BBl 2022 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

Controlling von Offset-Geschäften Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 25. Januar 2022

2022-0223

BBl 2022 261

BBl 2022 261

Bericht 1

Einleitung

Beschafft der Bund Rüstungsgüter im Umfang von mind. CHF 20 Mio. im Ausland, müssen sich ausländische Lieferanten üblicherweise zu Kompensationsgeschäften im selben finanziellen Umfang mit der Schweizer Industrie verpflichten. Diese Kompensationsgeschäfte, auch Industriebeteiligungen oder Offsets genannt, haben zum Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der Unternehmen der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB) zu stärken. Die Zuständigkeit liegt beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), genauer gesagt beim Bundesamt für Rüstung (Armasuisse), dem gemeinsam mit dem Offset-Büro Bern (OBB)1 auch das Controlling der OffsetGeschäfte obliegt. Beim Controlling handelt es sich um ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung.

Frühere Evaluationen und verschiedene Fachpersonen haben die Angemessenheit des Rechtsrahmens für Offset-Geschäfte in Frage gestellt und aufgezeigt, dass nicht alle Kriterien konsequent eingehalten werden, was Fragen zur Zweckmässigkeit des Controllings aufwirft2.

Vor diesem Hintergrund beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) am 28. Januar 2020 damit, das Controlling von Offset-Geschäften zu evaluieren. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Ständerates (GPK-S) beschloss am 25. Mai 2020, dass sich die Evaluation auf die folgenden Fragen fokussieren sollte: ­

Sind der Rechtsrahmen und die Ziele für das Controlling der Offset-Geschäfte zweckmässig?

­

Sind die Instrumente des Controllings zweckmässig?

­

Sind die Durchführung und die Organisation des Controllings angemessen?

­

Ist die Berichterstattung von Armasuisse über die Offset-Geschäfte ausreichend transparent?

Für die Beantwortung der Evaluationsfragen stützte sich die PVK grösstenteils auf Dokumentenanalysen. Zusätzlich wurden 34 Interviews mit den für Offset-Geschäfte zuständigen Personen bei Armasuisse und beim OBB sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der von den Offset-Geschäften betroffenen Branchenverbände durchgeführt. Ausserdem wurden in einem externen Begleitmandat, erstellt von Prof. hon.

1

2

Das Offset-Büro Bern wird vom Verband ASIPRO (Association for Swiss Industry Participation in Security and Defence Procurement Programs, ein Zusammenschluss der Verbände Swissmem, GRPM, digitalswitzerland und Swissmechanic) betrieben. Vgl. FN 39 und 40.

Eidgenössische Finanzkontrolle (2016): Wirksamkeit der Organisation von Kompensationsgeschäften bei der Beschaffung von Rüstungsgütern, Armasuisse, 23.2.2016; Eidgenössische Finanzkontrolle: Rüstungsbeschaffung im Ausland, Evaluation der Kompensationsgeschäfte, September 2007; Grüter, Kurt (2019): Die Beurteilung von Offsets bei Rüstungsbeschaffungen, Bericht zuhanden der Vorsteherin des VBS, 30.4.2019.

2 / 26

BBl 2022 261

Etienne Poltier, der Rechtsrahmen und die Rechtsmässigkeit des Controllings von Offset-Geschäften geprüft.

Die Subkommission EDA/VBS der GPK-S behandelte den Evaluationsbericht3 der PVK an ihren Sitzungen vom 17. Mai und 30. Juni 2021. Am 30. Juni 2021 informierte der Bundesrat über den Typenentscheid für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge (NKF) und der neuen Systeme der bodengeschützten Luftverteidigung grösserer Reichweite (Bodluv GR) im Rahmen des Programms Air2030.4 Die Anforderungen des Bundesrates für diese Beschaffungen sehen vor, dass der Kaufpreis der Kampfflugzeuge zu 60 Prozent und der Bodluv GR zu 100 Prozent mit Offsets kompensiert wird. Dies führt zu einem starken Anstieg des Volumens der Offset-Geschäfte in den kommenden Jahren. Die direkten Kompensationsgeschäfte stellten zudem eines der Zuschlagskriterien im Verfahren dar. Dies ist eine Ausnahme, da die Industriebeteiligungen bislang üblicherweise nicht in die Evaluationsverfahren einer Beschaffung eingeflossen sind.

Für die GPK stellt sich deshalb die Frage, ob die Kontrolle von Offset-Geschäften durch die Bundesverwaltung funktioniert, ob die vorhandenen Kontrollmechanismen zweckmässig sind und die im Zuge der Air2030 Beschaffungen erwartete Erhöhung des Offset-Volumens mit den vorhandenen Instrumenten und Prozessen bewältigt werden kann.

Für die Erarbeitung des vorliegenden Berichtes holte die Subkommission zusätzlich schriftliche Informationen bei der Vorsteherin des VBS ein und führte am 19. August 2021 eine Anhörung mit einer Vertretung von Armasuisse durch. Der vorliegende Bericht wurde von der GPK-S am 9. November 2021 behandelt und am 25. Januar 2022 verabschiedet und zusammen mit dem Evaluationsbericht der PVK dem Bundesrat übermittelt.

2

Feststellungen und Empfehlungen

2.1

Einleitende Bemerkungen

Die GPK-S hat aufgrund des PVK-Berichtes verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich des Controlling-Prozesses identifiziert. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S wurde im Rahmen ihrer weiterführenden Arbeiten über diverse Massnahmen der Armasuisse informiert, welche die Problemhinweise aus dem PVK-Bericht beheben sollen. Diese Massnahmen wurden parallel zur PVKEvaluation bzw. darauf aufbauend beschlossen. Die Kommission begrüsst, dass die Verwaltung die Arbeit der PVK so eng verfolgt und erste Massnahmen zur Verbesserung der Prozesse beschlossen hat. Die Kommission hat sich eingehend mit den Resultaten der PVK-Evaluation befasst und die Neuerungen, welche seit Abschluss der

3

4

Controlling von Offset-Geschäften, Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 4. Mai 2021; im Folgenden PVK-Bericht.

Air2030: Bundesrat beschliesst Beschaffung von 36 Kampfflugzeugen des Typs F-35A, Medienmitteilung des Bundesrats vom 30. Juni 2021.

3 / 26

BBl 2022 261

Evaluation erfolgt sind, soweit möglich in den vorliegenden Bericht einfliessen lassen. Sie ist in verschiedenen Bereichen, welche im vorliegenden Bericht behandelt werden, auf Handlungsbedarf gestossen.

2.2

Rechtsgrundlagen und Ziele

Die PVK prüfte zunächst die Kohärenz des Rechtsrahmens. Dazu analysierte sie die internationalen und bundesgesetzlichen Grundlagen wie auch die Weisungen und Reglemente auf Stufe Departement und Amt. Des Weiteren analysierte die PVK die Ziele von Offset-Geschäften daraufhin, ob sie präzise formuliert und die gewünschte Auswirkung auf die Offset-Begünstigten klar definiert ist. Die PVK untersuchte ebenfalls die Modalitäten der Aufsicht des Bundes über die am Controlling beteiligten Akteure, die für die Durchführung zuständig sind. Schliesslich prüfte sie, ob das Legalitätsprinzip eingehalten wird. Im folgenden Kapitel werden die Erkenntnisse und Empfehlungen der GPK-S in Zusammenhang mit diesen Punkten dargelegt.

2.2.1

Rechtsrahmen

Die rechtlichen Grundlagen für Kompensationsgeschäfte finden sich einerseits im Rechtsrahmen im engeren Sinne. Darunter zählen die Rechtsbestimmungen in internationalen Übereinkommen (namentlich das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen5), der Bundesverfassung (BV) und die einschlägigen Gesetze (namentlich Militärgesetz6 und Kriegsmaterialgesetz7). Das genannte WTOÜbereinkommen sieht für Beschaffungsgeschäfte, welche mit dem Schutz der nationalen Sicherheit oder der Landesverteidigung zusammenhängen, eine Ausnahme8 von der internationalen Wettbewerbsfreiheit vor. Dementsprechend ist auch das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)9, welches das WTOÜbereinkommen im Schweizer Recht umsetzt, nicht auf die Bereiche der nationalen Sicherheit und der Verteidigung anwendbar. In der BV und den entsprechenden Gesetzen finden sich die Grundsätze der Schweizer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Offset-Geschäfte finden darin hingegen keine Erwähnung.10 Die gesetzlichen Grundlagen werden durch Verwaltungsverordnungen, d.h. Weisungen des Bundesrates oder der Bundesverwaltung konkretisiert. Die PVK bezeichnet diese Weisungen in ihrem Bericht als Rechtsrahmen im weiteren Sinne. Dieser besteht insbesondere aus den folgenden drei Dokumenten: den Grundsätzen des Bundesrates 5

6 7 8 9 10

Revidiertes Übereinkommen vom 15.4.1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422), gültig in der Schweiz seit dem 1. Jan. 2021; im Folgenden WTO-Übereinkommen.

Bundesgesetz vom 3.Feb. 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10).

Bundesgesetz vom 13. Dez. 1996 über das Kriegsmaterial (KMG, SR 514.51) Art. III Abs. 1 WTO-Übereinkommen.

Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1).

Vgl. Ziff. 2.1 und 3.1 PVK-Bericht.

4 / 26

BBl 2022 261

für die Rüstungspolitik des VBS11, der Rüstungsstrategie des VBS12 und der OffsetPolicy von Armasuisse13. In den beiden erstgenannten Dokumenten finden sich nur wenige Bestimmungen zu Offset-Geschäften. Beide nennen als Ziel von Offset-Geschäften die Stärkung der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz, insbesondere der STIB. Die Offset-Policy von Armasuisse präzisiert die Kriterien, die Offset-Geschäfte auf operativer Ebene erfüllen müssen, so z.B. die regionale Verteilung.14 Die Weisung wurde parallel zur PVK-Evaluation und zur Verfassung des PVK-Berichtes überarbeitet. Die PVK erhielt während der Evaluation Einsicht in den Entwurf der neuen Offset-Policy, jedoch weicht die am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Fassung in einigen Punkten von diesem Entwurf ab. Im vorliegenden Bericht wird, sofern nicht anders ausgewiesen, auf die aktuell geltende Version vom 1. Juli 2021 verwiesen.

Das von der PVK in Auftrag gegebene Rechtsgutachten ging der Frage nach, ob der geltende Rechtsrahmen dem Legalitätsprinzip entspricht. Der beauftragte Rechtsgutachter kommt zum Schluss, dass aufgrund eines wenig ausgebauten Rechtsrahmens das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV) vollständig eingehalten wird: Das für Rüstungsbeschaffungen vorgesehene System ist insbesondere sowohl mit dem internationalen als auch dem nationalen Recht im Einklang.15 In den Rechtsgrundlagen im engeren Sinne finden gemäss Analyse der PVK und dem externen Rechtsgutachten Offsets keine explizite Erwähnung. Neben der allgemeinen Bestimmung, wonach mit Rüstungsbeschaffungen dafür gesorgt werden soll, dass die Schweiz über die zur Verteidigung benötigten Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen soll, enthalten die einschlägigen Gesetze keine weiteren Angaben zu den Zielen von Offsets, obwohl es in der Kompetenz des Bundes liegen würde, «Vorschriften über die Herstellung, die Beschaffung und den Vertrieb [...] von Kriegsmaterial» zu erlassen.16. Die PVK-Evaluation kommt deshalb zum Schluss, dass der Rechtsrahmen i.e.S. sehr schlank ist.17 Den Rechtsrahmen im weiteren Sinne, namentlich die drei oben erwähnten Weisungen, erachtet die PVK als insgesamt kohärent. Die Weisungen in den einzelnen Dokumenten widersprechen sich nicht und bauen, was den Detaillierungsgrad angeht, auf einander auf.18 Wo die alte Offset-Policy19 noch als
teilweise wenig klar angesehen werden konnte, wurden in den aktuell gültigen Version insbesondere auf die Unterscheidung zwischen dem operativen und dem strategischen Controlling verzichtet.

Auch weitere von der PVK festgestellte kleinere formelle Mängel wurden mit der neuen Offset-Policy behoben.20

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS vom 24. Okt. 2018 (BBl 2018 7253), im Folgenden Rüstungsgrundsätze des Bundesrates.

VBS, Rüstungsstrategie vom 1. Jan. 2020, im Folgenden Rüstungsstrategie des VBS.

Armasuisse, Offset-Policy vom 1.Juli 2021, im Folgenden Offset-Policy.

Vgl. Ziff. 2.1 PVK-Bericht.

Vgl. Poltier (2021), 13.

Art. 107 Abs. 2 BV.

Vgl. Ziff 3.1 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff. 3.2 PVK-Bericht.

Armasuisse, Offset-Policy vom 15.Dez. 2009 (aufdatiert am 1. Jan. 2019).

Vgl. Ziff. 3.2 PVK-Bericht.

5 / 26

BBl 2022 261

Die Kommission stellt somit fest, dass auf Gesetzesebene Offsets keine Erwägung finden. Die Ziele von Offset-Geschäften werden erst auf der Ebene der Weisungen umschrieben. Die GPK-S ist der Ansicht, dass ein schlanker Rechtsrahmen grundsätzlich begrüssenswert ist, solange für Beteiligte und vollziehende Akteure keine Unsicherheiten daraus erwachsen. Angesichts des grossen finanziellen Umfangs von Kompensationsgeschäften, wie sie auch in Zusammenhang mit den Beschaffungen aus dem Air2030 Programm erwartet werden, und ihrer Bedeutung für die sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz, erachtet es die Kommission als wichtig, die Offset-Geschäfte in einem formellen Gesetz ausdrücklich zu erwähnen. Dies könnte im Rahmen eines bestehenden Gesetzes, zu denken wäre bspw. an das Kriegsmaterialgesetz21, erfolgen. Die Kommission ersucht den Bundesrat deshalb zu prüfen, ob und in welchem bestehenden formellen Gesetz Offset-Geschäfte verankert werden sollten. Dabei erkennt sie auch, dass dem Parlament und dem Bundesrat bei der Umsetzung ein gewisser Spielraum belassen werden muss, wie dies beim Dossier über die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeuges der Fall war.

Empfehlung 1

Angemessenheit der rechtlichen Grundlagen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, ob der eigentliche Grundsatz der Offset-Geschäfte in einem bestehenden formellen Gesetz verankert werden sollte.

Die Frage der Angemessenheit der rechtlichen Grundlagen stellt sich für die Kommission auch in Bezug auf die Aufgabenteilung zwischen Armasuisse und dem OBB bei der Durchführung und Kontrolle der Offset-Geschäfte (vgl. Ziff. 2.2.3 und 2.4.3) sowie beim Einbezug der STIB ins Controlling (vgl. Ziff. 2.4.2).

2.2.2

Ziele

Ziel der Rüstungspolitik des Bundes ist es, die Fähigkeiten zur Landesverteidigung zu stärken. Da die entsprechenden rechtlichen Grundlagen auch für die Offset-Geschäfte einschlägig sind, müssen diese ebenfalls diesem Zweck dienen. Demzufolge muss das Controlling als Steuerungsinstrument ebenfalls auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Die PVK kommt allerdings zum Schluss, dass die Art, wie dieses Ziel in den verschiedenen Weisungen behandelt wird, nur teilweise angemessen ist.22 Die PVK unterscheidet bei ihrer Analyse drei Ebenen von Zielen der Offset-Geschäfte: das Hauptziel, die strategischen Ziele und die operativen Ziele. Das Hauptziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIB-Unternehmen. Diese Formulierung findet sich auch in den Weisungen des Bundesrates und der Rüstungsstrategie des VBS. Die Offset-Policy von Armasuisse präzisiert das Hauptziel der Kompensationsgeschäfte damit, dass dadurch die «wehrtechnische Abhängigkeit vom Ausland im Bereich der sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien reduziert und somit die Resilienz und Versorgungssicherheit der

21 22

SR 514.51 Vgl. Ziff. 3.3 PVK-Bericht.

6 / 26

BBl 2022 261

Schweiz bei internationalen Krisen gestärkt werden» soll.23 Die strategischen Ziele betreffen die Auswirkungen der Offset-Geschäfte auf potenzielle Schweizer Begünstigte, bspw. deren Zugang zu Technologien, Knowhow oder zu ausländischen Märkten. Sie sind in den Weisungen aller drei Ebenen (Bundesrat, VBS und Armasuisse, siehe Ziff. 2.2) formuliert. Die operativen Ziele enthalten schliesslich Zielwerte von Offset-Geschäften (bspw. Volumen, Dauer oder die regionale Verteilung von Kompensationsgeschäften). Diese Ziele sind üblicherweise beziffert bzw. messbar. Sie sind in den Weisungen des VBS und in jenen von Armasuisse enthalten.24 Gemäss PVK dominieren beim Hauptziel und den strategischen Zielen die wirtschaftlichen Komponenten gegenüber den sicherheits- und verteidigungspolitischen Aspekten bzw. der Unterstützung der Armee. Diese Dominanz der wirtschaftlichen Aspekte erklärt nach Ansicht der PVK die Kritik einiger Experten, in deren Augen die OffsetGeschäfte eine Form der Wirtschaftsförderung darstellen. Sie sind mehrheitlich der Meinung, der Erhalt der Verteidigungsfähigkeit stelle das einzige Argument für eine Abweichen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit dar.25 Im Rahmen der zusätzlichen Abklärungen durch die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S führte das VBS aus, dass mit der neuen Offset-Policy eine klare rüstungs- und sicherheitspolitische Ausrichtung verfolgt wird. Damit würde sie sich von der bisher eher wirtschaftspolitischen Ausrichtung der Offsets unterscheiden.26 Die ausgewogene Verteilung von Offset-Geschäften auf die drei Sprachregionen gehört zu den operativen Zielen. Sie ist Gegenstand zahlreicher (politischer) Diskussionen. Die von der PVK befragten Experten sehen darin wirtschaftlich wenig Sinn und auch keinen Mehrwert für die Unterstützung der Armee. Die Kommission ist allerdings der Ansicht, dass der ausgewogenen regionalen Verteilung eine wichtige Bedeutung für die Akzeptanz von Beschaffungsvorhaben zukommt (vgl. Ziff. 2.4.1).27 Die neue Offset-Policy sieht im Einzelfall allerdings auch die Möglichkeit eines verbindlichen Verteilschlüssels vor.28 Diese Vorgabe lässt sich auf Art. 106 Absatz 2 MG abstützen, wonach der Bund «das Material möglichst aus schweizerischer Herkunft und unter Berücksichtigung aller Landesgegenden» beschafft. Auf den Artikel wird allerdings
auch in der neuen Weisung nicht verwiesen.29 Die Art, wie die Ziele formuliert sind, kann gemäss PVK als angemessen betrachtet werden. Die Analyse zeigt allerdings eine ungenügende Verknüpfung der verschiedenen Zielebenen, insbesondere zwischen den operativen Zielen einerseits und den strategischen Zielen und dem Hauptziel andererseits. Die operativen Ziele sind zwar in ihrer Art angemessen formuliert und entsprechen der sog. SMART-Formel30. Aus der

23 24 25 26 27 28 29 30

Vgl. Ziff. 7 Grundsätze der Rüstungspolitik, Ziff. 2.5 Rüstungsstrategie sowie Ziff. 2 der Offset-Policy von Armasuisse.

Vgl. Ziff. 3.3 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff. 3.3 PVK-Bericht.

Brief der Vorsteherin VBS an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 14. Juni 2021.

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 30. Juni 2021.

Vgl. Ziff. 4.7 Office-Policy von Armasuisse.

Vgl. Ziff. 3.3 PVK-Bericht.

Spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert.

7 / 26

BBl 2022 261

Erfüllung der operativen Ziele lassen sich allerdings keine Schlüsse über die Erreichung der strategischen Ziele bzw. des Hauptziels ziehen.31 Die GPK-S ist der Ansicht, dass die Kohärenz und die Komplementarität der verschiedenen Zielebenen verbessert und die Ziele in den Weisungen klarer präsentiert werden sollten, damit eine Überprüfung der Erreichung der strategischen Ziele und des Hauptziels ­ der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie und insbesondere der STIBUnternehmen ­ möglich wird.

Empfehlung 2

Verknüpfung der Zielebenen für eine bessere Überprüfbarkeit der Zielerreichung

Die GPK-S ersucht den Bundesrat dafür zu sorgen, dass eine bessere Kohärenz und Komplementarität der verschiedenen Zielebenen von Offset-Geschäften (operative Ziele ­ strategische Ziele ­ Hauptziel) hergestellt werden kann, um die Erreichung der strategischen Ziele und des Hauptziels ­ die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie ­ überprüfbar zu machen.

2.2.3

Zuständigkeiten für das Controlling

Die Zuständigkeit für das Controlling liegt gemäss Artikel 21 Absatz 3 Regierungsorganisationsverordnung (RVOV)32 bei den Departementen für ihre jeweiligen Bereiche. Die Organisationsverordnung VBS wie auch die Rüstungsstrategie des VBS enthalten jedoch keine Angaben dazu, wer auf Departementsebene die Aufsicht über die vollziehenden Akteure ausübt und die Zielerreichung kontrolliert.33 In der alten Offset-Policy von Armasuisse wurde das Controlling nur vage umschrieben. Im Gegensatz dazu werden in der neuen Weisung die Aufgaben des OBB, von Armasuisse und der Offset-Aufsicht34 aufgelistet.35 Die genaue Aufteilung der Zuständigkeiten wird aber auch in diesem Dokument nicht präzisiert, ebenso wenig die exakte Aufgabe der Offset-Aufsicht (vgl. Ziff. 2.4.3).

Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S wurde im Rahmen ihrer weiteren Abklärungen darüber informiert, dass die Zuständigkeiten bei Armasuisse ab dem 1. Juli 2021, also gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der neuen Offset-Policy, neu geregelt wurden. Die Offset-Zuständigkeiten wurden vom Rechtsdienst Armasuisse auf die für das jeweilige Beschaffungsprojekt verantwortlichen Bereiche übertragen.

31 32 33 34

35

Vgl. Ziff. 3.3 PVK-Bericht.

SR 172.010.1 Vgl. Ziff. 3.4 PVK-Bericht.

Die Offset-Aufsicht ist das Organ zur Beaufsichtigung der Offset-Geschäfte. Sie setzt sich zusammen aus Vertretern von Armasuisse und dem ASIPRO-Vorstand. Der Rüstungschef präsidiert das Organ. Seine Stimme entscheidet im Konfliktfall.

Vgl. Ziff. 7 Offset-Policy von Armasuisse.

8 / 26

BBl 2022 261

Bisher lag die Verantwortung für direkte Offsets36 bei den Verantwortlichen der jeweiligen Beschaffungsprojekte und für indirekte Offsets beim Offsetverantwortlichen. Damit der Koordinationsaufwand zwischen Projektmitarbeitenden, Rechtsdienst sowie zwischen den jeweiligen ausländischen Lieferanten und Armasuisse verringert werden konnte, sind nun die Projektverantwortlichen sowohl beim direkten als auch beim indirekten Offset federführend.37 Des Weiteren betreibt Armasuisse seit dem 1. Mai 2021 ein internes Kompetenzzentrum im Bereich STIB. Die Schaffung des Center of Excellence STIB geht auf eine Empfehlung der Deloitte AG zurück, welche im Auftrag der Vorsteherin VBS den Prozess der Rüstungsbeschaffungen überprüft hat.38 Es handelt sich dabei um ein Expertengremium innerhalb der Armasuisse, welches sich regelmässig über Erfahrungen und best practices betreffend die STIB austauscht, die Schulung und Beratung von am Offset-Prozess beteiligten Mitarbeitenden übernimmt sowie das strategische Controlling durchführt.39 Bei letzterem wird die Wirkung von Offsets auf die Kompetenzen, Fähigkeiten und Kapazitäten der STIB überprüft, wie im neuen Kapitel 8 der Offset-Policy vorgesehen40 Allerdings fehlt in der Offset-Policy jegliche Präzisierung, dass dies durch das Center of Excellence STIB erfolgt. Auch ansonsten sind die Kompetenzen des Center of Excellence STIB im Bereich der Offset-Geschäfte nirgends festgehalten. Das operative Controlling fällt neu in die Zuständigkeit des Verantwortlichen für das jeweilige Beschaffungsprojekt bei Armasuisse.

Eine Vereinbarung41 zwischen Armasuisse und ASIPRO42 regelt schliesslich die Zusammenarbeit im Bereich Offset-Geschäfte. Im April 2021 wurde die Vereinbarung erneuert. Sie ersetzt die bisherige Vereinbarung sowie das Organisationsreglement

36

37 38

39 40 41 42

Unter direkten Offsets werden Geschäfte verstanden, welche direkt mit der Beschaffung eines bestimmten Rüstungsgutes in Verbindung stehen. In diesem Fall sind die Schweizer Unternehmen an der Herstellung des Produkts beteiligt. Bei indirekten Offsets verpflichten sich ausländische Lieferanten, Güter oder Dienstleistungen bei Schweizer Unternehmen ausgewählter Industriezweige zu beziehen. Vgl. Ziff. 2.3 PVK-Bericht.

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug 2021.

Im Jahr 2019 hat die Vorsteherin VBS eine Überprüfung der Abläufe der Rüstungsbeschaffungen in Auftrag gegeben. Die externe Überprüfung erfolgte zum einen durch die Firma Deloitte AG, zum anderen durch eine aus externen Vertretern bestehende Begleitgruppe, welche auf Grundlage der Ergebnisse von Deloitte AG Empfehlungen abgab.

(vgl. VBS verbessert die Abläufe bei den Rüstungsbeschaffungen, Medienmitteilung Bundesrat vom 15. Juni 2020).

Brief der Vorsteherin VBS an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 14. Juni 2021.

Vgl. Ziff. 8 Offset-Policy von Armasuisse.

Vereinbarung zwischen Armasuisse und ASIPRO betreffend die Zusammenarbeit im Bereich Offset vom 22.4.2021; im Folgenden Vereinbarung Armasuisse-ASIPRO.

ASIPRO (Association for Swiss Industry Participation and Defence Procurement Programs).

9 / 26

BBl 2022 261

«Armasuisse ­ Swissmem43 ­ GRPM44 ­ Offset-Büro Bern (OBB)»45 Das neue Dokument enthält zusätzliche Informationen über die Aufgabenverteilung zwischen dem OBB, der Armasuisse und der Offset-Aufsicht.

Die Analyse der PVK kommt zum Schluss, dass die Zuständigkeiten für das Controlling nicht ausreichend klar festgelegt sind. Seit der Fertigstellung des Evaluationsberichtes sind allerdings verschiedene Neuerungen in Kraft getreten, mit denen die von der PVK festgestellten Unzulänglichkeiten behoben werden sollen. Die zuständige Subkommission hat hierzu Informationen vom VBS und im Rahmen der Anhörung von Armasuisse erhalten. Allerdings fehlen in den vorhandenen Regelungen, allen voran in der neuen Offset-Policy, Angaben über die neue Kompetenzverteilung, was der angestrebten Klarheit zuwiderläuft. Die GPK-S begrüsst die getroffenen Massnahmen, ist jedoch auch der Meinung, dass aufgrund der Gleichzeitigkeit verschiedener Prüfungen (externe Prüfung des Beschaffungsprozesses, PVK-Evaluation und Prüfung der Internen Revision VBS) und der Verabschiedung der revidierten OffsetPolicy und der neuen Vereinbarung Armasuisse-ASIPRO die Kohärenz der erfolgten und geplanten Änderungen teilweise fehlt. Die Kommission ersucht den Bundesrat deshalb dafür zu sorgen, dass die nötige Kohärenz sichergestellt wird. In diesem Zusammenhang ist insbesondere eine angemessene Definition der Zuständigkeiten für das Controlling von Offset-Geschäften sicherzustellen bzw. die erfolgten Anpassungen bei den Zuständigkeiten schriftlich festzuhalten.

Empfehlung 3

Definition der Controlling-Zuständigkeiten

Die GPK-S ersucht den Bundesrat eine angemessene Definition der Zuständigkeiten für das Controlling von Offset-Geschäften sicherzustellen und die erfolgten Anpassungen bei den Zuständigkeiten schriftlich festzuhalten.

Sie ersucht den Bundesrat ausserdem, die genaue Aufgabe und Zuständigkeit des Center of Excellence STIB schriftlich festzuhalten und nach Ablauf einer geeigneten Frist eine Bilanz über dessen Tätigkeit zu ziehen.

2.3

Zweckmässigkeit der Instrumente

Die PVK prüfte die Zweckmässigkeit der Instrumente, die für das Controlling der Offset-Geschäfte verwendet werden. Sie beurteilte dabei die Eignung der Instrumente für die Kontrolle der Zielerreichung sowie die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Offset-Volumen, die etwa in Zusammenhang mit der voraussichtlichen Erhöhung durch das Programm Air2030 gefragt sein wird.

43 44 45

Swissmem ist der Verband der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und MetallIndustrie (MEM-Industrie) sowie verwandter technologieorientierter Branchen.

GRPM (Groupe Romand Pour le Matériel de Défense et de Sécurité) ist der Verband der Westschweizer Unternehmen im Bereich Verteidigungs- und Sicherheitsgüter.

Armasuisse ­ Swissmem ­ GRPM ­ Offset-Büro Bern (OBB). Organisationsreglement vom 31. Aug. 2015; im Folgenden Organisationsregelment OBB (alt).

10 / 26

BBl 2022 261

2.3.1

Eignung der Instrumente für die Kontrolle der Zielerreichung

Das Hauptinstrument für das Controlling von Offset-Geschäften ist das Meldeformular (Offset Declaration Form). Darin wird die geplante Art von Geschäften zwischen dem ausländischen Lieferanten und dem Schweizer Begünstigten sowie Informationen über die Produkte, die betroffenen Wirtschaftszweige, Geschäftstyp, allfällige Multiplikatoren46, den Zusätzlichkeitswert47 sowie die Wertschöpfung in der Schweiz aufgeführt. Der ausländische Lieferant muss die neu durchgeführten Offset-Geschäfte halbjährlich mittels ausgefüllten Formularen an Armasuisse melden. Der ausländische Lieferant kann sodann einen Offset-Bericht (Offset Report Form) erstellen, welcher alle Meldeformulare und eine Zusammenfassung der wichtigsten darin enthaltenen Informationen umfasst.48 Die so erhobenen Daten werden gemäss Analyse der PVK allerdings nicht genutzt, um zu messen, inwieweit das Hauptziel von Offset-Geschäften erreicht wird. Die strategischen Ziele werden von den Instrumenten nur teilweise abgedeckt. Anhand der erhobenen Daten lässt sich zwar die Wertschöpfung in der Schweiz einschätzen und lassen sich die betroffenen Technologien oder Kenntnisse ermitteln, es ist jedoch nicht möglich, mithilfe dieser Daten die Zunahme des Exportvolumens oder die Positionierung der Schweizer Unternehmen an den internationalen Märkten zu beurteilen und somit eine fundierte Bewertung der etwaigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im In- und Ausland vorzunehmen.

Dies hängt mit der fehlenden Verknüpfung der operativen mit den strategischen Zielen und dem Hauptziel zusammen (Ziff. 2.2.2). Mit den Informationen, die mithilfe des Hauptinstruments gewonnen und für das Controlling verwendet werden, kann also vor allem beurteilt werden, ob die operativen Ziele erreicht bzw. die vorgegebenen Zielwerte erfüllt werden.49 Die Konsolidierung der Informationen erfolgt einerseits in Offset-Tabellen, die pro Offset-Programm durch das OBB erstellt werden. Andererseits erstellt Armasuisse eine Übersicht über die laufenden Offset-Programme, in der Informationen zu allen laufenden Offset-Geschäften zusammengefasst werden und die als Grundlage für das auf der Webseite von Armasuisse veröffentlichte Offset-Register dienen.50

46

47

48 49 50

Armasuisse kann Multiplikatoren anwenden, um die Bedeutung des betroffenen Unternehmens oder Industriezweigs für die Schweizer Sicherheitspolitik zu berücksichtigen.

Der Betrag eines Kompensationsgeschäftes kann auf diese Weise mit einem Faktor zwischen 1 und 3 multipliziert (gemäss der alten Offset-Policy zwischen 0,5 und 3) werden.

Dies schafft einen Anreiz für den ausländischen Lieferanten, Geschäfte in bestimmten Bereichen abzuschliessen, um seine Kompensationsverpflichtung möglichst schnell zu erfüllen. Vgl. Ziff. 4.

Die Offset-Geschäfte müssen einen «Zusatz» darstellen, d. h., es muss sich um eine neue Geschäftsbeziehung zwischen dem ausländischen Lieferanten und dem Schweizer Begünstigten handeln oder um Transaktionen, die sich in Bezug auf die Produkte oder Dienstleistungen von den laufenden Geschäften unterscheiden. Vgl. Ziff. 4.1 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff 2.2 und 4.1 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff 4.1 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff. 4.1. PVK-Bericht.

11 / 26

BBl 2022 261

Die Analyse der PVK hat gezeigt, dass anhand der Daten, welche mithilfe des Meldeformulars erhoben werden, bereits gewisse Hinweise über die Erreichung des Hauptziels ermittelt werden könnten, diese allerdings nicht dazu verwendet werden (vgl. Ziff. 2.4.1).

2.3.2

Digitalisierungsgrad der Instrumente

Angesichts des erwarteten Anstiegs des Offset-Volumens im Zuge der Beschaffungen der neuen Kampfflugzeuge und des Bodluv GR Systems stellt sich die Frage, ob die bestehenden Instrumente auch eine Ausdehnung des Controllings ermöglichen. Die PVK hat festgestellt, dass der Digitalisierungsgrad der Instrumente sehr gering ist. So überträgt das OBB alle erhobenen Daten manuell in verschiedene Tabellen. Der Dokumentenverkehr zwischen den Beteiligten scheint derzeit ebenfalls noch wenig effizient zu sein.51 Armasuisse strebt eine verstärkte Digitalisierung des Controllings an. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S wurde über ein geplantes Digitalisierungsprojekt für Offset-Geschäfte, das voraussichtlich ab 2023 die Melde- und Kontrollpraxis vereinfachen soll, informiert.52 Die Kommission nimmt von den Vorhaben der Armasuisse wie auch den Einschätzungen der von der PVK befragten Personen Kenntnis. Ausgehend von früheren Erfahrungen mit grösseren Offset-Volumen kommen die Angehörten zum Schluss, dass die bestehenden Prozesse und Instrumente auch für das Controlling des umfangreichen Programms Air2030 geeignet sind.53 Die Kommission ist der Ansicht, dass die für das Controlling verantwortlichen Einheiten über Instrumente verfügen müssen, mit denen sie die Durchführung der Offsets korrekt nachverfolgen können. Auch wenn es plausibel erscheint, dass sich das bestehende Dispositiv auch für grössere Volumen eignet, wirft die aktuell noch wenig fortgeschrittene Digitalisierung der Prozesse und Instrumente diesbezüglich dennoch Fragen auf. Die Kommission bittet den Bundesrat deshalb aufzuzeigen, was der aktuelle Stand der Digitalisierung im OffsetProzess ist und welches die mittel- bis längerfristigen Ziele sind. Des Weiteren bittet sie den Bundesrat aufzuzeigen, inwieweit die geplanten Digitalisierungsschritte einen Nutzen beim Controlling der Offset-Geschäfte im Rahmen des Programms Air2030 stiften werden.

51 52 53

Vgl. Ziff. 4.2 PVK-Bericht.

Brief der Vorsteherin VBS an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 14. Juni 2021.

Vgl. Ziff. 4.2 PVK-Bericht.

12 / 26

BBl 2022 261

Empfehlung 4

Stand der Digitalisierung

Die GPK-S ersucht den Bundesrat aufzuzeigen, was der aktuelle Stand der Digitalisierung im Offset-Prozess und der verwendeten Instrumente ist und welches die mittel- bis längerfristigen Ziele sind.

Des Weiteren bittet sie den Bundesrat aufzuzeigen, inwieweit die geplanten Digitalisierungsschritte einen Nutzen beim Controlling der Offset-Geschäfte im Rahmen des Programms Air2030 stiften werden.

2.3.3

Definition der Controllingprozesse

Die PVK-Analyse hat gezeigt, dass der Controllingprozess und dessen einzelne Schritte nur ungenau beschrieben und nicht ausreichend dokumentiert sind (vgl.

Ziff. 2.5.1). Diese Einschätzung bezieht sich auf die alte Offset-Policy von Armasuisse54 und das seit kurzem nicht mehr gültige OBB-Organisationsreglement. In Kapitel 7 der neuen Offset-Policy werden die Aufgaben von Armasuisse und des OBB bei der Kontrolle von Offset-Geschäften detaillierter beschrieben.55 Ausserdem findet sich im Anhang II der neuen Vereinbarung zwischen Armasuisse und ASIPRO56 eine Beschreibung der Arbeitsschritte für die Armasuisse und das OBB betreffend die indirekten Offsets. Eine entsprechende Prozessbeschreibung findet sich allerdings nicht für direkte Offsets.

Die Kommission geht deshalb mit der Einschätzung der PVK einig, dass die Kontrollprozesse in einem Dokument festgehalten werden sollten, welches die Aufgaben, Schritte und Abläufe des Controllings klar beschreibt. Ausserdem sollte darin auch ausgewiesen werden, welche Dokumente und Informationen als Grundlage des Controllings dienen sollen. Sie lädt den Bundesrat ein, zu prüfen, inwiefern die aktuell in verschiedenen Dokumenten beschriebenen Prozessschritte in einem Prozessbeschrieb zusammengefasst und klarer geregelt werden können. Die somit erstellte Dokumentation soll dazu dienen, das Wissensmanagement innerhalb von Armasuisse zu verbessern.

Empfehlung 5

Definition und Dokumentation der Controllingprozesse

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, inwiefern die aktuell in verschiedenen Dokumenten beschriebenen Prozessschritte in einem Prozessbeschrieb zusammengefasst und klarer geregelt werden können.

54 55 56

Armasuisse, Offset-Policy vom 15. Dez. 2009 (aufdatiert am 1. Jan. 2019).

Vgl. Ziff. 7 Offset-Policy von Armasuisse.

Anhang II, Vereinbarung Armasuisse-ASIPRO.

13 / 26

BBl 2022 261

2.4

Angemessenheit der Durchführung und Organisation

Die PVK prüfte, ob anhand des Controllings die Zielerreichung gemessen werden kann. Sie analysierte des Weiteren, ob Verfahren und Massnahmen zur Korrektur oder Sanktionierung bestehen. Die Angemessenheit der Organisation wurde daraufhin geprüft, ob die Kompetenzverteilung und Verfahren klar definiert sind. Die Aufsichtsmodalitäten auf allen Stufen sollten zudem transparent sein und den rechtlichen Grundlagen entsprechen. Schliesslich untersuchte die PVK die Angemessenheit der Personalressourcen, welche bei der Armasuisse und beim OBB für das Controlling zur Verfügung stehen.

2.4.1

Eingeschränktes Controlling

Am Controllingprozess sind verschiedene Akteure beteiligt, je nachdem, ob es sich um direkte oder indirekte Offsets handelt. Indirekte Offsets werden in der Offsetvereinbarung zwischen Armasuisse und dem ausländischen Lieferanten geregelt. Direkte Offsets richten sich nach dem Beschaffungsvertrag für das Rüstungsgut. Das Controlling von indirekten Offsets erfolgt durch das OBB und wird von Armasuisse genehmigt. Die Verantwortung für das Controlling von direkten Offsets liegt bei Armasuisse. Das Controlling zwischen direkten und indirekten Offsets unterscheidet sich nur geringfügig, beide beruhen auf den Meldeformularen (vgl. Ziff. 2.3.1).

In der Praxis wird mit dem Controlling überprüft, ob die Offset-Geschäfte die operativen Ziele erfüllen und somit den Vorgaben der Offset-Policy von Armasuisse entsprechen. Die PVK führt in ihrem Bericht auf, wie diese Art des Controllings an seine Grenzen stösst. So ergab die Analyse, dass nur eine Minderheit der Offsetprogramme die Zielwerte für die regionale Verteilung erreichte. Dabei handelt es sich um ein Kriterium, welches allerdings durchaus politisches Gewicht hat.57 Fraglich ist zudem, ob die Informationen, die Armasuisse zum Zusatzwert bestimmter Geschäfte geliefert werden, zuverlässig sind. Das Fehlen von klaren Vorgaben und eingehenden Kontrollen führt dazu, dass Armasuisse und das OBB nicht garantieren können, dass die von den Schweizer Begünstigten deklarierte Wertschöpfung einheitlich berechnet wird, was die Aussagekraft und Vergleichbarkeit dieses Wertes infrage stellt.58 Die neue Vereinbarung zwischen Armasuisse und ASIPRO sieht Stichproben der gemeldeten indirekten Offsets vor. ASIPRO beauftragt dabei eine externe Prüfinstanz, um die im Meldeformular gemeldeten Informationen bei den Schweizer Begünstigten zu verifizieren.59 Die zu prüfenden Unternehmen werden in Absprache mit Armasuisse bestimmt. Letztere wird über die Resultate der Prüfung informiert und entscheidet über allfällige Massnahmen. Damit sollen die Kontrollmöglichkeiten von Armasuisse in den Verbänden ausgebaut werden.60

57 58 59 60

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 30. Juni 2021.

Vgl. Ziff. 5.1. PVK-Bericht.

Vgl. Ziff. 3.4.5 Vereinbarung Armasuisse-ASIPRO.

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2021.

14 / 26

BBl 2022 261

Das neu geschaffene Center of Excellence STIB übernimmt gemäss Informationen von Armasuisse künftig das strategische Controlling von Offset-Geschäften. «Dabei wird die Wirkung von Offsets auf die Fähigkeiten, Kompetenzen und Kapazitäten der STIB geprüft.» (vgl. Ziff. 2.2.3)61 Über die Resultate der strategischen Kontrolle soll künftig der Vorsteherin VBS jährlich Bericht erstattet werden. Derzeit laufen bei Armasuisse Überlegungen, einen Teil dieses Berichts auch zu veröffentlichen (vgl.

Ziff. 2.5.1). Die Kommission begrüsst, dass damit ein weiterer Kritikpunkt aus der PVK-Evaluation bereits aufgenommen wurde. Sie kann derzeit keine Einschätzung darüber machen, ob dadurch die Kontrolle der Offset-Geschäfte in den genannten Punkten verbessert werden kann. Sie wird sich im Rahmen ihrer Nachkontrolle mit den Erfahrungen damit befassen.

Die Kommission geht zum jetzigen Zeitpunkt mit der Einschätzung der PVK einig, dass das bisher praktizierte Controlling nur teilweise angemessen ist, da es sich auf die operativen Ziele beschränkt, diese allerdings auch nur oberflächlich überprüft. Die Erreichung der strategischen Ziele und des Hauptziels von Offset-Geschäften wird bisher nicht geprüft.

Damit entspricht das bisherige Controlling nicht den rechtlichen Vorgaben.62 Die zuständige Subkommission wurde informiert, dass die Vorsteherin VBS die Interne Revision VBS beauftragt hat, bis Ende 2021 eine Prüfung der Offsets im Programm Air2030 durchzuführen, um sicherzustellen, dass «die notwendigen Vorkehrungen [...] getroffen wurden, um die Offset-Geschäfte angemessen zu bewirtschaften».63 Die Kommission ist der Ansicht, dass die von der PVK festgestellten Mängel, namentlich der Umstand, dass weder Armasuisse noch das OBB evaluieren, ob die Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen durch Offset-Geschäfte tatsächlich gestärkt wird, in diese Überprüfung aufgenommen werden sollten.

Empfehlung 6

Sicherstellung eines den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Controllings

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, ein den Vorgaben in Artikel 21 Absatz 1 RVOV entsprechendes Controlling der Offset-Geschäfte sicherzustellen. Das Controlling sollte sich nicht nur auf die operativen Ziele beschränken, sondern auch die Erreichung der strategischen Ziele und des Hauptziels ­ der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer STIB ­ umfassen.

Der Bundesrat wird in diesem Zusammenhang ebenfalls ersucht, darzulegen, wie einerseits die neue Aufgabenverteilung innerhalb der Armasuisse die Umsetzung der vorliegenden Empfehlung sicherstellt und andererseits, wie er eine Stärkung der STIB künftig zu bewerten gedenkt.

61 62 63

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2021.

Das Controlling ist ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung auf allen Stufen (Art. 21 Abs. 1 RVOV).

Brief der Vorsteherin VBS an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 14. Juni 2021.

15 / 26

BBl 2022 261

2.4.2

Einbindung der STIB ins Controlling

Da für die Schweiz aufgrund ihrer geringen Grösse keine vollständige Autonomie im Rüstungsbereich möglich ist, besteht ihr Ziel darin, sich auf die Beherrschung ausgewählter Technologien zu konzentrieren, die für die nationale Sicherheit zentral sind.

Gemäss den Rüstungsgrundsätzen des Bundesrates müssen in der Schweiz «zur Unterstützung einer einsatzfähigen Armee industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten vorhanden sein. Die STIB soll wesentliche Leistungen für den zuverlässigen Betrieb und für die Durchhaltefähigkeit der Einsatzsysteme der Armee erbringen können».64 Gestützt auf den Bedarf der Armee, werden die sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien in der STIB zusammengefasst. Dies wird vom Armasuisse-Bereich «Wissenschaft und Technologie» gemacht. Aktuell umfassen die sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien insbesondere Informations-, Sensoren- und Kommunikationstechnologien.65 Die Definition und Zusammenstellung der STIB wurde im Laufe der letzten Jahre entsprechend dem Bedarf immer wieder überarbeitet.

Die PVK verweist auf verschiedene Studien, die auf die fehlende Verankerung der STIB in den Offset-Prozessen hinweisen. Die PVK stellt zudem fest, dass die Koordination und der Austausch zwischen den Controllingverantwortlichen und dem Bereich von Armasuisse, der für die STIB zuständig ist, sehr beschränkt ist. Für die Kommission stellt sich die Frage, wie dieser Austausch im Rahmen des Center of Excellence STIB intensiviert werden könnte (vgl. Ziff. 2.2.3).

Für die Definition der STIB, «stützt sich das VBS auf die statistisch übliche Branchensystematik NOGA (Nomenclature Générale des Activités économiques).

Wirtschaftszweige werden als sicherheitsrelevant beurteilt, wenn deren Betriebe und Unternehmen grundsätzlich das Potential haben, Güter, Leistungen und Technologiekompetenzen [...] herzustellen, zu erbringen oder bereitzustellen.»66 Die PVK stellte allerdings fest, dass die Definition der STIB, d.h. der in der Schweiz zu unterstützenden Wirtschaftszweige, unklar ist. Armasuisse hat die Kommunikation diesbezüglich verbessert. Insbesondere wurde die Internetseite zur STIB klarer gestaltet, eine erläuternde Infografik67 erstellt und weitere Informationen bereitgestellt. Dennoch haben viele Akteure, selbst in der Bundesverwaltung, nur ein ungefähres Verständnis davon, was
die STIB genau umfasst, ob es sich dabei um Technologien, gewisse Branchen oder Unternehmen handelt.68 Die Kommission ist deshalb der Ansicht, dass die Prüfung einer genaueren Definition der zu unterstützenden Wirtschaftszweige bzw. sicherheitsrelevanten Technologien auf Verordnungsebene sinnvoll wäre.

64 65 66 67 68

Vgl. Ziff. 2.1 PVK-Bericht.

Armasuisse, Infografik «Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis», November 2020.

Sonderegger, Martin (2020): Kein «normales» Jahr, In: armafolio EXTRA, Nov. 2020, 8.

Armasuisse, Infografik «Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis», Nov. 2020.

Vgl. Ziff. 5.3 und 7.2 PVK-Bericht.

16 / 26

BBl 2022 261

Empfehlung 7

Sicherstellung eines auf die STIB ausgerichteten Controllings

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, ob die STIB, d.h. die in der Schweiz zu unterstützenden Wirtschaftszweige auf Verordnungsstufe definiert werden könnten.

Die Kommission ersucht den Bundesrat des Weiteren, zu prüfen, wie der Controllingprozess besser auf die STIB ausgerichtet werden könnte, um zu einer gezielteren Entwicklung sicherheitsrelevanter Technologien in der Schweizer Wirtschaft beizutragen.

2.4.3

Unabhängigkeit und Beaufsichtigung des Controllingprozesses

Das Controlling der Offset-Geschäfte erfolgt gemeinsam durch das OBB und die Armasuisse. Das OBB wird von den Branchenverbänden betrieben, die in ASIPRO zusammengeschlossen sind (Swissmem, deren Fachgruppe SWISS ASD, GRPM, digitalswitzerland und Swissmechanic). Gewisse Experten betrachten die Nähe zwischen den Branchenverbänden und den mit dem Controlling betrauten Personen kritisch. Für sie stellt sich die Frage nach der Unabhängigkeit der Abwicklung der Offset-Geschäfte.

Weder die PVK noch die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S haben Probleme in Bezug auf die Übertragung von Controllingaufgaben an die Branchenverbände erkannt. Auch Armasuisse ist der Ansicht, dass die Selbstregulierung der Industrie in Zusammenarbeit mit dem Bund gut funktioniert.69 Mit den neu vorgesehenen Stichproben bei offsetbegünstigten Unternehmen soll zudem die Kontrollmöglichkeit von Armasuisse künftig gestärkt werden (vgl. Ziff. 2.4.1). Fragen in Zusammenhang mit der Unabhängigkeit stellen sich der Kommission allerdings beim Zugang zu Informationen über Offset-Geschäfte für potenzielle Schweizer Begünstigte (vgl. Ziff. 2.5.3).

Die PVK stellte fest, dass die Aufsicht über die Offset-Geschäfte schwach ausfällt.

Die Offset-Aufsicht besteht aus Vertretern der Armasuisse und ASIPRO. Gemäss Offset-Policy steuert und überwacht sie die fachliche Zusammenarbeit zwischen der Armasuisse und dem OBB.70 Die Rolle und exakte Aufgabe der Offset-Aufsicht sind allerdings rechtlich nicht klar geregelt und ihre Aufsichtstätigkeit ist nur vage beschrieben. Grundsätzlich legt die Offset-Aufsicht die Weisungen und Zielwerte des OBB fest und genehmigt die Jahresrechnung. Sie befasst sich gemäss eigenen Aussagen auch mit strategischen Fragen im Zusammenhang mit dem Nutzen von (indirekten) Offset-Geschäften. Allerdings evaluiert sie nicht, inwieweit die Offsets zur Stärkung der STIB in der Schweiz beitragen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Rolle und exakte Aufgabe der Offset-Aufsicht geprüft und festgelegt werden sollte.71 69 70 71

Vgl. Ziff. 5.4 PVK-Bericht.

Ziff. 9 Offset-Policy von Armasuisse.

Vgl. Ziff. 5.4 PVK-Bericht.

17 / 26

BBl 2022 261

Die PVK hat zudem festgestellt, dass sich das VBS als zuständiges Departement bei der Aufsicht über Offset-Geschäfte seinerseits sehr zurückhaltend verhält. Ausser im Rahmen von grossen Beschaffungsprojekten wie Air2030, interveniert das Departement gar nicht in den Bereichen der Offset-Geschäfte und überlässt die gesamte Begleitung der Armasuisse. Obwohl der Bundesrat bzw. das VBS Ziele für OffsetGeschäfte festlegen, liessen sie sich bisher nicht über deren Erfüllung informieren.72 Gemäss VBS wird der Departementschefin bzw. dem Departementschef künftig jährlich über die Erreichung der strategischen Ziele durch das Center of Excellence STIB Bericht erstattet werden (siehe Ziff. 2.5.2).

Die Kommission ist der Ansicht, dass das Departement eine aktivere Rolle bei der Aufsicht des Offset-Controllings wahrnehmen sollte, wie es gemäss Artikel 21 Absatz 3 RVOV73 vorgesehen ist. Sie ersucht den Bundesrat, zu prüfen, wie die Aufsicht über den Offset-Prozess künftig gesichert werden kann.

Empfehlung 8

Sicherstellung der Aufsicht über das Offset-Controlling

Die GPK-S ersucht den Bundesrat einerseits um die Klärung der Rolle und exakten Aufgabe der Offset-Aufsicht. Diese sind in geeigneter Form und in einem geeigneten Dokument festzuhalten.

Die Kommission ersucht den Bundesrat andererseits sicherzustellen, dass das Departement seine Aufsichtsfunktion über das Controlling im Bereich der OffsetGeschäfte gemäss Artikel 21 Absatz 3 RVOV wahrnimmt.

2.4.4

Ressourcen für die Durchführung des Controllings

Das Controlling der Offset-Geschäfte erfolgt mit einem begrenzten Ressourceneinsatz von insgesamt 0.6 Vollzeitäquivalenten bei Armasuisse respektive 0.3 beim OBB.

Damit werden aktuell Offset-Geschäfte in über zehn Beschaffungsprojekten und im Wert von über einer Milliarde Schweizer Franken verwaltet. Mit den Beschaffungen aus dem Programm Air2030 kommt ein Offset-Volumen von rund 4,2 Milliarden Franken dazu. Die Kommission begrüsst den haushälterischen Ressourceneinsatz und den damit einhergehenden geringen administrativen Aufwand. Es stellt sich ihr hinsichtlich der Erkenntnisse der PVK allerdings die Frage, ob die Ressourcen ausreichen, um ein sorgfältiges Controlling sicherzustellen und den erwarteten Volumenzuwachs zu bewältigen.74 Die PVK-Evaluation hat gezeigt, dass nicht überprüft wird, ob die Wettbewerbsfähigkeit der STIB durch Offset-Geschäfte gestärkt wird (siehe Ziff. 2.3.1).75 Den Verzicht auf ein Controlling, das auch die strategischen Ziele und das Hauptziel von Offset-

72 73 74 75

Vgl. Ziff. 5.4 PVK-Bericht.

Demnach sind die Departemente für das Controlling in ihrem Bereich zuständig und stimmen ihr Controlling auf dasjenige des Bundesrates ab. RVOV, SR 172.010.1.

Vgl. Ziff. 5.5 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff. 5.5 PVK-Bericht.

18 / 26

BBl 2022 261

Geschäften einbezieht, begründet Armasuisse insbesondere damit, dass es ein schlankes Controlling möchte, um den administrativen Aufwand und die Kosten möglichst gering zu halten.76 Auch für das neu geschaffene Center of Excellence STIB wurden keine zusätzlichen Stellenprozente geschaffen, sondern es wurden für das erste Jahr 20 Stellenprozente pro Mitarbeitendem für Aufgaben im Kompetenzzentrum reserviert. Auch die neue Kompetenzverteilung innerhalb der Armasuisse fällt ressourcenneutral aus.77 Gerade im Hinblick auf die erwartete Erhöhung des Offset-Volumens im Zusammenhang mit dem Programm Air2030 muss das VBS aus Sicht der GPK-S einerseits für genügend Personalbestände sorgen. Anderseits muss sichergestellt werden, dass auch mit den vorhandenen Personalressourcen ein angemessenes Wissensmanagement aufgebaut und gepflegt wird, bspw. für den Fall von Personalabgängen oder -wechseln (vgl. Ziff. 2.3.3). Die Kommission hat von den Anpassungen bei Armasuisse Kenntnis genommen, wonach in der Evaluationsphase von Air2030 die personellen Ressourcen erhöht wurden. Da ein Grossteil des Auftragsvolumens auf indirekte Offset-Geschäfte entfällt, welche durch das OBB verwaltet werden, werden dort auch Ressourcen aufgestockt.78 Die Kommission verzichtet im vorliegenden Bericht auf eine Empfehlung zu den personellen Ressourcen für das Offset-Controlling. Sie wird sich im Rahmen der Nachkontrolle mit der Frage befassen, ob sich aufgrund der neuen Kompetenzverteilung und Schaffung des Center of Excellence STIB die geplanten Ressourcen bewährt haben. Was die Offset-Geschäfte im Programm Air2030 betrifft, so hat die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S beschlossen, das Geschäft zu begleiten.

2.5

Transparenz und Zugang

Die PVK-Evaluation prüfte die amtsinterne Dokumentation zum Controlling von Offset-Geschäften wie auch die Transparenz nach aussen, d.h. die Information der Öffentlichkeit. Die Kommission stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob der Zugang zu relevanten Informationen und Kontakten betreffend Offset-Geschäfte allen sicherheitsrelevanten Akteuren und somit potentiellen Schweizer Begünstigten offensteht.

2.5.1

Interne Dokumentation

Die PVK Evaluation kommt zum Schluss, dass die amtsinterne Transparenz über die Offset-Geschäfte nur teilweise ausreichend ist. Die Berichterstattung zum Controlling erfolgt in Form von synoptischen Tabellen, welche den Stand der Offset-Geschäfte strukturiert wiedergeben. Die Tabellen werden systematisch ausgefüllt und regelmäs-

76 77 78

Vgl. Ziff. 7.4 PVK-Bericht.

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2021.

Brief der Vorsteherin VBS an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 14. Juni 2021.

19 / 26

BBl 2022 261

sig aktualisiert. Allerdings werden die Beschlüsse über die Genehmigung oder Ablehnung eines Geschäfts als Offset nur in wenigen Worten begründet, was nicht immer verständlich ist, da weitere Erläuterungen fehlen.79 Das Instrument der Multiplikatoren wird von Expertinnen und Experten als nützlich betrachtet. Damit kann gemäss Offset-Policy der rüstungspolitische Wert eines Offset-Geschäfts gewürdigt werden.80 Gleichzeitig wird das Verfahren zur Annahme oder Ablehnung eines Multiplikatorengesuchs und gegebenenfalls zur Festlegung des Werts als sehr undurchsichtig kritisiert. Die PVK hat festgestellt, dass es zum Verfahren keine Angaben in den Weisungen gibt. Nur aus Gesprächen mit Vertretern von Armasuisse erschlossen sich der PVK die Entscheidkriterien81 bei der Anwendung von Multiplikatoren. Diese werden in keinem Dokument festgehalten und es ist nicht klar, wie sie gewichtet und geprüft werden.

Die GPK-S ist der Ansicht, dass die amtsinterne Dokumentation betreffend das Controlling zu knapp ausfällt. Die Beschlüsse über Genehmigung oder Ablehnung von Geschäften als Offsets sowie über die Handhabung von Multiplikatoren sollten ihrer Meinung nach besser dokumentiert werden, um die Nachvollziehbarkeit und Transparenz aber auch das interne Wissensmanagement zu stärken.

Empfehlung 9

Verbesserung der internen Dokumentation

Die GPK-S ersucht den Bundesrat sicherzustellen, dass die amtsinterne Dokumentation zum Controlling von Offset-Geschäften angemessen geführt wird.

Dazu zählen insbesondere Erläuterungen zu Beschlüssen über die Genehmigung oder Ablehnung eines Kompensationsgeschäfts, insbesondere auch zum Verfahren bei der Anwendung von Multiplikatoren.

2.5.2

Externe Information

Die PVK prüfte im Rahmen der Evaluation ebenfalls, wie es um die externe Transparenz der Offset-Geschäfte steht. Dazu analysierte sie die Angemessenheit der öffentlichen Informationen sowie der verwaltungsinternen Berichterstattung zum Controlling. Informationen zu Offset-Geschäften finden sich zum einen auf der Webseite von Armasuisse und zum anderen in den jährlichen Armeebotschaften zuhanden des Parlaments.

In den letzten Jahren und insbesondere auch seit der Aufnahme der Arbeiten der PVK, welche im ersten Quartal 2020 begannen, wurden der Umfang und die Qualität der öffentlichen Informationen zu Offset-Geschäften auf der Internetseite von Armasuisse ausgebaut und verbessert. Das zentrale Element ist das Offset-Register. Es enthält In79 80 81

Vgl. Ziff. 6.2 PVK-Bericht.

Vgl. Ziff. 5.6 Offset-Policy von Armasuisse.

Die drei Entscheidkriterien bei der Vergabe von Multiplikatorengesuchen sind: der Grad an Autonomie, die ein Offset-Geschäft für den Bund bringt, die Wertschöpfung für die Wirtschaft und die Bedeutung, die der entsprechenden Technologie beigemessen wird.

Vgl. Ziff. 6.2 PVK-Bericht.

20 / 26

BBl 2022 261

formationen zum jeweiligen Beschaffungsprojekt, Umsetzungsfristen für Offset-Geschäfte, den Namen des ausländischen Lieferanten und Informationen zu Schweizer Begünstigten und der regionalen Verteilung. Seit 2020 werden diese Informationen auch grafisch dargestellt.82 Die Kommission begrüsst die Weiterentwicklung der Internetseite zu Offset-Geschäften und die anhaltenden Bemühungen von Armasuisse, die externe Transparenz zu verbessern. Sie legt dem VBS nahe, zu prüfen, ob auch Informationen zu früheren Kompensationsverpflichtungen, den betroffenen Industriezweigen und den Tätigkeiten der jeweiligen Schweizer Begünstigten und insbesondere die jeweiligen OffsetVolumen ebenfalls ins Register aufgenommen werden könnten.

Neben dem Offset-Register fanden sich Informationen zu Offset-Geschäften auch in den jährlichen Armeebotschaften zuhanden des Parlaments. Allerdings zeigt die PVK-Untersuchung, dass die Berichterstattung in diesem Rahmen in den letzten Jahren sehr uneinheitlich war. Ab 2016 fehlen gar die Informationen über Offset-Geschäfte komplett. Künftig soll dem Parlement nur alle vier Jahre eine Armeebotschaft unterbreitet werden, in welcher die grundsätzliche Ausrichtung der Armee und die Fähigkeitsentwicklung dargelegt werden. Rund zwei Jahre nach diesem Bericht werden in einer zweiten Botschaft die Rüstungsprojekte dargestellt und die entsprechenden Verpflichtungskredite beantragt werden.83 Es stellt sich daher die Frage, wie die Information über Offset-Geschäfte an die Bundesversammlung künftig gehandhabt werden soll.

Weder der Bundesrat noch das Parlament verfügen aktuell über eine Informationsgrundlage, die es erlaubt, den Beitrag der Offset-Geschäfte zur Stärkung der STIB zu beurteilen (vgl. auch Ziff. 2.4.3). Es existiert kein Dokument, in dem Offset-Geschäfte als rüstungspolitisches Instrument bilanziert werden.84 Die Armasuisse plant künftig eine jährliche Berichterstattung an die Vorsteherin VBS über die strategische Zielerreichung. Die Kommission erachtet es als sinnvoll, wenn auch die zuständigen Geschäftsprüfungskommissionen von diesem Bericht Kenntnis nehmen könnten. Ein Teil des Berichts könnte sodann auch veröffentlicht werden.

Die GPK-S ist der Ansicht, dass das VBS und der Bundesrat ihrer Aufsichtsfunktion unter den bisher geltenden Umständen nicht gerecht werden können und
das Parlament seine Aufgabe im Bereich der Haushaltsführung und der Oberaufsicht ebenfalls nicht vollumfänglich wahrnehmen kann. Sie ersucht den Bundesrat deshalb, eine geeignete Informationsgrundlage zu schaffen.

82 83 84

Vgl. Ziff. 6.1 PVK-Bericht.

Protokoll der EDA/VBS der GPK-S vom 25. Feb. 2021.

Vgl. Ziff. 6.1 PVK-Bericht.

21 / 26

BBl 2022 261

Empfehlung 10

Verbesserung der externen Transparenz

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, inwiefern die Transparenz und öffentliche Information zu Offset-Geschäften verbessert werden können. Insbesondere wäre zu prüfen, ob weitere Informationen, welche das Geschäftsgeheimnis nicht gefährden, veröffentlicht werden können.

Des Weiteren ersucht sie den Bundesrat, eine Vereinheitlichung der Information über Offset-Geschäfte in der Armeebotschaft zu prüfen und Überlegungen über eine verbesserte Informationsgrundlage zu Offset-Geschäften (namentlich den Beitrag von Offset-Geschäften zur Stärkung der STIB und Bilanzierung von Kompensationsgeschäften als rüstungspolitisches Instrument) anzustellen. Damit soll sichergestellt werden, dass das Departement, der Bundesrat aber auch die Bundesversammlung über eine angemessene Grundlage für die Ausübung ihrer Aufsicht verfügen.

Schliesslich bittet sie den Bundesrat, die Resultate des künftigen jährlichen Berichts betreffend die strategische Zielerreichung in geeigneter Form auch den zuständigen Geschäftsprüfungskommissionen zur Kenntnisnahme zuzustellen, nach der Behandlung durch die Vorsteherin VBS.

2.5.3

Zugang zu Offset-Geschäften

Die Branchenverbände sind über das OBB und die Offset-Aufsicht am Controlling der Offset-Geschäfte beteiligt. Dies ist bei gewissen Experten umstritten, denn sie befürchten eine zu gewichtige Rolle der Verbände und somit eine Gefahr für die Unabhängigkeit des Controllings insbesondere bei indirekten Offsets. Wie oben dargelegt, hat weder die PVK noch die Kommission Probleme in Bezug auf die Übertragung von Controllingaufgaben an die Branchenverbände erkannt (vgl. Ziff. 2.4.3).

Fragen in Zusammenhang mit der Unabhängigkeit stellen sich allerdings beim Zugang zu Informationen über Offset-Geschäfte für potenzielle Schweizer Begünstigte. In den Interviews, welche die PVK im Rahmen der Evaluation führte, teilten mehrere Schweizer Begünstigte mit, dass sie keinen Kontakt hatten zur Bundesverwaltung oder dem OBB. Andere bezeichneten es als schwierig, relevante Informationen zur Konkretisierung von Offset-Geschäften zu erhalten.85 Das VBS stellt sich auf Rückfrage der zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S auf den Standpunkt, dass offsetverpflichtete ausländische Lieferanten ihre Vertragspartner jeweils selbst auswählen und es in der Verantwortung der Schweizer Unternehmen liege, ihre Produkte den ausländischen Lieferanten anzubieten. Die Informationen darüber, welche ausländische Unternehmen offene Offset-Verpflichtungen haben, seien im Offset-Register ersichtlich.86

85 86

Vgl. Ziff. 5.4 PVK-Bericht.

Brief der Vorsteherin VBS an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 14. Juni 2021.

22 / 26

BBl 2022 261

Die Kommission erkennt hingegen in der aktuellen Organisation ein gewisses Gefälle zwischen den Mitgliedern der genannten Branchenverbände und anderen potentiellen Offset-Begünstigten, was den Zugang zu Informationen und Kontakten angeht. Mit dem OBB, das v.a. für indirekte Offsets zuständig ist, sitzen die Mitglieder der Trägerverbände (Swissmem, GRPM, digitalswitzerland und Swissmechanic) an der Informationsquelle. Obwohl das OBB u.a. auch die Aufgabe hat, Kontakte zwischen ausländischen Lieferanten und potentiellen Schweizer Begünstigten zu vermitteln, scheint es objektiv schwierig, die gleiche Behandlung für alle Beteiligten zu garantieren.87 Die Hindernisse scheinen für kleinere und mittlere Unternehmen grösser, die nicht Mitglied eines Branchenverbands sind.

Die Kommission ist der Ansicht, dass sichergestellt werden muss, dass das OBB diese Aufgabe, die eine gewisse öffentliche Funktion darstellt, wahrnimmt und allen relevanten Akteuren zugänglich ist, nicht nur den Branchenvertretern. Die Kommission hat Hinweise darauf, dass die Situation sich insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, welche noch an keinem Offset-Geschäft beteiligt waren, als schwierig erweisen kann. Hier sollte das OBB zumindest in der Initierungsphase verstärkte Unterstützung leisten.

Gewisse Experten weisen gemäss PVK-Bericht auch darauf hin, dass sich die sicherheitsrelevanten Industriezweige und Technologien in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt haben und weit mehr Branchen umfassen als derzeit in den genannten Branchenverbänden vertreten sind.88 Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass neu auch die Verbände Swissmechanic89 sowie digitalswitzerland90 Einsitz in ASIPRO nehmen. Die Statuten von ASIPRO lassen auch Beitritte von weiteren relevanten Branchenvertretungen zu.91 Die Kommission legt nahe, dass Armasuisse in Zusammenarbeit mit ASIPRO eine regelmässige Prüfung durchführt, ob innerhalb der definierten Wirtschaftszweige sinnvollerweise noch weitere Verbände oder Vertretungen von Schweizer Forschungseinrichtungen beitreten könnten. Letztere sind bisher noch gar nicht vertreten.

Für die Kommission stellt sich hinsichtlich des Zugangs zu Informationen schliesslich noch die Frage, ob Armasuisse über anstehende Beschaffungen mit Kompensationsgeschäften allenfalls einer öffentlichen Publikation zusätzlich informieren könnte, um die Reichweite zu erhöhen.92

87 88 89 90 91 92

Protokoll EDA/VBS der GPK-S vom 30. Juni 2021.

Vgl. Ziff. 5.4 PVK-Bericht.

Swissmechanic ist der Arbeitgeber-, Fach- und Berufsverband der mittelständischen Unternehmer in der Maschinen-, Elektro- und Metallbranche.

digitalswitzerland ist der Dachverband der Informations- und Kommunikationstechnologiebranche (ICT) in der Schweiz.

Protokoll EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2021.

Protokoll EDA/VBS der GPK-S vom 30. Juni 2021.

23 / 26

BBl 2022 261

Empfehlung 11

Zugang zu Offset-Geschäften

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, wie der Zugang zu Offset-Geschäften für alle der STIB zugehörigen Anbieter, unabhängig davon, ob sie einem der Branchenverbände angehören oder nicht und unabhängig von der Grösse der Unternehmen, sichergestellt werden kann.

3

Schlussfolgerungen

Die GPK-S ist sich bewusst, dass in mehreren Bereichen, in denen die PVK in ihrem Bericht Handlungsbedarf aufgezeigt hat, bereits erste Massnahmen durch das VBS bzw. Armasuisse ergriffen worden sind. Sie begrüsst den Umstand, dass die Arbeit der PVK gewisse Veränderungen ausgelöst hat. Die Kommission hat die Informationen über die Neuerungen im Offset-Prozess soweit möglich im vorliegenden Bericht aufgenommen. Die GPK-S ist jedoch auch der Meinung, dass die Kohärenz der erfolgten bzw. geplanten Änderungen aufgrund der Gleichzeitigkeit verschiedener Prüfungen (externe Prüfung des Beschaffungsprozesses, PVK-Evaluation und Prüfung der Internen Revision VBS) einerseits und der Verabschiedung der revidierten OffsetPolicy und der neuen Vereinbarung Armasuisse-ASIPRO andererseits teilweise fehlt.

Die Kommission ist aufgrund des PVK-Berichts wie auch ihrer weiterführenden Arbeiten der Ansicht, dass die Abläufe bei Armasuisse und dem OBB gut funktionieren.

Die erkannten Verbesserungsmöglichkeiten mögen einzeln als nicht gravierend erscheinen, stellen aber kumuliert für die vollziehenden Akteure und weitere Beteiligte dennoch unnötige Unsicherheiten und potenzielle Risiken dar.

Viele der festgestellten Schwachstellen deuten auf das Fehlen eines durchdachten und konsequenten Prozess- und Wissensmanagements hin. Wie erwähnt, wurde in den letzten Monaten einiges unternommen, um diese Schwachstellen zu beheben. Das Controlling von Offset-Geschäften erfolgt mit einem geringen Ressourceneinsatz, der durchaus begrüssenswert ist. Das Wissen um die Abläufe und Herausforderungen konzentriert sich aber auf wenige Mitarbeitende von Armasuisse und dem OBB. Diese Mitarbeitenden kümmern sich um ein beachtliches Offset-Volumen, welches mit den Beschaffungen im Programm Air2030 deutlich ansteigen wird. Personelle Abgänge oder Ausfälle aber auch eine erhöhte Arbeitsbelastung bergen daher ein gewisses Risiko. Die Kommission erwartet im Hinblick auf die Umsetzung der vorliegenden Empfehlungen und als übergeordnetes Ziel deshalb, dass die genannten Unsicherheiten geklärt und beseitig werden und die Sicherstellung des vorhandenen Knowhows angegangen wird.

Was die Grundlage des Controllings betrifft, so sind Armasuisse und das OBB auf Daten von Schweizer Begünstigten angewiesen. Weil klare Vorgaben für die Erhebung dieser
Daten fehlen aber auch aufgrund der (auch personell bedingten) beschränkten Kontrolle, kann nicht garantiert werden, dass bspw. die deklarierte Wertschöpfung einheitlich berechnet wird. Hinzu kommt, dass keine Aussagen über das Exportvolumen oder die Positionierung der Schweizer Unternehmen an den internationalen Märkten möglich sind. In anderen Ländern liegen Offset-Geschäfte in der

24 / 26

BBl 2022 261

Verantwortung der Wirtschaftsministerien. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Federführung in diesem Bereich beim VBS durchaus richtig angesiedelt ist. Sie stellt sich hingegen die Frage, ob ein Einbezug des Seco für die Behandlung einzelner Fragen (namentlich Wertschöpfung in der Schweiz, Exportvolumen, Positionierung Schweizer Unternehmen in internationalen Märkten) sinnvoll wäre. Ein solcher Austausch wäre bspw. im Rahmen des Center of Excellence STIB vorstellbar.

Der Fokus sollte allerdings weiterhin auf der Stärkung der STIB bzw. der Erfüllung der Bedürfnisse der Armee in Sachen sicherheitsrelevante Technologien und Knowhow liegen. Die PVK-Evaluation stellte eine gewisse Dominanz der wirtschaftlichen Aspekte gegenüber den sicherheits- und verteidigungspolitischen Zielen fest.

Das VBS bestreitet dies nicht. Mit der neuen Offset-Policy soll, im Gegensatz zur früheren Ausrichtung, eine klare rüstungs- und sicherheitspolitische Offset-Politik verfolgt werden. Die Kommission erwartet, dass mit der Schaffung des Center of Excellence STIB und der stärkeren Fokussierung auf die STIB diese angestrebte Neuausrichtung gelingt und somit mit Offset-Geschäften industrielle und technologische Kapazitäten geschaffen werden, die einen Beitrag zur Unterstützung einer einsatzfähigen Armee leisten können.

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, zu den Empfehlungen des vorliegenden Berichts sowie zu den ihnen zugrundeliegenden Feststellungen der PVK-Evaluation bis zum 30. Mai 2022 Stellung zu nehmen und ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er ihre Empfehlungen umsetzen wird.

25. Januar 2022

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Matthias Michel Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDA/VBS: Charles Juillard Die Sekretärin der Subkommission EDA/VBS: Marija Stosic

25 / 26

BBl 2022 261

Abkürzungsverzeichnis Armasuisse Bundesamt für Rüstung ASIPRO

Association for Swiss Industry Participation in Security and Defence Procurement Programs

Bodluv GR System der bodengeschützten Luftverteidigung grösserer Reichweite BöB

Bundesgesetz vom 21.6.2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1)

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, SR 101

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerats

GRPM

Groupe romand pour le matériel de défense et de sécurité

KMG

Bundesgesetz vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG, SR 514.51)

MG

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10)

NKF

Neues Kampfflugzeug

NOGA

Nomenclature Générale des Activités économiques

OBB

Offset-Büro Bern

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

RVOV

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV; SR 172.010.1)

Seco

Staatssekretariat für Wirtschaft

STIB

Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis

VBS

Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

WTO

World Trade Organisation

26 / 26