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Schweizerisches Bundesblatt.

42. Jahrgang. III.

Nr. 25.

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14. Juni 1890.

Bericht der

Kommission des Nationalrathes betreffend die Revision des Zolltarifes.

(Vom 28. Mai 1890.)

Tit.

Mif. Botschaft vom 2. Mai 1890 und daran sich anschließendem Entwurf zu einem neuen ,,Bundesgesetz betreffend den schweizerischen Zolltarif kommt der Bundesrath dem Auftrage nach, der ihm in der Dezembersession der Bundesversammlung von 1888 durch ein Postulat folgenden Inhalts ertheilt wurde : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, rechtzeitig eine Revision des Zolltarifs anzubahnen und über dieselbe Bericht und Antrag vorzulegen."

Die Motivirung dieses Postulates ging im Wesentlichen dahin, daß es nothwendig sei, einmal auf den Moment des Ablaufs der hauptsächlichsten gegenwärtig in Kraft bestehenden Handelsverträge noch etwas bessere Unterhandlungswaffen zu schmieden, als dies durch die Tarifrevisionen der Jahre 1884 und 1887 geschehen, sodann angesichts der fortdauernden, prononcirten Schutzzollpolitik des Auslandes einzelnen inländischen Produktionszweigen durch Zollerhöhungen noch etwas mehr unter die Arme zu greifen. Das finanzielle Moment, das heißt das Bestreben, auch vermehrte Zolleinnahmen zu erzielen, stand vor zwei Jahren noch völlig im Hintergrund; es hat sich dasselbe erst seither zu hervorragenderer Geltung emporgearbeitet.

Bundesblatt. 42. Jahrg. Bd. 111.

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158 Der Bundesrath ließ es sich angelegen sein, die Wünsche der interessirten Kreise zeitig kennen zu lernen, und so sind ihm denn auch bis Mitte März dieses Jahres Eingaben und Petitionen seitens der Kantonsregierungen, seitens industrieller, gewerblicher und landwirtschaftlicher Vereinigungen, sowie seitens von Privaten in der Zahl von nicht weniger als 133 zugegangen. Unter den Eingaben befinden sich solche, welche sich, wie diejenige der Kaufmännischen Gesellschaft Zürich, die auf einläßlichen, meistens kontradiktorischen Untersuchungen beruht, über beinahe den ganzen Zolltarif verbreiten.

Inzwischen hat sich die Zahl der Petitionen noch um ein Erhebliches vermehrt. Als besonders bemerkenswerte Erscheinungen dürfen zwei der Kommission vorgelegene Vernehmlassungen hervorgehoben werden. Die eine rührt vom Departement des Auswärtigen her, welches zumeist von dem sehr berechtigten Standpunkt der in sein Ressort einschlagenden Unterhandlungen über Handelsverträge aus sich zu äußern verpflichtet fühlte; die andere hat ihren Ursprung im Industrie- und Landwirthschaftsdepartement, das speziell die Interessen der Landwirtschaft in den Bereich seiner Betrachtungen ziehen zu sollen glaubte.

Wenn wir noch die in den letzten Jahren mehr und mehr vervollkommnete schweizerische Handelsstatistik in Berücksichtigung ziehen, so darf wohl gesagt -werden, daß bei keiner der früheren Tarifrevisionen ein so vollständiges und werthvolles Material vorgelegen hat, als es bei der gegenwärtigen der Fall ist.

Im Großen und Ganzen hat denn auch die Kommission von der Vorlage des Bundesrathes von Anfang an den Eindruck bekommen, daß sie eine wohl durchdachte und den verschiedenen in Betracht kommenden Faktoren möglichst gerecht zu werden suchende sei. Wenn trotzdem im Schooße der Kommission da und dort abweichende Meinungen geäußert worden sind, und diese auch theilweise zu Beschlüssen geführt haben, welche mit den Vorschlägen des Bundesrathes nicht übereinstimmen, so wollen wir das in Kurzem begründen.

Was einmal die Schaffung etwas geeigneterer Kampfmittel für Handelsvertragsunterhandlungen anbelangt, so gehen wir mit der Auffassung des Bundesrathes durchaus einig, und nur in einer kleinen Zahl von Positionen haben wir dieselben noch etwas verschärft.

Indessen geschah Letzteres nicht ausschließlich in der Richtung
von Erhöhungen der Ansätze, sondern auch in derjenigen einer etwas detaillirteren Ausscheidung verschiedener Waarenkategorien. Die Kommission legte hierauf unter Anderai einen gewissen Werth, da sich innert einer großen Gesammtposition Kategorien finden können,

159 welche nur das eine der uns die betreffende Waare zuführenden Länder betreffen, für andere unserer Mitkoutrahenten aber von keinem oder geringerern Interesse sind. Es ist zwar unbestreitbar, daß bei den gegenwärtigen Einrichtungen unserer Zollverwaltung allzu subtile, wenn auch theoretisch richtige Ausscheidungen) wie sie in Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse von vielen Seiten verlangt wurden, undurchführbar sind ; allein dennoch konnten wir uns des Eindruckes nicht erwehren, daß die Vorschläge des Bundesrathes ein wenig zu sehr von der Rücksicht auf zolltechnische Schwierigkeiten beeinflußt sind.

. Anbelangend die Rücksichtnahme auf die einheimische Produktion und deren Förderung mittelst Erhöhung der Zölle, so hat sich auch die Kommission in der Hauptsache dem Mittelwege angeschlossen, den der Bundesrath einschlug. Den höheren und oft exorbitanten Forderungen nach Schutzzöllen stellt sich einmal die unleugbare Unsicherheit der gegenwärtigen und künftigen handelspolitischen Situation und die Thatsaehe entgegen, d;iß schon die Tarifrevisiouen von 1884 und 1887 in der überwiegenden Zahl von Positionen die Ansätze des Generaltarifs auf eine Höhe gesteigert haben, welche wenig zu wünschen übrig läßt. Nicht zuletzt darf sodann auch an die Konsumenten gedacht werden. Nicht Jedermann, und jedenfalls nicht die Mehrzahl der auf feste Gehalte Angewiesenen, vermag die durch Zollerliöhungen hervorgerufene Vertheuerung der Lebensbedürfnisse, selbst wenn diese letztere nur theilweise dem Prozentsatz der ersteren entspricht, auf Andere, Dritte, zu überwälzen. Es ist das z. B. namentlich den in der Exportindustrie beschäftigten Arbeitern um so weniger allgemein möglich, als die Zollwälle, welche das Ausland unsern Erzeugnissen entgegenstellt, vorläufig schwerlich stark vermindert, gegentheils da und dort, wie die sich gegen mehrere unserer Hauptexportartikel richtende nordamerikanische, sogenannte MC Kinley Bill beweist, weiter erhöht werden dürften ; und ferner um so weniger, als es sicher ist, daß trotz des moralischen Effektes, den die Berliner Arbeiterschutzkonferenz ohne Zweifel ausüben wird, die betreffende Gesetzgebung des konkurrirenden Auslandes noch lange nicht das Niveau der schweizerischen und der damit verbundenen Lasten erreichen dürfte. Auf der ändern Seite wäre es eigenthümlich und
unverständlich, wenn man über das im Interesse unserer einheimischen Produktion und der Bundesfmnnzen absolut Erforderliche hinaus die Existenzbedingungen der Arbeiterbevölkerung erschwerte, und mit der einen Hand ihr wieder nähme, was man ihr mit der ändern durch die an der Tagesordnung stehende vermehrte Fürsorge für ihr Wohlbefinden zuhalten will.

160 In einer letzten und Hauptfrage, der f i n a n z i e l l e n nämlich, vermochte die Kommission den Tendenzen der bundesräthlichen Vorlage nur theilweise zu folgen. Zwar hat sie gegen den Satz, daß das finanzielle Erforderniß des Bundes aus den Zollerträgnissen sich in den.nächsten Jahren auf ungefähr 32 Millionen Franken netto' steigern müsse, nichts einzuwenden. Ebenso verdient ihrer Ansicht nach die ängstliche Scheu des gegenwärtigen Vorstehers des Finanzdepartements vor Defiziten in der Staatsrechnung die vollste Anerkennung. Allein es ist nicht außer Acht zu lassen, daß, während die Gesammteinnahmen der Zollverwaltung im Jahre 1889 sich auf ungefähr 27 Va Millionen Franken bezifferten, bereits die ersten 4 Monate des laufenden Jahres eine Mehreinnahme von beinahe l1/« Millionen gegenüber den Einnahmen der entsprechenden Periode des Vorjahres aufweisen. Wena daher die Kommission bei einer Anzahl von Ausätzen des neuen Tarifentwurfes auf gewissen Konsumationsartikeln die Vorschläge des Buadesrathes inodifizirt hat, und daraus gegenüber seinen vorläufigen Berechnungen eine Gesamrntmindereinnahme von etwa l ]/4 Million hervorgehen mag, so hält sie doch auch dann nicht dafür, daß sie sich auf einen ungesunden Boden begeben habe, selbst wenn angenommen ·werden will, der wirthschaftliche Aufschwung, 'welcher der gegenwärtigen Steigerung der Zolleinnahmen zum Theil zu Grunde liegt, könne wieder einmal einer etwelchen retrograden Strömung Platz machen. Manchem Mitgliede der Kommission erscheinen vielmehr Einnahmenüberschüsse, wie sie in den letzten Jahren die Zollerträgnisse der Buadeskasse zugeführt haben, in gewisser Richtung schädlich und von einer geradezu die Begehrlichkeiten provozirenden und eine unwirtschaftliche Verwendung fördernden Wirkung zu sein. Im Uebrigen ist es vor einem etwaigen Abschluß neuer Handelsverträge überhaupt schwierig, das künftige finanzielle Kesultat, das sich aus der Revision des Tarifes ergeben mag, mit einiger Sicherheit zu berechnen. Je nachdem dasselbe sich gestalten wird, und je nachdem dringende neue finanzielle Anforderungen an den Bund herantreten sollten, denen die Einnahmen nicht gewachsen wären, bleibt die Zufluchtnahme zur Erhöhung einzelner ·weniger Zolltarifpositionen immer noch offen.

Die vorstehenden Erörterungen allgemeinen Charakters schließen wir
mit einer Bemerkung über einen die Grundlage des Zolltarifes berührenden Punkt, der aber hauptsächlich formeller Natur ist.

Wir meinen die von einigen Eingaben aufgestellte Forderung deiN e t t o v e r z o l l u ng statt derjenigen nach dem Bruttogewicht.

Die Kommission stimmt den in der bundesräthlichen Botschaft diesbezüglich niedergelegten Anschauungen bei, daß das bisherige,

161 für die weitaus größte Zahl von Positionen dominirende System der Bruttoverzollung beizubehalten sei. Dagegen scheint ihr einer der wesentlichsten Gründe, welche das Begehren nach einer Aenderung gezeitigt haben, berechtigt zu sein ; derjenige nämlich, daß im gegenwärtig bestehenden Verkehr der Freilager (entrepôts) bei der Berechnung der Tarasätze den Plätzen Genf und Lausanne Vortheile zugewendet seien, welche andere schweizerische Handelsplätze schädigen.

Wir verweisen diesbezüglich auf ein am Schlüsse dieses Berichtes erwähntes, von der Kommission angenommenes Postulat, durch welches das Mißverhältniß auf dem Wege derj,Vollziehungsverordnung beseitigt werden soll.

Bemerkungen zu deri einzelnen Kategorien und Tarifpositionen.

Wir beschränken uns darauf, die einschneidendsten Aenderungen, welche die Kommission an der Vorlage des Bundesrathes vorgenommen hat, zu berühren. Der mündlichen Berichterstattung mögen alle weitern Details vorbehalten sein.

I. Abfälle und Düngstoffe.

Einer einläßlicheren Diskussion rief hauptsächlich die vom Bundesrathe beantragte Erhöhung des bisherigen Zollansatzes für aufgeschlossene Düngsalze und Kunstdünger. Die im Jahre 1884 erfolgte Herabsetzung von 60 Cts. per q. auf 20 Cts. hatte das Eingehen mehrerer schweizerischer Fabriken und die stetige Zunahme der fremden Einfuhr zur Folge. Die Kommission hat gefunden, daß eine gänzliche Lahmlegung der einheimischen Industrie schließlich auch der an einer möglichst billigen Beschaffung so sehr interessirten Landwirtschaft, die sich ganz den ausländischen Produzenten ausgeliefert sähe, nicht dienen könnte. Sie beschloß daher Zustimmung zu der vom Bundesrathe beantragten kleinen Erhöhung von 20 auf 30 Cts. s,.

II. Chemikalien.

Gegenüber mehrfachen Begehren und Bestrebungen, die Ansätze einer Anzahl von Chemikalien für gewerblichen Gebrauch herunterzu-

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setzen, verhielt sich die Kommission in Uebereinstimmung mit dem Bundesrathe schließlieh ablehnend. Vor die in mancher Hinsicht berechtigte prinzipielle Frage gestellt, ob Roh- und Hülfsstoffe für die Industrie und die Gewerbe allgemein auf die einer bloßen statistischen Gebühr gleichkommenden Sätze heruntergebracht werden sollen, überwogen die vom Bundesrathe aufgestellten Argumente, welche in der Hauptsache für die Beibehaltung der jetzigen Ansätze sprachen. Als solche Argumente wurden hervorgehoben: die miniine Höhe der gegenwärtigen, anläßlich der vorausgegangenen Revisionen stark reduzirten Sätze für die betreffenden Stoffe, die Unmöglichkeit, dem Bundesfiskus nach den früher gebrachten bedeutenden Opfern weitere Einbußen überbinden zu können, und endlich die allen Klassen der Bevölkerung obliegende verfassungsmäßige Pflicht, bei der Einfuhrvon Waaren einen Tribut zu entrichten.

Die von der Kommission vorgenommenen Aenderungen beschränken sich daher auf Kreirung einer neuen Position: F l ü s s i g e K o h l e n s ä u r e zum Zollansatze von 8 Fr., Zusammenziehung der unter C. Farbwaaren eingestellten Positionen Nr. 34 und 35 in eine einzige, zum Ansätze von 3 Fr., welche nunmehr lautet: K r a p p e x t r a k t und andere flüssige oder feste Extrakte von Farbstoffen, Garancine, künstliches Alizarin, t r o c k e n o d e r in T e i g , I n d i g o l ö s u n g ; und endlich auf eine im Interesse der einheimischen Industrie zugestandene Erhöhung der Ansätze für B l e i w e i ß u n d Z i n k w e i ß von 3 auf 4 Fr. für nicht abgerieben und von 5 auf 7 Fr. für abgerieben.

III. Glas.

Die Anträge des Bundesrathes erleiden keine Aenderung.

IV. Holz.

Die Kommission sieht sich bei dieser wichtigen Kategorie nicht veranlaßt, den Anträgen des Bundesrathes, welche den verschiedenen sich entgegenstehenden Interessen gerecht zu werden sich bestreben, Abänderungsvorschläge gegenüber zu stellen.

V. Landwirthschaftliche Erzeugnisse.

Auch hier stimmt die Kommission denVorschlägen des Bundesrathes bei.

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VI. Leder, Lederwaaren, Schuhwaareu.

Die Botschaft des Bundesrathes gibt über die Anstrengungen und die Schwierigkeiten, die alte, viel umstrittene Frage der Festsetzung des-Lederzolles in einer für die Interessen der Gerber einerseits und der exportirenden Schuhindustrie anderseits möglichst billigen Weise zu lösen, eingehende Auskunft. Aus zolltechnischen Gründen glaubte der Bundesrath sich einer Dreitheilung der Lederpositiou, wie sie von der Kaufmännischen Gesellschaft Zürich auf Grund eines Kompromisses zwischen den Delegirten der beidseitigen Interessenten vorgeschlagen worden war, nicht anschließen zu können. Er nahm eine Zweitheilung vor, welche im Uebrigen den von jener Gesellschaft beantragten Zollsätzen in der Hauptsache entsprach. Leider verweigerte der schweizerische Gerberverein in seiner Generalversammlung seinen Vertretern die Zustimmung zu der getroffenen Vereinbarung, und verlangte in einer an unsere Kommission und die Bundesversammlung gerichteten Eingabe einen Minimalansalz von 30 Fr. für Sohlenleder mit Inbegriff des amerikanischen, sog. Hemlockleders, der Sattlerleder und Kiilbleder. Die Klagen der schweizerischen Gerberei über den Rückgang ihrer Industrie infolge der Einfuhr billigerer ausländischer Leder und der Zollerhöhungen des Auslandes, welche die einstige beträchtliche Ausfuhr ganz bedeutend reduzirt haben, sind bekannt. Dem Einwand, daß man die bedeutende Exportindustrie, welche des leichteren und billigeren ausländischen Rohstoffes bedarf, nicht unterbinden dürfe, stellen sie die Behauptung entgegen, daß diese eine kleine Mehrbelastung ohne irgend welche intensivere Schädigung ertrage.

Für die Kommission war der Entscheid kein leichter, da sie sich wohl bewußt ist, daß die Konkurrenz unserer Exportgeschäfte mit mächtigen Rivalen anderer Länder eine auf die Spitze getriebene ist, und daß der Lederzoll bereits im Jahre 1884 von Fr. 4 auf Fr. 8 erhöht wurde. Sie schlug nach längerer Diskussion einen Mittelweg ein, indem sie den bundesräthlichen Ansatz von Fr. 12 für die erste Kategorie: Sohlenleder etc., mit Inbegriff der Hemlockleder auf Fr. 16 erhöhte, und für alle übrigen Ledersorten denjenigen des Bundesrathes mit Fr. 8 adoptirte.

Die Ansätze für fertige L e d e r w a a r e n und für S c h u h w a a r e n , sowie für lederne H a n d s c h u h e , welche der
Bundesrath zumeist in der bisherigen Höhe im Generaltarif belassen hat, wurden von der Kommission angesichts der sehr bedeutenden Einfuhr, und um speziell dem Handwerksbetriebe des inländischen Schuhmachergeschäftes entgegenzukommen, nicht unwesentlich ge-

164 steigert, was indirekt auch wieder der Gerberei zu gute kommen wird.

TIT. Literarische, wissenschaftliche, technische und Kunstgegenstände.

Einem aus dem Schooße der Kommission gefallenen Antrage, die g e d r u c k t e n B ü c h e r in zwei Positionen zu thoilen und gebundene mit einem Ansätze von Fr. 4 zu belegen, die übrigen dagegen beim bisherigen Zollsatz von Fr. l zu belassen, vermochte die Mehrheit nicht zuzustimmen, nachdem das Zolldepartement auf die zolltechnischen Schwierigkeiten, die sich aus einer Ausscheidung ergäben, sowie auf die Eigenartigkeit des Büchhandelverkehrs überhaupt aufmerksam gemacht hatte. Dagegen erhöhte die Kommission den vom Bundesrathe vorgeschlagenen Zollansatz von Fr. 30 für m u s i k a l i s c h e I n s t r u m e n t e auf Fr. 35, und versetzte die in Position 114 befindlichen und mit Fr. 16 belasteten B r i l l e n und u n g e f a ß t e n o p t i s c h e n G l ä s e r zu Position 115, welche nach bundesräthlichem Vorschlag dem Ansätze von Fr. 80 unterliegt.

VIII. Mechanische Gegenstände.

A. Uhren.

Die neue, in der Vorlage des Bundesrathes beantragte Klassifikation, sowie die dem französischen Zolltarif angepaßten Zollansätze bildeten den Gegenstand einer einläßlichen Diskussion, aus welcher nach beiden Richtungen etwelche Aenderungen hervorgingen.

Einem Wunsche der Vertreter der Uhrenindustrie entsprechend wurde sodann eine neue Position für U h r e n g e h ä u s e geschaffen, und dafür, da die französische Konkurrenz seit einiger Zeit den schweizerischen Markt zu beherrschen angefangen hat, während umgekehrt die Zölle des Nachbarlandes das gleichnamige Schweizerfabrikat ausschließen, die Zollansätze des französischen Tarifs aufgenommen.

B. Maschinen und Fahrzeuge.

Da die Mehrzahl der Maschinenindustriellen einer Erhöhung des bisherigen Zolles von Fr. 4 für Maschinen, Position 128, aus taktischen Gründen eher abgeneigt ist, so entschied sich die Kommission für Belassung desselben, entgegen dem Antrage des Bundes-

165 rathes, auf den Ansatz von Fr. 6 hinaufzugehen. Allen übrigen Vorschlägen des Bundesrathes betreffend die verschiedenen, in diese Kategorie gehörenden Positionen stimmt die Kommission bei.

IX. Metalle.

Die Abänderungsanträge, zu denen sich die Kommission veranlaßt findet, beschränken sich auf: Position Nr. 161, bei welcher der Ansatz für g e m e i n e E i s e n w a a r e n , r o h , a b g e d r e h t etc., im Interesse der einheimischen Metallwaarenindustrie von Fr. 7 auf Fr. 8 erhöht wurde ; Position Nr. 165, M e s s e r s c h m i e d w a a r e n , welche eine Herabsetzung des bundesräthlichen Ansatzes von Fr. 60 auf Fr. 50 erleiden, wobei zugleich die Kommission dem Bundesrathe gegenüber den Wunsch ausspricht, er möchte die nöthigen Instruktionen erlassen, damit nur die ,,eigentlichen" Messerschmiedwaaren nach dieser Position behandelt werden; Position Nr. 174, K u p f e r s c h m i e d - , R o t h - , und Gelbgi eßer w aaren, für welche der Zollansatz von Fr. 40 auf Fr. 50 gesteigert wird ; Position 190, p l a t t i r te, im F e u e r o d e r auf e l e k t r o - c h e m i s c h e m W e g e v e r g o l d e t e o d e r v e r s i l b e r t e W a a r en ( C h r i s t o f l e etc.), welche eine Erhöhung von Fr. 70 auf Fr. 80 erfahren.

X. Mineralische Stoffe.

Einem Begehren, den Ansatz für D a c h s c h i e f e r , welchen der Bundesrath bereits von bisher 50 Cts. auf 80 Cts. zu erhöhen vorschlägt, noch weiter zu steigern, konnte sich die große Mehrheit der Kommission nicht anschließen.

Um dem R o m a n c e m e n t , der bei der Zollbehnndlung nicht leicht vom h y d r a u l i s c h e n K a l k zu unterscheiden ist, eine Erhöhung des bisherigen Ansatzes von 40 Cts. zu Theil werden zu lassen, schlägt der Bundesrath eine Steigerung um 10 Cts. für beide Positionen Nr. 207 und 208 vor. Wenn einerseits zugegeben werden muß, daß schon der bisherige Zoll von 40 Cts. für hydraulischen Kalk ein recht hoher ist, so findet andererseits die Kommission, daß auch die Romaucementindustrie keiner weitern Begünstigung auf Kosten der Konsumenten bedürftig sei. Sie beantragt daher Verbleiben bei dem Ansätze von 40 Cts. für beide Positionen.

Durch die bundesräthlichen Vorschläge betreffend Position 212 und 213, S t e i n h a u e r - und S t e i n d r e e h s l e r a r b e i t e n , wonach geschliffene Steinplatten künftig einen Zollansatz von Fr. la gegen bisher Fr. 3 (alte Position Nr. 179) bezahlen würden, müßte vor-

166 aussichtlich die einheimische Marmorschleiferei geschädigt werden.

Die Kommission beantragt daher, die g e s c h l i f f e n e n Steinplatten bei Nr. 212 zu streichen und zu 213, Zollansatz Fr. 4, zu versetzen.

In Abänderung des bundesräthlichen Vorschlages, welcher den bisherigen Ansatz für A s p h a l t f i l z etc. von Fr. 1 auf Fr. 3 erhöht, beantragt die Kommission eine nach ihrer Ansicht Völlig genügende Heraufsetzung auf Fr. 2.

Wenn auch der gegenwärtige Zoll von Fr. 1. 25 für P e t r o l e u m ein sehr niedriger ist, und gegenüber demjenigen, welchen andere Länder erheben -- Deutschland Fr. 7. 50, Frankreich Fr. 25, Italien Fr. 47 -- eine Erhöhung bis auf Fr. 3 keine drückende genannt werden könnte, so vermochte sich die Kommission doch im gegenwärtigen Augenblicke dem Antrage des Bundesrathes auf eine Steigerung eines so nothwendigen Lebensbedürfnisses selbst um wenige 25 Cts. nicht anzuschließen. Wir haben uns hierüber schon allgemein in der Einleitung zu diesem Berichte ausgesprochen. Es soll damit keineswegs gesagt sein, daß bei etwaigem spätem Eintritt einer Nothlage das Prinzip auf die Spitze zu treiben und für immer auf eine Mehrung der Einnahmen aus einer nicht allzu starken Zollerhöhung zu verzichten sei.

XI. Nahrung«- und Genußmittel.

Die Wünsche der landwirtschaftlichen Kreise betreffend die Position Nr. 221, B u t t e r , richten sich hauptsächlich auf Verdrängung der Kunstbutter durch das Mittel eines ziemlich starken Eingangszolles. Der Bundesrath verkennt keineswegs, daß dieses Bestreben eine gewisse Berechtigung habe, allein er ist der Ansicht, daß mit einem hohen Zoll nur die betreffende einheimische Industrie groß gezogen, und einer erheblichen Zahl von Konsumenten, welche auf die billigere Waare angewiesen seien, der Artikel vertheuert werde. Sodann sei eben bis anhin überhaupt die Schwierigkeit noch nicht überwunden, Kunstbutter von anderer leicht zu unterscheiden. Daher begnügte er sich mit Aufstellung einer einheitlichen Position, unter Erhöhung des bisherigen Zolles von Fr. 8 auf Fr. 10. Die Kommission entschied sich nach längerer Berathung für eine Trennung, und setzte f r i s c h e Butter, welche doch für Jedermann leicht erkennbar sei, mit Fr. 8, alle übrigen Buttersorten, inbegriffen Kunstbutter und andere Speisefette, mit Fr. 15 ein.

Gegenüber dem Antrage des Bundesrathes, den bisherigen Zollansatz von Fr. 2. 50 auf Fr. 3 zu setzen für Nr. 228, f r i s c h e F i s c h e , und einem im Schooße der Kommission aufgetauchten

167 Vorschlage, die Position zu trennen, und M e e r fi s e h e ganz frei zu geben, entschied sich die Kommission für Beibehaltung des gegenwärtigen Zolles.

' Die vom Bundesrathe vorgeschlagene Erhöhung des bisher 30 Cts. betragenden Zolles auf 60 Cts. für K a s t a n i e n , frisch und getrocknet, lehnt die Kommission ab, erhöht dagegen für Nr. 240, O b s t , g e d ö r r t e s , u. s. w. den bisherigen Ansatz von Fr. 1. 50 (bundesräthlicher Vorschlag Fr. 3) auf Fr. 5, und denjenigen für k o n s e r v i r t e G e m ü s e von Fr. 20 auf Fr. 30.

Hinsichtlieh einer Erhöhung des G e t r e i d e z o l l e s von 30 Cts.

auf Fr. 1. 50 und des M e h l z o l l e s von Fr. 2. 50 auf Fr. 4 waren die Meinungen zwar getheilt, indessen entschied sich die Kommission für Beibehaltung der bisherigen Ansätze, nach Antrag des Bundesrathes.

Aus den prinzipiellen Gründen, welche schon bei der Besprechung der Petroleumposition berührt worden sind, konnte sich die Kommission zur Stunde auch nicht für eine vom Bundesrathe beantragte kleine Erhöhung des Zolles auf K a f f e e erwärmen.

Dagegen setzte sie den bisherigen Ansatz für M a l z von Fr. 1. 20 auf Fr. 1. 50 hinauf, und stellte den vom Bundesrathe von Fr. 10 auf Fr. 5 herabgesetzten Zoll für Taf e l s a l z wieder her.

Die einschneidenden Aenderungen, welche die bundesräthliehe Vorlage mit Bezug auf eine Erhöhung der Ausätze für R o h t a b a k und T a b a k f a b r i k a t e einerseits, und die Einführung eines R ü c k z o l l e s für exportirte Fabrikate anderseits beantragte, riefen einer einläßlichen Berathung. Deren Resultat war die Ablehnung der Erhöhungen, ausgenommen eine durch die besonderen Verhältnisse ihrer Herstellungsweise gebotene, im Betrage von Fr. 15, für C a r o t t e n , und damit fiel auch die beantragte Einführung des Rückzolles. Waren für den Bundesräth hauptsächich finanzielle Gründe für die Einbringung seines komplizirten Vorschlages maßgebend gewesen, so konnten jene für viele Mitglieder der Kommission nicht ohne Weiteres durchschlagend sein, wenn andere und schwere Gegengründe in die Wagschale gelegt werden mußten.

Als solche Gegengrunde wurden speziell folgende namhaft gemacht: Weder die einheimischen Produzenten von Rohtabak, welche infolge der seinerzeitigen Erhöhung des Zolles auf Fr. 25 eines ganz, außerordentlichen Schutzes
genössen, noch die einheimischen Ersteller von Tabakfabrikaten, denen man im Jahre 1887 mit ganz erheblichen neuen Zollerhöhungen auf letztere entgegengekommen sei, bedürften eines größereu Schutzes. Sodann müsse von der Zollverwaltung selber zugegeben werden, daß schon die gegen-

168 wärtig bestehenden, ziemlich hohen Ansätze für Fabrikate dem Schmuggel namentlich in Cigarren und Cigaretten gerufen hätten; wie sollte derselbe abgewehrt werden können, wenn nach bundesräthlichem Vorschlag der Ansatz von Fr. 150 auf Fr. 250 erhöht würde ? . Endlich dürfe auf die enormen, v in der Botschaft des Bundesrathes vom 20. November 1888 in ziemlich konkludenter Weise hervorgehobenen Schwierigkeiten der Kontrole bei Einführung des; Tabakrückzolles hingewiesen werden, Schwierigkeiten, die in allen denjenigen Fällen schwer zu überwinden sind, wo es sich um eine Waare handelt, die nicht'bloß vorn Auslande importirt, sondern zum Theil auch im Inlande erzeugt wird.

Bei Position Nr. 278, R o h - u n d Krystallzucker, S t a m p f z u c k e r u. s. w., vermochte die Kommission der vom Bundesrathe beantragten Steigerung des gegenwärtig schön hohen Ansatzes von Fr. 7. 50 auf einemArtikel, der "verschiedenen, von der Rückzollvergütung ausgeschlossenen Industrien als Rohstoff dient, nicht beizustimmen, acceptirte dagegen die vorgeschlagenen Erhöhungen auf die übrigen Zuckersorten. Sie unterließ auch, in Uebereinstimmung mit der bundesräthlichen Vorlage, eine neue Erhöhung des B i e r z o l l e s als unnöthig.

Bei der Position W e i n in F ä s s e r n wurde gegenüber Anträgen auf Dreitheilung nach Alkoholgehalt und höheren Ansätzen dem Vorschlage des Bundesrathes nach lebhafter Debatte beigepflichtet. Schon die von bundesräthlicher Seite beantragte Zweitheilung bereitet der Zollverwaltung nicht unerhebliche Schwierigkeiten,, die sich bei einer noch -weitergehenden Ausscheidung als beinahe unüberwindlich erweisen würden.

Für W e i n in F l a s c h e n schuf die Kommission zwei Positionen, indem sie die S c h a u m w e i n e separat mit einem Ansätze von Fr. 40 belegte; für alle übrigen Flaschenweine beantragt sie eine Erhöhung um Fr. 5 auf Fr. 25.

XII. Oele und Fette.

Die Kommission acceptirt die Vorschläge des Bundesrathes.

XIII. Papier.

Bei Nr. 298 stimmt die Kommission dem bundesräthlichen Vorschlage einer Erhöhung der bisherigen Zollsätze von Fr. 5 und 10 auf Fr. 12, und ebenso der damit im Zusammenhang stehenden

169 Aendei'uugoü in der Klassifikation der gegenwärtigen Tarifnummern 268--271 zu. Wenn sich hierbei die Kommission in der Hauptsache den vom Zolldepartement in's Feld geführten zolltechnischen und zum Theil veränderten fabrikationstechnischen Gründen fügte, so konnten sich verschiedene Mitglieder der Ueberzeugung doch nicht erwehren, daß z. B. Pack-, Lösch-, Fließ- und Filtrirpapiere mit Fr. 12 übermäßig belastet seien. Da in die neue Position Nr. 299 auch Etiquetten, Enveloppen u. s. w. eingeschlossen werden, welche im bisherigen Generaltarif einem Ansätze von Fr. 30 unterliegen, so erhöhte die Kommission den Ansatz, welchen der Bundesrath mit Fr. 25 normirt, auf Fr. 30 für die ganze Position. Ebenso setzte sie den Ansatz für Nr. 302, B u c h b i n d e r - und C a r t o n n a g e a r b e i t e n , welchen der Bundesrath bei den bisherigen Fr. 40 belassen hatte, auf Fr. 50 hinauf, um die Disparität verschwinden zu machen, welche sonst infolge der vom Bundesrathe vorgenommenen und auch von der Kommission acceptirten Erhöhung der Pappendeckel u. s. w. zwischen Fabrikat und dem der Buchbinderei zudienendea Halbfabrikat bestehen würde. P a p i e r w ä s c h e , Tarif Nr. 303, wurde von der Kommission um Fr. 10, d. h. von Fr. 50 auf Fr. 60 erhöht.

XIV. Spinnstoffe.

A. Baumwolle.

Wie bei den beiden letzten Tarifrevisionen, so bildet auch dieses Mal wieder das Begehren der Baumwoll-Spinnerei, -Zwirnerei und -Weberei nach erklecklicheren Zollerhöhungen zum Schütze der betreffenden einheimischen Industrien Gegenstand einläßlicher Erörterungen und lebhafter Debatten. Wie früher, so begegnet, bei im Großen und Ganzen nicht wesentlicher Aenderung in den bezüglichen Verhältnissen, dieses Begehren dem ausgesprochensten Widerstande derjenigen Veredlungsindustrien, welche, wie die Stickerei, die Druckerei, der Gewebe oder, wie die Halbseidenstofffabrik und die Buntweberei, der Garne als Halbfabrikat benöthigen, und zumeist auf den Export angewiesen sind. Mühevolle Versuche, welche im vorbereitenden Stadium von der Kaufmännischen Gesellschaft Zürich angebahnt wurden, um auf kontradiktorischem Wege die einander entgegenstehenden Interessen zu versöhnen, haben in der Hauptsache zu keiner Lösung geführt. Wie begreiflich, vermochte auch der Bundesrath aus dem Dilemma nicht herauszukommen; er beschränkte sich auf wenige kleinere Erhöhungen auf Garne und gebleichte, gefärbte und bedruckte Baumwollgewebe. Die Kommission befand sich unter diesen Umständea in keiner beneidens-

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werthen Lage. Sie ist mit dem Bundesrathe, zum Theil auf Grund eigener Anschauung, zum Theil auf Grund einläßlicher Untersuchungen Seitens des Vereins, welcher speziell die Interessen der Spinnerei, der Zwirnerei und Weberei vertritt, überzeugt, daß seit vielen Jahren, wenn" auch in der letzten Zeit mit erweicher günstiger Unterbrechung, diese einst so blühenden Industrien schwer um ihre Existenz kämpfen. Allein die Kommission mußte sich gleichzeitig sagen, daß, wenn zwar unter viel weniger zwingenden Umständen Deutschland, Frankreich, Oesterreich, Italien, das heißt Länder mit einem großen inneren Absatzgebiet, sich bis zu einem gewissen Grade ziemlich hohe Zollansätze auf Garne und Gewebe ohne allzu große Schädigung ihrer Veredlungsindustrien erlauben durften, dazu die schweizerischen Verhältnisse nur in geringstem Maße angethau sind. Unmöglich wird nämlich verkannt werden dürfen, daß unsere an den Garn- und Gewebezöllen indirekt betheiligten Veredlungsindustrien einen je länger je härter werdenden Konkurrenzkampf auf den auswärtigen Absatzgebieten auszufechteu haben, so daß es erklärlich ist, wenn zum Beispiel die Druckerei und die Stickerei nun auch für die Herabsetzung der im Jahre 1884 erhöhten Ansätze von Fr. 8 und 14 auf rohe Baumwollgewebe lebhaft eintreten. Wenn die Kominission dieser Herabsetzuog keineswegs das Wort redet, da einerseits die Beibehaltung der bisherigen Zölle für die Rohweberei durchaus nicht ohne Interesse ist, und anderseits dieselben von der Stickerei und Druckerei ertragen werden können, so hat sie sich im Weiteren bestrebt, den Spinnern, Zwirnern und Webern, soweit es ohne nennenswerthe Schädigung irgendwelcher anderer Interessenten möglich ist, noch etwas mehr entgegenzukommen, als es die bundesräth liehe Vorlage thut. Die Anträge der Kommission gehen dahin : Unter Zustimmung zu dun Vorschlägen des Bundesrathes betreffend die kleinen Erhöhungen auf den G a r n p o o s i t i o n e n Nr. 306--309 den Ansatz für Nr. 310 G a r n auf S p u h l e n etc. von Fr. 35 auf Fr. 45 zu steigern, zu Gunsten der einheimischen Zwirnerei. Ferner unter R o h g e w e b e n eine neue Position zu kreiren, lautend : bis auf 5 kg. per 100 m 2 Fr. 50, was zur Folge hat, daß auch den alten Positionen zu Fr. 8 und 14 die Gewichtsgrenze mit: über 5 kg. per 100 m 2 beigefügt werden muß. Unter
jene neue Position würden die meisten Sorten Motisselinesgewebe fallen, welche bis anhin beinahe ausschließlich von der inländischen Feinweberei geliefert wurden, deren Verlust in der Zukunft diese aber befürchtet, wenn nicht ein höherer Zoll die Versuche der ausländischen Konkurrenz zurückzudrängen vermöchte. Von einer effektiven Schädigung der Interessen der Stickerei, welche diese feinen Gewebe^verwendet, darf unter den obwaltenden Verhältnissen wohl schwerlich gesprochen

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werden. Um endlieh auch die Interessen der Grobweberei noch ein wenig zu berücksichtigen, soweit es möglich war, erhöhte die Kommission den vom Bundesrathe bereits auf Fr. 40 gesteigerten bisherigen Ansatz von Fr. 35 für g e b l e i c h t e , bunte, gefärbte und bedruckte Gewebe auf Fr. 45.

D e r Ansatz f ü r D e c k e n o h n e N ä h a r b e i t o d e r P o s a m e n t i r a r b e i t , n i c h t g e f ä r b t , n i c h t g e b l e i c h t , Tarifnummer 317, vom Bundesrath auf 15 Fr. fixirt, wurde von der Kommission auf 20 Fr. erhöht, und die beiden Tarifnummern 317 u n d 318, D e c k e n g e b l e i c h t , b u n t , g e f ä r b t , b e d r u c k t , in eine einzige Position mit dem Ansätze von 40 Fr. verschmolzen.

B. Flachs, Hanf, Jute, Ramie etc.

Die Kommission erniedrigte den bundesräthlichen Ansatz von 2 Fr. für Nr. 329, G a r n e , roh bis und mit Nr. 10, auf Fr. 1. 50 mit Rücksicht darauf, daß darunter auch die billigem und den Seilern und Gurtenwebern als Rohstoff dienenden Jutegarne inbegrifFen sind. Dagegen erhöhte sie den für G a r n e a u f S p u h l e n etc., Tarifnummer 333, mit 30 Fr. fixirten Ansatz auf 40 Fr., hauptsächlich aus dem Grunde, um damit den Unterschied der Zollbelastung zwischen den für den Detailverkauf hergerichteten Leinen, und Baumwollgarnen auszugleichen.

P a c k t u c h , Tarifnummer 334, bisanhin mit dem Ansatz von 2 Fr. belegt und vom Bundesrath auf 3 Fr. erhöht, findet die Kommission mit dem von ihr beantragten Zoll von Fr. 2. 50 noch genügend belastet. Dagegen setzte die Kommission den Zoll für f e i n e r e G e w e b e (Tarifnummer 337) von Fr. 50 auf Fr. 60 hinauf, während derjenige für g e w e b t e T e p p i e h e (Tarifnummer 347) von 60 Fr. auf 50 Fr. reduzirt wurde.

C. Seide.

Die Positionen Nr. 351--353 erhielten nach einläßlicher Berathung einige Abänderungen gegenüber den Vorschlägen des Bundesrathes. Die Kommission suchte hierbei namentlich den Seidenzwirnern einige, allerdings nicht sehr bedeutende Begünstigungen zuzuwenden, soweit selbe mit der zolltechnischen Behandlung vereinbar sind, was zu beachten allzu oft von den Interessenten übersehen wird. Sie setzte den vom Bundesrathe beantragten Zoll von 8 Fr. für Nr. 351 auf den bisherigen Satz von 7 Fr. herunter, erweiterte im Fernern die Position 353, unter Erhöhung des bundesräthlich vorgeschlagenen

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Satzes von 40 Fr. auf 60 Fr., durch'die neue Nomenklatur: N ä h seide, Stickseide, C o r d o n n e t , P osamentirse.ide und - F l o r e t s e i d e : roh und g e f ä r b t , wobei auch die Detailaufmachung eingeschlossen ist.

D. Wolle.

Die Schwierigkeit für. unsere Zollbeamten, ohne genaueste und zeitraubende Untersuchung wollene Garne und Gewebe jederzeit sofort von halbwollenen zu unterscheiden^ veranlaßte die Kommission, dem Buudesrathe beizupflichten, der die seitens der einheimischen Industriellen begehrte Trennung ablehnte. Zur Vermeidung jeden Zweifels wird auf Antrag der Kommission der Titel ergänzt durch die Worte: r e i n u n d g e m i s c h t .

Da d r e i - u n d m e h r f a c h g e z w i r n t e g e f ä r b t e G a r n e in S t r ä n g e n , bisher im Generaltarif mit 14 Fr. belegt,« vorn Bundesrath in die Position 366 zum Ansätze von 40 Fr. hineingeschoböu, von der einheimischen Tricoterie verwendet werden, so setzte die Kommission dieselben ia die Position 365, Zollansatz 15 Fr., zurück, welche dementsprechend lauten würde: Garne, g e b l e i c h t , g e f ä r b t . Dabei ist zugleich verstanden, daß auch die melirten (dunkelbraun melirten) Garne unter diese Nummer fallen.

Bei den G e w e b e n beschloß die Kommission folgende Aenderungen : Nr. 368. Streichgarngewebe, roh · . Fr. 30 Kammgarngewebe, ,, ,, 5 0 ,, 369. Streißhgarngewebe, gebleicht, gefärbt, bedruckt ,, 80 Kammgarngewebe, ,, ,, ,, ,, 100 Die Rücksicht auf den hohem Einheitswerth der Kammgarngewebe, gegenüber den Streichgarngeweben, zusammengehalten mit der Entwicklung, deren die einheimische Fabrikation der Kammgarngewebe fähig ist, lassen uns eine Erhöhung des bundesräthlichen Ansatzes für letztere um 20 Fr. gerechtfertigt erscheinen. Auch finden wir die zolltechnischen Schwierigkeiten, die einer Trennung ·entgegenstellen möchten, keineswegs unüberwindlich, was freilich hei den viel weiter gehenden Ausscheidungen, welche verschiedene Interessenten verlangt haben, der Fall wäre.

S h a w l s, S c h ä r p e n etc., Position 376, hat die Kommission von 100 Fr. auf 125 Fr. erhöht, dagegen P i l z s t o f f e (Position "380 und 381), welche in der Schweiz nicht produzirt werden, und aber in der Schuhwaarenindustrie und Konfektion Verwendung finden, in eine einheitliche Position mit dem erniedrigten Ansätze von 20 Fr. verschmolzen.

173 E. Kautschuk und Guttapercha.

Für K a u t s c h u k und G u t t a p e r c h a , roh, ist von verschiedenen Seiten eine Herabsetzung des Zolles verlangt worden, und zwar mit Recht. Die Kommission beantragt eine Reduktion auf l Fr. gegenüber 3 Fr., welche der Bundesrath vorschlägt, will aber die bisanhin unter dieser Rubrik flgurirenden K a r d e n t ü c h e r , die heuestens auch in der Schweiz erstellt werden, beim bisherigen Ansätze von 4 Fr. belassen. Dementsprechend muß eine Trennung der Position 384 vorgenommen werden.

F. Stroh, Rohr, Bast etc.

Die Kommission stimmt den Vorschlägen des Bundesrathes zu.

G. Konfektionswaaren.

Vorerst beantragt die Kommission die Streichung von Nr. 396, K o n f e k t i o n s a r t i k e l aus K a u t s c h u k s t o f f e n , und Ersetzung durch eine A n m e r k u n g zu Nr. 392 -- 395, lautend: ,,Konfektionsgegenstände aus Geweben mit Kautschuk sind verzollbar nach der betreffenden Stoffrubrik." Diese Aenderung ist gerechtfertigt, weil sonst die verschiedenartigsten Artikel, vom kautschukirten, feinen, seidenen Damenüberwurf bis zum schweren Kutschermantel, unter Position 396 fallen würden.

Sodann beantragen wir, nach Nr. 397 die S t r u m p f w i r k e r w a a r e n m i t o d e r o h n e N ä h a r b e i t einzuschalten u n d überall
F ü r s e i d e n e u n d h a l b s e i d e n e S c h i r m e erhöhte d i e Kommission den bisherigen, vom Bundesrath unverändert belassenen Ansatz von 80 Fr. auf 100 Fr., reduzirte dagegen die vom Bundesrath vorgeschlagene Erhöhung des bisherigen Ansatzes von 6 Fr.

auf 12 Fr. für S c h i r m g e s t e l l e und S c h i r m s t ö c k e auf 10 Franken, und sodann den Zoll auf W a g e n d e c k e n , Position 408, bisanhin mit 20 Fr. wohl hoch genug belegt, vom Bundesrath jedoch auf 25 Fr. gesteigert, wieder auf den alten Satz.

Bundesblatt. 42. Jahrg. Bd. III.

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XV. Thiere und thierische Stoffe.

Es sind die Positionen 412--414 betreffend O c h s e n , K ü h e , , ' R i n d e r und J u n g v i e h , welche, als zu den bestrittensten und wichtigsten gehörend, eine eingehende Debatte im Schooße der Kommission hervorriefen und zu Abänderungen an den bundesräthlichen Vorschlägen führten, während bei den übrigen Positionen dem Bundesrathe zugestimmt wurde. Widerstand begegnete namentlich der bundesräthliche Antrag: Kühe und Rinder (bisanhin im Generaltarif mit 20 Fr. belegt), sowie Jungvieh (bisanhiii mit 5 Fr.

belastet) unter einen einheitlichen Zollsatz von 30 Fr. zu stellen, und bloß Mastkälber von über 60 kg. Gewicht auszunehmen, unter Tariflrung zu 12 Fr. Speziell die Vertreter der ostschweizerischen Kantone bekämpften die diesbezügliche Begründung in der Botschaft des Bundesrathes als einseitige und den Interessen großer Landestheile keine Rechnung tragende. Dem Uebel. der Seucheneinschleppung müßte durch andere Vorkehren als durch das Mittel allzu starker Zollerhöhungen begegnet werden. Die in der bundesräthlichen Vorlage vorgesehene Erleichterung, wonach ,,für Kühe und Rinder,, welche innert 24 Stunden an ein inländisches Schlachthaus zum Schlachten abgeliefert würden, eine Zollrückvergütung von 10 Fr.

per Stück stattzufinden hättea, wurde als eine schwer durchführbare, weil schwer kontrolirbare, bezeichnet. Die Kommission beschloß Beibehaltung der bisherigen Klassifikation mit Erhöhung der Ansätze für O c h s e n und S t i e r e , geschaufelt, auf 30 Fr. -- entsprechend dem Antrage des Bundesrathes; für K ü h e und R i n d e r , ges c h a u f e l t , auf 25 Fr.; für J u n g v i e h , u n g e s c h a u f e l t , auf 12 Fr., womit auch die vom Bundesrathe vorgeschlagene Rückvergütungsklausel, sowie die besondere Position für Mastkälber dahinfiel.

XTI. Waaren aus Thon, Steinzeug etc.; Töpferwaaren.

Die Kommission erklärt sich mit den Ansätzen, wie sie in der bundesräthlichen Vorlage enthalten sind, einverstanden. Dagegen erhellt aus Eingaben von Thonwaareninteressenten, daß die Red a k t i o n der bundesräthlichen Vorschläge verschiedene Unklarheiten enthält, welche leicht Veranlassung zu Irrthümern geben könnten. Die Kommission spricht daher den Wunsch aus, es möchte vom Bundesrathe eine präzisere Fassung vorgelegt werden.

Es ist an dieser Stelle zu erwähnen, daß der Kommission eine besondere, an die Bundesversammlung gerichtete Petition von Bauinteressenten betreffend die Erhebung des bisherigen Zolles auf

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fcSteinzeug p l a t t e n zur Antragstellung vorlag. Die Potenten beschweren sich darüber, daß die Zollverwaltung den bestehenden Tarif zu ihren Ungunsten interpretire; vom ßundesrathe abgewiesen , welcher sie auf die neue Revision des Zolltarifes verwies, wünschen sie die Intervention der Bundesversammlung und eventuell eine Berücksichtigung in dem Sinne, daß sofort nach Fertigstellung des neuen Tarifes die auf besagte Waare bezüglichen Aenderungen in Kraft treten. Die K o m m i s s i o n b e a n t r a g t , ü b e r d i e P e t i t i o n z u r T a g e s o r d n u n gz u s ' c h r e i t e n , in de r M e i n u n g , daß es dem B u n d e s r a t h e a n h e i m g e s t e l l t sei, i n d i e s e r Sache n a c h b e s t e m E r m e s s e n z u v e r f ü g e n . Die Bundesversammlung hat sich mit der Frage der Tarifirung nach dem bestehenden Tarife nicht zu befassen, denn der Bundesrath entscheidet endgültig. Ebensowenig ginge es an, durch den Erlaß eines besondern Gesetzes zu Gunsten einer einzelnen Position dem Vollzuge des neuen allgemeinen Zolltarifgesetzes vorzugreifen.

XVIII. Verschiedene Waaren.

Die Vorschläge des Bundesrathes wurden unverändert angenommen.

Ausfuhr.

Mit Rücksicht auf die gedrückten Verhältnisse der einheimischen Kunatwollfabrikation beantragt die Kommission, wollene und halbwollene Lumpen bei der Ausfuhr gleich wie baumwollene und leinene zu behandeln.

Dementsprechend erhält Position Nr. 16 eine veränderte Fassung.

Zum

Gesetzesentwurf beantragt die Kommission nur die kleine Abänderung, wonach bei Art. 3 nach ,,revidirbar" die Worte ,,oder erkennbar^ eingeschaltet werden sollen. Damit wird angedeutet, daß gewisse Artikel, wie z. B. Explosivstoffe, welche nicht revidirbar, aber doch erkennbar sind, nicht dem höchsten Zollansatze unterworfen werden können.

176 Zum Schlüsse beantragen wir folgendes, in Beziehungen zum Art. 2 des Gesetzes stehendes und bereits in der Einleitung zu diesem Berichte begründetes P o s t u l a t : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die reglementarischen Bestimmungen betreffend die Taraberechnung im Verkehr der Freilager (Entrepôts) einer Revision im Sinne einer billigern Ausgleichung nach Maßgabe der wirklichen Taraverhältnisse zu unterwerfen."

B e r n , den 28. Mai 1890.

Die Mitglieder der Kommission: C. Cramer-Frey, Präsident und Berichterstatter.

Arnold (war wegen Krankheit verhindert, den Sitzungen beizuwohnen).

Beck-Leu.

Berger.

Eckenstein.

Gisi.

Grosjean.

Heitz.

Keller.

KUnzli.

Lachenal.

Polar.

Ruffy.

Schindler.

Sonderegger (A. Rh.)Stockmar.

Tobler.

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Bericht der Kommission des Nationalrathes betreffend die Revision des Zolltarifes. (Vom 28. Mai 1890.)

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14.06.1890

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