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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Strassenbahn St. Gallen-Speicher--Trogen (Vom 8. März 1949)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 6. Oktober 1899 erteilte die Bundesversammlung einem Initiativkomitee zuhanden, einer zu gründenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Speicher, nach Trogen (EAS 16, 729). Durch Bundesbeschluss vom 26. April 1902 (EAS 18, 86) wurden die Tarifbestimmungon der Konzession im Sinne einer Erhöhung der Ansätze abgeändert. Mit Bundesbeschluss vom 80. Oktober 1909 (EAS 35, 265) wurde der inzwischen gegründeten Strassenbahn St. GallenSpeicher-Trogen AG. eine einheitliche Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Trogen und Heiden nach Walzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Eehetobel, erteilt. Gleichzeitig wurde die Konzession von 1899 mit der Änderung von 1902 aufgehoben.

Infolge unbenutzten Ablaufes der zur Einreiehung der vorschriftsmässigen Vorlagen angesetzten Frist fiel die Konzession für die Strecke Trogen-HeidenWalzenhausen, mit Abzweigung von Kaien nach Behetobel, am I.Mai 1912 dahin (EAS 28, 252). Die Konzession gilt deshalb heute nur noch für die Strecke St. Gallen-Speicher-Trogen. Sie läuft am 16. Mai 1949 ab.

Mit Schreiben vom 11. Februar 1948 ersuchte die Bahngesellschaft um Erneuerung der Konzession. Wir unterbreiteten ihr und den interessierten Kantonen hierauf den Entwurf für eine neue Konzession, der inhaltlich den in letzter Zeit erteilten Konzessionen entspricht. In den Tarifbestimmungen wurde berücksichtigt, dass die Trogenerbahn das einheitliche Taxschema der Bundesbahnen und des Verbandes schweizerischer Transportanstalten übernommen hat.

553 Mit Schreiben vom 19. Oktober 1948 teilte der Eegierungsrat des Kantons Appenzell A.-Eh. mit, dass er gegen don Konzessionsentwurf keine Einwendungen erhebe. Auch das Baudeparteinent des Kantons St. Gallen erklärte sich mit Schreiben vom 31. Januar 1949 mit dem vorgelegten Entwurf einverstanden. Einer Bemerkung zu Artikel 6, die kantonale Strassenbenützungsbewilligung betreffend, konnte Eechnung getragen werden. Schliesslich erklärte uns am 19. Februar 1949 auch die Bahngesellschaft ihr Einverständnis mit den Bestimmungen der vorgesehenen neuen Konzession, Durch die Erteilung einer neuen Verleihung wird die Frage eines allfälligen Bahnersatzes, die sich gegenwärtig in Prüfung befindet, nicht präjudiziert.

Sollte sich beispielsweise eine Umstellung auf Trolleybusbetrieb als zweckmässig und durchführbar erweisen, so könnte die hiefür nötige Konzession auf Grund der bestehenden Gesetzgebung nach Anhörung der Kantone durch das Post- und Eisenbahndeparteinent erteilt werden. Die Eisenbahnkonzession wäre alsdann als gegenstandslos geworden hinfällig zu erklären. Unter keinem Umstände wird aber eine Umstellung schon im Zeitpunkte des Ablaufes der gegenwärtigen Konzession möglich sein. Da auch eine Einstellung des Betriebes natürlich nicht zur Diskussion steht, erscheint die Erneuerung der Konzession unumgänglich.

Wir beantragen Ihnen deshalb, dem beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Erteilung einer neuen Konzession für die Strassenbahn St- Gallen-Speicher-Trogen zuzustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den S.März 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Für den B u n d e s p r ä s i d e n t e n : Celio Der Bundeskanzler: Leimgruber

Bundesblatt.

101. Jahrg.

Bd. I.

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554 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Erteilung einer neuen Konzession für die Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in ein Gesuch der Strassenbahn St. Gallen-SpeicherTrogen, in Trogen, vom 11. Februar 1948, in eine Botschaft des Bandesrates vom 8. März 1949, beschliesst: ,

.

I.

Der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen, in Trogen, wird zu den nachstehend angeführten Bedingungen eine neue Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen erteilt.

Art. l Gesetzgebung Die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen sind jederzeit genau zu beachten.

Nebenbahn

Bauer

Sitz

Art. 2 Die Bahn, wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 8 Die Konzession wird für die Dauer von 50 Jahren, d. h. bis 81. Dezember 1999, erteilt.

Art. 4 Der Sitz der Gesellschaft ist in Trogen.

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Art. 5 Die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates, der Direktion Nationalität und gegebenenfalls des Direktionsausschusses soll aus Schweizerbürgernj die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, gebildet werden.

Das ständige Personal soll aus Schweizorbürgern bestehen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Art. 6 Für die Benützung der öffentlichen Strassen zum Betrieb der Bahn gelten die durch den Beschluss des Kantonsrates des Kantons Appenzell A.-Eh. vom 16. Mai 1899 sowie den Beschluss des Grossen Kates des Kantons St. Gallen vom 16..Mai.1899, beziehungsweise den entsprechenden Erneuerungsbeschluss aufgestellten Vorschriften, soweit sie nicht mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung in Widerspruch stehen.

. Art. 7 Die Ausführung von Bauten sowie der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, die gemäss den bundesrechtlichen Vorschriften über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten vorher durch die Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind.

. Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung dieser Anlagen zu verlangen, wenn eine solche für die Betriebssicherheit notwendig erscheint.

Art. 8 Die Spurweite der Bahn beträgt 1,0 Meter.

Art. 9 Die Konzessionärin übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck, Gütern und lebenden Tieren.

Art. 10 Der Konzessionärin ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Verkehrszeiten festzusetzen. Immerhin sind die Fahrpläne nach den geltenden Bestimmungen vor der Inkraftsetzung der Aufsichtsbehörde, die auch über die Fahrgeschwindigkeit der Züge entscheidet, zur Genehmigung vorzulegen.

Benützung der öffentlichen Strassen

Baupläne

Spurweite

Transporte

Fahrplan

Art. 11 Für die Beförderung von Personen wird nur eine Wagenklasse ge- wagenkiasse führt.

558

Tarife

Armen- nnd Folizeitransporte

Art. 12 Für die Beförderung von Personen, Gepäck, Traglasten (landwirtschaftliche und gewerbliche Erzeugnisse), Gütern und lebenden Tieren sind die Tarife der Schweizerischen Bundesbahnen massgebend.

Die Konzessionärin ist gehalten, Abonnementsbillette zu ermässigten Taxen nach mit der Aufsichtsbehörde zu vereinbarenden Bestimmungen auszugeben.

Es sind die den Interessen des Handels, der Industrie sowie der Land- und Forstwirtschaft dienenden Ausnahmetarife einzuführen.

Die Konzessionärin ist ermächtigt, die für die Berechnung der Beförderungstaxen dienenden Distanzen festzusetzen, wobei die effektiven Entfernungen maximal um 150 Prozent erhöht ; werden dürfen.

Bruchteile eines Kilometers können als ganze Kilometer berechnet werden.

Art. 18 Personen, deren Mittellosigkeit durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörden bezeugt wird, sind zum halben Preis zu befördern.

Für Polizeitransporte, die von eidgenössischen oder kantonalen Behörden angeordnet werden* sind die vom Bundesrat erlassenen besonderen Vorschriften massgebend.

Art. 14 Réglemente und Tiirifbestimmungen

Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Beglemente und Tarife aufzustellen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen, Art. 15

Reservefonds

Dio Konzessionärin ist verpflichtet, einen allgemeinen Eeservefonds zu äufnen.

Art. 16

Haftpflichtversicherung

Die Konzessionärin hat sich gegen die Folgen ihrer in der Bundesgesetzgebung über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsuntemehrmingen und der Post umschriebenen Haftpflicht bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

Die Verträge über die Haftpflichtversicherung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

:

Personalfürsorge

Art. 17

Die Konzessionärin hat für das ständige Personal eine Dienstalterskasse oder eine Pensionskasse einzurichten oder es bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunter-

507 nehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

Sie hat dafür zu sorgen, dass das Personal gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit versichert ist.

Die Eeglemente und Jahresrechnungen über die Personalfürsorge bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Art. 18 Den eidgenössischen Beamten, denen die Aufsicht über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen obliegt, ist zu jeder Zeit freie Fahrt und freier Zutritt zu allen Teilen der Anlagen zu gewähren. Das zur Vornahme von Untersuchungen nötige Personal und Material, Pläne inbegriffen, ist ihnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Konzessionärin und ihr Personal haben ferner den mit der Kontrolle betrauten Organen alle hiefür notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Art. 19 Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass Beamte und Angestellte der Eisenbahn, dio bei Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Verwaltung selbst eingeschritten wird, gemassregelt oder entlassen werden.

. : Art. 20 Für die Ausübung des Bückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch macht, der Kantone, für die auf ihrem Gebiet gelegenen Linien, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Eückkauf des ganzen Netzes oder nur von Teilstrecken kann jederzeit erfolgen. Er ist der Konzessionärin drei Jahre zum voraus schriftlich anzukündigen.

b. Durch den Eückkauf wird der Bund Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allem übrigen Zubehör. Immerhin bleiben die Bechte Dritter hinsichtlich der Krankenkasse und der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversicherung vorbehalten.

Zu welchem Zeitpunkt der Eückkauf auch erfolgen mag, ist die Bahn samt Zubehör in gutem Zustande abzutreten. Sollte dieser Pflicht nicht Genüge getan werden, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Eückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Eückkauf beträgt den zweiundsswanzigeinhalbfachen Wert des durchschnittlichen Eeinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Eückkauf notifiziert wird, unmittelbar vorangehen, unter Abzug des Sollbestandes der gesetzlichen Abschreibungen auf den Anlagen, Bei Ermittlung des

Kontrolle

Difiziplin&r»

Rückkauf

558 Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung, mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige, in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, einschliesslich der gesetzlichen Abschreibungen auf den Anlagen.

Im Falle des B,ückkaufs im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Bundes entweder der Betrag der Anlagekosten unter Abzug des Sollbestandes der gesetzlichen Abschreibungen auf den Anlagen oder eine durch bundesgerichtliche Schätzung zu bestimmende Entschädigung zu bezahlen.

ä. Streitigkeiten, die über den Bückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterhegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Eückkauf gegenüber dem Kanton

Art. 21 Hat der Kanton die Bahn zurückgekauft, so ist der Bund dennoch jederzeit befugt, sein Bückkauf stecht gegenüber dem Kanton auszuüben, und der Kanton hat die Bahn dem Bunde unter den gleichen Rechten und Pflichten abzutreten, wie dieser es von der Konzessionärin zu fordern berechtigt gewesen wäre.

· · H.

Der Bundesrat ist .mit dem Vollzug dieses Beschlusses, der am 17. Mai 1949 in Kraft tritt, beauftragt.

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1949

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10

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5596

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.03.1949

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552-558

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