektiv erwiesen haben. Diese Bestimmung deckt sich in ihrer praktischen Anwendung weitgehend mit Artikel 11 Absatz 6.

Nach Absatz 3 sind Vertragsstaaten verpflichtet, einen jährlichen Bericht über die ausgestellten Bewilligungen zum Export von konventionellen Waffen oder die tatsächlich ausgeführten Waffen an das Sekretariat zu übermitteln. Der jeweils bis zum 31. Mai einzureichende Bericht über das Vorjahr wird allen Vertragsstaaten durch das Sekretariat zugänglich gemacht. Der Bericht dürfte im Ergebnis die Anforderungen von Artikel 12 zu erfüllen haben.

Art. 14

Durchsetzung

Artikel 14 weist die Vertragsstaaten an, die Massnahmen zur Umsetzung des Vertrags, insbesondere die nationalen Gesetzgebungen und Regulierungen, durchzusetzen. In erster Linie dienen administrative Sanktionen und strafrechtliche Massnahmen einer Durchsetzung der nationalen Umsetzung des Vertrags.

Art. 15

Internationale Zusammenarbeit

Diese Bestimmung widmet sich der internationalen Zusammenarbeit zur effektiven Umsetzung des Vertrags, indem sie Vertragsstaaten zu aktivem, gemeinsamem Handeln auffordert. So werden diese aufgefordert, die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern und Informationen zur Umsetzung und Anwendung des Vertrags, die von gegenseitigem Interesse sein könnten, auszutauschen. Für die Untersuchung und Verfolgung von Verletzungen des nationalen Rechts sollen Vertragsstaaten einander, im Einklang mit ihrer jeweiligen Rechtsordnung, grösstmögliche Unterstützung, insbesondere im Rahmen der internationalen Rechtshilfe, gewähren. Des Weiteren werden die Vertragsstaaten ermutigt, auf nationaler Ebene Massnahmen zu ergreifen sowie mit anderen Vertragsstaaten zu kooperieren, um zu verhindern, dass im Waffenhandel korrupte Handlungen Platz greifen. Der letzte Absatz der Bestimmung ruft Vertragsstaaten dazu auf, sich mit anderen Vertragsstaaten über sämtliche im Zusammenhang mit dem Vertrag gemachten Erfahrungen auszutauschen.

Art. 16

Internationale Unterstützung

Zur Umsetzung des ATT kann jeder Vertragsstaat andere Vertragsstaaten um Unterstützung ersuchen. Diese kann in Form von rechtlicher oder legislativer Unterstützung oder von Kapazitätsaufbau erfolgen und technischer, materieller oder finanzieller Natur sein. Die Hilfe kann auch bei der UNO oder bei anderen internationalen, regionalen, sub-regionalen oder nationalen Organisationen ersucht, von ihnen ange1575

boten oder erhalten werden. Absatz 3 sieht einen freiwilligen Treuhandfonds vor, der durch die Vertragsstaaten etabliert werden soll, um die Umsetzung des ATT zu fördern. Jeder Staat wird aufgefordert, zu diesem Treuhandfonds beizutragen. Verwaltet wird der Fonds durch das Sekretariat.

Artikel 17­28

Schlussbestimmungen

Die Schlussbestimmungen umfassen Regeln zu den Kompetenzen und Aufgaben der Konferenz der Vertragsstaaten und des Sekretariats sowie Bestimmungen zur Beilegung von Streitigkeiten, zu den Änderungsmodalitäten, zur Unterzeichnung, zur Ratifikation und zum Beitritt, zum Inkrafttreten, zum Rücktritt von Vertragsparteien und zum Ablauf des Vertrags, zu den Vorbehalten, zum Verwahrer und zu den verbindlichen Wortlauten. Ebenfalls enthalten sind Bestimmungen zum Verhältnis des Vertrags zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften, zur Geltungsdauer und zur vorläufigen Anwendung. Die Schlussbestimmungen des ATT entsprechen den üblichen Bestimmungen, die auch in anderen Staatsverträgen zu finden sind.

So sieht der Vertrag eine Konferenz der Vertragsstaaten (Art. 17), ein Sekretariat (Art. 18) und einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten vor (Art. 19).

Der ATT kann mit einer Dreiviertelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten geändert werden (Art. 20). Weiter sind Regeln für die Unterzeichnung und die Ratifikation vorgesehen (Art. 21). Der Vertrag soll 90 Tage nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der 50. Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Verwahrer in Kraft treten (Art. 22).

Gemäss Artikel 23 ATT und im Sinne von Artikel 25 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 196958 über das Recht der Verträge kann ein Staat die Artikel 6 und 7 ATT schon vor dem Inkrafttreten des ATT provisorisch zur Anwendung bringen.

Damit sollen eine rasche Umsetzung der zwei Kernbestimmungen des ATT und eine vorgezogene Auswirkung auf die nationalen Bewilligungsentscheide betreffend internationale Waffentransfers bewirkt werden. Da es den Zielen des ATT dient und das Engagement der Schweiz im Bereich des Waffenhandels bestätigt, wird der Bundesrat bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde die provisorische Anwendung der Artikel 6 und 7 des ATT durch die Schweiz erklären.

Bei den Bestimmungen zur Geltungsdauer und zum Rücktritt (Art. 24), zum Verwahrer, welcher der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist (Art. 27), sowie zu den verbindlichen Wortlauten handelt es sich um Standardbestimmungen. In Artikel 25 wird den Staaten erlaubt, Vorbehalte anzubringen, solange diese mit dem Ziel und Zweck des Vertrags vereinbar sind. Die Schweiz hat nicht vor, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu
machen, denn sie muss keine Bestimmung ausschliessen oder in ihrer Anwendung einschränken.

Artikel 26 schliesslich regelt das Verhältnis des ATT zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften. Gemäss diesem Artikel dürfen die Vertragsstaaten andere Übereinkommen abschliessen, sofern sie mit den Verpflichtungen und Standards dieses Vertrags vereinbar sind. So können die Staaten auf bilateraler oder regionaler Ebene striktere Regelungen vereinbaren. Wenn ein Vertragsstaat hingegen ein internationales Übereinkommen abschliesst, das den Verpflichtungen des ATT widerspricht, würde dies eine Verletzung der Verpflichtungen unter Artikel 26 bedeuten, und der Staat würde international zur Verantwortung gezogen. Laut Artikel 26 Absatz 2 58

SR 0.111

1576

kann der Vertrag zudem nicht als Begründung herangezogen werden, um zwischen Vertragsstaaten des ATT abgeschlossene Übereinkünfte über Verteidigungszusammenarbeit aufzulösen. Ziel und Zweck des Vertrags implizieren, dass hiermit die möglichen zivilrechtlichen Folgen im Falle einer Auflösung solcher Übereinkünfte und insbesondere die daraus resultierenden finanziellen Sanktionen angesprochen werden. So kann ein Vertragsstaat eine Übereinkunft mit einem anderen Vertragsstaat nicht auflösen, indem er sich darauf beruft, dass diese Übereinkunft seine völkerrechtlichen Verpflichtungen gemäss dem ATT verletze. Hingegen kann jeder Staat in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht eine Übereinkunft kündigen, um seine Verpflichtungen gemäss dem ATT einzuhalten. Dadurch kann er jedoch zur Verantwortung gezogen werden. Es versteht sich, dass Vertragsstaaten des ATT keine neuen Übereinkünfte über Verteidigungszusammenarbeit abschliessen dürfen, die den Bestimmungen des ATT zuwiderlaufen.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Der Beitritt zum ATT hat für den Bund geringe Mehrkosten zur Folge. Die Pflichtbeiträge zur Finanzierung des Sekretariats und der Treffen der Vertragsstaaten wurden bis jetzt noch nicht festgelegt. Diese Aufgabe steht der Vertragsstaatenkonferenz zu. Bei vergleichbaren Staatsverträgen im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung beziffert sich der alljährliche Beitrag der Schweiz auf rund 20 000­40 000 Franken.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die konsequente Umsetzung des ATT wird einen Mehraufwand mit sich bringen.

Einerseits muss die Schweiz an den regelmässigen Treffen der Vertragsstaaten teilnehmen und ihre diesbezügliche Position vorbereiten, andererseits muss der regelmässige Informationsaustausch, wie beispielsweise die jährliche Berichterstattung an das Sekretariat des ATT, gewährleistet werden. Die Unterstützung von Partnerstaaten im Kapazitätsaufbau mittels bilateralen Dialogen, direkter Unterstützung vor Ort und Beiträgen zu Projekten der Zivilgesellschaft sowie die gesamtheitliche Koordination des Bundes im Bereich des Waffenhandels bewirken ebenfalls einen zusätzlichen Mehraufwand.

Die Schweizer Armee stellt ihre Expertise im Rahmen des Kapazitätsaufbaus für die Lagerverwaltung und Lagersicherheit von Waffen und Munitionsdepot international zur Verfügung. Im Rahmen der OSZE ist diese Problematik eines der relevanten Themen des Schweizer Vorsitzjahres. Der Assistenzmechanismus des ATT und der dazugehörige Treuhandfonds sowie der erkannte Trend dürften das internationale Bedürfnis nach Expertise verstärken. Es wird zu prüfen sein, ob für diese Aufgabe bei der Schweizer Armee eine zusätzliche Stelle nötig sein wird.

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3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Der Beitritt der Schweiz zum ATT lässt weder Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden noch auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete erwarten.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Der Beitritt der Schweiz zum ATT lässt keine volkswirtschaftlichen Auswirkungen erwarten (siehe dazu Ziff. 1.4.2).

3.4

Auswirkungen auf die Aussenpolitik

Die Vorlage steht im Einklang mit der schweizerischen Aussenpolitik (siehe dazu Ziff. 1.1, 1.4 und 4.2). Der Beitritt zum ATT entspricht insbesondere den folgenden aussenpolitischen Zielen gemäss Bundesverfassung: friedliches Zusammenleben der Völker, Achtung der Menschenrechte und Förderung der Demokratie, Wahrung der Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland sowie Linderung von Not und Armut in der Welt.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 201259 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201260 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Aufgrund der schwierigen und langwierigen Verhandlungen war die Verabschiedung des ATT nicht absehbar.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Vorlage entspricht sowohl den aussenpolitischen Zielen der Schweiz als auch den nationalen Strategien des Bundesrats. Der Beitritt der Schweiz zum ATT würde insbesondere mit den Zielsetzungen und Erläuterungen des Berichts des Bundesrates vom 3. März 201261 über die aussenpolitischen Schwerpunkte der Legislatur, des Berichts des Bundesrates vom 23. Juni 201062 über die Sicherheitspolitik der Schweiz, des Berichts des Bundesrates vom 30. November 201263 über die 59 60 61 62 63

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 Kann abgerufen werden unter: www.eda.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Die schweizerische Aussenpolitik.

BBl 2010 5133 Kann abgerufen werden unter: www.news.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Frieden und Sicherheit

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Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz 2012 sowie der Schweizer Strategie zur internationalen Bekämpfung des unerlaubten Handels mit und des Missbrauchs von Kleinwaffen und leichten Waffen 2013­201664 übereinstimmen.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dez. 200265; Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199766). Eine entsprechende Norm, die eine Zuständigkeit des Bundesrates begründen könnte, besteht nicht.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den in Ziffer 1.1.2 genannten internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Darüber hinaus ist die Vorlage auch mit dem WTO-Recht (Art. XXI GATT67) und dem Europarecht vereinbar.

5.3

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Der ATT ist unbefristet und kündbar und sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Zu seiner Umsetzung bedarf es weder des Erlasses noch der Änderung von Bundesgesetzen. Indes enthält er rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes, die wichtig sind, weil sie Aufgaben und Leistungen des Bundes festlegen und die Organisation und das Verfahren der Bundesbehörden beeinflussen (insbesondere die Art. 5­7 ATT). Inner64 65 66 67

Kann abgerufen werden unter: www.eda.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Frieden und Sicherheit .

SR 171.10 SR 172.010 SR 0.632.21

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staatlich müssten derartige Bestimmungen in der Form eines formellen Gesetzes ergehen. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des ATT unterliegt folglich dem fakultativen Referendum.

5.4

Interpretative Erklärung

Der Bundesrat prüft die Opportunität einer interpretativen Erklärung zu den Artikeln 2 Absatz 2, 6 Absatz 3, 7 Absatz 3 sowie 26 ATT, die anlässlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde abzugeben wäre. Betreffend Artikel 6 Absatz 3 könnten die erfassten Kriegsverbrechen möglichst umfassend umschrieben sowie verdeutlicht werden, dass auch Kriegsverbrechen in nicht internationalen bewaffneten Konflikten von der Bestimmung erfasst sind. Des Weiteren könnte die interpretative Erklärung den notwendigen Grad an Information klären, bei dem ein Staat einen Waffentransfer zu verbieten hat. In Bezug auf Artikel 7 Absatz 3 könnte ausgeführt werden, wann aus Sicht der Schweiz ein überwiegendes Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der auszuführenden Waffen vorliegt und somit die fragliche Ausfuhrbewilligung verweigert werden muss. Des Weiteren könnte detailliert dargestellt werden, wie die Schweiz Artikel 26 auslegt. Damit könnte die Auslegung dieser Bestimmungen durch die Schweiz (siehe die Erläuterungen zu den jeweiligen Artikeln unter Ziff. 2) offiziell festgehalten werden, um die völkerrechtliche Interpretation im Sinne der Schweiz zu beeinflussen und somit das Vertragswerk zu stärken. Der Inhalt der interpretativen Erklärung wäre so zu wählen, dass es sich nicht um einen Vorbehalt handelt.

5.5

Datenschutz

Der unter dem ATT zu erfolgende Informationsaustausch, der auch die Bearbeitung von Personendaten zur Folge haben kann, wird im Rahmen der internationalen Amtshilfe auf der Grundlage von Artikel 42 KMG erfolgen. Das Datenschutzgesetz vom 19. Juni 199268 wird beim Informationsaustausch gemäss dem ATT einzuhalten sein.

68

SR 235.1

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