Bericht des Bundesrates über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2013 vom 2. Juli 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen den Bericht über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2013 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. Juli 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-1536

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Bericht 1

Zusammenfassung

Die Struktur der internationalen Migrationszusammenarbeit (IMZ-Struktur) umfasst drei Stufen: das Plenum der interdepartementalen Arbeitsgruppe für Migration (IAM-Plenum) auf Stufe Direktoren/Staatssekretäre, den Ausschuss für internationale Migrationszusammenarbeit (IMZ-Ausschuss) auf Stufe Vizedirektoren/Abteilungsleiter sowie die Arbeitsgruppen für Regionen, Länder und Schwerpunktthemen. Die in erster Linie involvierten Departemente sind das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD mit dem Bundesamt für Migration, BFM, und dem Bundesamt für Polizei, fedpol), das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA mit der Politischen Direktion, PD, und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, DEZA) sowie das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO).

Die interdepartementale Zusammenarbeit im Rahmen der IMZ-Struktur stellt eine möglichst kohärente Migrationsaussenpolitik sicher. Die erfolgreiche Umsetzung von konkreten Projekten, Massnahmen und politischen Dialogen ist insbesondere dank des regelmässigen Austauschs und der engen Abstimmung zwischen verschiedenen Bundesstellen unter anderem im Rahmen von thematischen und geografischen Arbeitsgruppen möglich. Diese interdepartementale Struktur bietet eine nützliche Plattform, um den verschiedenen Interessen der Schweiz im Migrationsbereich Rechnung zu tragen. Dazu gehören die internationale Gouvernanz der Migration, die Verknüpfung von Migration und Entwicklung, die reguläre Migration, der Schutz von Flüchtlingen und besonders verletzlichen Migrantinnen und Migranten, die Rückkehr und Reintegration sowie die Prävention der irregulären Migration.

Die interdepartementale Zusammenarbeit in den verschiedenen thematischen und geografischen Arbeitsgruppen der IMZ-Struktur bildet die Grundlage für den vorliegenden Tätigkeitsbericht 2013.

Schwerpunkte der migrationsaussenpolitischen Aktivitäten der Schweiz waren die Mitarbeit im multilateralen Rahmen, die Steuerung der fünf Migrationspartnerschaften, die Umsetzung der Programme «Protection in the Region» sowie die bilateralen Dossiers, bei denen die Schweiz durch Dialog und Zusammenarbeit ihre Interessen zu realisieren versucht.

Im multilateralen Bereich lag der Schwerpunkt auf der Vorbereitung
und Realisierung der schweizerischen Teilnahme am UN High Level Dialogue (UNHLD) vom Oktober 2013. Die Schweiz, vertreten durch Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga, konnte im Rahmen eines Rundtischs mit Nigeria ihr Konzept der Migrationspartnerschaft präsentieren und nutzte die Gelegenheit für vielfältige bilaterale Kontakte.

Die Migrationspartnerschaften konnten weiterentwickelt werden und boten Gelegenheit, die gegenseitigen Interessen offen zu besprechen. In Beantwortung des Postulats 12.3858 Amarelle wird 2014 eine erste Evaluation der bestehenden Migrationspartnerschaften durchgeführt werden.

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Zur Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom Juni 2012 betreffend die «Möglichkeiten einer Verknüpfung der Migrationsaussenpolitik mit weiteren Bereichen der bilateralen Zusammenarbeit» wurde eine Liste der fünf prioritären Herkunftsländer erstellt. Mit diesen Staaten bestehen anhaltende Schwierigkeiten in der operationellen Zusammenarbeit im Rückkehrbereich. Im Rahmen der interdepartementalen Zusammenarbeit wird angestrebt, das Thema Rückkehr in geeigneter Form mit anderen aussenpolitischen Dossiers zu verknüpfen.

Die Zusammenarbeit mit den EU-Staaten hat 2013 auch im IMZ-Kontext weiter an Bedeutung gewonnen. Durch die Assoziierung an Schengen und Dublin ist die Schweiz in die europaweite Migrationszusammenarbeit eingebunden und hat ein Interesse an deren Funktionieren. Die Schweiz unterstützt in diesem Rahmen die Behörden derjenigen EU-Staaten, die aufgrund ihrer geografischen Lage oder ihrer innenpolitischen Situation besonders durch Migration an den Aussengrenzen gefordert sind.

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Wichtigste Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2013

2.1

Multilateraler Migrationsdialog

2.1.1

Internationaler Migrationsdialog

Im Jahr 2013 hat die Schweiz ihre Aktivitäten zur Entwicklung des internationalen Migrations- und Entwicklungsdialogs weitergeführt und verstärkt. Sie hat sich in verschiedenen Prozessen und internationalen Foren engagiert, beispielsweise im Vorbereitungsprozess der neuen Post-2015-Entwicklungsagenda. Die Schweiz hat auch ihr Engagement im Globalen Forum für Migration und Entwicklung (GFMD) fortgeführt und in Genf aktiv an den von Schweden geleiteten Vorbereitungsarbeiten zum GFMD-Gipfel teilgenommen. Dieser findet im Mai 2014 in Stockholm statt. In Genf hat Schweden unter anderem verschiedene Themengespräche organisiert.

Eines dieser Gespräche, das von Schweden und der Schweiz gemeinsam geleitet wurde, befasste sich mit Fragen der politischen Kohärenz. Der Höhepunkt des internationalen Migrations- und Entwicklungsdialogs 2013 war jedoch der zweite UN High-Level Dialogue on Migration and Development (UNHLD), der im Rahmen der 68. UNO-Generalversammlung am 3. und 4. Oktober 2013 in New York stattfand.

Am zweiten UNHLD konnte die Schweiz, vertreten durch Bundesrätin Simonetta Sommaruga, mit ihrem Beitrag Brücken bauen, welche die Interessen der verschiedenen Länder miteinander verbinden. Dies hat zu einem Dialog beigetragen, der anerkennt, dass die Suche nach gemeinsamen Lösungen für die Herausforderungen der internationalen Migration (Bekämpfung von Menschenhandel, besserer Schutz der Migrationsbevölkerung und Notwendigkeit, der negativen Wahrnehmung der Migration entgegenzuwirken) einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit bedarf; gleichzeitig sollen die positiven Aspekte der Migration gestärkt werden (Beitrag zur Entwicklung der Herkunfts- und Zielländer, Notwendigkeit einer Mitwirkung der Diaspora usw.). Am UNHLD konnte die Schweiz zudem darlegen, weshalb sie es als wichtig erachtet, die Migration in die Post-2015-Entwicklungsagenda aufzunehmen. Denn aufgrund ihres Engagements auf internationaler Ebene ­ die Schweiz hatte in der globalen Konsultation zur Populationsdynamik, welche die Migration 5995

miteinschloss, das Kopräsidium inne ­ sowie der in der Schweiz geführten Grundlagenarbeiten bildet die Migration einen Schwerpunkt in der Position des Bundesrates für den Post-2015-Prozess. Am UNHLD haben die Staaten ihr Interesse daran betont, dass die Migration Eingang in diese neue Entwicklungsagenda findet.

Angesichts der Tragödie in Lampedusa, die sich just am Eröffnungstag des UNHLD abspielte, hat die internationale Gemeinschaft anerkannt, wie wichtig es ist, sich für einen besseren Schutz der Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten einzusetzen. Die Schweiz hat die Bedeutung eines koordinierten und pragmatischen Ansatzes zum besseren Schutz dieser Rechte sowie die Verantwortung der Staaten hervorgehoben. In diesem Zusammenhang hat die Schweiz 2013 ihr Engagement im Rahmen der Nansen-Initiative weitergeführt. Dabei handelt es sich um einen konsultativen Prozess, der von den Staaten unter dem gemeinsamen Vorsitz der Schweiz und Norwegens geführt wird mit dem Ziel, eine Agenda für den Schutz von Menschen zu etablieren, die infolge von Naturkatastrophen ins Ausland fliehen müssen.

Im Hinblick auf den UNHLD hat sich die Schweiz während des ganzen Jahres 2013 auf Ebene der regionalen und globalen Prozesse stark eingesetzt. In diesem Rahmen hatte sie Gelegenheit, ihr weltweites Beziehungsnetz mit staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren massgeblich auszubauen. Ein solches Netzwerk ermöglicht es Regierungen, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft, Wissen und Erfahrungen im Migrations- und Entwicklungsbereich zu teilen. Am Rande des UNHLD fanden verschiedene bilaterale Treffen statt, an denen die Schweiz mit den für sie wichtigen Staaten konkrete Fragen der bilateralen Zusammenarbeit im Migrationsbereich besprechen konnte.

Eine wichtige Rolle spielte die Schweiz auch bei den von Mexiko geführten Verhandlungen, die zur Verabschiedung einer Erklärung der UNO-Mitgliedstaaten während des UNHLD geführt haben. Dieser Text ist die erste Erklärung zur Migration und Entwicklung, die von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Er legt die gemeinsamen Prioritäten der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf Themen von globaler Bedeutung, die notwendigen Handlungsgrundsätze sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten der beteiligten Akteure in diesem Bereich fest und gibt eine
gemeinsame Richtung für die künftige Entwicklung des Migrations- und Entwicklungsdialogs vor. Die hervorgehobenen Themen von globaler Bedeutung sind: der Schutz der Rechte der Migrantinnen und Migranten, die Bekämpfung des Menschenhandels, die Arbeitsmigration und der Schutz der Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten, die öffentliche Wahrnehmung der Migration, die Aufnahme des Themas Migration in die nationalen und internationalen Entwicklungsagenden (post2015), der Ausbau der Sammlung und Auswertung von Migrationsdaten, Rücküberweisungen von Geldern in die Herkunftsländer (sog. Rimessen), die Diaspora, der partnerschaftliche Ansatz und die Zusammenarbeit zwischen den diversen im Migrationsbereich auf nationaler und internationaler Ebene involvierten Akteuren (Staaten, Agenturen und Institutionen der UNO, internationale Organisationen, der Privatsektor, die Zivilgesellschaft, die akademische Welt, die Migrant/innen).

Der UNHLD hat es der internationalen Gemeinschaft zwar erlaubt, sich über die bedeutenden Fortschritte, die seit dem ersten hochrangigen Dialog im Jahr 2006 erzielt wurden, bewusst zu werden. Doch sind weitere Anstrengungen nötig, um gewisse Staaten, namentlich die BRIC-Staaten1, aktiver einzubinden. Das Niveau 1

Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika

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der interdepartementalen Zusammenarbeit darf in diesem Dossier als hervorragend bezeichnet werden. Dennoch ist festzustellen, dass die Politik und die Diskussionen, die auf globaler Ebene geführt werden, sich nicht immer in der Politik und den Diskussionen auf nationaler Ebene widerspiegeln, und umgekehrt. Man wird versuchen müssen, in Zukunft eine bessere Übereinstimmung zwischen diesen beiden Dialogebenen herzustellen ­ beispielsweise indem Lösungsstrategien gesucht werden, um den Informationsfluss zwischen den Akteuren der Bundesverwaltung, die auf globaler oder nationaler Ebene für die Gespräche zuständig sind, zu optimieren.

2.1.2

Regionaler Migrationsdialog

Die Schweiz engagiert sich zudem in regionalen Prozessen wie dem Rabat-, dem Prager und dem Budapest-Prozess. Für das Jahr 2013 sei an dieser Stelle der Budapest-Prozess hervorgehoben.

Der Budapest-Prozess ist ein konsultatives Forum von mehr als 50 Staaten und 10 internationalen Organisationen, das seit 20 Jahren eine Plattform für den intergouvernementalen Dialog über Migration für seine teilnehmenden Staaten bietet. Ziel dieses Prozesses ist der Aufbau von nachhaltigen Migrationssystemen in den entsprechenden Ländern. Der Budapest-Prozess war ursprünglich auf Südosteuropa und anschliessend auf die Schwarzmeerregion konzentriert; seit 2010 steht die Region der ehemaligen Seidenstrasse im Fokus. Diese Region ist für Europa eine potenziell wichtige Transit- und Herkunftsregion für irreguläre Migration.

Am 19. April 2013 fand in Istanbul unter Vorsitz der Türkei und unter Teilnahme von Bundesrätin Simonetta Sommaruga die fünfte Ministerkonferenz des BudapestProzesses statt. Der konkrete Anlass für das Ministertreffen war zum einen das 20-jährige Bestehen des Budapest-Prozesses sowie dessen offizielle Neuausrichtung auf die Seidenstrassenregion. Anlässlich der Ministerkonferenz wurde die sogenannte Istanbul-Deklaration verabschiedet, die namentlich die Themen Migration und Mobilität, Migration und Entwicklung, irreguläre Migration, Integration, Menschenhandel und internationaler Schutz als prioritäre Felder der Zusammenarbeit identifiziert. Die Türkei hat den Vorsitz des Budapest-Prozesses inne und bietet sich als wichtiges Transitland nach Westeuropa als strategische Brücke zwischen dem Westen und der Seidenstrassenregion an. Die Schweiz beteiligt sich finanziell sowohl am Sekretariat des Budapest-Prozesses als auch an einem umfangreichen Programm zur Stärkung der Migrationsstrukturen der Staaten der Region, namentlich Afghanistan und Pakistan.

2.2

Migrationspartnerschaften

2.2.1

Einleitung

Um der Komplexität und den verschiedenen Formen der Migration Rechnung zu tragen, hat die Schweiz im Jahr 2008 das Instrument der Migrationspartnerschaften geschaffen. Dieses Instrument, das seit dem 1. Januar 2008 in Artikel 100 Absatz 1 des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 20052 (AuG) verankert ist, ermöglicht der 2

SR 142.20

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Schweiz, ihre Interessen im Migrationsbereich zu verfolgen und gleichzeitig den Interessen des Partnerstaats Rechnung zu tragen. Eine Migrationspartnerschaft ist demnach Ausdruck des gegenseitigen Willens zweier Staaten, im Migrationsbereich umfassender und intensiver zusammenzuarbeiten. Im Dialog mit dem Partnerstaat sucht die Schweiz konstruktive Lösungen für die Herausforderungen der Migration (z. B. irreguläre Migration, Rückübernahme, Menschenhandel) und versucht, gleichzeitig die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Chancen der Migration (z. B.

Migration und Entwicklung inkl. Rolle der Diaspora; reguläre Migration wie z. B.

Visa, Stagiaireabkommen) zu nutzen. Dies erfordert sowohl auf Schweizer Seite wie auch auf Seiten des jeweiligen Partnerstaats einen Einbezug verschiedener Ministerien bzw. Departemente sowie eine enge Koordination zwischen diesen. Die Zusammenarbeit im Rahmen einer Migrationspartnerschaft basiert auf einem Memorandum of Understanding (MoU) oder einem Abkommen, welches das Dach bildet für die Kooperation in verschiedenen Bereichen der Migration. Eine Migrationspartnerschaft umfasst dabei auch konkrete Projekte und Programme, die einen direkten Migrationsbezug aufweisen.

Die fünf Migrationspartnerschaften, welche die Schweiz mit Serbien, BosnienHerzegowina, Kosovo, Nigeria und Tunesien pflegt, stehen national als auch international immer wieder im Fokus der Diskussionen über die Chancen und Herausforderungen der Migration. Auf internationaler Ebene hatte die Schweiz beispielsweise im Rahmen des UNHLD gemeinsam mit Nigeria den Vorsitz eines Rundtischs zu Partnerschaft und Kohärenz inne und konnte dadurch der interessierten Staatengemeinschaft einen vertieften Einblick in dieses Instrument gewähren. In der Schweiz beruhte das Interesse im Jahr 2013 auf den anhaltenden Debatten zu den aktuellen Entwicklungen im Asylbereich und den damit verbundenen Massnahmen des Bundes.

Für das Jahr 2014 ist fünf Jahre nach dem Abschluss der ersten Migrationspartnerschaft in Erfüllung des Postulats 12.3858 Amarelleeine externe Evaluation der Migrationspartnerschaft als Instrument der Schweizer Migrationsaussenpolitik vorgesehen. Dabei soll unter anderem geprüft werden, ob die Erwartungen und Interessen sowohl der Schweiz als auch der jeweiligen Partnerstaaten im Rahmen der Migrationspartnerschaft erfüllt werden konnten.

2.2.2

Migrationspartnerschaft mit Tunesien

Im Rahmen der Migrationspartnerschaft mit Tunesien, die im Juni 2012 abgeschlossen wurde, fand im Juni 2013 in Tunis die zweite Sitzung zu deren Umsetzung statt.

Dies ermöglichte einen Überblick über die mit den tunesischen Behörden umgesetzten Projekte in den Bereichen reguläre Migration, Schutz, Prävention der irregulären Migration sowie Migration und Entwicklung. Das Rückkehrhilfeprogramm für tunesische Staatsangehörige aus dem Asylbereich wurde ebenfalls erörtert, insbesondere um die hohe Zahl der Teilnehmenden zu unterstreichen (zw. 15. Juli 2012 und 31. Oktober 2013 sind 702 Personen freiwillig zurückgekehrt). Ausserdem fand ein Austausch statt über die Herausforderungen, die sich beiden Ländern im Migrationsbereich stellen. Für die Schweiz sind dies insbesondere Fragen der Identifikation und der Ausstellung von Laissez-passer für die nicht freiwillige Rückkehr, für Tunesien die Migrantinnen und Migranten aus Subsahara-Afrika und die Schliessung des Flüchtlingslagers Shousha im Süden des Landes. Diesbezüglich ist festzu5998

halten, dass das Projekt zur freiwilligen Rückkehr von Personen, die sich in Shousha befinden, erweitert wurde auf Drittstaatsangehörige, die sich im Hoheitsgebiet von Tunesien aufhalten. Dieses Projekt unterstützte ausserdem rund 200 Personen, die aus dem Meer gerettet wurden.

Besondere Aufmerksamkeit galt der Umsetzung des Projekts «Tunesische Gemeinschaft in der Schweiz», welches das Engagement der in der Schweiz lebenden Tunesierinnen und Tunesier in der Entwicklung Tunesiens fördern soll. Das Projekt dient auch dazu, parallel zu anderen Massnahmen beispielsweise mit der tunesischschweizerischen Handelskammer, zu gegebener Zeit die Umsetzung des Abkommens über den Austausch von jungen Berufsleuten zu erleichtern. Es ist jedoch zu erwähnen, dass das Inkrafttreten dieses Abkommens mit dem Inkrafttreten des Abkommens über die Zusammenarbeit im Migrationsbereich verknüpft ist. Letzteres wurde noch nicht ratifiziert. Es regelt Fragen bezüglich der Rückübernahme und Wiedereingliederung von tunesischen Staatsangehörigen mit unbefugtem Aufenthalt in der Schweiz. Im Gegensatz zur Migrationspartnerschaft, bei der andere Departemente (z. B. EDA, EVD) einzubeziehen sind und die neben der Rückkehr auch weitere Aspekte der Migration beinhaltet, fällt dieses Migrationsabkommen in die alleinige Zuständigkeit des EJPD (BFM).

Die Schweiz unterstützt unter anderem auch verschiedene Projekte zur Prävention der irregulären Migration (z. B. Vorführung eines Theaterstücks, das sich um die Risiken der Migration dreht und von Workshops begleitet ist) oder zum sogenannten «Capacity Building». Dies insbesondere im Rahmen des Projekts «Protection sensitive Border Management», das die Fähigkeit der tunesischen Behörden für eine Grenzverwaltung unter Wahrung der Rechte der Migrantinnen und Migranten stärken soll.

Das für Anfang Dezember 2013 geplante zweite Expertentreffen in Bern musste auf Wunsch Tunesiens kurzfristig verschoben werden. Grund hierfür war die aufgeschobene Ratifizierung des Migrationsabkommens durch die tunesische Assemblée nationale constituante (ANC) Mitte November. Das Abkommen bildet einen Bestandteil der Migrationspartnerschaft und basiert auf dem Memorandum of Understanding (MoU), das die Partnerschaft begründet und seit seiner Unterzeichnung im Juni 2012 in Kraft ist. Der Aufschub der Ratifizierung
sei gemäss Aussagen Tunesiens nicht als Ablehnung des Abkommens als solches zu verstehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die tunesische Regierung in der ANC ungenügend über das Abkommen informiert hatte und die Debatte innerhalb der ANC zudem zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgte ­ einem Zeitpunkt, an dem die Mobilitätspartnerschaft zwischen Tunesien und der EU insbesondere seitens der Zivilgesellschaft vermehrt auf Kritik stösst.

Die Migrationspartnerschaft wird trotz dieser Herausforderung weder von Tunesien noch von der Schweiz grundsätzlich in Frage gestellt. Allerdings müssen die Entwicklungen in Tunesien eng verfolgt und ­ je nach Szenario ­ entsprechende Überlegungen zum weiteren Vorgehen im 2014 angestellt werden. Im April 2014 hat das tunesische Parlament dem Migrationsabkommen nun zugestimmt. Die formelle Ratifikation steht aber noch aus. Obwohl das Abkommen noch nicht ratifiziert ist, wird es faktisch bereits angewendet. Die Zusammenarbeit darf als gut bezeichnet werden. So konnten zwangsweise Rückführungen auf Linienflügen als auch auf Sonderflügen durchgeführt werden, was gegenüber anderen Staaten der Region eine Ausnahme darstellt. Demgegenüber verläuft der Prozess der Identifikation von weggewiesenen Personen weiterhin schleppend. Dies liegt vornehmlich an der 5999

unzulänglichen Infrastruktur in diesem Bereich und nicht am fehlenden Willen der Behörden. Und schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Zahl der Asylgesuche von tunesischen Staatsangehörigen im Vergleich zu 2011 und 2012 stark zurückgegangen ist.

2.2.3

Migrationspartnerschaft mit Nigeria

Die Migrationspartnerschaft zwischen der Schweiz und Nigeria konnte im Laufe des Jahres 2013 gestärkt werden. An der Sitzung des Joint Technical Committee (JTC) vom Juni 2013, die vom Direktor des BFM und dem Chef der Abteilung SubsaharaAfrika und Frankophonie des EDA geleitet wurde, konnten Projekte der Migrationspartnerschaft besprochen werden, die insbesondere der Stärkung der regionalen und nationalen Migrationsprozesse, der Unterstützung der nigerianischen Migrationsbehörden und dem Schutz der intern Vertriebenen dienen. Diese Initiative ermöglichte auch, innovative Migrationsprojekte zu diskutieren. Als Beispiel sei die Zusammenarbeit zwischen dem BFM und Nestlé Nigeria genannt. Dabei handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft, welche die fachliche Ausbildung von dreizehn jungen Menschen aus Nigeria unterstützt. Die fünf besten durften im Sommer 2013 ein Praktikum in der Schweiz absolvieren. Auch das Projekt mit der nigerianischen Diaspora wurde 2013 massgeblich weiterentwickelt. So wurden mit drei Berufsbildungsinstitutionen in Lagos Verträge unterzeichnet, und Anfang 2014 sollen die ersten Freiwilligen aus der Diaspora ihren Einsatz in diesen Institutionen beginnen. Und schliesslich haben die im JTC geführten Gespräche zu einer Neuausrichtung des Programms zur polizeilichen Zusammenarbeit unter der Federführung des fedpol geführt.

Das JTC hat einen gemeinsamen Aktionsplan verabschiedet, der Massnahmen zur Bekämpfung der irregulären Migration und zur Optimierung der Zusammenarbeit im Rückkehrbereich umfasst. Dieser Aktionsplan steht einerseits im Zusammenhang mit der Umsetzung des «Fast-Track»-Verfahrens durch das BFM im April 2013, das die Behandlung der Asylgesuche von nigerianischen Staatsangehörigen in der Schweiz beschleunigen soll (Nigeria war im ersten Quartal 2013 das wichtigste Herkunftsland der Asylsuchenden). Andererseits bewirkt dieser Aktionsplan einen Paradigmenwechsel in Bezug auf das Hilfsprogramm zur freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung. Denn seit dem 1. August 2013 kommen nur noch Personen, die sich während ihres Aufenthaltes in einem Empfangs- und Verfahrenszentrum zum Programm anmelden, in den Genuss der gesamten Leistungen. Sobald eine asylsuchende Person einem Kanton zugewiesen wird, werden ihr nur noch die Leistungen der individuellen Rückkehrhilfe
gewährt. Generell hat sich die Zusammenarbeit im Rückkehrbereich 2013 weiter verbessert. Sie wird vom BFM gegenwärtig als äusserst zufriedenstellend beurteilt.

Und schliesslich haben die Schweiz und Nigeria am zweiten UN High-Level Dialogue on Migration and Development, der im Oktober 2013 in New York stattfand (siehe Ziff. 2.1.1), gemeinsam einen runden Tisch zu den Mechanismen der Migrationszusammenarbeit, insbesondere in Bezug auf die Kohärenz und die Migrationspartnerschaften, geleitet. Dabei konnte die Schweiz konkret ihren innovativen Ansatz der Migrationspartnerschaften sowie ihren ganzheitlichen Ansatz auf dem Gebiet der Migration über die interdepartementale Zusammenarbeit (whole of government approach) vorstellen.

6000

Die beschriebenen Entwicklungen zeugen von der guten Migrationszusammenarbeit zwischen der Schweiz und Nigeria, wozu die Migrationspartnerschaft in den vergangenen Jahren sowie 2013 einen massgeblichen Beitrag geleistet hat. Parallel zur Kooperation zwischen Nigeria und der Schweiz im Migrationsbereich konnten zudem auch die Zusammenarbeit der beiden Staaten in weiteren Politikbereichen (u. a. Wirtschaft, Menschenrechte) gestärkt sowie die Kontakte beispielsweise auf Niveau Staatssekretär in Form von politischen Konsultationen intensiviert werden.

Da Nigeria aufgrund zahlreicher Problemfelder ­ gekoppelt mit einer rasanten demografischen Entwicklung ­ ein Land mit einem hohen Migrationsdruck bleiben dürfte, bleibt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den nigerianischen Behörden unter Berücksichtigung eines holistischen Ansatzes im Rahmen der Migrationspartnerschaft auch zukünftig wichtig.

2.2.4

Migrationspartnerschaft mit den westlichen Balkanstaaten

Die drei Migrationspartnerschaften mit den westlichen Balkanstaaten ­ Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo ­ konnten im Jahr 2013 im Sinne eines umfassenden und partnerschaftlichen Ansatzes erfolgreich gestärkt werden. Der inzwischen bewährte regelmässige Austausch im Rahmen der jeweiligen Migrationspartnerschaft hat sich in Form von bilateralen Migrationsdialogen weiter etabliert. Bei diesem Austausch, der zweimal jährlich stattfindet, werden die vielfältigen Aspekte der Migration erörtert, insbesondere die Bereiche, in denen eine vertiefte Migrationszusammenarbeit notwendig ist.

Die mit Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo abgeschlossenen Rückübernahmeabkommen werden wirksam umgesetzt und ermöglichen es, in der Regel in angemessener Frist ein Laissez-passer auszustellen für Personen, welche die Schweiz verlassen müssen. Seit der Einführung des 48-Stunden-Verfahrens im August 2012 sind die Asylgesuche von Personen aus Serbien und BosnienHerzegowina deutlich zurückgegangen. Während im Jahr 2012 insgesamt 515 Asylgesuche von bosnischen Staatsangehörigen eingereicht wurden, waren es im Jahr 2013 lediglich 221. Seit dem 25. März 2013 werden auch Gesuche aus dem Kosovo im 48-Stunden-Verfahren behandelt. Kosovarische Staatsangehörige, welche nach diesem Stichdatum ein Asylgesuch gestellt haben, können demnach nur noch eine stark reduzierte Rückkehrhilfe beziehen. Die Asylgesuche aus dem Kosovo sind seit September 2013 rückläufig: Pro Monat gehen zwischen 30 und 50 Gesuche ein. Kosovo, Bosnien-Herzegowina und Serbien haben ein grosses Interesse daran, dass die Zahl der Gesuche abnimmt. Denn Kosovo strebt eine Aufhebung der Visumpflicht an, und die beiden anderen Staaten möchten eine Aktivierung der Ventilklausel vermeiden. Neben der Beschleunigung des Verfahrens verfolgt die Einführung des 48-Stunden-Verfahren gleichzeitig das Ziel, die Herkunftsländer in Bezug auf die Reintegration ihrer Landsleute zu sensibilisieren und sie im Sinne von Begleitmassnahmen dabei zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund hat die Schweiz im Jahr 2013 diese drei Westbalkanstaaten unterstützt, indem sie rund zwanzig Projekte finanziert hat. Eines dieser Projekte ist «Public Information Campaign on Irregular Migration in Kosovo». Dabei handelt es sich um eine Kampagne der kosovarischen Institutionen mit dem Ziel, die
Denkweisen zu ändern und den jungen Menschen im Kosovo zu erklären, dass die Emigration weniger verlockend ist, als sie scheint. Das Projekt «Integrated Support Programme for Reintegration of Retur6001

nees under Readmission Agreement» ist ein weiteres Beispiel für die Projekte, welche die Schweiz 2013 unterstützt hat. Im Rahmen dieses Projekts soll in Bosnien eine institutionelle Struktur auf Gemeindeebene aufgebaut werden, die der Aufnahme und Wiedereingliederung der zurückgekehrten Personen dient.

Im Kontext der Migrationspartnerschaft mit Serbien konnte im November 2013 erstmals ein vom serbischen Commissariat for Refugees angeregtes und vom Sanremo International Insitute of Humanitarian Law (IIHL) organisiertes Seminar zu «Migration and Asylum Law and Operational Challenges in Serbia» durchgeführt werden. Dies ermöglichte einen differenzierten und hochaktuellen Austausch zu Fragen von Asyl und Migration und verdeutlichte die gewichtigen Herausforderungen, die sich Serbien derzeit unter anderem im Bereich der gemischten Migrationsströme (sog. «mixed migration flows») sowie des Menschenhandels stellen.

2.3

Programme zum Schutz von Flüchtlingen in den Herkunftsregionen

2.3.1

Einleitung

Rund drei Viertel der über 15 Millionen Flüchtlinge weltweit befinden sich in Staaten, die nicht über genügend Kapazitäten verfügen, um eine grosse Anzahl Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen wirksam Schutz zu gewähren. Das 2007 entwickelte migrationsaussenpolitische Instrument «Protection in the Region» (PiR) der Schweiz setzt genau dort an und zielt darauf ab, die Erstaufnahmeländer in der Stärkung ihrer Schutzkapazitäten zu unterstützen, um bedürftige Personen vor Ort gemäss internationalen Verpflichtungen schnellstmöglich und wirksam zu schützen sowie eine irreguläre Weiterwanderung auf mit etlichen Gefahren verbundenen Wegen zu verhindern. Aktuell wird PiR schwerpunktmässig in zwei Regionen umgesetzt: einerseits im Horn von Afrika einschliesslich Jemen ­ einer Region, welche mit vielfältigen Migrations- und Flüchtlingsströmen (sog. «mixed migration flows») konfrontiert ist; andererseits in den Nachbarstaaten Syriens: Jordanien, Libanon und Türkei ­ Länder, welche in diesem Jahr von massiven Fluchtbewegungen als Konsequenz der Konflikte in der Region betroffen waren.

2.3.2

Syrien und Nachbarstaaten

Die prekäre Situation von Flüchtlingen und besonders verletzlichen Migrantinnen und Migranten in Syrien und den umliegenden Staaten hat die Schweiz im Jahr 2013 dazu veranlasst, die finanzielle Unterstützung zu erhöhen und ihr Engagement unter anderem in Form von gezielten Massnahmen zu stärken. Das BFM hat in diesem Rahmen Projekte mit rund 4 Millionen Franken in Jordanien, Libanon und der Türkei finanziert, die Abteilung Menschliche Sicherheit im EDA (AMS) hat über eine Viertelmillion für Migrationsprojekte in der Region eingesetzt. Der Direktionsbereich Humanitäre Hilfe in der DEZA konnte im Rahmen der allgemeinen humanitären Hilfe seit Beginn der Krise insgesamt 55 Millionen zugunsten der Notleidenden des Syrienkonflikts zur Verfügung stellen und damit einen wichtigen Beitrag im Kontext der Unterstützungspläne der UNO für Syrien leisten. Der Grossteil der unterstützten PiR-Projekte zielt auf die Stärkung der institutionellen Kapazitäten in erster Linie der jordanischen und der libanesischen Behörden ab und sieht insbeson6002

dere verstärkte Schutzmassnahmen sowie einen besseren Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen vor. Mit diesen Projekten sollen die begünstigten Personen systematisch in die Aufnahmegesellschaft integriert werden, um zu vermeiden, dass sich eine Abneigung gegenüber den Flüchtlingen entwickelt. Das Projekt zum Wiederaufbau von 21 Schulen in Jordanien kommt 18 000 jungen Menschen zwischen 9 und 17 Jahren aus Syrien und Jordanien zugute. Das Projekt der Weltbank ­ an dem sich der Bund mit rund zwei Millionen Franken beteiligt ­ soll die Belastbarkeit der sechs jordanischen Gemeinden, die am stärksten von der Flüchtlingswelle aus Syrien betroffen sind, erhöhen, damit diese ihre Basisleistungen (Abfallwirtschaft, Wasserversorgung und Sanitätsdienste) ausbauen können.

Die instabile Lage in Syrien und die damit verbundenen Auswirkungen auf die gesamte Region stellten in diesem Jahr eine grosse Herausforderung für die Umsetzung von Aktivitäten im Rahmen von PiR dar. Ein baldiges Ende des syrischen Bürgerkriegs ist nicht in Sicht, die Aufnahme der Flüchtlinge stellt die direkten Nachbarländer Syriens vor grosse Schwierigkeiten und ist von diesen ohne internationale Hilfe nicht zu bewältigen. Aufgrund der enormen Flüchtlingskrisen suchen viele Staaten in erster Linie Unterstützung in Form von humanitärer Hilfe und sind schwerlich in der Lage, längerfristig ansetzende Schutzgrundsätze zu diskutieren und umzusetzen. Um auf verschieden gelagerte Szenarien flexibel, rasch und adäquat reagieren und um die Aktivitäten bei Bedarf anpassen zu können, sind die involvierten Bundesstellen (insbesondere BFM, DEZA, PD) im Rahmen der AG PiR Syrien/Libanon/Jordanien bestrebt, die Situation in der Region fortlaufend zu analysieren und im kommenden Jahr mögliche Aktionspläne «contingency planning» für kurz-, mittel- und längerfristige Tätigkeitsfelder zu skizzieren.

Im Bereich der Massnahmen hatte das EJPD für einen Zeitraum von rund drei Monaten (September bis November) Visaerleichterungen für syrische Familienangehörige mit Verwandten in der Schweiz beschlossen. Ziel dieser Massnahme war es, kriegsbetroffenen Familienangehörigen rasch und unbürokratisch einen vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen. Bis Ende 2013 wurden insgesamt 8196 Visumsgesuche eingereicht, davon wurden 1835 Visa erteilt und 484 Visa
verweigert. 5877 Visumsgesuche waren Ende 2013 noch hängig. Effektiv sind bis Ende 2013 1157 Personen im Rahmen der Visaerleichterung in die Schweiz eingereist, und 692 Personen haben nach erfolgter Einreise ein Asylgesuch eingereicht. Zudem hat der Bundesrat im September 2013 die Bereitschaft kommuniziert, im Rahmen des dreijährigen Pilotprojekts zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingsgruppen den Schwerpunkt bei der Auswahl von Flüchtlingen auf vom Syrienkrieg besonders betroffene Flüchtlinge zu setzen. Dies entspricht dem Wunsch der Schweiz nach einer Schaffung von Synergien zwischen den PiR-Programmen und der Aufnahme von Flüchtlingsgruppen. Denn die Neuansiedlung spielt eine wichtige symbolische Rolle in Ergänzung zu den Bemühungen um eine stärkere Schutzkapazität vor Ort. Dieses Instrument ist geeignet, den partnerschaftlichen Gedanken eines Engagements der Schweiz zu verstärken.

2.3.3

Engagement der Schweiz im Horn von Afrika und im Jemen

Das Horn von Afrika und Jemen bilden eine Region, die von bedeutenden Migrationsbewegungen geprägt ist. Die regionale Strategie der Schweiz sieht für das Horn 6003

von Afrika 2013­2016 im Migrationsbereich ein stärkeres Engagement für den Schutz von Flüchtlingen in ihren Herkunftsregionen vor, ebenso wie die Zusammenarbeit mit der Diaspora für die Entwicklung in den Herkunftsregionen sowie die Unterstützung des regionalen Dialogs zu Migrationsthemen über die Intergovernmental Authority on Development IGAD, den regionalen Zusammenschluss von acht Staaten im Horn von Afrika. In den Kooperationsstrategien Jemen, Sudan und Südsudan (alle 2013­2016) ist PiR ebenfalls als migrationsaussenpolitisches Instrument in die Programme integriert. 2013 wurden im Horn von Afrika und im Jemen Projekte zum Schutz, zur Verbesserung der Lebensbedingungen sowie zur Steigerung von Integrations- und Einkommenschancen von Flüchtlingen, besonders verletzlichen Migrantinnen und Migranten sowie innerstaatlich Vertriebenen implementiert. Der Dialog und die Zusammenarbeit mit der IGAD konnten intensiviert werden, und die Verhandlungen über die Schweizer Unterstützung für das IGADMigrationsprogramm konnten substanzielle Fortschritte verzeichnen: Die Beiträge der Schweiz an die IGAD fokussieren auf die Operationalisierung des von den IGAD-Staaten anerkannten Regional Migration Policy Frameworks, auf die Stärkung regionaler und nationaler Migrationsplattformen und -mechanismen sowie auf den institutionellen Ausbau der in der IGAD für Migration zuständigen Stellen.

Das Engagement der Schweiz im Rahmen von PiR basiert auf der Grundannahme, dass die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit humanitärer Aktivitäten zum Schutz von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten sowie intern Vertriebenen in den Herkunftsregionen komplementär durch die Stärkung einer politischen Dimension sowie unter Einbezug entwicklungsspezifischer Ansätze erhöht werden können. Die Aufnahme bilateraler Dialoge zu Migration mit Regierungen vor Ort stellte im Jahr 2013 jedoch eine Herausforderung dar und konnte bisher nur ansatzweise angegangen werden. Die Hürden für verstärkte politische Dialoge zu Schutzthemen liegen unter anderem in der teilweise eingeschränkten Präsenz der Schweiz vor Ort (z. B. in Jemen), in einer skeptischen Haltung der Herkunfts- oder Erstaufnahmeländer gegenüber Gesprächen über Migrationsthemen (z. B. seitens Äthiopien) sowie in den grossen migrations-, aber auch staatspolitischen Herausforderungen, mit
denen sich einige betroffene Staaten aktuell konfrontiert sehen. Dialoge zu Schutzthemen werden deshalb bisher vor allem indirekt über internationale, regionale und lokale Organisationen geführt, welche die Zusammenarbeit mit den betroffenen Staaten bzw. mit anderen wichtigen Akteuren suchen und fördern und auf diese Weise die Anliegen der Schweiz einbringen können.

2.4

Umsetzung des Bundesratsbeschlusses «Möglichkeiten einer Verknüpfung der Migrationsaussenpolitik mit weiteren Bereichen der bilateralen Zusammenarbeit»

In Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom Juni 2012 hat das BFM im Jahr 2013 eine aktualisierte Länderliste mit prioritären Ländern aus Perspektive der Rückkehr erstellt (Algerien, Äthiopien, Iran, Marokko, Mongolei). Die Liste basiert auf quantitativen und qualitativen Kriterien bei der Bewertung der Zusammenarbeit im Vollzug der Wegweisung. Gestützt auf diese Liste wurden zudem die jeweiligen Zuständigkeiten und Abläufe in Form von Guidelines festgelegt und eine Informationsstrategie zur kohärenten Umsetzung des Bundesratsbeschlusses in der Bundesverwaltung erarbeitet. Bei den prioritären Ländern hat man zum Ziel, andere aus6004

senpolitische Themen mit den migrationspolitischen Interessen der Schweiz zu verknüpfen, sofern dies im Einzelfall opportun ist. Damit wird der Verhandlungsspielraum gegenüber jenen Staaten vergrössert, mit denen das BFM besondere Schwierigkeiten im Rückkehrbereich zu verzeichnen hat und die vom federführenden Departement allein nicht gelöst werden können. Für die als prioritär bewerteten Länder wurden unter Berücksichtigung der jeweiligen politischen Beziehungen gemeinsam mit verschiedenen Bundesstellen erste Verknüpfungsmöglichkeiten identifiziert.

Bei bilateralen Kontakten auf technischer und politischer Ebene soll in Zukunft regelmässig und möglichst systematisch das Interesse der Schweiz an einer Verbesserung der Zusammenarbeit im Rückkehrbereich angebracht werden. Gleichzeitig sollen durch die Schweizer Aussenvertretungen die möglichen Interessensbereiche des Partnerstaats für eine Zusammenarbeit zu Themen sondiert werden, die auch über Migration hinausgehen. Die Lancierung eines neuen Engagements bzw. die neue Finanzierung und Unterstützung von konkreten Projekten in den identifizierten Bereichen können in Absprache mit den involvierten Diensten an Verbesserungen in der Zusammenarbeit im Rückkehrbereich geknüpft werden. Eine Interessensabwägung erfolgt dabei stets unter Berücksichtigung des Gesamtinteresses der Schweiz in ihrer Aussenpolitik, Aussenwirtschaftspolitik, Migrationsaussenpolitik und Entwicklungspolitik.

2.5

Migrationsdialoge mit Staaten in Nordafrika

2.5.1

Migrationsdialog mit Marokko

Bereits im IMZ-Tätigkeitsbericht 2011/20123 wurde darauf hingewiesen, dass die Zusammenarbeit mit Marokko im Rückkehrbereich weitgehend blockiert ist. In der Berichtszeit fanden Gespräche mit den zuständigen marokkanischen Behörden statt, so im Juni 2013 in Rabat sowie im November 2013 in der Schweiz. Bei diesen Gesprächen wurde entschieden, die Anliegen der Schweiz und Marokkos in zwei Arbeitsgruppen zu behandeln, und es wurde versucht, die operationelle Zusammenarbeit im Rückkehrbereich zu verbessern. Trotz dieser Gespräche konnte die Zusammenarbeit im Bereich Rückkehrvollzug nicht verbessert werden, und gegenüber dem Vorjahr hat sich die Situation 2013 noch verschlechtert. Die Asylgesuchszahlen von marokkanischen Staatsangehörigen sind gegenüber 2012, entgegen dem sonstigen Trend im Asylbereich, um 14,7 % auf 1065 gestiegen. Damit belegte Marokko erstmalig den fünften Rang der Herkunftsländer. Die Vollzugspendenzen lagen Ende 2013 mit 330 Fällen um 67 % höher als Ende 2012. Aus diesem Grund wurde 2013 entschieden, Marokko auf die «Länderliste Rückkehr» zu setzen.

Um Marokko zu einer konstruktiven Zusammenarbeit im Migrationsbereich zu veranlassen, fanden 2013 zudem hochrangige politische Kontakte und Gespräche statt. EDA-Staatssekretär Yves Rossier mahnte im Januar 2013 gegenüber dem marokkanischen Staatssekretär im Aussenministerium in Rabat anlässlich des politischen Dialogs Schweiz-Marokko eine Verbesserung der Zusammenarbeit an. Bundesrat Didier Burkhalter überbrachte die gleiche Botschaft bei seinem Besuch in Rabat im September 2013 anlässlich der Unterzeichnung des schweizerisch3

Zu finden unter www.bfm.admin.ch > Themen > Internationale Zusammenarbeit

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marokkanischen Rahmenabkommens für die Entwicklungszusammenarbeit. Ebenfalls hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga dasselbe Anliegen anlässlich ihres Treffens mit dem marokkanischen Arbeitsminister am Rande des High Level Dialogue im Oktober in New York deponiert. Das Treffen vom November führte zu mündlichen Zusagen seitens Marokkos, die aber bis Ende 2013 nicht eingehalten wurden und sogar zu einer stossenden Verschärfung der Konsularpraxis bei der Ausstellung von Ersatzreisepapieren für freiwillige Rückkehrer führte.

Gleichzeitig haben die marokkanischen Behörden die Schweiz um Unterstützung in verschiedenen Bereichen der Migration gebeten: beispielsweise die Umsetzung der neuen Migrationspolitik Marokkos, Unterstützung einer Studie zur marokkanischen Diaspora in der Schweiz sowie Erleichterungen im Visumbereich.

Die neue Asyl- und Immigrationspolitik Marokkos, die im September 2013 vom Conseil national des droits de l'Homme (CNDH) vorgeschlagen und vom marokkanischen König abgesegnet wurde, stellt eine grundlegende Kehrtwende in Marokko dar. Sie stützt sich auf vier thematische Pfeiler: Situation von Flüchtlingen und Asylsuchenden, ausländische Personen mit irregulärem Aufenthalt, Bekämpfung von Menschenhandel und ausländische Personen mit regulärem Aufenthalt. Unter Berücksichtigung der politischen Interessen und der Möglichkeiten der Schweiz soll 2014 geprüft werden, wie diese Reorganisation im Sinne einer kohärenten Migrationsaussenpolitik unterstützt werden kann. Damit soll eine inklusive und auf Kontinuität abzielende Umsetzung dieser neuen Migrationspolitik angestrebt werden, welche verstärkt ein Augenmerk auf den Schutz der verletzlichsten, meist subsaharischen Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten in Marokko legt.

Die Wiederaufnahme des Dialogs mit Marokko sowie ein Mitte November 2013 geführter Austausch mit einer Delegation der Europäischen Kommission haben zur Erkenntnis geführt, dass die Entwicklung der offiziellen Beziehungen mit Marokko im Bereich der Migration nicht losgelöst von jenen zwischen der EU und Marokko betrachtet werden können. Die Dynamisierung des Prozesses seit Mitte des Jahres 2013 steht in direktem Zusammenhang mit der erfolgten Einigung zwischen der EU und Marokko auf eine Mobilitätspartnerschaft am 7. Juni 2013, auch weil die Mitgliedstaaten der EU im
Rückkehrbereich ähnliche Schwierigkeiten wie die Schweiz zu verzeichnen haben. In der Weiterführung des Dialogs und in den Verhandlungen zu einzelnen Dossiers mit Marokko im Jahr 2014 muss diesem Aspekt Rechnung getragen werden.

2.5.2

Migrationsdialog mit Algerien

Die bilateralen Beziehungen im Bereich der Migration zwischen Algerien und der Schweiz ­ wie auch den Ländern der Europäischen Union ­ sind schwierig. Die Vollzugspendenzen für Algerien lagen Ende 2013 mit 922 an erster Stelle der Statistik. Aus diesem Grund wird Algerien ebenfalls auf der «Länderliste Rückkehr» geführt, auch wenn seit 2007 ein Rückübernahmeabkommen in Kraft ist. Seit ein paar Monaten scheint sich jedoch eine Verbesserung abzuzeichnen. So findet seit Herbst 2012, nach einer langen Zeit der sporadischen Kontakte, ein regelmässigerer Austausch zwischen der Schweiz und Algerien statt. Die Wiederaufnahme des Dialogs wurde unter anderem dadurch begünstigt, dass die Schweiz gegenüber Algerien ihre Unterstützung von Projekten im Bereich der Polizei und Justiz angeboten hat. In diesem Zusammenhang ist eine algerische Delegation im April 2013 nach 6006

Bern gereist, um den Dialog mit den zuständigen Behörden im Rückkehrbereich wiederaufzunehmen. Im Zentrum der Gespräche stand die Anwendung des Personenverkehrsabkommen (Rückübernahmeabkommen), das 2006 unterzeichnet wurde und dessen Umsetzung unbefriedigend ist. Bei dieser Gelegenheit wurde namentlich vereinbart, regelmässige Treffen mit der Botschaft respektive dem Generalkonsulat zu organisieren, um die Probleme in diesem Bereich zu besprechen und pragmatische Lösungen zu finden. Seither hat Algerien rund zwanzig Anhörungen zur Identifikation von Personen durchgeführt, die nicht zu einer freiwilligen Rückkehr bereit waren. Diese Treffen und Anhörungen haben jedoch bis heute keine konkreten Ergebnisse erzielt. Algerien hat zudem die Fortsetzung dieser Befragungen abgelehnt sofern das BFM, wie vom Bundesverwaltungsgericht vorgeschrieben, auf einer Präsenz bei den Befragungen bestehe. Die Schweiz strebt für das Frühjahr 2014 eine gemeinsame Überprüfung der Zusammenarbeit und ein Follow-Up zum bilateralen Treffen vom April 2013 an.

2.6

Zusammenarbeit mit den EU-Staaten

Die Schweiz ist durch ihre Assoziierung an Schengen und Dublin in die europaweite Migrationszusammenarbeit eingebunden. In diesem Kontext hat sie ein Interesse daran, dass insbesondere das Dublin-System gut funktioniert. Weil zunehmender Migrationsdruck die Funktionalität des Dublin-Systems gefährden kann, hat die Schweiz die Unterstützung von EU-Staaten, die aufgrund ihrer geografischen Lage an der Schengen-Aussengrenze einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind, gezielt intensiviert. Damit soll insbesondere zur Stärkung des Dublin-Systems beigetragen werden, welches die Zuständigkeit für Asylgesuche regelt. Die Schweiz orientiert sich dabei in erster Linie an den Tätigkeiten des Europäischen Asylunterstützungsbüros (EASO) und nimmt an Operationen der Schengener Grenzschutzagentur (FRONTEX) teil. Ausserhalb dieser bestehenden Strukturen und Verfahrensabläufe hat die Schweiz im Jahr 2013 Mittel und Expertenwissen als Beitrag zum Wiederaufbau des griechischen Asylsystems zur Verfügung gestellt. Anlässlich eines Expertentreffens im Oktober 2013 wurde eine verstärkte bilaterale Unterstützung Griechenlands in den Bereichen Herkunftsländerinformationen, Rückkehrmanagement und Unterbringungsfragen vereinbart. Eine gezielte Optimierung der Asylstrukturen wird auch mit Projekten in Rumänien und Polen angestrebt; diese werden über Mittel aus dem Schweizer Erweiterungsbeitrag zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in den neuen EU-Mitgliedstaaten finanziert. Ein ähnliches Projekt in Bulgarien ist wegen der dortigen politischen Situation 2013 nicht zustande gekommen; aufgrund der starken Zunahme von Flüchtlingen aus Syrien und entsprechender Signale aus Bulgarien ist jedoch eine zukünftige Zusammenarbeit nicht auszuschliessen. Die verschiedenen bilateralen Unterstützungsleistungen ergänzen die Aktivitäten, welche die Schweiz als assoziierter Staat im Rahmen der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit zur Stärkung des Schengen-Raumes und insbesondere der Schengen-Aussengrenze wahrnimmt.

Angesichts des anhaltenden Migrationsdrucks in den EU-Staaten an der südlichen und südöstlichen Schengen-Aussengrenze ist davon auszugehen, dass sich die Situation insbesondere im Hinblick auf die Asyl- und Unterbringungssysteme in naher Zukunft kaum verbessern, sondern sich im Gegenteil weiter zuspitzen
wird. Die damit verbundenen Schwierigkeiten und Engpässe bergen die Gefahr von negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Dublin-Systems. Die gezielte Unter6007

stützung der betroffenen Länder unter anderem über Frontex (z. B. Entsendung von rund 40 Grenzwächtern), durch die geplante Teilnahme der Schweiz am EASO sowie über die finanziellen Unterstützungsmechanismen Aussengrenzenfonds bzw.

Fonds für die Innere-Sicherheit-Grenze (ab 2014) bleibt aus diesem Grund eine migrationsaussenpolitische Priorität der Schweiz.

3

Erkenntnisse und Perspektiven 2014

Der zweite UN High-Level Dialogue on Migration and Development im Oktober 2013 sowie die dabei verabschiedete Deklaration waren wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem dynamischeren und fokussierteren internationalen Migrationsdialog. Die Diskussionen, die im Zuge der Vorbereitungsarbeiten für den UNHLD lanciert bzw. weitergeführt wurden, haben den für die Schweiz innen- wie auch aussenpolitisch wichtigen Themen ­ wie beispielsweise der Bekämpfung des Menschenhandels oder dem Schutz der Rechte der Migrantinnen und Migranten ­ neuen Aufwind gegeben. Im Nachgang zu diesem hochrangige Treffen müssen im Jahr 2014 die gewonnenen Erkenntnisse und erreichten Meilensteine in den verschiedenen multilateralen und regionalen Foren und Prozessen weiter verankert sowie in nationale Handlungsansätze übersetzt werden. Der UNHLD bestätigte, dass die Migration als vielschichtiges Phänomen neben dem Globalen Forum für Migration und Entwicklung (GFMD) auch zunehmend die UNO-Agenda mitprägt. Dadurch konnte unter anderem der Weg geebnet werden, um Migration als einen der thematischen Schwerpunkte adäquat in den Post-2015-Verhandlungsprozess einbringen zu können.

In bilateraler Hinsicht gilt es im Jahr 2014 in erster Linie, die bestehenden fünf Migrationspartnerschaften weiterzuführen, auszubauen und einzelne Zusammenarbeitsbereiche allenfalls anzupassen. Angesichts der 2015 endenden Strategie «Migrationspartnerschaften Schweiz-Westbalkan (2012­2015)» stehen Überlegungen zur Fortsetzung der Migrationspartnerschaften mit den Ländern im Westbalkan an. Fünf Jahre nach Abschluss der ersten Partnerschaften wird die Umsetzung des Instruments der Migrationspartnerschaft in Erfüllung des Postulats 12.3858 Amarelle zudem erstmals in Form einer breit angelegten Evaluation ausgewertet. Ein weiterer Schwerpunkt der Aktivitäten soll die gezielte Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom Juni 2012 zur Verknüpfung der Anliegen im Migrationsbereich mit weiteren aussenpolitischen Dossiers bilden. Bei den aus Perspektive der Rückkehr derzeit prioritären Ländern (Algerien, Äthiopien, Iran, Marokko, Mongolei) soll durch die Verknüpfung der migrationspolitischen Interessen der Schweiz mit anderen aussenpolitischen Dossiers bei Treffen auf technischer und politischer Ebene eine Verbesserung der Zusammenarbeit erwirkt werden. Zudem ist bei
Algerien und Marokko geplant, nähere Abklärungen hinsichtlich einer Kooperation bzw. eines Austauschs über bewährte Praktiken und Verfahren mit anderen Staaten (u. a. Spanien, Frankreich) zu treffen.

Im Jahr 2014 werden die involvierten Bundesstellen bestehende und neue Projekte zum Schutz von Flüchtlingen in den Herkunftsregionen umsetzen. Basierend auf der schweizerischen Strategie für das Horn von Afrika wird die Schweiz ihre Zusammenarbeit mit der IGAD (siehe Ziff. 2.3.3) institutionalisieren und sich für die Operationalisierung des unterstützten Migrationsprojekts engagieren, das unter anderem die Umsetzung regionaler Migrationspolitiken wie auch die Stärkung 6008

regionaler und nationaler Migrationsplattformen und -mechanismen vorsieht. Im Hinblick auf die schwierige Lage der vom Syrienkonflikt betroffenen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten und Aufnahmegesellschaften sind insbesondere Aktivitäten zur Unterstützung der institutionellen Kapazitäten der Erstaufnahmeländer sowie die Erarbeitung von Aktionsplänen für verschiedene Szenarien geplant. Das im September 2013 vom Bundesrat bewilligte Pilotprojekt zur Aufnahme von 500 Flüchtlingen wird 2014 prioritär zur Aufnahme besonders verletzlicher Opfer des Syrienkonflikts eingesetzt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Schweizer Migrationsaussenpolitik wird auf der Zusammenarbeit mit den EU-Staaten liegen. Dabei ist unter anderem eine Unterstützung im Bereich des Migrationsmanagements via FRONTEX und EASO, eine Unterstützung im Aufbau adäquater Asylstrukturen sowie die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit bestehender Strukturen und Verfahrensabläufe in den DublinStaaten vorgesehen. Die Unterstützung der im Rahmen der EU-Task-Force Mittelmeer vorgeschlagenen Massnahmen wird einen weiteren wichtigen Bestandteil bilden. Mit der Europäischen Kommission sollen zudem auf der Basis eines regelmässigen Austauschs zu Migration und Entwicklung Synergien identifiziert und mögliche Kooperationen und Aktivitäten in Drittstaaten geprüft werden.

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