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Bericht des

Departements des Innern an den schweizerischen Bundesrath betreffend den Kleinverkauf gebrannter Wasser.

(Vom 17. März 1890.)

Tit.

Verschiedene Eingaben von Spirituosenhändlern und zahlreiche mündliche Vorstellungen solcher haben uns zur Kenntniß gebracht, daß die Vorschriften des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser, soweit dieselben d e n K l e i n v e r k a u f v o n S p i r i t u o s e n betreffen, in den Kantonen in ungleicher Weise interpretirt und gehandhabt werden. Es wird darüber geklagt, daß nicht nur die an die Bewilligung zum Kleinverkauf geknüpfte Verkaufssteuer in den verschiedenen Kantonen eine höchst ungleiche sei, sondern daß die von dem Spirituosenhändler in seinem Wohnsitzkanton erworbene Bewilligung und bezahlte bezügliche Kleinverkaufssteuer in einzelnen Kantonen für den Klein verkauf auf ihrem Gebiet einfach als ungültig behandelt werde, während andere Kantone den Vertrieb ohne neue Bewilligung und neue Verkaufssteuer gewähren. Bei dieser Unsicherheit des Rechts sei es ehrenhaften Fabrikations- und Exportfirmen von Qualitätsspirituosen, welche vielfach Sendungen von Quantitäten unter 40 Litern zu machen im Falle sind, begegnet, daß sie bald da, bald dort wegen Gesetzesübertretung zur Anzeige gebracht und y,u Bußen verurtheilt worden seien und gewärtigen müssen, daß dies nachträglich auch in solchen Kantonen geschehe, welche bisher dem außerkantonalen Spiritushändler, der in seinem Wohnsitzkanton Bewilligung erworben und Verkaufssteuer bezahlt, den Verkauf anstandslos gewährten. Von ihnen verlangen, sieh dadurch Sicherheit zu verschaffen, daß sie ohne Weiteres in allen Kantonen Verkaufspatente lösen, heiße nichts Anderes, als ihnen den Handel unmöglich machen.

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Es wird deßhalb in einer von 6 Kirschwasserfabrikationsfirmen des Kantons Zug unterm 4. November 1889 an den Bundesrath gerichteten Petition das Begehren gestellt, es möchte der Bundesrath behufs Beseitigung dieser Mißstände eine Interpretation des Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend gebräunte Wasser, vom 23. Dezember 1886, erlassen in Bezug darauf, ob Sendungen von Qualitätsspirituosen unter 40 Liter in andere Kantone gleich dem Kleiuverkauf über die Gasse nach § 8 zu betrachten seien und den kantonalen diesbezüglichen Verordnungen, resp. Besteuerungen unterliegen.

Von dieser und ändern an das Departement" des Innern ge richteten Eingaben und Vorstellungen haben wir Veranlassung genommen, die Frage des S p i r i t u o s e n v e r k a u f s , wie d i e s e r s i c h i n f o l g e d e r A u s f ü h r u n g s g e s e t z e d e r Kant o n e g e s t a l t e t hat, einer allgemeinen Untersuchung zu unterziehen, und beehren uns nun, Ihnen darüber im Nachfolgenden B e r i c h t zu erstatten.

Nach Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend gebrannte Wasser werden ,,die Bewilligungen zum Kleinverkauf von den kantonalen Behörden ertheilt und sind an eine der Größe und dem Werthe des Umsatzes entsprechende Verkaufssteuer zu knüpfen, welche bis zum Erlaß eiues Bundesgesetzes von den Kantonen festgesetzt wirdtt.

Behufs Vollzugs dieser Vorschrift und anderer, hier nicht in Betracht fallender Bestimmungen betreffend Ausschank, Hausiren u. s. w. hatten die Kantone, denen nach Art. 9 des Bundesgesetzes die Aufsicht über Handel mit den vom Bunde abgegebenen gebrannten Wassern, sowie über die Fabrikation und den Verkauf des nicht buudessteuerpflichtigen Branntweins obliegt, die nothwendigen Anordnungen zu treffen. Sie wurden hiezu vom Bundesrathe durch Kreisschreiben vom 27. September 1887 aufgefordert, welcher ersten Einladung später seitens des Departements des Innern weitere Mahnungen folgten. Mit Ausnahme eines Kantons haben die Kantone durch Erlaß neuer Wirthschaftsgesetze oder bezüglicher Verordnungen dem Bundesgesetze Vollziehung verschafft. Das Ausbleiben des einen Kantons hatte für den weitern Verlauf der Vollziehung deßhalb eine besondere Wichtigkeit, weil gerade dieser Kanton, welcher den Kleinverkauf von Spirituosen der vorgeschriebenen Bewilligung und Verkaufssteuer noch nicht unterworfen hat, eine gioße Zahl von Qualitätsspirituosen-Fabrikanten besitzt, welche Kleinverkauf in andere Kantone treiben.

865 Der Kleinverkauf von Branntweinen -- das Bundesgesetz normirt denselben als Verkauf in Quantitäten unter 40 Liter -- erscheint, soweit er nicht den Verkauf von Kanton zu Kanton betrifft, durch die erlassenen Gesetze und Verordnungen der Kantone im Wesentlichen hinlänglich geordnet. Die persönlichen Bedingungen für den Erwerb einer Verkaufsbewilligung sind überall -- der rückständige Kanton vorbehalten -- bestimmt und ebenso die bezüglichen Steuertaxen : erstere sind in dem einen Kantone strenger als in ändern, und ebenso sind die Taxen hier niedriger, dort höher gehalten, was nicht auffallen kann, da das Bundesgesetz nach beiden Richtungen hin den Kantonen Freiheit läßt.

Die K l a g e n betreffen, soweit unsere Kenntniß reicht, ausschließlich d e n K l e i n v e r k a u f v o n S p i r i t u o s e n v o n K a n ton zu K a n t o n . In dieser Beziehung herrscht allerdings eine gewisse Unsicherheit, unter welcher die Spirituosenhändler zu leiden haben. Anfänglich ging der' fragliche Verkehr von Kanton zu Kanton ziemlich unbehelligt vor sich, da er sich infolge der Aufhebung der Ohmgeldbüreaux der unmittelbaren Kenntniß der Behörden entzog; dann aber wurde das Konkurrenzinteresse aufmerksam; es kam in einzelnen Kantonen, in denen der auswärtige Spirituosenhändler bis dahin ohne Lösung eines Patentes Kleinverkauf betrieben hatte, zu Anzeigen und Verurtheilungen. Wie man noch jetzt nicht überall ganz entschieden ist, welche Stellung die Administration zu der Frage nehmen soll, zeigt die Zuschrift der Regierung von Baselstadt vom 29. Januar d. J., indem sie sagt: ,,Die Frage, wie weit auswärtswohnende Spirituosenhändler in den Kanton Waare einführen dürfen, ist bis jetzt hier nicht grundsätzlich entschieden worden ; bei der Schwierigkeit einer Kontrole und bei der Schwierigkeit des Entscheides der Frage ist die Sache bis jetzt ungelöst geblieben. Vor einiger. Zeit regte die Regierung von Bern eine Verständigung der Kantonsregierungen an; die Sache ist aber bisher nicht weiter verfolgt worden."· Aus der v o r g e n o m m e n e n U m f r a g e bei den Kaut o n e n geht indessen F o l g e n d e s hervor: 1) Die große Mehrzahl der Kantone anerkennt und gestattet keinen Kleinverkauf von Spirituosen auf ihrem Gebiet ohne Lösung des kantonalen Patentes und Beziehung der kantonalen bezüglichen Taxe.
Als Kleinverkauf auf dem Gebiete des Kantons werden auch von außerhalb des Kantons herkommende Spirituosensendungen in Quantitäten unter 40 Liter betrachtet.

Eine Ausnahme machen einzig die Kantone Zürich, Bern, Zug und Tessin.

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Zürich : Insofern auswärts domizilirte Fabrikanten von Spirituosen Lieferungen nach dem Gebiete des Kantons Zürich ausführen, welche nicht unter den Begriff ,,Großhandel fallen, und sofern diese Firmen im Kanton keine Depots besitzen, können dieselben von der Besteuerung befreit werden, sofern sie den Nachweis leisten: a. daß sie am Orte des Domizils bereits eia Patent zum Kleinverkauf gebrannter Wasser erworben haben, bezw. eine Fabriksteuer bezahlen ; b. daß Zürcher Firmen gegenüber in analogen Fällen gleiches Recht gehalten wird, welche Erklärung von der betreffenden Kantonsregierung abgegeben werden muß.

Bern verfährt nach gleichen Grundsätzen.

Zug gestattet den außerkantonalen Spirituosenhändlern den Kleinverkauf in seinem Gebiete, soweit die Art des Handels nicht unter den Begriff des Hausirens fällt, ohne dieselben zur Lösung eines Patentes und zur Bezahlung einer Patenttaxe anzuhalten und ohne weitere Bedingung.

Tessin ebenso.

2) Die eine Hälfte der Kantone, welche Spirituosen-Kleinhandel auf ihren Gebieten nur unter der Erwerbuag des kantonalen Patentes gestatten, ertheilt dieses Patent nur an solche, welche im Kanton selbst Wohnsitz haben. Die andere Hälfte ertheilt das Kleinhandels-Patent auch an auswärtswohnende Spirituosenhändler.

3) Die Pateattaxen variren in den Minima von Fr. 2 bis 60, in dea Maxima von Fr. 10 bis 800.

Waadt und Tessin haben Maxima von Fr. 1000 ; indessen geben dort die bezüglichen Verkaufspatente noch weitere Rechte als nur den Kleinverkauf von Spirituoseu.

V o m S t a n d p u n k t d e r B u n d e s v e r f a s s u n g u n d derg B u n d e s g e s e t z g e b u n g aus läßt sich gegen diesen Stand der Dinge nichts einwenden.

Vor Erlaß der Bundesverfassungsrevision vom 20. Mai 1874 waren die ,,gebrannten Wasser" eine Waare, welche im Allgemeinen unter der Garantie des freien Handels im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft stand. Im Verkehr von Kanton zu Kanton war sie den Ohmgeldgebühren unterworfen und im Innern der Kantone den diesbezüglichen Vorschriften der Wirthschaftsgesetze über Ausschank und Verkauf über die Gasse. Da aber als solcher Verkauf

867 über die Gasse (Kleinhandel), welcher Beschränkungen unterworfen war, nur die Abgabe einer kleinen Quantität -- durchschnittlich 5 Liter -- galt, somit aller Verkauf über 5 Liter als freier Handel betrachtet und behandelt wurde, so konnte der interkantonale Spirituosenhandel, auch derjenige(i von Qualitätsbranntweinen, weil dessen Sendungen in der Regel über 5 Liter betrugen, abgesehen von den Ohmgeldgebühren, unbehelligt vor sich gehen.

Die Revision vom 20. Mai 1874 beseitigte die Ohmgeldgebilhren, machte aber gleichzeitig die gebrannten Wasser zu einer Ausnahmswaare, deren Vertrieb besonderen weitergehenden Beschränkungen unterworfen werden konnte (Art. 31, b, c).

Der neue Art. 32bi" gab dem B u n d e die Befugniß, im Wege der Gesetzgebung, wie über die Fabrikation, so auch ü b e r d e n V e r k a u f g e b r a n n t e r W a s s e r Vorschriften zu erlassen.

Der Bund machte von dieser Befugniß durch Bundesgeseta betreffend gebrannte Wasser, Art. 7, 8, 9, Gebrauch, und zwar in der Weise, daß er betreffend den Verkauf von Branntweinen, einige allgemeine Bestimmungen aufstellte, die ganze weitere Ordnung dieses Geschäftsverkehrs aber innerhalb jener Bestimmungen den Kantonen zuwies und denselben auch die Aufsicht über den Spirituosenhandel überband.

Es steht somit zunächst die f o r m a l e K o m p e t e n z d e r K a n t o n e zum Erlaß bezüglicher gesetzlicher Vorschriften außer Zweifel.

Zu untersuchen ist nan aber, wie s i c h d i e s e k a n t o n a l e n V o r s c h r i f t e n zu den B e s t i m m u n g e n des Bundesgesetzes verhalten.

Die wichtigste und für den Spirituosenhandel folgenreichste dieser Bestimmungen ist die neue, die bisherige Praxis in allen Kantonen verlassende Abgrenzung zwischen Großhandel und Kleinhandel. Der Art. 8 des Bundesgesetzes setzt diese Grenze auf 40 Liter. Was darüber ist, ist Großhandel und frei; was auf dieser Grenze und darunter ist, ist Kleinhandel und also solchen beschränkenden Bestimmungen unterworfen. Diese neue Abgrenzung ist es, welche den Qualitätsspirituosenhandel, der sich jetzt hauptsächlich beklagt, in eine neue Lage versetzt hat. War er früher, als die Grenze zwischen Großhandel und Kleinhandel in den Kantonen, wie oben bemerkt, durchschnittlich auf 5 Liter stand, frei, weil dessen Sendungen von Kanton zu Kanton in der Regel 5 Liter überstiegen, so sieht er sich jetzt, wo die Grenze auf 40 Liter gesetzt ist, allen beschränkenden Vorschriften über Kleinhandel unter-

868 werfen, da er häufig in den Fall kommt, Quantitäten einer Sorte von Qualitätsspirituosen unter 40 Liter abzugeben.

Diese Abgrenzung ist in allen bezüglichen Gesetzen und Verordnungen der Kantone beobachtet und durchgeführt.

· In Betreff des Kleinhandels 'verlangt nun das Bundesgesetz, daß die Ausübung desselben an Bewilligungen gebunden werde, welche von den kantonalen Behörden zu ertheilen seien, und daß mit der Bewilligung eine der Größe und dem Werthe des Umsatzes entsprechende Verkaufssteuer verknüpft werden solle, deren Festsetzung bis zum Erlaß eines Bundesgesetzes ebenfalls den Kantonen zustehe.

Dabei stellt das Bundesgesetz die Restriktion auf. daß der Kleinhandel mit Trinkbrauntweinen nicht-stattfinden dürfe in Brennereien und solchen Geschäften, in denen er nicht in natürlichem Zusammenhang mit dem Verkauf der übrigen Handelsartikel stehen würde und jedenfalls nicht im Wege des Hausirens betrieben werden dürfe. Unter Vorbehalt dieser Restriktion und der Ausnahmsbestimmung, daß Brenner, welche im nämlichen Jahre höchstens 40 Eiter nicht bundessteuerpflichtigen Branntwein darstellen, ihr Erzeugniß frei, d. h. ohne Bewilligung und Verkaufssteuer, aber immerhin nur in Quantitäten von 5 Litern verkaufen dürfen, ist die Ordnung des Bewilligungswesens den Kantonen überlassen.

Diese dürfen demgemäß in ihrer Gesetzgebung die Ertheilungder Bewilligung des Kleinhandels mit Spirituosen auf ihrem Gebiete an Bedingungen knüpfen, die sie nach Gutfinden strenger oder weniger streng bestimmen können; sie dürfen die Bewilligungen beschränken auf Solche, die im Kantone wohnhaft sind, und es ist vom Standpunkt des Bundesgesetzes aus sebst dagegen nichts einzuwenden, wenn einzelne Kantone Kleinhundelsbewilligungen nur an im Kanton ansäßige Wirthe ertheilen. Dabei ist selbstverständlich immer vorbehalten, daß Kantonsbürger und niedergelassene Schweizerbürger gleich behandelt werden.

Vom Standpunkte des Bundesgesetzes ist ebenfalls nichts einzuwenden, wenn die Kantone jegliche Branntweinabgabe unter 40 Litern, auch wenn es eine von einem ändern Kanton herkommende ist, als Branntweinkleinhandel im Kanton betrachten und behandeln.

Nur der Großhandel in Quantitäten über 40 Liter ist auch von Kanton zu Kanton frei.

Was im Weitern die Verkaufssteuer betrifft, welche laut Bundesgesetz an die Bewilligung geknüpft werden soll, so ist dieselbe in den Kantonen, wie' gezeigt, in Minima und Maxima sehr verschieden. Allein, da die Festsetzung derselben bis zum Erlaß

869 eines Bundesgesetzes ausdrücklich den Kantonen anheimgestellt, ist, so läßt sich gegen die einzelnen Ansalze, mögen sie hoch oder niedrig erscheinen, keine Einwendung erheben. Das Bundesgesetz bestimmt allerdings, daß die Verkaufssteuer eine der Größe und dem Werthe des Umsatzes entsprechende sein soll. Dies bedingt die Möglichkeit einer Abstufung der Steuer, welchem Erforderniß durch die in allen kantonalen Gesetzen vorgesehenen Skalen entsprochen ist. Da aber das Bundesgesetz keinen Einheitssatz für eine bestimmte Größe und einen bestimmten Werth des Umsatzes aufstellt, so gibt jene Vorschrift des Gesetzes keinen Anhaltspunkt, um die kantonalen Verkaufssteuerskalen zu prüfen. Bezüglich der Frage, welcher Umsatz für die Feststellung der Verkaufssteuer im einzelnen Falle in Betracht zu ziehen sei, ist zuvörderst klar, daß es sieh nur um den Umsatz im Kleinhandel handeln kann; aber auch das kann keinem Zweifel unterliegen, daß der einzelne o i Kanton nicht den Gesammtumsatz des zu taxirenden Hauses in Berechnung ziehen kann, sondern nur den Theil desselben, welcher sich im betreffenden Kanton vollzieht. Wäre es anders, so würde die Folge sein, daß derselbe Umsatz möglicherweise mehrfach der Steuer unterliegen würde, was nicht zuläßig erscheint.

Die große Mehrzahl der Kantone nimmt den Standpunkt ein -- und selbst die wenigen Kantone, welche freiere Bewegung zu ermöglichen geneigt sind, theilen rechtlich denselben --, daß der Branntweinkleinhandel in jedem Kanton der speziellen bezüglichen Gesetzgebung desselben unterworfen ist, und daß somit die in einem Kanton erworbene Bewilligung zum Kleinhandel kein Recht gibt zu dessen Ausübung in einem ändern Kanton.

Wir halten diesen Standpunkt konstitutionell und bundesgesetzlich nicht für anfechtbar-. Man kann sich gegen denselben nicht auf die garantirte Handelsfreiheit, Art. 31 der Bundesverfassung, berufen, weil eben dieser Artikel in litt, b den Verkauf gebrannter Wasser von der allgemeinen Garantie ausnimmt und einer besondern einschränkenden Gesetzgebung unterstellt, überdies in litt, c den Kantonen die Befugniß gibt, die Ausübung des Wirthsehaftsgewerbes und des Kleinhandels mit geistigen Getränken den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen zu unterwerfen. Es kommt dazu die Bestimmung in Alinea 3 des neuen Verfassiingsartikels
32bia, nach welcher die aus der Besteuerung des Verkaufs gebrannter Wasser erzielten Reineinnahmen den Kautonen verbleiben sollen, in welchen sie zum Bezug gelangen.

Die Einnahmen der Kantone aus dem Verkauf gebrannter Wasser bestehen gemäß Bundesgesetz in der Verkaufssteuer, welche an die Bewilligungen für Ausschank und Kleinhandel geknüpft wird. Wenn

870 ein Kanton Bewilligungen für deo Kleinverkauf in anderà Kantonen ertheilen und dafür die Verkaufssteuer beziehen, könnte, so würden letztern die Einnahmen nicht zukommen, welche obige Verfassungsbestimmung ihnen zusichern wollte.

Was aber das Bundesgesetz betrifft, so hat dieses selbst durch seine Bestimmungen den Kantonen den Standpunkt angewiesen, auf welchen sie sich jetzt stellen. Denn es ist klar, daß, wenn jeder Kanton das Recht hat, die Bewilligungen zum Kleinverkauf von Branntweinen auf seinem Gebiet zu ertheilen und diese Bewilligungen an die Bedingungen zu knüpfen, welche ihm nach seinen Verhältnissen nothwendig erscheinen, von diesen Bewilligungen eine Steuer zu beziehen und diese nach seinem Ermessen festzustellen, kein Kanton den Anspruch machen kann, Bewilligungen für freie Ausübung des fraglichen Kleinverkaufs in dem Gebiete anderer Kantone auszustellen.

Sind somit die gesetzgeberischen Vorschriften d e r K a n t o n e über d i e i n Frage s t e h e n d e M a t e r i e k o m p e t e n t e r l a s s e n u n d stehen d i e s e l b e n , s o v e r s c h i e d e n sie sind, weder mit der Bundesverfassung, noch mit dem maßgebenden Bundesgesetz im Widers p r u c h , so hat sich der Spirituosenhändler einfach nach diesen Vorschriften zu richten und kann nicht geschützt werden, wenn er bei Nichtbeachtung derselben zur Verantwortung gezogen und bestraft' wird.

Nun ist dessen f a k t i s c h e . L a g e b e z ü g l i c h des K l e i n h a n d e l s v o n K a u t o n z u K a n t o n die, d a ß solcher i n d i r e k t e r W e i s e n i c h t m ö g l i c h i s t nach d e n Kantonen Schwyz, Obwalden, Nidwaiden, Freiburg, Baselland, Appenzell A. Rh., Aargau, Thurgau, Waadt, Wallis und Genf, weil diese Kantone Bewilligungen nur ertheilen an Solche, welche im Kanton selbst wohnhaft sind; m ö g l i c h nach den Kantonen Zürich, Bern, Luzern, Uri, Glarus, Zug, Solothurn, Baselstadt, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden und Tessin, in welchen Kantonen der auswärtige Händler ein kantonales Pa.tent lösen kann.

Für ein solches Patent verlangen je nach Größe und Werth des Umsatzes im Kanton: Zürich . . Fr. 2--200 Solothurn . Fr. 25--100 Bern . . ,, 5 0 - 3 0 0 Baselstadt . ,, 30--100 Luzern . ,, 50--500 Schaffhausen ,, 50-200 Uri. . . ,, 25-- 40 St. Gallen . ,, 10--100 Glarus. . ,, 10-- 40 Graubünden. ,, 20--200 Zug . . ,, 15-- 25 Tessin . . ,, 3--100

871 so daß, wollte ein Händler nach allen diesen Kantonen direkten Kleinhandel mit Qualitätsspirituosen treiben, er für die bezüglichen Patente im Minimum Fr. 270, im Maximum Fr. 1905 zu bezahlen hätte. Von der Patentzahlung wird er aber unbedingt dispensirt in Tessin und Zug und bedingt dispensirt in den Kantonen Zürich und Bern, wofern der Händler in seinem Wohnortskanton ein Kleinhandelspatent gelöst hat und dieser Kanton jenen Gegeurecht hält, worüber er urkundlichen Nachweis zu leisten hat.

Dabei fällt zur Beurtheilung der Geschäftsbedingungen des Kleinhandels noch in Betracht, daß nach Rekursentscheiden des Bundesrathes eine Sendung von 40 Litern und darüber als Kleinhandel zu betrachten ist, wenn dieselbe aus verschiedenen Sorten von Qualitätsspirituosen, je in Quantitäten unter 40 Litern, zusammengesetzt ist.

Es ist nun die F r a g e zu stellen, ob der g e s c h i l d e r t e Z u s t a n d a u f r *e c h t e r h a l t e n w e r d e n s o l l e oder ob a u f eine A b ä n d e r u n g d e s s e l b e n B e d a c h t z u n e h m e n sei.

Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir den Hauptübelstand, unter dem die Spirituosenhändler zu leiden hatten und der sie zu Klagen veranlaßte, in der Unsicherheit erblicken, in welcher sie sich ·während der Uebergangszeit bezüglich ihrer Geschäftsbedingungen in den einzelnen Kantonen befanden. Die neue gesetzgeberische Ordnung des Kleinhandels mit gebrannten Wassern erfolgte in den Kantonen nicht gleichzeitig, sondern successiv, und ist, da der Kanton Neuenburg zur Stunde seine Einrichtungen noch uicht mit dem Bundesgesetz iii Uebereinstimmung gesetzt hat, noch heute nicht vollständig.

Es war den Spirituosenhändlern unmöglich, sich sofort über die für ihren Kleinhandel in die verschiedenen Kantone, nach denen sie früher Geschäfte gemacht hatten, maßgebenden Vorschriften zu orientiren, und sie waren darüber um so unsicherer, als auch die Kantone erst nach und nach die Konsequenzen ihrer Vorschriften zogen. So begegnete es denselben unabsichtlich, daß sie kantonale Vorschriften übertraten, was dann in einzelnen Fällen Anzeigen und Bestrafung 'zur Folge hatte.

Dieser Hauptübelstand wird mehr und mehr verschwinden und es kann dessen Beseitigung durch eine übersichtliche Darstellung der Vorschriften der Kantone über den fraglichen Geschäftszweig sehr gefördert werden.

872 Einmal über die Sachlage im Klaren, wird sich der Spirituosenhandel bald über das einzuschlagende Verfahren zurech l finden. Da Sendungen in Quantitäten über 40 Liter unbehelligt in alle Kantone gehen, so sieht er seinen Absatz im Großen in keiner Weise beschränkt. Was den Kleinhandel in Katitone betrifft, welche die Ausübung desselben nur Solchen gestatten, welche im Kanton wohnen, so wird er dort wohnhafte patentirte Kleinhändler, denen er Gesammtsendungen über 40 Liter macht, benutzen, um durch sie aus 'der Gesammtsendung kleinere Bestellungen unter 40 Liter an die Besteller im Kanton zu effektuiren, was unier dem Vorbehalt in durchaus gesetzlicher Weise geschehen kann, daß dieser Umsatz dem fraglichen Kleinhändler bei Festsetzung seiner Patenttaxe angerechnet wird. Was den Verkehr in die ändern Kantone betrifft, so wird er entweder dasselbe Verfahren einschlagen, oder da, wo er auf direkten Verkehr mit den Kunden Werth legt und wo der Umsatz eia größerer ist, ein eigenes Kleinhandelspatent lösen.

Es sind dies freilich Umständlichkeiten, welche auch mit kleinern und größern Spesen verbunden sind, und es kann sich fragen, ob dem fraglichen Handel nicht freiere Bewegung verschafft werden sollte und könnte.

Es ließe sich dies in verschiedener Weise erreichen : entweder dadurch, daß die Grenze zwischen Großhandel und Kleinhandel bedeutend heruntergesetzt würde, z. B. von 40 Liter auf 10 oder 5 Liter, oder dadurch, daß man unter Beibehaltung der kantonalen Kleinhandelspatente und Patenttaxen dem in dem Wohnortskanton gelösten Patent Gültigkeit tur die ganze Schweiz verschaffte; oder dadurch, daß an der Stelle der kantonalen Patente ein einheitliches schweizerisches Kleinhandelspatent eingeführt würde.

Auf dem Wege der Interpretation des bestehenden Bundesgesetzes betreffend gebrannte Wasser in einer der angegebenen Weisen zu Gunsten des Spirituosenbleinhandels zu interveniren, wie die klagenden Händler wünschen, ist nach unserer Ansicht unmöglich. Es könnte dies nur durch ein Bundesgesetz geschehen.

Die Kompetenz zum Erlaß eines solchen steht außer Zweifel.

Nicht nur ist im Art. 8 des jetzigen Bundesgesetzes die Festsetzung der an die Bewilligungen zu knüpfenden Verkaufssteuer ausdrücklich nur ,,bis zum' Erlaß eines Bundesgesetzes"1 .der kantonalen Kompetenz überwiesen, sondern der Art. 32bla der Bundesverfassung hat überhaupt dem Bunde die Befugniß ertheilt, im Wege der Gesetzgebung Vorschriften über den Verkauf gebrannter Wasser zu erlassen.

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Durch eine im Laufe der letzten Session der Bundesversammlung gestellte Motion wurde unter Hinweis auf die Unsicherheit unddie Erschwerungen, welche durch eine 25fache kantonale Gesetzgebung für den Spirituosenkleinhandel von Kanton zu Kanton eingetreten seien, dem Erlaß jenes in Art. 8 vorbehaltenen Bundesgesetzes gerufen. Vom Nationalrathe zuerst angenommen, wurde sie aber vorn Ständerath und hernach auch vom Nationalrath abgelehnt.

Wenn wir uns dahin erklären, daß wir dermalen die Ablehnung der Motion billigen, so leiten uns dabei folgende Erwägungen: 1. Nachdem die Kantone veranlaßt worden sind, ihre Wirthschaftsgesetzgebung zu ändern und dieselbe in Uebereinstimmung mit den bezüglichen, am 1. Januar 1888 in Kraft getretenen Vorschriften des Bundesgesetzes zu bringen, und nachdem die Kantone im Verlaufe der letzten zwei Jahre, mit Ausnahme eines einzigen, dieser Forderung nachgekommen sind, müßten sehr schwer wiegende Gründe vorhanden sein, um den Bund, zu bestimmen, jetzt schon neue Vorschriften aufzustellen, welche die Kantone nothwendig wieder zu neuen, mehr oder weniger weit gehenden Veränderungen nöthigen würden. Welchen Eindruck ein solches Verfahren im Lande, selbst unter Voraussetzung vorhandener Uebelstände, machen müßte, liegt auf der Hand.

2. Solche sehr schwer wiegende Gründe liegen nach unserer Ansicht nicht vor. Die Unsicherheit, welche den KleinhandelGeschäftsbetrieb der Spirituosenhändler während der successiven Gesetzesabänderung in den Kantonen traf und zu Klagen Veranlassung gab, wird mit dem nun bald bevorstehenden Abschluß der Uebergangszeit aufhören.

Der Kleinhandel von Kanton zu Kanton wird, wie wir oben gezeigt haben, durch die kantonalen Gesetze nicht unmöglich gemacht.

Eine mehrfache Belastung desselben Kleinhandels findet nicht statt, da in jedem Kanton nur, derjenige Umsatz berechnet wird, welcher sich im Gebiete des Kantons vollzieht.

Eine Konkurrenzbenachtheiligung des außerkantonalen Kleinhändlers zu Gunsten des im Kanton wohnenden ist nicht vorhanden, da der Erstere für eine bestimmte Größe des Umsatzes im Kanton, Werth gleich gerechnet, nicht mehr Verkaufssteuer zu bezahlen hat als der Letztere.

Die dem Spirituosen-Kleinhandel auferlegte Belastung selbst und dessen Unterstellung unter besondere Bedingungen ist nicht

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durch die kantonale Gesetzgebung entstanden, sondern dieser letztern durch das Bundesgesetz selbst vorgeschrieben. Daß aber jene Belastung, d. h. die an die Klein Verkaufsbewilligung zu knüpfende Verkaufssteuer, von den Kantonen in Minima und Maxima sehr verschieden werde normirt werden, das war vorauszusehen und wollte auch nicht verhindert werden, da sonst das Bundesgesetz selbst grundsätzliche Normen für die Taxation aufgestellt hätte.

Wenn wir also finden, daß es nicht gerechtfertigt wäre, jetzt sofort wieder von Bundes wegen zu interveniren und eine neue Ordnung der Dinge auf dem in Frage stehenden Gebiete einzuführen, so wollen wir damit eine spätere Revision nicht ausschließen.

Wir haben oben einige W e g e angedeutet, d u r c h w e l c h e , im Falle man es für n o t h w e n d i g h a l t e n sollte, dem SpirituosenkleinhandelvonKantonzuKantonfreiere B e w e g u n g zu v e r s c h a f f e n , solches erzielt w e r d e n k ö n n t e . Allein wir können uns nicht verhehlen, daß jedem dieser Wege nicht unbedeutende Schwierigkeiten im Wege stehen. Es möge gestattet sein, hier vorläufig auf einige dieser Schwierigkeiten aufmerksam zu machen.

Beibehaltung der kantonalen Kleinhandelspat e n t e und Patenttaxen, aber Gültigkeitserklärung, des im W o h n o r t s k a n t o n gelösten Patents für die g a n z e S c h w e i z . Es ist dies nur möglich unter der Voraussetzung, daß die Patenttaxenskala in den särnmtlichen Kantonen dieselbe sei, und daß die Händler überall nach gleichen Grundsätzen eingeschätzt werden. Denn ohne diese Bedingung könnte es geschehen, daß der Kleinhändler eines Kantons mit einem Patente von Fr. 500 sich der Konkurrenz eines außerkantonalen Händlers gegenüber sähe, welcher in seinem Wohnortskanton das Patent mit Fr. 50 erworben hat. Es mag sein, daß einzelne Kantone freiwillig eine solche Reziprozität eingehen: sollte sie aber von Gesetzes wegen gefordert werden, so könnte dies kaum ohne die Garantie gleicher Taxen und gleicher Einschätzung geschehen. Diese letztere würde eine Kontrole erheischen, die nothwendiger Weise der Bund übernehmen müßte. Aber selbst so wäre es fraglich, ob nicht Kautone begründeten Widerspruch erheben könnten, und zwar auf die Bundesverfassung gegründeten Widerspruch.

Es gibt Kantone, welche wenige oder keine QualitätsspirituosenFabrikanten und
-Händler haben und ihren Bedarf von außerkantonalen Häusern beziehen, andere Kantone, welche zahlreiche Firmen jener Art besitzen, durch die der Bedarf ersterer Kantone gedeckt wird. Die Exportkantone stellen nun, Freizügigkeit der Patente an-

875 genommen, zahlreiche Patente aus, und zwar je für den gesammten Kleinhandelsumsatz in der Schweiz, und beziehen dafür die Verkaufssteuern; die Importkantone konsumiren jenen Umsatz und erhalten dafür keine Verkaufssteuern. Nun sagt Art. 32bla, Alinea 3, der Bundesverfassung : ,, Die aus der Besteurung des Verkaufs ge,,brannter Wasser erzielten Reineinnahmen verbleiben den Kantonen, ,,in welchen sie zum Bezug gelangen." Die Meinung ist, daß der Verkauf gebrannter Wasser in einem Kanton der Besteurung unterliegt, und daß die daherigen Einnahmen dem betreffenden Kanton verbleiben. Das Patentsystem mit Freizügigkeit aber würde die einen Kantone den ändern so zu sagen tributpflichtig und die Zusicherung der Bundesverfassung für erstere illusorisch machen.

Einheitliches schweizerisches Kleinhandelspat e n t . Dies wäre so zu denken, daß die Kantone fortfahren, die Wirthschafts- und die Ausschankpatente zu ertheilen und die bezüglichen Patenttaxen zu beziehen, die Ertheilung der P a t e n t e für S p i r i t u o s e n k l e i n h a n d e l aber ausschließlich Sache des Bundes ist. Er stellt die Taxenskala auf, schätzt den einzelnen Händler für seinen gesammten schweizerischen Kleinhandelsumsatz ein, wofür er sich Einsicht in die Bücher vorbehalten muß, und zieht die betreffenden Taxen ein. Das eidgenössische Patent berechtigt zu ungehinderter Ausübung des Spirituoseokleinhandels in^der ganzen Schweiz.

Nun darf aber der Bund jene Einnahmen nicht für sich behalten ; denn sie gehören den Kantonen. Es muß also eine Vertheilung stattfinden. Diese könnte aus oben angebrachten Gründen nicht so geschehen, daß die von Händlern aus dem Kanton Zürich bezahlten Taxen dem Kanton Zürich', die von berm'schen, von luzernischen oder neuenburgischen Händlern bezahlten den Kantonen Bern, Luzern, Neuenburg u. s. w. zugewiesen würden. Aber auch nicht so, daß jeder Kanton eine seiner Bevölkerungszahl entsprechende Quote der Gesammtsumme erhielte; denn wenn dieses Verfahren verfassungsgemäß ist bezüglich der Alkoholmonopoleinnahmen, so wäre es nicht verfassungsgemäß bezüglich der Verkaufssteuereinnahme, für die ausdrücklich ein anderes Verfahren vorgeschrieben ist. Um diesem gerecht zu werden, bliebe nichts Anderes übrig, als von Zeit zu Zeit den Gesammtspirituosenkonsum der Schweiz aufzunehmen, sodann den Antheil zu
ermitteln, der auf jeden einzelnen Kanton entfällt, und darnach für eine gewisse Periode die Anspruchs quote jedes Kantons an der Gesammtsumme der vorn Bunde vereinnahmten Verkaufssteuern, resp. Patenttaxen festzustellen.

Herabsetzung der Grenze zwischen Großhandel und K l e i n h a n d e l v o n 4 0 L i t e r a u f 5 o d e r 1 0 L i t e r . --

876 Dies wäre ohne Zweifel das einfachste und wirksamte Mittel zur Erreichung des eventuell angestrebten Zweckes, namentlich wenn damit noch die Erlaübniß verbunden würde, die Quantitäten von 40 Litern aus verschiedenen Sorten Spirituosen zusammenzusetzen.

Aber es hängt daran zunächst eine Finanzfrage der Kantone, insofern diese durch die fragliche Maßregel den größten Theil ihrer jetzigen Einnahmen an Kleinverkaufpatenttaxen verlieren würden; im Weitem aber auch eine allgemeine grundsätzliche Frage der mit der Alkoholgesetzgebung bezweckten Reform. Es handelte sich dabei um Eindämmung des Alkoholkonsums im Lande und namentlich darum, dieses Genußmittel aus dem regulären Verbrauch der ländlichen Haushaltungen zu vertreiben. Ein geeignetes Mittel hiezu schien eine kräftige Vertheurung der gebrannten Wasser mit gleichzeitiger Entlassung anderer weniger schädlicher Genußmittel. Die erste Vertheurung sollte erzielt werden durch Erhöhung des Alkoholpreises im Großhandel -- jetzt der Alkoholmonopolpreis -- und eine weitere Vertheurung durch Belastung des Ausschanks und des Kleinhandels (Patentsteuer), welche letztere Vertheurung auch die gebrannten Wasser treffen sollte, welche als nicht bundessteuerpflichtig der erstem nicht unterliegen.

Diese sekundäre Belastung erreicht aber nur dann ihren Zweck, wenn sie als Patetttsteuer hoch genug ist, um den Preis der Waare wirklich zu erhöhen, und wenn andererseits die Grrenze des Kleinhandels gegenüber dem Großhandel weit genug hinaufgerückt wird, um der Haushaltung wegen der relativ großen Quantität, welche zusammen bezogen werden muß, den direkten Bezug vom Großhandel mit seinen niedrigen Preisen wenn nicht unmöglich zu machen, doch wesentlich zu erschweren. Mit der Hochstellung der Grenze ist aber auch bezweckt, die Zahl der Kleinabgabestellen von gebrannten Wassern im Lande zu vermindern und dadurch für den ordentlichen Betrieb des Kleinhandels bessere Garantien zu schaffen.

Aus dem Gesagten ergibt sich die Bedeutung, welche eine wesentliche Herabsetzung der Grenze zwischen Großhandel und Kleinhandel für die Reform haben würde. Eine solche Maßregel wäre ein Aufgeben wichtiger Positionen in dem Kampfe' gegen den Alkoholkonsurn, ein bedenkliches Abgehen von den ursprünglichen Zielen.

Und wenn wir nun, unsere Untersuchung abschließend und deren Ergebnisse
uns vergegenwärtigend, fragen, ob es angezeigt sei, an eine gesetzgeberische Neuordnung des Spirituosen verkaufe mit all den zweifelhaften Chancen, welche eine solche uns bietet, heranzutreten, um die Geschäftsbedingungen des Spirituosenkleinhandels von Kanton zu Kanton günstiger zu gestalten, so können wir, so weit an uns, diese Frage nicht bejahend beantworten.

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Wie man auch über eine solche eventuelle g e s e t z g e b e r i s c h e N e u o r d n u n g denken möge, so viel wenigstens scheint uns klar zu sein, daß sie j e t z t n i c h t g e r e c h t f e r t i g t wäre, v i e l m e h r zunächst die reellen Wirkungen der vomSunde veranlaßten, noch nicht einmal zum v o l l s t ä n d i g e n AbschljUSse g e l a n g t e n k a n t o n a l e n A u s f ü h r u n g s g e s e t z e a b z u w a r t e n sind.

Das Departement stellt den A n t r a g : 1) Es sei die Anfrage der 6 Kirschwasserfabrikationsfirmen des Kantons Zug dahin zu beantworten, daß Sendungen von Qualitätsspirituosen unter 40 Litern in andere Kantone gleich dem Kleinverkauf über die Gasse zu betrachten sind und den diesbezüglichen kantonalen Verordnungen, resp. Besteuerungen unterliegen.

2") Es sei dermalen von der Einbringung eines besondern Bundesgesetzes über den Kleinverkauf von Spirituosen Umgang zu nehmen.

3) Es sei das Departement eingeladen, für eine Zusammenstellung der kantonalen Vorschriften, betreifend Kleinverkauf von Spirituoaen, und geeignete, immerhin nicht offizielle Veröffentlichung derselben zu sorgen.

B e r n , den 17. März 1890.

Eidg. Departement des Innern: Schenk.

Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 28. März Obige Anträge des Departements des Innern angenommen.

BundesUatt. 42. Jahrg. Bd. I.

1890

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ja.

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Bericht des Departements des Innern an den schweizerischen Bundesrath betreffend den Kleinverkauf gebrannter Wasser. (Vom 17. März 1890.)

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1890

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05.04.1890

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