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Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Aushebung der Portofreheit fur die amtlichen .Korrespondenzen.

(Vom 30. Oktober 1871.)

Tit.: Unterm 21. Juli 1871 haben Sie folgendes Postulat gestellt: .,Der Bundesrath wird eingeladen, der Bundesversammlung in ,,der nächsten Zession Bericht und Antrag einzubringen über die Frage ,,wegen Aushebung der Portofreiheit der amtlichen Korrespondenz."

Rach dem Bundesgeseze vom 6. Februar 1862 und der Vollziehungsperordnung des Bundesrathes vom 13. Juni gleichen Jahres erstrekt sich die Bortofreiheit sür die Berechtigten : 1) aus Briefe und Druksachen, 2) aus Rakete ohne Werthangabe bis zum Gewicht von 4 oder zwei Kilogramm ; 3) aus Geldsendungen in Groups oder vermittelst Postmandaten.

Die amtlichen Sendungen dieser verschiedenen Kategorien betrugen im Jahr 1870 6,298,798 Stüke, welche, mit der Gesammtzahl der im Jahre 1870 durch die Postbüreaux behandelten portofreien und portoPflichtigen Sendungen (90,351,000) verglichen, die Thatsaehe ergeben,

781 dass der amtliche Verkehr ungefähr den vierzehnten Theil des ..^esammtverkehrs der schweizerischen Bosten bildet.

Wenn wir nun in Betracht ziehen, dass die gesammten Betriebsausgaben der Bostverwaltung im Jahr 1870, mit Jnbegriff der Transportkosten für Bostwägen, auf Fr. 8,382,513 anstiegen, und wenn wir zur Ermittlung der durch den Gesammtbriefpostdi^nst^ verursachten Rettoausgaben von diesem Total den Ertrag des Re.sendenverkehrs mit

Fr. 2,139,440 in Abzug bringen, so verbleiben als Betriebskosten der Bost Fr. 6,189,073.

Die kosten der Behandlung, Versendung und Distribution . der

90,351,000 Stüke . betragen daher Fr. 6,189,073. folglich fällt auf das Stük eine. dur.hschnittliche Auslage von 61/2 Rappen.

Auf diese Weise erhält man leicht einen Begriff der finanziellen Folgen des portofreien Transportes der 6,298,798 im Jahr 18.70 vorgekommenen Gegenstände. ^Es beziffern sich dieselben, ^u 61/2 Rp.

per Stük, auf Fr. 422,919.

Es ist hervorzuheben, dass diese Summe derjenigen annähernd entspricht, welche vor einigen Jahren bei Anwendung eines andern Versahreus ermittelt wurde und in der Botsehast des Bundesrathes vom 7. Juni 1867 betreffend veränderte Regulirung der Bortosreiheit angegeben ist.

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das.. sie nirgends in den Rechnungen erscheint und dass es demnach unmoglich ist, über die Betriebskosten der Bostverwaltung sich einen xichtigen Begrifs zu bilden. Dieses wird der Fall sein, so lange eine ^..u.^ ^noma^e ..n oen ^o^aoree^nungen ^e^e^r.

Die Bundesversammlung scheint den Gesichtspunkt, pon welchem wir ausgehen, vollkommen begrissen zu haben, und zwar anlässlich einer andern Abtheilung des Rechnungswesens der Bostverwaltung.

Der begliche Voraana verdient werden.

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bier in Erinneruna .gebracht .^u

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höhnngen zu Gunsten der Bostbeamten und Bediensteten ermächtigte die Bundesversammlung den Bundesrath dem aenannten Versonal eine den Verhältnissen angemessene ..^uote ihrer postalischen Einnahmen als ^..romnonen zu vera.^re.^en.

782^ Diese Ouote wurde .zum ersten Male im Jahr l870 bewilligt, ohne jedoeh im Budget der Ausgaben ^u erseheinen. Die zu bezahlenden Provisionen wurden einfach direkte den Bruttoeinnahmen entnommen, so dass die den Betrag der Provisionen darstellenden Summen im Budget der Bostverwaltung weder in Einnahme noch in Ausgabe verzeigt wurden.

Die Bundesversammlung fand dieses Versahren anormal und den Erfordernissen eines geordneten Rechnungswesens nicht entsprechend.

Ein bezügliches Bostulat wurde gestellt, nnd seit dem Jahr 187t hat der Bundesrath nieht ermangelt, die Rechnungen zu bereinigen, indem er. die den ...lngestellten als Gehaltserhöhungen bewilligten Provisionen sowohl in den Einnahmen als in den Ausgaben aufführen liess.

Das schliessliche Resultat ist bei dem einen oder andern Versahren .ganz das nämliche . allein dasjenige, welches in lezter Zeit angewendet wu.de, ist gewiss das riehtigere, denn es kann bei demselben nicht ein wichtiger Ausgabeposten gewissermassen verheimlicht werden, wie dies früher der Fall war.

Die gleiche Bemerkung konnte, mit noch viel grosserem Recht, be^üglich derjenigen .Ausgaben gemacht werden, welche der Bostverwaltung infolge der durch die amtliche Bortosreiheit bedingten Leistungen entstehen.

Würden die diesem unentgeltlichen Dienste entsprechenden 422,000 .Franken in den Ausgaben der Vostverwaltung erscheinen, würden diese Ausgaben jedes Jahr in den Rubriken des Budgets sieh wiederholen, und zwar ausgeschieden: soviel für die Mitglieder der BundesverSammlung, soviel sür die eidgenossisehen Behorden, sür die kantonalen Verwaltungen, sür die Militärs, die Armen, sür Gemeindeangelegen.heiten ^e. .^e., so müsste die Aufmerksamkeit in weit hoherm Masse als .bisher aus den fortwährenden anormalen Zustand, welcher gegenwärtig in den Rechnungen beinahe unbeachtet verschwindet, sieh lenken.

Die dem .... orrechte der amtliehen Vortosreiheit ^entspringenden Betriebskosten der Bostverwaltang würden ans diese Weise im Büdget der Ausgaben erseheinen und müssten, ^nr Wiederherstellung des Gleiehgewichtes in den Rechnungen, ebenfalls unter den Einnahmen, in entsprechenden Beträgen, figuriren.

Es ist dies annähernd das System, welches der Bundesrath int Jahr 18^7 in Vorschlag gebracht hatte, nicht um die amtliche Bortos..eiheit gänzlich auszuheben, sondern um deren Anwendung anderweitig zu ordnen.

Raeh dem erwähnten Brojekt hätte die .^ostverwaltung alljährliel,.

unter die Bere.htigten eine gewisse Anzahl .^rankomarken vertheilt.

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Der Betrag der ausgetheilten Marken ware als Ausgabe erschienen, dagegen hätten sich die Einnahmen infolge der Verwendung der Frankomarken durch die Betreffenden um einen entsprechenden Betrag gehoben.

Die Bundesversammlung fand sich jedoch im Jahr 1867 nicht veranlasst, aus dieses Brojel.t einzutreten, sei es, weil sie den Augenblik für die Beschränkung oder Erschwerung der amtliehen Bortofreiheit noch nicht geeignet gesunden, sei es, weil sie in der praktischen An^.

wendung des vom Bundesrathe vorgeschlagenen Verfahrens zu viele Komplieatione.. vorausgesehen hatte.

Wie dem auch sei und trozdem der Bundesrath von den grossen Uebelständeu, welche die Beibehaltung des Vorrechtes der amtlichen Bortosreiheit zu Gunsten gewisser Kategorien von Brieseu, Druksachen uud Geldsendungen mit sich bringt, gegenwärtig noch in hoherm Masse als im Jahr 1867 überzeugt ist, hätte derselbe ohne die erhaltene formliche Einladung es nicht in seiner Bflieht erachtet, auf eineu Gegenstand zurükzukommen, dessen Berathung die Bundesversammluug von sich gewiesen zu haben schien.

Da jedoch die beiden Räthe in der Julisizung 1871 im gemeinsamen Einverftäudniss den Bundesrath eingeladeu haben, in der nächsten Session Berieht und Antrag einzubringen wegen Aushebung der Bortosreiheit der amtlichen Korrespondenz, so haben wir uns beeilt, diese ^rage einer erneuerten Vrüsung zu uuterwersen , um dem ausgesprochenen Wunsche rechtzeitig zu entsprechen.

Wir h..ben hievor Einiges über die finanzielle Seite der neuerdings angeregten Frage gesagt nnd nachgewiesen, dass dem der so^.

amtlichen Korrespondenz bewilligten Vorrechte eine Ausgabe von mehr

als Fr. 400,000 entspringt. welche verheimlicht wird und aus den Rech-

nungen der Vostverwaltung nicht ersichtlich .ist.

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Wir werden aus diesen Bunkt nicht zurükl.ommen, indem, naeh unserer Ansieht, die finanzielle ^eite d.er Frage keineswegs die wich-

tigste ist.

Wenn wir lebhast wünschen, es mochte die h. Bundesversammluug die nothigen Massregeln treffen, um dem gegenwärtigen anormalen Zustand ein Ende zu machen, so geschieht es namentlich desswegen, weil

die amtliche Bortosreiheit ein Vorrecht bildet und weil jegliches Vorrecht mit der Gleichheit vor dem Geseze unvereinbar

ist.

Jm Grunde ist das ausgestellte übertriebene Vorrecht nicht dem Geseze vom Jahr 1862 zuzusehreiben , man muss diessalls bis zum Geseze vom Jahr 1851 zurükgreisen, welches. kurz nach ersolgter Eentralisation der^ Voften, den Einsluss der alten kantonalen Gesezgebung

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fühlen musste. Das Gesez vom Jahre 1862 hat darin gefehlt, dass es das Brivilegium ausrecht hielt, nun ist jedes Gesez, weiches ein Vorrecht zu Gunsten gewisser Kategorien von Bürgern aufstellt, ein schlechtes Gesez , welches kein Aussührungsreglement zu verbessern im Stande ist.

Die Geseze von 1851 und 1862 haben lediglich das unrecht aus die Vergünstigung in grossen Zügen gezeichnet und es einer besondern Verordnung ^überlassen, die zur Bortobesreiung berechtigten Behordeu, die .^lrt der Benuzu..g dieser Bortofreiheit und die Mittel, um den etwa vorkommenden Missbr.iuehen zu begegnen, im Rähern zu bezeichnen.

Man glaubte, aus diese Weise alle nothigeu Vorsichtsmassregeln angewendet zu haben, jedoch musste man zu der Erkenntniss gelangen, dass wo immer einer Organisation ein falsches Brinzip zu Grnnde liegt, notwendigerweise die Desorganisation eintreten muss.

Die Folgen der Bewilligung des Vorrechts der amtlichen ^ortofreiheit an gewisse Kategorien von Bersoneu können nach zwei HanptDichtungen unterschieden werden, nämlich : 1. Schwierigkeit der Ermittlung der Berechtigten ^ 2. Für das Bostpersonal hiedureh entstehende Eomplikation des

Dienstes.

Die während der Dauer der Sessionen den Mitgliedern der Bundesversammlung, des Bundesgerichies und ihrer Kommissionen, sowie die den Militärs im eidgenössischen oder kantonalen Dienste bewillige ..^ortofreiheit kann zwar in ihrer Anwendung keinen Schwierigkeiten begegnen.

Den Mitgliedern der Bundesversammlung und des Bundesgerichtes ist die Bortosreiheit i^n Empfang wie ini Versandt für alle nicht rek o m m a n d i r t e n Briefe, sowie für alle Rakete ohne Werthaugabe und bis 2 Kilogramm Gewicht, zugesichert.

Die im eidgenossisehen oder kantonalen Dienste befindlichen Militärs geniessen, ausser den oberwähnten Ta^befreinngen, uoch diejenige für die empfangenen Gelder.

Die Vorschristen rechtigten sehr klar.

sind demnach

bezüglich der genannten

Be-

Die Behandlung solcher ^Gegenstände kann für die Poststellen zu keiner Ungewissheit Anlass geben, vorausgesezt, dass diese Sendungen auf der Adresse den Ramen und die offizielle Eigenschaft^ des Be^ xeehtigten oder den Stempel einer militärischen Behorde, soweit es Mi.litärsachen betrifft, tragen.

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Für die Poststellen handelt es sich demnach in keiner Weis.^ darum, zu untersuchen, ob die fraglichen Sendungen. amtliche oder Privatangelegenheiten betreffen, und es ist in dieser Beziehung für Verhindernng von Missbräuehen keine Kontrole auszuüben, da Angesichts der allgemeinen und unbedingten Berechtigung . zur Bortosreiheit Miss^brauche eben nicht moglieh sind.

Wir können jedoch nicht zu dem Schlusse ^gelangen, dass dieses unbedingte Recht nicht eine anormale Stellung bildet, im Gegentheil, je mehr das Vorrecht ausgedehnt ist, um so frappanter wird die Ungleichheit vor dem Gesez . vom administrativen Gesichtspunkt aus kann jedoch die Anwendung keinen Anstand finden, indem die Ausübung des Vorrechts klar und bestimmt geordnet ist.

Ganz^ anders gestaltet sich die Lage, wenn wir die hierarchische Stufenleiter hinabsteigen und es fich um die Vortosreiheit der administrativen Behorden und Beamten der Eidgenossenschaft, der Kantone, der Bezirke oder Kreise, der Gemeinden, der Vsarrämter und Kirehenvorstände, der mit den Armensachen betrauten Bersonen ...e. ..e. handelt.

Dieser ausgedehnten Kategorie von Berechtigten ist die Vortofreiheit gese^lichuur in A m t s sa chen zugestanden , für die Gemeinden, Vfarrämter und Kirchenvorstände überdies lediglich für die u n t e r sich gewechselten Korrespondenzen.

Hier entsteht die grosse Frage :

W a s ist Amtssaehe ^

Kann jegliche Verhandlung, ausgehend von irgend einem Zweige einer durch den ^taat geleiteten oder unter seiner Protektion stehenden Verwaltung oder von einer zu der allgemeinen Wohlfahrt beitragenden und in dieser Eigenschaft als zu der öffentlichen Verwaltung gehörend anzusehenden Anstalt als Amtssache betrachtet werden ^ Es ist dies eine erste Definition, welche im Geseze nicht enthalten ist, und welche die Vollziehungsverordnung des Bundesrathes nicht klar zu begrenzen wusste.

Auf den ersten Blik konnte es scheinen, dass durch Annahme des Grundsazes: ,,Als Amtssachen find nur solche Mittheilungen zn beZeichnen, die im öffentlichen Jnteresse d^es Staats, der Gemeinde, der ,,Kirehe oder der Schule gemacht werden^ (Vollziehungsverordnung vom

13. Juni 1862, Art. 5), die richtige Formel gefunden wurde.

Aber bei der Anwendung gelangt ^man bald zur Ueberzeuguug,.

dass eine grosse Anzahl von Angelegenheiten zwei Seiten hat und dass, obgleich die eine derselben an Vrivatinteressen stosst, die Sache dennoch auch mit dem öfsentliehen Jnteresse verwandt ist.

Jn diese Kategorie konnen alle Zivilprozesssaehen, .Légitimations.Christen, Konzessionen, Anmeldungen sür Stellen, Angebote für öfsent-

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liehe Bauten, Ernennungen, Gewerbspatente, Ehe^erkündigungen ...... ...e.

aufgenommen werden.

Alle diese Sachen bieten ein persönliches und ein öffentliches Jn..

teresse ; sie werden von verschiedenen Staatsperwaltungszweigen an privaten gerichtet. Sollen diese Sendungen die Bortofreiheit geniessen oder nichts Diese Frage wird, wenn auch nicht gesezlich, so doch praktisch, in den meisten Fällen in ^bejahendem Sinne ausgesasst. Aber wenn die Vrivaten, welchen Akten obiger Art zugesandt werden, deren Empfang zu bescheinigen haben , soll diese Antwort von Seite der Bri^ .....aten als Amtssache betrachtet werden .^ wenn nein, soll die Verwaltung, an welche eine solche Sendung unsrankirt durch die Boft adressirt wird, gehalten sein, die Tax^e und sogar den Zuschlag für die Richtfrankatur zn bezahlen ^ Wie ist in diesem Falle die Entrichtung der Tax^e mit der der Verwaltung in staatsdiensllichen Angelegenheiten bewilligten Bortofreiheit zu vereinbaren^ Wir könnten die Beispiele ins Unendliche vermehren, denn die Armen- und Kirchensaehen bieten noch viel grössere Eomplikationen, wenn es sich um die Unterscheidung handelt, ob eine Sache amtlich sei oder ni..ht.

Txozdem das Gesez seit 1851 besteht, ist die Frage verwikelter statt klarer geworden. Reue Elemente der Unsicherheit haben sieh den alten beigesellt. Jn vielen Kantonen wurde die Ausgabe des Staates entwikelt und erweitert, die Staatsbahnen, Staatsbanken und Staats^ assekuranzen sind Zweige der öffentlichen Verwaltung geworden.

. Der Bundesrath hat allerdings gesucht, sich gegen missbränchliche Auslegungen zu schüzen, indem er dem Reglement von 1862 eine lange Reihe von Vorbehalten beifügte ; aber es sind dies ungenügende Dämme, über deren Wirksamkeit man sich keinen Täuschungen hingeben darf.

Nach und nach, von einer Analogie zur andern geführt, findet man sich fortwährend genöthigt, das Verzeiehniss der zur Portosreiheit Berechtsten auszudehnen , es ist dies die unerbittliche und unvermeidliche Folge der Anwendung des salschen Grundsazes, naeh welchem gewisse Kategorien von Bürgern, Beamten oder Angestellten, welche mit verschiedenen Zweigen der öffentlichen Verwaltungen in mehr oder weniger direkter Verbindung stehen, für ihre Korrespondenz die Bortosreiheit ge^ niessen.

Wenn das Vrinzip des Vorrechtes einmal ausgestellt und eingeweiht ist, so ist es sehr schwierig, in der Anwendung desselben strenge Grenzen zu ziehen . man sieht sich notwendigerweise naeh und naeh ^eranlasst, den Kreis der Begünstigungen zu erweitern und die Zahl der Berechtigten zu vermehren.

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Wenn die Oberverwaltung be. der Ermittlung der aus die BortoFreiheit in Amtssachen Berechtigten grossen Schwierigkeiten begegnet, ^o wird die Verwiklung noch weit grosser für die Unterangestellten, .d. h. für die Bostftellen, welchen die verdrießliche und undankbare

.Ausgabe zufällt, das Gesez und das Reglement in einer die Missbräuehe ....erhütenden Weise zu handhaben.

Der Artikel 33 der Bundesperfassung lautet in Ziffer 3 : ,,Die Unverlezbarkeit des Postgeheimnisses ist gewährleistet.^

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Zur Beachtung dieser Vorschrift sind dem Bostpersoual die strengsten Weisungen ertheilt worden :

,,Das Bostgeheimniss (allgemeines Dienftreglement Art. 3) schliesst .,die Bfiicht i^ fich,^ keine der Bost anvertrauten geschlossenen Gegen^stände zu offnen, ihrem Jnhalte auf keine Weise nachzuforschen, über .,den Verkehr der einzelnen Bersonen unter sich keine Mittheilungen an ,, Dritte zu machen und Niemandem Gelegenheit zu geben, das Bost.,geheimniss zu verleben .^ .

Es ift daher grundsäzlich angenommen, dass der Bostbeamte steh um den Jnhalt der ihm anvertraute^ Briefe nicht zu kümmern hat.

Die eiuzige Konsole besteht in der Verifikation der Ta^e. Diese Verifikation geschieht mit grosser Schnelligkeit, ein Blik genügt, und diese Konlrole erschwert die Behandlung nicht und verspätet weder die ..Spedition noch die Distribution.

Aber wenn der Bostbeamte die als amtlieh - portosrei spedirten Gegenstände im Besondern zu überwachen hat^ wenn diese Ueberwachung ihn ^u der Vermuthung führt, dass die Bortofreiheit missbraueht wird, wenn ihm, na^ Art. 36 des Gesezes, anbefohlen wird, diejenigen Korrespondenzen ^u tax^iren, bei welchen der Verdacht des Missbrauchs vorliegt, es dem Adressaten überlassend, auf dem Bostbl.reau des Bestimmungsortes die Berechtigung zur Bortobefreiung genügend nach^.weisen und auf diese Weise die Streichung der Ta^e zu erlangen, so unterliegt notwendigerweise der betreffende Brief einer doppelten Erforschung des Jnhalts, nämlich aus der Versendungs- und der An-

kunftspoststelle.

Das Brinzip der Wahrung des Postgeheimnisses wird demnach fortwährend verlezt; denn der Beamte, welcher darüber zu wachen hat , dass die Bortosreiheit nicht missbraucht wird , muss nothwendig den muthmassliehen Jnhalt der amtlich bezeichneten Korrespondenzen ^u erforschen suchen, für welche er gesezlich besugt ist, die Verifikation des Jnhalts zn verlangen.

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Diese auf einen .^heil des Verkehrs gerichtete Nachforschung muss leider den Beamten dazu führen, das Bostgeheimniss nur noch als eine seiner personlichen Würdigung überlassene ....^ache zu betrachten, so dass das geheiligte Prinzip der Unverlezbarkeit des Postgeheimnisses ge-

sährdet ist.

Es ist schon dies ein bedauerliches Resultat, welches indessen nicht ^

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das einzige ist. Man mnss demselben die dem Postpersonal anserlegte .Komplikation des Dienstes beisügen , die Angestellten befinden sich zwischen zwei Klippen. entweder Vernachlässigung des Dienstes, wenn sie bei den stattfindenden Missbräuchen die Augen zudrüken oder perso..liche Unannehmlichkeiten, welchen der Beamte stets ansgesezt ist, wenn er gegenüber Denjenigen, welche auf die offizielle Portosreiheit Anspruch machen, sein Kontrolerecht in Anwendung bringt.

Diese schlimmen Folgen berühren endlich das Publikum im Allgemeinen, weiches auf regelmässige und rasche Spedition und Distribution der .Postsendungen grossen Werth legt.

Wie konnen diese Forderungen mit der Verpflichtung vereinbart werden, bei sechs Millionen amtlichen S.endungen die Berechtigung zur Portofreiheit zu kontroliren ^ Diese Verifikation ersordert einen bedeuteuden Zeitaufwand, ohne Zweifel das Doppelte desjenigen, welcher sür seehs Millionen tax^irter Stüke verwendet werden müsste, ^u deren Raehtheil der unentgeldliehe Dienst der portofreien Sendungen geleistet wird. das bezahlende Publikum wird demnach durch das nicht^

zahlende benachtheiligt.

Wir konstatiren also als Folgen des der sogenannten amtlichen Korrespondent bewilligten Vorrechtes: finanzielle Einbuße .^ fortwährende Verleznng des Gruudsa^es des Postgeheimnisses ^ sehr delikate moralische Stellung für die gewissenhasten Beamten , Komplikation des Dienstes

und daherige Verspätung der Spedition und Distribution aller Boftsendungen.

Wir eraehteu, dass der Angenblik gekommen sei, um diesem alten Missbraueh in unserm postalischen System ein Ende zu machen. Diese durch alle Kreispostdirektionen schon längst befürwortete Reform wird wesentlich zur Vereinfachung der Arbeit der Poststellen beitragen und dieselben mit Untersuchungen und Konflikten verschonen . welche unvermeidlich werden, sobald die ihre Pflichten treu ersüllenden Beamten die ihnen übertragenen administrativen Jnteressen zu wahren bemüht sind.

Wir gelangen sonach zu einem Schlusse, welcher identisch ist mit demjenigen des Vostulates, das die Buudesversammlung im verflossenen Juli gestellt hat, um den Bundesrath einzuladen, in der bevorstehen-

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den Sizun^ Bericht und Antrag einzubringen über die Frage wegen Aufhebung der Portofreist der amtlichen .Korrespondenz.

Wir konnen demnach die grundsäzliche Frage als gelost betrachten.

Es bleibt uns nur no.h zu untersuchen, ob der gegenwartige Augenblik für Einführung der fraglichen Reform geeignet und nach welchen Grundsäzen dieselbe praktisch ins Werk zu sezen sei.

Was

die Frage der Zeitgemässheit betrifst, so haben wir

be-

^veiseln horen, dass der gegenwärtige Augenblik gut gewählt sei, um das Gesez vom Jahr 1862 im ^inne der Aushebung der Portosreiheit der amtlichen Korrespondenz abzuändern. Man hat behauptet, dass es besser wäre, das Resultat der Bundesversassungsreviston abzuwarten, um zu wissen, ob die Kantone nach wie vor einen Antheil am Reinertrag der Dosten beziehen werden, oder ob dieser Reinertrag ganz in die Bundestasse... zu fallen habe.

Entgegen dieser ans Verschiebung hinzielenden, bei Anlass der Disknssion des Postulats im Juli abhin im Schosse der Bundesversammlung ausgesprochenen .Ansieht, glauben^ n..ir, dass wenn man über den Grundsaz einig ist, man besser thut, die Frage fosort zu erledigen und von dem eventuellen Resultat der Revision Umgang zu nehmen.

Es ist sicher, dass die Aushebung des Privilegiums eine Vermehrung der Posteinnahmen herbeisühren. wird. Wenn nun in Folge der Revision der Ertrag der Posten in Zukunft vollständig in di.^ Bundeskasse ^ z u sallen hat, so wird dies nur dadurch geschehen, dass der Bund den Kantonen ihre gegenwärtigen Militaristen abnimmt; in diesem ersten Falle wird es leicht sein, einen Ersaz^ festzustellen.

Wenn im Gegentheil am gegenwärtigen Zustande nichts geändert wird, d. h., wenn die Kantone auch serner einen jährlichen Antheil an dem Reinertrag der Posten beziehen sollen, so wird die durch Aushebung der Portosreiheit entstehende Mehreinnahme den Antheil der Kantone entsprechend vermehren und die Postverwaltuug in den ^tand

stellen, den Betrag der jährlichen Entschädigung leichter und regel-

massiger zu entrichten, als dies bisher der Fall war.

Weit entsernt, der Ansicht beizustimmen, dass es vortheilhast wäre, den Besehluss über diese Frage bis ans den Zeitpunkt zu verschieben, in welchem das Resultat der Bundesverfassungsrevision bekannt sein wird, glauben wir vielmehr, es sei die Frage für sich selbst und ohne jeglichen Hintergedanken zu behandeln, welcher geeignet wäre, dieselbe zu verdunkeln oder zu kompliziren. Wir befürworten daher eine sosortige Diskussion.

^0 Wir haben noch mitzutheilen, wie das neue Brinzip, ^ nach welchem das Vorrecht der Bortosreiheit ausgehoben und durch das gemeine Recht ersezt würde, in Ausführung zu bringen wäre.

Jn dieser Begehung sind wir der Ansicht, dass, damit die Abhilfe wirksam fei, die zu treffende Massregel so allgemein als möglich anzuwenden ist, d. h., dass die Berechtigung zur Bortofreiheit für die im Art. 35 des Bundesamtes pom 6. Februar 1862 aufgeführten Kategorien einfach aufzuheben fei.

Wir würden eine einzige Ausnahme zulassen, und zwar zu Gunsten

der im kantonalen oder eidgenofsifchen Militärdienst befindlichen Militärs für die Korrespondenz, welche dieselben in geschlossenen Briefen oder mittelst Korrespondenzkarten versenden oder empfangen.

Diese Ausnahme rechtfertigt sich sowohl vom Standpunkte der besondern Stellung aus, welche allen Bürgern durch die allgemeine Militärdienstpflicht angewiesen wird, al^ auch namentlich durch die Erwägung, dass ^ie Ta^e, welche ans den Militärkorrespon.^enz..n zu berechnen wäre, die verschiedenen Kategorien von Militärs sehr ungleich belasten und den gemeinen Soldaten , aus dessen minimem Sold ein indirekter Abzug nicht gemacht werden konnte , am fühlbarsten beeinträchtigen würde.

Die

Tax^sreiheit, weiche zu Guuften der Militärs im Dienste

bewilligt würde, hätte übrigens keine wichtigen Folgen, weder in der

Voraussezung, dass der Nettoertrag der Dosten wie bisher ans die Kantone zu vertheilen sei, noch in derjenigen, dass dieser Ertrag voll^ ständig in die Bnndeskasse falle. Jn der erstern Vorauss...zung würde sich der aus die Kautone zu verteilende Nettoertrag in Ermanglung ei..er Einnahme aus den Militärkorrespoudenzen um etwas vermindern, welche Verminderung dagegen den Bürgern, welche den Mannschasts^ bestand l^er Kantone bilden, zu gut käme.

^Jn der leztern Vorausseznng würde die ans der Vortofreiheit der Militärs im Dienste entstehende Mindereinnahme bloss die Bnndeskasse berühren, in welche der Vostertrag als Kompensation sür die Uebernahme der kantonalen Militärlasten zu fallen hätte. Dieses Opfer wäre, mit vielen andern verglichen, nicht von^grosser Bedeutung.

Diese einzige Ausnahme abgerechnet, welche wir befürworten, würden alle andern im Geseze von 1862 erwähnten Kategorien von Bevorzugten wieder unter das gemeine Recht salleu.

Die Mitglieder der Bundesversammlung und des Bundesgerichts, der Bundesrath, seine Kanzlei uud Departement^ die Behorden der Kautone, der Bezirke, der Gemeinden, die Bfarrämter .e. ^e. würden den allgemeinen Bestimmungen des Bosttax^engesezes unterworfen.

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Wir perhehlen uns nicht, dass eine solche Aendernng in den bisherigen Gewohnheiten von Seite der .Kanzleien und Behorden besondere Kontrolemassregeln erfordern wird. Man wird über einen Gegenstand, nm welchen man sich bisher gar nicht bekümmert, Reglemente auszuarbeiten, eine Rechnung über die Borti aufzustellen, die Verwendung der Frankomarken zu überwachen und Missbränehe zu vermeiden haben.

Der Bundesrath war^ selbst im Falle, insoweit es seine eigenen.

Departement betrifft, die vorgeschlagene Massregel reiflich zu erwägen, denn die eidgenössische Verwaltung betrifft ein grosser Theil der BriefGegenstände, welche bisher portofrei befordert wurden. Die grosse Zahl dieser Gegenstände erklärt sich nicht nur aus der stets wachsenden Zahl der Geschäfte, sondern auch aus der Thatsache. dass die Departe-

mente mit den Zivil- und Militärbehörden der 22 Kantone tägliche Beziehungen zu unterhalten haben.

Die Schwierigkeit der Ausführung der neuen Massregel wird daher ohne allen Zweifel sur den Bundesrath und seine Departement noch grosser sein als für ^ie Regierungen der Kautone und ihre Organe.

Der Bundesrath lässt sich jedoch durch einige vorübergehende Schwierigkeiten nicht absehreken und hosft, dass wenn er selbst in die Bresche tritt, sein Beispiel bei den Kantons- und Gemeindsbehorden willige Raehahmung finden werde.

Gestü^t aus vorstehende Auseinandersezungen, beehren wir uns, Jhnen den nachstehenden Gesezeutwnrs zu.^ Annahme zu empfehlen, und bennzen diesen Anlass, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hocha.chtung zn versiehern.

B e r n , den 30. Oktober l 87l.

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Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes,

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schi.^.

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^esezentwnrf betreffend

die Berechtigung zur .^ortosreiheit.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g d e r schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t ,

nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. Oktober 187.., beschließt: Art. 1. Zur Bortosreiheit sind allein berechtigt die im eidge.^ n ossisehen oder kantonalen Dienste befindlichen Militärs für die Korre.^ spondenz, weiche sie vermittelst Briesen oder Korrespondenzkarten während der ganzen Dauer des Dienstes, zu welchem sie aufgeboten sind, persenden oder empfangen.

Art. 2. Alle andern Bortobesreiungen , betreffend die mit der Bost geforderten Sendungen , sind hiermit aufgehoben. Es werden daher die Artikel 35, 36 und 37 des Vostta^engese^es vom 6. Februar 1862, sowie alle srühern Bestimmungen, welche mit gegenwärtigem Geseze im Widerspruch stehen sollten, ausser Anwendung gesezt.

Art. 3. Das gegenwärtige ^esez tritt mit dem 1. Januar 1872 in Kraft.

tragt.

Der Bundesrath ist mit

der Vollziehung desselben beaus-

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Botschaft de...

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn Aarau-Solothurn-Lyss.

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(Vom 1. November 1871.)

Tit. l Mit Znschrist vom 1t. Oktober 1871 übermittelt die Regierung von Solothurn die vom Grossen Rathe dieses Kantons unterm 15. September d. J. ertheilte Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn Lyss-Büren-Solothurn-Olten, soweit solche auf Solothurnergebiet gelegen, und ersucht um Genehmigung derselben Seitens des

Bundes.

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Die Prüfung dieser Konzession hat ergeben, dass sieh dieselbe in allen wesentlichen Bestimmungen den gewohnliehen Bedingungen der meisten bestehenden Eisenbahnkonzessionen anschliesst, und dass sie selbst in einigen Punkten in fortschrittlichem Sinne etwas weiter geht als

diese. So ist z. B. itn Art. 17 bezüglich der Konstruktion der Wagen das amerikanische System, wie solche im Entwurf .des neuen Eisenbahngesezes vorgesehen wird, vorgeschrieben. Auch wird in dieser Konzession bestimmt, dass die Gesellschaft verpflichtet werden kann ,. in Verbindung mit der eidg. Bostverwaltung Rachtzüge einzuführen.

Was den Rükkauf dieser Bahu anbetrifft, fo scheint es den. Verhältnissen angemessen, für die vorliegende Konzession die gleichen Be-

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Aushebung der Portofreiheit für die amtlichen Korrespondenzen. (Vom 30. Oktober 1871.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1871

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.11.1871

Date Data Seite

780-793

Page Pagina Ref. No

10 007 065

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