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21.443 Parlamentarische Initiative Verordnung über das Arbeitsverhältnis der Leiterin oder des Leiters des Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragten Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 27. Januar 2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Verordnung über das Arbeitsverhältnis der Leiterin oder des Leiters des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten sowie die Entwürfe zu einer Änderung des Datenschutzgesetzes und des Informationssicherheitsgesetzes. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

27. Januar 2022

Im Namen der Kommission Der Präsident: Marco Romano

2022-0316

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Bericht 1

Ausgangslage

Mit der am 25. September 2020 vom Parlament verabschiedeten Totalrevision des Datenschutzgesetzes (nDSG)1 wird das Verfahren zur Ernennung der Leiterin oder des Leiters des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (die oder der Beauftragte)2 geändert. Während diese bzw. dieser nach dem geltenden Recht vom Bundesrat gewählt wird und die Wahl durch die Vereinigte Bundesversammlung genehmigt werden muss (Art. 26 Abs. 1 DSG3), ist inskünftig die Vereinigte Bundesversammlung das Wahlorgan (Art. 43 Abs. 1 nDSG). Mit der Wahl durch das Parlament sollen die Unabhängigkeit der oder des Beauftragten und ihre bzw. seine demokratische Legitimität gestärkt werden.

Im Rahmen der Totalrevision des DSG wurden verschiedene Bestimmungen beschlossen, unter anderem auch im Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 20024 (nParlG), die das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten regeln: Gemäss Artikel 43 Absatz 1 nDSG wird die oder der Beauftragte durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählt. Für die Stellenausschreibung und die Vorbereitung der Wahl ist die Gerichtskommission zuständig (Art. 40a Abs. 1 Bst. d und Abs. 2 erster Satz nParlG).

Wählbar ist, wer in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt ist (Art. 43 Abs. 2 nDSG). Die oder der Beauftragte darf weder der Bundesversammlung noch dem Bundesrat angehören und in keinem anderen Arbeitsverhältnis mit dem Bund stehen (Art. 46 nDSG).

Die Amtsdauer der oder des Beauftragten beträgt vier Jahre und kann zwei Mal erneuert werden. Sie beginnt am 1. Januar nach Beginn der Legislaturperiode des Nationalrates (Art. 44 Abs. 1 nDSG).

Die oder der Beauftragte kann die Bundesversammlung unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten um Entlassung auf ein Monatsende ersuchen (Art. 44 Abs. 2 nDSG).

Die Vereinigte Bundesversammlung kann die Beauftragte oder den Beauftragten vor Ablauf der Amtsdauer des Amtes entheben, wenn diese oder dieser (a) vorsätzlich oder grobfahrlässig Amtspflichten schwer verletzt hat oder (b) die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat (Art. 44 Abs. 3 nDSG). Die Gerichtskommission ist zuständig für die Vorbereitung der Amtsenthebung (Art. 40a Abs. 1 Bst. d nParlG). Die Geschäftsprüfungskommissionen und die Finanzdelegation bringen

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BBl 2020 7639 Geht es um die Person der Leiterin bzw. des Leiters des Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragten wird von «der oder dem Beauftragten» gesprochen. Ist dagegen die Behörde des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten im institutionellen Sinn gemeint, wird die Abkürzung «EDÖB» verwendet.

SR 235.1 SR 171.10

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Feststellungen, welche die fachliche oder persönliche Eignung der oder des Beauftragten ernsthaft in Frage stellen, der Gerichtskommission zur Kenntnis (Art. 40a Abs. 6 nParlG).

Die oder der Beauftragte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben (Art. 47 Abs. 1 nDSG). Allerdings kann die Vereinigte Bundesversammlung der oder dem Beauftragten gestatten, eine Nebenbeschäftigung auszuüben, wenn dadurch die Ausübung der Funktion sowie die Unabhängigkeit und das Ansehen des EDÖB nicht beeinträchtigt werden. Der Entscheid wird veröffentlicht (Art. 47 Abs. 2 nDSG).

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) verfügt über ein eigenes Budget (Art. 43 Abs. 5 erster Satz nDSG). Er reicht den Entwurf seines Budgets jährlich über die Bundeskanzlei (BK) dem Bundesrat ein. Dieser leitet ihn unverändert an die Bundesversammlung weiter (Art. 45 nDSG und Art. 142 Abs. 2 nParlG). Der EDÖB vertritt den Entwurf für seinen Voranschlag und seine Rechnung vor der Bundesversammlung (Art. 142 Abs. 3 nParlG).

Die Wahl der oder des Beauftragten sowie die Beendigung ihrer oder seiner Amtsdauer unterstehen bis zum Ende der Legislaturperiode, in der das nDSG in Kraft tritt, dem bisherigen Recht (Art. 72 nDSG).

Das Parlament ist aufgrund seiner Stellung als Wahlorgan für den Erlass der Ausführungsbestimmungen zum Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten zuständig. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hat deshalb am 15. April 2021 beschlossen, diese Arbeit über eine parlamentarische Initiative an die Hand zu nehmen.

Die Staatspolitische Kommission des Ständerates stimmte der Initiative am 26. April 2021 zu. Am 27. Januar 2022 nahm die nationalrätliche Kommission den beiliegenden Verordnungsentwurf (einstimmig) sowie die Änderung des nDSG (einstimmig) und die Änderung des Informationssicherheitsgesetzes vom 18. Dezember 20205 (ISG; mit 17 zu 3 bei 3 Enthaltungen) in der Gesamtabstimmung an. Sie wurde in ihrer Arbeit gemäss Artikel 112 Absatz 1 ParlG durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement unter Einbezug des Eidgenössischen Finanzdepartements unterstützt. Mit den beiliegenden Erlassentwürfen werden die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten geregelt. Auf eine Vernehmlassung zu den Erlassentwürfen wurde verzichtet, da die Vorhaben vorwiegend die
Organisation bzw.

das Verfahren von Bundesbehörden und die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bundesbehörden betreffen (Art. 3a Abs. 1 Bst. a des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20056).

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Grundzüge der Vorlage

Gemäss Artikel 43 Absatz 3 nDSG richtet sich das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten nach dem Bundespersonalgesetz vom 24. März 20007 (BPG), soweit das Datenschutzgesetz nichts anderes vorsieht. Damit bleibt das BPG für die oder den

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Beauftragten auch weiterhin anwendbar, obwohl sie bzw. er inskünftig durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählt wird. Dieses Konzept wird auch für das Ausführungsrecht vorgesehen. Das Bundespersonalrecht soll für die oder den Beauftragten subsidiär zur Anwendung gelangen.

Wie vorgängig erwähnt, sieht das nDSG einige spezialgesetzliche Regelungen zum Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten vor. Im Rahmen der Arbeiten zur vorliegenden parlamentarischen Initiative hat sich gezeigt, dass in diesem Bereich einzelne Ergänzungen des nDSG erforderlich sind. So ist insbesondere eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, welche die Bundesversammlung ausdrücklich zum Erlass einer Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten ermächtigt. Des Weiteren werden auf Gesetzesstufe wichtige Bestimmungen zur beruflichen Vorsorge, zum Ausschluss einer Entschädigung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses, zum Ausstand und zur Verwarnung als Disziplinarmassnahme sowie Übergangsbestimmungen betreffend die Wahl und das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten ergänzt. Ausserdem wird die bisherige Bestimmung über die Nebenbeschäftigung der oder des Beauftragten angepasst, um die Zuständigkeiten innerhalb der Bundesversammlung praktikabler zu verteilen. Auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Initiative der oder des Beauftragten wird angepasst. Im ISG wird für die Beauftragte oder den Beauftragten eine Ausnahme von der Personensicherheitsprüfung vorgesehen. Auf Verordnungsstufe müssen schliesslich weitere Einzelheiten zum Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten geregelt bzw. geklärt werden. Es sind dies die Begründung des Arbeitsverhältnisses und die Amtsdauer, die Besoldung, die berufliche Vorsorge, weitere Rechte und Pflichten, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, die vorläufige Einstellung im Amt und die Datenbearbeitung.

Der EDÖB bildet eine dezentralisierte Verwaltungseinheit ohne Rechtspersönlichkeit, die der BK administrativ zugeordnet ist. Daran ändert die Totalrevision des DSG nichts. Auch ist in Artikel 43 Absatz 5 nDSG wie heute (Art. 26 Abs. 4 DSG) festgehalten, dass die oder der Beauftragte über ein ständiges Sekretariat verfügt und ihr bzw. sein Personal selber anstellt. Das Verhältnis zwischen der BK und dem EDÖB wird durch eine Vereinbarung konkretisiert. Im
Entwurf vom 23. Juni 20218 zur Totalrevision der Verordnung zum Bundesgesetz über den Datenschutz (E-VDSG) ist vorgesehen, diesen Status Quo beizubehalten und das Arbeitsverhältnis des ständigen Sekretariats des EDÖB wie bisher durch den Bundesrat in der VDSG9 mit einem Verweis auf das Bundespersonalgesetz sowie dessen Vollzugsbestimmungen zu regeln.

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Die Unterlagen zur Vernehmlassung über die Totalrevision der Verordnung zum Bundesgesetz über den Datenschutz sind abrufbar unter: .

SR 235.11

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Erläuterungen zur Änderung des Datenschutzgesetzes vom 25. September 2020

Art. 43 Abs. 3 zweiter­vierter Satz Gemäss Artikel 43 Absatz 3 nDSG richtet sich das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten nach dem BPG, soweit das Datenschutzgesetz nichts anderes vorsieht.

Diese Bestimmung ist um eine Regelung zur beruflichen Vorsorge der oder des Beauftragten zu ergänzen. Danach ist die oder der Beauftragte bei der Pensionskasse des Bundes PUBLICA gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität und Tod versichert. Eine solche Bestimmung ist erforderlich, da das BPG hier nicht direkt zur Anwendung gelangt. Denn nach Artikel 32b BPG gilt der Bundesrat für die Angestellten nach Artikel 32a BPG als vorsorgerechtlicher Arbeitgeber (mit einem Vorbehalt für Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigener Rechnung). Dies trifft für die Beauftragte oder den Beauftragten nicht zu, weshalb die berufliche Vorsorge spezialgesetzlich zu regeln ist. Im dritten und vierten Satz von Artikel 43 Absatz 3 nDSG wird ausserdem neu die Altersvorsorge der oder des Beauftragten geregelt, für den Fall, dass sie bzw. er über das 65. Altersjahr hinaus im Amt bleibt (vgl. dazu Art. 4 Abs. 2 des Entwurfs zur Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten). Diese Bestimmungen entsprechen materiell Artikel 8 Absätze 2 und 3 der Verordnung der Bundesversammlung vom 1. Oktober 201010 über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen (nachfolgend: «Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin»).

Für die Leistungen des Arbeitsgebers an die Beauftragte oder den Beauftragten bei Arbeitsverhinderung wegen Krankheit, Unfall, Invalidität, Militär-, Zivilschutz- und Zivildienst und bei Mutterschaft sowie die Leistungen des Arbeitgebers an die Hinterbliebenen im Todesfall bedarf es dagegen keiner spezialrechtlichen Bestimmungen.

Diese Sozialleistungen richten sich weiterhin nach dem allgemeinen Bundespersonalrecht.

Art. 43 Abs. 3bis Als Wahlorgan und Arbeitgeberin ist die Bundesversammlung sachlich für die Regelung des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten zuständig. Das nDSG enthält bisher jedoch noch keine Bestimmung, welche die Bundesversammlung ausdrücklich zum Erlass einer Verordnung
ermächtigt. Deshalb wird im neuen Artikel 43 Absatz 3bis klargestellt, dass die Bundesversammlung die Ausführungsbestimmungen über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten in einer Verordnung erlässt.

Dazu gehört auch die Ausführungsregelung zur beruflichen Vorsorge.

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SR 173.712.23

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Art. 44 Abs. 2 In Artikel 44 Absatz 2 nDSG wird neu statt des Ersuchens um Entlassung ein Kündigungsrecht der oder des Beauftragten vorgesehen. Anders als beim Ersuchen um Entlassung kann die oder der Beauftragte mit der Kündigung das Arbeitsverhältnis einseitig auflösen. Dabei kann die oder der Beauftragten das Arbeitsverhältnis auf Ende jedes Monats unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen.

Die Gerichtskommission kann der oder dem Beauftragten im Einzelfall eine kürzere Kündigungsfrist zugestehen, wenn keine wesentlichen Interessen entgegenstehen.

Diese Regelung orientiert sich an Artikel 5 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin.

Art. 44 Abs. 4 Neu wird im nDSG in Artikel 44 Absatz 4 festgehalten, dass die oder der Beauftragte bei der Auflösung ihres bzw. seines Arbeitsverhältnisses keine Entschädigung erhält.

Damit wird ausdrücklich von den Vorschriften des Bundespersonalrechts (namentlich Art. 19 Abs. 3­7 BPG sowie Art. 78 f. der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 200111 [BPV]) abgewichen. Die oder der Beauftragte ist politisch weniger stark exponiert als andere von der Bundesversammlung gewählte Personen wie etwa der Bundesanwalt bzw. die Bundesanwältin oder andere hochrangige Funktionen der Bundesverwaltung. Das Konfliktpotenzial bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten ist nicht derart hoch, dass sich eine Abgangsentschädigung rechtfertigt.

Eine Minderheit (Widmer Céline, Barrile, Flach, Fluri, Glättli, Gredig, Gysin Greta, Klopfenstein Broggini, Marra, Marti Samira, Masshardt) beantragt dagegen, dass für die oder den Beauftragten eine Abgangsentschädigung nach dem Vorbild von Artikel 14a der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin und Artikel 15a der Richterverordnung vom 13. Dezember 200212 vorgesehen wird. Nach der Ansicht der Minderheit soll die oder der Beauftragte gleichbehandelt werden wie die anderen von der Bundesversammlung gewählten Personen.

Art. 44a

Verwarnung

Mit dem neuen Artikel 44a wird die disziplinarische Verantwortlichkeit der oder des Beauftragten im nDSG spezialgesetzlich geregelt. Zwar sieht das Bundespersonalrecht in Artikel 25 Absatz 2 Buchstaben b und c BPG sowie Artikel 99 Absätze 2 und 3 BPV verschiedene Disziplinarmassnahmen vor, welche bei einer Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten ergriffen werden können. Dazu gehören die Verwarnung, die Lohnkürzung, die Busse sowie die Änderung des Aufgabenkreises, der Arbeitszeit oder des Arbeitsortes. Die meisten dieser Massnahmen sind mit dem Amt der oder des Beauftragten nicht vereinbar. Eine Änderung des Aufgabenkreises würde den im nDSG vorgegebenen Kompetenzen und Aufgaben des EDÖB (Art. 49 ff. nDSG) widersprechen. Auch eine Änderung der Arbeitszeit oder des Arbeitsortes wäre für 11 12

SR 172.220.111.3 SR 173.711.2

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die Beauftragte oder den Beauftragten nicht denkbar. Hinzu kommt, dass es für den EDÖB ­ anders als etwa für die Bundesanwaltschaft ­ keine unabhängige Aufsichtsbehörde gibt, welche die Disziplinarmassnahmen gegen die Beauftragte oder den Beauftragten aussprechen könnte. Liegt die Disziplinaraufsicht bei einer politischen Behörde, besteht die Gefahr, dass dies der Unabhängigkeit der oder des Beauftragten abträglich sein könnte. Dies gilt insbesondere bei schärferen Disziplinarmassnahmen wie der Lohnkürzung oder der Busse. Allerdings wäre auch ein gänzlicher Verzicht auf Disziplinarmassnahmen gegenüber der oder dem Beauftragten nicht unproblematisch: Disziplinarmassnahmen dienen der Gewährleistung des Vollzugs des Arbeitsverhältnisses. Sie wollen eine gesetzeskonforme Amtsausübung sicherstellen. Werden sie dazu eingesetzt, ein Verhalten der oder des Beauftragten zu rügen, welches das Ansehen des EDÖB beeinträchtigt, kann dies die Unabhängigkeit der Behörde sogar stützen.

Vor diesem Hintergrund sieht Artikel 44a vor, dass gegenüber der oder dem Beauftragten zwar nicht die ganze Palette disziplinarischer Massnahmen des Bundespersonalrechts zur Verfügung steht, aber immerhin die Massnahme der Verwarnung. Für die Verhängung der Verwarnung wird die Gerichtskommission als zuständig bezeichnet. Dies entspricht dem Konzept des Entwurfs zur Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten, wonach die Gerichtskommission diejenigen Arbeitgeberentscheide trifft, welche nicht der Vereinigten Bundesversammlung zugeordnet werden (vgl. später Ziff. 5.2). Mit dem Verzicht auf weitere Disziplinarmassnahmen wird die Unabhängigkeit der oder des Beauftragten gesichert. Gleichwohl erhält die Gerichtskommission mit der Verwarnung ein Instrument, welches sie zur Sicherstellung des Ansehens und der Vertrauenswürdigkeit des EDÖB einsetzen kann. Die Gerichtskommission kann eine Verwarnung aussprechen, wenn sie feststellt, dass die oder der Beauftragte Amtspflichten verletzt hat. Anders als bei der Amtsenthebung nach Artikel 44 Absatz 3 Buchstabe a nDSG muss es sich dabei nicht um eine schwere Pflichtverletzung handeln. Die Gerichtskommission hat aber das Verhältnismässigkeitsprinzip zu wahren. Die Verwarnung muss geeignet und erforderlich sein, um die ordnungsgemässe Amtsausübung durch die Beauftragte oder
den Beauftragten wiederherzustellen. Eine Verwarnung könnte etwa in Frage kommen, wenn die oder der Beauftragte gegen die Vorschriften über die Nebenbeschäftigung oder die Annahme von Geschenken oder sonstigen Vorteilen verstossen hat. Im Übrigen setzt die Verwarnung als Disziplinarmassnahme immer auch ein Verschulden (Fahrlässigkeit oder Vorsatz) voraus. Das Disziplinarverfahren richtet sich nach den Bestimmungen des Bundespersonalrechts.

Art. 47 Abs. 2 erster Satz Gemäss Artikel 47 Absatz 1 nDSG darf die oder der Beauftragte grundsätzlich keine Nebenbeschäftigung ausüben. Allerdings soll ihr oder ihm nach Artikel 47 Absatz 2 erster Satz nDSG eine Nebenbeschäftigung gestattet werden können, wenn dadurch die Ausübung der Funktion sowie die Unabhängigkeit und das Ansehen des EDÖB nicht beeinträchtigt werden. Bisher war vorgesehen, dass die Vereinigte Bundesversammlung über eine solche Ausnahme vom Nebenbeschäftigungsverbot der oder des Beauftragten entscheidet. Dies erscheint jedoch nicht stufengerecht und das Verfahren könnte sich in der Praxis als zu schwerfällig erweisen. Deshalb wird der Entscheid 7 / 22

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über eine Nebenbeschäftigung der oder des Beauftragten mit der vorliegenden Änderung des nDSG an die Gerichtskommission übertragen (vgl. zur Zuständigkeit der Gerichtskommission auch Ziff. 5.2).

Art. 47a

Ausstand

Die Ausstandsgründe für die Beauftragte oder den Beauftragten finden sich in Artikel 94a Absätze 1 und 2 BPV und ­ wenn die oder der Beauftragte eine Verfügung zu treffen hat ­ in Artikel 10 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196813 (VwVG; vgl. Art. 94a Abs. 4 BPV und Art. 52 Abs. 1 nDSG). Unklar ist jedoch, wer im Zweifels- oder Streitfall über den Ausstand der oder des Beauftragten entscheidet. Gemäss Artikel 94a Absatz 3 BPV sind dies die Vorgesetzten. Nach Artikel 10 Absatz 2 VwVG entscheidet entweder die Aufsichtsbehörde oder, wenn es sich um den Ausstand eines Mitgliedes einer Kollegialbehörde handelt, diese Behörde unter Ausschluss des betreffenden Mitgliedes. Alle diese Möglichkeiten fallen für die Beauftragte oder den Beauftragten nicht in Betracht. Auch kann die Entscheidung über den Ausstand aufgrund der Unabhängigkeit bzw. Weisungsungebundenheit der oder des Beauftragten (Art. 43 Abs. 4 erster Satz nDSG) nicht auf die Vereinigte Bundesversammlung oder die Gerichtskommission übertragen werden. Es liegt also eine Lücke vor, welche im nDSG mit dem neuen Artikel 47a gefüllt wird. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Präsidentin oder der Präsident der auf dem Gebiet des Datenschutzes zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts über den (strittigen) Ausstand der oder des Beauftragten entscheidet. Dass der Präsidentin bzw. dem Präsidenten der Abteilung I des Bundesverwaltungsgerichts besondere Aufgaben im Bereich des Datenschutzes übertragen werden, ist dabei keine Neuheit (vgl. dazu Art. 30 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 2 des geltenden DSG). Der Entscheid über den Ausstand der oder des Beauftragten kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 82 ff. und Art. 92 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200514).

Art. 72 Abs. 2 Gemäss Artikel 72 nDSG unterstehen die Wahl der oder des Beauftragten sowie die Beendigung ihrer bzw. seiner Amtsdauer noch bis zum Ende der Legislaturperiode, in welcher das nDSG in Kraft tritt, dem bisherigen Recht. Es ist geplant, dass das nDSG noch während der aktuellen Legislaturperiode, welche bis zur Wintersession 2023 dauert, in Kraft tritt. Das heisst: Die oder der Beauftragte kann erstmalig ab der Wintersession 2023 durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählt werden.
Die neue Amtsdauer der oder des Beauftragten beginnt in diesem Fall grundsätzlich am 1. Januar 2024 (vgl. Art. 44 Abs. 1 zweiter Satz nDSG).

Der aktuelle Inhaber des Amtes des Beauftragten ist vom Bundesrat am 10. April 2019 für eine zweite Amtsperiode bis zum Ende der 51. Legislaturperiode (4. Dezember 2023) bestätigt worden. Will er eine weitere (dritte und letzte; vgl. Art. 44 Abs. 1 ers-

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ter Satz nDSG) Amtsperiode ausüben, muss er von der Vereinigten Bundesversammlung nach Artikel 43 Absatz 1 nDSG gewählt werden. In dieser Konstellation das heisst bei der Wahl des aktuellen Amtsinhabers durch die Vereinigte Bundesversammlung würde ein Amtsbeginn am 1. Januar 2024 zu einer unbefriedigenden personalrechtlichen Situation führen. Denn das bisherige Arbeitsverhältnis des aktuellen Amtsinhabers würde nur bis zum 4. Dezember 2023 dauern, während ein neues Arbeitsverhältnis erst ab dem 1. Januar 2024 begründet werden könnte. In der Zwischenzeit bestünde für den aktuellen Amtsinhaber kein Arbeitsverhältnis als Beauftragter und folglich grundsätzlich auch keine Rechte oder Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (insbesondere kein Lohnanspruch).

Vor diesem Hintergrund wird in Artikel 72 Absatz 2 nDSG eine neue Übergangsbestimmung vorgesehen, welche den Beginn der Amtsdauer der oder des Beauftragten bei der erstmaligen Durchführung der Wahl durch die Vereinigte Bundesversammlung ausnahmsweise vorverschiebt und zwar auf den Tag nach der Wahl. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass der aktuelle Amtsinhaber gewählt wird. Auch wenn damit kein nahtloser Übergang gewährleistet wird, so könnte der aktuelle Beauftragte sein Arbeitsverhältnis doch so rasch als möglich wiederaufnehmen. In der Übergangszeit würde der EDÖB durch die Stellvertreterin bzw. den Stellvertreter der oder des Beauftragten geleitet. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass das Arbeitsverhältnis in der geschilderten Konstellation aus personalrechtlicher Sicht nicht als «unterbrochen» gelten würde, da dessen Ausübung während einer kurzen Frist rechtlich unmöglich wäre. Eine allfällige Treueprämie würde also nicht beeinflusst.

Art. 72a

Übergangsbestimmung betreffend das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten

Wie vorangehend dargelegt, unterstehen die Wahl der oder des Beauftragten sowie die Beendigung ihrer bzw. seiner Amtsdauer noch bis zum Ende der Legislaturperiode, in welcher das nDSG in Kraft tritt, dem bisherigen Recht. Eine entsprechende Übergangsbestimmung ist auch für das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten vorzusehen. Denn erst, wenn die oder der Beauftragte durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählt wird, kann sich auch ihr bzw. sein Arbeitsverhältnis nach dem neuen Recht richten. Artikel 72a ergänzt im nDSG folglich, dass für das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten, das nach bisherigem Recht begründet worden ist, das bisherige Recht gilt.

Inkrafttreten Die Inkraftsetzungskompetenz wird an den Bundesrat delegiert. So kann dieser die Koordination mit dem Inkrafttreten des nDSG als Grunderlass sicherstellen (vgl.

Art. 74 Abs. 2 nDSG).

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Erläuterungen zur Änderung des Informationssicherheitsgesetzes vom 18. Dezember 2020

Art. 29 Abs. 4 Bst. ebis Die Personensicherheitsprüfung wird inskünftig im ISG geregelt. Artikel 29 Absatz 4 ISG zählt die Funktionen auf, bei welchen keine Personensicherheitsprüfung durchgeführt wird. Diese Bestimmung will unter anderem Personen, die von der Vereinigten Bundesversammlung in ihre Funktion gewählt werden (Mitglied des Bundesrates, Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler, Richterin oder Richter eines eidgenössischen Gerichts, Bundesanwältin oder Bundesanwalt, Mitglied der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft, General) von der Personensicherheitsprüfung ausnehmen.

Da die Vereinigte Bundesversammlung neu auch das Wahlorgan der oder des Beauftragten ist, wird die Funktion der «Leiterin oder [des] Leiter[s] des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten» in der Liste von Art. 29 Abs. 4 ergänzt (Bst. ebis). Damit wird die oder der Beauftragte gleich behandelt wie die anderen durch die Vereinigte Bundesversammlung gewählten Personen. Auch wirkt die öffentliche Wahl durch die Vereinigte Bundesversammlung in gewisser Hinsicht als Substitut für die Sicherheitsprüfung (z.B. durch die Anhörungen der Fraktionen oder die Medienberichterstattung).

Der bisherige Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung über die Personensicherheitsprüfungen vom 4. März 201115, gemäss welchem bei der oder dem Beauftragten heute durch die Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport eine erweiterte Personensicherheitsprüfung mit Befragung durchgeführt wird, soll im Rahmen der laufenden Revision der VDSG aufgehoben werden, da der Bundesrat inskünftig nicht mehr für die Ernennung der oder des Beauftragten zuständig ist.

Eine Minderheit (Addor, Bircher, Buffat, Glarner, Marchesi, Rutz Gregor, Steinemann) ist der Ansicht, dass für die Beauftragte oder den Beauftragten wie bisher eine Personensicherheitsprüfung durchzuführen ist. Die Minderheit macht geltend, dass die oder der Beauftragte Zugang zu zahlreichen sicherheitsempfindlichen Unterlagen hat.

Inkrafttreten Die Inkraftsetzungskompetenz wird an den Bundesrat delegiert. So kann dieser die Koordination mit dem Inkrafttreten des ISG als Grunderlass (vgl. Art. 92 Abs. 2 ISG) und dem Inkrafttreten des nDSG (vgl. Ziff. 3) sicherstellen.

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SR 120.4

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Verordnungsentwurfes

5.1

Ingress

Die Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten kann auf den im nDSG neu zu schaffenden Artikel 43 Absatz 3bis gestützt werden. Danach regelt die Bundesversammlung die Ausführungsbestimmungen über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten in einer Verordnung (vgl. vorangehend Ziff. 3).

5.2

Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand und Geltungsbereich

Gemäss Artikel 1 Absatz 1 findet die Verordnung nur auf das Arbeitsverhältnis der oder des von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Beauftragten Anwendung.

Das Arbeitsverhältnis des ständigen Sekretariats des EDÖB, zu welchem auch die Stellvertreterin bzw. der Stellvertreter der oder des Beauftragten gehört, wird dagegen wie bisher in der VDSG durch den Bundesrat geregelt (Art. 37 Abs. 2 E-VDSG).

Auch nach der Totalrevision des Datenschutzrechts bleibt der EDÖB eine dezentralisierte Verwaltungseinheit ohne Rechtspersönlichkeit, die der BK administrativ zugeordnet ist (Art. 43 Abs. 4 zweiter Satz nDSG, Art. 2 Abs. 3 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199716 sowie Art. 8 Abs. 1 Bst. b i.V.m. Anhang 1 Bst. A Ziff. 2.1.1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 199817). Obwohl Artikel 43 Absatz 5 zweiter Satz nDSG vorsieht, dass die oder der Beauftragte ihr bzw. sein Personal selber anstellt, so gilt sie bzw. er nicht als personal- oder vorsorgerechtlicher Arbeitgeber im Sinne des BPG. Arbeitgeber des ständigen Sekretariats des EDÖB bleibt nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a BPG der Bundesrat. Die administrative Zuordnung des EDÖB zur BK erlaubt es der Behörde, ihre Ressourcen auf den operativen Betrieb zu konzentrieren. Die Zusammenarbeit zwischen der BK und dem EDÖB ist so ausgestaltet, dass die Unabhängigkeit des EDÖB gewährleistet bleibt. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob der oder dem Beauftragten gegenüber den Angestellten des ständigen Sekretariats in Zukunft personal- und vorsorgerechtliche Arbeitgeberbefugnisse übertragen werden sollten. Diese Frage wird aber nicht im Rahmen der vorliegenden parlamentarischen Initiative, welche das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten zum Gegenstand hat, sondern bei nächster Gelegenheit auf formell-gesetzlicher Stufe geklärt.

Als von der Vereinigten Bundesversammlung gewählte Person fällt die oder der Beauftragte gemäss Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a BPG eigentlich nicht mehr in den Geltungsbereich des allgemeinen Bundespersonalrechts. Allerdings erklärt Artikel 43 Absatz 3 nDSG das BPG ausdrücklich als auf das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten anwendbar, soweit das nDSG keine Abweichungen vorsieht. Eine solche 16 17

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Lösung findet sich in Artikel 1 Absatz 2 des Verordnungsentwurfes auch für die Ausführungsbestimmungen zum Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten: Soweit die Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten keine besonderen Regelungen enthält, gelangen die BPV sowie weitere Vollzugserlasse zum BPG, namentlich die Verordnung des EFD vom 6. Dezember 200118 zur Bundespersonalverordnung (VBPV) und die Verordnung vom 22. November 201719 über den Schutz von Personendaten des Bundespersonals (BPDV) zur Anwendung. Diese subsidiäre Anwendbarkeit des Bundespersonalrechts trägt dazu bei, dass möglichst wenige Regelungslücken entstehen. Ausserdem werden so aktuelle Entwicklungen des Bundespersonalrechts auch für die Beauftragte oder den Beauftragten mitberücksichtigt.

Abweichungen zum Bundespersonalrecht sind insbesondere dann erforderlich, wenn es die Unabhängigkeit der oder des Beauftragten (Art. 43 Abs. 4 erster Satz nDSG) oder das Verfahren der Wahl durch die Vereinigte Bundesversammlung verlangen.

Die allgemeinen personalrechtlichen Bestimmungen können nur dann und nur insoweit Geltung haben, als die Unabhängigkeit des EDÖB gewährleistet bleibt. Die Stellung der oder des Beauftragten hat ­ insbesondere betreffend die für ihr bzw. sein Amt vorausgesetzte Unabhängigkeit ­ eine gewisse Ähnlichkeit mit derjenigen des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin. Soweit für das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten abweichende Regelungen zum Bundespersonalrecht nötig sind, orientiert sich der Verordnungsentwurf deshalb wesentlich an der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin. Betreffend die Unabhängigkeit der oder des Beauftragten sind ausserdem die Vorgaben der Schengenrelevanten Richtlinie (EU) 2016/68020 (Art. 42) und des modernisierten Übereinkommens des Europarates SEV 108 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten21 (Art. 15 Abs. 5), welches die Schweiz zu ratifizieren beabsichtigt,22 zu berücksichtigen.

Art. 2

Zuständige Stelle

Artikel 2 des Verordnungsentwurfes bezeichnet die Stellen, die für die Arbeitgeberentscheide gegenüber der oder dem Beauftragten zuständig sind.

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22

SR 172.220.111.31 SR 172.220.111.4 Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates, ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89.

Protokoll vom 10. Oktober 2018 zur Änderung des Übereinkommens vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten.

Siehe dazu den Bundesbeschluss vom 19. Juni 2020 über die Genehmigung des Protokolls zur Änderung des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, BBl 2020 5725.

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Art. 2 Abs. 1 und 2 Wie dies im nDSG vorgegeben ist, fallen die wichtigsten Arbeitgeberentscheide betreffend die Wahl der oder des Beauftragten (Art. 43 Abs. 1 nDSG) und die Amtsenthebung (Art. 44 Abs. 3 nDSG) in die Zuständigkeit der Vereinigten Bundesversammlung. Dies wird in Artikel 2 Absatz 1 des Verordnungsentwurfes deklaratorisch festgehalten (zur Zuständigkeit der Gerichtskommission bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses vgl. die Ausführungen in Ziff. 3 zu Art. 44 Abs. 2 nDSG).

Die Gerichtskommission bereitet die Arbeitgeberentscheide der Vereinigten Bundesversammlung vor und unterbreitet ihr die Wahlvorschläge sowie die erforderlichen Anträge betreffend die Amtsenthebung (Art. 2 Abs. 2 des Verordnungsentwurfes; siehe auch Art. 40a Abs. 1 Bst. d nParlG).

Art. 2 Abs. 3 Für die weiteren Arbeitgeberentscheide erklärt Artikel 2 Absatz 3 des Verordnungsentwurfes die Gerichtskommission als zuständig. Der Gerichtskommission werden bereits in Artikel 40a Absatz 1 Buchstabe d, Absatz 2 und Absatz 6 nParlG verschiedene Aufgaben rund um das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten zugewiesen (Stellenausschreibung, Vorbereitung der Wahl und der Amtsenthebung). Ausserdem ist die Gerichtskommission auch bei anderen von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Personen (namentlich bei den Richterinnen und Richtern der eidgenössischen Gerichte sowie bei der Bundesanwältin oder dem Bundesanwalt und den Stellvertretenden Bundesanwältinnen und Bundesanwälten) für die Festlegung der Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses zuständig (vgl. Art. 40a Abs. 4 ParlG). Aus diesen Gründen ist die Gerichtskommission die geeignetste Stelle für diejenigen Arbeitgeberentscheide gegenüber der oder dem Beauftragten, die nicht durch die Vereinigte Bundesversammlung getroffen werden. Hinzukommt, dass es für den EDÖB ­ anders als bei der Bundesanwaltschaft ­ keine unabhängige Aufsichtsbehörde gibt, welcher gewisse Arbeitgeberentscheidungen übertragen werden könnten. Aufgrund der vorliegend vorgesehenen Änderung von Artikel 47 Absatz 2 erster Satz nDSG (vgl. vorangehend Ziff. 3) soll die Gerichtskommission auch für die Bewilligung zur Ausübung einer Nebenbeschäftigung der oder des Beauftragten zuständig sein.

Schranken werden den Befugnissen der Bundesversammlung und der Gerichtskommission durch die gesetzliche
Unabhängigkeit des EDÖB gesetzt. Die oder der Beauftragte muss ihre oder seine Aufgaben vollständig weisungsungebunden ausführen können (Art. 43 Abs. 4 erster Satz nDSG). Sie oder er darf dabei weder direkt noch indirekt unter Druck gesetzt oder beeinflusst werden. Dieser Unabhängigkeitsstatus ist bei der Auslegung der Arbeitgeberbefugnisse zu berücksichtigen und macht in gewissen Bereichen ausdrückliche Abweichungen vom allgemeinen Bundespersonalrecht erforderlich (vgl. unter anderem nachfolgend Ziff. 5.7 betreffend die vorläufige Einstellung im Amt).

Da die für die Arbeitgeberentscheide zuständige Vereinigte Bundesversammlung und Gerichtskommission nicht zu den typischen Instanzen des Verwaltungsverfahrens gehören, stellt sich die Frage nach dem Rechtsschutz der oder des Beauftragten. Grundsätzlich sind auch hier die Bestimmungen des Bundespersonalrechts anwendbar: Die Artikel 34 ff. BPG regeln das Verfahren bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis.

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Nach Artikel 34 Absatz 1 BPG muss der Arbeitgeber eine Verfügung erlassen, falls bei solchen Streitigkeiten keine Einigung zu Stande kommt. Diese Verfügung kann mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Art. 36 Abs. 1 BPG). Sowohl das erstinstanzlichen Verfahren als auch das Beschwerdeverfahren sind ­ unter Vorbehalt der Mutwilligkeit ­ kostenlos (Art. 34 Abs. 2 BPG). Die Beschwerde hat nur aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerdeinstanz dies von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei anordnet (Art. 34a BPG).

Für die Arbeitgeberentscheide der Gerichtskommission finden sich auch im Verfahrensrecht des Bundes entsprechende Regelungen. So ist das VwVG auf das Verfahren vor Organen der Bundesversammlung ausnahmsweise anwendbar, soweit diese eine erstinstanzliche Verfügung nach dem Bundespersonalgesetz treffen bzw. als personalrechtliche Arbeitgeber verfügen (Art. 1 Abs. 2 Bst. b VwVG). Des Weiteren sind nach Artikel 33 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200523 gegen Verfügungen der Organe der Bundesversammlung Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht zulässig, soweit sie das Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals betreffen.

Gegen Entscheide der Vereinigten Bundesversammlung stellt die Bundesgesetzgebung dagegen kein Rechtsmittel zur Verfügung. Diese Entscheide sind somit nach Artikel 189 Absatz 4 der Bundesverfassung24 grundsätzlich endgültig. Auch Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe c dritter Teilsatz BPG, welcher (in Verbindung mit Art. 34b Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 sowie Art. 34c Abs. 1 Bst. a, b und d und Abs. 2 BPG) eine Beschwerdemöglichkeit bei Nichtwiederwahl vorsieht, ist nicht anwendbar. Allerdings muss nach der neueren Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bei der Abberufung von Richtern die Rechtsweggarantie gemäss Artikel 6 Absatz 1 der Konvention vom 4. November 195025 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) zum Tragen kommen.26 Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf die Beauftragte oder den Beauftragten, welche bzw. welcher mit einer quasi-richterlichen Unabhängigkeit ausgestattet ist, übertragen. Es ist deshalb denkbar, dass die oder der Beauftragte eine Amtsenthebung durch die Vereinigte Bundesversammlung bei einem Gericht (Bundesverwaltungsgericht, Bundesgericht, EGMR) anfechten
kann. Ähnliche Überlegungen gelten bei der Nichtwiederwahl der oder des Beauftragten: Zwar gibt es keinen Anspruch auf Wiederwahl durch die Vereinigte Bundesversammlung. Bei klaren Verfahrensfehlern oder etwa Willkür sollte eine richterliche Kontrolle aber möglich sein. Da die Bundesgesetzgebung kein Rechtsmittel vorsieht, müsste die oder der Beauftragte eine gerichtliche Beurteilung gestützt auf die EMRK verlangen.

23 24 25 26

SR 173.32 SR 101 SR 0.101 Vgl. dazu die Urteile des EGMR in Sachen Baka gegen Ungarn (Grosse Kammer) vom 23. Juni 2016, § 100 ff., insb. § 105, und in Sachen Volkov gegen Ukraine vom 9. Januar 2013, § 122. Siehe auch das Urteil des EGMR in Sachen Kövesi gegen Rumänien vom 5. Mai 2020, § 105 ff. betreffend die Entlassung der Generalstaatsanwältin.

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5.3

Begründung des Arbeitsverhältnisses und Amtsdauer

Der zweite Abschnitt des Verordnungsentwurfes enthält Präzisierungen zur Begründung des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten und deren bzw. dessen Amtsdauer.

Dagegen ist es nicht erforderlich, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten auf Verordnungsstufe weiter zu konkretisieren. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses richtet sich nach Artikel 44 Absätze 2 und 3 nDSG. Diese Regelung ist abschliessend und geht den Bestimmungen des Bundespersonalrechts vor.

Art. 3

Begründung des Arbeitsverhältnisses

Die wichtigsten Elemente zur Begründung des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten sind auf Gesetzesstufe geregelt: Die Stellenausschreibung sowie die Vorbereitung der Wahl der oder des Beauftragten erfolgen durch die Gerichtskommission (Art. 40a Abs. 1 Bst. d und Abs. 2 erster Satz nParlG). Gewählt wird die oder der Beauftragte durch die Vereinigte Bundesversammlung. Wählbar ist nur, wer in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt ist (Art. 43 Abs. 1 und 2 nDSG).

Vor diesem Hintergrund konkretisiert Artikel 3 Absatz 1 des Verordnungsentwurfes, dass das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten durch eine zustimmungsbedürftige Wahlverfügung der Bundesversammlung begründet wird. Nach Artikel 3 Absatz 2 des Verordnungsentwurfes werden die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses von der Gerichtskommission festgelegt. Es wäre nicht stufengerecht, wenn die Bundesversammlung diese Details selber bestimmen würde. Auch würde dies den Diskretionsanforderungen zuwiderlaufen. In der Regel wird die Gerichtskommission die Einzelheiten vorgängig im Rahmen der Wahlvorbereitung festlegen, sodass die oder der Gewählte der Wahl in Kenntnis der Arbeitsbedingungen zustimmen kann. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen Artikel 2 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin.

In Artikel 3 Absatz 3 des Verordnungsentwurfes wird von Artikel 27 BPV abgewichen und festgehalten, dass es für die Beauftragte oder den Beauftragten keine Probezeit gibt.

Entgegen Artikel 3 Absatz 2 ParlG hat die oder der Beauftragte keinen Eid und kein Gelübde abzulegen (Art. 3 Abs. 4 des Verordnungsentwurfes). Es erscheint politisch nicht sachgerecht, wenn die oder der Beauftragte vor der Vereinigten Bundesversammlung vereidigt würde. Dies sollte den Mitgliedern des Bundesrates und der Bundeskanzlerin oder dem Bundeskanzler sowie ­ im Kriegsfall ­ dem General vorbehalten bleiben. Anders als der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin kann die oder der Beauftragte den Eid oder das Gelübde auch nicht vor einer unabhängigen Aufsichtsbehörde leisten (vgl. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin).

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Art. 4

Amtsdauer

Die Amtsdauer der oder des Beauftragten richtet sich nach Artikel 44 Absatz 1 nDSG (Art. 4 Abs. 1 des Verordnungsentwurfes). Sie beträgt vier Jahre und kann zwei Mal erneuert werden. Sie fängt am 1. Januar nach Beginn der Legislaturperiode des Nationalrates an. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die oder der Beauftragte von der Vereinigten Bundesversammlung wiedergewählt werden muss. Abweichend von Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe c BPG ist eine stillschweigende bzw. automatische Verlängerung der Amtsdauer also nicht möglich.

Artikel 4 Absatz 2 des Verordnungsentwurfs sieht vor, dass die oder der Beauftragte spätestens am Ende des Jahres aus ihrem bzw. seinem Amt ausscheidet, in dem sie bzw. er das 68. Altersjahr vollendet. Mit dieser Regelung wird die oder der Beauftragte gleichbehandelt wie die ebenfalls von der Bundesversammlung gewählten eidgenössischen Richterinnen und Richter sowie der Bundesanwalt bzw. die Bundesanwältin. Auch wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass in der Bundesverwaltung die Weiterarbeit über das ordentliche Pensionierungsalter hinaus gefördert wird. Schliesslich trägt die Bestimmung zur Gleichbehandlung von Frau und Mann bei. Artikel 4 Absatz 2 des Verordnungsentwurfs entspricht materiell Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin.

Wird die Stelle der oder des Beauftragten frei, so ist sie für den Rest der Amtsdauer wieder zu besetzen (Art. 4 Abs. 3 des Verordnungsentwurfes).

5.4

Besoldung

Art. 5

Lohn

Gemäss Artikel 5 Absatz 1 des Verordnungsentwurfes bleibt die oder der Beauftragte wie bisher in der Lohnklasse 34 nach Artikel 36 BPV (Höchstbetrag gemäss der Lohntabelle des Eidgenössischen Personalamts vom 1. Januar 202127: 262 674 Franken).

Der Anfangslohn der oder des Beauftragten wird durch die Gerichtskommission bestimmt. Diese berücksichtigt das Alter, die Ausbildung und die Berufs- und Lebenserfahrung der zu wählenden Person sowie die Lage auf dem Arbeitsmarkt (Art. 5 Abs. 2 des Verordnungsentwurfes). Die genannten Kriterien entsprechen jenen für den Bundesanwalt oder die Bundesanwältin (vgl. Art. 6 Abs. 2 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin).

Betreffend die Lohnentwicklung legt Artikel 43 Absatz 6 nDSG fest, dass die oder der Beauftragte aufgrund ihrer bzw. seiner Unabhängigkeit nicht dem Beurteilungssystem nach Artikel 4 Absatz 3 BPG untersteht. Auch die entsprechenden Ausführungsbestimmungen der Artikel 15­17, 39 und 42 BPV sowie der Artikel 2­6 und 9 VBPV gelangen deshalb nicht zur Anwendung. Stattdessen wird in Artikel 5 Absatz 3 27

Die Lohntabelle 2021 ist abrufbar unter: .

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des Verordnungsentwurfes eine leistungsunabhängige Lohnentwicklung nach dem Modell für den Bundesanwalt bzw. die Bundesanwältin vorgesehen: Danach erhöht sich der Lohn der oder des Beauftragten auf den 1. Januar jedes Jahres um drei Prozent des Höchstbetrags der Lohnklasse, bis er diesen Höchstbetrag erreicht hat (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin). Für den aktuellen Amtsinhaber ist eine solche Lösung bereits heute als besondere Vertragsbestimmung festgehalten. Allerdings beträgt die Lohnerhöhung für den Beauftragten gegenwärtig nur zwei Prozent. Eine Aufstockung erscheint angesichts der mit der Totalrevision des Datenschutzrechts einhergehenden neuen Aufgaben und Kompetenzen des EDÖB gerechtfertigt (vgl. dazu die Erläuterungen unter Ziff. 5.6).

Art. 6

Zulagen zum Lohn

Die oder der Beauftragte erhält die im Bundespersonalrecht vorgesehenen Zulagen zum Lohn, soweit sie bzw. er die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Zu diesen Lohnzulagen gehören insbesondere der Ortszuschlag (Art. 43 BPV und Art. 11 VBPV), der Teuerungsausgleich (Art. 44 BPV), die Familienzulage (Art. 51 BPV) sowie die ergänzenden Leistungen zur Familienzulage (Art. 51a BPV). Eine ausdrückliche Regelung ist aufgrund der subsidiären Anwendbarkeit des Bundespersonalrechts nicht erforderlich (vgl. Art. 1 Abs. 2 des Verordnungsentwurfes).

Abweichend von der Bundespersonalgesetzgebung werden der oder dem Beauftragten allerdings keine Leistungsprämien oder Spontanprämien nach den Artikeln 49 und 49a BPV ausgerichtet (Art. 6 Abs. 1 des Verordnungsentwurfes). Die für diese Prämien erforderliche Leistungsbeurteilung ist aufgrund der Unabhängigkeit der oder des Beauftragten ausgeschlossen (vgl. auch Art. 43 Abs. 6 nDSG).

Ausserdem legt Artikel 6 Absatz 2 des Verordnungsentwurfes fest, dass die Gewährung einer allfälligen Arbeitsmarktzulage der Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte bedarf. Hier ist aufgrund der Zuständigkeit der Bundesversammlung für das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten eine Abweichung von Artikel 50 Absatz 2 BPV erforderlich, welcher für die Arbeitsmarktzulage die Zustimmung des Eidgenössischen Finanzdepartements verlangt.

5.5

Berufliche Vorsorge

Art. 7 Artikel 7 des Verordnungsentwurfes führt den vorliegend im nDSG ergänzten Artikel 43 Absatz 3 zweiter Satz betreffend die berufliche Vorsorge aus (vgl. Ziff. 3) und legt fest, dass die oder der Beauftragte im Rahmen des Vorsorgewerks Bund versichert wird.

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5.6

Weitere Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis

Der fünfte Abschnitt des Verordnungsentwurfes fasst die weiteren Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten zusammen. Der Entwurf nimmt dabei nur diejenigen Elemente des Arbeitsverhältnisses auf, welche eine vom Bundespersonalrecht abweichende Regelung erfordern. Keine speziellen Vorschriften sind unter anderem für die Arbeitszeit (Vertrauensarbeitszeit mit jährlicher Entschädigung nach Art. 64b BPV), die Ferien (Art. 67 f. BPV) und den Urlaub (Art. 68 BPV) der oder des Beauftragten nötig. Nach dem Bundespersonalrecht richten sich im Wesentlichen auch der Auslagenersatz und die weiteren Leistungen des Arbeitgebers (Art. 69 ff. BPV; zum Ausschluss der Entschädigung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses vgl. jedoch den neuen Art. 44 Abs. 4 nDSG). Schliesslich bestimmen sich die arbeitsrechtlichen Pflichten der oder des Beauftragten ebenfalls weitgehend nach dem Bundespersonalrecht, beispielsweise nach den Vorgaben betreffend die Annahme von Geschenken, sonstigen Vorteilen und Einladungen (Art. 93 f. BPV) oder betreffend Eigengeschäfte (Art. 94c BPV). Die Bestimmungen des Bundespersonalrechts sind dabei immer im Lichte der Unabhängigkeit der oder des Beauftragten auszulegen und anzuwenden. So darf zum Beispiel die Leistung der oder des Beauftragten für die Gewährung von Urlaub (Art. 68 Abs. 2 zweiter Satz BPV) oder der Treueprämie (Art. 73 Abs. 4 BPV) grundsätzlich keine Rolle spielen.

Besondere Regelungen sieht der Verordnungsentwurf für den Beschäftigungsgrad (Art. 8), den Wohnsitz (Art. 9) und das Amtsgeheimnis (Art. 10) vor. Auch die Ausübung einer Nebenbeschäftigung ist für die Beauftragte oder den Beauftragten in Artikel 47 nDSG abweichend vom Bundespersonalrecht (Art. 23 BPG und Art. 91 BPV) geregelt (siehe dazu die Erläuterungen zur Änderung von Art. 47 Abs. 2 erster Satz nDSG in Ziff. 3).

Art. 8

Beschäftigungsgrad

Während im geltenden Recht für die Beauftragte oder den Beauftragten kein bestimmter Beschäftigungsgrad vorgeschrieben ist, soll sie oder er das Amt inskünftig nur noch im Vollpensum ausüben. Eine Änderung des Beschäftigungsgrads während der Amtsdauer oder ein Jobsharing sind mit dieser Regelung nicht möglich. Die Anforderungen des Amtes nehmen angesichts der Auswirkungen der Digitalisierung auf den Datenschutz stetig zu. Auch die neuen Aufgaben und Kompetenzen, welche der EDÖB mit der Totalrevision des DSG erhält (z.B. die neuen Untersuchungs- und Verfügungskompetenzen nach Art. 49 ff. nDSG, die Stellungnahmen zu den Verhaltenskodizes von Berufs-, Branchen- und Wirtschaftsverbänden sowie Bundesorganen nach Art. 11 nDSG oder die Stellungnahmen zu den Datenschutz-Folgenabschätzungen nach Art. 23 nDSG), machen ein Vollpensum erforderlich. Hinzu kommt, dass die oder der Beauftragte eine einzelne Amtsperson ist und nicht einer Kollegialbehörde angehört, sodass ihr bzw. ihm eine sehr grosse Verantwortung für die Leitung des EDÖB obliegt. Der aktuelle Amtsinhaber ist bereits im Vollpensum tätig.

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Art. 9

Wohnsitz

Artikel 9 des Verordnungsentwurfes verpflichtet die Beauftragte oder den Beauftragten ihren bzw. seinen Wohnsitz in der Schweiz zu haben. Diese Bestimmung entspricht Artikel 13 der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin.

Art. 10

Amtsgeheimnis

Im Zusammenhang mit dem Amtsgeheimnis der oder des Beauftragten nach Artikel 320 des Strafgesetzbuches28 (StGB) sind grundsätzlich die Artikel 22 BPG und Artikel 94 BPV zu beachten. Daneben gibt es aber auch verschiedene spezialgesetzliche Regelungen zu berücksichtigen: So findet Artikel 94 Absatz 3 BPV, wonach sich Bundesangestellte nur mit der schriftlichen Ermächtigung der zuständigen Stelle als Partei über Wahrnehmungen, die sie aufgrund ihrer Aufgaben oder in Ausübung ihrer Funktion gemacht haben und die sich auf ihre dienstlichen Aufgaben beziehen, äussern dürfen, keine Anwendung, soweit der EDÖB im Rahmen der Strafbestimmungen der Artikel 60 ff. nDSG bei der zuständigen Strafverfolgungsbehörde Anzeige erstatten und im Verfahren die Rechte einer Privatklägerschaft wahrnehmen kann (Art. 65 Abs. 2 nDSG) oder soweit er Beschwerdeentscheide des Bundesverwaltungsgerichts in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten nach Artikel 52 Absatz 3 nDSG anfechten kann. Für die Aufgaben der oder des Beauftragten im Bereich des Öffentlichkeitsprinzips gilt ausserdem Artikel 20 Absatz 2 des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 200429.

Da der EDÖB ­ anders als etwa das Bundesstraf- und das Bundesverwaltungsgericht ­ kein aus mehreren Personen bestehendes Leitungsgremium kennt und ­ anders als die Bundesanwaltschaft ­ über keine unabhängige Aufsichtsbehörde verfügt, stellt sich die Frage, wer über die Entbindung der oder des Beauftragten vom Amtsgeheimnis entscheidet. Diese Aufgabe wird in Artikel 10 des Verordnungsentwurfes der Gerichtskommission zugewiesen. Eine solche Zuweisung scheint mit Blick auf die Unabhängigkeit der oder des Beauftragten vertretbar. Bei der Entbindung vom Amtsgeheimnis geht es nicht darum, der oder dem Beauftragten Weisungen zu ihrer bzw. seiner Aufgabenerfüllung zu erteilen, sondern einen Rechtfertigungsgrund für die Offenbarung eines Geheimnisses zu schaffen. Der in Artikel 10 des Verordnungsentwurfes für die Gerichtskommission verwendete Ausdruck «vorgesetzte Behörde» entspricht der Terminologie von Artikel 320 Ziffer 2 StGB und impliziert keine Weisungsbefugnisse der Gerichtskommission gegenüber der oder dem Beauftragten.

5.7

Vorläufige Einstellung im Amt

Art. 11 Betreffend die vorläufige Amtseinstellung der oder des Beauftragten verweist Artikel 11 Absatz 1 des Verordnungsentwurfes deklaratorisch auf Artikel 14 Absatz 5 des 28 29

SR 311.0 SR 152.3

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Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 195830 (VG). Nach dieser Bestimmung kann die Vereinigte Bundesversammlung von ihr gewählte Behördenmitglieder und Magistratspersonen vorläufig im Amt einstellen, wenn gegen diese eine Strafverfolgung wegen strafbarer Handlungen durchgeführt wird, die sich unmittelbar auf die amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen. Die Kommissionen beider Räte, die der Ermächtigung zur Strafverfolgung zustimmen müssen, können ­ in gemeinsamer Sitzung ­ der Vereinigten Bundesversammlung die vorläufige Einstellung im Amt beantragen. Mit anderen Worten: Wenn die strafrechtliche Immunität der oder des Beauftragten aufgehoben wird, kann die vorläufige Einstellung im Amt nach Artikel 14 Absatz 5 VG erfolgen.

Stehen weniger gravierende Vorwürfe im Raum, ist es dagegen nicht möglich, die oder den Beauftragten vorläufig im Amt einzustellen. Das Bundespersonalrecht sieht in Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe b BPG in Verbindung mit Artikel 103 und 103a BPV die vorsorgliche Freistellung vom Dienst und die Freistellung nach Kündigung vor. Um die unabhängige Stellung der oder des Beauftragten gemäss Artikel 43 Absatz 4 erster Satz nDSG zu gewährleisten, wird hier vom Bundespersonalrecht abgewichen. Auf diese Weise wird verhindert, dass die oder der Beauftragte von einer politischen Behörde an der Ausübung ihres oder seines Amtes gehindert wird, ohne dass eine schwere Amtspflichtverletzung nachgewiesen werden oder ein hinreichender Verdacht auf eine strafbare Handlung vorliegen müsste.

Zusammengefasst lassen die Vorschriften des nDSG für eine Freistellung der oder des Beauftragten ausserhalb des Anwendungsbereichs von Artikel 14 Absatz 5 VG keinen Raum. Artikel 11 Absatz 2 des Verordnungsentwurfes schliesst deshalb die Artikel 103 und 103a BPV für das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten ausdrücklich aus.

5.8

Datenbearbeitung

Art. 12 Für die Bearbeitung der Personendaten der oder des Beauftragten im Rahmen ihres bzw. seines Arbeitsverhältnisses gelten grundsätzlich die Bestimmungen des Bundespersonalrechts. Neben den Artikeln 27­28 BPG richtet sich die Datenbearbeitung also hauptsächlich nach der BPDV. Dies ergibt sich bereits aus Artikel 1 Absatz 2 des Verordnungsentwurfes und wird in Artikel 12 erster Satz des Verordnungsentwurfes lediglich der Rechtsklarheit halber nochmals festgehalten. Die BPDV betrifft nicht nur den Umgang mit den Personendaten der jeweiligen Amtsinhaberin bzw. des jeweiligen Amtsinhabers, sondern auch der Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt der oder des Beauftragten. Ausserdem enthält sie Vorschriften zur Aufbewahrung, Archivierung und Vernichtung der Personendaten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z.B. Art. 23 und 26 BPDV zum Personaldossier und Informationssystem für das Personaldatenmanagement). Bestimmungen, welche die Bearbeitung von Daten zu Leistungen, Kompetenzen und Potenzial zum Gegenstand haben (z.B. Art. 19 30

SR 170.32

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Abs. 1 Bst. d oder Art. 31 Abs. 1 Bst. c BPDV), sind nur insoweit anwendbar, als sie mit der Unabhängigkeit der oder des Beauftragten (Art. 43 Abs. 4 erster Satz nDSG) vereinbar sind.

Artikel 12 zweiter Satz des Verordnungsentwurfes behält die Bestimmungen der Parlamentsverwaltungsverordnung vom 3. Oktober 200331 vor. Diese Verordnung enthält unter anderem besondere Vorschriften zu den Protokollen und weiteren Unterlagen der Kommissionen (Art. 4 ff.), die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten für die Datenbearbeitungen durch die Gerichtskommission relevant sind.

5.9

Inkrafttreten

Art. 13 Die Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten soll gleichzeitig in Kraft treten wie die im Rahmen der vorliegenden parlamentarischen Initiative vorgesehene Änderung des nDSG. Das Inkrafttreten der Änderung des nDSG wird durch Bundesrat bestimmt (vgl. vorangehend Ziff. 3).

6

Finanzielle Auswirkungen

Es ergeben sich voraussichtlich nur geringfügige finanzielle Auswirkungen. Vorgesehen ist eine Erhöhung der Lohnentwicklung der oder des Beauftragten. Statt um zwei Prozent soll sich ihr bzw. sein Lohn jährlich um drei Prozent des Höchstbetrags der Lohnklasse 34 erhöhen, bis dieser Höchstbetrag erreicht ist (vgl. Ziff. 5.4). Dies macht jährlich einen betragsmässigen Unterschied von rund 2627 Franken aus. Auch mit der Anpassung der Altersschwelle für das Amt der oder des Beauftragten auf 68 Jahre sollten kaum zusätzliche Kosten entstehen. Es könnte höchstens die Differenz zwischen dem Lohnklassenmaximum, welches die Personen am Ende ihrer Karriere erreichen, und dem Anfangslohn von neu angestellten Personen in Betracht gezogen werden. Im Übrigen ist betreffend die Besoldung der oder des Beauftragten (vgl.

Ziff. 5.4) sowie die Sozialleistungen (vgl. Ziff. 3 und 5.5) eine mit der heutigen Rechtslage vergleichbare Lösung vorgesehen.

Finanzielle Auswirkungen entstehen für den Bund schliesslich durch die zusätzlichen Aufgaben, welche die Gerichtskommission als die für zahlreiche Arbeitgeberentscheide zuständige Stelle wahrnehmen soll (vgl. Ziff. 5.2). Dies wirkt sich sowohl auf die Arbeit der Mitglieder der Gerichtskommission als auch auf das Sekretariat der Gerichtskommission aus. Es muss im Schnitt mit einer zusätzlichen Sitzung der Gerichtskommission pro Jahr gerechnet werden. Dies bringt jährlich Kosten von rund 13 000 Franken für die Entschädigung der zusätzlichen Sitzung der Gerichtskommission sowie eine Aufstockung des Pensums des Sekretariates von rund 10 Prozent (23 000 Franken inkl. Sozialversicherungsbeiträge) mit sich.

31

SR 171.115

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Rechtliche Grundlagen

Wichtige Elemente des Arbeitsverhältnisses der oder des Beauftragten sind im nDSG und im nParlG gesetzlich geregelt. Diese betreffen unter anderem die Wahl der oder des Beauftragten durch die Vereinigte Bundesversammlung (Art. 43 Abs. 1 nDSG und Art. 40a Abs. 1 Bst. d nParlG), die Wählbarkeitsvoraussetzungen (Art. 43 Abs. 2 nDSG), die Unvereinbarkeiten (Art. 46 nDSG), die Amtsdauer und die Wiederwahl (Art. 44 Abs. 1 nDSG), die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Ersuchen der oder des Beauftragten (Art. 44 Abs. 2 nDSG) sowie die Amtsenthebung (Art. 44 Abs. 3 nDSG und Art. 40a Abs. 1 Bst. d und Abs. 6 nParlG). Mit der vorliegend vorgesehenen Änderung des nDSG werden diese Elemente weiter ergänzt. So werden insbesondere Bestimmungen zur beruflichen Vorsorge, zum Ausschluss einer Entschädigung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses, zum Ausstand der oder des Beauftragten sowie zur disziplinarischen Massnahme der Verwarnung vorgesehen.

Ausserdem wird im nDSG eine gesetzliche Grundlage geschaffen, welche die Bundesversammlung ausdrücklich zum Erlass einer Verordnung über das Arbeitsverhältnis der oder des Beauftragten ermächtigt (vgl. Ziff. 3).

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