Bericht der GPK-S vom 25. März 2014, Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste Stellungnahme des Bundesrates vom 27. August 2014

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) vom 25. März 2014 betreffend Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. August 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Gestützt auf eine Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) vom 13. Juni 2013, stellte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) in ihrem Bericht vom 25. März 2014 trotz mehreren Verbesserungsmassnahmen des Bundesrates nach wie vor verschiedene Schwachstellen im Verfahren zur Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste fest. Die GPK-S richtete darum mehrere Empfehlungen und Prüfaufträge an den Bundesrat.

Der Bundesrat hat sowohl die Evaluation der PVK als auch den Bericht der GPK-S zur Kenntnis genommen. Gemäss Antrag des Bundesrates vom 14. Mai 2014 hat der Ständerat die drei Postulate (14.3295, 14.3296, 14.3297) am 13. Juni 2014 angenommen und überwiesen. Es wird daher auf die bereits erfolgten diesbezüglichen Ausführungen verwiesen. Nachfolgend nimmt der Bundesrat indes gerne im Einzelnen Stellung zu den insgesamt acht Empfehlungen der GPK-S.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Würdigung der Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission

2.1.1

Vorbemerkungen

Die Evaluation der PVK geht auf einen entsprechenden Auftrag der beiden Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) aus dem Jahr 2012 zurück. In der Zwischenzeit hat der Bundesrat bereits verschiedene Prüfaufträge entgegengenommen und auch verschiedene Massnahmen beschlossen: Mit der Annahme des Postulats Schenker (12.3614) «Medikamentenpreise. Neue Methoden für die Preisfestsetzung» und Punkt 3 des Postulats Bortoluzzi (12.3396) «Anpassungen im Preisbildungssystem für Medikamente» hat sich der Bundesrat bereit erklärt, das Preisfestsetzungssystem im Bereich der Arzneimittel weiterzuentwickeln. Er hat damit zugesagt zu prüfen, ob und wie das Preisbildungssystem ab dem Jahr 2015 anzupassen ist. Die entsprechenden Anpassungen der Verordnungsbestimmungen (Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102], Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 [KLV; SR 832.112.31]) befinden sich zurzeit in Erarbeitung und werden voraussichtlich am 1. Januar 2015 in Kraft treten. Zu den Entwürfen der neuen Bestimmungen wurde vom 19. Juni bis zum 25. Juli 2014 eine Anhörung durchgeführt. Im Rahmen ihrer Sitzungen vom 15. August und vom 26. August 2014 wurden auch die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates beziehungsweise die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates angehört.

Mit der Einführung des angepassten Preisfestsetzungssystems im Arzneimittelbereich ab 2015 werden umfassende Massnahmen geprüft. Die Massnahmen zielen auf eine Effizienzsteigerung durch Vereinfachung der Prozesse, auf eine Qualitätssteigerung bei der Nutzen-Kosten-Beurteilung, auf Transparenz beim Entscheid sowie auf 7840

eine Stabilisierung des Kostenwachstums bei den Originalpräparaten ohne Standortgefährdung ab. Diese Stossrichtung hält der Bundesrat auch in seinen gesundheitspolitischen Prioritäten «Gesundheit 2020»1 fest, die er im Januar 2013 verabschiedet hat. Im Bereich der Generika beziehungsweise der patentabgelaufenen Arzneimittel ist die Einführung eines Referenzpreissystems mit dem Ziel einer Kostensenkung geplant. Im Bereich der Arzneimittel sollen demnach das System der Preisfestsetzung weiterentwickelt, Generika gefördert und das Kostenwachstum im Medikamentenbereich insgesamt abgebremst werden. Dabei soll der Pharmastandort Schweiz weiterhin von guten Rahmenbedingungen profitieren können.

2.2

Stellungnahme zu den einzelnen Empfehlungen

Empfehlung 1

Aufgabentrennung zwischen EAK und BAG

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, ob die gegenwärtige Aufgabentrennung zwischen der EAK und dem BAG zweckmässig und prozessoptimiert ist sowie der Zusammensetzung dieser Stellen gerecht wird. Dabei prüft der Bundesrat insbesondere die Einführung von klar getrennten Verantwortlichkeiten gemäss der international anerkannten Aufteilung der Verfahrensschritte (Assessment, Apparaisal und Decision).

Das BAG orientiert sich beim Prozess der Leistungsbezeichnung grundsätzlich bereits an den international entwickelten Grundsätzen und Methoden der Bewertung der Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment, HTA). Mit HTA werden zum einen Informationssynthesen zur Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit sowie zu Implementierungsaspekten (inkl. rechtliche, gesellschaftliche und ethische Fragen) von Leistungen und zum anderen der Entscheidfindungsprozess bezeichnet.

Dieser Entscheidfindungsprozess wird gemäss der HTA-Methodik in drei Phasen aufgeteilt: ­

transparente, nachvollziehbare Beurteilung (Assessment)

­

Bewertung unter Berücksichtigung der regionalen und nationalen Rahmenbedingungen (Appraisal)

­

eigentlicher Entscheid (Decision)

Die Einführung der Verfahrensbeschleunigung bei der Aufnahme von Arzneimitteln per 1. Juni 2013 brachte eine verbesserte Aufgabenteilung zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK).

Aktuell ist der Prozess wie folgt strukturiert: Nach Eingang der Gesuche führt das BAG eine formelle Kontrolle durch. Es sorgt für die Vollständigkeit der Gesuche. Unvollständige Anträge werden zur Ergänzung zurückgewiesen. Neu werden Faktenblätter zuhanden der EAK erstellt, welche die wichtigsten Informationen zu den Gesuchen übersichtlich darstellen. Das BAG gibt keine Empfehlung oder Beurteilung an die EAK ab. Die Faktenblätter enthalten eine Zusammenfassung der wichtigsten Eckdaten des Gesuchs und allfällige konkrete 1

Der Bericht «Gesundheit 2020» ist einsehbar unter: www.gesundheit2020.ch

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Fragen des BAG an die EAK. Die Einrichtung einer Informatikanwendung zur webbasierten Zusammenarbeit führte zu einer effizienteren Übermittlung sämtlicher Unterlagen an die EAK.

Die Anzahl der EAK-Sitzungen, in denen Gesuche beraten werden, wurde ab dem Jahr 2014 von bisher vier auf neu sechs pro Jahr erhöht. Ziel und Zweck der Beratung der EAK ist es, eine Empfehlung an das BAG abzugeben. Die EAK gewichtet dazu die einzelnen Fakten und bewertet diese. Dabei werden auch die gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in der Schweiz berücksichtigt.

Die Rollen des BAG und der EAK sind damit bezüglich Assessment und Appraisal institutionell klar voneinander getrennt: Das BAG übernimmt die Prozessführung und stellt die Unterlagen für die EAK zusammen. Die EAK gibt anschliessend eine Empfehlung zu den einzelnen Gesuchen ab.

Eine Mehrfachrolle kommt dem BAG im Beurteilungs-, Bewertungs- und Entscheidungsprozess dennoch zu: Einerseits hat es die Prozessverantwortung inne (vom ersten Kontakt der Gesuchstellerin mit dem BAG bis zur Kommunikation und Umsetzung des Entscheids), andererseits nimmt es im Rahmen dieses Prozesses das Assessment und die Decision vor.

Der Bundesrat stellt fest, dass die Verantwortlichkeiten der EAK und des BAG klar getrennt und die Rollen spätestens seit 2014 eindeutig zugeteilt sind.

Die gesundheitspolitischen Prioritäten «Gesundheit2020» des Bundesrates sehen zudem die Errichtung einer nationalen Struktur für die Bereiche Qualität und HTA vor. Mit der Stärkung von HTA sollen nicht wirksame und nicht effiziente Leistungen, Arzneimittel und Verfahren vermieden werden, um die Qualität zu erhöhen und die Kosten zu dämpfen. Die Stärkung von HTA soll schwerpunktmässig im Rahmen einer nationalen Struktur für die Bereiche Qualität und HTA umgesetzt werden. Die Vernehmlassung zum Entwurf für ein Bundesgesetz über das Zentrum für Qualität in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung hat der Bundesrat am 14. Mai 2014 eröffnet. Die künftigen Aufgaben einer HTA-Institution, dem sogenannten Qualitätszentrum, lassen sich drei Bereichen zuordnen: ­

Stärkung der Früherkennung von Leistungen, die einer Evaluation bedürfen (Horizon Scanning)

­

Unterstützung der Arbeit des Kommissionssekretariats und der EAK (sowie der beiden anderen beratenden Kommissionen im Leistungsbereich) mit Zusammenfassungen der wissenschaftlichen medizinischen und ökonomischen Literatur (HTA-Berichte) unterschiedlicher Breite und Tiefe zu laufenden Antragsthemen

­

Überprüfung von bestehenden Leistungen und Leistungsgruppen nach Artikel 32 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG; SR 832.10)

Empfehlung 2

Kategorisierung nach Artikel 31 Absatz 3 KLV

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, die Zweckmässigkeit und Praxistauglichkeit der Kategorisierung gemäss Artikel 31 Absatz 3 KLV zu prüfen und allenfalls Anpassungen vorzunehmen.

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Nach Artikel 31 Absatz 3 KLV teilt die EAK jedes Arzneimittel in eine der in den Buchstaben a­e genannten Kategorien ein. Die GPK-S hält in ihrem Bericht fest, die Evaluation der PVK habe ergeben, dass die EAK keine explizite Einteilung in die von der KLV vorgesehenen Kategorien vornehme.

Seit dem Jahr 2012 wird die EAK von einem verwaltungsexternen Präsidenten geführt. Gleichzeitig erfolgte eine Praxisänderung in Bezug auf die Kategorisierung: Die EAK teilt die Arzneimittel wieder explizit einer eindeutigen Kategorie nach Artikel 31 Absatz 3 KLV zu. Im Hinblick auf die Schaffung von Nutzenbewertungskriterien (vgl. Stellungnahme zu Empfehlung 7; Antwort des Bundesrates auf die Postulate 14.3295 und 14.3296 der GPK-S) wird zudem geprüft, ob eine Anpassung dieser Kategorien erfolgen könnte.

Der Bundesrat stellt fest, dass die Empfehlung 2 der GPK-S bereits mit entsprechenden Massnahmen umgesetzt wurde und mit der Schaffung von Nutzenbewertungskriterien eine weitere Optimierung geplant ist. Der Bundesrat sieht keinen weiteren Handlungsbedarf.

Empfehlung 3

Ressourcenausstattung EAK und BAG

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, in Abhängigkeit der zukünftigen Rollen der EAK und der zuständigen Sektion des BAG und unter Berücksichtigung der Resultate der laufenden Effizienzüberprüfung des BAG sicherzustellen, dass beide Institutionen mit den für die Erfüllung ihres Auftrages erforderlichen Ressourcen ausgestattet sind. Der Bundesrat trägt dabei insbesondere der Unabhängigkeit der EAK und einer angemessenen organisatorischen Trennung zum BAG Rechnung.

Der Bundesrat hat sich bereits in seiner Antwort auf das Schreiben der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 26. Januar 2009 zur Inspektion «Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen in der obligatorischen Krankenversicherung» bereit erklärt, für die Eidgenössische Kommission für Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK) und die anderen beratenden Kommissionen im Krankenversicherungsbereich neue Organisationsmodelle zu prüfen. Entsprechend dieser Empfehlung wurde für die beratenden Kommissionen ­ wie bereits erwähnt auch für die EAK ­ im Jahr 2012 ein verwaltungsexternes Präsidium eingerichtet. Von der Schaffung eines eigenständigen Kommissionssekretariats für die EAK und die weiteren beratenden Kommissionen hat der Bundesrat aber abgesehen. Mit der Integration des Kommissionssekretariats in die zuständigen Sektionen können die Synergien zwischen den Kommissionen und dem BAG besser genutzt werden. Die gewählte Organisationsform erlaubt eine schlanke Bearbeitung der Gesuche innerhalb der vorgegebenen Fristen.

Mit der Einführung des beschleunigten Aufnahmeverfahrens für Arzneimittel in die Spezialitätenliste (SL) im Jahr 2013 wurden der zuständigen Sektion im BAG zusätzlich 300 Stellenprozente zugesprochen, was einem Zuwachs an Ressourcen von rund einem Drittel auf aktuell 1180 Stellenprozente entspricht. Um den Anforderungen einer international anerkannten Verfahrensstruktur gerecht zu werden und eine adäquate Bearbeitung der Gesuche durchzuführen, ist das BAG auch in Zukunft auf eine angemessene Ausstattung an personellen Ressourcen angewiesen. Der Bundesrat ist bereit, die Ressourcensituation bei dieser Aufgabe erneut zu analy7843

sieren und in diesem Zusammenhang eine weitere Stellenaufstockung zu prüfen.

Dabei wird er seine Entscheide voraussichtlich im Hinblick auf die im Jahr 2015 zu erfolgende Gesamtbeurteilung Ressourcen im Personalbereich für das Budgetjahr 2016 treffen.

Die EAK besteht zurzeit aus 15 verwaltungsexternen Mitgliedern und einem Präsidenten. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen erlauben für ausserparlamentarische Kommissionen in der Regel eine maximale Mitgliederzahl von 15 (Art. 57e des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 [RVOG; SR 172.010]). Sinn und Zweck dieser Beschränkung ist ein schlankes, den Bedürfnissen von Bundesrat und Bundesverwaltung angepasstes Kommissionswesen zu gewährleisten. Die EAK besteht bereits heute aus insgesamt 16 Mitgliedern und profitiert somit von einer Ausnahmebewilligung.

Empfehlung 4

Befristete Aufnahme von Medikamenten in die SL

Die GPK-S empfiehlt dem Bundesrat, die befristete Aufnahme von Medikamenten in der Spezialitätenliste transparent auszuweisen und dafür zu sorgen, dass diejenigen Medikamente, welche die gesetzlichen WZW-Kriterien nicht erfüllen, nach erfolgter Evaluation konsequent von der Kassenpflicht ausgeschlossen werden.

Der Bundesrat hält fest, dass im Rahmen der Einführung des angepassten Preisfestsetzungssystems ab dem Jahr 2015 auch Massnahmen für eine erhöhte Transparenz der Entscheide des BAG sowie Massnahmen zur Streichung von Arzneimitteln aus der SL, welche die Aufnahmekriterien nicht mehr erfüllen, geprüft werden: Hinsichtlich einer verbesserten Transparenz der Entscheide des BAG verweist der Bundesrat auf die Stellungnahme zu Empfehlung 6.

Was die Streichung von Arzneimitteln aus der SL angeht, ist Folgendes festzuhalten: Das BAG kann nach Artikel 68 Absatz 1 Buchstabe a KVV u.a. ein Arzneimittel aus der SL streichen, wenn es nicht mehr alle Aufnahmebedingungen erfüllt. Derzeit ist die Streichung von Arzneimitteln aus der SL, welche die Aufnahmebedingungen nicht mehr erfüllen, ein langwieriger, ressourcenbindender Prozess, der viel Fachwissen erfordert und aufgrund der Verfahrensrechte der Zulassungsinhaberinnen sehr aufwendig ist. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) deshalb bereits beauftragt, in einem ersten Schritt eingehend abzuklären, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um konsequent die Streichung von Arzneimitteln, welche die Kriterien von Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW-Kriterien) nicht mehr erfüllen, zu ermöglichen (vgl. auch Antwort des Bundesrates auf das Postulat 14.3297 der GPK-S). Abgesehen von den bereits geplanten oder in Umsetzung befindlichen Massnahmen erkennt der Bundesrat keinen weiteren Handlungsbedarf.

Empfehlung 5

Festsetzung von Rückvergütungen in der Limitation

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, die Praxis der Festsetzung von Rückvergütungen in der Limitation eines Medikamentes zu prüfen.

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Der Bundesrat ist sich der Problematik bezüglich der Festsetzung von Rückvergütungen in der Limitierung eines Arzneimittels bewusst. Die Regelung bringt einerseits einen hohen administrativen Aufwand für die Versicherer mit sich und hat anderseits zur Folge, dass sich die Höhe des von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zu bezahlenden Preises nicht aus der SL, sondern erst aus einer in der Limitierung festgelegten Rückvergütungspflicht des Herstellers ergibt. Diese Tatsache führt zu einer gewissen Intransparenz.

Die rechtlichen Abklärungen des BAG haben ergeben, dass das Vorgehen bezüglich der Festsetzung von Rückvergütungen der Zulassungsinhaberinnen in der Limitierung des BAG indes in gewissen Fällen rechtmässig ist. Insbesondere wenn das Arzneimittel in unterschiedlichen Anwendungsbereichen und Kombinationen benützt wird, kann die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bei den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten und Kombinationen mit anderen Arzneimitteln unterschiedlich ausfallen. Kommen für ein Arzneimittel zahlreiche Anwendungsbereiche in Frage, für die ihrerseits wieder unterschiedliche Preise als wirtschaftlich erachtet werden, erschwert dies die Umsetzung für Hersteller, Leistungserbringer und Versicherer. Ein System der Rückvergütung wie vom BAG in Einzelfällen vorgesehen, erscheint daher als angemessene Lösung. Sie trägt dazu bei, dass das betroffene Arzneimittel in jedem Anwendungsbereich wirtschaftlich ist und der OKP nicht zu hohe Kosten auferlegt werden. Anders sieht es in jenen Fällen aus, in denen das Arzneimittel nur in einem Bereich zur Anwendung kommt.

Die umschriebene Limitierung kam bisher bei drei in der SL gelisteten Arzneimitteln zur Anwendung. Aktuell befinden sich noch zwei Arzneimittel auf der SL, bei denen eine Rückvergütung in der Limitierung festgehalten ist. In einem Fall ­ das Arzneimittel kommt nur in einem Bereich zur Anwendung ­ hat das BAG also reagiert und eine entsprechende Korrektur vorgenommen. Vor dem Hintergrund, dass von der heutigen Regelung nur vereinzelte Arzneimittel betroffen sind und das BAG sich um eine zurückhaltende Anwendung der Praxis bemüht, ist der Bundesrat der Ansicht, dass sich keine Praxisänderung aufdrängt.

Empfehlung 6

Transparenz des Aufnahmeverfahrens

Die GPK-S empfiehlt dem Bundesrat zu prüfen, wie die Verfahrensschritte und der Entscheid über die Aufnahme eines Medikaments in der Spezialitätenliste transparent dokumentiert und der interessierenden Öffentlichkeit kommuniziert werden können. Er berücksichtigt dabei sowohl das Interesse der Öffentlichkeit und der Leistungserbringer an der Bekanntgabe der Beurteilung des Medikamentennutzens als auch die Interessen der Arzneimittelhersteller auf Wahrung des Geschäftsgeheimnisses. Der Bundesrat stellt sicher, dass Entscheide des BAG, welche von der Beurteilung der EAK abweichen, ausreichend begründet werden.

Der Zugang zu amtlichen Dokumenten richtet sich heute nach dem Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 2004 (BGÖ, SR 152.3) Grundsätzlich gewährt das BGÖ jeder Person ein generelles Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten. Dieses Recht kann eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden, sofern überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Das Gesetz sieht dafür

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Ausnahmebestimmungen vor. Entsprechende Gesuche werden gemäss den heute geltenden Bestimmungen geprüft und behandelt.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob über den Anwendungsbereich des BGÖ hinaus systematisch Grundlagen des Verfahrens und des Entscheids über die Aufnahme eines Arzneimittels in die SL öffentlich gemacht werden sollen. Im Rahmen des angepassten Preisfestsetzungssystems 2015 sind verschiedene Massnahmen vorgesehen, die einem erhöhten Transparenzerfordernis Rechnung tragen sollen. Mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit soll erreicht werden, indem die Grundlagen der Entscheide des BAG über die Aufnahme eines Arzneimittels hinsichtlich dessen Wirksamkeit und Zweckmässigkeit elektronisch veröffentlicht werden.

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit sollen die Grundlagen zur Beurteilung des Vergleichs mit anderen Arzneimitteln und eines allenfalls zu gewährenden Innovationszuschlags veröffentlicht werden. Des Weiteren hat der Bundesrat bereits im Rahmen seiner Antwort auf die Motion Birrer (13.3973) «Demokratisierung der Rekursmöglichkeiten bei der Festsetzung der Medikamentenpreise» in Aussicht gestellt, dass das BAG künftig bei Beschwerden aufgrund von Preissenkungsverfügungen des BAG im Rahmen der Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre die Namen von betroffenen Arzneimittel bekanntgeben wird. Das BAG hat in den letzten Jahren auch vermehrt sichergestellt, dass die Entscheide innerhalb des BAG verbessert dokumentiert werden.

Der Bundesrat hält fest, dass die EAK als ausserparlamentarische Kommission eine beratende Funktion wahrnimmt. Die Entscheidkompetenz liegt in der Zuständigkeit des BAG. Dieses ist dabei nicht verpflichtet, der Empfehlung der EAK zu folgen oder einen Entscheid, der nicht der Empfehlung folgt, öffentlich zu begründen. Zu berücksichtigen gilt auch, dass die Tätigkeit der EAK nach Artikel 10 der Geschäftsordnung der EAK vertraulich ist und Dritten nicht zugänglich gemacht werden darf.

Schliesslich besteht für jede Person die Möglichkeit, im Rahmen eines BGÖGesuchs Einsicht in die Protokolle der EAK-Sitzungen zu verlangen.

Empfehlung 7

periodische Überprüfung

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, darzulegen, wie der Auftrag der periodischen Überprüfung gemäss Artikel 32 Absatz 2 KVG im Bereich der Medikamente künftig vollumfänglich umgesetzt werden kann.

Wie bereits aus der Stellungnahme des Bundesrates auf die Postulate 14.3295 und 14.3296 der GPK-S hervorgeht, sind im Hinblick auf die Umsetzung des neuen Preisfestsetzungssystems 2015 diverse Massnahmen auch im Bereich der periodischen Prüfung alle drei Jahre in Erarbeitung. In der laufenden Revision der KVV und der KLV liegt der Schwerpunkt auf der Beurteilung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit. Es wird jedoch auch geprüft, ob die Grundlagen zur Beurteilung der Kriterien der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit angepasst werden müssen.

Im Bereich des Auslandpreisvergleichs (APV) ist eine Anpassung des Länderkorbes vorgesehen. Der heutige Länderkorb soll neu auf neun Referenzländer (Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Grossbritannien, Frankreich, Österreich, Schweden, Finnland und Belgien) erweitert werden. Dadurch wird ein ausgewogener APV möglich. Die Berücksichtigung von öffentlich zugänglichen Herstellerrabatten soll dazu führen, dass für die Berechnung des durchschnittlichen APV-Niveaus mög7846

lichst nur effektive Herstellerpreise beziehungsweise Fabrikabgabepreise herangezogen werden. Zusätzlich soll bei der Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre auch vermehrt der therapeutische Quervergleich in die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung einbezogen werden.

Bisher ging das BAG bei der Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre grundsätzlich davon aus, dass die zu überprüfenden Arzneimittel weiterhin wirksam und zweckmässig sind. Die vorgesehenen neuen Verordnungsbestimmungen, die am 1. Januar 2015 in Kraft treten sollen, halten Folgendes explizit fest: Kommt das BAG aufgrund neuer Daten und Fakten zur Ansicht, dass die Wirksamkeit oder die Zweckmässigkeit in Frage gestellt sind oder die EAK eine entsprechende Überprüfung beantragt, kann das BAG im Rahmen der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre neben der Wirtschaftlichkeit auch die Wirksamkeit und die Zweckmässigkeit überprüfen. Auch soll das BAG die Möglichkeit erhalten, ein Arzneimittel jederzeit hinsichtlich der Erfüllung der WZW-Kriterien überprüfen zu können, wenn es Anlass hat, an der Erfüllung der genannten Kriterien zu zweifeln.

Im Bereich der Wirksamkeit und der Zweckmässigkeit soll die Schaffung von Nutzenbewertungskriterien dazu dienen, die Bestimmung des therapeutischen Mehrnutzens und die Beurteilung des Mehrnutzens anhand von eindeutig definierten Kriterien zu verbessern. Mit diesen Kriterien soll auch die Gewährung eines Innovationszuschlages erleichtert werden. Zur Schaffung dieser Kriterien wurden Arbeitsgruppen mit den interessierten Kreisen (Verbände der Versicherer, der Pharmaindustrie, der Konsumentinnen und Konsumenten, der Preisüberwachung) gebildet.

Nachdem inzwischen eine erste Arbeitsgruppe einen Vorschlag ausgearbeitet hat, wie aufgrund der klinischen Studien der Nutzen eines Arzneimittels festgelegt werden soll, wird eine zweite Arbeitsgruppe Kriterien erarbeiten, welcher Nutzen zu einem Innovationszuschlag führen kann und wie hoch dieser maximal sein soll.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit den vorgesehenen Anpassungen des Preisfestsetzungssystems per 2015 der Empfehlung 7 der GPK-S genügend Rechnung getragen wird.

Empfehlung 8

Anreize zu Preissenkungen im patentfreien Medikamentenbereich

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, im Bereich der patentfreien Medikamente Massnahmen zu prüfen, die griffigere Anreize zur Preissenkung von Originalpräparaten und Generika sowie zur vermehrten Verschreibung von Generika schaffen. Dabei nimmt er insbesondere zur möglichen Einführung eines Festbetragssystem Stellung.

Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass im Bereich der Originalpräparate, deren Patent abgelaufen ist, und der Generika noch Einsparpotenzial besteht und die Förderung zur vermehrten Verschreibung von Generika zu unterstützen ist. Die neusten Auswertungen der Verbände der Pharmaindustrie und der Versicherer zeigten, dass Generika in der Schweiz nach wie vor deutlich teurer sind als in den Referenzländern.

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Im Jahr 2011 wurden die rechtlichen Bestimmungen der KVV und der KLV im Bereich der Generika angepasst. Dabei wurden Änderungen bei der Preisbildung für Generika und bei der Regelung über den differenzierten Selbstbehalt eingeführt. Zu den Massnahmen wurde ein Monitoring durchgeführt und eine dafür eingesetzte Begleitgruppe aus Vertretern des BAG, der Pharmaverbände und der Krankenversicherer hat die Massnahmen begleitet. Die Auswertung des Monitorings hat gezeigt, dass die erwarteten Einsparungen verfehlt wurden und weitere Massnahmen im Bereich der Arzneimittel, deren Patent abgelaufen ist, angezeigt sind. Mit der flexibleren Ausgestaltung des differenzierten Selbstbehalts können in einem Jahr 73 Millionen Franken und mit der Anpassung der Preisabstandsregelung für Generika in einem Jahr 22 Millionen Franken eingespart werden, wobei die letztgenannte Massnahme in Zukunft noch weitere Einsparungen bringen dürfte, da die Patente einiger umsatzstarker Wirkstoffe auslaufen werden.

Der Bundesrat unterstützt deshalb die Einführung eines Referenzpreissystems im Bereich der Bereich der Arzneimittel, deren Patent abgelaufen ist, und hat das EDI Ende April 2014 beauftragt, ein Konzept zur Konkretisierung eines künftigen Referenzpreissystems für Generika zu erarbeiten. Bisher liegt keine vertiefte Analyse der möglichen Auswirkungen eines solchen Systems vor. Grundsätzlich ist aber von einer preissenkenden Wirkung des vom Bundesrat angestrebten Systemwechsels auszugehen. Für die Einführung eines Referenzpreissystems ist eine Anpassung des KVG notwendig, weshalb das EDI beauftragt wurde, eine entsprechende Gesetzesrevision vorzubereiten.

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Zusammenfassung

Der Bundesrat würdigt die methodisch korrekte und seriöse Analyse zur Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der SL und die daraus abgeleiteten Empfehlungen der GPK-S. Der Bundesrat ist mit den Zielformulierungen der GPK-S weitgehend einverstanden und grundsätzlich bereit, die Empfehlungen zu übernehmen, soweit diese nicht bereits umgesetzt wurden oder Gegenstand der Verordnungsanpassungen im Rahmen des angepassten Preisfestsetzungssystems per 2015 sind.

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