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21.077 Botschaft zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen vom 24. November 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2019 M 12.3814

Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b. Bei Kapitalbezug den Ertragsanteil statt die Kapitaleinlage besteuern (N 16.9.14, FDP-Liberale Fraktion; S 10.9.18; N 12.3.19)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. November 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-3894

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Übersicht Von Leibrenten wird heute ein Anteil von 40 Prozent als pauschaler Ertrag besteuert. Dies ist im heutigen Zinsumfeld zu hoch. Der Bundesrat schlägt vor, den steuerbaren Ertragsanteil der Leibrenten flexibel den jeweiligen Anlagebedingungen anzupassen. Dadurch wird die von den eidgenössischen Räten überwiesene Motion der FDP-Liberale Fraktion (12.3814) «Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b. Bei Kapitalbezug den Ertragsanteil statt die Kapitaleinlage besteuern» umgesetzt.

Ausgangslage Die Motion 12.3814 verlangte ursprünglich, dass rückkaufsfähige Rentenversicherungen der Säule 3b bei Rückkauf (zu Lebzeiten) und bei Rückgewähr (nach Todesfall) gemäss tatsächlichem Ertragsanteil besteuert werden. Die geltende pauschale Besteuerung der Leibrenten im Umfang von 40 Prozent wird aufgrund des anhaltend tiefen Zinsniveaus als zu hoch kritisiert. Gestützt auf einen Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) änderte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) am 18. Juni 2018 den Wortlaut der Motion und beantragte eine für den Vollzug einfachere Lösung, die rasch umgesetzt werden kann. Diese sollte auf dem heutigen System aufbauen. Beide Räte stimmten in der Folge dem abgeänderten Motionswortlaut zu, sodass die Motion in der Frühjahrssession 2019 überwiesen wurde. Der Bundesrat sandte am 3. April 2021 eine Vorlage in die Vernehmlassung. Sämtliche Vernehmlassungsteilnehmenden anerkennen den Handlungsbedarf.

Die grosse Mehrheit der Teilnehmenden stimmt der Vorlage grundsätzlich zu.

Inhalt der Vorlage Bei Leibrentenversicherungen wird der steuerbare Ertragsanteil der garantierten Rentenleistung neu in Abhängigkeit vom Höchstzinssatz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) berechnet. Allfällige Überschussleistungen sind zu 70 Prozent steuerbar. Bei Leibrenten und Verpfründungen wird der steuerbare Ertragsanteil neu in Abhängigkeit von der Rendite zehnjähriger Bundesobligationen ermittelt. Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach Verrechnungssteuergesetz werden neu vom Versicherer jährlich via ESTV den kantonalen Steuerbehörden gemeldet, was die Kontrollmöglichkeit der Kantone verbessert.

Die finanziellen Auswirkungen wurden aufgrund der inzwischen verbesserten Datengrundlage neu geschätzt. Sie hängen von den künftigen Anlagebedingungen ab, weshalb sich
längerfristig Mehr- oder Mindereinnahmen ergeben können. Im Jahr 2019 hätten sich grob geschätzt Mindereinnahmen von 45 Millionen Franken (rund 10 Mio. Fr. beim Bund und 35 Mio. Fr. bei den Kantonen und Gemeinden) ergeben.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Am 26. September 2012 reichte die FDP-Liberale Fraktion die Motion 12.3814 «Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b. Bei Kapitalbezug den Ertragsanteil statt die Kapitaleinlage besteuern» ein. Diese verlangte für rückkaufsfähige Rentenversicherungen der Säule 3b die Besteuerung gemäss dem tatsächlichen Ertragsanteil. Davon betroffen waren gemäss Wortlaut der Motion der Rückkauf zu Lebzeiten und die Rückgewähr im Todesfall. Periodische Rentenleistungen sollten hingegen steuerlich weiterhin mit dem pauschalen Ertragsanteil erfasst werden. Der Bundesrat beantragte am 14. November 2012 die Motion aus vornehmlich verwaltungsökonomischen Gründen zur Ablehnung. In seiner Stellungnahme stellte er jedoch in Aussicht, die Höhe der Pauschale für die Besteuerung von Leibrenten aufgrund des aktuell tiefen Zinsniveaus zu überprüfen.

Der Nationalrat stimmte als Erstrat der Motion am 16. September 2014 zu. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) sistierte als vorberatende Kommission des Zweitrats am 26. Januar 2015 die Behandlung des Vorstosses, da sie die vom Bundesrat in Aussicht gestellte Überprüfung abwarten wollte.

Am 29. November 2016 wurde der Bericht zuhanden der WAK-S fertiggestellt. Darin kam die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zum Schluss, dass sich aufgrund des aktuell tiefen Zinsniveaus die geltende pauschale Regelung, wonach die Leistungen aus Leibrentenversicherungen zu 40 Prozent steuerbar sind, nicht weiter aufrechterhalten lasse. Insofern spreche die Motion 12.3814 in Zeiten niedriger Kapitalverzinsung ein Problem an, das es zu korrigieren gelte. Dabei stelle sich im Spannungsfeld von Einzelfallgerechtigkeit und Praktikabilität die Frage, wie weit die Abkehr vom Status quo gehen solle. Die ESTV untersuchte in ihrem Bericht drei Lösungsmöglichkeiten: eine Senkung der Höhe des pauschalen Ertragsanteils durch Anpassung an das heutige Zinsniveau, einen umfassenden Systemwechsel durch eine konsequente Besteuerung des effektiven Ertragsanteils und schliesslich eine Verbindung dieser beiden Möglichkeiten in einem dualen System.

Am 18. Juni 2018 sprach sich die WAK-S für folgende Änderung des ursprünglichen Motionswortlauts aus: «Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Änderung des Bundessteuer- (DBG) und des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) zu unterbreiten,
um eine an die jeweiligen Anlagebedingungen angepasste Flexibilisierung des pauschalen Ertragsanteils auf sämtlichen Leistungen (periodische Leistungen, Rückkauf, Rückgewähr) aus Leibrenten und Leibrentenversicherungen zu erwirken.» Sie hielt in ihrem Bericht an den Ständerat fest, dass eine effektive Berechnung nach dem finanzmathematischen Modell bezogen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an sich die beste Lösung wäre, weil sie den Umständen des Einzelfalls gerecht würde. Sie sei jedoch mit grösserem administrativem Aufwand verbunden und werde insbesondere von den kantonalen Vollzugsbehörden abgelehnt. Die Kommission war deshalb der Auffassung, dass eine einfachere Lösung gewählt werden sollte, die auf 3 / 30

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dem heutigen System aufbaue, im Vollzug einfacher sei und rasch umgesetzt werden könne.1 Beide Räte stimmten in der Folge dem geänderten Motionswortlaut zu, sodass die Motion in der Frühjahrssession 2019 überwiesen wurde.

Mit Beschluss vom 3. April 2020 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD), ein Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen durchzuführen.

1.2

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20202 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20203 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

1.3

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Vorlage erfüllt die Motion der FDP-Liberale Fraktion (12.3814) «Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b. Bei Kapitalbezug den Ertragsanteil statt die Kapitaleinlage besteuern».

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Das Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen wurde am 3. April 2020 eröffnet und dauerte bis zum 10. Juli 2020.

Die Vernehmlassungsvorlage enthielt folgende Eckwerte:

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Der steuerbare Ertragsanteil der Leibrenten wird mittels einer Formel flexibel den jeweiligen Anlagebedingungen angepasst.

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Bei Leibrentenversicherungen wird der steuerbare Ertragsanteil der garantierten Rentenleistung mit einer Formel in Abhängigkeit vom Höchstzinssatz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) berechnet. Allfällige Überschussleistungen sind zu 70 Prozent steuerbar. Bei Überschussleistungen handelt es sich um versicherungsvertragliche Leistungen, die nicht auf die garantierte technische Verzinsung zurückzuführen sind. Mit der individuellen

Einsehbar unter www.parlament.ch/centers/kb/Documents/2012/Kommissionsbericht_ WAK-S_12.3814_2018-06-18.pdf.

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Erfassung der Überschussrente im Umfang von 70 Prozent bei der Einkommenssteuer wird eine angemessene Besteuerung vertraglicher Leibrentenversicherungen sichergestellt.

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Demgegenüber verfügen die obligationenrechtlichen Leibrenten wie auch die Verpfründungen über keine Überschussbeteiligung. Bei ihnen wird der steuerbare Ertragsanteil mit einer Formel in Abhängigkeit von der Rendite zehnjähriger Bundesobligationen ermittelt.

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Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach dem Verrechnungssteuergesetz vom 13. Oktober 19654 (VStG) werden neu vom Versicherer jährlich via ESTV den kantonalen Steuerbehörden gemeldet, was die Kontrollmöglichkeit der Kantone verbessert.

2.2

Zusammenfassung und Würdigung der Ergebnisse

Alle Vernehmlassungsteilnehmenden anerkennen den Handlungsbedarf.5 Trotzdem lehnen der Kanton Basel-Landschaft, die SP und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) die Vorlage ab. Für den Kanton Basel-Landschaft ist die Besteuerungsformel zu kompliziert und nicht vollzugstauglich. Für die SP und den SGB ist der Handlungsbedarf bei der AHV und der 2. Säule wichtiger. Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden stimmt der Vorlage grundsätzlich zu. Folgende Kritikpunkte und Anliegen wurden insbesondere vorgebracht: Anliegen und Kritikpunkte, die in der vorliegenden Botschaft weitgehend berücksichtigt werden: ­

Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK), eine grosse Mehrheit der Kantone, die FDP und die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) beantragen, um Unklarheiten zu vermeiden, im Gesetz explizit zu ergänzen, dass der bei Vertragsabschluss bzw. Rentenbeginn berechnete Ertragsanteil während der gesamten Vertragsdauer gelte.

Nur bei der Leibrentenversicherung nach dem Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 19086 (VVG) wird auf den Vertragsabschluss abgestellt, sodass der berechnete Ertragsanteil während der gesamten Vertragsdauer gilt. Deshalb wurde lediglich Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe a E-DBG (Leibrentenversicherungen nach VVG) entsprechend präzisiert.

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SR 642.21 Der Vernehmlassungsbericht ist abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen und Anhörungen > 2020 > EFD > Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen (Umsetzung der Motion 12.3814).

SR 221.229.1

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Die FDK, eine grosse Mehrheit der Kantone und die SSK wünschen, dass die ESTV eine Liste mit den annualisierten Renditen von Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit publiziert.

Die ESTV wird im Sinne einer Hilfestellung für die Steuerpflichtigen und die kantonalen Steuerbehörden jährlich eine Liste mit den steuerbaren Ertragsanteilen sowie den annualisierten Renditen von Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit publizieren.

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Der Kanton Basel-Landschaft und die FDP stellen fest, dass der steuerbare Ertragsanteil bei einer ausländischen Jahresrente viel tiefer sei als bei einer gleich hohen inländischen Jahresrente. Dies könne zu einem Abfluss von Geldanlagen und Vorsorgegeldern in ausländische Rentenversicherungen führen.

Das Abstützen auf die Rendite zehnjähriger Bundesobligationen zur Berechnung des Ertragsanteils für Leibrenten aus Leibrenten- und Verpfründungsverträgen nach Obligationenrecht (OR)7 sowie aus ausländischen Leibrentenversicherungen führte in der Vernehmlassungsvorlage dazu, dass der daraus resultierende Ertragsanteil ­ im Vergleich zum Ertragsanteil bei inländischen Leibrentenversicherungen ­ zu tief angesetzt wurde . Dies wird in der vorliegenden Botschaft korrigiert, indem die Durchschnittsrendite der Bundesobligationen bei diesen Vorsorgeformen mit einem Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten versehen wird (vgl. Ziff. 3.1 und 4.1). Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Vorsorge der SSK befürworten eine Erhöhung des Zinssatzes, damit eine längere Phase der Nullbesteuerung vermieden werden kann. Dies rechtfertige sich dadurch, dass bei diesen Leibrenten keine Überschussbeteiligung ausbezahlt werde.

Anliegen und Kritikpunkte, die nicht berücksichtigt werden: ­

Um einen Methodendualismus zu vermeiden, empfehlen die FDK, eine grosse Mehrheit der Kantone, der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) sowie die SSK, bei Leibrenten gemäss OR auf die Durchschnittsrendite der letzten zehn Jahre von Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit ebenfalls auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Dies in Anlehnung an die Leibrentenversicherungen nach VVG. Damit bliebe der steuerbare Ertragsanteil ab Vertragsabschluss gleich hoch.

Der Bundesrat lehnt dieses Anliegen ab. Leibrentenversicherungen gemäss VVG sehen neben einer garantierten Rentenleistung auch eine Überschussbeteiligung vor. Die garantierte Rentenleistung basiert auf einem bei Vertragsabschluss festgelegten garantierten technischen Zins, womit sich eine Fixierung des steuerbaren Ertragsanteils der garantierten Leistung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses rechtfertigen lässt. Die zusätzlich ausbezahlte Überschussbeteiligung unterliegt aufgrund des Kosten-, Risiko- und Anlageergebnisses Schwankungen, die sich auf den steuerbaren Ertragsanteil niederschlagen. Da Leibrenten gemäss OR in der Regel keine Überschussbeteiligung vorsehen, folgt die Anpassung des steuerbaren Ertragsanteils der Veränderung

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der Rendite der Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit. Würde nun für die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils einzig auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abgestellt, so würde ein solches Anpassungselement fehlen. Damit blieben auch Entwicklungen bei der Durchschnittsrendite von Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit unberücksichtigt. Zudem ist das Argument der Vereinfachung nicht überzeugend. Die vorgeschlagene Anpassung hätte zur Folge, dass je nach Vertragsabschlussjahr der Leibrenten nach OR und der ausländischen Leibrentenversicherungen der steuerbare Ertragsanteil unterschiedlich hoch wäre. Die steuerpflichtige Person X, die eine Leibrente nach OR mit Vertragsabschluss im Jahr n erhält, müsste in der gleichen Steuerperiode einen prozentmässig anderen steuerbaren Ertragsanteil versteuern als die steuerpflichtige Person Y, die eine Leibrente nach OR mit Vertragsabschluss im Jahr n+5 erhält. Mit der beantragten Neuregelung wird hingegen für beide Personen der prozentmässig gleiche steuerbare Ertragsanteil massgebend.

Damit der Zeitpunkt für die Bestimmung des Ertragsanteils jedoch auch bei Leibrenten und Verpfründungen nach OR aus dem Gesetzeswortlaut direkt ersichtlich ist, wird der Gesetzeswortlaut ergänzt durch «das betreffende Steuerjahr» (vgl. Ziff. 4.1).

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Die FDK, eine grosse Mehrheit der Kantone, die FDP und die SSK beantragen, im Gesetz explizit zu ergänzen, dass auch bei Leibrenten nach OR und ausländischen Leibrenten der bei Vertragsabschluss bzw. Rentenbeginn berechnete Ertragsanteil während der gesamten Vertragsdauer gelte.

Bei Leibrenten nach OR und ausländischen Leibrenten wird gemäss den Ausführungen zum vorherigen Punkt nicht auf den Vertragsabschluss abgestellt.

Eine entsprechende Ergänzung von Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe c E-DBG erübrigt sich.

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Die Kantone Schaffhausen und Waadt sowie die SP, der SGB und einzelne Mitglieder des SSV kritisieren die hohen Mindereinnahmen für die Kantone und Gemeinden.

Ziel der Neuregelung ist die Korrektur der heutigen Überbesteuerung bei Rückgewähr und bei Rückkauf von Leibrentenversicherungen sowie bei Rentenleistungen, was zwangsläufig zu Mindereinnahmen führt. Die finanziellen Auswirkungen wurden aufgrund der verbesserten Datengrundlage neu geschätzt. (vgl. Ziff. 5).

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Die FDK, eine grosse Mehrheit der Kantone, der Schweizerische Seniorenrat (SSR), der Schweizerische Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand (EXPERTSuisse), TREUHAND SUISSE (Schweizerischer Treuhänderverband, STV) und die SSK stellen fest, dass die Neuregelung komplex ist.

Damit der steuerbare Ertragsanteil flexibel den jeweiligen Anlagebedingungen angepasst werden kann, ist die neue Regelung zwangsläufig komplexer als die bisherige, die zu schematisch war.

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SGB und SP bemängeln, dass der Bundesrat keine Angaben zur Verteilungswirkung macht. Somit sei unklar, wer von der Neuregelung profitieren würde und in welchem Umfang.

Mangels Daten kann der Bundesrat hierzu keine Ausführungen machen.

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Der Kanton Schaffhausen stellt die Opportunität des Reformprojekts im jetzigen Zeitpunkt infrage. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts des Inkrafttretens der Gesetzesnovelle sei diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen.

Solche Überlegungen waren der Grund für die Sistierung und Neubeurteilung der Vorlage im Jahr 2021. Der Bundesrat wird, nachdem das Parlament die Vorlage verabschiedet hat, die FDK bezüglich des Zeitpunkts des Inkrafttretens konsultieren.

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Einzelne Mitglieder des SSV wünschen, dass die Mindereinnahmen kompensiert werden.

Eine Gegenfinanzierung ist nicht vorgesehen und drängt sich angesichts der geringen Mindereinnahmen auch nicht auf.

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Für die Fédération des Entreprises Romandes (FER) und das Centre Patronal (CP) ist die steuerliche Behandlung besser ins Gleichgewicht zur Besteuerung der 2. Säule zu bringen. Die 2. Säule sei bereits heute gegenüber der 3. Säule benachteiligt, weil die volle Rente der Einkommenssteuer unterliege.

Die 2. Säule ist nicht schlechter gestellt als die Säule 3b, da bei der 2. Säule der Abzug der Prämien möglich ist. Bei der Säule 3b ist der Abzug der Lebensversicherungsprämien zumindest beim Bund in der Regel nicht möglich, da der Pauschalabzug bereits für die Krankenkassenprämien ausgeschöpft wird.

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Der STV beantragt, für die Besteuerung der Leibrenten eine maximale Prozentgrenze einzuführen, beispielsweise 50 Prozent. Würden die Zinsen infolge ausserordentlicher Situationen auf über 5 Prozent steigen, so könne der steuerbare Anteil der Rentenleistung auch mehr als 50 Prozent betragen. Die hohen Zinsen seien teilweise ein Abbild der Inflationsfolgen, die den Kaufkraftverlust ausgleichen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen erhöhe sich jedoch nicht im gleichen Umfang und die Zinshöhe werde nicht vollumfänglich durch den Ausgleich der kalten Progression abgefedert.

Der Bundesrat erachtet eine maximale Prozentgrenze als sachwidrig. Das Argument mit der Inflation stimmt zwar, aber dieses trifft bei Kapitalerträgen immer zu. Es gilt das Nominalwertprinzip.

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Für den Kanton Basel-Landschaft, die FDP, das CP und den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) sind die Bestimmungen zur steuerlichen Behandlung

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von Renten nach VVG, OR und ausländischen Rentenversicherungen zu vereinheitlichen, damit eine Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Rentenleistungen verhindert wird.

Bei der Leibrente und der Verpfründung nach OR besteht im Gegensatz zur Leibrentenversicherung nach VVG kein Anspruch auf eine Überschussbeteiligung. Deshalb sieht der Bundesrat unterschiedliche Regeln für die Bestimmung des steuerbaren Ertragsanteils vor. Mit der individuellen Erfassung der Überschussrente in die Bemessungsgrundlage für die Einkommenssteuer wird eine angemessene Besteuerung von Leibrentenversicherungen nach VVG sichergestellt. Bei ausländischen Versicherungsprodukten wiederum besteht das Problem, dass ausländische Versicherer nicht den gleichen Meldepflichten unterliegen wie inländische Versicherer, weshalb auch bei ausländischen Leibrentenversicherungen die gleiche Besteuerungsmethode wie für Leibrenten nach OR zur Anwendung gelangen soll.

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Gemäss dem Kanton Schwyz soll die neu geregelte Bescheinigungspflicht der Versicherer gegenüber der steuerpflichtigen Person auch im Steuerharmonisierungsgesetz vom 14. Dezember 19908 (StHG) aufgenommen werden. Allenfalls sei Artikel 43 StHG vorab generell an Artikel 127 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19909 über die direkte Bundessteuer (DBG) anzupassen.

Artikel 43 StHG ist im Vergleich zu Artikel 127 DBG bereits heute sehr offen formuliert. Der Lohnausweis fällt beispielsweise auch darunter, obwohl er nicht namentlich aufgeführt ist. Die neue Bescheinigungspflicht gilt durch die offene Formulierung bereits als abgedeckt.

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Der SVV und der Kanton Schwyz beantragen, Artikel 19 Absatz 4 VStG so zu ergänzen, dass die Versicherer zusätzlich zu den erbrachten Leistungen auch noch den gesamten steuerbaren Ertragsanteil, bestehend aus dem Ertragsanteil der garantierten Leistungen und demjenigen der Überschussleistungen, der ESTV melden sollen. Aus Sicht des SVV kann damit der Sicherungszweck der Verrechnungssteuermeldung verbessert werden.

Der Bundesrat hält ­ wie im Vorentwurf der Vernehmlassungsvorlage dargestellt ­ daran fest, dass die genauen Informationen, welche die Versicherer der ESTV melden müssen, in der Verrechnungssteuerverordnung vom 19. Dezember 196610 (VStV) geregelt werden und nicht im VStG. Falls sich künftig bezüglich Informationen etwas ändern sollte, ist eine Änderung der VStV schneller und einfacher umzusetzen. Zudem wird in der vorliegenden Botschaft festgehalten, welche Informationen gemeldet werden sollen, wozu auch der gesamte steuerbare Ertragsanteil und seine genaue Zusammensetzung gehören (vgl. Ziff. 3.2).

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SR 642.14 SR 642.11 SR 642.211

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Für den Kanton Schwyz soll die ESTV die von den Versicherern bescheinigten Ertragsanteile zentral überprüfen.

Das Formular trifft bei der ESTV ein und wird auf elektronischem Weg an die kantonalen Steuerbehörden weitergeleitet. Bei der ESTV findet keine inhaltliche Prüfung statt, da die Kantone die Veranlagung der direkten Steuern und damit die Prüfung der korrekten Deklaration vornehmen. Im Rahmen von Steuerkontrollen kann die ESTV zusätzlich eine stichprobenweise Prüfung des steuerbaren Ertragsanteils vornehmen.

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Der STV hält fest, dass das Meldeverfahren von den Versicherern über die ESTV an die kantonalen Steuerverwaltungen zu Doppelspurigkeiten führe.

Wie beim Lohnausweis könne gesetzlich vorgeschrieben werden, dass die betreffende Bescheinigung mit der Steuererklärung eingereicht werden müsse.

Auf diesem Weg würden auch die kantonalen Steuerverwaltungen in den Besitz der notwendigen Informationen für die Besteuerung gelangen. Ein zusätzliches Meldeverfahren sei nicht nötig.

Tatsächlich ist der Aufwand grösser. Dieser betrifft jedoch nur die Versicherer, und diese sind mit der vorgesehenen Meldung einverstanden. Auch die SSK befürwortet die Meldung. Die Sicherungsfunktion kann so ausgebaut werden. Zudem sind die Informationen zum Rückkaufswert nicht in beiden Meldungen enthalten, weshalb die Zusatzmeldung für die Kantone wichtig ist und durchaus Sinn macht.

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Der Kanton Basel-Landschaft bemerkt, dass es unklar sei, was passiere, wenn die steuerpflichtige Person den Ertragsanteil unwillentlich falsch berechne und deklariere.

Bereits unter dem geltenden Recht ist es nicht ausgeschlossen, dass die steuerpflichtige Person ihre Einkünfte aus einer Leibrente falsch deklariert oder bei der Deklaration einen Rechnungsfehler macht. Auch wenn die neu vorgesehene Lösung etwas komplexer ist, kann bezüglich solcher Falschdeklarationen wie bisher vorgegangen werden.

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Der Kanton Basel-Landschaft hält fest, dass im Rahmen des AIAInformationsaustauschs ein Abgleich von gemeldeten ausländischen Rentenleistungen zur Selbstdeklaration deutlich erschwert werde, wenn der steuerbare Ertragsanteil separat mittels einer komplexen Formel berechnet werden müsse.

Die Berechnung einer ausländischen Rente wird mit der vorgesehenen Änderung nicht schwieriger als heute. Für ausländische Leibrentenversicherungen gelten dieselben Regeln wie bei den Leibrenten nach OR. Anstelle der heutigen fixen 40 Prozent muss ein anderer Satz (steuerbarer Ertragsanteil) herangezogen werden.

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Grundzüge der Vorlage

3.1

Überblick

Von Leibrenten wird heute ein Anteil von 40 Prozent als pauschaler Ertrag besteuert.

Dies ist im heutigen Zinsumfeld zu hoch. Mit der beantragten Neuregelung wird durch die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils mittels einer Formel der steuerbare Ertragsanteil der Leibrenten flexibel den jeweiligen Anlagebedingungen angepasst. Zur Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils der Leibrentenversicherungen wird der maximale technische Zins gemäss Artikel 121 Absatz 1 der Aufsichtsverordnung vom 9. November 200511 (AVO) herangezogen. Dieser Höchstzinssatz wird durch die FINMA transparent festgelegt. Entsprechend kann für alle Versicherungsvertragsabschlüsse eines Kalenderjahrs ein einheitlicher pauschaler Ertragsanteil hergeleitet werden.

Eine Leibrentenversicherung nach VVG besteht aus einer garantierten Rentenleistung und in der Regel aus einer Überschussbeteiligung. Eine technische Anhörung des SVV durch die ESTV hat ergeben, dass die Herleitung eines pauschalen Ertragsanteils sowohl für die garantierten Rentenleistungen als auch für die Überschussbeteiligung zu keinem angemessenen Resultat führt. Die Überschussbeteiligung ist nicht auf garantierte technische Zinsen zurückzuführen. Sie wird zusätzlich zu den ursprünglich garantierten tariflichen Leistungen, basierend auf dem Kosten-, Risiko- und Anlageergebnis, ausbezahlt. Um eine steuersystematisch angemessene Besteuerung sicherzustellen, schlägt der Bundesrat deshalb vor, dass die pauschale Berechnung des Ertragsanteils ausschliesslich die bei Vertragsabschluss garantierte Rentenleistung erfasst. Die Überschussrente soll hingegen effektiv aus der Überschussbeteiligung ermittelt werden und individuell in die Bemessung der Einkommenssteuer einfliessen.

Die Leibrente und die Verpfründung nach OR bestehen in der Regel auch aus einer Kapitalrückzahlungs- und einer Ertragskomponente, wobei kein Anspruch auf eine Überschussbeteiligung vorgesehen ist. Deshalb soll für die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils für Leibrenten und Verpfründungen nach OR statt auf den Höchstzinssatz der FINMA auf die Durchschnittsrendite der Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit abgestellt werden. Die gleiche Regelung kommt bei ausländischen Leibrentenversicherungen zur Anwendung. Um eine Besserstellung gegenüber Leibrentenversicherungen nach VVG zu vermeiden
und die Ertragskomponente ausländischer Lebensversicherungen realitätsnäher zu erfassen, wird bei der Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils bei Leibrenten und Verpfründungen nach OR sowie bei ausländischen Leibrentenversicherungen die Durchschnittsrendite von Bundesobligationen um einen Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten, erhöht. Für das Steuerjahr 2020 ist somit die zwischen 2011 und 2020 erzielte Durchschnittsrendite zu berücksichtigen. Das ergibt für 2020 eine Durchschnittsrendite von 0,23 Prozent. Mit dem Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten beträgt der für den steuerbaren Ertragsanteil massgebende Zinssatz 0,73 Prozent. Wird dieser Zinssatz (m) in die Formel gemäss Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe c E-DBG eingefügt, so lässt sich daraus ein steuerbarer Ertragsanteil von gerundet 9 Prozent berechnen.

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SR 961.011

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Die neue Regelung findet auf Leibrentenversicherungen nach VVG, auf Leibrenten und Verpfründungen nach OR sowie auf ausländische Leibrentenversicherungen Anwendung. Für Pensionen und Renten aus der 2. Säule und der Säule 3a ergeben sich mit der vorliegenden Gesetzesrevision keine Änderungen. Der Begriff der Leibrente, wie er in der neuen Regelung verstanden wird, entspricht demjenigen des bisherigen Rechts. Lediglich die Berechnung ihres steuerbaren Ertragsanteils wird geändert und kann von Jahr zu Jahr variieren.

3.2

Umsetzung

Da die kantonalen Veranlagungsbehörden die beantragte Neuregelung umsetzen müssen, hat die ESTV vorgängig auch mit der Arbeitsgruppe Vorsorge der SSK eine technische Anhörung durchgeführt. Diese hat ergeben, dass eine erfolgreiche Umsetzung nur möglich ist, wenn die Versicherer den Steuerbehörden die für die Besteuerung relevanten Informationen melden. So kann in der Praxis die korrekte Besteuerung der Leibrentenversicherungen nach VVG sichergestellt werden. Um diesen Informationsfluss sicherzustellen, ist eine Anpassung des Meldeverfahrens nach VStG für Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach VVG notwendig. Mit diesem Verfahren wird gewährleistet, dass den kantonalen Steuerverwaltungen die notwendigen Informationen via ESTV zufliessen. Eine Anpassung des Meldeverfahrens nach VStG drängt sich auch aus praktischen Gründen auf, da dieses in rein elektronischer Form erfolgen wird und der administrative Aufwand somit sowohl für die Versicherer als auch für die Steuerbehörden minimiert werden kann.

Erhalten die kantonalen Steuerbehörden die notwendigen Informationen, so können sie kontrollieren, ob die Berechnung des pauschalen Ertragsanteils und die Ermittlung des steuerbaren Einkommens korrekt erfolgt sind.

Damit die kantonalen Steuerbehörden die richtigen Informationen erhalten, soll die VStV durch eine Bestimmung ergänzt werden, die festhält, welche Informationen die Versicherer der ESTV jährlich zu melden haben. Zudem wird die ESTV ein entsprechendes Formular erstellen (vgl. Art. 19 Abs. 1 VStV), mit welchem diese Informationen der ESTV gemeldet werden sollen. Betroffen sind dabei die folgenden Informationen: ­

Abschlussjahr des Versicherungsvertrags: Damit wird der Höchstzinssatz der FINMA bestimmt, der für die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils benötigt wird.

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Betrag der garantierten Rentenleistung: Hierauf ist der steuerbare Ertragsanteil anzuwenden. Der damit berechnete Betrag fliesst in die steuerliche Bemessungsgrundlage.

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Überschussleistungen: Damit sind die Überschüsse zu 100 Prozent gemeint.

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Ertragsanteil aus den Überschussleistungen: Dieser Betrag entspricht 70 Prozent der Überschussleistungen. Er stellt steuerbares Einkommen dar.

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gesamter steuerbarer Ertragsanteil: Er besteht aus den steuerbaren Überschüssen und der aus der garantierten Rentenleistung mit dem steuerbaren Ertragsanteil berechneten steuerbaren Leistung.

3.3

Besteuerung bei Rückgewähr und Rückkauf

Die technischen Anhörungen des SVV und der SSK-Arbeitsgruppe Vorsorge haben ergeben, dass die bis anhin geltende Praxis zur Besteuerung der Rückgewähr bei Tod sowie zur Besteuerung des Rückkaufs im Grundsatz weitergeführt werden kann. Wie die folgende Tabelle zeigt, wird in den Fällen der Rückgewähr bei Tod und des Rückkaufs, der als der Vorsorge dienend gilt, bei der Bemessungsgrundlage neu zwischen der garantierten Leistung nach Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe a DBG und einer allfälligen Überschussleistung nach Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe b DBG differenziert.

Die Steuerberechnung erfolgt wie bisher nach Artikel 38 DBG getrennt vom übrigen Einkommen zu einem Fünftel des Tarifs. Gilt der Rückkauf nicht als der Vorsorge dienend, ändert sich gegenüber der geltenden Praxis nichts.

Bemessungsgrundlage

Steuerberechnung

Rückgewähr bei Tod

Garantierte Leistung

Art. 22 Abs. 3 Bst. a DBG Art. 38 DBG

Überschussleistung

Art. 22 Abs. 3 Bst. b DBG Art. 38 DBG

Rückkauf, der Vorsorge dienend

Garantierte Leistung

Art. 22 Abs. 3 Bst. a DBG Art. 38 DBG

Überschussleistung

Art. 22 Abs. 3 Bst. b DBG Art. 38 DBG

Rückkauf, nicht der Vorsorge dienend

Effektiver Ertrag nach Zusammen mit dem Art. 20 Abs. 1 Bst. a DBG übrigen Einkommen zum ordentlichen Tarif (Art. 36 DBG)

Die beantragte Neuregelung hat keine Auswirkungen auf die bisherige Besteuerungsmethode und folglich auch nicht auf die geltende Rechtsprechung. Sie enthält lediglich eine neue Berechnung des jeweiligen steuerbaren Ertragsanteils für Leistungen aus Leibrentenversicherungen sowie Leibrenten- und Verpfründungsverträgen. Diese neue Ertragsbesteuerung hat jedoch Einfluss auf den Umfang der steuerbaren Leistung auf der Basis des anzuwendenden FINMA-Höchstzinssatzes bzw. der zehnjährigen Bundesobligationen.

Erbschaftssteuer Heute unterliegt bei Rückgewähr im Todesfall die Rentenleistung im Umfang der pauschalen Ertragskomponente der Einkommenssteuer, während die übrigen 60 Prozent pauschal als Rückzahlung des von der verstorbenen Person als Einlage geleisteten und noch nicht aufgebrauchten Kapitals betrachtet werden. Sie fliessen daher bei der empfangenden Person in die Erbschaftsmasse und unterliegen im Kanton des letzten Wohnsitzes der Erblasserin oder des Erblassers je nach kantonaler Regelung der Erbschaftssteuer. Mit der beantragten Neuregelung beträgt der steuerbare Ertragsanteil nicht mehr pauschal 40 Prozent. Folglich ändert sich auch der Umfang des Anteils, 13 / 30

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welcher der Erbschaftssteuer unterliegt. Dieser Anteil ist jedoch den Kantonen bekannt, da die Versicherer auch bei Rückgewähr verpflichtet sind, den Kantonen via ESTV die für eine korrekte Besteuerung notwendigen Informationen zu erstatten.

3.4

Ausländische Versicherungsprodukte

Leibrenten können auch aus ausländischen Versicherungsverträgen stammen. Nicht auszuschliessen sind zudem ausländische Leibrentenverträge analog den Leibrenten nach OR.

Nach geltendem Recht würde hier die Pauschale von 40 Prozent zur Anwendung gelangen (Art. 22 Abs. 3 DBG). Mit der beantragten Neuregelung stellt sich nun die Frage, welche Besteuerungsmethode für ausländische Versicherungsprodukte massgebend sein soll: die Besteuerung von Leibrentenversicherungen nach VVG oder die Besteuerung von Leibrenten nach OR.

Eine Besteuerung von ausländischen Leibrentenverträgen analog den Leibrenten nach OR erscheint unproblematisch. Bei Leibrenten aus ausländischen Versicherungsverträgen erscheint die Situation schwieriger. Aus Sicht der Gleichbehandlung würde sich die gleiche Besteuerungsmethode wie für Leibrentenversicherungen nach VVG aufdrängen. Dies würde jedoch Bescheinigungs- und Nachweisprobleme nach sich ziehen. Während bei Versicherungsverträgen nach VVG der inländische Versicherer rechtlich verpflichtet werden kann, den Steuerbehörden die für die Veranlagung notwendigen Bescheinigungen und Informationen zur Verfügung zu stellen, ist dies bei ausländischen Versicherern nicht möglich. Auch die steuerpflichtige Person als Kundin des ausländischen Versicherers wäre deshalb kaum in der Lage, die notwendigen Angaben für eine Besteuerung der ausländischen Leibrentenversicherungen entsprechend der Besteuerungsmethode für Leibrentenversicherungen nach dem VVG zu liefern, noch könnte die ESTV diese Angaben überprüfen. Deshalb soll bei ausländischen Leibrentenversicherungen dieselbe Besteuerungsmethode wie für Leibrenten nach OR zur Anwendung gelangen.

3.5

Verwendung der AHV-Nummer

Das Bundesgesetz vom 18. Juni 202112 über elektronische Verfahren im Steuerbereich sieht vor, dass Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und Versicherer verpflichtet werden, bei der Meldung von Versicherungsleistungen nach Artikel 7 VStG die AHV-Nummer zu verwenden. Dies ermöglicht den kantonalen Steuerbehörden die eindeutige Zuordnung der Versicherungsleistungen zu den Steuerdossiers. Die Empfänger und Empfängerinnen der Versicherungsleistungen werden ihrerseits verpflichtet, den Versicherern ihre AHV-Nummer bekanntzugeben. Tun sie es nicht, kann der Versicherer die Leistung aufschieben. Diese Neuerungen würden auch für Leibrentenversicherungen nach VVG gelten. Der Bundesrat hat sich nach unbenutz-

12

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14 / 30

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tem Ablauf der Referendumsfrist am 7. Oktober 2021 für eine gestaffelte Inkraftsetzung entschieden. Artikel 38 Absatz 5 VStG wird am 1. September 2022 und Artikel 38 Absatz 4 VStG am 1. Februar 2023 in Kraft treten.

3.6

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Steuerpflichtige Person: Im aktuellen Zinsumfeld sinkt die Steuerbelastung für Leistungen aus Leibrentenversicherungen sowie Leibrenten- und Verpfründungsverträgen, und sie wird auf absehbare Zeit unter dem Niveau des geltenden Rechts bleiben.

Die Pflicht zur Deklaration der Leistungen gegenüber den kantonalen Steuerbehörden bleibt unverändert.

Versicherer: Die neu jährliche und leicht erweiterte Bescheinigungspflicht wird für die Versicherer einen Zusatzaufwand zur Folge haben, insbesondere in der Implementierungsphase. Die betroffenen Lebensversicherer sind ausdrücklich damit einverstanden, den entsprechenden Mehraufwand auf sich zu nehmen.

Kantonale Steuerbehörden: Die Meldungen gemäss VStG, die neu jährlich und in elektronischer Form erfolgen, geben den kantonalen Steuerbehörden verbesserte Kontrollmöglichkeiten. Der administrative Aufwand wird minimiert. Die Einführung der beantragten Neuregelung bedeutet jedoch für die kantonalen Steuerbehörden einen einmaligen Zusatzaufwand bei der Informatik. Die Kantone, die bei Prämienrückgewähr im Todesfall bei Leibrentenversicherungen (Säule 3b) eine Erbschaftssteuer erheben, müssen gegebenenfalls ihre Gesetzgebung über die Erbschaftssteuer anpassen.

ESTV: Für die Erweiterung des elektronischen Meldeverfahrens muss die ESTV ein neues elektronisches Meldeformular erstellen sowie die bestehenden Applikationen anpassen. Diese Anpassungen werden idealerweise im Rahmen eines geplanten Informatikprojekts der ESTV implementiert, das eine Ablösung der heute bestehenden Applikationen und die Digitalisierung des gesamten Prozesses vorsieht. Der dabei entstehende Zusatzaufwand wird im entsprechenden Informatikprojekt der ESTV ausgewiesen. Die Digitalisierung stellt eine Chance für eine effizientere und einfachere Handhabung von Prozessen und Geschäftsvorgängen dar.

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

4.1

Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)

Art. 22 Abs. 3 Die Neuregelung von Absatz 3 enthält keinen fixen Prozentsatz mehr. Sie hält lediglich fest, dass Leibrentenversicherungen sowie Leibrenten- und Verpfründungsverträge im Umfang ihres Ertragsanteils steuerbar sind. Wie dieser Ertragsanteil im Einzelfall bestimmt wird, ist Gegenstand der folgenden Aufzählungselemente (Bst. a­c).

Neu werden die Leibrentenversicherungen, die in der bisherigen Formulierung unter den Leibrenten mitgemeint waren, ausdrücklich erwähnt. Dies rechtfertigt sich damit, weil es sich zum einen um das wirtschaftlich gewichtigste Element der Aufzählung 15 / 30

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handelt. Zum andern ist dies angezeigt, weil die Bestimmung des Ertragsanteils für Leibrentenversicherungen und für Leibrenten unterschiedlichen Regeln folgt.

Die Besteuerung von Rückgewähr und Rückkauf wird im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, sondern ergibt sich aus der sinngemäss weitergeführten bisherigen Praxis (vgl. Ziff. 3.3).

Gemäss der Rechtsprechung sind temporäre Leibrenten (bzw. temporäre Leibrentenversicherungen) mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren steuerlich als Zeitrenten zu behandeln.13 Die Besteuerung fällt damit unter Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a DBG.

Demgegenüber werden temporäre Leibrenten mit einer Laufzeit von über fünf Jahren wie die lebenslänglichen Leibrenten nach Artikel 22 Absatz 3 DBG besteuert. Diese Abgrenzung rechtfertigt sich dadurch, dass temporäre Leibrenten eine Zwischenstellung zwischen lebenslänglichen Renten und Zeitrenten einnehmen. Unter bestimmten Umständen kommt ihnen faktisch der Charakter von Zeitrenten zu, nämlich dann, wenn der Tod während der Rentenlaufzeit wenig wahrscheinlich ist, sodass dieses biometrische Risiko in den Hintergrund rückt.

Lebenslängliche Leibrente

Temporäre Leibrente

Laufzeit über 5 Jahre

Art. 22 Abs. 3 DBG

Zeitrente

Laufzeit bis und mit 5 Jahre

Art. 20 Abs. 1 Bst. a DBG

e: steuerbare Ertragsquote der Rente R K: Einbezahltes Kapital n: Rentenlaufzeit in Jahren R: Jährliche Rente

Die Buchstaben a­c regeln die Bestimmung des steuerbaren Ertragsanteils für garantierte Leistungen aus inländischen Leibrentenversicherungen (Bst. a), Überschussleistungen aus inländischen Leibrentenversicherungen (Bst. b) sowie Leistungen aus ausländischen Leibrentenversicherungen, aus Leibrenten- und aus Verpfründungsverträgen (Bst. c).

Buchstabe a: Die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils für garantierte Leistungen aus Leibrentenversicherungsverträgen basiert auf einem auf das Leben einer 62-jährigen Person abgeschlossenen, mit Einmalprämie finanzierten Modellvertrag mit vorschüssiger Rentenzahlung und Aufschubdauer vor Beginn der Rentenlaufzeit

13

Urteil des Bundesgerichts 2C_596/2007 vom 24. Juni 2008, E. 4.5.

16 / 30

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von zwei Jahren. Auf Basis der Daten des Bundesamtes für Statistik über die Lebenserwartung mit einer bei Beginn der Rentenleistung verbleibenden Restlebensdauer von rund 20 Jahren für Männer und rund 23 Jahren für Frauen lässt sich daraus im Durchschnitt beider Geschlechter eine erwartete Rentenlaufdauer von 22 Jahren ableiten.

Basis dieser Annahmen bildet eine Auswertung eines repräsentativen Schweizer Rentenversicherungsbestandes, aus der ein idealtypischer Modellvertrag mit diesen Modellparametern extrahiert worden ist.14 Ein wesentlicher Parameter der Formel ist der garantierte Zinssatz, welcher bei Vertragsabschluss für die gesamte Laufzeit des Vertrags festgelegt wird. Obergrenze für diesen Zinssatz bildet der von der FINMA, gestützt auf Artikel 36 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 17. Dezember 200415, festgelegte maximale technische Zinssatz gemäss Artikel 121 Absatz 1 AVO. Dieser wird im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmt und gilt für die gesamte Vertragsdauer. Er ist vom Versicherer auszuweisen und fliesst in die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils ein, selbst wenn der garantierte Zinssatz eines Vertrags den maximalen technischen Zinssatz unterschreitet. Entsprechend errechnet sich für alle Abschlüsse eines Kalenderjahrs ein einheitlicher steuerbarer Ertragsanteil ­ unabhängig vom Beginn des Rentenlaufs. Ist der Zinssatz negativ oder null, so beträgt der Ertragsanteil null Prozent.

Berechnungsbeispiel Eine steuerpflichtige Person erhält im Jahr 2020 aus einem im Jahr 2015 abgeschlossenen Leibrentenversicherungsvertrag eine garantierte Rente von 20 000 Franken.

Der maximale technische Zinssatz betrug im Jahr 2015 1,25 Prozent. Der Ertragsanteil berechnet sich dann wie folgt:


= 1

1 + 22 1
100% = 1
22 1 + 23

1.012522 1
100% 14%
22 0.0125 1.012523

Demzufolge ist die erhaltene Rente von 20 000 Franken zu 14 Prozent, d. h. im Umfang von 2800 Franken steuerbar.

Buchstabe b: Bei den Überschussleistungen handelt es sich um versicherungsvertragliche Leistungen, die nicht auf die garantierte technische Verzinsung zurückzuführen sind, sondern in Abhängigkeit des Kosten-, Risiko- und Anlageergebnisses des Versicherers gegebenenfalls zusätzlich zu den ursprünglich garantierten tariflichen Leistungen ausbezahlt werden.

Gemäss den aktuell gültigen regulatorischen Rahmenbedingungen muss der Versicherer die ausbezahlten Überschussleistungen gegenüber dem Versicherungsnehmer ausdrücklich ausweisen.16 Im Gegensatz zum steuerbaren Ertragsanteil im Rahmen 14

15 16

Lang Peter (2012): «Die Altersrentenversicherung der Säule 3b ­ Revisionsbedarf bei den steuerlichen Rahmenbedingungen», Archiv für Schweizerisches Abgaberecht, 81, S. 521­543; S. 529.

SR 961.01 FINMA, Rundschreiben 2016/6 «Lebensversicherung» vom 3. Dezember 2015, RZ 123 ff.

17 / 30

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der garantierten Rentenleistungen sind die jährlich ausbezahlten Überschussleistungen somit eindeutig definiert, ausgewiesen und werden gegenüber dem Versicherungsnehmer kommuniziert. Ein solcher separater Ausweis erfolgt derzeit in der Regel aber noch nicht im Rahmen der Steuerbescheinigung.

Somit kann die Überschussleistung grundsätzlich individuell auf Basis der tatsächlichen Leistung in die Einkommenssteuer einfliessen, um eine steuersystematisch angemessene Besteuerung sämtlicher vertraglichen Leistungen sicherzustellen.

Da die Kapitalrückzahlungskomponente bereits bei der Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils aus der garantierten Leistung vollumfänglich berücksichtigt worden ist, enthält die Überschussleistung keine Kapitalrückzahlungskomponente mehr und könnte daher grundsätzlich zu 100 Prozent besteuert werden.

Da Überschüsse in der Regel aus drei Komponenten (Zins, Risiko, Kosten) gebildet werden, handelt es sich bei einem Teil der geleisteten Überschüsse um Kostenrückerstattungen. Da die Kosten in der Modellrechnung gemäss Buchstabe a nicht berücksichtigt werden, müssten korrekterweise Kostengewinne aus der Überschussrente herausgerechnet werden, weil ansonsten für die Besteuerung eine zu hohe Nettorendite unterstellt wird. Da ein Herausrechnen der effektiven Kostengewinne nicht praktikabel ist, soll die Kostenkomponente pauschal mittels eines Abschlags von 30 Prozent berücksichtigt werden, sodass die Überschussrenten zu 70 Prozent in die Bemessungsgrundlage einfliessen.

Buchstabe c: Bei den Leibrenten und Verpfründungen ist im Unterschied zu den Rentenversicherungen keine Unterscheidung in garantierte Leistung und Überschussleistung erforderlich. Die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils ist daher einfacher.

Sie stützt sich grundsätzlich auf die gleiche Formel wie die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils für die garantierte Versicherungsleistung nach Buchstabe a. Allerdings wird dabei nicht auf den maximalen technischen Zinssatz der FINMA, sondern auf die annualisierte Rendite von Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit im betreffenden Steuerjahr und den neun vorangehenden Jahren abgestellt. Damit wird einerseits dem langfristigen Charakter der Leibrenten Rechnung getragen. Anderseits kann sich der steuerbare Ertragsanteil über die Jahre an das sich verändernde
Zinsniveau anpassen, ohne dass es von Jahr zu Jahr zu sprunghaften Veränderungen des steuerbaren Ertragsanteils kommt. Um eine Besserstellung gegenüber Leibrentenversicherungen nach VVG zu vermeiden, wird bei der Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils bei Leibrenten und Verpfründungen nach OR sowie bei ausländischen Leibrentenversicherungen die Durchschnittsrendite von Bundesobligationen um einen Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten erhöht.

Berechnungsbeispiel Eine steuerpflichtige Person erhält im Jahr 2020 eine Leibrente von 20 000 Franken.

Die Renditen der zehnjährigen Bundesobligationen im Jahr 2020 und den neun vorangehenden Jahren betrugen gemäss der Schweizerischen Nationalbank: 2011

1,47 %

2012

0,65 %

18 / 30

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2013

0,95 %

2014

0,69 %

2015

­ 0,07 %

2016

­ 0,36 %

2017

­ 0,07 %

2018

0,03 %

2019

­ 0,49 %

2020

­ 0,52 %

2011­2020, annualisiert

0,23 %

2011­2020 annualisiert mit Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten

0,73 %

Die annualisierte Rendite der Jahre 2011 bis 2020 beläuft sich auf 0,23 Prozent. Mit dem Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten beträgt der für die Berechnung des Ertragsanteils massgebliche Zinssatz r 0,73 Prozent. Der Ertragsanteil berechnet sich dann wie folgt, wobei der Ertragswert gemäss den kaufmännischen Rundungsregeln17 auf den nächsten ganzen Prozentwert auf- oder abgerundet wird:


= 1

1 + 22 1
100% = 1
22 1 + 23

1.007322 1
100% 9%
22 0.0073 1.007323

Demzufolge ist die erhaltene Rente von 20 000 Franken zu 9 Prozent, d. h. im Umfang von 1800 Franken steuerbar.

Bei Leistungen aus ausländischen Leibrentenversicherungen wird der steuerbare Ertragsanteil ebenfalls gemäss Buchstabe c ermittelt. Der Grund dafür ist, dass die steuerpflichtige Person in der Regel nicht in der Lage wäre, eine nach den Buchstaben a oder b rechtsgenügende Bescheinigung zur Ermittlung der Ertragsanteile einzureichen.

Im Sinne einer Hilfestellung für die Steuerpflichtigen und die kantonalen Steuerbehörden wird die ESTV jährlich eine Liste mit den aktuellen steuerbaren Ertragsanteilen im Sinne von Artikel 22 Absatz 3 Buchstaben a und c E-DBG sowie mit den annualisierten Renditen von Bundesobligationen mit zehnjähriger Laufzeit publizieren.

Art. 33 Abs. 1 Bst. b Wie bisher gelten für Leibrenten im privaten Bereich für den Rentengläubiger und den Rentenschuldner aufeinander abgestimmte Lösungen. Auf der einen Seite hat der Rentengläubiger gemäss Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe c die Ertragskomponente, nicht aber die Kapitalrückzahlungskomponente der einzelnen Rente zu versteuern.

17

Beträgt der nach Buchstabe a. oder c. berechnete Ertragsanteil beispielsweise 8,4999 %, so wird er auf 8 % abgerundet; beläuft er sich auf 8.5000%, so wird er auf 9 % aufgerundet.

19 / 30

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Auf der anderen Seite kann der private Rentenschuldner dieselbe Ertragskomponente von der Einkommenssteuer abziehen.

Wie bisher gilt diese Regelung nicht für geschäftliche Renten, die zulasten eines Unternehmens gehen, da die Einkommensermittlung bei selbstständiger Erwerbstätigkeit nach Artikel 27 erfolgt. Entsprechend ist der Barwert der Rente in der Bilanz zu passivieren.

Die Abzugsfähigkeit der dauernden Lasten bleibt unverändert bestehen.

Art. 127 Abs. 1 Bst. c Diese Bestimmung regelt die Bescheinigungspflicht Dritter gegenüber der steuerpflichtigen Person. Diese sieht bereits unter geltendem Recht vor, dass die Versicherer der steuerpflichtigen Person den Rückkaufswert von Versicherungen sowie die aus Versicherungsverhältnissen ausbezahlten oder geschuldeten Leistungen bescheinigen müssen (vgl. Art. 127 Abs. 1 Bst. c DBG). Die Bestimmung umfasst auch Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach VVG. Die künftige Besteuerung von solchen Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach VVG bedingt jedoch, dass die Versicherer zusätzliche ­ in Artikel 127 Absatz 1 Buchstabe c DBG noch nicht erwähnte ­ Informationen bescheinigen (siehe Ziff. 3.2). Bei Leibrentenversicherungen nach VVG muss der Versicherer zusätzlich das Abschlussjahr der Versicherung, die Höhe der garantierten Leibrente, den gesamten steuerbaren Ertragsanteil nach Artikel 22 Absatz 3 sowie gesondert die Überschussleistungen und den Ertragsanteil aus diesen Leistungen nach Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe b DBG ausweisen. Artikel 127 Absatz 1 Buchstabe c DBG ist entsprechend zu ergänzen.

4.2

Steuerharmonisierungsgesetz (StHG)

Art. 7 Abs. 2 Es wird auf die Erläuterungen zu Artikel 22 Absatz 3 DBG verwiesen.

Art. 9 Abs. 2 Bst. b Es wird auf die Erläuterungen zu Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe b DBG verwiesen.

Art. 72zbis Die Kantone fordern in der Regel rund zwei Jahre, um eine Änderung des StHG in das kantonale Recht umzusetzen. Der Bundesrat wird diesen Umstand bei der Festlegung des Zeitpunkts des Inkrafttretens der Änderung berücksichtigen.

20 / 30

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4.3

Verrechnungssteuergesetz (VStG)

Art. 19 Abs. 3 und 4 Absatz 3: Der Regelungsgehalt bleibt unverändert. Die Formulierung von Absatz 3 wird Absatz 4 angepasst, damit der Artikel insgesamt besser verständlich ist. In beiden Absätzen wird auf das Erfordernis der Schriftlichkeit verzichtet, da die Meldung mittels Formularen elektronisch erfolgt.

Absatz 4: Artikel 7 VStG hält als Grundregel fest, dass unter anderem Leibrenten Gegenstand der Verrechnungssteuer auf Versicherungsleistungen sind, sofern die Versicherung zum inländischen Bestand des Versicherers gehört und bei Eintritt des versicherten Ereignisses der Versicherungsnehmer oder ein Anspruchsberechtigter Inländer ist. Artikel 8 VStG wiederum sieht gewisse Ausnahmen vor. An diesen Grundsätzen und der entsprechenden Praxis soll nichts geändert werden, da die Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach VVG nach dem Gesagten ohne Weiteres unter die Verrechnungssteuerpflicht fallen. Da es sich bei Leibrentenversicherungen nach VVG um Lebensversicherungen handelt18, gilt die Verrechnungssteuerpflicht auch bei Rückkauf und Rückgewähr.

Auch der in Artikel 19 Absatz 1 VStG festgehaltene Grundsatz, wonach der Versicherer seine Steuerpflicht durch Meldung der steuerbaren Leistung zu erfüllen hat, sofern nicht vor Ausrichtung der Leistung der Versicherungsnehmer oder ein Anspruchsberechtigter bei ihm schriftlich Einspruch gegen die Meldung erhoben hat, soll beibehalten werden. Die Meldepflicht entsteht dabei wie bisher im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung.19 Allerdings ist der Zeitpunkt der Meldung, der bislang in Artikel 19 Absatz 3 VStG geregelt wurde, für die periodischen Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach VVG anzupassen, da diesbezüglich ­ anders als in Bezug auf das aktuelle Meldeverfahren bei Versicherungsleistungen nach VStG20 ­ eine jährlich wiederkehrende Meldung erforderlich ist (siehe dazu Ziff. 3.2). Artikel 19 VStG ist daher durch einen Absatz 4 zu ergänzen, welcher festhält, dass die periodischen Leistungen aus Leibrentenversicherungen nach VVG jährlich zu melden sind. Da die ausbezahlten Leibrenten steuerlich zusammen mit dem übrigen Einkommen erfasst werden und entsprechend in der Steuererklärung deklariert werden müssen, sind sie innert 30 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Leistungen erbracht wurden, der ESTV zu melden. Da die Steuererklärung
in der Regel jeweils erst im folgenden Jahr ausgefüllt wird, liegen mit dieser Regelung im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung die notwendigen Informationen zur Kontrolle der Steuererklärung vor.

18

19 20

Vgl. Stefan Widmer, in: Martin Zweifel/Michael Beusch/Maja Bauer-Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. Auflage, Zürich 2012, Art. 7, N 10.

Vgl. Art. 12 Abs. 2 VStG; Pfund, N 2.4. zu Art. 19 Abs. 1 VStG.

Erläuternder Bericht zum Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen; www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen und Anhörungen > 2020 > EFD > Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen (Umsetzung der Motion 12.3814) > Bericht Ziffer 1.2.6.

21 / 30

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Einzig im Falle der Rückgewähr im Todesfall sowie teilweise beim Rückkauf kann es zu einer separaten Besteuerung der Leistung nach Artikel 38 DBG kommen. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, gilt für die Meldung bei Rückgewähr und Rückkauf die Regelung von Artikel 19 Absatz 3 VStG. Dies wird dadurch verdeutlicht, dass Artikel 19 Absatz 4 VStG von periodischen Leistungen spricht, wobei es sich bei Rückkäufen und bei Rückgewähr gerade nicht um solche periodischen Leistungen handelt. Zu beachten ist dabei, dass in Bezug auf Teilrückkäufe, welche ebenfalls keine periodischen Leistungen im Sinne von Artikel 19 Absatz 4 VStG darstellen, ebenfalls die Frist von Artikel 19 Absatz 3 VStG für die Leistung gilt, die zurückgekauft wird. Die allenfalls parallel fliessenden (und nach dem Teilrückkauf wohl gekürzten) periodischen Rentenleistungen sind jedoch separat innert 30 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem diese periodischen Leistungen erbracht wurden, der ESTV zu melden. Damit wird sichergestellt, dass die Steuerbehörden alle Informationen erhalten, die zur Geltendmachung der mit der Versicherung zusammenhängenden Steueransprüche des Bundes und der Kantone notwendig sind.

Die neue Regelung findet nur auf Leibrentenversicherungen nach VVG Anwendung.

Für die übrigen Leibrenten und Pensionen ­ insbesondere Renten aus der 2. Säule und der Säule 3a ­ ergeben sich keine Änderungen.

Artikel 19 Absatz 1 VStG sieht vor, dass gegen die Meldung Einspruch erhoben werden kann. In diesem Fall hat der Versicherer seine Pflicht durch Abrechnung der Verrechnungssteuer zu entrichten. Die Änderung bei der Besteuerung von Leibrentenversicherungen nach VVG macht keine Anpassungen im Bereich der Abrechnung der Verrechnungssteuer notwendig, weshalb in diesem Bereich keine Gesetzes- oder Verordnungsänderungen notwendig sind. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen und die bestehende Praxis in diesem Bereich bleiben gleich. Insbesondere wird die Verrechnungssteuer auf den Leistungen aus den Leibrentenversicherungen nach VVG 30 Tage nach Ablauf jedes Monats für die in diesem Monat erbrachten Leistungen fällig (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. d VStG). Artikel 19 Absatz 4 VStG findet im Bereich der Abrechnung der Verrechnungssteuer keine Anwendung.

Die genauen Informationen, welche die Versicherer der ESTV melden müssen, sollen in der VStV festgehalten werden (siehe dazu Ziff. 3.2).

5

Auswirkungen

5.1

Finanzielle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die ESTV verfügt über keine Daten über das Steueraufkommen aus Leibrentenversicherungen sowie Leibrenten- und Verpfründungsverträgen. Dieses Steueraufkommen und die finanziellen Auswirkungen der Neuregelung müssen daher grob geschätzt werden. Dafür müssen verschiedene Annahmen getroffen werden.

Die FINMA weist die von den Versicherern 2019 geleisteten Zahlungen für Renten, Rückkäufe und Rückgewähr aus. Daraus lässt sich das relevante Volumen der Zahlungen in der Säule 3b gemäss der nachfolgenden Tabelle abschätzen.

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Zahlungen der Versicherer für Renten, Rückkäufe und Rückgewähr aus Einzelrentenversicherungen und anteilsgebundenen Rentenversicherungen 2019 (in Mio. Fr.)

A

Total

Renten

Rückkäufe

Rückgewähr

1271

156

242

B

­ Säule 3a

35

21

14

C

­ Säule 3b

1089

106

42

D=A-B-C

­ Residuum

147

29

186

Säule 3b mit proportionalem Residuumanteil

1231

130

189

E=C+C/(C+B)*D

Quelle: FINMA; Lebensversicherer, Zahlungen für Versicherungsfälle brutto 2019; eigene Berechnung für Säule 3b mit proportionalem Residuumanteil.

Nach geltendem Recht lassen sich die Steuereinnahmen bei der direkten Bundessteuer (DBST; inkl. Kantonsanteil von 21,2 %) auf 31 Millionen Franken und bei der Steuer der Kantone und Gemeinden auf 93 Millionen schätzen. Basis der Berechnung sind: ­

das geschätzte Volumen der Zahlungen aus Einzelrentenversicherungen und anteilsgebundenen Rentenversicherungen für Renten, Rückkäufe und Rückgewähr;

­

der steuerbare Ertragsanteil von 40 Prozent gemäss geltendem Recht;

­

die unterstellten Steuersätze von 6 Prozent für Renten und 1,2 Prozent bei Rückkäufen und Rückgewähr bei der direkten Bundessteuer;

­

die unterstellten Steuersätze von 18 Prozent für Renten und 3,6 Prozent bei Rückkäufen und Rückgewähr bei der Steuer von Kantonen und Gemeinden.

Geschätzte Steuereinnahmen aus Rentenversicherungen nach geltendem Recht im Jahr 2019 Leistung in Steuerbarer Steuersatz Steuersatz Kantone Steuereinnahmen Steuereinnahmen Mio. Fr. Ertragsanteil DBST und Gemeinden DBST in Mio. Fr.

Kantone und Gemeinden in Mio. Fr.

Renten Rückkäufe Rückgewähr Total

A

B

C

D

E=A*B*C

F=A*B*D

1231 130 189 1551

40 % 40 % 40 %

6,0 % 1,2 % 1,2 %

18,0 % 3,6 % 3,6 %

29,556 0,625 0,906 31,087

88,667 1,876 2,718 93,262

Quelle: ESTV

Mit dem Reformvorschlag fliessen die Zahlungen zu einem geringeren Anteil in die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer ein. Der steuerbare Ertragsanteil hängt 23 / 30

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von der Höhe des maximalen technischen Zinssatzes ab. Für Versicherungsverträge mit Abschluss zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2021 resultiert ­ je nach Abschlussjahr ­ auf der maximalen technischen Verzinsung ein steuerbarer Ertragsanteil von zwischen 30 Prozent und 1 Prozent. Hinzu kommt eine allfällige Überschussbeteiligung, die zu 70 Prozent steuerbar ist.

Maximaler technischer Zinssatz und steuerbarer Ertragsanteil von Franken-Policen Vertragsabschluss im Jahr

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021

Maximaler technischer Zinssatz (Art. 121 Abs. 1 AVO)

Steuerbarer Ertragsanteil auf maximaler technischer Verzinsung

Policen mit Einmaleinlage

Sonstige Policen

Policen mit Einmaleinlage

Sonstige Policen

3,00 % 2,75 % 2,75 % 2,50 % 2,25 % 2,25 % 2,00 % 2,00 % 2,00 % 2,00 % 1,75 % 1,75 % 1,50 % 1,50 % 1,25 % 1,25 % 0,50 % 0,05 % 0,05 % 0,05 % 0,05 % 0,05 %

3,00 % 2,75 % 2,75 % 2,50 % 2,25 % 2,25 % 2,00 % 2,00 % 2,00 % 2,00 % 1,75 % 1,75 % 1,50 % 1,50 % 1,25 % 1,25 % 0,75 % 0,25 % 0,25 % 0,25 % 0,25 % 0,25 %

30 % 28 % 28 % 26 % 24 % 24 % 21 % 21 % 21 % 21 % 19 % 19 % 17 % 17 % 14 % 14 % 6% 1% 1% 1% 1% 1%

30 % 28 % 28 % 26 % 24 % 24 % 21 % 21 % 21 % 21 % 19 % 19 % 17 % 17 % 14 % 14 % 9% 3% 3% 3% 3% 3%

Steuerbarer Ertragsanteil auf Überschussbeteiligungen

70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 % 70 %

Quelle: FINMA: maximaler technischer Zinssatz; ESTV: Steuerbarer Ertragsanteil

Aufgrund einer Auswertung des Versicherungsbestandes der Swiss Life lassen sich die periodischen Rentenleistungen und der gewichtete steuerbare Ertragsanteil nach ihrem technischen Zinssatz gemäss nachfolgender Tabelle einer von drei Klassen zuordnen:

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Gewichteter steuerbarer Ertragsanteil nach Bandbreiten des technischen Zinssatzes Klasse

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3

Bandbreite technischer Zinssatz

Anteil an den periodischen Rentenleistungen

Gewichteter steuerbarer Ertragsanteil (ohne Überschussbeteiligungen)

0,05 % bis 1,75 % 2,00 % bis 2,50 % 3,00 % bis 3,75 %

10 % 50 % 40 %

15 % 23 % 32 %

Quelle: Swiss Life

Damit lassen sich die Steuereinnahmen im Reformszenario bei der direkten Bundessteuer bzw. bei der Einkommenssteuer der Kantone und Gemeinden gemäss den beiden nachfolgenden Tabellen schätzen: Geschätzte Steuereinnahmen der direkten Bundessteuer aus Rentenversicherungen im Reformszenario Art der Leistung

Klasse

Anteil an der Leistung A

Leistung in Mio. Fr.

B=A*Leistung

Gewichteter Unterstellter steuerbarer Steuersatz Ertragsanteil DBST C

D

Steuereinnahmen DBST inkl.

Kantonsanteil DBST in Mio. Fr.

E=B*C*D

Renten Renten Renten Renten

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Total

10 % 50 % 40 % 100 %

123,1 615,7 492,6 1231,5

15 % 23 % 32 %

18 % 18 % 18 %

1,108 8,497 9,458 19,064

Rückkäufe Rückkäufe Rückkäufe Rückkäufe

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Total

10 % 50 % 40 % 100 %

13,0 65,2 52,1 130,3

15 % 23 % 32 %

3,6 % 3,6 % 3,6 %

0,023 0,180 0,200 0,403

Rückgewähr Rückgewähr Rückgewähr Rückgewähr

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Total

10 % 50 % 40 % 100 %

18,9 94,4 75,5 188,8

15 % 23 % 32 %

3,6 % 3,6 % 3,6 %

0,034 0,261 0,290 0,584

Total

Total

20,051

Quelle: ESTV

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Geschätzte Einnahmen der Einkommenssteuer der Kantone und Gemeinden aus Rentenversicherungen im Reformszenario Art der Leistung

Klasse

Anteil an der Leistung A

Leistung in Mio. Fr.

B=A*Leistung

Gewichteter Unterstellter steuerbarer Steuersatz Ertragsanteil DBST C

D

Steuereinnahmen DBST inkl.

Kantonsanteil DBST in Mio. Fr.

E=B*C*D

Renten Renten Renten Renten

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Total

10 % 50 % 40 % 100 %

123,1 615,7 492,6 1231,5

15 % 23 % 32 %

6% 6% 6%

3,325 25,492 28,374 57,191

Rückkäufe Rückkäufe Rückkäufe Rückkäufe

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Total

10 % 50 % 40 % 100 %

13,0 65,2 52,1 130,3

15 % 23 % 32 %

1,2 % 1,2 % 1,2 %

0,070 0,539 0,600 1,210

Rückgewähr Rückgewähr Rückgewähr Rückgewähr

Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Total

10 % 50 % 40 % 100 %

18,9 94,4 75,5 188,8

15 % 23 % 32 %

1,2 % 1,2 % 1,2 %

0,102 0,782 0,870 1,753

Total

Total

60,154

Quelle: ESTV

Da der Beitrag der höher besteuerten Überschussbeteiligungen nicht berücksichtigt werden konnte, sind die Steuereinnahmen im Reformszenario leicht unterschätzt und die finanziellen Auswirkungen der Reform leicht überschätzt.

Die nachfolgende Tabelle fasst die geschätzten Mindereinnahmen infolge der Reform zusammen, die sich im Jahr 2019 ergeben hätten. Demnach hätten sich bei der direkten Bundessteuer Mindereinnahmen von 11 Millionen Franken und bei den Kantonen und Gemeinden Mindereinnahmen von 33 Millionen Franken ergeben. Unter Berücksichtigung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer von 21,2 Prozent hätten sich die geschätzten Mindereinnahmen des Bundes auf 9 Millionen Franken und jene der Kantone und Gemeinden auf 35 Millionen Franken belaufen.

Geschätzte Mindereinnahmen infolge der Reform (in Mio. Fr.)

Steuereinnahmen DBST inkl. Kantonsanteil DBST gemäss geltendem Recht

A

31,087

Steuereinnahmen Kantone und Gemeinden gemäss geltendem Recht

B

93,262

Steuereinnahmen DBST inkl. Kantonsanteil DBST gemäss geltendem Recht

C

20,051

Steuereinnahmen Kantone und Gemeinden gemäss geltendem Recht

D

60,154

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Mindereinnahmen DBST inkl. Kantonsanteil DBST

E= ­(C­A)

11,036

Mindereinnahmen Kantone und Gemeinden exkl.

Kantonsanteil DBST

F= ­(D­B)

33,108

Mindereinnahmen DBST exkl. Kantonsanteil DBST

G=E*(1­=0.212)

Mindereinnahmen Kantone und Gemeinden inkl. Kantonsanteil DBST

H=F+0.212*E

8,696 35,448

Sollte das Zinsniveau weiterhin tief bleiben, dürften sich die Einnahmen mit Auslaufen der Verträge mit höheren maximalen technischen Zinssätzen weiter reduzieren.

Erst nach einer Normalisierung des Zinsumfelds dürften die Einnahmen allmählich wieder steigen.

Bei den weniger bedeutenden obligationenrechtlichen Leibrenten entstehen auf Seiten der Rentengläubiger aufgrund des niedrigeren Ertragsanteils ebenfalls Mindereinnahmen. Befindet sich die Verpflichtung des Rentenschuldners in dessen Privatvermögen, so resultieren auf dieser Seite Mehreinnahmen aufgrund des herabgesetzten Abzugs. Per Saldo dürften daher die finanziellen Auswirkungen aus obligationenrechtlichen Leibrenten sehr moderat ausfallen.

5.2

Personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Der Prozentsatz für die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils muss von den Kantonen jährlich abgerufen werden. Das führt zu einem geringen administrativen Mehraufwand, der jedoch keine personellen Auswirkungen auf die Kantone und die Gemeinden haben sollte.

Auch auf den Bund ergeben sich keine wesentlichen personellen Auswirkungen.

5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit der Vorlage wird die im aktuell tiefen Zinsumfeld resultierende Überbesteuerung der Renten aus Leibrentenversicherungen sowie Leibrenten- und Verpfründungsverträgen beseitigt. Dadurch werden bisherige und neue Empfängerinnen und Empfänger solcher Leistungen entlastet. Leibrentenversicherungen werden relativ zu alternativen Produkten ­ insbesondere Zeitrenten ­ attraktiver.

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6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf die Artikel 128 und 129 der Bundesverfassung (BV)21, die dem Bund die Kompetenz zur Erhebung der direkten Bundessteuer und zur Steuerharmonisierung geben. Der Gesetzgeber ist insbesondere verpflichtet, den Gegenstand der Steuer in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln (Art. 127 Abs. 1 BV).

Im geltenden Recht wird der steuerbare Ertragsanteil der Leistungen aus Leibrentenversicherungen sowie Leibrenten- und Verpfründungsverträgen in Form einer Pauschale umschrieben (Art. 22 Abs. 3 DBG und Art. 7 Abs. 2 StHG). Die Pauschale geht wesensgemäss von einem «Durchschnittsfall» aus. Weicht der Sachverhalt, auf den die Pauschale anzuwenden ist, wesentlich von diesem Durchschnittsfall ab, so führt dies zu einer Unter- oder Überbesteuerung. Die Frage, ob sich eine Pauschale bei den Leibrenten und Leibrentenversicherungen rechtfertigt, wurde in der Vergangenheit wiederholt diskutiert. Insbesondere wurde die Pauschale aufgrund des anhaltend tiefen Zinsniveaus von der Doktrin als unangemessen hoch kritisiert. Auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat auf die systematische Überbesteuerung bei bestimmten Sachverhalten hingewiesen und die Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) infrage gestellt. Dabei hat das Bundesgericht den Handlungsbedarf in Bezug auf die allenfalls nicht mehr angemessene pauschale Ertragskomponente im Umfang von 40 Prozent verortet.22 Die effektive Berechnung der steuerbaren Zinskomponente bezogen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wäre zwar die beste Lösung, weil sie den Umständen des Einzelfalls gerecht würde. Die Berechnung müsste nämlich getrennt nach Rentenbeginn, Alter und Geschlecht erfolgen. Diese Option wurde jedoch verworfen, einerseits, weil sie den administrativen Aufwand allseitig markant erhöhen würde, und andererseits, weil bei Leibrenten von Privaten keine Zinskomponente ausgemacht werden kann. Die beantragte Neuregelung ist sachgerecht, denn sie enthält Elemente der pauschalen und der effektiven Besteuerung. Durch die Berechnung des steuerbaren Ertragsanteils mit der Formel in Abhängigkeit vom FINMA-Höchstzinssatz bzw.

von der Rendite zehnjähriger Bundesobligationen wird den jeweiligen Anlagebedingungen Rechnung getragen. Die heutige systematische Überbesteuerung
bei Rentenleistungen wird damit beseitigt, und das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) wird eingehalten. Die Überbesteuerung bei Rückgewähr und bei Rückkauf von Leibrentenversicherungen wird deutlich gemildert.

Mit der Verankerung der Formel im Gesetz lässt sich zudem weiterhin der Umfang des Steuerobjekts direkt aus dem Gesetz herleiten. Damit erfüllt die Vorlage die Anforderung von Artikel 127 Absatz 1 BV, wonach die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, sowie der Gegenstand der Steuer und deren Bemessung in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln ist.

21 22

SR 101 Steuerentscheid: StE 2013 B 26.21 Nr. 6 und Urteil des Bundesgerichts 2C_437/2020 vom 17. Februar 2021, E. 3.2.2.

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6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die vorgesehenen Bestimmungen betreffen die Steuererhebung, die ausschliesslich Sache der schweizerischen Steuerhoheit ist. Die Erhebung der direkten Bundessteuer oder der Verrechnungssteuer sowie die Bestimmung des Steuerobjekts stehen einzig dem Bundesgesetzgeber zu. Die von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) weisen das Besteuerungsrecht für Leibrenten entweder dem Ansässigkeitsstaat der begünstigten Person oder dem Quellenstaat zu, aus dem die Leibrente stammt. Wenn die begünstigte Person in der Schweiz ansässig ist, kann die Schweiz die Leibrente nach schweizerischem Recht besteuern und muss, wenn das DBA dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht einräumt, eine allfällige Doppelbesteuerung vermeiden (vgl. z. B. die DBA mit Schweden und Südafrika). Die vorgesehenen Bestimmungen sind mit den von der Schweiz geschlossenen DBA vereinbar.

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