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Bericht des

schweiz. .Konsuls in Antwerpen (Hrn. .M. Eschander von Brail, kts. Graubünden) über das Jahr 1870.

(Vom 4. April 1871.)

An den hohen schmeiz. Bundesrath.

Tit..

Da infolge der politischen Ereignisse die deutsehen Seehafen geschlössen und die franzosischen am Ozean Beunruhigungen von feindlicher Seite ansgesezt waren, so sah steh Antwerpen von einer solchen Menge von Schiffen besucht und dergestalt mit Waaren ...bersnllt , dass Hasen, Bassins und Magazine dem Andrang nicht mehr zu genügen vermochten.

Dazu kamen noch die Unterbrechungen aus den für den Truppentransport in Anspruch genommenen deutschen Eisenbahnen.

Dieser Zustand der Dinge brachte eine solche Anhäufung von Schiffen und Waaren mit sich , dass eine unbeschreibliche Verwirrung entstand, die unvermeidlich zu Verspätungen, zu Havereien, zum Abhandenkommen von Waaren und zu Verlusten sührte. Jn lezter Zeit ist aber hierin etwelche Besserung eingetreten.

A u s w a n d e r u n g . Rach den Erhebungen der Seepolizei haben steh in unserm Hafen 92 Emigranten nach New-York 34 ,, ,, Buenos-Ayres eingeschifft.

zusammen 126 Emigranten.

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Es befanden steh darunter nicht mehr als zehn Schweizer, die nach .^ew-^ork gingen. Meinerseits legalisirte ich die Einschisfungsdeklarationen von 129 schweizerischen Bassagieren , die sich beinahe ohne Ausnahme nach Rew^ork wandten. Der Unterschied, welcher hier zu Tage tritt, kommt daher, dass jezt beinahe alle Emigranten nach Liverpool dirigirt werden, wo sie sich aus grossen, für den Emigranten-Transport besonders eingerichteten Dampfern nach den überseeischen Ländern einschiffen.

Jhr Durchpass bleibt in Antwerpen unbemerkt.

Diese Möglichkeit, sich täglich in Antwerpen nach England einschiffen zu konnen, hat ihre schlimme Seite, indem hierdurch den Verbrechern die Flucht ansserordentlich erleichtert wird. Auch sind alle von mir aus Verlangen v.on Volizeibehorden der nordlichen Schweiz gethanen Schritte zum Zweke der ^estnehmung flüchtiger Schweizer erfolglos geblieben. Um solche Lente erreichen zu konuen, wäre es nothwendig, dass die Hafenpolizei Jedermann, der seewärts abzureisen beabsichtigt, seine Ausweisschriften abverlangen würde, und dieses ist seit der AbSchaffung der Vässe eine schwierige Sache geworden.

E i n w a n d e r u n g --- .

Schw e i z e r g e s e l l scha s t e n -.

Die R i n d e r p e s t ist einzig in den an Deutschland und Frankreich grenzenden belgischen ..^rovin^en ausgetreten. An der französischen Grenze ist sie noch nicht vollständig erloschen. Die dagegen angewen.^ deten Mittel find die gleichen, wie vor einigen Jahren: Die Keule nemlich und der Gesundheitseordon.

Unter demjenigen Theile unserer Bevölkerung, welcher in der Rachb.arschast von solchen Orten seinen Wohnfi^ hat, wo so viele Opfer des eben beendigten furchtbaren Krieges mit überstürzter Hast und ohne Beobachtung irgend welcher Vorsichtsmassregel verscharrt worden sind, ist wegen der unvermeidlichen nnd für ^en öffentlichen Gesundheitenstand so bedrohlichen folgen einer solchen Beerdigungsweise grosse Besorgniss entstanden. Die belgische Regierung, von welcher diese Besorgniss getheilt wurde, ernannte einen Kommissär mit dem Austrage, sieh mit den benachbarten fran.^osisehen Behorden ins Einverstäudniss zu sezen, eine neue Beerdigung der Leichen vorzunehmen nnd die Begrabnissstellen mit desinfizirendeu Substanzen zu bestreuen.

Der Gesundheitszustand unseres Landes ist befriedigend ., doch herrschen
noch die .Blattern. Die Geimpften bleiben nicht immer verschont^ bei Jenen, welche in uenester Zeit wiedergeimpft worden sind, tritt die Krankheit weit gutartiger aus.

Jn der hohern Handelsschule unserer ^tadt befinden sich gegen-

wartig nur zwei schweizerische Zoglinge, obgleich d.e Schülerzahl im Allgemeinen stärker ist als im Vorjahre.

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Bericht des

schweiz. Generalkonsuls in Rio-Janeiro

(Hrn. Eug. Emile

Raffard von Genf) über das Jahr l870.

(Vom 6. April 1871.)

An den hohen schweiz. Bundesrath.

Tit..

An der geschäftlichen Lage dieses Landes ist natürlich der 1870 in Europa ansgebrochene Krieg nicht spurlos vorübergegangen. Jn den lezten Monaten des Jahres stellte sich eine .Abnahme des Jmports ein, ohne jedoeh eine Preiserhöhung zur Folge zu haben, indem unser Markt schon vorher mit Waaren aller Art reichlich versehen worden war. Mogen nun auch einerseits die Ereignisse in Europa auf unsern gesehäfttiehen Verkehr naehtheilig eingewirkt haben , so ist doch anderseits dnrch

den glüklichen Ausgang des Krieges mit Paraguay der Kredit des Lau-

des gehoben worden. So z. B. standen die seehsprozentigen Rententitel, deren Zinse in Papiergeld ausbezahlt werden , zu Ansang des Jahres aus 80 , während sie zu Ende des Jahres aus pari gestiegen

sind. Gleichzeitig hob sich auch der Werth der öfsentlichen Fonds, nahm die Entwerthung des Papiergeldes ab, zeigte die eingetretene Kurserhohnng bessere Zustände an.

Der Wechselkurs staud zu Anfang des Jahres auf 20 d. , stieg allmälig auf 25 und gelangte nahezu aus pari, d. h. aus 27 ds. per 1000 Reis.

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Bericht des schweiz. Konsuls in Antwerpen (Hrn. M. Tschander von Brail, Kts.

Graubünden) über das Jahr 1870. (Vom 4. April 1871.)

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Bundesblatt

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Jahr

1871

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.06.1871

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632-634

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