BBl 2022 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

10.2.1

Botschaft über die Genehmigung des Beschlusses Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses Schweiz­ Vereinigtes Königreich zur Änderung des Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich vom 26. Januar 2022

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Übersicht Seit dem Inkrafttreten des Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich am 1. Januar 2021 war im präferenziellen Warenverkehr die Kumulation mit Vormaterialien mit Ursprung in der EU nicht mehr möglich. Mit dem Beschluss Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses Schweiz­Vereinigtes Königreich zur Änderung des Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich werden neue Ursprungsregeln eingeführt und die Kumulation mit Vormaterialien mit Ursprung in der EU wieder ermöglicht.

Ausgangslage Das Handelsabkommen vom 11. Februar 2019 zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Seit dem 1. Januar 2021 war im bilateralen, präferenziellen Warenverkehr zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich die Kumulation mit Vormaterialien mit Ursprung in der EU nicht mehr möglich. Dies wirkte sich in erheblichem Umfang negativ auf die grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und damit auf unsere Unternehmen aus. Ursache für die Schwierigkeiten bei der Kumulation sind die Ursprungsregeln des ab 1. Januar 2021 anwendbaren Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, welche sich nicht am europaweit üblichen Regionalen Übereinkommen über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln ausrichten. Die Wiederherstellung und die nachhaltige Sicherung der Kumulationsmöglichkeiten im Verhältnis Schweiz-Vereinigtes Königreich erfordern eine Änderung des Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Basierend auf der gemeinsamen Erklärung zum trilateralen Ansatz für Ursprungsregeln vom 11. Februar 2019 haben die beiden Länder nach intensiven Verhandlungen am 16. Juli 2021 vereinbart, die revidierten Ursprungsregeln des genannten Regionalen Übereinkommens über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln in das bilaterale Verhältnis zwischen ihnen zu übernehmen. Mit dieser Anpassung des Ursprungsprotokolls kann die Kumulation mit EU-Vormaterialien im bilateralen Handel zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich wieder ermöglicht und gesichert werden. Seit dem Inkrafttreten des Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich fordern die Schweizer Wirtschaftsakteure
die dringende Anpassung des Ursprungsprotokolls im Handelsabkommen, damit die Kumulation mit Vormaterialien aus der EU wieder ermöglicht wird. Der entsprechende Beschluss Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses Schweiz­Vereinigtes Königreich wird seit dem 1. September 2021 vorläufig angewendet.

Inhalt der Vorlage Die Anlage zu Anhang 1 des Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich soll mit dem Beschluss Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses durch ein neues Ursprungsprotokoll ersetzt werden. Der Inhalt des neuen Ursprungsprotokolls entspricht den revidierten Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln ein-

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schliesslich gewisser redaktioneller und weiterer technischer Anpassungen, die vorgenommen werden müssen, damit die Ursprungsregeln den bilateralen Kontext berücksichtigen.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Das Handelsabkommen vom 11. Februar 20191 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland (Handelsabkommen CH­UK) ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Es überführt mehrere einschlägige Abkommen der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) ins Verhältnis Schweiz­Vereinigtes Königreich (UK), darunter auch das Abkommen vom 22. Juli 19722 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Freihandelsabkommen, FHA) und das Abkommen vom 21. Juni 19993 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

Diese beiden Abkommen mit der EU beruhen bezüglich der Ursprungsregeln auf dem Regionalen Übereinkommen vom 15. Juni 20114 über die Pan-Europa-MittelmeerPräferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen), dem u. a. sowohl die EU als auch die Schweiz angehören. Mit der Überführung dieser Abkommen ins Verhältnis Schweiz­UK wurden somit auch diese Regeln in die bilaterale Beziehung der Schweiz mit dem UK übernommen. Das PEM-Übereinkommen schafft eine Ursprungszone: Sie ermöglicht es, Vormaterial, welches die Ursprungsregeln des Übereinkommens in einem Land erfüllt, für die Anwendung der Ursprungsregeln im Land der Fertigung des Endprodukts anzurechnen (= diagonale Kumulation). Die für die Kumulation massgeblichen Anforderungen gemäss den Regeln des PEMÜbereinkommens wurden im Handelsabkommen CH­UK im bilateralen Kontext Schweiz-UK weitergeführt. Bei der Kumulation wird die Wertschöpfung (Produktion von Vormaterialien oder Verarbeitung in Produktionsschritten), die in verschiedenen Freihandelspartnerländern stattfindet, addiert, um die Kriterien für den Erhalt des Status als Ursprungserzeugnis zu erfüllen.

Am 30. Dezember 2020 haben die EU und das UK ein Handels- und Kooperationsabkommen (HKA) unterzeichnet, welches ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewandt wurde und am 1. Mai 2021 in Kraft getreten ist. Das UK ist dem PEMÜbereinkommen nicht beigetreten und das HKA sieht einzig die bilaterale Kumulation EU-UK vor. Dadurch wird im bilateralen Handelsverhältnis EU­UK die Möglichkeit, Vormaterialen aus anderen Freihandelspartnern wie der Schweiz zu kumulieren, ausgeschlossen. Da die Ursprungsregeln des HKA nicht identisch mit
denjenigen des Handelsabkommens CH­UK sind, war zudem im präferenziellen Warenhandel der Schweiz mit dem UK seit dem 1. Januar 2021 die Kumulation mit Vormaterialien mit Ursprung in der EU nicht mehr möglich. Hintergrund ist eine Bestimmung im Handelsabkommen CH­UK, welche identische Ursprungsregeln als 1 2 3 4

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Voraussetzung für die Kumulation definiert. Die vorangehend beschriebene Situation trifft ebenfalls auf Vormaterialen mit Ursprung Türkei zu, da aufgrund der Zollunion EU­Türkei das Freihandelsabkommen zwischen dem UK und der Türkei dieselben Ursprungsregeln wie das HKA enthält.

Die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens waren seit längerer Zeit Gegenstand von Revisionsverhandlungen, welche im November 2019 mit einer Einigung im Grundsatz auf einen Text für revidierte Ursprungsregeln abgeschlossen wurden (unter dem Vorbehalt weniger Vertragsparteien). Gemäss dem Bundesbeschluss vom 19. März 20215 über die Genehmigung der Beschlüsse zur Änderung der EFTAKonvention für die übergangsweise bilaterale Anwendung der Änderung des PEMÜbereinkommens und über die Ermächtigung des Bundesrates zur Genehmigung der Änderungen weiterer internationaler Abkommen im Zusammenhang mit dem PEMÜbereinkommen haben die Schweiz sowie die meisten anderen Vertragsparteien des PEM-Übereinkommens die revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens (die sog. «Übergangsregeln») in ihren jeweiligen Freihandelsabkommen eingeführt.

Damit werden die revidierten Ursprungsregeln bilateral angewendet, bis sie vom gemischten Ausschuss des PEM-Übereinkommens formell verabschiedet werden können. Die Einführung der revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens zwischen der Schweiz und ihren PEM-Partnern (ab dem 1. Sept. 2021), u. a. der EU, erschwert die nur noch eingeschränkt mögliche Kumulation im bilateralen Kontext Schweiz­UK, welche sich auf die in das Handelsabkommen übernommenen aktuellen PEM-Regeln stützt.

Diese Entwicklung war bei der Unterzeichnung und Genehmigung des Handelsabkommens bereits absehbar. Dementsprechend haben die Schweiz und das UK in einer gemeinsamen Erklärung zum trilateralen Ansatz für Ursprungsregeln vom 11. Februar 2019 vereinbart, dass die erforderlichen Schritte unternommen werden, um das Protokoll Nr. 3 des Freihandelsabkommens unverzüglich zu aktualisieren, um den Ergebnissen dieses Revisionsprozesses des PEM-Übereinkommens Rechnung zu tragen.

Basierend auf dieser gemeinsamen Erklärung haben die Schweiz und das UK vereinbart, die revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens ebenfalls in das bilaterale Verhältnis Schweiz­UK zu übernehmen. Mit der Übernahme der revidierten Ursprungsregeln
des PEM-Übereinkommens wird den aktuellen Entwicklungen im Ursprungsbereich Rechnung getragen. Zudem ermöglicht sie, die meisten obenerwähnten Probleme bei der Ursprungskumulation einer Lösung zuzuführen: die Kumulation mit Vormaterialien aus der EU und der Türkei im bilateralen Handel Schweiz­UK kann wieder ermöglicht und längerfristig gesichert werden. Ferner wird die Durchlässigkeit im Bereich der Ursprungskumulation zwischen den aktuellen und revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens und somit die Kumulationsmöglichkeit mit Vormaterialien aus anderen PEM-Partnern, bzw. mit Vormaterialien mit Ursprung gemäss aktuellen PEM-Regeln sichergestellt. Die Möglichkeit zur Kumulation mit Schweizer Vormaterialien im Verhältnis UK­EU kann hingegen nicht über eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und dem UK beeinflusst werden. Dafür wäre eine Anpassung des HKA erforderlich.

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1.2

Geprüfte Alternativen

Im Rahmen der mit dem UK geführten Diskussionen wurden neben der Einführung der revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens zahlreiche Optionen geprüft. Insbesondere hat die Schweiz dem UK vorgeschlagen, dem PEM-Übereinkommen beizutreten, um somit die diagonale Kumulation im Rahmen dieses Übereinkommens wieder zu ermöglichen. Diese Option wurde vom UK, offenbar primär aus politischen Überlegungen, abgelehnt. Zudem hat die Schweiz dem UK vorgeschlagen, einzig die Kumulationsbestimmungen anzupassen, um die Kumulation mit Vormaterialien mit Ursprung in der EU zu ermöglichen. Auch diese Option wurde vom UK abgelehnt.

1.3

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

Basierend auf der gemeinsamen Erklärung zum trilateralen Ansatz für Ursprungsregeln vom 11. Februar 2019 haben die Schweiz und das UK bereits vor dem Inkrafttreten des Handelsabkommens und insbesondere seit dessen Inkrafttreten zahlreiche Diskussionen geführt. Nach intensiven Verhandlungen haben die Parteien am 8. Juni 2021 anlässlich des ersten Treffens des gemischten Handelsausschusses Schweiz­UK vereinbart, die revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens in das bilaterale Verhältnis Schweiz­UK zu übernehmen. Die Parteien haben somit am 16. Juli 2021 den Beschluss Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses SchweizUK unterzeichnet.

Das Verhandlungsergebnis ist für beide Parteien positiv. Zudem schneidet es gegenüber den geprüften Alternativen besser ab, da neben der Wiederherstellung der Kumulationsmöglichkeiten mit Vormaterialien aus der EU auch die Vorteile der revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens und die Durchlässigkeit zwischen den Regeln des PEM-Übereinkommens sowie den Übergangsregeln ins Handelsabkommen eingeführt werden.

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Der Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem UK nach dem Brexit wurde in der Botschaft vom 29. Januar 20206 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 angekündigt. Es gehört zudem zu Ziel 4 des Bundesrates für das Jahr 20217: «Fortsetzung der Umsetzung der «Mind the Gap»-Strategie zur Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich».

Dieses Ziel sieht vor, dass der Bundesrat die für die ununterbrochene Fortsetzung der Beziehungen zwischen der Schweiz und dem UK (Umsetzung der «Mind the Gap»6 7

BBl 2020 1777 Ziele des Bundesrates 2018, Bundesratsbeschluss vom 1. November 2017.

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Strategie) erforderlichen Massnahmen ergreift, insbesondere durch die Verabschiedung der Botschaften über die zukünftigen bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem UK.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Gemäss Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20058 (VlG) muss für völkerrechtliche Verträge, welche nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV)9 dem Referendum unterliegen oder wesentliche Interessen der Kantone betreffen, eine Vernehmlassung durchgeführt werden. In diesem Fall enthält der Beschluss 2/2021 wichtige Bestimmungen und untersteht somit dem Referendum. Gemäss Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VIG kann jedoch auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind. Die vorliegende Änderung und die durch sie wieder ermöglichte Anwendung der Kumulation mit Vormaterialien aus der EU entspricht einem dringenden Anliegen der schweizerischen Exportwirtschaft. Die Wirtschaftskreise wurden in regelmässigen Gesprächen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft und der Eidgenössischen Zollverwaltung über die Arbeiten hinsichtlich der Anpassung des Ursprungsprotokolls informiert. Dementsprechend wurde auf eine Vernehmlassung verzichtet, da keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren. Zudem verweisen wir auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Botschaft vom 20. Januar 202110zur Änderung des PEM-Übereinkommens, zu dessen übergangsweiser bilateraler Anwendung sowie zu den Änderungen der EFTA-Konvention und verschiedener Freihandels- und Landwirtschaftsabkommen.

3

Konsultation parlamentarischer Kommissionen

Die zuständigen Parlamentskommissionen wurden gemäss Artikel 152 Absatz 3bis des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200211 (ParlG) zur vorläufigen Anwendung konsultiert und haben sich nicht dagegen ausgesprochen (vgl. Ziff. 7.4).

4

Grundzüge des Beschlusses

Durch den Beschluss Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses Schweiz­UK wird die Anlage zu Anhang 1 des Handelsabkommens (das Ursprungsprotokoll des inkorporierten Freihandelsabkommens) durch ein neues Ursprungsprotokoll ersetzt.

Der Inhalt des neuen Ursprungsprotokolls entspricht den revidierten Ursprungsregeln 8 9 10 11

SR 172.061 SR 101 BBl 2021 344 SR 171.10

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des PEM-Übereinkommens. Da das UK dem PEM-Übereinkommen nicht beigetreten ist, sind gewisse redaktionelle und weitere technische Anpassungen notwendig, damit die Ursprungsregeln den bilateralen Kontext Schweiz­UK berücksichtigen.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Beschlusses

Die revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens wurden in der Botschaft zur Änderung des PEM-Übereinkommens detailliert erläutert.

Die einzigen substanziellen Anpassungen des vorliegenden neuen Ursprungsprotokolls gegenüber den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens umfassen: Art. 7

Ursprungskumulierung

In den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens wird mit Absatz 3 der Grundsatz der Vollkumulation (Kumulation von Produktionsschritten und Vorleistungen des Lieferanten) für alle Erzeugnisse eingeführt; ausgenommen sind Textilien der Kapitel 50­63 des Internationalen Übereinkommens vom 14. Juni 198312 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (HS). Absatz 4 beschränkt die vollständige Kumulierung für die erwähnten Textilien auf den bilateralen Handel zwischen zwei Vertragsparteien. Absatz 5 ermöglicht den Vertragsparteien, die Anwendung der Bestimmungen von Absatz 3 bei der Einfuhr von Textilien, die unter die Kapitel 50­63 des HS fallen, unilateral zu erweitern. Die Schweiz und das UK haben sich geeinigt, dass gemäss dieser in den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens vorgesehenen Option die Erweiterung der Vollkumulation auf Textilien der Kapitel 50­63 des HS vereinbart werden soll. Die Schweiz setzt diese Vollkumulation für Textilien bereits im Rahmen der revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens um.

Art. 8

Ursprungskumulierung ­ Voraussetzungen für ihre Anwendung

Die Anwendungsbedingungen für die Ursprungskumulierung werden in den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens in einem separaten Artikel festgehalten. Im ergänzten Absatz 2 einigen sich die Schweiz und das UK, dass die Kumulierung nach Artikel 7 für Waren angewendet werden kann, welche die Ursprungseigenschaft durch die Anwendung von Ursprungsregeln gemäss dem PEMÜbereinkommen erworben haben oder anderer Ursprungsregeln, welche die Parteien nachträglich vereinbaren können. In der Fussnote zu Absatz 2 bestätigen die Parteien, dass dieser Absatz auf das HKA sowie das Freihandelsabkommen zwischen der Türkei und dem UK vom 29. Dezember 2020 anwendbar ist. Damit wird die Durchlässigkeit zwischen den aktuellen und den revidierten Ursprungsregeln des PEMÜbereinkommens sowie die Kumulierung mit Vormaterialien mit Ursprung EU und Türkei im bilateralen Handel Schweiz-UK sichergestellt.

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Zudem wurde mit Absatz 6 eine Verhandlungsklausel zur Einführung der erweiterten Kumulation mit gemeinsamen Freihandelspartnern ausserhalb des PEM-Übereinkommens ergänzt.

Art. 18

Voraussetzungen für die Ausfertigung einer Ursprungserklärung

Gemäss den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens können die Vertragsparteien gemäss Artikel 17 Absatz 4 untereinander vereinbaren, die in diesem Artikel aufgeführten Ursprungsnachweise (Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder die Ursprungserklärung) elektronisch auszustellen und/oder zu übermitteln.

Anstelle dieser im PEM-Übereinkommen vorgesehenen optionalen Regelung, haben das UK und die Schweiz die elektronische Ausstellung und Übermittlung der Ursprungsnachweise bilateral vereinbart. Diese Vereinbarung wurde in Artikel 18 Absatz 5 für die Ursprungserklärung und in Artikel 20bis für die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 geregelt.

Art. 20

Verfahren für die Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1

Die in den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens vorgesehene Referenz zu den «transitional rules» wird gestrichen, da im bilateralen Verhältnis einzig die revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens eingeführt werden.

Art. 20bis

Elektronisch ausgestellte Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1

Ein zusätzlicher Artikel, welcher von der in den revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens vorgesehenen Möglichkeit, die Anerkennung elektronisch ausgestellter Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 bilateral zu regeln, Gebrauch macht, wurde ergänzt.

Art 42

Produkte in Transit oder Lagerung

Eine Übergangsregelung wurde ergänzt, damit das neue Ursprungsprotokoll auch auf Erzeugnisse angewandt werden kann, die sich am Tag des Inkrafttretens im Transit oder unter zollamtlicher Überwachung in einem Zolllager oder einer Freizone befinden. Für diese Erzeugnisse kann der Ursprungsnachweis bis zu zwei Jahre nach Inkrafttreten des Beschlusses 2/2021 rückwirkend ausgestellt werden, sofern sie die Voraussetzungen des Ursprungsprotokolls erfüllen.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Das Handelsabkommen CH­UK hat es ermöglicht, die bestehenden Rechte und Pflichten im Bereich des Warenverkehrs im Verhältnis Schweiz­UK nach dem 1. Januar 2021 weiterzuführen. Die Umsetzung des vorliegenden Antrags erfordert kein zusätzliches Personal und hat auch keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund.

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6.2

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der erwähnten Änderung des Handelsabkommens CH­UK sind positiv. Für die schweizerischen Exporte wird die Weiterführung der präferenziellen Marktzugangsbedingungen im UK, insbesondere mit der Wiederherstellung der Kumulationsmöglichkeiten mit EU-Vormaterialien, gesichert.

Die entsprechende Anpassung des Ursprungsprotokolls ist eine ausdrückliche Forderung der Wirtschaft seit dem Inkrafttreten des Handelsabkommens CH­UK.

Die Auswirkungen der revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens auf die Volkswirtschaft wurden in der Botschaft zur Änderung des PEM-Übereinkommens, zu dessen übergangsweiser bilateraler Anwendung sowie zu den Änderungen der EFTA-Konvention und verschiedener Freihandels- und Landwirtschaftsabkommen detailliert erläutert.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Das Handelsabkommen CH­UK delegiert die Kompetenz zur Änderung von Protokollen und Anhängen der inkorporierten Abkommen an den zur Verwaltung des entsprechenden inkorporierten Abkommens eingesetzten gemischten Handelsausschuss (Art. 7 Abs. 2 Handelsabkommen CH­UK). Die Genehmigung der jeweiligen Beschlüsse erfolgt nach dem innerstaatlichen Recht. Da es sich vorliegend um eine Änderung eines Staatsvertrages handelt, gelangen die Bestimmungen über die Kompetenz zum Abschluss von Staatsverträgen zur Anwendung.

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 ParlG; Art. 7a Abs. 1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199713; RVOG). Für die vorliegende Änderung des Handelsabkommens liegt weder eine spezialgesetzliche Ermächtigung vor, noch ist sie ein internationales Abkommen von beschränkter Tragweite.

7.2

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz und das UK gehören der WTO an. Der vorliegende Beschluss steht im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen. Zudem ist er mit den handelspolitischen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der EU 13

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und mit den übrigen zwischen der Schweiz und anderen Staaten der PEM-Zone abgeschlossenen bilateralen Abkommen vereinbar.

7.3

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten. In diesem Fall enthält der Beschluss 2/2021 wichtige Bestimmungen und untersteht somit dem fakultativen Referendum.

7.4

Vorläufige Anwendung

Nach Artikel 7b Absatz 1 RVOG kann der Bundesrat bei völkerrechtlichen Verträgen, für deren Genehmigung die Bundesversammlung zuständig ist, die vorläufige Anwendung beschliessen oder vereinbaren, wenn die Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz und eine besondere Dringlichkeit es gebieten.

Die Voraussetzung der Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz und der besonderen Dringlichkeit ist aus Sicht des Bundesrates aus folgenden Gründen erfüllt.

Seit dem Inkrafttreten des Handelsabkommens CH­UK fordern die Schweizer Wirtschaftsakteure die dringende Anpassung des Ursprungsprotokolls im Handelsabkommen CH­UK, damit die Kumulation mit Vormaterialien aus der EU wieder ermöglicht wird. Gemäss den Meldungen der Schweizer Exporteure ist die Kumulationsmöglichkeit mit EU-Vormaterialien für sie zentral, damit sie von den präferenziellen Marktzugangsbedingungen im UK profitieren können.

Mit allen PEM-Partnern der Schweiz besteht seit dem 1. September 2021 die Möglichkeit, die revidierten Ursprungsregeln bilateral einzuführen. Ohne Anpassung des Ursprungsprotokolls des Handelsabkommens, würde diese Einführung die seit dem 1. Januar 2021 nur noch eingeschränkt mögliche Kumulation im bilateralen Kontext Schweiz-UK, welche sich auf die in das Handelsabkommen übernommenen aktuellen PEM-Regeln stützt, weiter erschweren. Die Dringlichkeit für die Anpassung des Ursprungsprotokolls per 1. September 2021 war somit gegeben.

Zudem hat die Einführung der revidierten Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaft: Dank der Flexibilisierung der Listenregeln und der Vereinfachung der Verfahren, besonders der Ursprungsbescheinigung, werden die Kosten der Unternehmen für die Verwaltung des Präferenzursprungs im Warenverkehr mit dem UK sinken.

Der Bundesrat beschloss deshalb, den Beschluss Nr. 2/2021 des gemischten Handelsausschusses Schweiz­UK ab dem 1. September 2021 vorläufig anzuwenden. Die 11 / 12

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zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte wurden am 25. Juni 2021 (Aussenpolitische Kommission des Nationalrates) und am 16. August 2021 (Aussenpolitische Kommission des Ständerates) gemäss Artikel 152 Absatz 3bis ParlG konsultiert.

Nach Artikel 7b Absatz 2 RVOG endet die vorläufige Anwendung, wenn der Bundesrat nicht binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung der Bundesversammlung den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Vertrags unterbreitet. Mit dem Unterbreiten der vorliegenden Botschaft ist die vorgeschriebene Frist eingehalten.

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