BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

21.074 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Japan vom 17. November 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Japan.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. November 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-3818

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Übersicht Weil die Bekämpfung der ungerechtfertigten Steuervermeidung multinationaler Unternehmen zu einem zentralen Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden ist, leitete die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammen mit den G20-Staaten im Jahr 2013 ein Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung (Base Erosion and Profit Shifting; BEPS) ein. Das Projekt mündete im Jahr 2015 in die Veröffentlichung mehrerer Berichte.

Einige dieser Berichte enthalten Vorschläge für Bestimmungen zur Anpassung der bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), insbesondere solche zur Umsetzung von Mindeststandards gegen Abkommensmissbrauch und zur Verbesserung der Streitbeilegung. Mit dem Ziel, diese Anpassungen rasch und kosteneffizient umzusetzen, hat eine Gruppe von über 100 Staaten und Territorien ­ darunter die Schweiz ­ ein multilaterales Instrument erarbeitet (BEPS-Übereinkommen). Am 7. Juni 2017 haben knapp 70 Staaten und Territorien ­ darunter die Schweiz ­ das BEPSÜbereinkommen unterzeichnet.

Die Gespräche, die die Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz und Japans über die konkreten Auswirkungen des BEPS-Übereinkommens auf das DBA zwischen der Schweiz und Japan (DBA-JP) führten, offenbarten, dass die beiden Länder nicht in der Lage sind, sich auf den genauen Wortlaut zu einigen, wie die Bestimmungen des DBA-JP durch das BEPS-Übereinkommen angepasst werden. Deshalb wurde beschlossen, die Anpassung des DBA-JP an die abkommensbezogenen Resultate des BEPS-Projekts nicht über das BEPS-Übereinkommen, sondern über ein bilaterales Protokoll zur Änderung des DBA-JP vorzunehmen. Die Verhandlungen wurden von den Vertragsstaaten auch genutzt, um das DBA-JP an ihre aktuelle Abkommenspolitik anzupassen.

Das Änderungsprotokoll wurde am 16. Juli 2021 unterzeichnet. Die Kantone und die interessierten Kreise begrüssten diesen Abschluss.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Zwischen der Schweiz und Japan besteht ein Abkommen vom 19. Januar 19711 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (DBA-JP), das mit dem Protokoll vom 21. Mai 2010 letztmals revidiert wurde.

Am 7. Juni 2017 hat die Schweiz das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung2 (BEPS-Übereinkommen) unterzeichnet. Das BEPS-Übereinkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen zur Anpassung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Einige dieser Bestimmungen dienen der Erfüllung der in den BEPS-Massnahmen 6 (Verhinderung von Abkommensmissbrauch) und 14 (Verbesserung der Wirksamkeit von Streitbeilegungsmechanismen) des Aktionsplans der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung3 (BEPS-Aktionsplan) gesetzten Mindeststandards.

Im Hinblick auf die Unterzeichnung des BEPS-Übereinkommens haben die Schweiz und Japan die bilaterale Umsetzung des Übereinkommens besprochen. Japan sah sich nicht in der Lage, sich mit der Schweiz auf den genauen Wortlaut zu einigen, wie die Bestimmungen des DBA-JP durch das BEPS-Übereinkommen angepasst werden sollen. Da dies eine Voraussetzung zur Anwendung des BEPS-Übereinkommens für die Schweiz ist, wurde beschlossen, die Anpassung des DBA-JP an die Resultate des BEPS-Aktionsplans nicht über das BEPS-Übereinkommen, sondern über ein bilaterales Protokoll zur Änderung des DBA-JP (Änderungsprotokoll) vorzunehmen.

Die Verhandlungen über das Änderungsprotokoll konnten im Januar 2021 abgeschlossen werden. Die Kantone und die interessierten Kreise wurden im April 2021 über dessen Abschluss konsultiert und haben diesen begrüsst. Das Änderungsprotokoll zum DBA-JP sowie ein Briefwechsel zur Änderung des Briefwechsels vom 21. Mai 2010 über die Änderungen des DBA wurden am 16. Juli 2021 unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das Änderungsprotokoll enthält Bestimmungen, die in das DBA-JP eingeflossen wären, hätten die Schweiz und Japan beschlossen, das DBA-JP dem BEPS-Übereinkommen zu unterstellen. So wurden eine Schiedsklausel und dazugehörige Ausführungsbestimmungen in das Protokoll aufgenommen.

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SR 0.672.946.31 BBl 2018 5389 www.oecd.org > Fiscalité > Conventions fiscales > Convention multilatérale pour la mise en oeuvre des mesures relatives aux conventions fiscales pour prévenir le BEPS (keine dt. Übers. vorhanden).

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Die Verhandlungen wurden von den Vertragsstaaten auch genutzt, um das DBA-JP ihrer aktuellen Abkommenspolitik anzupassen. Eine signifikante Änderung betrifft die Besteuerung der Dividenden und Zinsen. Das DBA-JP sieht für Zinsen und Dividenden neu eine Ausweitung der Befreiung von der Besteuerung im Quellenstaat vor.

In seiner durch das Änderungsprotokoll revidierten Fassung entspricht das DBAJP den DBA-bezogenen Mindeststandards nach dem BEPS-Aktionsplan. Die Schweiz als Mitgliedstaat der OECD hat sich verpflichtet, jene DBA-bezogenen Bestimmungen, die Teil eines BEPS-Mindeststandards sind, in ihre Doppelbesteuerungsabkommen zu übernehmen. Mit dem Änderungsprotokoll zum DBA-JP erfolgt ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Das Element 3.3 des Mindeststandards zur BEPS-Massnahme 14 verlangt die Aufnahme des zweiten Satzes von Artikel 25 Absatz 2 des OECD-Musterabkommens4 in die Doppelbesteuerungsabkommen, wonach Verständigungslösungen ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten umzusetzen sind. Ist ein Staat nicht bereit, die Bestimmung zu vereinbaren, so muss er, damit der Mindeststandard erfüllt ist, im Rahmen von DBA-Verhandlungen zur Aufnahme von Bestimmungen bereit sein, die die Frist für die Vornahme von Gewinnaufrechnungen bei verbundenen Unternehmen und Betriebsstätten zeitlich beschränken. Dieses alternative Vorgehen kann nicht über das BEPS-Übereinkommen erfolgen.

Die Schweiz vereinbart den zweiten Satz von Artikel 25 Absatz 2 des OECD-Musterabkommens üblicherweise nicht in ihren DBA. Das DBA-JP sieht jetzt schon eine Frist für Gewinnaufrechnungen bei verbundenen Unternehmen vor. Die Schweizer Delegation hat der japanischen Delegation deshalb Vorschläge über die zeitliche Beschränkung zur Vornahme von Gewinnaufrechnungen auch bei Betriebsstätten unterbreitet. Japan war jedoch nicht bereit, diesen zuzustimmen. Das Änderungsprotokoll enthält deshalb keine entsprechende Bestimmung. Dass die Schweiz ihre Bereitschaft zeigte, eine solche Bestimmung zu vereinbaren, ist jedoch ausreichend, damit die Kriterien des Elements 3.3 der BEPS-Massnahme 14 als erfüllt gelten. Die Schweiz hat guten Willen gezeigt. Infolgedessen erfüllt das DBA-JP diesen Mindeststandard.

2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Änderungsprotokolls

Art. 1 betreffend die Präambel des DBA-JP Mit diesem Artikel erhält das DBAJP eine Präambel, wie sie im Rahmen der BEPSMassnahme 6 erarbeitet wurde und im BEPS-Übereinkommen in Artikel 6 Absatz 1 sowie im OECD-Musterabkommen enthalten ist.

Damit wird klargestellt, dass die Schweiz und Japan nicht die Absicht haben, durch das DBA Möglichkeiten zu Nichtbesteuerung oder reduzierten Besteuerung durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung zu schaffen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Vermeidung von doppelter Nichtbesteuerung soll auch Zweck des DBA-JP sein. Dies 4

www.estv.admin.ch > Internationales Steuerrecht > Fachinformationen > Länder > Musterabkommen der OECD (nur engl. und franz. Text vorhanden).

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gilt aber nicht generell, sondern nur dann, wenn Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung Ursache für die doppelte Nichtbesteuerung sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Situationen von gewollter doppelter Nichtbesteuerung gibt. Dazu zählt beispielsweise die Besteuerung von Dividenden an Gesellschaften des gleichen Konzerns. Die doppelte Nichtbesteuerung verhindert in solchen Situationen ungewollte wirtschaftliche Mehrfachbelastungen.

Die Aufnahme dieser Bestimmung ist notwendig, um den im Rahmen von Massnahme 6 des BEPS-Aktionsplans gesetzten Mindeststandard zu erfüllen.

Art. 2 betreffend Artikel 2 DBA-JP (Unter das Abkommen fallende Steuern) Die Liste der vom Abkommen erfassten japanischen Steuern wird aktualisiert, um die in der heutigen japanischen Gesetzgebung vorgesehenen Steuern vollständig abzubilden, insbesondere die neue Sondersteuer auf dem Einkommen für den Wiederaufbau, die seit 2013 und bis 2037 erhoben wird.

Art. 3 betreffend Artikel 3 DBA-JP (Allgemeine Begriffsbestimmungen) Die Definition des Ausdrucks «internationaler Verkehr» wird aktualisiert und die derzeitige Definition nach OECD-Musterabkommen übernommen. Der neue Wortlaut erlaubt die Erfassung gewisser Dreieckssachverhalte.

Art. 4 betreffend Artikel 5 DBA-JP (Betriebsstätte) Ein neuer Absatz 3 ersetzt den Buchstaben g von Absatz 2 und passt den Artikel damit dem Wortlaut und der Systematik des OECD-Musterabkommens an. Die Anpassung hat jedoch keine praktischen Auswirkungen.

Art. 5 betreffend Artikel 7 DBA-JP (Unternehmensgewinne) Artikel 7 wird durch eine neue Formulierung ersetzt, die dem aktuellen Wortlaut des OECD-Musterabkommens entspricht. Mit dieser Bestimmung wird der sogenannte Authorized OECD Approach, kurz AOA, übernommen. Betriebsstätten werden demnach weitgehend wie unabhängige Unternehmen behandelt. Die Gewinnzuteilung richtet sich nach den für verbundene Unternehmen entwickelten Verrechnungspreisgrundsätzen. Der Gesamterfolg des Unternehmens wird nicht mehr auf seine Teile aufgeteilt. Stattdessen wird der Erfolg jedes Unternehmensteils ermittelt. Die Kombination der Erfolge der Unternehmensteile entspricht schliesslich dem Gesamterfolg des Unternehmens. Es ist nach diesem Ansatz beispielsweise möglich, dass eine Betriebsstätte einen Gewinn erzielt, während das Gesamtunternehmen einen
Verlust schreibt oder umgekehrt.

Das Protokoll zum Abkommen (Abs. 3) hält fest, dass ein Staat eine Gegenberichtigung nur dann vornimmt, wenn er der Berichtigung des erstgenannten Staats zustimmt. Der ständigen Praxis der Schweiz entsprechend werden Korrektur und Gegenkorrektur daher stets Gegenstand eines Verständigungsverfahrens nach Artikel 25 des DBA-JP sein.

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Art. 6 betreffend Artikel 9 DBA-JP (Verbundene Unternehmen) Artikel 9 Absatz 2 des DBA-JP wird aktualisiert, indem er künftig die Verpflichtung zu Gegenberichtigungen bei Gewinnaufrechnungen vorsieht. Damit stimmt der Wortlaut dieses Absatzes mit dem Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen des OECDMusterabkommens (Art. 9 Abs. 2) und des BEPS-Übereinkommens (Art. 17 Abs. 1) überein.

Die Änderung dieser Bestimmung hat grundsätzlich keine praktischen Auswirkungen auf die Schweiz: Die Schweiz ist weiterhin zu keinen automatischen Gegenberichtigungen bei Gewinnaufrechnungen durch ausländische Steuerbehörden verpflichtet.

Vielmehr muss die Schweiz Gegenberichtigungen nur dann vornehmen, wenn sie einer Lösung im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zwischen den zuständigen Behörden Japans und der Schweiz entsprechen. Die Auslegung dieses Punktes ist ebenfalls Gegenstand eines neuen Absatzes im Protokoll zum Abkommen (Abs. 3).

Die Änderung entspricht der Best-Practice-Empfehlung der BEPS-Massnahme 14 und der aktuellen schweizerischen Abkommenspolitik in diesem Bereich.

Art. 7 betreffend Artikel 10 DBA-JP (Dividenden) Bisher unterstehen Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen an einer Gesellschaft zwei verschiedenen Regelungen: Im Falle einer Beteiligung von mindestens 50 Prozent kommt eine Befreiung von der residualen Quellensteuer zur Anwendung, während die Beteiligungen zwischen 10 und 50 Prozent einer residualen Quellensteuer von 5 Prozent unterstehen. Das Änderungsprotokoll sieht eine einheitliche Lösung vor: Die Dividenden werden im Quellenstaat im Falle einer qualifizierten Beteiligung an einer Gesellschaft von der residualen Quellensteuer befreit. Von dieser Steuerbefreiung kann profitieren, wer über einen Zeitraum von einem Jahr mittelbar oder unmittelbar eine Beteiligung von 10 Prozent gehalten hat.

In der Schweiz gilt die Dividende am Tag der Generalversammlung der ausschüttenden Gesellschaft als endgültig erworben. Somit ist der Tag, an dem der Anspruch auf die Dividende entsteht, nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe a DBA-JP der Tag der Generalversammlung der ausschüttenden Gesellschaft, wenn eine in Japan ansässige Person den Abkommensvorteil für eine Dividende einer Schweizer Gesellschaft geltend macht. Im Gegensatz dazu wird nach japanischem Recht der Anspruch auf die Dividende am
Ende des Steuerjahrs, das der Dividendenzahlung vorausgeht, endgültig erworben. Der Tag, an dem der Anspruch auf die Dividende entsteht, entspricht somit nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe a DBA-JP dem Ende des Steuerjahrs der ausschüttenden Gesellschaft, wenn eine in der Schweiz ansässige Person den Abkommensvorteil für eine japanische Dividende geltend macht. In beiden Fällen wird der Begriff «Tag, an dem der Dividendenanspruch entsteht» nach dem innerstaatlichen Recht des Staates der ausschüttenden Gesellschaft ausgelegt.

Art. 8 betreffend Artikel 11 DBA-JP (Zinsen) Die neue Bestimmung sieht bei der Zinsbesteuerung einen Paradigmenwechsel vor.

Als allgemeine Regel gilt neu, dass die Zinsen im Quellenstaat steuerbefreit sind, un-

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ter Vorbehalt der in Absatz 2 aufgezählter Ausnahmen. So können neu im Quellenstaat nur die durch Bezugnahme auf Einnahmen, Verkäufe, Einkünfte, Gewinne oder andere Zahlungsströme des Schuldners, auf Wertänderungen von Vermögenswerten des Schuldners, auf Dividenden, Ausschüttungen einer Personengesellschaft oder ähnlichen Zahlungen des Schuldners bestimmte Zinsen oder alle anderen ähnlichen Zinsen besteuert werden.

Art. 9 betreffend Artikel 15 DBA-JP (Unselbstständige Arbeit) In Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen wird die Dauer von 183 Tagen nach Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a DBA-JP nicht mehr auf der Basis eines Kalenderjahres, sondern eines beliebigen Zeitraums von 12 Monaten berechnet, der im betreffenden Steuerjahr beginnt oder endet.

Absatz 3 wird an die neue Definition des internationalen Verkehrs (Art. 3 Abs. 1 des Änderungsprotokolls) angepasst. Neu gilt die Bestimmung für das Erwerbseinkommen jedes Besatzungsmitglieds im internationalen Verkehr, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber in einem Vertragsstaat ansässig ist oder nicht.

Art. 10 betreffend Artikel 16 DBA-JP (Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen) Der Wortlaut wird geändert, um klarzustellen, dass auch die Vergütungen von Mitgliedern von Gesellschaftsorganen, die dem Verwaltungsrat vergleichbar sind, von dieser Bestimmung erfasst sind. Dies entspricht der aktuellen Praxis.

Art. 11 betreffend Artikel 21 DBA-JP (Studenten) Die Steuerbefreiung des Einkommens von Lernenden aus ausländischer Quelle zur Deckung von Unterhalts- oder Ausbildungskosten ist neu auf vier Jahre beschränkt.

Art. 12 betreffend Artikel 21A DBA-JP («Tokumei Kumiai») Die Bestimmung wird auf Ersuchen Japans an den neuen Wortlaut angepasst. Diese Änderung hat keine materiellen Änderungen zur Folge. Die Bestimmung erlaubt Japan wie bisher, das Recht zur Besteuerung von Einkünften aus Tokumei Kumiai (Einkünfte stiller Teilhaber aus einem stillen Gesellschaftsvertrag) beizubehalten, damit die Ausschüttungen aus japanischen Quellen an Partner im Ausland nicht als «andere Einkünfte» qualifizieren, die nur im Ansässigkeitsstaat des Empfängers besteuert werden.

Art. 14 betreffend Artikel 23 DBA-JP (Vermeidung der Doppelbesteuerung) Die Schweiz vermeidet die Doppelbesteuerung gemäss Artikel 23 Absatz 3 DBA-JP grundsätzlich mit der Freistellungsmethode. Der
neue Absatz 7 ergänzt das Dispositiv durch eine Bestimmung, die die Nichtbesteuerung oder reduzierte Besteuerung in Fällen von Qualifikationskonflikten vermeiden soll. Die Bestimmung verhindert eine ungewollte doppelte Nichtbesteuerung infolge unterschiedlicher Auffassungen zwischen der Schweiz und Japan bezüglich der rechtlichen Subsumtion oder der Aus7 / 12

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legung von Begriffen des DBA-JP und entspricht Artikel 5 Absatz 2 des BEPSÜbereinkommens.

Demnach muss die Schweiz als Ansässigkeitsstaat eines Empfängers von Einkünften aus Japan, die gemäss DBA-JP in Japan besteuert werden dürfen, diese Einkünfte dann nicht von der Besteuerung ausnehmen, wenn Japan keine ­ oder bei Dividenden oder Zinsen eine reduzierte ­ Besteuerung der Einkünfte vornimmt, weil Japan der Auffassung ist, es sei durch das DBA-JP zur Befreiung oder zu einer reduzierten Besteuerung verpflichtet. Ein Beispiel dafür wäre, dass Japan als Quellenstaat ein Einkommen einer in der Schweiz ansässigen Person als Kapitalgewinn behandelt, während die Schweiz als Ansässigkeitsstaat von einem Einkommen aus einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Japan ausgeht. Ohne die neue Bestimmung würde die Schweiz das Einkommen von der Besteuerung ausnehmen, obwohl Japan aufgrund seiner steuerlichen Qualifikation des Einkommens das Besteuerungsrecht ausschliesslich in der Schweiz sieht (Art. 13 Abs. 6 DBA-JP) und deshalb nicht besteuert. Nach der neuen Bestimmung ist die Schweiz nicht mehr zur Freistellung verpflichtet (Art. 23 Abs. 3 DBA-JP), sondern kann das Einkommen als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit besteuern.

Art. 16 betreffend Artikel 25 DBA-JP (Verständigungsverfahren) Dieser Artikel sieht eine Anpassung von Artikel 25 Absatz 1 DBAJP vor, der die Ersuchen um ein Verständigungsverfahren regelt. Es geht insbesondere um die Frage, bei welcher der zuständigen Behörden die Einleitung eines Verständigungsverfahrens zu beantragen ist.

Unter den geltenden Bestimmungen muss eine Person, die der Auffassung ist, dass Massnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung führen oder führen werden, die dem DBA-JP nicht entspricht, beim Vertragsstaat, in dem sie ansässig ist, ein Verständigungsverfahren beantragen.

Mit der Anpassung von Artikel 25 Absatz 1 DBA-JP wird eine Person bei der Wahl der zuständigen Behörde für die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nicht mehr eingeschränkt. Sie kann ihren Fall künftig der zuständigen Behörde des Vertragsstaats ihrer Wahl unterbreiten.

Hintergrund für diese Anpassung ist das Element 3.1 des Mindeststandards zur BEPSMassnahme 14, wonach jede der beiden zuständigen Behörden über die Einleitung eines
Ersuchens um ein Verständigungsverfahren informiert wird und sich zur Begründetheit des Gesuchs äussern kann.

Die mit dem Änderungsprotokoll zum DBA-JP vollzogene Revision gewährleistet, dass Artikel 25 Absatz 1 DBA-JP mit den entsprechenden Bestimmungen des BEPSÜbereinkommens (Art. 16 Abs. 1 erster Satz) und des OECD-Musterabkommens (Art. 25 Abs. 1 erster Satz) materiell übereinstimmt.

Dieser Artikel sieht auch die Aufnahme einer Schiedsklausel im DBAJP vor. Die Hauptbestimmung (Abs. 5) stammt aus dem OECD-Musterabkommen. Sie wird durch einige Verfahrenselemente ergänzt, die aus Teil IV des BEPS-Übereinkommens (Abs. 6­12) stammen.

Die Schiedsklausel ist kein Mindeststandard des BEPS-Aktionsplans.

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Das in der Schiedsklausel enthaltene Verfahren ist für die zuständigen Behörden obligatorisch: Gelingt es ihnen im Rahmen eines Verständigungsverfahren nicht, innerhalb von drei Jahren eine Verständigungslösung zu erzielen, so kann die steuerpflichtige Person schriftlich beantragen, dass ihr Fall einem Schiedsverfahren zugeführt wird (Abs. 5). Der Zugang zu einem Schiedsverfahren ist indessen nicht möglich, wenn in Bezug auf die zu regelnde Frage in der Schweiz oder in Japan bereits eine Gerichtsentscheidung ergangen ist.

Absatz 6 regelt die Modalitäten zur Berechnung der dreijährigen Frist, nach deren Ablauf auf Antrag der betroffenen Person ein Schiedsverfahren einzuleiten ist, wenn sich die zuständigen Behörden nicht vorher auf eine Lösung des Falls im Verständigungsverfahren geeinigt haben.

Absatz 7 regelt die Bestellung eines Mitglieds der Schiedsstelle und hält fest, dass die Schiedsstelle aus drei Einzelmitgliedern mit Fachkenntnis oder Erfahrung auf dem Gebiet internationaler Steuersachen besteht (Abs. 7 Bst. a Ziff. i). Die zuständige Behörde jedes Vertragsstaats muss ein Mitglied der Schiedsstelle bestellen, und die beiden auf diese Weise bestellten Mitglieder bestellen ein drittes Mitglied, das weder japanische/r oder Schweizer Staatsangehörige/r noch in Japan oder der Schweiz ansässig sein darf, um den Vorsitz der Schiedsstelle auszuüben (Abs. 7 Bst. a Ziff. ii).

Jedes Mitglied der Schiedsstelle muss unparteilich und von den zuständigen Behörden, Steuerverwaltungen und Finanzministerien der Vertragsstaaten sowie allen unmittelbar vom Fall betroffenen Personen sowie deren Beraterinnen und Beratern unabhängig sein (Abs. 7 Bst. a Ziff. iii).

Absatz 7 Buchstaben b und c widmet sich der Vertraulichkeit. Um sicherzustellen, dass das Schiedsverfahren sein Ziel erreicht, ohne die Vertraulichkeit des Verständigungsverfahrens zu verletzen, sieht dieser Absatz vor, dass für die Mitglieder der Schiedsstelle die Vorschriften gelten, die in Bezug auf den Informationsaustausch vorgesehen sind (Art. 25A DBAJP). Die zuständigen Behörden der Schweiz und Japans stellen sicher, dass sich Mitglieder der Schiedsstelle und deren Mitarbeitende vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im Rahmen eines Schiedsverfahrens schriftlich dazu verpflichten, Informationen zum Schiedsverfahren in Übereinstimmung mit den
Vertraulichkeits- und Geheimhaltungspflichten nach Artikel 25A DBAJP zu behandeln.

Das Schieds- oder das Verständigungsverfahren endet, wenn die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten den Fall durch Verständigung regeln oder wenn die Person, die den Fall vorgelegt hat, den Schiedsantrag oder den Antrag auf ein Verständigungsverfahren zurückzieht (Abs. 10).

Absatz 11 regelt die Kostenübernahme für das Verfahren.

Grundsätzlich kann das Schiedsverfahren auf alle Fälle von Verständigungsverfahren angewendet werden, bei denen die zuständigen Behörden keine Lösung erzielen.

Absatz 12 schliesst aber gewisse Fälle ausdrücklich vom Anwendungsbereich aus.

Die neue Fassung von Artikel 25 regelt das Schiedsverfahren viel detaillierter, als es die Bestimmung des OECD-Musterabkommens tut. Trotzdem sind gewisse Verfahrensfragen offengeblieben (z. B. die Schlichtungsmethode oder die Fristen). Die Einzelheiten zur Durchführung werden später in einer Verständigungsvereinbarung nach Absatz 5 geregelt.

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Art. 17 betreffend Artikel 25A DBA-JP (Informationsaustausch) Der neue Wortlaut von Absatz 2 richtet sich nach dem Wortlaut des OECD-Musterabkommens und entspricht der Abkommenspolitik der Schweiz.

Mit dem Inkrafttreten des Steueramtshilfegesetzes vom 28. September 20125 wird im nationalen Recht eine Gesetzesgrundlage geschaffen, um die Beschaffung von Informationen durch die zuständige Schweizer Behörde zu gewährleisten. Deshalb erübrigt sich der zweite Satz in Absatz 5.

Art. 18 betreffend das Protokoll zum DBA-JP Der neue Absatz 1 führt eine Missbrauchsklausel ein, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder Transaktion abstellt. Aufgrund dieser Klausel werden Vorteile nach dem DBA-JP nicht gewährt, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der Hauptzwecke der entsprechenden Gestaltung oder Transaktion war, es sei denn, es wird nachgewiesen, dass die Gewährung dieses Vorteils mit dem Ziel und Zweck der einschlägigen Bestimmungen des DBAJP im Einklang steht.

Diese Missbrauchsklausel ist zwar neu, sie entspricht aber in ihren Grundzügen den Missbrauchsklauseln, die die Schweiz bis 2017 in einer Vielzahl von DBA vereinbart hatte. Anders ist indessen, dass die Missbrauchsklausel nicht auf gewisse Arten von Einkünften wie Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren beschränkt ist. Vielmehr findet sie in Bezug auf sämtliche Bestimmungen des Abkommens Anwendung. Alle Abkommensvorteile unterliegen damit dem Vorbehalt einer missbräuchlichen Inanspruchnahme.

Zudem unterscheidet sich der Wortlaut dieser Bestimmung noch in einem weiteren Punkt von demjenigen der bis 2017 von der Schweiz in ihren DBA verabschiedeten Fassung. Die neue Missbrauchsklausel beschränkt sich nicht auf Sachverhalte, bei denen der Hauptzweck der Gestaltung oder der Transaktion im Erlangen der Abkommensvorteile lag; vielmehr erfasst sie auch Sachverhalte, bei denen das Erlangen dieser Vorteile nur einer der Hauptzwecke ist. Diese begrifflichen Unterschiede sollten jedoch zu keinem anderen Ergebnis führen, denn der zweite Teil der Klausel sieht vor, dass die Abkommensvorteile dennoch gewährt werden, wenn dies im Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht, was grundsätzlich der Fall sein sollte, wenn das Erlangen der Abkommensvorteile nicht der Hauptzweck der Gestaltung oder der Transaktion war.
Diese Missbrauchsklausel wurde im Rahmen der BEPS-Massnahme 6 erarbeitet. Sie ist im OECD-Musterabkommen (Art. 29 Abs. 9) und im BEPS-Übereinkommen (Art. 7 Abs. 1) enthalten. Um den im Rahmen der BEPS-Massnahme 6 enthaltenen Mindeststandard zu erfüllen, genügt es, diese Missbrauchsklausel in das DBA aufzunehmen. Weitere Missbrauchsbestimmungen werden keine verlangt.

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SR 651.1

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Art. 19 (Inkrafttreten) Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls sind grundsätzlich auf Steuerjahre anwendbar, die am oder nach dem 1. Januar nach dem Inkrafttreten dieses Änderungsprotokolls beginnen.

Die Bestimmungen des Änderungsprotokolls zum Verständigungsverfahren und zum Schiedsverfahren sind vom Tag des Inkrafttretens an anwendbar. Bei bereits eingeleiteten Verständigungsverfahren beginnt die Dreijahresfrist nach Artikel 25 Absatz 5 DBA-JP am Tag des Inkrafttretens dieses Änderungsprotokolls.

3

Finanzielle Auswirkungen

Das Änderungsprotokoll zum DBA-JP wird nur sehr begrenzte Auswirkungen auf die Normen zur Zuteilung der Einkünfte haben. Lediglich die Erhebung der Quellensteuer auf Dividenden aus Aktien qualifizierter Beteiligungen und Zinsen aus der Schweiz wird stärker begrenzt als bisher. Welche Einbussen damit verbunden sein werden, ist schwer zu beziffern. Andererseits ist zu erwarten, dass das Änderungsprotokoll zum DBA-JP Investitionen aus Japan in die Schweiz fördert und dadurch den Wirtschaftsstandort Schweiz und damit die Steuerbasis insgesamt stärkt.

Das vorliegende Änderungsprotokoll kann im Rahmen der bestehenden personellen Ressourcen umgesetzt werden.

4

Rechtliche Aspekte

Das Änderungsprotokoll zum DBA-JP stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)6, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Nach Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat ermächtigt, die Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der Verträge zuständig; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (siehe auch Art. 7a Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19977). Im vorliegenden Fall gibt es kein Gesetz und keinen völkerrechtlichen Vertrag, die dem Bundesrat die Kompetenz verleihen, einen Vertrag wie das Änderungsprotokoll zum DBA-JP abzuschliessen. Das Parlament ist somit für die Genehmigung des Änderungsprotokolls zum DBA-JP zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, die unter anderem wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom

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SR 101 SR 172.010

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13. Dezember 20028 (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.

Das Änderungsprotokoll zum DBA-JP enthält Bestimmungen, die den Schweizer Behörden Pflichten auferlegen sowie den Schweizer Behörden und den Privatpersonen (natürliche und juristische Personen) Rechte verleihen. Es enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Änderungsprotokolls zum DBA-JP ist deshalb dem Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

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Vernehmlassungsverfahren

Das Änderungsprotokoll zum DBA-JP untersteht gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem fakultativen Referendum. Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20059 (VlG) besteht damit an sich die Pflicht zur Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens. Zum Änderungsprotokoll zum DBA-JP wurde eine Orientierung durchgeführt. Dabei wurde im April 2021 den Kantonen und den am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Kreisen das Änderungsprotokoll zum DBA-JP zusammen mit einer Erläuterung zur Stellungnahme vorgelegt. Das Änderungsprotokoll zum DBA-JP wurde positiv und ohne Einwände aufgenommen. Die Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt. Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG konnte deshalb auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden.

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SR 171.10 SR 172.061

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