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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend zwei Verträge mit Ecuador vom 22. Juni 1888.

(Vom 11. Juni 1889.)

Tit.

Wir haben die Ehre, Ihnen hiemit zwei Staats vertrage zur Genehmigung vorzulegen, welche von den Bevollmächtigten der S c h w e i z und der Republik E c u a d o r am 22. Juni 1888 in Paris unterzeichnet worden sind. Diese Verträge betreffen : 1. Die g e g e n s e i t i g e A u s l i e f e r u n g von V e r b r e c h e r n und A n g e s c h u l d i g t e n , sowie die V o l l z i e h u n g von Requisitorien;x 2. die H a n d e l s - , K o n s u l a r - und N i e d e r l a s s u n g s v e r h ä l t n i s s e mit Einschluß der Vereinbarung von Schiedsgerichten behufs des Entscheides von Streitfragen zwischen den beiden Staaten.

Wir sind zunächst durch folgenden Vorgang zum Abschlüsse dieser Verträge geführt worden: Im Oktober 1883 brachte das Staatsdepartement der Vereinigten Staaten von Amerika der schweizerischen Gesandtschaft in Washington zur Kenntniß, daß eine Anzahl Schweizerbürger in Ecuador an den Konsul der Vereinigten Staaten zu Guayaquil das Ansuchen gerichtet habe, sie auf die Konsularregister einzutragen, damit sie von dem Militärdienste in Ecuador befreit würden. Das erwähnte Staatsdepartement fügte hinzu, daß die Befreiung der Schweizerbürger vom Militärdienste in -Ecuador von einem Vertrage zwischen der Schweiz und dieser Republik abhängig sei; es

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wünschte deßhalb, über die Existenz eines solchen Vertrages orientirt zu werden. Gleichzeitig machte das Staatsdepartement das freundliche Anerbieten, inzwischen auch den Schweizerbürgern in Ecuador diejenigen guten Dienste angedeihen zu lassen, welche die Regierung der Vereinigten Staaten schon in anderen Ländern zu Gunsten der Schweizer habe eintreten lassen.

Die Gesandtschaft in. Washington wurde angewiesen, diese Mittheilung dahin zu beantworten, daß zwischen der Schweiz und Ecuador kein Niederlassungsvertrag bestehe, so daß der Militärdienst der beidseitigen Angehörigen, welche im andern Lande wohnen, vertraglich nicht geordnet erscheine. Da jedoch von Seite der Schweiz die Ausländer nicht zum persönlichen Militärdienste herangezogen und auch nicht zur Bezahlung der Ersatzsteuer angehalten werden, wenn deren Heimatstaat Gegenrecht halte, so dürfe die Schweiz erwarten, daß auch Ecuador in dieser Beziehung der Schweiz gegenüber Reciprocität beobachten werde. Uebrigens erklärten wir uns geneigt, · mit Ecuador sowohl über diesen Gegenstand, als auch über andere Materien, die auf die Niederlassung und den Handel sich beziehen, einen Vertrag zu vereinbaren.

Die Frage betreffend den Abschluß eines solchen Vertrages blieb indeß längere Zeit suspendirt, weil der Gesandte der Republik Ecuador inzwischen von Washington abberufen worden war und andererseits auch die Vereinigten Staaten keinen diplomatischen Vertreter in Quito mehr besaßen.

Als jedoch im Sommer 1885 die diplomatischen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Republik Ecuador durch die Sendung des Herrn Antonio Flores als Gesandter des letztern Staates wieder hergestellt worden waren, präsentirte sich Herr Flores gleichzeitig, auch als Bevollmächtigter zum Abschlüsse eines Vertrages mit der Schweiz.

Wenn schon an und für sich der obenerwähnte Vorgang uns den Abschluß eines Vertrages mit Ecuador nahe gelegt hatte, so waren es andererseits auch Gründe handelspolitischer Natur, welche es uns als wünschenswerth erscheinen ließen, die gegenseitigen Beziehungen beider Staaten vertraglich zu regeln. Wir überschätzen die dermalige Bedeutung dieser Beziehungen keineswegs. Wir wissen sehr wohl, daß insbesondere der Handelsverkehr zwischen der Schweiz und Ecuador gegenwärtig von ziemlich unerheblichem Belange ist; allein
die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß bei der fortschreitenden Entwicklung von Handel und Verkehr die Beziehungen der Schweiz mit jenen Gegenden sich erweitern werden.

Sollte der Panama-Isthmus je durchbohrt werden, so könnte Ecuador -eine besondere Bedeutung für Europa gewinnen.

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Ecuador ist ein südamerikanischer Freistaat am stillen Ozean, zwischen den Vereinigten Staaten von Columbia und Peru gelegen.

Der Flächeninhalt wird auf 650,000 Quadratkilometer angegeben und die Bevölkerung auf 1,500,000 Seelen geschätzt. Der Boden soll sehr fruchtbar und der Handel ziemlich belebt sein. Zur Ausfuhr kommen namentlich Cacao, Baumwolle, Kaffee, Tabak, Nutzund Farbhölzer, sowie, vom östlichen Abhänge der- Cordilleren, Gummi, dessen Handel theilweise in den Händen von Schweizer Firmen der brasilianischen Küste liegt, während die Einfuhr auch solche Artikel umfaßt,,,die in der Schweiz produzirt werden, wie wollene und baumwollene Tücher, Bijouteriewaaren, Kurzwaaren etc.

Früher bildete Ecuador mit Venezuela und Neu-Granada die Föderativrepublik Columbia. Nach verschiedenen Kämpfen erfolgte im Jahre 1830 eine Trennung. Seither ist Ecuador ein selbstständiger Staat mit republikanischer Verfassung. Die gesetzgebende Gewalt wird von dem Kongresse, bestehend aus einem Senate und einer Repräsentantenkammer, ausgeübt. An der Spitze der Regierung steht ein auf vier Jahre gewählter Präsident. Adelsvorrechte und Sklaverei sind abgeschafft. Sitz der Regierung ist Quito mit ungefähr 80,000 Einwohnern; in kommerzieller Beziehung erscheint von Bedeutung die Hafenstadt Guayaquil. Ecuador besitzt eine Eisenbahn und ist von Guayaquil aus mit New-York telegraphisch verbunden. Ueber zwanzig verschiedene Staaten sind durch diplomatische oder konsularische Agenten bei Ecuador repräsentirt, darunter die Vereinigten Staaten von Amerika und die meisten europäischen Staaten.

Die wichtigsten internationalen Verträge, welche Ecuador abgeschlossen hat, sind: ein Handelvertrag mit Peru (1832), ein Friedens- und Freundschaftsvertrag mit Neu-Granada (1832 und 1846), ein Freundschafts-, Handels- und Schifïïahrtsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika (1839), mit Frankreich (1843 und 1888, letzterer jedoch noch nicht ratifizirt), mit Großbritannien (1880) und mit Belgien (1887), sowie ein Freundschaftsvertrag mit dem Deutschen Reiche (ebenfalls 1887), und endlich die Auslieferungsverträge mit Brasilien (1853), mit den Vereinigten Staaten von Amerika (1872), mit Peru (1874) und mit Großbritannien (1880).

Nachdem die Regierung von Ecuador, wie schon oben angedeutet wurde, ihre Bereitwilligkeit zum Abschlüsse
eines Vertrages mit der Schweiz zu erkennen gegeben hatte, nahmen wir keinen Anstand, die förmlichen Vertragsunterhandlungen einzuleiten und deren Führung Herrn Minister Frey in Washington zu übertragen,

608 in der Meiuuüg, daß diese Unterhandlungen auch auf eine Uebereinkunft betreffend die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten auszudehnen seien.

Es traten jedoch neue Zögerungen ein, indem Herr Flores seinen Aufenthalt zunächst nach New-York verlegte und dann bald darauf nach Paris übersiedelte.

Im Verlaufe einiger zwischen Herrn Minister Frey und Herrn Flores gewechselten Korrespondenzen stellte Letzterer den Antrag, es möchte auch die N a t u r a l i s a t i o n s f r a g e vertraglich geordüet werden. Wir glaubten jedoch, zur Zeit auf diesen Vorschlag aus den nämlichen Gründen nicht eintreten zu können, welche uns geleitet haben, die seitens der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wiederholt gestellten gleichartigen Anträge abzulehnen (vergi. Bundesbl. 1886, I, 872 c).

Nachdem Herr Flores bei der französischen Republik akkrcditirt war, wurden auf seinen Wunsch die Unterhandlungen nach Paris verlegt. Wir haben demzufolge Herrn Minister Lardy mit der Weiterführung dieser Angelegenheit betraut.

Obschon das Resultat schließlich in wenige Artikel zusammenschmolz, haben die Unterhandlungen dennoch einen mühsamen Verlauf genommen, wie aus den Akten, die wir diesem Berichte anschließen, zu ersehen ist. Wir glauben jedoch, daß eine einläßliche Darstellung des Verlaufes der Unterhandlungen kein wesentliches Interesse zu bieten vermag, und beschränken uns deßhalb auf einige wenige Bemerkungen über den Inhalt der beiden Urkunden, die wir hiemit den eidgenössischen Käthen zur Ratifikation vorlegen.

Die Ausscheidung in zwei besondere Uehereinkommen hat darum stattfinden müssen, weil Herr Flores erklärte, daß ein Auslieferungsvertrag oder überhaupt jede nähere Bestimmung betreffend die Auslieferung von der Gesetzgebung seines Heimatlandes auf Schwierigkeiten stossen könnte, da in Ecuador keine Neigung bestehe, ausländische Verbrecher aufzusuchen und auszuliefern, oder von Ecuador verfolgte Missethäter aus Europa zurückkommen zu lassen. Indeß erklärte Herr Flores sich bereit, eine Vereinbarung über die künftige Beobachtung der R e c i p r o c i t a t im A u s l i e f e r u n g s v e r f a h r e n , sowie über die Vollziehung von Requisitorien zu unterzeichnen, und da er inzwischen Präsident der Republik Ecuador geworden war, so durfte auf Genehmigung einer solchen
Uebereinkunft gehofft werden. Sie wurde aber von dem Vertrage über Niederlassungsverhältnisse losgelöst, damit nicht etwa mit der Verwerfung der Bestimmungen über die Auslieferung der ganze Vertrag hinfällig würde.

609 Mit diesen Bemerkungen ist gleichzeitig auch der Inhalt des ersten, im Eingange genannten Uebereiükommens gekennzeichnet.

Wir bemerken bloß noch, daß das Prinzip der Auslieferung in Art. X des Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrages mit der Südafrikanischen Republik vom 6. November 1885 in ähnlicher Weise reglirt ist.

Was die zweite Uebereinkunft betrifft, so qualifizirt sich diese als ein F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s - und H a n d e l s v e r t r a g . Der Grundgedanke ist die Anerkennung der Reciprocität und der Meistbegünstigung. Es erscheinen daher hier die auch in andern derartigen Verträgen üblichen Bestimmungen. Als exceptionelle Punkte sind der Schlußsatz von Art. 2 und der Art. 3 hervorzuheben.

In dem Schlußsatz von Art. 2 ist festgestellt, daß die Angehörigen der beiden Staaten wegen ihres Glaubens nicht belästigt ·werden sollen, vorausgesetzt, daß sie die bestehenden Gesetze und Gebräuche achten; im Begräbnißwesen ist die Meistbegünstigung festgesetzt. Dieser Satz ist in Uebereinstimmung mit Art. 9 des Vertrages zwischen Ecuador und Frankreich, welcher ebenfalls im Laufe des letzten Jahres in Paris vereinbart worden ist.

Was den Art. 3 betrifft, so ist hier für beide Theile das Recht reservirt, nach Maßgabe ihrer Gesetzgebung Personen auszuweisen oder nicht zuzulassen, welche auf Grund ihres üblen Vorlebensoder ihres Verhaltens als gefährlich angesehen werden müssen.

Genau genommen entspricht dieser Artikel dem Verfahren, das jeder Staat aus seiner eigenen Souveränität ableitet und ausübt.

Das Neue besteht nur darin, daß die Praxis in einen Vertragsartikel formulirt ist und in dieser Weise in das öffentliche Recht eingeführt wird. Ueber das Recht, zur Ausweisung kann ein Zweifel nicht vvalten. Dagegen ist hier bemerkenswert!!, daß schon die Zulassung eines Fremden von vornherein abgelehnt werden kann. Da für diese Materie nach Art. 3 die Gesetzgebung des Landes maßgebend sein soll und das Fremdengesetz von Ecuador vom Jahre 1886 diese Bestimmung in aller Klarheit aufstellt, so konnte sie auch in unserm Vertrage nicht abgelehnt werden. Wir fügen bei, daß dieser Art. 3 wörtlich übereinstimmt mit Art. III des Vertrages zwischen dem Deutschen Reiche und Ecuador vom 28. März 1887.

Wir haben endlich im Art. 4 ein schiedsgerichtliches Verfahren
vorgesehen, wie übrigens ein solches schon in andere Vertrage der Schweiz und anderer europäischen Staaten mit den Republiken des ehemaligen spanischen Arnerika's aufgenommen worden ist.

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Unmittelbar nach der Unterzeichnung der uns vorliegenden Verträge ist Herr Flores nach Ecuador zurückgereist, um seine Funktionen als Präsident der Republik anzutreten. Der in Paris weilende Generalkonsul von Ecuador hat in neuerer Zeit Herrn Minister Lardy schriftlich erklärt, daß er Vollmacht habe, die Ratifikationen auszuwechseln. Es darf hieraus geschlossen werden, daß ·der Kongreß von Ecuador beide Vereinbarungen genehmigt hat.

Wir schließen mit dem Antrage, es möchten die im Eingange genannten zwei Uebereinkommen mit Ecuador durch die Genehmigung der beiden folgenden Beschlußentwürfe ratifizirt werden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. Juni 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riiigier.

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(Entwurf)

I.

Bundesbeschluß betreffend

das zwischen der Schweiz und Ecuador am 22. Juni 1888 getroffene provisorische Uebereinkommen über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern und den Vollzug von Requisitorien.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 11. Juni 1889, beschließt: Art. 1. Das zwischen der Schweiz und der Republik Ecuador am 22. Juni 1888 getroffene provisorische Uebereinkommen über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern und den Vollzug von Requisitorien ist genehmigt.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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(Entwurf)

II.

Bundesbeschluß betreffend

die Ratifikation des am 22. Juni 1888 zwischen der Schweiz und Ecuador abgeschlossenen Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrages.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Buadesrathes vom 11. Juni 1889, beschließt : Art. 1. Der zwischen der Schweiz und der Republik Ecuador unterm 22. Juni 1888 abgeschlossene Freundsehafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag ist genehmigt.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung diese» Beschlusses beauftragt.

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Provisorisches Übereinkommen zwischen

der Schweiz und der Republik Ecuador über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern und den Vollzug von Requisitorien.

(Vom 22.-Juni 1888.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seine Excellenz der Präsident der Republik Ecuador, von dem gemeinsamen Wunsche beseelt, die gegenseitige Auslieferung der Verbrecher und den Vollzug von Requisitorien in Civil- und Strafsachen vorläufig zu ordnen, haben beschlossen, zu diesem Zwecke ein provisorisches Uebereinkommen zu treffen, und zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der schweizerische Bundesrath: Herrn Karl Eduard L a r d y , den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Schweiz in Paris, und

Seine Excellenz der Präsident der Republik Ecuador: Herrn Antonio F l o r e s , den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Ecuador in Paris, etc., welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, über nach.stehende Bestimmungen sich geeinigt haben:

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Art. 1.

Bis zum Abschluß einer besondern Uebereinkunft z wischen den Vertragsparteien betreffend die Auslieferung der Verbrecher und den Vollzug von Requisitorieu in Civil- und Strafsachen gewährt die Schweiz der Republik Ecuador und diese letztere der Schweiz alle Rechte, welche einem andern, nicht angrenzenden Staate in diesen Beziehungen eingeräumt sind oder in Zukunft eingeräumt werden.

Für alle Fälle ist vereinbart, daß jedes derartige Begehren, welches von dem einen Staate an den andern gestellt wird, ohne Weiteres die Zusicherung der Gegenseitigkeit in sich schließt.

Art. 2.

Das gegenwärtige Uebereinkommen soll ratifizirt und es sollen die Ratifikationsurkunden so bald als möglich in Paris ausgetauscht werden. Dasselbe wird in beiden Staaten mit dem hundertsten Tage nach Auswechslung der Ratifikationen in Vollziehung gesetzt und bleibt in Kraft bis nach Ablauf eines Jahres von dem Tage an, wo einer der kontrahirenden, Theile dasselbe gekündigt haben wird.

Dessen zur Urkunde haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das gegenwärtige Uebereinkommen unterzeichnet und demselben ihr Siegel beigedrückt.

So geschehen in Paris, in doppelter Ausfertigung, den 22. Juni 1888.

(L. S.) (Sig.) Lardy.

(L. S.) (Sig.) A. Flores.

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Frenndschal'ts-, Mederlassungs- und Handels-V ertrag zwischen

der Schweiz und der Republik Ecuador.

(Vom 22. Juni 1888.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seine Excellenz der Präsident der Republik Ecuador, von dem gemeinsamen Wunsche beseelt, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu erhalten und zu befestigen, sowie die Handelsverbindungen zwischen den Bürgern der beiden Staaten durch alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu erweitern, sind übereingekommen, zu diesem Ende einen Vertrag abzuschließen,, und haben demgemäß zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der schweizerische Bundesrath: Herrn Karl Eduard Lardy, den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Schweiz in Paris, und Seine Excellenz der Präsident der Republik Ecuador: Herrn Antonio Flores, den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Ecuador in Paris, etc.

welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer in guterund gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Bestimmungen vereinbart haben :

616 Art. 1.

Zwischen der Schweiz und der Republik Ecuador, sowie auch zwischen den Angehörigen der beiden Staaten soll für immer Friede und Freundschaft bestehen.

Art. 2.

Die beiden vertragschließenden Theile sind einverstanden, auf dem Gebiete des Handels, der Schifffahrt und des Konsularwesens, sowie hinsichtlich der Niederlassung und in Allem, was auf die Ausübung von commerciellen und industriellen Berufsarten sich bezieht, sieh gegenseitig die gleichen Rechte und Vortheile zuzugestehen, welche der meistbegünstigten Nation eingeräumt sind oder in Zukunft eingeräumt werden sollten. Begünstigungen, welche einer der vertragschließenden Theile angrenzenden Staaten zur Erleichterung des Grenzverkehres gewährt hat .oder künftig gewähren sollte, können von dem andern Theile nicht beansprucht werden, so lauge, diese Begünstigungen nicht auch einem nicht angrenzenden Staate zugestanden werden.

Im Weitern ist vereinbart, daß die Angehörigen der beiden hohen Vertragsstaateu wegen ihres religiösen Glaubens nicht belästigt werden sollen, vorausgesetzt, daß sie die bestehenden Gesetze und Gebräuche achten. Unter allen Umständen haben sie in dieser Beziehung, sowie auch hinsichtlich der Begräbnißstätten und der Beerdigung Anspruch auf die gleiche Behandlung wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation.

Art. 3.

Die vertragschließenden Theile behalten sich das Recht ·vor, nach Maßgabe ihrer Gesetzgebung Personen auszuweisen, beziehungsweise nicht zuzulassen, welche auf Grund ihres üblen Vorlebens oder ihres Verhaltens als gefährlich anzusehen sind.

Art. 4.

Für den Fall, daß ein Anstand zwischen den beiden Vertragsstaaten sich erheben sollte, der auf freundschaftlichem Wege durch diplomatische Korrespondenz zwischen den beiden Regierungen -nicht beigelegt werden könnte, sind die letztern übereingekommen, ihn einem Schiedsgerichte zu unterstellen, und verpflichten sich, dessen Entscheid gewissenhaft zu achten und y,u vollziehen.

617 Das Schiedsgericht wird aus drei Mitgliedern bestehen.

Jeder der beiden Staaten ernennt außerhalb der Angehörigen und Einwohner seines Landes ein Mitglied. Diese beiden Schiedsrichter wählen das dritte Mitglied. Wenn sie über dessen Wahl sich nicht verständigen können, so wird der dritte Schiedsrichter von einer Regierung ernannt, die von den zwei andern Schiedsrichtern oder, falls es zu keiner Verständigung kommt, durch das Loos bezeichnet wird.

Art. 5.

Der gegenwärtige Vertrag soll ratiflzirt und es sollen die Ratifikationsurkunden so bald als möglich in Paris ausgetauscht werden.

Er soll in beiden Staaten mit dem hundertsten Tage nach Auswechslung der Ratifikationen in Vollziehung gesetzt werden.

Der gegenwärtige Vertrag bleibt für den Zeitraum von zehn Jahren, vom Tage der Auswechslung der Ratifikationsurkunden an gerechnet, in Kraft. Falls keiner der vertragschließenden Theile zwölf Monate vor Ablauf des genannten Zeitraums seine Absicht, von demselben zurückzutreten, kundgegeben hat, soll der Vertrag in Kraft bleiben bis nach Ablauf eines Jahres von dem Tage an, wo der eine oder andere der kontrahirenden Theile denselben gekündigt haben wird.

Die kontrahirenden Theile behalten sieh vor, in beiderseitigem Binverständniß alle diejenigen Abänderungen an ·diesem Vertrage zu veranlassen, die mit dessen Geist oder Grundsätzen nicht im Widerspruch stehen und deren NützJichkeit sich durch die Erfahrung herausgestellt haben wird.

Zur Urkunde dessen haben die beiderseitigen Bevoll. tnächtigten, unter Vorbehalt der oben erwähnten Ratifikationen, den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und demselben ihr Siegel beigedrückt.

So geschehen in Paris, in doppelter Ausfertigung, den zweiundzwanzigsten Juni eintausend achthundert achtund-achtzig.

(L. S.) (SigO Lardy.

(L. S.) (Sig.) A. Flores.

Bundesblatt. 41. Jahrg. Bd. III.

41

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von der Stadt St. Gallen nach Mühleck.

(Vom 14. Juni 1889.)

Tit.

Die Herren Gr. von S ü ß k i n d , Besitzer der Maschinenfabrik in St. Georgen bei St. Gallen, und A d o l f N a e f f , Ingenieur in 3t. Gallen, stellen mit Eingabe vom 11. Februar 1889 das Gesuch um Konzessionirung einer Drahtseilbahn von der Stadt S t. Gallen nach M ü h l e c k , welche zur leichtern Verbindung zwischen der Stadt St. Gallen und St. Georgen, nach dem Appenzeller Lande, sowie nach den verschiedenen Aussichtspunkten Falkenburg, Freudenberg, Fröhlichseck etc. dienen soll.

Die Bahn würde in St. Gallen bei der Brücke über die Steinach am Müllerthor in einer Höhe von 676,os m. U. M. beginnen und in einer Länge von 336 m., horizontal gemessen, bis zur St. Georgenstraße auf Mühleck, Höhe 747,ss m., führen. In Wirklichkeit, d. h. schräg gemessen, würde die Bahnlänge 343,48 m.

betragen und die zu ersteigende Höhe 71,äs m. Die Bahn zieht sich unten 55 m. lang auf der rechten Seite der Steinach bis zur Mühlenstraße in offener Bahn, von da bis auf Muhleck in einem Tunnel von 275 m. Länge hin und endigt in einer offenen Strecke von 6 m. Die Steigung nimmt nach oben successive zu; sie beträgt

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend zwei Verträge mit Ecuador vom 22. Juni 1888. (Vom 11. Juni 1889.)

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22.06.1889

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