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Berichte über die Rinderpest.

(Fortsezung.)

Herr D u c o m m u n , gewesener schweizerischer .Konsul in Mulhausen, Übermacht dem eidg. Departement des Jnnern Nr. 222 des Industriel Alsacien enthalten nachstehende, .oon Herrn Thierarzt Z ü n d e l gegebene ....lebersieht über den

Stand der Rinderpest in Elsass-Lothringen und Frankreich.

Von verschiedenen Seiten verlangt man von mir Jnsormationen über den Stand der Rinderpest ; die Landwirthe wie der Handelsstand möchten wissen. in wie weit wir noch bedroht find, und für wie lange.

noch die Hemmnisse fortbestehen sollen , welche eintreten mußten , um die Verbreitung der Krankheit zu verhindern. Auch das Publikum ist dabei interessirt , mdem die Ställe der Viehhalter sich leeren , wodurch die Mileh selten und theuer wird und das Fleisch noch weiter aufzuSchlagen droht.

Jn Bezug ans Elsass-Lothringen können wir mit Befriedigung fagen, dass die Krankheit sich einstweilen auf eine einzige Gemeinde beschränkt ; gegenwärtig ist nur die Gemeinde Eguisheim (Kreis ..Colmar) verseucht, leider aber stark, in wenigen Tagen stiess ich auf mehrere inerte Ställe, und man mußte das Vieh eines ganzen ....Quartiers schlachten, weil die Jauche des einen Stalles die benachbarten Stall..

angestekt haben konnte. Run darf man jedoch, dank dieser radikalen Massregel, und da jede Eommunikation vom Jnsektionsherde nach Aussen verhindert ist , hoffen , dass die Krankheit bald erstikt sein werde ; der

Staat zeigt sieh übrigens zu allen Opfern bereit, um diesen glücklich Augenblik bald herbeizuführen.

Wir dürfen daher die Hoffnung hegen , unsere Brovinz bald von dieser .Landplage befreit zu sehen, welche nur zu lange in unsern Ganeu geherrscht hat und die unter den schlimmsten materiellen Kalamitäten verzeichnet bleiben wird, die uns der Krieg gebracht hat.

Haben .wir aber die Krankheit in Eguisheim getilgt , so wird damit noeh nicht alle Gefahr beseitigt sein , denn die Rinderpest herrscht noeh

1050 immer mit einer bedauerlichen Hartnäkigkeit in verschiedenen französischem und namentlich in einigen Grenzdepartementen. Seit dem Monat April hat die Rinderpest nicht aufgehört, in der II.^ute^aone, in den Bogesen, zu herrschen, und sie ist vor einigen Tagen auch wieder in der Meurth....

aufgetreten ; besonders intensiv zeigt sie sich in den Departements de la Marne, des Ardennes und ^ im ganzen Rorden von Frankreich , aus allen Departementen lauten die .....achrichten über den kontagiösen Typhus de....

Hornviehs nicht gut , und die Krankheit ist so zu sagen noch im FortBreiten begriffen. .Das .Ionrnal officiel gab neulich Rachrichten über 14 Departement... , wo man in den ersten zehn Tagen des Monats November 699 Thiere schlachten musste , während die lezten zehn Tag...

vom Oktober nur eine Ziffer von 477 aufwiesen. Es ist noch beizufügen , dass in diesen Jnsormationen gewisse Departement nicht vertreten sind , wie l'Aisne.. le Pa.^d.^ Calais. la ^omme und les Vos^s.

wo indessen^ die Krankheit immer noch mehr oder weniger stark herrscht.

Jn der Marne sind 18 infizirte Gemeinden mit 83 kranken Thieren; ferner. hat man 31 verdächtige Thiere geschlachtet. Jm Rorden zählt man 15 infizirte Gemeinden, wo man in den ersten zehn Tagen vom Rovember 87 kranke Thiere gesunden und noch 46 verdächtige geschlachtet hat; in den Ardennen sind 14 Gemeinden mit 111 kranken und 16 ver.däehtigen Thieren; in der Mense 16 Gemeinden mit 70 kranken und 30 verdächtigen Thieren. Jn der .Hante^aone waren vor einem Monat 4 infizirte Gemeinden, während man jezt 6 Gemeinden mit 17 kranken Thieren zählt. Die Seuche von I870--1871 hat bereits in 40 sranzwischen Departements geherrscht und er^istirt nach dem .Ionrnal olfic^..

gegenwärtig noch in 23 Departements. Diese Zahlen beweisen , wi^ gross die Gefahr von Seite Frankreich^ ist uud wie sehr man auf seiner Hut sein muss. Jn dieser Beziehung sind Massregeln getrofsen, und es ist die Einsuhr nicht nur von Thieren , sondern auch von sonstigen Gegenständen, die verdächtig sind, nach dem Elsass streng untersagt.

Die Gefahr von Seite Frankreich^ ist um so grösser, weil man leider nicht genügend energische sanitätspolizeiliche Massregeln trifft, di...

geeignet wären, die Krankheit zu erstiken. Jch habe in dem .Ionrnal d^.^ricultnre pratique eine Kritik gegeben über die sranzosisehe Gesez-

^ebung, betreffend die Rinderpest, und ich will diesen Artikel hier nieht

xeproduziren ; ich beschränke mich auf die ...Bemerkung , dass meine Kritik

folgende drei Hauptpunkte beschlägt:

1) Die Fakultät, Fleisch konsumiren zu lassen, welches ans infizirten Ställen kommt. Diese Konsumtion ist wohl moglich in einem grossen Bevölkerungseentrum wie. Baris , sie ist aber unaussüh..:bax und besonders gefährlich in der Brovinz und aus dem Lande. man riskirt ^o die Krankheit zu verbreiten, wie zahlreiche Fälle dies darthun.

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2) Die kosten der Desinfektion, welche dem Viehe^enthiimer überKunden werden.

Diese Desinfektion ^ darf nicht in einer . einfachen ^ Räucherung bestehen, sondern es ist nothwendig, Alles zu entfernen und .zu zerstören , was den ^rankheitsstofs in sich aufgenommen .haben kann, die Grippen und Raufen zu verbrennen, den Boden auszuhöhlen, die Mauern abzureiben, selbst Futter zu perbrennen, welches Ausdünstungen in stch aufgenommen haben kann. Eine so radikale Desinsektion darf nicht dem Eigentümer überbunden werden , wird sie aber nicht vorgenommen, so xiskirt man die Forterhal.tung des ^rankheitsStoffes in dem Stalle, wie dies lezthin zu Bont^Mousson vorgekommen ist. Ein Stall , in welchem die Best im Juli geherrscht hatte , wurde nur unvollständig desinsizirt, und als man dann im Oktober 6 Oehsen ^einstellte , erkrankten diese und infizirten zwei andere Ställe der Stadt ^tnd zwei in den benachbarten Dörfern. Wird nicht gleich nach dem ersten Falle in radikaler Weise desinfizirt, so riskirt man sehr, dass die Krankheit in der Gemeinde so lange bleibt , als Vieh daselbst ist ; nähme dagegen der Staat die Desinfektion aus seine Rechnung , so würde derselbe eine Ersparnis.. erzielen , weil , wenn er sie gleich beim ersten Falle vollständig ausführt, für ihn die Bflicht wegfällt, das Vieh der andern Ställe zu vergüten.

3^ Mangel Vetexmärdienstes.

vorkommen , dass energisch zeigt als

einer höhern ^esezgebung nebst Organisation des Beim Vorhandensein einer solchen würde es nicht der Bräsekt des einen Departements sich minder ein anderer.

Die französische Regierung hat in die infizirten Brovinzen drei Kommissäre abgesandt, die Herren ^oule^, Re^nal und Hallna du Frelay ; hosfen wir, dass ste mit hinlänglicher Vollmacht ausgerüstet seien, um die von den Umständen gebotenen energischen Massregeln treffen zu können.

Frankreich allein ist noch eine Gesahr für unser Land, und unsere .Landwirthe sollten sich eine Bflicht daraus machen, jeden heimlichen Verkehr zu signalisiren, den einzelne Bserdehändlex mit den seuehenverdächtigen Departement^ zu unterhalten suchen. Jn Deutschland ist

die Rinderpest schon lange überall getilgt . zwar hatte sie sich dort lange

mcht so stark entwikelt als in Frankreich. Selbst in Galicien, wo die Krankheit doch beinahe permanent ist, wie in Russland, gab es am 17. November nnr zwei insizirte Ortschaften. Jede Jmportation von Steppenvieh, komme dasselbe von Russland, von Galicien oder von Ungarn, ist übrigens in ganz Deutschland streng untersagt, so dass das Vieh, das uns vom rechten R^einuser zukommen kann, uns mit keiner Gefahr bedroht. Ebenso verhält es sich mit der Schweiz, wo die Krankheit seit dem Monat Januar nicht mehr auftrat und von woher

1052 wir gegenwärtig das für unsern Bedarf so notwendige Schlachtvieh beziehen.

Wir hoffen, in kurzer ^eit au- diesem .Lande auch Zuchttier.., welche unsern Viehhaltern fehlen, beziehen und so unsere Ställe wieder bevölkern zu konuen.

^. Bündel.

Fachschrift. -- Jn dem Augenblike, wo wir diesen Artikel dent ........ruke überleben, theilt un.^ Herr Zündel mit, dass er soeben durch Depesche nach Hattstadt berufen wurde, wo, wie man vermuthet, neue Fälle von Rinderpest vorgekommen sind. Seit 7 Wochen war in diesem gemeinde kein Fall mehr ausgetreten; aber schon während der Zeit, als Herr Bündel in E^uisheim war, kursirten diessällige .^....xü.hte.

Uebrigen^ wird Herr Bündel, welcher gestern Abend nach Hattstadt verreiste, nicht ermangeln, uns bald über die Sachlage näher zu informten.

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09.12.1871

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