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Bericht de....

Minderheit der ständeräthlichen Eisenbahnkommission, betreffend den Entwurf eines neuen Eisenbahngesezes.

(Vom 6. November 1.^7.....)

Tit. l Der Unterzeichnete, welcher in Jhrer kommission über zwei der wichtigen Fragen, die der Entwurf einer Abänderung des Geseze.... vom 28. Jnli 1852 über .Bau und Betrieb von Eisenbahnen anregt, eine andere Ansieht vertrat als diejenige der Mehrheit, hat geglaubt, feinen ..Bedanken dureh die Redaktion eines Minderheitsentwnrss, der Jhnen heute vorliegt , präeisiren zu sollen.

Er begründet die Hauptbestimu.ungeu dieses Entwurfs wie folgt, indem er dieser Erörterung die Losung einer allgemeinen Kompetenzfrage voraussehet, welche steh vor Allem Jhrer Vritsung aufdrängt.

I.

Jn seiner Botschaft sagt der Bundesrath, ,,es konne kein Zweifel bestehen nber die Berechtigung de.: Bundesversammlung, das Bundesgesez vom Juli 1^52 nach freiem Ermessen zu revidiren und gänzll.l, umzugestalten."

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Der Unterzeichnete kann diese Behauptung nicht als begründet anerkennen, vielmehr seheint sie ihm in flagrantem Widerspruch mit den Bestimmungen unserer Verfassung und der organischen Grundlage unseres Bundes zu sein.

Ex hält im Gegentheil dafür, es konne das Gesez von 1852 über Bau und Betrieb von Eisenbahnen xevidirt und umgestaltet werden nux unter Beobachtung dex Voxschristen, welche die Bundesverfassung über die gegenseitigen Befugnisse dex Bundesgewalt und dex Gewalten dex Kantone ausstellt, wie sie durch den Bund vom 12. September 1.848 vereinigt sind.

Diese Vorschriften lassen keine Allmacht der gesezgebenden Gewalt der Bundesversammlung zu.

Jn der That erklärt der Art. .... der Bundesverfassung ausdxüklich : ,,Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist, und üben als solche alle Rechte ans, welche nieht der Bundesgewalt übertragen find.^ Art. 5 fügt noch znm Ueberflnsfe bei : ,,Der Bund gewährleistet den Kantonen ihr Gebiet, ihre Souveränität inner den Sehranken des Artikels 3, ihre Verfassungen . . .^ Dex Unterzeichnete hält demnach dasüx, dass angesichts dex jezt in .^rast bestehenden Bundesversassung die Revision des Bundesgesezes von 1852 über die Eisenbahnen nicht anders stattfinden kann, als untex Respektirung der ^ouveränetät der Kantone und der durch diesen Akt selbst der Bundesgewalt gezogenen Schranken.

Soll dieses neue Bundesgesez die Souvexänetät der Kantone, di.^ süx jeden gewissenhasten und treuen Abgeordneten kein leeres Wort ^ein darf, beseitigen konnen, so muss demselben eine neue Revision dex Bundesverfassung selbst und eine Gutheissung neuer Vexsassungsgrundla^en dureh das Sehweizexvolk vorausgehen.

Welches sind in Eisenbahnsaehen die Souvexänetätsxeehte der Kantone, und welches sind die Rechte der Bundesgewalt ^ Es ist nicht schwer, diese. gegenseitige Kompetenz zu präeisiren.

Die Eisenbahnen sind öffentliche Arbeiten, welche im Jntexesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Theiles derselben liegen (Art. 2t dex Bundesverfassung). Aus diesem Gxunde konnte die Eidgenossen^ehast sie anordnen und ans eigene kosten bauen. Wenn fie sieh aber daraus beschränkt hat, zu erklären, diese Arbeiten sollen die militärischen ..^ntexessen nieht beeinträchtigen, so verbleiben dieselben in dex ......om-

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petenz und den Befugnissen der Kantone, welche allein die hohern gesezgebenden und administrativen Gewalten in Bezug ans ossentlich.^ Bauten, die nicht vom Bunde auf seine Dosten angeordnet sind. au..^ üben.

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Die Eisenbahnen sind endlich Straßen, über welche die Eidgen...ssenschast gemäss Art. 35 der Verfassung das Reeht der Oberaussicht besi^t, aus zwei Gründen, welche zu beweisen überflüssig ist, nach den ausgesprochenen Ansichten : nämlich weil diese Strassen das von .de..

Bundesgewalt verwaltete und eentralisirte Bostregal angehen, und so...

dann weil die Eisenbahnen im hochsten Grade die industriellen und kommerziellen Beziehungen des Landes berühren und eines der wesentliehsten Elemente des Rationalwohlstandes bilden, dessen Forderung dnreh die Bundesverfassung (Art. 2) unter den Sehnz der Zentrall.ehorde ^e-

stellt ist.

Durch das Bundesgesez von 1852 hat die Bundesversammlung diese Grundsäze anerkannt, ihnen eine Sanktion ertheilt, die durch bald 20jährige konstante Bundesrechtspflege belästigt und unwiderruflich zum Bundesrechte erwachsen ist.

Jndem einerseits als Grundlage dieses Gesezes erklärt wurde, das Reeht zum Ban un.... Betrieb von Eisenbahnen ans dem Gebiete der Eidgenossenschaft bleibe in der Kompetenz der Kantone, hat die Bundes^ versammln^ anderseits gesucht, die Ausübung ihrer Oberanssicht zu or.^an.siren , sie hat Brstimmun^en ausgestellt sur den Sehu.^ ihres Bostregals, sür die Ansxeehtl..altung der Grundsäze freien Verkehrs und Transports von Versonen und Waaren von einem Danton zum andern, sowie des sreien Uebergangs von einer Bahn aus die Schienen einer Konkurrenzlinie.

Wollte man nun diese Grundsäze des Gesezes abändern, das Recht, den Bau und Betrieb von Eisenbahnen zu autorisiren, zur Bundesdomane machen, mit ..^usschluss der kantonalen Gewalten, so hiesse dies die Bundesverfassung selbst abändern und die Vollmachten übersehreiten, welche diese Verfassung der Bundesbehorde einräumt ; es hiesse dies mit einem Worte dureh einen verfassungswidrigen Akt demjenigen vorgreisen, was man durch eine gesezliche Revision der Bundesverfassung sanktionirt zu sehen wünschte.

Der Unterzeichnete hält also dafür, es konnen. die Hauptbestimmungen des vom Bundesrathe vorgelegten Entwurfs, namentlieh die Artikel .1, t l, 14 und 37 von den Räthen erst angenommen werden, wenn das begonnene Werk der Bundesrevision definitiv beendigt und vom Volke genehmigt sein wird.

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II.

Von dieser Anschauung ausgehend, hat die Minderheit Jhrer Kommission ein nenes Gesez redigirt, .welches sie im gegenwärtigen klugenblike für das allein annehmbare hält.

Durch den betreffenden Entwurf ist die kantonale Kompetenz in Eisen..

bahnsaehen aufrecht erhalten. Die Bundesgewalt beschränkt sich aus di^e Organisirung und Bräeisirung ihres Rechtes der Oberanssicht uber diese neuen Strassen , mittelst Ausstellung von Bestimmungen, deren Rothwendigkeit im allgemeinen Jntexesse ^ex Verkehrssorderung durch die Erfahrung dargethan ist.

Durch diesen Entwurf glaubt man, allen Anforderungen, allen pom Handelsstande und vom Bubliknm kundgegebenen Wünschen entsproehen ^u haben.

Jn den vom Bundesrathe in seiner Botschast angegebenen Motiven seheint ex mit grosser Vorliebe an dem Gedanken sestzuhalten, er allein sei der Vertreter und der Wächter ^des schweizerischen Rational..

interesse^ , ex allein sei im Stande, dieses Jnteresse gegen die Kollisionen und Uebergrisfe des kantonalen Jnteresses zu wahren und zu ^chüzen, welches lettere ex als ein vorzugsweise bloss lokales darstellt.

Wir wussten bereits aus Erfahrung, wie leicht eine Eentralgewalt sieh durch den Gedanken ihrer Macht blenden und berüken lässt, und wie gross die Jllusionen sind, wenn sie behauptet, der einzige unpartei^sehe Richter über die Jnteressen der gesammten Ration zu sein.

Aber wir müssen gestehen, dass wir selten eine so vollständige Daxlegnng dieser Tendenz gelesen haben. Um sie ans ih.e richtige Vedeutnng ^nükznführen, wird es genügen, mit kurzen Worten die Thatsaehen der Zeitgeschichte der schweizerischen Eisenbahnen in Erinnerung zu rufen, weld.e die Lebensfähigkeit der kantonalen Dezentralisation und der Brivatindustrie in das klarste Lieht stellen.

Wir glauben, uns keinem Dementi auszusehen, wenn wir behanpten. dass wenn seit dem Jahre .1852 die Eisenbahnen zur Vnndessache erklärt ^.nd vom Staate gebaut und in Betrieb gesezt worden wären, wir uns nicht der grossartigen Vermehrung der .Anzahl von Kommunikationswegen zu ersrenen hätten, so.vie der unglaublichen Thätigkeit, die noch hente entsaltet wird durch die individnell.. Jnitia^ tive und das Streben der Konkurrenz, das gesammte seh.veizeriseh^ Rez znx Entwiklung zu bringen.

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Soll etwa deswegen, weil die .Kantone die Konzessionen ertheilt haben, da- nationale Jnteresse dem lokalen ausgeopfert worden sein ^ Erlangten wir nicht die grossen Linien, welche von Osten nach Westen und bald von Worden nach Süden lausen, um sich an die auswärtigen Linien anzuschließen, und so der Schweiz den internalonalen Verkehr zn erhalten .^ Erlangten wir nicht gleichzeitig die Zwischenlinien, welche die kleinen Bevolkerungs- und Jndustrie^Eentren in Verbindung bringen mit den ^rossen Verkehrsadern und ihnen die kostbaren Vortheile rascher Zirkulation zuwenden ^ Die kantonalen Jnteressen waren nieht kleinliche , ausschliessliehe .Lokalinteressen ^ wir glauben vielmehr, dass dieselben, indem sie ihre

Befriedigung suchten, gleichzeitig in mogliehst weitem Masse das natio-

nale Jnteresse gewahrt haben. Sehen wir nicht jedes Jahr die kantonalen Behorden zahlreiche Konzessionen von Bahnen ertheilen , die einander Konkurrenz machen konnen ^ Jst nicht zu befürchten, der Gedanke eines Monopols konne leicht bei einer Eentralgewalt Eingang finden, welche natürlicherweise an ihre Unfehlbarkeit, an ihre Allmacht glaubt ^ Sagen wir es laut: Das kantonale Jnteresse ^in der Schweiz ist dem nationalen nicht feind. nur durch eine Geiftesoerirrung kommt man dazu, einen Antagonismus da zn suchen , wo Harmonie und Jdentität besteht. Das Gedeihen einer Gegend , eines Kantons oder mehrerer Kantone , dies ist eben das nationale Jnteresse , dessen rechtmäßige und wachsame Ausleger die kantonalen Behörden eben so gut sind als der Bundesrath.

Das Jnteresse, welches der Bundesrath ein nationales nennt und das er desinirt^dureh Beispiele, die er aus der Spedition von Waaren und Versonen hernimmt, welche unvermerkt die kantonalen Grenzen und Jurisdiktionen übersehreiten, verdient diesen Ramen nicht, denn es ist dies alsdann nur das Jnteresse leichter und freier Kommunikationen, das feine Befriedigung in den Klauseln und Vorbehalten findet, welehe die Bundesversammlung zur Geltung bringt in den Beschlüssen über Genehm mignng der Konzessionen und in der Ausübung der Heraussieht, welehe der Bnndesbehorde über die betreffenden ossentlichen Strassen und Wege eingeräumt ist. So nehmen wir. den ^all, ein Kanton hätte die Brätenston , dem Betriebe einer Eisenbahn Zwangsbeschlüsse anszuerlegen ....de^. der freien Zirkulation Hemmnisse entgegenzustellen zu Gunsten von rival.isirenden Gesellschaften, von lokalen Jndustrien oder personliehen Jnteressen : alsdann wären wir einig mit dem Bundesrathe in de^ Wei.^erung, diese Beschränkungen zn genehmigen. wie er würden wir ste .Lokalinteressen nennen , welche der Bandessanktion nieht würdig sind,

weil sie den in der Bundesverfassung ...umstellten ...^rund^zen .wid^ streiten.

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Allein solche Jnteressen sind nicht kantonale Jnteressen , in dem Sinne, den wir diesem Worte beilegen; während die wahren . kantonalen Jnteressen identisch sind mit dem nationalen Jnteresse , weiches ....or Allem die Wohlfahrt aller Glieder der Bündesfamilie will.

Wir glauben , es hiesse unsere föderativen Jnstitutionen fälschen, wollte man die Jntervention der Kantone in Eisenbahnsachen in den Hintergrund drängen und aus die a l l e i n i g e und a l. l m a ..h t i g e .^undesgewalt das Recht übertragen, aus ihren Gebieten die .Konzession für diese Kommunikationswege zu ertheiien.

Ueberlassen wir den Kantonen die Sorge, in erster Jnstanz über ihre reehtmässigen Jnteressen zu entscheiden , fahren wir fort , der ZentralGewalt das Recht zu verleihen , zu kontroliren . zu genehmigen , was konzedirt wird , im Einklang mit den Gesezen und ^versassungsmässigen ^rundsäzen.

Wir glauben nicht , dass die seit dem Jahre 1852 bis auf den heutigen Tag gemachte Erfahrung das von uns behauptete System verurtheilt habe ; vielmehr halten wir dafür, es sei dasselbe pon ihr sank.tionirt worden.

Und es fei uns hier gestattet, daran zu erinnern, dass es die ..^un-

desbehörde ist, welche im Jahr 1856 in dem Westbahnkonslikt das einzige Beispiel gegeben hat von einer Verlegung der Grundsäze der sreien Konkurrenz und der Gleichheit aller Kantone in Eisenbahnsachen^, indem sie dem Kanton Freiburg gewährte, was sie dem Kanton Waadt verweigerte. Glüklieherweise verstand sie es, im Jahr 1871 zu einer gerechteren Würdigung der Thatsaehen zurükzukommen.

^ Gewiss wird es leichter sein , eine Konzession zu erlangen , wenn die Bewerber , nachdem sie im Vundespalast antichambrirt haben , nur mit einer einzigen Behorde mehr die Klauseln und .Lasten ihres Unter- ^ nehmen... zu diskutiren haben werden.

Der Konzessionsakt wird ein einziger sein; er wird nicht mehr die ..l^robe mehrsaeher Berathungen in den Grossen Räthen zu bestehen haben ; er wird so leiehter der Kontrole der ofsentlichen Meinung entgehen und einige Faiseurs werden vielleicht sieh beglükwünsehen tonnen, ihre Kom^inationen ungehemmt durchgesezt zu haben.

^ Allein wir zweifeln. dass dieser einzige ^lkt so den Anforderungen des allgemeinen Jnteresses der betheiligten .Bevölkerung besser entBreche.

Wir würden dieses System no^.h begreifen, wären wir erst beim Be^inne der Aera des Baues des schweizerischen Eisenbahnnezes, handelte es sich darum, dasselbe in theoretischer und dottrinale.. Weise erst zu ^hassen . aber 22 Jahre sind verstrichen, die grossen internationalen .Linien find entweder gebaut oder konzedirt, es handelt sieh nur no.h um das zweite Rez, nm die R^.gionalbahnen von untergeordneter BeDeutung , wir sehen keine Rothwen^igkeit ein, ein Gesez zu ändern, welches ^..te Resultate hatte, uni eine neue Bra^s anzunehmen, welche mogliterweise zu schlechten Ergebnissen führt.

Fügen wir bei, dass es selbst im Jnteresse der Bnndesgewalt nicht wünsehbar ist, einen thätigen und überwiegenden Antheil zu nehmen an den stets so lebhasten und animirten Debatten, welehe die Eisenbahnfragen begleiten oder ihnen vorausgehen.

Die lokalen und .^irehthurms-Streitigkeiten über das Traeé haben nichts Anziehendes, sie lassen immer Fermente der Zwietracht und des Antagonismus zurük, in welcher Beziehung leicht .Beispiele angesührt werden konnten, welche sür mehrere Regierungen verhängnissvoll waren.

Diese Kämpfe le^gen sieh besser in den Kantonen bei und in den Grossen Räthen, wo man gleichsam in Familie ist und Abfindungen leieht erhältlieh sind.

Will die Bnndesbehorde an diesen Kämpfen Theil nehmen und das Recht ansprechen, sie allein zu losen, so wird sie an Würde und Ansehen einbnssen , sie wird sich Rekriminationen zuziehen, welche sie schwächen und ihren Gang hemmen werden ; sie wird so dahin kommen konnen, die unparteiische und neutrale Stellung zu kompromittiren, welehe ihr seit dem Jahre 1848 einen gerechten Einslnss zum .^rossten Wohle der gesammten Nation verschasst hat.

^Welches sind endlich die notwendigen Folgen dieses Systems ^ Von dem Augenblik an, wo die Bundesgewalt die Eisenbahnkon-

zessionen ertheilt, ist sie genothigt (Artikel ..4 des Entwurfs), in jedem Kantone ein System teehniseher Ueberwaehnng der Arbeiten aller kon^edirten .Linien zu organisiren, deren Vläne und Bandetails er allein .zu genehmigen hat; er wird genothigt sein, dureh seine ordentlichen Jngenienre. und seine Experten in jedem Kantone, in jeder Gen.einde fragen zu losen wie die Blaeirnng der Bahnhose un.^ der Riv.^auUebergänge, die Bedingungen des Baues von Brüken, Strassendureh-

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^an.^en ..e.

Dieses ^stem entzieht den kantonalen Verwaltungen ..ines der hauptsächlichsten Attribute ihrer Sonveränetät, und es werden Konflikte unausweichlich sein ; die lokalen Jnte.essen werden vielleicht geopfert und in jedem Falle werden sie dem Schule ihres natürlichen Richters entzogen, um der Würdigung von eidgenossischen. Angestellten anheimgegeben zü werden, welche leichter durrl^ ..Beeinflussung von^Seite der Gesellschaften hintergangen werden konnen.

Wir werden so eine neue eidgenössische Büreaukratie süx ossentlieh..

Bauten bekommen, deren Einfluss ans den Bundesrath wir sürehten.

Die Kantone und die Gemeinden unter der Ueberwachnng der kantonalen Bel^orde gewähren den Eisenbahugesellschasten wichtige Subventionen zur Begünstigung des Baues von Eisenbahnlinien,^ während

die Eidgenossenschaft bisher sieh gänzlich enthalten hat, ein Aehnliches

zn thun. Warum soll man also den Kantonen das Recht der Konzessionirung solcher Unternehmungen entziehen, für welche sie steh schwer Geldopser auserlegt haben und noch täglich auferlegen^ Erfordert es nieht die Gerechtigkeit, ihnen die Rech.e zu wahren, die ihnen durch das Gesez von 1852 eingeräumt sind. un.^ sieh daraus zu beschränken, wi.. wir es vorschlagen. die Besugnisse des Bundes in Bezng auf alles das zu prä^isiren und .veiter zu ent.^ikeln,^ was sein Recht der Oberanisicht und der Kontrole über den Betrieb des schweizerischen Re^.es betrisst, gemäss den mit seiner Gntheissung versehenen Konzessionsakten ^

IIL Es entsteht die Frage , ob die Eidgenossenschaft das Recht habe, die gegenwärtig in Eisenbahnsachen in Krast bestehende Gesezgebung abzuändern, oder ob sie daran gehindert werden kann durch die StipnNationen der den verschiedenen s.l.w^zerischen Gesellichast..n unter der Herrsehast des Gesezes von 1852 ertheilten Konzessionen.

Wir haben nicht die ^rätention, in diesem Berichte die Gesammt..

heit der Rechtsprinzipien darzulegen, welche sieh in dieser Materie nothwendig darbieten , wir beschränken uns darauf , in wenigen Worten unsere Ansieht zu begründen , soweit sie von derjenigen des Bundesrathes abweicht , un^ wir resümiren dieselbe in solgenden drei .^äzen : a. Die bis h.nte von Kantonen an Gesells..basten ertheilten und mit der Bundesgenehmignng versehenen Eisenbahnkonzessionen sind naeh einem grossen theile ihrer Stipulationen Verträge , welche zur Folge .haben, zu Gunsten der Konzessionäre Brivatrechte zu schaffen.

^72 Dieser Bunkt scheint uns evident. Was vorerst die F .. .. m betrifft, so sind die meisten Konzessionen in Akten enthalten, die als Uebereinkünste titulirt sind, abgeschlossen einerseits durch die Vertreter der Kantonsregierungen, und anderseits dnreh Bürger im Ramen der Finan^ ^esellsehasten. Diese Aktenstüke stipnliren die den Gesellschaften vom Staate auferlegten Lasten und gewährten Vergünstigungen.

^ Oesfnen wir die amtliehe Sammlung der aus die schweizerischen Eisenbahnen Bezug habenden Aktenstüke, so finden wir darin auch die Dekrete der kantonalen Grossen Räthe, welche oft dureh ei^en einzigen Artikel die beigefügten Uebereinkünste und Lastenheste ratisiziren , die das Gesammte der Konzession ausmachen. Wir wüssten keinen Akt, der mehr die äussern Formen eines privatreehtliehen Bilateralvertrags an sich trägt, als der h.er in Rede stehende.

Eitiren wir ein ans's - Gerathewohl herausgegriffenes Beispiel.

Der Besehluss des Grossen Rathes des Kantons Zürich vom 7. Januar

1853 sagt. Die Delegirten des h. Standes Zürich und die Delegirten

der Rordostbahngesellschast haben folgende U e b e r e i n k u n f^t abge^ehlossen: Art. 12. Das Eisenbahnunternehmen ist, wie jedes B r i v a t u n t e r n e h m e n , den Kantonsgesezen unterworfen.

Art. 29. Die Tarife sind, durch eine zwischen dem Regiernngsrath und der Gesell^ehast gütlich zu tressende Uebereinknnst herabzusehen , wenn der. Ertrag des Unternehmens 10 ^/o übersteigt. Endlieh liest man am

^chlusse des Aktes, dass der Grosse Ratl.. obige Uebereinknnft ratisizirt

hat. unterzeichnet: Dubs, Präsident des Grvssen Rathes , Sulzer, Escher .e.

Jn m a t e r i e l l e r B.ziehnng scheinen uns diese Konzessionen ebensalls im hasten Grade die Bedeutnng eines Vertrages zn haben.

Die Konzessionäre unternehmen aus ihre Kosten und Gefahren den Bau von Eisenbahnen , sie verpflichten sieh , dieselben zu vollenden und mit ihrem privaten Material in Betrieb zu sezen während einer bestimmten Anzahl von Jahren, gegen den Bezng von Ta^en und Gebühren, deren Maximum klassenweise sestgesezt ist, ..e. Der Staat seinerseits konzedirt der Gesellschaft das Reeht zum Bau und Betrieb bis znm festgesezten Termine, oft verpflichtet er sieh sogar, die Konzession zu ernenern , er sir^irt die Summen für den Rükkanf , den er sieh vorbehält , so.vie die stusenweisen Zeitpunkte desselben , endli^ unterzieht er steh einem Schiedsgerichte im Falle von Anständen über die Auslegung der Konzessionsbestimmungen .e.

So haben wir hier bilaterale Verpflichtungen und Vorbehalte Sowohl von ^eite des Staates als von ^eite der Gesellschaft, d. h.

den ganzen Stoss eines wahren privatreehtliehen Vertrags mit StrafBestimmungen und Jurisdiktion.

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Die Bundesbeschlüße über Rat.flkation ändern die Ratur dle^ Vertrags nicht.

Der Bnnd genehmigt die Klauseln und Lasten der Konzession während der festgesezten Zeit . er stipnlirt den Vorbehalt der Rechte feines Bostregals, sein Recht aus den Rül.kanf zu bestimmten Zeitpunkten ^e.

Es ist uns daher unmöglich, mit dem Bundesrathe anzunehmen, die Eisenbahükonzessionen seien nur Akte der staatlichen Sonveranetät, welche kein Vrivatreeht schaffen.

Diese Theorie mag bequem sein, allein sie bildet eine Verneinung der Grundsäze der Gerechtigkeit.^ welche zu ignoriren dem Staate so wenig gestattet ist, als dem einfachen Bürger, wir sagen mit einem berühmten Rechtsgelehrten : ,,-^er Wille eines ganzen Volkes kann etwas nicht gerecht machen, was es nicht ist.^ Die Gesellschaften haben die Kapitalien ihrer Aktionäre und ihrer Gläubiger dazu verwendet, eine Eisenbahn zu bauen und zu betreiben, die einer ossentliehen Strasse gleichgestellt ist. sie bewerkstelligten diesen Bau krast einer aus bestimmte Zeit ertheilten Konzession, gegen die Verpflichtung , sieh sür ihre Thätigkeit und ihre Auslagen zu entschädigen durch den Bezug von Tax^en innerhalb gewisser Sehranken.

Es ist nicht gestattet, durch ein späteres Gesez erworbene Rechte wegzuleugnen. Der Staat wird keine Spoliation begehen.

Das Recht, Eisenbahnen zu bauen, kann nieht m e h r bestritten werden als dasjenige von Unternehmern von Arbeiten an sahebaren ...^trassen, welche der Staat verpflichtet ist, ^u dem übereinaekommenen ^ Preise zu bezahlen. Der Staat kann zur Expropriation oder zum ^ ^ Rükkause schreiten . allein n.... diesem Falle schuldet er entweder eine

billige Entschädigung oder die Bezahlung der stipulirten Rükkausssumme.

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Es ist nicht moglich , die Eisenbahn , welche Gegenstand einer Konzessionirung durch einen speziellen oder legislativen Akt ist, der einen im Ramen des Staates xatisi..,irten Vertrag bildet, gleichzustellen dem Wirtl.., Apotheker, Advokat, Rotar, welche Ruzen ziehen ans den Vorsehristen eines allgemeinen Gesezes über ihren Berns und die zu gewärtigen haben, die Zahl ihrer Konkurrenten vermehrt oder ein sreies Reg.me e.ngesnhrt zu sehen, das Inr ^hre .Jnduurte an d.e Stelle e.ne^ Monopols tritt.

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Für einen Jndustriellen liegt kein .- mit dem Staatssiegel unterzetehn...ter - Spezialvertrag vor , sondern lediglich der gemaehte Ge...rauch von einer Besngniss , einer Einrichtung , die vom Staate ohne

^ ^aranti.. für eine bestimmte Zeit kreirt wnrde. Endlich hat man be..

haupten wollen , der Staat habe seine Sonveränetät nicht veräussern und daher auch nicht Vrivatreehte in die Eisenbahnkonzessionen schaffen und übernehmen konnen. --- Diese Theorie scheint uns prin.,ipwidrig zi. sein , sie läuft darauf hinaus, der Staat konne keine privatrechtliehen Verpflichtungen übernehmen , was absurd wäre , denn so gut wie jeder Bürger mnss ex, wenn er zum Beispiel ein Anleihen oder einen Ver^ trag aus Termin abschliesst, seine Verpflichtungen respektiren. Die gegen^eit^ Einwilligung bildet das Gesez für die Parteien, und diese Einwilligung ist noch feierlicher , wenn sie in legislativer Form die privat-

rechtliche Stipulation ratifiât.

Votirt der Staat eine gewohnliehe Strasse , so schafft er keine Brivatrechte , votirt er aber diese Strasse unter gleichzeitiger Stipulirung, dieselbe sei ans kosten des Unternehmers mit seinen Kapitalien zu bauen , wofür er während 9.^ .fahren ihre Benuzung habe , so schafft er ein Vrivatrecht zu Gunsten dieses Unternehmens, und untersagt sieh, von seiner Souveränetät Gebrauch zu machen während der ganzen Zeit der Konzession , vorbehalten den Moskaus gegen die übereingekommene Summe. Wir konnen als Beispiel die Zollgebühren und Brükengelder ansühxen, welche seit 18^8 losgekauft wurden und die sür ihre Dauer von der schweizerischen Tagsazung anerkannt waren.

b. Wenn nun aber die Eisenbahnkonzessionen sür die Gesellschaften Brivatreehte schaffen , welche ans den Vertragsstipnlatione.. resultiren, so konnen sie doch nicht zur Folge haben , dem Bunde zu untersagen, das Gesez von 1852 abzuändern.

Jn dieser Beziehung theilen

wir

die Ansieht des Bundesrathes.

Das Gesez von 1852 ist nicht ein Theil des^ Vertrages, dessen Existenz

wir anerkennen.

Die legislative Besugniss des ...Staates ist intakt ^ geblieben. er kann davon nach seinem Ermessen Gebrauch machen, ohne nothig zu haben , die vorherige Zustimmung des Konzessionärs e.n.,uholen, dagegen mnss ex die erworbenen Rechte respektiren, welche dnrch Deinen freien ^Wil.^n geschaffen n.nrden.

. Will der Staat die privatreehtliehen Klauseln des Vertrages abändern, so muss er ex^propriiren, oder loskausen und entschädigen, indem er sich in Bezug aus den Betrag dieser Entschädigung dem gesezlich kompetenten R.ehter unterzieht.

Es ist nieht nothig , ans diesem sür das Reeht eines zivilisirten Staates elementaren ^nnkt weiter zu in.^stiren.

c. Rieht alle Bestimmungen der Konzessionsakten sind privatrechtlicher Ratnr, nnd es verbleiben dem Staate gegenüber d..n Gesell-

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Rasten besondere Besngnisse für Ueberwaehung und ^ontrole , welche derselben die Verpflichtung auserlesen , steh den Ordnungsbestimmungen eines neuen . das frühere von .l 852 monierenden Gesezes zu untere ziehen. Wir konnen unmöglich annehmen, dass während den 9.) Jahren, die in den meisten Konzessionen, welche den das. schweizerische Eisenbahnnetz innehabenden Gesellschaften ertheilt wurden, der Staat des Rechtes beraubt werden konne, das Gese^ von 1852, welches zux Zeit der .^onzesstonsertheiiung bestand, zu revidiren und zu präzieiren, so weit es sein..

^.ontrole und Oberanssicht über den Betrieb betrifft.

Diese ^rätention widerstrebt vorerst dem gesunden Verstand, welcher iiicht glauben kann. die Oberbehorde konne wahrend eines Jahrhunderts der souveränen Befugniss beraubt werden, seine Rechte den ^lnsorderungen der Fortentwiklung der ^urch die Eisenbahnen vermittelten kommerziellen und Verkehrsbeziehungen anzupassen , noch schwerer wäre es, an..

zunehmen, die Oberbehorde müsse sür .^ie Ausübung ihrer ^ontrole und Oberaussieht die vorgängige Einwilligung des Unternehmens einholen, welche derselben unterworfen ist. ^ Diese Vrätention ist namentlich auch im Widexspruche mit den B...stimmungen der ^onzessionsakten selbst.

Gewährt der Staat Tarife, deren Maximum er klassenweise präzifirt unter gleichsormiger Regelung des Warenbezugs , wobei er steh die.

Genehmigung der Réglemente vorbehält . a^eptirt er die Verpflichtung der Gesellschaften, im Fahrdienste sowohl in Bezug auf Sicherheit al^ Raschheit alle moglichen Verbesserungen einzusühren ; stipulirt er di^

Gleichheit der Vortheile überalt und sür jeden in gleichmässigex Weise ;

fordert er, dass die Lokomotiven und Waggons sür Reisende den besten Modellen und allen Bedingungen entsprechen . verordnet er, dass die Ge^ellsehast sich den Gesezen, Beschlüssen und Verordnungen unterziehen, welche am Gesellsehastssize in .^rast bestehen, und dass ihm stetssort das Recht zustehe zu einer allgemeinen und speziellen Ueberwachung des Unternehmens und seines Betriebes .e. : so ist evident , dass der Staat durch f o r m e l l e B e st i m m u n g e n berechtigt ist, diese Befugnisse der ..^ontrole und Vo.^ei auszuüben , ohne sich um die Ein^ wilti^ung der konzessionirten Gesellschaften zu bekümmern, die sich allen Gesezen unterwerfen müssen, welche^ die. Ausübung dieses Rechtes organisiren und präziftren..

Alle .Konzessionen enthalten.die Bestimmungen, welche wir im Wesentliehen berührt haben, und noch manche andere, welche wir zn er.vähnen.

nicht nothig fanden. Das Gesez von 1852 selbst, in seinen Artikeln 8, 12, 1^ und 17, sührt sie im Allgemeinen ans, und der Te^t der e.id^enosiisehen Genehmi^un^sbesehlüsse verweist immer auf den Jnhalt der .^on.^es^onsalte.

^ Diese Bestimmungen bilden für uns e.nen Vorbehalt osfentlicher Ordnung, weicher dem Staate, sei es ein Danton oder der Bu..d, das Recht ertheilt, die. konzessionirten Gesellsehasten zu verpflichten, sieh allen ..Bestimmungen eines neuen Gesezes zu unterziehen, welche ihrem Betriebe die voltständige Ausübung des in den .^onzessionsakten vorgesehenen Rechtes der .^ontrole und Ueberwachung auferlegt.

Jn dieser Beziehung theilt die Minderheit ^vollständig die Ansicht, die vom Berichterstatter t,er .kommission so klar dednzirt wurde, welche, hierin der Jnterpret der einstimmigen Anschauung aller Mitglieder ist, und sie erinnert nur noch, dass im Jahre 1858 die Frage in diesem Sinne entschieden wurde. auch durch die Botschaft des Bundesrathes vom 27. Juni und die darauf erfolgten Beratungen der Bnndesversam...l..ng.

I .

V .

Bevor die. Minderheit diesen Berieht

schliesst, bemerkt sie dem

Ständerath, dass sie in ihrem Entwurse die Artikel 6, 7, 8, ..), 11, 14, 15, 16 und 17, wie sie vom Bundesrathe vorgeschlagen sind, weggelassen hat.

Sie hält nämlich dasitr, die meisten dieser Artikel gehoren in die .^onzessionsakten, welche den neuen Unternehmungen zu ertheiten sein werden, wie sie aueh einen Bestandtheil der unter der Herrschast de...

Gesezes von 1852 ertheilten .^onzessionsakten ausmachten. Es ist keinerlei Vortheil damit verbunden, sie zu Gesezesbestimmungen zu erheben, weit man die besondern Umstände jedes neuen Unternehmens vorbehalten und es vermeiden mnss, genothigt zu werden, ausnahmsweise Derogattonen einzusühren, wo sich dies als notwendig hexausstellt.

Jm Uebrigen behalten wir die spezielle Diskussion vor, welche über jeden dieser Artikel walten wird, nm unsere Meinung des weitern ^u begründen.

B..rn. den ^. November 1.^71.

.^ul^ .^a,uin,

Mitglied .des Ständeraths.

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Bericht der Minderheit der ständeräthlichen Eisenbahnkommission, betreffend den Entwurf eines neuen Eisenbahngesezes. (Vom 6. November 1871.)

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18.11.1871

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864-876

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