BBl 2022 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

22.025 Botschaft zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» und zum indirekten Gegenvorschlag (Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes) vom 4. März 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen. Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, als indirekten Gegenvorschlag eine Änderung des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz sowie der Bundesgesetze über die Kulturförderung, die Raumplanung und die Landwirtschaft.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. März 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-0733

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Übersicht Die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» will den Schutz der Artenvielfalt stärken und deren langfristigen Erhalt sichern. Weiter sollen der Landschaftsschutz gestärkt und das baukulturelle Erbe geschont werden. Die Initiantinnen und Initianten reagieren damit auf den anhaltenden Verlust an biologischer Vielfalt sowie an landschaftlicher und baukultureller Qualität in der Schweiz. Die Biodiversitätsinitiative fordert im Kern mehr Flächen und höheren Schutz für Natur, Landschaft und Baukultur sowie mehr Geld für die Erhaltung und Förderung der natürlichen Vielfalt. Der Bundesrat teilt grundsätzlich die Anliegen der Initiative; er lehnt diese jedoch ab, weil sie ihm zu weit geht. Eine Annahme der Initiative würde die geltenden Kompetenzen sowie den bestehenden Handlungsspielraum von Bund und Kantonen übermässig einschränken. Der Bundesrat stellt deshalb der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Dieser soll dafür sorgen, dass schweizweit genügend Schutzflächen geschaffen werden, um dem Verlust von Tier- und Pflanzenarten entgegenzuwirken. Weiter sollen die Biodiversität auch in Siedlungsgebieten gestärkt und die Förderung einer Baukultur von hoher Qualität durch den Bund auf Gesetzesebene verankert werden.

Inhalt der Initiative Am 8. September 2020 hat der Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» eingereicht. Die Initiative schlägt vor, in der Bundesverfassung (BV) hinter Artikel 78 zum Natur- und Heimatschutz einen neuen Artikel 78a mit der Sachüberschrift «Landschaft und Biodiversität» einzufügen. Die Initiative will im Wesentlichen die Natur, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser schützen. Damit verfolgt sie ähnliche Ziele wie der Bund, möchte aber die bestehenden Instrumente durch eine Verankerung in der Verfassung stärken und ergänzen. Als wesentliche Ergänzungen will sie die folgenden beiden Aspekte in die Verfassung neu einführen: die ausdrückliche Verpflichtung der Kantone zur Bewahrung der Landschaften, Ortsbilder und geschichtlichen Stätten sowie einen engen Rahmen für die Interessenabwägung bei erheblichen Eingriffen in Schutzobjekte. Die Initiative verlangt zudem, dass Bund und Kantone die
erforderlichen Flächen, Mittel und Instrumente zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität zur Verfügung stellen.

Vorzüge und Mängel der Initiative Der Bundesrat befürwortet grundsätzlich die Anliegen der Initiative. Die Biodiversität in der Schweiz befindet sich in einem unbefriedigenden Zustand und ist stark rückläufig. Die bereits ergriffenen Massnahmen reichen nicht aus, um dem Rückgang der biologischen Vielfalt (Biodiversitätsverlust) Einhalt zu gebieten. Zudem könnten gewisse verfassungsrechtliche Lücken im Landschafts- und Denkmalschutz geschlossen werden. Die Initiative geht dem Bundesrat jedoch zu weit. Dies insbesondere aus den folgenden Gründen: Bei Annahme der Initiative würden die geltenden Kompetenzen sowie der bestehende Handlungsspielraum von Bund und Kantonen übermässig eingegrenzt. So würde eine 2 / 50

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Umsetzung der Initiative zum Beispiel zu erheblichen Zielkonflikten mit der Energieoder der Landwirtschaftspolitik führen. Die Initiative verlangt einen ungeschmälerten Erhalt der Kerngehalte der Schutzwerte (Art. 78a Abs. 3 BV). Aus Sicht des Bundesrats stellt diese Bestimmung namentlich bei kleineren Schutzobjekten eine zu starke Einschränkung für verschiedene Politikbereiche des Bundes und der Kantone sowie für die Wirtschaft dar. Der Bundesrat ist zudem der Meinung, dass die vom Bund bereits angestossene Förderung einer Baukultur von hoher Qualität (gleichzusetzen mit einer hohen Baukultur im Sinne der Erklärung von Davos 2018) besser zum Ziel führt, das baukulturelle Erbe zu schützen, als eine Ausweitung der Schutzwirkung der Inventarobjekte.

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» zur Ablehnung zu empfehlen. Er stellt der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber.

Der indirekte Gegenvorschlag orientiert sich an folgenden Eckpunkten: 1)

Das Konzept der ökologischen Infrastruktur wird im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz eingeführt. Dies soll zu einer Zunahme der Flächen zugunsten der Erhaltung der Biodiversität sowie zu einer besseren Vernetzung dieser Flächen führen. Das Ziel, dass die Kerngebiete für die Biodiversität 17 Prozent der Fläche der Schweiz umfassen, wird gesetzlich verankert.

2)

Die bestehenden nationalen Schutzgebiete werden wo nötig saniert.

3)

Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs in intensiv genutzten Gebieten, insbesondere in der Siedlung und der Agglomeration, werden im Rahmen der bestehenden Gesetze und Instrumente verstärkt gefördert.

4)

Die Förderung einer Baukultur von hoher Qualität (hohe Baukultur) und die geltende Pflicht der Kantone und Gemeinden, die Bundesinventare zu berücksichtigen, werden auf Gesetzesstufe verankert.

5)

Die Ziele der Energiestrategie 2050 werden nicht tangiert.

Mit dem indirekten Gegenvorschlag bestätigt der Bundesrat seine bisherige Politik und stärkt sie gleichzeitig. Für die Umsetzung des indirekten Gegenvorschlags will der Bundesrat 96 Millionen Franken pro Jahr einsetzen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative 1.1 Wortlaut der Initiative 1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen 1.3 Gültigkeit

6 6 7 7

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative 2.1 Biodiversität 2.1.1 Raum für die Biodiversität 2.1.2 Ökosystemleistungen 2.1.3 Biodiversität als Grundlage für die Wirtschaft 2.2 Landschaft und Baukultur 2.3 Notwendigkeit staatlichen Handelns

7 7 8 9 9 11 13

3

Ziele und Inhalt der Initiative 3.1 Ziele der Initiative 3.2 Inhalt der vorgeschlagenen Regelung 3.3 Auslegung und Erläuterung des Initiativtextes

14 14 15 15

4

Würdigung der Initiative 4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative 4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme 4.2.1 Finanzielle Auswirkungen auf Bund und Kantone: Schätzung des Initiativkomitees 4.2.2 Finanzielle Auswirkungen auf Bund und Kantone: Schätzung des Bundes 4.2.3 Weitere Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft 4.3 Vorzüge und Mängel der Initiative 4.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 4.4.1 Biodiversität 4.4.2 Landschaft und Baukultur

17 17 18

5

Schlussfolgerungen

22

6

Indirekter Gegenvorschlag 6.1 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren 6.2 Überarbeitung des Vernehmlassungsentwurfs 6.3 Grundzüge der Vorlage 6.3.1 Die beantragte Neuregelung 6.3.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 6.3.3 Umsetzungsfragen 6.4 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 6.4.1 Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz

24 24 26 27 27 29 29 30 30

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18 19 19 20 21 21 22

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6.5

6.6 6.7 6.8

6.4.2 Änderung anderer Erlasse Auswirkungen auf die öffentliche Hand 6.5.1 Finanzielle Auswirkungen auf den Bund 6.5.2 Personelle Auswirkungen auf den Bund 6.5.3 Finanzielle Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden Auswirkungen auf weitere Akteure Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Rechtliche Aspekte des indirekten Gegenvorschlags 6.8.1 Verfassungsmässigkeit 6.8.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.8.3 Erlassform 6.8.4 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 6.8.5 Unterstellung unter die Ausgabengrenze 6.8.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 6.8.7 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 6.8.8 Datenschutz

40 42 42 44 45 46 47 48 48 49 49 49 49 49 50 50

Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» (Entwurf)

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Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» hat den folgenden Wortlaut: Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 78a

Landschaft und Biodiversität

In Ergänzung zu Artikel 78 sorgen Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür, dass: 1

a.

die schutzwürdigen Landschaften, Ortsbilder, geschichtlichen Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler bewahrt werden;

b.

die Natur, die Landschaft und das baukulturelle Erbe auch ausserhalb der Schutzobjekte geschont werden;

c.

die zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität erforderlichen Flächen, Mittel und Instrumente zur Verfügung stehen.

Der Bund bezeichnet nach Anhörung der Kantone die Schutzobjekte von gesamtschweizerischer Bedeutung. Die Kantone bezeichnen die Schutzobjekte von kantonaler Bedeutung.

2

Für erhebliche Eingriffe in Schutzobjekte des Bundes müssen überwiegende Interessen von gesamtschweizerischer Bedeutung vorliegen, für erhebliche Eingriffe in kantonale Schutzobjekte überwiegende Interessen von kantonaler oder gesamtschweizerischer Bedeutung. Der Kerngehalt der Schutzwerte ist ungeschmälert zu erhalten.

Für den Moor- und Moorlandschaftsschutz gilt Artikel 78 Absatz 5.

3

Der Bund unterstützt die Massnahmen der Kantone zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität.

4

Art. 197 Ziff. 122 12. Übergangsbestimmung zu Art. 78a (Landschaft und Biodiversität) Bund und Kantone erlassen die Ausführungsbestimmungen zu Artikel 78a innerhalb von fünf Jahren nach dessen Annahme durch Volk und Stände.

1 2

SR 101 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

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1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» wurde am 12. März 2019 von der Bundeskanzlei vorgeprüft3 und am 8. September 2020 mit der nötigen Anzahl Unterschriften eingereicht.

Mit Verfügung vom 15. Oktober 2020 bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen der Initiative mit 107 885 gültigen Unterschriften.4 Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu einen indirekten Gegenvorschlag. Nach Artikel 97 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20025 (ParlG) hat der Bundesrat dem Parlament somit spätestens bis zum 8. März 2022 die Beschlussentwürfe und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 8. März 2023 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.

1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 der Bundesverfassung (BV): a.

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

b.

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c.

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts. Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1

Biodiversität

Die Biodiversität umfasst die Vielfalt von Ökosystemen, von Arten und von Genen.

Sie stellt eine unerlässliche Grundlage für das Leben auf unserer Erde dar. In der Schweiz ist knapp die Hälfte der Lebensraumtypen vom Verschwinden bedroht. Gut ein Drittel aller bekannten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten droht in der Schweiz auszusterben. Das sind mehr Arten als je zuvor und auch deutlich mehr als in den meisten Ländern der Europäischen Union (EU).6 Hauptursache für den Verlust an Biodiversität ist die intensive Nutzung der natürlichen Grundlagen durch den Menschen.7 3 4 5 6

7

BBl 2019 2495 BBl 2020 8588 SR 171.10 BAFU (Hrsg.) 2017: Biodiversität in der Schweiz: Zustand und Entwicklung. Ergebnisse des Überwachungssystems im Bereich Biodiversität, Stand 2016. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 1630: 60 S.

Bundesrat (2018): Umwelt Schweiz 2018. Bericht des Bundesrats. Bern, 2018.

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Generell führen die Produktions- und Konsummuster der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft dazu, dass die Schweiz die Belastbarkeitsgrenzen der Natur regelmässig überschreitet. Geschieht dies, so geht sie das Risiko ein, dass Ökosysteme, Wirtschaft und Gesellschaft von negativen Folgen wie zum Beispiel dem Rückgang der biologischen Vielfalt (Biodiversitätsverlust) oder dem Klimawandel besonders stark betroffen sein werden.

Der anhaltende Biodiversitätsverlust in der Schweiz macht deutlich, dass die bisherigen Bemühungen von Bund, Kantonen und Dritten nicht ausreichen, den besorgniserregenden Zustand der Artenvielfalt in unserem Land zu verbessern. Die Schweiz konnte somit bis Ende 2020 nur wenige der nationalen Biodiversitätsziele erreichen, die auf Basis der Strategie Biodiversität Schweiz8 und des zugehörigen Aktionsplans9 sowie weiterer Massnahmen verfolgt werden. Die Schweiz kommt auch ihrer Zusage im Rahmen der internationalen Biodiversitätskonvention10 nicht nach, bis 2020 17 Prozent ihrer Landesfläche zugunsten der Biodiversität auszuscheiden. Basierend auf den Flächenkategorien der Strategie Biodiversität Schweiz sind aktuell lediglich 13,4 Prozent der Landesfläche für die Biodiversität ausgewiesen. Darin eingeschlossen sind Schutzgebiete von nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung, Schutzgebiete von internationaler Relevanz sowie weitere ausgewiesene Gebiete zum Schutz und zur Förderung der Biodiversität.11 Die Pufferzonen von Biotopen nationaler und regionaler Bedeutung tragen ebenfalls zum Schutz der Biodiversität bei.

Fläche allein reicht jedoch nicht aus, um die Biodiversität und damit deren Leistungen für Wirtschaft und Gesellschaft langfristig zu erhalten und zu fördern. Auch die Qualität dieser Flächen muss stimmen und damit den Bedürfnissen der Arten gerecht werden. Trotz erheblicher Mittel, die Bund und Kantone in den Naturschutz investieren, ist die Qualität der meisten Lebensräume in der Schweiz gering, und sie nimmt weiter ab. Davon sind namentlich die klassischen Naturschutzgebiete betroffen.

2.1.1

Raum für die Biodiversität

Damit die Biodiversität ihre Leistungen für Wirtschaft und Gesellschaft (Ökosystemleistungen, siehe Ziff. 2.1.2) langfristig erbringen kann, braucht sie mehr und untereinander vernetzte Schutzflächen. Einen Schwerpunkt der Strategie Biodiversität Schweiz und des Aktionsplans bildet deshalb die Erhaltung und die Weiterentwicklung der sogenannten ökologischen Infrastruktur. Diese stellt der Natur ein Netzwerk aus miteinander verknüpften Kerngebieten von hoher Lebensraumqualität zur Verfügung. Dieses Netzwerk ist für das Überleben der Arten notwendig. Gemäss der Strategie Biodiversität Schweiz zählen zu den Kerngebieten zum Beispiel nationale, regionale und lokale Biotope wie Auen, Amphibienlaichgebiete, Moore, Trockenwiesen und -weiden, aber auch Wasservogelreservate, Waldreservate, der Schweizer Natio-

8 9 10 11

Bundesrat (2012): Strategie Biodiversität Schweiz. Bern, 2012.

Bundesrat (2017): Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz. Bern, 2017.

Übereinkommen vom 5. Juni 1992 über die Biologische Vielfalt; SR 0.451.43.

BAFU, Biodiversität: Indikatoren. www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/ biodiversitaet/zustand/indikatoren.html. Abgerufen am 19. Februar 2021.

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nalpark, bestimmte Bereiche von Naturerlebnispärken oder landwirtschaftliche Biodiversitätsförderflächen mit hoher Lebensraumqualität. Damit die Arten wandern können und Gebiete neu- oder wieder besiedeln oder damit der genetische Austausch innerhalb der Arten möglich ist, müssen die Kerngebiete durch Vernetzungsgebiete miteinander verknüpft sein. Zu den Vernetzungsgebieten zählen unter anderem stufige Waldränder, Wildtierkorridore, Gewässerräume, naturnah gestaltetes Siedlungsgebiet und Vernetzungsflächen der Landwirtschaft.

2.1.2

Ökosystemleistungen

Wirtschaft und Gesellschaft profitieren von einer Vielzahl an Leistungen der Biodiversität (Ökosystemleistungen). Dazu zählen unter anderem die Bestäubungsleistung der Insekten, die Bereitstellung von fruchtbarem Boden für die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung, von sauberem Wasser, von Nahrung für Mensch und Tier sowie von Rohstoffen, die Bereitstellung von Wirkstoffen für Arzneimittel, von Energieträgern, die Kohlenstoffspeicherung, der Schutz vor Naturkatastrophen (z. B. Schutzleistung vor Lawinen, Steinschlag und Murgängen durch Vegetation an Steilhängen oder Schutzleistung durch Gebiete, die überflutet werden oder Wasser zurückhalten können), die natürliche Schädlingsbekämpfung oder die Bedeutung der Natur- und Landschaftsqualität für die Erholung und somit für die menschliche Gesundheit12 (z. B. naturnahe Erholungsgebiete, Luftqualität oder die Abmilderung der Hitzeentwicklung in Städten während der Sommermonate).

Die Biodiversität stellt also die Existenzgrundlage für den Menschen und die Wirtschaftsleistung eines Landes dar.13 Der andauernde Verlust an Biodiversität kann entsprechend einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen. Zum Beispiel gehen Tiere und Pflanzen und die mit ihnen verbundenen Ökosystemleistungen unwiederbringlich verloren. Damit verschärfen sich zugleich die grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

2.1.3

Biodiversität als Grundlage für die Wirtschaft

Biodiversität und Landschaftsqualität wirken direkt und indirekt auf die globale Wirtschaft und damit auch auf den Wirtschaftsstandort Schweiz ein. Gemäss Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist der Nutzen der Ökosystemleistungen in globaler Hinsicht äquivalent zu 125 bis 140 Billionen US-Dollar im Jahr.14 Die drohenden Auswirkungen des Biodiversitätsverlusts werden dementsprechend in Wirtschafts- und Finanzkreisen immer bewusster

12 13 14

Bundesrat (2019): Die gesundheitspolitische Strategie des Bundesrates. Bern, 2019.

Bundesrat (2018): Umwelt Schweiz 2018. Bericht des Bundesrats. Bern, 2018.

PwC, WWF Schweiz (2020): Nature is too big to fail. Biodiversity: the next frontier in financial risk management.

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wahrgenommen.15 So stellt das World Economic Forum (WEF) in seinem «Global Risks Report 2021» fest, dass der Klimawandel und der Verlust an Natur weltweit die grössten Risiken für die Wirtschaft darstellen und dass insbesondere das Tempo des Biodiversitätsverlustes Sorge bereitet.

In der Schweiz sind viele Branchen direkt von der Biodiversität abhängig, allen voran die Schweizer Landwirtschaft. Allein der Wert der Bestäubung durch Bienen als natürliche und äusserst preiswerte Ökosystemleistung liegt bei etwa 350 Millionen Franken pro Jahr.16 Ganz generell stellt die Vielfalt der Arten eine Versicherung gegenüber unerwünschten Umweltveränderungen dar, zum Beispiel als natürlicher Schutz vor Schädlingen oder vor Pflanzenkrankheiten. Die Biodiversität ist damit essenziell für die langfristige Erhaltung der inländischen Lebensmittelproduktion und den Erhalt eines gewissen Selbstversorgungsgrads der Schweiz.17 Der anhaltende Biodiversitätsverlust und der fortschreitende Klimawandel als unmittelbar zusammenhängende Prozesse bedeuten für die Schweizer Landwirtschaft also existenzielle Risiken.18 Auch weitere Branchen sind ganz direkt von der Qualität von Biodiversität und Landschaft abhängig. Beispielsweise sind die Schweizer Landschaften mit ihrer Vielfalt an natürlichen und kulturellen Eigenheiten auf engstem Raum ein starker Tourismusmotor. Schweizweit zählt der Tourismussektor über 180 000 Beschäftigte, die touristische Bruttowertschöpfung liegt bei mehr als 19 Milliarden Franken im Jahr.19 Investitionen in die Biodiversität und Landschaftsqualität wirken sich besonders positiv auf die regionale Wirtschaft aus, die die Massnahmen für die Natur umsetzt.

Die dazu eingesetzten Mittel von Bund und Kantonen kommen mehrheitlich der Landwirtschaft, der Bauwirtschaft sowie der Forstwirtschaft zugute.20 Die Auswertung bestehender Ansätze zur ökonomischen Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen verdeutlicht, dass nachhaltigkeitsbezogene globale Markt-

15

16

17

18

19 20

economiesuisse. Dossierpolitik (2020): Biodiversität und Wirtschaft ­ Eine Auslegeordnung. www.economiesuisse.ch/de/dossier-politik/biodiversitaet-und-wirtschaft-eine-auslegeordnung. Abgerufen am 25. September 2020.

World Economic Forum (2021): The Global Risks Report 2021. 16th Edition. Insight Report.

OECD (2019): Biodiversity: Finance and the Economic and Business Case for Action.

Prepared by the OECD for the French G7 Presidency and the G7 Environment Ministers' Meeting, 5­6 May 2019.

PwC, WWF (2020): Nature is too big to fail. Biodiversity: the next frontier in financial risk management.

Bundesamt für Landwirtschaft (2017): Medienmitteilung. Bienenbestäubung auch für Ackerkulturen wichtig. www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-68070.html. Abgerufen am 22. Januar 2021.

Akademie der Naturwissenschaften Schweiz scnat (2020): Vielfalt ist die Quelle des Lebens: Herausforderungen und Handlungsbedarf für die Förderung der Agrobiodiversität. Swiss Academies Factsheet 15 (1).

economiesuisse. Dossierpolitik (2020): Biodiversität und Wirtschaft ­ Eine Auslegeordnung. www.economiesuisse.ch/de/dossier-politik/biodiversitaet-und-wirtschaft-eine-auslegeordnung. Abgerufen am 25. September 2020.

Bundesamt für Statistik (2020): Schweizer Tourismusstatistik 2018. Neuenburg.

BAFU (Hrsg.) 2019: Mittelfluss, Empfänger und Wirkung der Investitionen in Naturschutz und Waldbiodiversität. Kantonsbefragung. Schlussbericht. Bundesamt für Umwelt, Bern; BAFU (Hrsg.) 2020: Sozioökonomische Analyse der Wirkungen von Investitionen in Naturschutz und Waldbiodiversität. Bundesamt für Umwelt, Bern.

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potenziale bis zum Jahr 2050 auf 2000­6000 Milliarden US-Dollar wachsen werden.21 Der Verzicht auf Schutz- und Fördermassnahmen verursacht hingegen Kosten.

Diese Kosten des «Nicht-Handelns» betragen in der Schweiz im Jahr 2050 gemäss Schätzungen rund 14­16 Milliarden Franken pro Jahr oder 2­2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP).22 Der Bundesrat hat die Relevanz der Biodiversität für Wirtschaft und Gesellschaft im Rahmen der Strategie Biodiversität Schweiz anerkannt. Die gesteigerte Wahrnehmung des Risikos, das aus dem Biodiversitätsverlust für Gesellschaft und Wirtschaft erwachsen kann, war auf Bundesebene Anlass für eine Vielzahl politischer Vorstösse.23 In der internationalen Zusammenarbeit liegen die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der Biodiversität, die Wiederherstellung und der Schutz der Ökosysteme und ihrer Ökosystemleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft den nachhaltigen Entwicklungszielen zugrunde (Sustainable Development Goals, SDGs). Diese wurden am 25. September 2015 durch die 193 Mitgliedsstaaten der UNO in Form der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung angenommen.24

2.2

Landschaft und Baukultur

Die landschaftlichen und baukulturellen Qualitäten sind in der Schweiz unter Druck.

Der Bundesrat hat in seinem Bericht vom 17. Januar 2018 in Erfüllung des Postulats 16.4028 Fluri «Schweizer Ortsbilder erhalten» dargelegt, dass das Ziel einer hohen Qualität der gebauten Umwelt zunehmend eine Herausforderung darstellt und in den letzten Jahrzehnten oft nicht erreicht wurde. Das baukulturelle Erbe nimmt für die Gesellschaft und die Wirtschaft eine zentrale Rolle ein, insbesondere auch für den Tourismus. Vor dem Hintergrund anhaltenden Entwicklungsdrucks bestehen heute Risiken bezüglich der Erhaltung dieses Erbes, was zu Verlusten an Siedlungs- und Lebensqualität führt.

Das Defizit an baukultureller Qualität manifestiert sich indes nicht nur im schützenswerten Bestand von denkmalpflegerischem Interesse, sondern vor allem auch in der übrigen gebauten Umwelt. Zwar werden in der Schweiz zahlreiche Bauten herausragender Architektur realisiert. Innerhalb der gesamten Siedlungslandschaft bleiben sie aber Einzelbeispiele. Die rege Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte hat qualitative Fragen oft nicht ausreichend beachtet, und die Schönheit und Attraktivität vieler Schweizer Siedlungen und offener Landschaften ist gemindert. Diese negative Veränderung der Schweizer Baukultur führt bei Bevölkerung, Fachleuten und in der Politik zuneh-

21 22 23 24

TEEB (2012). The Economics of Ecosystems and Biodiversity in Business and Enterprise. Hrsg.: Joshua Bishop. Earthscan: London, New York.

Ecoplan (2010): «COPI Schweiz» ­ Grobe Abschätzung der Kosten des Nichthandelns im Bereich der Biodiversität bis 2050.

Beispielsweise Ip 19.3452, Ip. 19.4298, Mo. 19.3504, Ip. 19.4315, Ip. 17.4162, Mo. 18.3348, Mo. 19.3207, Mo. 19.3968, Mo. 19.3207, Ip. 19.4294, Mo, 20.3010 Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. www.eda.admin.ch/agenda2030/de/home.html. Abgerufen am 14. Oktober 2020.

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mend zu Besorgnis. Eine Baukultur von hoher Qualität führt zu lebens- und liebenswerten Städten und Dörfern, die sich mit den gesellschaftlichen Anforderungen wandeln und gleichzeitig ihre historischen Eigenarten bewahren. Sie stellt soziale Bedürfnisse und ressourcenschonendes Handeln in den Mittelpunkt und schafft einen wirtschaftlichen Mehrwert.

Eine «Baukultur von hoher Qualität» entspricht dem Konzept der «hohen Baukultur» der Erklärung von Davos 2018.25 Diese wurde auf Initiative der Schweiz von den europäischen Kulturministerinnen und Kulturministern am Rande des WEF 2018 verabschiedet. Seitdem entsteht eine wachsende Anzahl von Bestrebungen für eine hohe Baukultur. Diese reichen von regionalen Aktionen und Strategien über schweizweit tätige Organisationen bis zu internationalen Gremien der Vernetzung. Insbesondere auch die EU-Kommission hat ihr Engagement für die Förderung einer hohen Baukultur verstärkt.26 In der Schweiz hatte der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) schon 2010 den «Runden Tisch Baukultur» ins Leben gerufen, um die unterschiedlichen Akteure im Bereich der Baukultur zu vernetzen. Das «Manifest zur Baukultur» wurde im Folgejahr publiziert.27 Mit der Kulturbotschaft 2016 ­ 2020 beantragte der Bundesrat dem Parlament, eine Strategie für eine hohe Baukultur mit allen relevanten Bundesstellen zu erarbeiten.28 2020 wurde die Stiftung Baukultur Schweiz gegründet.

Mehrheitlich von der Bauwirtschaft getragen, fördert sie den Dialog zwischen Behörden, Lehre und Wirtschaft zugunsten einer hohen Baukultur in der Schweiz.29 Die Kulturbotschaft 2021 ­ 2024 des Bundes konkretisiert das Konzept Baukultur und bindet es systematisch in die Kulturpolitik ein.30 Der Bundesrat hat bereits verschiedene Massnahmen gegen den Verlust der baukulturellen Qualität der Umwelt getroffen. Dazu gehören das klare Bekenntnis zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Verbesserung der Akzeptanz und der Umsetzung des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) als Planungsgrundlage, die Entwicklung der interdepartementalen Strategie für Baukultur 2020­2023 sowie die Förderung einer stärkeren Teilhabe der Bevölkerung. Diese Massnahmen sollen die Abstimmung mit den anderen Sektoralpolitiken des Bundes und der Kantone gewährleisten. Die
Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur31 wurde vom Bundesrat im Februar 2020 gutgeheissen. Mit dieser Strategie fasst der Bund seine baukulturellen Tätigkeiten zusammen und koordiniert diese in einer umfassenden Baukulturpolitik. Die Strategie Baukultur 25 26

27

28 29 30 31

Erklärung von Davos 2018: Eine hohe Baukultur für Europa ­ Davos Declaration 2018: Towards a high-quality Baukultur for Europe, 2018; www.davosdeclaration2018.ch.

Council conclusions on culture, high-quality architecture and built environment as key elements of the New European Bauhaus initiative vom 30. 11. 2021. data.consilium.

europa.eu/doc/document/ST-14534-2021-INIT/en/pdf.

Runder Tisch Baukultur (2011): Baukultur. Eine kulturpolitische Herausforderung.

Manifest des Runden Tischs Baukultur Schweiz.

1105_Positionspapier_Baukultur_A4.indd (sia.ch). Abgerufen am 22. Januar 2021.

BBl 2015 497, hier 568 Stiftung Baukultur Schweiz. www.stiftung-baukultur-schweiz.ch.

BBl 2020 3133, hier 3217­3224 Bundesrat (2020): Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur vom 26.2.2020. www.bak.admin.ch/bak/de/home/baukultur/konzept-baukultur/strategiebaukultur.html.

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thematisiert aktuelle gesellschaftliche und raumwirksame Herausforderungen wie den Klimawandel, die Energiewende, die Siedlungsentwicklung nach innen und den demografischen Wandel.

Verschiedene parlamentarische Vorstösse der vergangenen Jahre betrafen den Ortsbildschutz.32 Dessen Schwächung wurde durchwegs abgelehnt. Die aufgrund eines Entscheids des Bundesgerichts seit 200933 geltende Pflicht, die Bundesinventare nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196634 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) bei kantonalen und kommunalen Aufgaben zu berücksichtigen, hat sich in der Praxis in der Zwischenzeit gefestigt und ist nicht mehr bestritten. Auf der Ebene des Bundes wurde sie seit 2010 auf Verordnungsstufe aufgenommen.35 Verschiedene Kantone haben sie mittlerweile gesetzlich verankert. Schwierigkeiten bestehen heute fort in der korrekten materiellen und formellen Anwendung und Umsetzung der Bundesinventare, namentlich des ISOS, was zu Planungs- und Rechtsunsicherheiten führt.

Dazu wurde in der Folge des Berichts in Erfüllung des Postulats 16.4028 Fluri Schweizer Ortsbilder erhalten eine breit zusammengesetzte Arbeitsgruppe unter der Leitung des Bundes eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe hat weitere Verbesserungsvorschläge für die Abstimmung der Innenentwicklung und des Ortsbildschutzes im Rahmen der erwähnten Berücksichtigungspflicht erarbeitet.36 Auf Initiative der Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz der Kantone (BPUK) wird zudem von der BPUK, dem Bundesamt für Kultur (BAK), dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) sowie dem Schweizer Städteverband und dem Schweizer Gemeindeverband ein tripartiter Leitfaden für die praktische Umsetzung und Berücksichtigung des ISOS bei kantonalen und kommunalen Aufgaben erstellt.

2.3

Notwendigkeit staatlichen Handelns

Aus volkswirtschaftlicher Sicht weist die Biodiversität den Charakter eines öffentlichen Gutes auf: Alle können und dürfen sie nutzen, bezahlen aber nichts dafür. Ausserdem sind die natürlichen Ressourcen ohne Berücksichtigung der externen Kosten zu günstig. Dies führt dazu, dass Ökosysteme übernutzt und deren Leistungen beeinträchtigt werden. Die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen übersteigt also das Angebot bei Weitem. Aus ökonomischer Sicht liegt damit bei der Biodiversität ein Marktversagen vor.

32

33 34 35

36

20.3793 Ip. Chevalley; 17.4308 Mo. Regazzi; 17.4307 Mo. Feller; 17.4281 Mo. Golay; 17.3112 Ip. Schneeberger; 16.4029 Ip. Fluri; 16.3567 Ip. Rutz; 16.3566 Ip. Vogler; 16.3510 Ip. Sauter.

BGE 135 II 209 SR 451 Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (VBLN; SR 451.11), Verordnung über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS; SR 451.13), Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS; SR 451.12).

ARE, BAK (2021): Schweizer Ortsbilder erhalten. Empfehlungen zum Umgang mit schützenswerten Ortsbildern bei der Siedlungsentwicklung nach innen. In elektronischer Form auf www.bak.admin.ch und www.are.admin.ch erhältlich.

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Um das Marktversagen zu mindern, hat der Bund regulierend eingegriffen und entsprechend Gesetze (beispielsweise das NHG) und Verordnungen erlassen. Zahlreiche Untersuchungen zeigen allerdings, dass diese Bemühungen des Bundes zu schwach sind, um den Biodiversitätsverlust aufzuhalten. Die Gründe für diese Entwicklung orten die Initiantinnen und Initianten der Biodiversitätsinitiative in fehlenden personellen und finanziellen Mitteln für die Biodiversität. Aus Sicht der Kantone tragen aber auch Nutzungskonflikte beziehungsweise die höhere Gewichtung anderer Nutzungsinteressen dazu bei, dass das NHG seine Ziele nicht erreicht. Aus ökonomischer Sicht liegt damit ein Vollzugsversagen vor.

Schliesslich werden die durch Markt- und Vollzugsversagen verursachten Probleme durch biodiversitätsschädigende Subventionen sogar noch verstärkt. Solche Subventionen setzen Anreize, die der Zielsetzung des NHG widersprechen, den Vollzug des NHG erschweren und die Biodiversität beeinträchtigen. Aus ökonomischer Sicht liegt damit auch ein Regulierungsversagen vor und staatliches Handeln ist notwendig.

3

Ziele und Inhalt der Initiative

3.1

Ziele der Initiative

Mit der Biodiversitätsinitiative wollen die Initiantinnen und Initianten die Verfassung im Wesentlichen so ergänzen, dass die Biodiversität bzw. die Natur, die Landschaft sowie das baukulturelle Erbe künftig besser vor erheblichen Eingriffen geschützt sind.

Im Kern möchte die Initiative zusätzliche Schutzgebiete für die Natur und die Landschaft schaffen sowie auch die entsprechenden finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen. Die Initiantinnen und Initianten argumentieren, dass die nicht nachhaltige Nutzung der natürlichen Grundlagen zu einem massiven Verlust an Artenvielfalt und Lebensräumen geführt habe. Der Biodiversitätsverlust beeinträchtige schliesslich auch die Leistungen der Biodiversität für Wirtschaft und Gesellschaft. In den Bereichen Landschaft und baukulturelles Erbe befürchten die Initiantinnen und Initianten einen weiteren Qualitätsverlust bei den Schweizer Landschaften und Ortsbildern.

Landschaftsqualität und baukulturelles Erbe würden zugunsten kurzfristiger Nutzungsinteressen zerstört. Die Landschaften seien einem starken Wandel unterworfen, unter anderem wegen steigender Wohn- und Mobilitätsansprüche. Die Verdichtung innerhalb des bestehenden Siedlungsgebietes gefährde schützenswerte Ortsbilder und wertvolle Baudenkmäler. Zudem würden sich die Bestrebungen auf Bundes- und Kantonsebene, die rechtliche Stellung des Denkmalschutzes und die Wirkung der Inventare des Bundes nach Artikel 5 NHG37 noch weiter zu schwächen, negativ auf die Qualität der schützenswerten Ortsbilder sowie die Umgebung wertvoller Baudenkmäler auswirken. Die Initiantinnen und Initianten befürchten, die Schweiz verspiele damit einen wichtigen wirtschaftlichen Standortvorteil im Sinne der Swissness.

37

Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS), Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS).

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3.2

Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Die Initiative verfolgt ähnliche Ziele wie der Bund, möchte aber die bestehenden Instrumente durch eine Verankerung in der Verfassung stärken und ergänzen. Die Biodiversitätsinitiative schlägt vor, die Bundesverfassung mit einem neuen Artikel 78a mit dem Titel «Landschaft und Biodiversität» zu ergänzen. Dieser soll unmittelbar anschliessend an den Artikel 78 zum Natur- und Heimatschutz folgen.

Als wesentliche Ergänzungen führt der vorgeschlagene Artikel 78a die folgenden zwei Aspekte in die Verfassung neu ein: ­

die ausdrückliche Verpflichtung der Kantone zum Schutz und zur Schonung der Landschaften, Ortsbilder und geschichtlichen Stätten,

­

einen engen Rahmen für die Interessenabwägung bei erheblichen Eingriffen in Schutzobjekte.

3.3

Auslegung und Erläuterung des Initiativtextes

Nach Artikel 78a Absatz 1 Buchstabe a will das Initiativkomitee beim Landschaftsund Denkmalschutz sicherstellen, dass nicht nur der Bund, sondern auch die Kantone die schutzwürdigen Landschaften, Ortsbilder, geschichtlichen Stätten sowie Naturund Kulturdenkmäler im Rahmen ihrer Aufgaben unmittelbar und angemessen berücksichtigen. Zwar haben die Kantone gestützt auf Artikel 78 Absatz 1 BV bereits heute eine gewisse Schutzpflicht. Allerdings würden sie durch die neue Regelung stärker in die Pflicht genommen.

Artikel 78a Absatz 1 Buchstabe b verpflichtet Bund und Kantone, der Natur, der Landschaft und dem baukulturellen Erbe auch ausserhalb der Schutzobjekte Sorge zu tragen. Die Initiantinnen und Initianten führen an, die meisten Eingriffe mit negativer Wirkung auf Natur, Landschaft und Ortsbilder erfolgten ausserhalb von Gebieten mit förmlichem Schutzstatus. Die Verfassung verlangt bereits heute, dass der Bund die Natur auch ausserhalb von Schutzgebieten umfassend schont und dementsprechend Vorschriften erlässt (Art. 78 Abs. 4 BV). Der Bund hat ebenfalls im Bereich des Landschaftsschutzes und des Schutzes des baukulturellen Erbes eine entsprechende Schutzpflicht wahrzunehmen sofern es um die Erfüllung von Bundesaufgaben geht (Art. 78 Abs. 2 BV). Für die Kantone hingegen würde die durch die Biodiversitätsinitiative verlangte Schutzpflicht im Bereich Landschaftsschutz und Schutz des baukulturellen Erbes neu ausdrücklich vorgeschrieben.

Artikel 78a Absatz 1 Buchstabe c verlangt, dass Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die erforderlichen Flächen, Mittel und Instrumente zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität zur Verfügung stellen müssen. Zwar hat der Bund bereits heute den verfassungsmässigen Auftrag, umfassende rechtliche Vorschriften zu erlassen, sodass Flächen für die Biodiversität erhalten und rechtlich gesichert werden können (Art. 78 Abs. 4 BV). Zudem gewähren Bund und Kantone bereits heute gestützt auf Artikel 78 Absatz 3 BV Mittel für den Natur- und Heimatschutz. Die Initiantinnen und Initianten monieren jedoch, dass die heute rechtlich gesicherten Flächen sowie

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die durch den Bund bereitgestellten personellen und finanziellen Mittel für die Biodiversität bei Weitem nicht ausreichend seien, um die in der Strategie Biodiversität Schweiz geforderte ökologische Infrastruktur zu entwickeln (Ziff. 4.1). Die Initiative verlangt deshalb, dass auch Bund und Kantone neue bzw. zusätzliche Flächen schaffen müssen. Mit der neuen Regelung würde zudem die geltende «Kann-Regelung» mit einer ausdrücklichen Pflicht zur Finanzierung ergänzt (siehe dazu Art. 78a Abs. 4).

Artikel 78a Absatz 2 unterscheidet zwischen Schutzobjekten von gesamtschweizerischer und solchen von kantonaler Bedeutung. Dieser Artikel über die Bezeichnung der Schutzobjekte lehnt sich an die geltenden Bestimmungen des NHG an. Die Initiantinnen und Initianten wollen damit eine Referenz schaffen zu Artikel 78a Absatz 3, der unterschiedliche Voraussetzungen für Eingriffe in Schutzgebiete von nationaler und kantonaler Bedeutung vorsieht.

Mit Artikel 78a Absatz 3 will die Biodiversitätsinitiative den heute bestehenden Schutzstatus der inventarisierten Objekte von gesamtschweizerischer und von kantonaler Bedeutung generell stärken. Erhebliche Eingriffe in Schutzobjekte des Bundes sollen nur dann zulässig sein, wenn dafür überwiegende Interessen von gesamtschweizerischer Bedeutung vorliegen; erhebliche Eingriffe in kantonale Schutzobjekte würden überwiegende Interessen von kantonaler oder gesamtschweizerischer Bedeutung bedingen.

Bei erheblichen Eingriffen der Kantone in Schutzobjekte von Bundesinventaren im Bereich des Naturschutzes38 gilt die mit der Initiative angestrebte Regelung aufgrund der umfassenden Kompetenz des Bundes zum Erlass von Vorschriften (Art. 78 Abs. 4 BV) und der konkreten Umsetzung im NHG bereits heute weitgehend umfassend. Bei erheblichen Eingriffen der Kantone in Bundesinventare im Bereich des Landschaftsund des Ortsbildschutzes39 gilt diese Regelung aufgrund der verfassungsrechtlich beschränkten Zuständigkeit des Bundes nur eingeschränkt (vgl. Art. 78 Abs. 1 und 2 BV, Art. 5 NHG). Bei solchen Eingriffen muss heute nur dann ein Interesse von gesamtschweizerischer Bedeutung gegeben sein, wenn die Kantone Bundesaufgaben erfüllen (Art. 6 Abs. 2 NHG). Dies tun sie vor allem dann, wenn sie Umweltbewilligungen wie beispielsweise eine Rodungsbewilligung erlassen oder wenn sie vom Bund
Subventionen für das Vorhaben erhalten. Neu müssten die Kantone diese Eingriffsregelung bei erheblichen Eingriffen auch bei ihren eigenen Aufgaben ­ also insbesondere bei Richt- oder Nutzungsplanungen ­ direkt anwenden, wodurch der Schutz dieser inventarisierten Objekte gestärkt würde.

38

39

Auenverordnung vom 28. Oktober 1992 (SR 451.31), Amphibienlaichgebiete-Verordnung vom 15. Juni 2001 (SR 451.34), Trockenwiesenverordnung vom 13. Januar 2010 (SR 451.37).

Verordnung vom 29. März 2017 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (VBLN, SR 451.11), Verordnung vom 13. November 2019 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS, SR 451.12), Verordnung vom 14. April 2010 über das Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS, SR 451.13).

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Bei erheblichen Eingriffen der Kantone in Schutzobjekte von kantonalen Inventaren sind heute nicht zwingend Interessen von nationaler oder kantonaler Bedeutung notwendig. Die Initiative würde damit zu einer Stärkung der kantonalen Biotopinventare und der kantonalen Inventare der Landschaften und der Ortsbilder führen.

Schliesslich verlangt die Initiative, dass der Kerngehalt der Schutzwerte von geschützten Objekten ungeschmälert erhalten bleiben muss. Damit wollen die Initiantinnen und Initianten sicherstellen, dass diejenigen Elemente des Schutzobjekts nicht geopfert werden, die eine Aufnahme ins Schutzinventar ermöglichten. Entsprechend könnte z. B. ein Eingriff in ein Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN), bei dem Flachwasserzonen als Kerngehalt der Schutzwerte zerstört würden, von vornherein nicht für eine Interessenabwägung in Betracht gezogen werden. Die ungeschmälerte Erhaltung des Kerngehalts eines Schutzobjekts würde auch dazu führen, dass Schutzobjekte per se nicht zerstört werden dürften. So wäre es z. B. nicht mehr zulässig, bei einem Vorhaben ein kleineres Trockenwiesen-Objekt von nationaler Bedeutung zu entfernen, selbst wenn dafür vollständig Ersatz geleistet werden könnte. Dieser im Vergleich zur geltenden verfassungsrechtlichen Regelung strenge Schutz kann heute weder im Bereich des Natur- noch des Landschafts- bzw. Ortsbildschutzes abgeleitet werden (ausgenommen davon ist der absolute Schutz der Moore und Moorlandschaften nach Art. 78 Abs. 5 BV).

Mit Artikel 78a Absatz 4 will die Biodiversitätsinitiative den Bund verpflichten, die Kantone bei ihren Massnahmen zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität finanziell zu unterstützen. Gestützt auf die Kann-Vorschrift nach Artikel 78 Absatz 3 BV leistet der Bund bereits heute entsprechende Beiträge an die Kantone, in der Regel im Rahmen von Programmvereinbarungen. Mit der neuen Regelung wird die geltende «Kann-Regelung» mit einer ausdrücklichen Pflicht ergänzt.

Es besteht eine klare Übergangsbestimmung (Art. 197 Abs. 12): Die Frist zum Erlass von Gesetzesbestimmungen auf Stufe Bund und Kantone beträgt fünf Jahre.

4

Würdigung der Initiative

4.1

Würdigung der Anliegen der Initiative

Die Biodiversität in der Schweiz befindet sich heute in einem besorgniserregenden Zustand, der sich anhaltend verschlechtert. Auch im Bereich der Landschaft und der Baukultur besteht in der Schweiz ein Qualitätsdefizit. Das Ziel einer widerstandsfähigen und reichen Biodiversität ist weitherum akzeptiert. Die Erhaltung der Biodiversität sowie einer hohen landschaftlichen und baukulturellen Qualität ist angesichts der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen von erheblicher Bedeutung für das Wohlbefinden der Bevölkerung wie auch für die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft, namentlich für die Standortattraktivität der Schweiz und den Tourismus.

Der Bundesrat würdigt die Anliegen der Biodiversitätsinitiative deshalb im Grundsatz positiv. Der von den Initiantinnen und Initianten gewählte Ansatz zur Stärkung des Schutzgedankens geht dem Bundesrat jedoch zu weit. Verfassung und geltendes Recht gewährleisten bei der Erfüllung von Aufgaben des Bundes einen sachgerechten Schutz. Die geltende Pflicht zur Berücksichtigung der Bundesinventare für Kantone 17 / 50

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und Gemeinden ist auf Verordnungsstufe geregelt.40 Die heute mittelbare Berücksichtigungspflicht der Bundesinventare lässt den Kantonen und Gemeinden einen Ermessensspielraum, ist aber ein zentraler Beitrag für eine Verbesserung der Qualität von Eingriffen in Landschaft und gebauten Raum. Ausserhalb der Schutzobjekte führt die vom Bund 2020 angestossene Förderung einer hohen Baukultur besser zum Ziel als eine Ausweitung der Schutzwirkung der Inventarobjekte.

4.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

4.2.1

Finanzielle Auswirkungen auf Bund und Kantone: Schätzung des Initiativkomitees

Das Initiativkomitee schätzt, dass der Bund zur Umsetzung der Initiative seine Mittel für den Naturschutz gegenüber heute mehr als verdoppeln und auf rund 200 Millionen Franken pro Jahr erhöhen müsste. Das Komitee bezieht sich dabei auf die Einlagen in den Kredit A236.0123 Natur und Landschaft von 76 Millionen Franken gemäss Voranschlag 2018. Die Schätzungen des Initiativkomitees basieren auf der Vorgabe, dass die Mittel des Bundes zur Aufwertung bestehender Schutzgebiete, zur Finanzierung neuer Flächen sowie für Artenförderungsmassnahmen eingesetzt werden. Es verweist insbesondere auf folgende Berechnungsgrundlagen:

40 41

­

die durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) 2017 berechnete Finanzierungslücke für den gesetzeskonformen Schutz nationaler Biotope von rund 126 Millionen Franken pro Jahr gegenüber 108 Millionen Franken heute (Zusatzkosten von 18 Mio. Fr.) sowie einer einmaligen Investition über rund 1,6 Milliarden Franken für Sanierungsmassnahmen;

­

die 2015 durch den Bundesrat veröffentlichten Kosten zur Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz und des Aktionsplans von rund 79 Millionen Franken pro Jahr bis 2020 und 210 Millionen Franken bis 204041, wodurch sich im Vergleich zu heute Zusatzkosten von 131 Millionen Franken ergeben;

­

die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage bei den Mitgliedern der Konferenz der Beauftragten für Natur- und Landschaftsschutz (KBNL) aus dem Jahr 2010, wonach der Bund für die gesetzeskonforme Umsetzung des NHG pro Jahr knapp 94 Millionen Franken einsetzen müsste, wodurch sich im Vergleich zu 28 Millionen Franken, die effektiv ausgegeben wurden, Zusatzkosten von 66 Millionen Franken ergeben würden.

Vgl. Art. 8 der Verordnung vom 29. März 2017 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (SR 451.11).

Bundesrat (2015). Medienmitteilung. Bundesrat konsultiert Kantone zur Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz (admin.ch). Abgerufen am 22. Januar 2021.

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4.2.2

Finanzielle Auswirkungen auf Bund und Kantone: Schätzung des Bundes

Das Initiativkomitee stellt die allgemeine Forderung auf, der Bund solle die nötigen finanziellen und personellen Mittel zur Sicherung und zur Stärkung der Biodiversität bereitstellen. Die Initiantinnen und Initianten bezeichnen jedoch keine spezifischen Massnahmen zur Umsetzung ihrer Anliegen. Über die konkreten finanziellen Auswirkungen der Initiative auf die öffentliche Hand, insbesondere auf den Bund, kann deshalb keine präzise Schätzung vorgenommen werden.

In einem ersten Ansatz zur Kostenschätzung auf Basis der in Ziffer 4.2.1 dargelegten Zahlen geht das BAFU davon aus, dass sich für den Bund zur Umsetzung der Initiative Zusatzkosten von mindestens 215 Millionen Franken pro Jahr ergeben. Darin nicht enthalten sind die einmaligen Investitionen für Sanierungen. Unter der Annahme, dass die Sanierungen über einen Zeitraum von zehn Jahren erfolgen, erhöhen sich die jährlichen Kosten um weitere 160 Millionen Franken auf total 375 Millionen Franken.

Ein zweiter Ansatz zur Kostenschätzung beruht auf konkreten Massnahmen analog zur Kostenanalyse des indirekten Gegenvorschlags (Ziff. 6.4). Zur Umsetzung solcher Massnahmen ist mit zusätzlichen Kosten von schätzungsweise 443 Millionen Franken pro Jahr zu rechnen (Bund: 203 Millionen Franken, Kantone: 240 Millionen Franken).

Zur Umsetzung der Initiative geht das BAFU von den folgenden möglichen Massnahmen aus: Ausbau und Unterhalt der ökologischen Infrastruktur; Erarbeitung und Umsetzung des Aktionsplans für national prioritäre Arten; Forschungsgrundlagen und Instrumente; ein Zentrum für angewandte Biodiversitätsforschung; Beratung, Bildung und Information; Ausbau existierender Monitoringprogramme zu einem integralen System zur Überwachung der Biodiversität.

Der Bund geht davon aus, dass zusätzlich zu den von den Initiantinnen und Initianten angeführten Kosten für die direkte Förderung der Biodiversität, insbesondere im Sinne des Lebensraumschutzes, auch indirekte Kosten anfallen würden. So kann der von der Initiative verlangte absolute Schutz der Kerngehalte von Objekten namentlich bei kleineren Schutzobjekten eine zu starke Einschränkung für verschiedene Politikbereiche des Bundes und der Kantone sowie für die Wirtschaft bedeuten. Konkret könnte dies zum Beispiel die Umsetzung der Energiestrategie des Bundes stark erschweren.

4.2.3

Weitere Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Die Biodiversitätsinitiative kann sowohl positive wie auch negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft entfalten.

Positive Auswirkungen Unternehmen, die dank Investitionen in die Biodiversität Leistungen erbringen oder Aufträge ausführen können, profitieren von Wertschöpfung und Beschäftigung. Dazu zählen vor allem landwirtschaftliche Betriebe, Forstbetriebe, Planungsbüros und Bau-

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unternehmen. Die meisten Unternehmen sind von der Vorlage jedoch nicht direkt betroffen, profitieren aber indirekt, da die Biodiversität erhalten bleibt und die Ökosystemleistungen gestärkt werden. Profitieren würden unter anderem land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Betriebe der Nahrungsmittelproduktion (z. B. Imkereien), Tourismusbetriebe, Pharmabetriebe, Textilindustrie etc.

Auch die Gesellschaft zieht Nutzen durch eine intakte Biodiversität und die Stärkung von Ökosystemleistungen, z. B. durch die höhere Qualität von Erholungsräumen ­ aber vor allem grundsätzlich durch die Reduktion künftig zu erwartenden und laufend ansteigenden volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund des fortschreitenden Biodiversitätsverlusts.

Negative Auswirkungen Unternehmen können in der Nutzung von Flächen eingeschränkt werden: betroffen davon sind vor allem Immobilien- und Grundeigentümerinnen und -eigentümer, landwirtschaftliche Betriebe, Forstbetriebe, Infrastrukturunternehmen (in den Bereichen Verkehr, Energie, Tourismus).

Ebenso kann die Gesellschaft in ihren Nutzungsbedürfnissen eingeschränkt werden, z. B. durch Besucherlenkungen oder Verbote.

4.3

Vorzüge und Mängel der Initiative

Die Initiative greift populäre Anliegen auf. Für eine Annahme der Initiative spricht der ausgewiesene Handlungsbedarf, dem anhaltenden Lebensraum- und Artenverlust und den damit verbundenen Risiken für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft zu begegnen. Insbesondere sieht die Initiative eine Sicherung der Flächen für die Biodiversität vor sowie die Bereitstellung der dazu notwendigen Ressourcen und Instrumente. Die Initiative widerspiegelt damit die Anforderungen der Biodiversitätskonvention und der daraus abgeleiteten Ziele an die Schweiz und verpflichtet sie, ihren Zusagen nachzukommen, die sie im internationalen Kontext für die Biodiversität gemacht hat.

Bei Annahme der Initiative würden jedoch die geltenden Kompetenzen sowie der bestehende Handlungsspielraum von Bund und Kantonen übermässig eingeschränkt.

Der von der Initiative verlangte absolute Schutz der Kerngehalte von Objekten (Art. 78a Abs. 3) stellt namentlich bei kleineren Schutzobjekten eine zu starke Einschränkung für die Wirtschaft und verschiedene Politikbereiche des Bundes und der Kantone dar. So würde eine Umsetzung der Initiative zum Beispiel zu erheblichen Zielkonflikten mit der Energie- oder der Landwirtschaftspolitik führen.

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4.4

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

4.4.1

Biodiversität

Auf internationaler Ebene sind die Risiken und der dringende Handlungsbedarf im Zusammenhang mit dem Biodiversitätsverlust anerkannt. Derzeit stehen die Arbeiten an einem globalen Biodiversitätsrahmen nach 2020 (Post-2020 Global Biodiversity Framework) im Vordergrund. Dieser soll die bestehenden Vereinbarungen der Biodiversitätskonvention im Rahmen des Strategischen Plans 2011­202042 und seiner Aichi-Ziele erneuern sowie die Vertragsstaaten auf das Erreichen der Vision 2050 «Living in harmony with nature» vorbereiten. Die Biodiversitätskonvention hat drei gleichrangige Ziele, namentlich den Schutz der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die Zugangsregelung und den gerechten Ausgleich von Vorteilen, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehen. Die Biodiversitätskonvention ist somit keine reine Naturschutzkonvention. Vielmehr greift sie auch die nachhaltige Nutzung und den gerechten Vorteilsausgleich ­ und damit das wirtschaftliche Potenzial der natürlichen Ressourcen ­ als wesentlichen Aspekt der Erhaltung der Biodiversität auf. Zudem sieht die Biodiversitätskonvention vor, dass auf nationaler Ebene Strategien und Aktionspläne zur Erhaltung der Biodiversität als politische Instrumente zur Erreichung des Strategischen Plans erarbeitet und umgesetzt werden. Diese nationalen Strategien und Aktionspläne ebnen zugleich den Weg zur Umsetzung der SDGs. Der Beschluss zum globalen Biodiversitätsrahmen nach 2020 soll an der internationalen Biodiversitätskonferenz (COP-15) gefasst werden, welcher von 2020 auf 2022 verschoben wurde. Die Schweiz setzt sich im internationalen Bereich für eine wirkungsvolle Umsetzung der biodiversitäts- und landschaftsrelevanten Abkommen auf globaler43 und regionaler44 Ebene ein. Zur Vorbereitung der internationalen Biodiversitätskonferenz (COP-15) ist die Schweiz der «High Ambition Coalition for Nature and People» (HAC) beigetreten.45 Ziel dieser Allianz ist es, sich für einen ambitionierten globalen Rahmen für den Schutz der Biodiversität einzusetzen.

42 43

44

45

10. Vertragsstaatenkonferenz, Biodiversitätskonvention, Oktober 2010, COP 10 Decision X/2, Strategic Plan for Biodiversity 2011­2020.

Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES), Bonner Übereinkommen zur Erhaltung wandernder, wildlebender Tierarten (CMS), Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGRFA), Ramsar-Übereinkommen über Feuchtgebiete, Internationales Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturgutes der Welt (UNESCO WHC), Internationales Pflanzenschutzübereinkommen (IPPC) der FAO und Internationale Walfangkommission (IWC).

Zu den regionalen biodiversitätsrelevanten Umweltabkommen zählen u. a.: Berner Konvention zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, Landschaftskonvention des Europarates.

High Ambition Coalition for Nature and People (HAC) (2020), clubofrome.org/wpcontent/uploads/2020/06/200605-High-Ambition-for-Nature-People-Statement-FINALincluding-Heads-of-States.pdf, World Environment Day, 5 June 2020.

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Auf europäischer Ebene hat die EU Kommission am 20. Mai 2020 die neue EUBiodiversitätsstrategie für 2030 und einen damit verbundenen Aktionsplan verabschiedet. Die Strategie zielt darauf ab, die Biodiversität im EU-Raum bis 2030 auf einen Erholungspfad zu bringen, zum Nutzen von Mensch und Umwelt. Die EUBiodiversitätsstrategie 2030 bildet das Kernstück des Europäischen Grünen Deals zur Unterstützung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung nach der Covid-19-Pandemie.

4.4.2

Landschaft und Baukultur

Der Schutz und die Pflege des natürlichen und kulturellen Erbes, verbunden mit dem Anspruch an eine qualitätsvolle Weiterentwicklung der gebauten Umwelt gewinnt international zunehmend an Bedeutung. Die Schweiz hat alle massgeblichen internationalen Übereinkommen zum Schutz der Landschaft und zur Förderung der Baukultur ratifiziert, namentlich die Konventionen des Europarates zum Schutz der Landschaft sowie des kulturellen Erbes.46 Die Kulturerbestrategie für das 21. Jahrhundert47 des Europarates widmet sich der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen an das Kulturerbe angesichts der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gegebenheiten und Entwicklungen. Die auf Einladung der Schweiz 2018 verabschiedete Erklärung von Davos «Eine hohe Baukultur für Europa» und das 2021 publizierte «Davos Qualitätssystem für Baukultur» stossen auf positives Echo.48 Auch die EU engagiert sich seit Kurzem für die Vereinbarung von Zielen des Klimaschutzes und der Energiewende mit einer hohen baukulturellen Qualität.49

5

Schlussfolgerungen

Die Anliegen der Initiative sind im Grundsatz positiv zu bewerten. Der vorgeschlagene Weg eignet sich jedoch aus Sicht des Bundesrates nicht dazu, die gesetzten Ziele zu erreichen. So würde eine Umsetzung der Initiative zu erheblichen Zielkonflikten mit anderen Politikbereichen wie zum Beispiel der Energiepolitik oder der Landwirtschaft führen. Die Mängel der Initiative überwiegen gegenüber ihren Vorzügen.

Naturschutz und Artenvielfalt geniessen in der Bevölkerung grossen Rückhalt. In der Vergangenheit haben Volk und Stände beispielsweise 1987 die Rothenturm-Initiative zum Schutz der Moore und Moorlandschaften angenommen. Am 27. September 2020

46

47 48 49

Übereinkommen vom 3. Oktober 1985 zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes in Europa (Valletta-Konvention, SR 0.440.5), Europäisches Übereinkommen vom 16. Januar 1992 zum Schutz des archäologischen Erbes (Granada-Konvention, SR 0.440.4), Rahmenübereinkommen vom 27. Oktober 2005 des Europarats über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (Faro-Konvention, SR 0.440.2).

Stratégie pour le patrimoine culturel en Europe au XXIe siècle (coe.int) Davos Declaration 2018: Towards a high-quality Baukultur for Europe, 2018; Davos Qualitätssystem für Baukultur, 2021. www.davosdeclaration2018.ch.

A New European Bauhaus. Beautiful, sustainable, together. European Commission, EU 2020.

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hat eine Mehrheit eine Revision des Jagdgesetzes vom 20. Juni 1986 (JSG)50 abgelehnt. In der kantonalen Politik geniesst die Biodiversität immer grössere Aufmerksamkeit: So hat beispielsweise im Kanton Zürich die Bevölkerung 2012 mit 51 Prozent die sogenannte Kulturland-Initiative angenommen. 2020 wurde der Gegenvorschlag zur Natur-Initiative vom Zürcher Kantonsrat angenommen. Der Kanton soll gemäss dem Gegenvorschlag künftig zwischen 40 und 60 Millionen Franken jährlich in den Fonds für Natur- und Heimatschutz einzahlen. Aktuell liegt der Mindestbeitrag bei 30 Millionen Franken jährlich. Im Kanton Thurgau haben im Sommer 2020 der Regierungsrat und der Grosse Rat mit grosser Mehrheit einer überparteilichen Initiative «Biodiversität Thurgau» Folge geleistet, die eine kantonale Biodiversitätsstrategie und zusätzliche Mittel für Naturschutzmassnahmen verlangt.

Der Bundesrat hat mit seiner bisherigen Politik auf den andauernden Biodiversitätsverlust reagiert und zusätzliche Mittel zu Verfügung gestellt. Dennoch sind die eingeleiteten Bemühungen nicht ausreichend, um die negative Entwicklung zu stoppen.

Bereits 2012 hat der Bundesrat in der Biodiversitätsstrategie festgehalten, dass bis 2020 mindestens 17 Prozent der Landesfläche zugunsten der Biodiversität ausgeschieden werden sollten. Dieses Ziel wurde verfehlt, denn die Schweiz steht erst bei 13,4 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand erforderlich.

Auch die Qualität der gebauten Umwelt und der Landschaft ist für die Bevölkerung ein wichtiges Thema. Im Zusammenhang mit der Siedlungsentwicklung nach innen, für die ebenfalls eine hochwertige Entwicklung anzustreben ist, zeigt sich, dass Projekte mit Integration der Natur in der Bevölkerung eine höhere Akzeptanz geniessen und einfacher realisiert werden können. Repräsentative Umfragen zeigen jeweils die Bedeutung, die der Qualität der gebauten Umwelt zugemessen wird. Weiter sind hohe Natur- und Landschaftswerte auch für den Tourismus in der Schweiz von zentraler Bedeutung51, wie auch der Erfolg entsprechender Kampagnen zeigt.52 Unter diesen Gesichtspunkten ist es angezeigt, der Biodiversitätsinitiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Ein solcher ermöglicht es, ausgewählte Anliegen der Initiative auf gesetzlicher Stufe festzusetzen,
ihre Begehren mit anderen Zielsetzungen des Bundes zu vereinbaren und so gleichzeitig die problematischen Aspekte der Initiative auszuklammern.

Die angestrebten Ergänzungen des NHG ermöglichen es Bundesrat und Parlament, allfällige Konflikte zwischen Schutz und Nutzung der Natur aktiv anzugehen und zu lösen. So werden die Ziele der Energiestrategie des Bundes mit dem indirekten Gegenvorschlag berücksichtigt. Der Fokus zusätzlicher Schutzflächen liegt primär auf Biotopen von regionaler und lokaler Bedeutung (bereits heute können in diesen Biotopen neue Energieproduktionsanlagen erstellt werden) oder auf weiteren Flächen, die nicht in Konflikt zur Energiegesetzgebung stehen. Der politische Kompromiss zur

50 51 52

SR 922.0 Bundesrat (2021): Tourismusstrategie des Bundes. Bern.

Schweiz Tourismus. Kampagnenbeispiel «Verliebt in schöne Orte».

www.myswitzerland.com/de-ch/erlebnisse/erlebnisfahrten/auto-motorrad-grand-tour/ verliebt-in-schone-orte/. Abgerufen am 22. Januar 2021.

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Umsetzung der Energiestrategie des Bundes, wie er in Artikel 12 des Energiegesetzes vom 30. September 2016 (EnG)53 zum Ausdruck kommt, bleibt unangetastet.

6

Indirekter Gegenvorschlag

6.1

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Um den interessierten Kreisen Gelegenheit zu geben, sich zum Entwurf des indirekten Gegenvorschlags zu äussern, hat der Bundesrat vom 31. März 2021 bis zum 9. Juli 2021 ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Neben den Regierungen der 26 Kantone wurden die Konferenz der Kantonsregierungen, 11 politische Parteien, 3 Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, 14 Dachverbände der Wirtschaft und 95 weitere interessierte Kreise und Organisationen zur Vernehmlassung begrüsst. Es gingen 242 Stellungnahmen ein. Diese sowie der Vernehmlassungsbericht sind auf der Publikationsplattform des Bundesrechts einsehbar.54 Eine grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden aus allen Bereichen anerkennt den dringenden Handlungsbedarf für Biodiversität, Landschaft und Baukultur.

Die Forderungen der Biodiversitätsinitiative gehen den meisten Teilnehmenden jedoch zu weit. Sie bemängeln, dass die Forderungen der Initiative in der Praxis zu vielen Umsetzungsproblemen und Einschränkungen führen und den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen zu stark einschränken. Eine Mehrheit der Teilnehmenden begrüsst es, dass der Bundesrat der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberstellt, verlangt aber gleichzeitig teilweise weitreichende Änderungen der Vorlage oder Nachbesserungen im erläuternden Bericht.

Die Neuregelung zum Flächenziel wird von den Teilnehmenden unterschiedlich aufgenommen. Eine überwiegende Mehrheit der Kantone, unterstützt durch die kantonalen Konferenzen (LDK; gemeinsame Stellungnahme BPUK, KWL, EnDK)55, durch Parteien sowie durch Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Kultur, Land- oder Forstwirtschaft, Jagd oder Fischerei, Wissenschaft und anderen, fordert eine Überarbeitung und beantragt, Artikel 18bis NHG neu zu formulieren und so die gesetzliche Grundlage für die ökologische Infrastruktur zu schaffen.

Die Stossrichtung, die Natur in den Siedlungsgebieten stärker zu fördern, wird breit mitgetragen. Die vorgeschlagenen Neuregelungen zum ökologischen Ausgleich werden jedoch mehrheitlich kritisch aufgenommen. Mehrere Vernehmlassungsteilnehmende schlagen als Ersatz für gesetzliche Anpassungen ein Impulsprogramm des Bundes vor, das die Bemühungen der Kantone zur Erhaltung und der Förderung der Siedlungsnatur unterstützt. Sie argumentieren namentlich damit, dass die Pflicht zum

53 54 55

SR 730.0 Der Ergebnisbericht ist einsehbar unter www.fedlex.admin.ch > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > UVEK.

LDK: Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren; BPUK: Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz; KWL: Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft; EnDK: Konferenz kantonaler Energiedirektoren.

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ökologischen Ausgleich bereits heute gesetzlich verankert ist und es lediglich mehr Mittelbraucht, um die Umsetzung zu unterstützen.

Die beantragten Änderungen im Landwirtschaftsgesetz werden von den Vernehmlassungsteilnehmenden unterschiedlich aufgenommen. Während eine Mehrheit der Stellungnehmenden der Integration regionaler und lokaler Biotope in den ökologischen Leistungsnachweis zustimmt (Art. 70a Abs. 2 Bst. d), findet die beantragte Ergänzung von Artikel 73 Absatz 2 zweiter Satz mit Bestimmungen zu den besonders wertvollen Biodiversitätsförderflächen (BFF) wenig Rückhalt. BFF, so die Kritik, seien gemäss Landwirtschaftsgesetzgebung keine Schutzgebiete und könnten deshalb nicht als Kerngebiete zum Schutzflächenziel angerechnet werden. Die Änderungen im Jagdgesetz werden von den Vernehmlassungsteilnehmenden mehrheitlich positiv gewürdigt.

Einige Stellungnehmende aus Politik sowie aus den Bereichen Wirtschaft, Land- oder Forstwirtschaft, Jagd oder Fischerei sprechen sich jedoch grundsätzlich dagegen aus, Bestimmungen der im Rahmen der Volksabstimmung vom 27. September 2020 verworfenen Revision des Jagdgesetzes wiederaufzunehmen. Sie argumentieren, dass diese Bestimmungen im Rahmen einer zukünftigen Revision des Jagdgesetzes zu behandeln seien.

Die Einführung aquatischer Schutzgebiete von nationaler Bedeutung wird von den Vernehmlassungsteilnehmenden im Grundsatz begrüsst. Viele sprechen sich für eine Ausweitung der neuen Schutzgebiete auf alle gefährdeten aquatischen Tier- und Pflanzenarten inklusive ihrer Lebensräume aus. Kritische Rückmeldungen zur beantragten Neuregelung kommen vornehmlich aus dem Energie- und Wirtschaftsbereich.

Insbesondere Energieanbieter befürchten, dass die neue Regelung dazu genutzt werden wird, die Restwasseranforderungen bei der Erneuerung bestehender Wasserrechte weiter zu verschärfen.

Eine deutliche Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden anerkennt, dass der Handlungsbedarf auch im Bereich Baukultur hoch und dringend ist. Der Druck auf die gebaute Umwelt durch Bevölkerungswachstum, steigende Mobilität und Siedlungsentwicklung nach Innen erweckt Besorgnis. Die Forderungen der Biodiversitätsinitiative nach einem umfassenden Schutz des baukulturellen Erbes gehen den meisten Teilnehmenden jedoch zu weit. Sie würdigen die im indirektem Gegenvorschlag vorgeschlagenen
Neuregelungen als taugliche Schritte, den Schutz und die nachhaltige, auf Qualität fokussierte Weiterentwicklung der schweizerischen Baukultur zu garantieren. Die Verankerung der Berücksichtigung der Inventare des Bundes nach Artikel 5 NHG durch die Kantone wird ebenfalls grossmehrheitlich begrüsst. Sie stärke das Legalitätsprinzip, ohne dass weitergehende Kompetenzen oder Pflichten geschaffen werden. Mit der Förderung einer hohen Baukultur werde ein zukunftsgerichtetes Förderinstrument geschaffen, das den Heimatschutz in einer umfassenden und integrierten Sicht und Handlungsweise stärke. In diesem Kontext wird darauf verwiesen, dass der Grundsatz der hohen Baukultur auch in die Regelung zu den Richtplaninhalten des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG)56 einfliessen sollte.

Einige Teilnehmende aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Landwirtschaft erkennen keinen Zusammenhang der vorgeschlagenen Regelungen im Bereich Baukultur mit der Biodiversitätsinitiative und lehnen diese daher ab. Dieser Zusammenhang 56

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ist jedoch sachlich gegeben. Die Biodiversitätsinitiative will im Kern nicht nur Biodiversität fördern, sondern auch die Landschaft und das baukulturelle Erbe vor Eingriffen schützen und dem fortschreitenden Qualitätsverlust Einhalt gebieten.

6.2

Überarbeitung des Vernehmlassungsentwurfs

Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen wurden die nachfolgenden Änderungen vorgenommen.

Verankerung der ökologischen Infrastruktur Eine überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden spricht sich für den Aufbau, die umfassende Planung und Umsetzung der ökologischen Infrastruktur aus, anstatt sich auf die Festlegung eines Flächenziels und die Planung der Vernetzung zu beschränken.

Der Bundesrat will deshalb den Begriff der ökologischen Infrastruktur in einem eigenen Artikel im NHG verankern. In diesem Sinne wird der in der Vernehmlassungsvorlage unter der Sachüberschrift «Flächenziel und Planung» vorgeschlagene Artikel 18bis NHG umformuliert und als gesetzliche Grundlage zur inhaltlichen und räumlichen Konkretisierung der ökologischen Infrastruktur mit ihren Kern- und Vernetzungsgebieten gestaltet. Der umformulierte Artikel 18bis «Ökologische Infrastruktur» umfasst die gemeinsame Verantwortung von Bund und Kantonen für die Weiterentwicklung, die Sicherung und den Unterhalt der ökologischen Infrastruktur (Abs. 1), die inhaltliche Konkretisierung der Kern- und Vernetzungsgebiete (Abs. 2), das Flächenziel, dass 17 Prozent der Landesfläche ab 2030 als Kerngebiete auszuweisen sind (Abs. 3), sowie den Auftrag an Bund und Kantone, gemeinsam die notwendigen Planungsinstrumente gemäss Artikel 13 RPG zum Schutz der biologischen Vielfalt zu erarbeiten (Abs. 4).

Förderung der Baukultur im NHG Gestützt auf das Ergebnis der Vernehmlassung hat der Bundesrat die Vorlage im Bereich Baukultur mit der Zweckbestimmung präzisiert, eine Baukultur von hoher Qualität (entspricht einer hohen Baukultur im Sinne der Erklärung von Davos 2018) zu fördern. Weitere in der Vernehmlassung geforderte Ergänzungs- und Präzisierungsvorschläge wurden in die Botschaft aufgenommen.

Förderung der Siedlungsnatur (ökologischer Ausgleich) Die Mehrheit der Kantone wie auch weitere Vernehmlassungsteilnehmende aus Politik und Umweltschutz verlangen die Streichung des in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagenen Artikels 18bbis zum ökologischen Ausgleich. Sie erachten die heute geltende gesetzliche Pflicht zum ökologischen Ausgleich als ausreichend, verlangen aber mehr Mittel. Sie schlagen jedoch vor, alternativ ein Impulsprogramm zur Stärkung der Biodiversität in Siedlungen und Agglomerationen aufzubauen. Demnach soll der Bund die Biodiversität auf Basis des bisherigen Artikels 18b Absatz 2 NHG zusammen mit den Kantonen stärker fördern.

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Bestimmungen im Jagdgesetz Die Bestimmungen zu den Wildtierkorridoren sowie zu den Wildtierschutzgebieten sollen im Rahmen der aktuellen parlamentarischen Diskussion geklärt werden, die sich mit den noch offenen Fragen aus der in der Volksabstimmung vom 27. September 2020 verworfenen Vorlage zur Revision des Jagdgesetzes beschäftigt.

Verzicht auf die Förderung der aquatischen Biodiversität Aufgrund grundsätzlicher energiepolitischer Erwägungen und unter Berücksichtigung der kritischen Rückmeldungen der Energiebranche in der Vernehmlassung wird auf die Einführung der Schutzgebiete von nationaler Bedeutung für Fische und Krebse verzichtet. Damit verbleiben nachgewiesene Defizite beim Erhalt und der Förderung der aquatischen Biodiversität, die sich in den Gewässern durch den grössten Artenverlust ausdrücken. In Ergänzung zu den bereits eingeleiteten Renaturierungsmassnahmen nach GSchG wären zusätzliche gezielte Fördermassnahmen nach BGF und finanzielle Mittel dafür notwendig.

Stärkung des Vollzugs Insbesondere die Kantone haben in ihren Stellungnahmen auf die grosse Vollzugslast hingewiesen, die mit dem indirekten Gegenvorschlag noch erhöht würde. Auch andere Akteure haben die Problematik der fehlenden Ressourcen für den Vollzug aufgegriffen. In Analogie zu sachähnlichen Gesetzen wie Wald-, Landwirtschafts- oder Umweltschutzgesetz sieht der Bundesrat neu nun vor, insbesondere zur Unterstützung der ökologischen Infrastruktur eine Bestimmung zur Delegation von Vollzugsaufgaben an Dritte aufzunehmen. Die Verantwortung für den Vollzug im Gesamten verbleibt jedoch weiterhin bei den zuständigen Behörden.

6.3

Grundzüge der Vorlage

6.3.1

Die beantragte Neuregelung

Der Bundesrat will die biologische und landschaftliche Vielfalt sowie die baukulturellen Qualitäten der Schweiz stärker schützen und fördern, und damit den Verlust an biologischer Vielfalt stoppen. Dazu verankert er im NHG die Verpflichtung, dass Bund und Kantone für die Planung, die Weiterentwicklung, die Sicherung und den Unterhalt eines funktionsfähigen Netzwerks aus ökologisch wertvollen natürlichen und naturnahen Lebensräumen sorgen. Diese sogenannte «ökologische Infrastruktur» besteht aus ökologisch wertvollen Gebieten, die zum Schutz von Lebensräumen und Arten ausgeschieden werden (Kerngebiete), sowie aus Flächen, die diese Kerngebiete funktionell verbinden (Vernetzungsgebiete). Bezüglich der Kerngebiete wird ein Flächenziel von 17 Prozent der Landesfläche gesetzlich verankert. Dieses Ziel liegt bereits der Strategie Biodiversität Schweiz aus dem Jahr 2012 zugrunde und entspricht der internationalen Zielsetzung der Biodiversitätskonvention. Mit dieser Vorlage stärkt der Bundesrat den Auftrag, in allen Landesteilen und Lebensraumtypen den notwendigen Raum für die biologische Vielfalt zu sichern. Diese Stärkung ist nötig, da gemäss Kriterien der Strategie Biodiversität Schweiz bis heute lediglich ein Anteil

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an Kerngebieten von 13,4 Prozent erreicht werden konnte.57 Für die langfristige Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt ist dies gemäss den wissenschaftlichen Erkenntnissen ungenügend.58 Damit die Schweiz ihr Flächenziel an Kerngebieten erreicht, baut der Bundesrat im Wesentlichen auf dem Bestehenden auf: Er will die Biotope insbesondere von regionaler und lokaler Bedeutung erweitern sowie die Waldreservate gemäss der Waldpolitik 2020 ausbauen. Für das Überleben der Arten ist es notwendig, dass die Gebiete, die dem Schutz von Tieren und Pflanzen dienen, miteinander vernetzt sind. Diese Vernetzungsgebiete ermöglichen es den Arten, zwischen geschützten Gebieten zu wandern oder Lebensräume wieder oder neu zu besiedeln. Der Bundesrat stärkt mit seinem indirekten Gegenvorschlag gezielt diese natürliche Vernetzung.

Zudem will er in Zusammenarbeit mit den Kantonen auf der Basis des geltenden Rechts und der Programmvereinbarungen den ökologischen Ausgleich im Siedlungsraum voranbringen. Die Kantone haben bereits heute eine gesetzliche Pflicht zum ökologischen Ausgleich, aber die Mittel zu dessen Förderung fehlen. Konkret heisst das, dass mehr naturnah gestaltete Bereiche wie Grün- und Gewässerräume, Park- und Gartenflächen, Wasserflächen oder begrünte Dächer und Fassaden in den Agglomerationen und Städten entstehen sollen. Mehr Naturnähe ist sowohl für die biologische Vielfalt als auch für das Wohlbefinden der Bevölkerung wertvoll.

Insgesamt soll der Bund die Mittel für die Förderung der biologischen Vielfalt erhöhen und damit den Vollzug in den Kantonen sowie die Sanierung von Biotopen stärken.

Schliesslich will der Bundesrat eine hohe Baukultur fördern. Die Biodiversitätsinitiative verlangt eine Verbesserung der Baukultur, indem ein verstärkter Schutz auch für Objekte ausserhalb der Bundesinventare etabliert und eine qualifizierte Interessenabwägung bei Bundesinventarobjekten für alle Aufgaben (auch kommunale und kantonale) festgelegt wird. Dieses Anliegen geht dem Bundesrat jedoch zu weit und wäre auch nicht zielführend, weil damit die herrschenden baukulturellen Qualitätsdefizite nur punktuell und vornehmlich in schützenswerten Ortsbildern verbessert werden könnten. Das Anliegen der Initiative, die Qualität der gebauten Umwelt und der Landschaft zu stärken, kann über die aktive, umfassende
Baukulturpolitik des Bundes besser und entwicklungsorientiert erreicht werden. Die Kulturerbepolitik des Bundes entwickelt sich seit ihrer Einführung Ende des 19. Jahrhunderts kontinuierlich hin zu einem umfassenden Qualitätsverständnis des Raums. Das Konzept Baukultur erweitert den passiven Schutz des kulturellen Erbes um die aktive Gestaltung des gesamten Gebauten und umfasst alle Tätigkeiten, die den Raum verändern. Der Schutz und die 57

58

Angabe basierend auf aktuell national verfügbaren Daten. Doppelzählungen können nicht ausgeschlossen werden. Mit einberechnet sind Flächen, die im Rahmen der Umsetzung internationaler Konventionen ausgewiesen sind, für die aber die Umsetzung mittels Instrumenten des nationalen oder kantonalen Rechtes noch zu erfolgen hat.

Guntern et al. (2013): Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in der Schweiz. Forum Biodiversität Schweiz der Akademie der Naturwissenschaften SCNAT, Bern; Walter, T. et al. 2013. Operationalisierung der Umweltziele Landwirtschaft ­ Bereich Ziel- und Leitarten, Lebensräume (OPAL). ART-Schriftenreihe 18. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART; Fischer et al. (2015): Zustand der Biodiversität in der Schweiz 2014. Hrsg.: Forum Biodiversität Schweiz et al., Bern.

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Pflege des Erbes bildet mit der zeitgenössischen Entwicklung eine der Qualität verpflichtete Einheit. Das Ziel einer hohen Baukultur soll daher im Rahmen des Gegenvorschlages zur Biodiversitätsinitiative im Gesetz verankert werden und damit die bestehenden und unveränderten Schutzbestimmungen ergänzen.

Neben der Förderung einer hohen Baukultur will der Bundesrat ausserdem neu auf Gesetzesstufe regeln, wie die Kantone die Inventare des Bundes nach Artikel 5 NHG bei der Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben berücksichtigen müssen. Diese bereits heute auf Verordnungsstufe festgelegte mittelbare Pflicht der Kantone und Gemeinden, die Bundesinventare zu berücksichtigen, ist in Praxis und ständiger Rechtsprechung eingeführt und umgesetzt. Mit der Übernahme dieser Aufgabe ins Gesetz werden das Legalitätsprinzip und die Rechtssicherheit gestärkt, was einem wichtigen Anliegen der Kantone und der Bauwirtschaft entspricht, ohne grundsätzlich weitergehenden Kompetenzen oder Pflichten für Bund und Kantone zu schaffen.

6.3.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Damit der indirekte Gegenvorschlag seine Wirkung entfalten kann, beurteilt der Bundesrat den Einsatz von Bundesmitteln von 96 Millionen Franken jährlich als erforderlich. Aufgrund der hohen Bedeutung von Biodiversität, Landschaft und einer hohen Baukultur für die wirtschaftliche Wohlfahrt und das gesellschaftliche Wohlergehen stehen diese Ausgaben in einem vertretbaren Verhältnis zu den angestrebten Verbesserungen. Eine detaillierte Beschreibung möglicher Auswirkungen des indirekten Gegenvorschlags findet sich unter Ziffer 6.5.

6.3.3

Umsetzungsfragen

Was den Erlass von Ausführungsrecht durch den Bund betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat gestützt auf Artikel 18bis Absatz 2 NHG die Möglichkeit erhält, in einer Verordnung diejenigen Gebietstypen festzulegen, die als Kerngebiete der ökologischen Infrastruktur an das Flächenziel von 17 Prozent angerechnet werden.

In Anwendung von Artikel 24f NHG wird das NHG durch die Kantone vollzogen, soweit der Vollzug nicht ausdrücklich dem Bund übertragen wird. Die neuen Regelungen sind denn auch zu einem grossen Teil durch die Kantone umzusetzen. Der Bund unterstützt sie dabei insbesondere mit fachlichen Grundlagen (Art. 14a und 25a NHG), Subventionen im Rahmen von Programmvereinbarungen (Art. 13, 18d und 23k NHG), seinen Bundesplanungen nach Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni (RPG)59 gestützt auf Artikel 18bis Absatz 4 sowie dem neu geschaffenen Artikel 24i NHG.

59

SR 700

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6.4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

6.4.1

Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz

Ersatz von Ausdrücken Im gesamten Erlass werden die Begriffe «forstwirtschaftlich» und «Forstwirtschaft» durch die Begriffe «waldwirtschaftlich» bzw. «Waldwirtschaft» ersetzt. Dies entspricht der Begriffsverwendung im Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG)60.

Art. 1 Bst. d, dter und f Im Zweckartikel werden Buchstabe d ergänzt sowie die Buchstaben dter und f neu hinzugefügt.

Buchstabe d des geltenden Rechts legt dar, dass die einheimische Tier- und Pflanzenwelt sowie ihre biologische Vielfalt und ihr natürlicher Lebensraum zu schützen sind.

Der Begriff «biologische Vielfalt» wird heute synonym mit dem Begriff «Biodiversität» verwendet. Darunter werden die Vielfalt der Ökosysteme, die Vielfalt der Arten sowie die genetische Vielfalt innerhalb der Arten verstanden. Dieser in Buchstabe d dargelegte Zweck soll im Sinne der heutigen Praxis ergänzt werden. Für das Überleben der Arten ist es notwendig, dass die Gebiete, die dem Schutz von Tieren und Pflanzen dienen, miteinander vernetzt sind. Dadurch entsteht ein Netzwerk wertvoller natürlicher und naturnaher Lebensräume, dessen Errichtung der Bundesrat mit der Strategie Biodiversität Schweiz 2012 unter dem Begriff «ökologische Infrastruktur» in Auftrag gegeben hat. Die ökologische Infrastruktur besteht aus ökologisch wertvollen Kern- und Vernetzungsgebieten, welche in ausreichender Qualität, Quantität, geeigneter Lage und Anordnung im Raum verteilt sowie untereinander und mit den wertvollen Flächen des grenznahen Auslands verbunden sein müssen. Dieses natürliche Netzwerk trägt den Entwicklungs- und Mobilitätsansprüchen der Arten in ihren Verbreitungsgebieten Rechnung, auch unter sich verändernden Rahmenbedingungen wie dem Klimawandel. Die ökologische Infrastruktur sichert langfristig funktions- und regenerationsfähige Lebensräume. Damit trägt sie auch massgeblich zur Sicherung der zentralen Leistungen der Biodiversität für Gesellschaft und Wirtschaft bei.

Buchstabe dter unterstreicht die Bedeutung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Mit dieser Ergänzung des Zweckartikels soll verdeutlicht werden, dass die Natur und die Landschaft grundlegende Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen erfüllen. Sie erbringen unverzichtbare Leistungen von hohem gesellschaftlichem und wirtschaftlichem
Wert. Dazu zählen beispielsweise der Schutz vor Naturkatastrophen, die Bereitstellung von Trinkwasser sowie von Nahrung für Mensch und Tier, die natürliche Schädlingskontrolle oder die Bereitstellung von Rohstoffen und Wirkstoffen für Arzneimittel. Zudem werden immaterielle Leistungen erbracht: Landschaften mit ihren natürlichen und baukulturellen Qualitäten stiften Gefühle der Verbundenheit und tragen damit zur räumlichen Identifikation bei, sie bieten ästhetischen Genuss und fördern Erholung, Bewegung und Gesundheit. Damit stärken sie den

60

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Wirtschaftsstandort Schweiz.61 Eine Abnahme der biologischen und landschaftlichen Qualitäten birgt damit auch Risiken für das Wohlergehen der Menschen und die Wohlfahrt in der Schweiz.

Buchstabe f ergänzt den Zweckartikel explizit um die Förderung einer Baukultur von hoher Qualität (vgl. dazu im Detail die Erläuterungen zu Art. 17b). Damit wird dem qualitativen Anspruch bei allen den Raum verändernden Tätigkeiten Nachdruck verliehen.

Art. 12h

Berücksichtigung der Inventare des Bundes bei der Erfüllung von kantonalen Aufgaben

Neu soll auf Gesetzesstufe geregelt werden, wie die Kantone die Inventare des Bundes nach Artikel 5 NHG bei der Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben berücksichtigen müssen. Mit der Übernahme dieser Regelung von der Verordnung ins Gesetz werden das Legalitätsprinzip und die Rechtssicherheit gestärkt, ohne dass weitergehende Kompetenzen oder Pflichten für Bund und Kantone geschaffen werden.

Die entsprechende Bestimmung findet sich heute in den jeweiligen Verordnungen zu den Inventaren des Bundes.62 Gestützt auf Artikel 78 Absatz 2 BV entfalten die Inventare des Bundes nach Artikel 5 NHG für die Kantone nur bei der Erfüllung von Bundesaufgaben eine unmittelbare Wirkung (die Kantone erfüllen insbesondere dann Bundesaufgaben, wenn sie Umweltbewilligungen nach Bundesrecht erteilen wie zum Beispiel eine Rodungsbewilligung oder wenn sie vom Bund Finanzhilfen für Vorhaben erhalten). Bei der Erfüllung kantonaler Aufgaben haben die Bundesinventare für die Kantone immerhin eine mittelbare Wirkung. Die Kantone berücksichtigen diese, indem sie bei den Planungsentscheiden eine umfassende Interessenabwägung vornehmen. In solchen Fällen unterliegt die Abwägung zwischen Schutz- und Nutzinteressen bei schwerwiegenden Eingriffen allerdings nicht den qualifizierten Anforderungen von Artikel 6 Absatz 2 NHG, wonach für das anbegehrte Projekt ein nationales Interesse gegeben sein muss. Aufgrund der Behördenverbindlichkeit der Richtplanung finden die Schutzanliegen der Bundesinventare anschliessend auch Eingang in die Nutzungsplanung und müssen aufgrund dieser wiederum auch im konkreten Vorhaben berücksichtigt werden. Die Gemeinden haben in ihrer Nutzungsplanung die Bundesinventare auch dann zu berücksichtigen, wenn entsprechende Regelungen im kantonalen Richtplan fehlen. Fehlen entsprechende Regelungen in der Nutzungsplanung oder soll bei einem konkreten Vorhaben von der Grundnutzungsordnung abgewichen werden, so ist im Einzelfall eine Interessenabwägung im Lichte der Natur- und Heimatschutzanliegen vorzunehmen.63 Dabei

61 62

63

Bundesamt für Umwelt (Hrsg.) (2020): Landschaftskonzept Schweiz LKS. Landschaft und Natur in den Politikbereichen des Bundes. Umwelt-Info Nr. 2011.

Vgl. Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 29. März 2017 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (VBLN; SR 451.11), Art. 11 Abs. 1 der Verordnung vom 13. November 2019 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS; SR 451.12) und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung vom 14. April 2010 über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS; SR 451.13). Vgl. dazu auch Empfehlungen zur Berücksichtigung der Bundesinventare nach Artikel 5 NHG in der Richt- und Nutzungsplanung, BAFU, ARE, ASTRA, BAK, 2012.

BGE 135 II 209 E. 2.1; BGE 1C_545/2014, E. 5.3; BGE 1C_130/2014 E. 3.2; BGE 1C_276/2015 E. 3.1; BGE 1C_87/2019 E. 3.2; BGE 1C_180/2019 E. 5.1; BGE 1C_250/2019 E. 4.2.

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sind nach gefestigter Praxis des Bundesgerichts die Bundesinventare als Manifestation eines öffentlichen nationalen Interesses zu berücksichtigen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie per se höher zu gewichten sind als andere Interessen.

Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben verfügen die Kantone und Gemeinden hinsichtlich der Berücksichtigung der Bundesinventare über einen Ermessensspielraum. Bei schwerwiegenden Eingriffen in ein Inventarobjekt unterliegt die Abwägung zwischen Schutz- und Nutzinteressen nicht den qualifizierten Anforderungen von Artikel 6 Absatz 2 NHG, wonach für das anbegehrte Projekt ein nationales Interesse gegeben sein muss. Von der ungeschmälerten Erhaltung des Objekts kann bei kantonalen und kommunalen Aufgaben abgewichen werden, wenn andere, auch kantonale oder gar lokale Interessen überwiegen und dies in einer umfassenden Interessenabwägung gemäss Artikel 3 der Raumplanungsverordnung64 korrekt ermittelt und dargelegt wird. In jüngster Vergangenheit wurde diese Ausgangslage insbesondere bei Vorhaben der Siedlungsentwicklung nach innen diskutiert.

Mit der vorgeschlagenen Regelung wird auf Gesetzesstufe auch für Verdichtungsprojekte ­ die in aller Regel keine Bundesaufgaben gemäss Artikel 2, sondern kantonale oder kommunale Aufgaben darstellen ­ präzisiert, dass ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung eines Inventarobjekts, insbesondere eines Ortsbildes von nationaler Bedeutung gemäss dem ISOS, möglich ist, wenn die Eingriffsinteressen der Verdichtung insgesamt überwiegen, auch wenn diese nicht von nationaler Bedeutung sind.

Da Artikel 12h im Bereich des Landschafts- und Heimatschutzes sowie der Denkmalpflege in Fällen zur Anwendung kommen soll, wo keine Bundesaufgabe vorliegt, ist es sachgerecht, im NHG dafür einen eigenen Abschnitt (1a) zu schaffen.

2a. Abschnitt: Förderung einer Baukultur von hoher Qualität Art. 17b

Baukultur

Dieser Artikel umschreibt die Grundsätze und die Aufgaben des Bundes im Bereich der Baukultur. Als Erweiterung des Begriffs «Heimatschutz» im Sinne eines weiterentwickelten Verständnisses des Schutzes der Umwelt gebührt der Behandlung der Baukultur ein eigener Gesetzesabschnitt. Damit soll angesichts der aktuellen Herausforderungen sowie qualitativer Defizite der gebauten Umwelt die grosse Bedeutung einer Baukultur von hoher Qualität (gleichzusetzen mit einer hohen Baukultur im Sinne der Erklärung von Davos 2018) unterstrichen werden.

Absatz 1 definiert die Aufgaben des Bundes im Grundsatz und beschreibt das Konzept der Baukultur in angemessener Offenheit. Die Baukultur umfasst die Summe der menschlichen Tätigkeiten, welche die gebaute Umwelt verändern. Eine hohe Baukultur ist ganzheitlich, umfassend und auf eine hohe Qualität im Umgang mit der gebauten Umwelt ausgerichtet. Die Definition folgt damit der international anerkannten Definition von Baukultur65, die auch der Interdepartementalen Strategie zur Förderung der Baukultur zugrunde liegt. Sie kann je nach Kontext auf vielfältige Art und Weise erreicht werden. Deshalb sollen im Gesetz keine gestalterischen Anforderun-

64 65

Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1).

Erklärung von Davos 2018: Eine hohe Baukultur für Europa ­ Davos Declaration 2018: Towards a high-quality Baukultur for Europe, 2018; www.davosdeclaration2018.ch.

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gen für hohe Baukultur oder gar konkrete bauliche Anweisungen festgeschrieben werden. Hohe Baukultur drückt sich aus im qualitätsbewussten Umgang mit der gebauten Umwelt, d. h. mit dem Bestehenden im Allgemeinen und mit dem baukulturellen Erbe wie auch der Archäologie im Besonderen sowie dem zeitgenössischen Bauen und dem Planen für die Zukunft. Alle planenden, gestaltenden und ausführenden Tätigkeiten, welche den Raum verändern, sind Ausdruck von Baukultur ­ vom handwerklichen Detail bis zur grossmassstäblichen Siedlungsplanung und Landschaftsgestaltung. Sie beziehen sich nicht nur auf neu Entstehendes, sondern auch auf Schutz, Sicherung und Erhaltung des baukulturellen Erbes. Baukultur umfasst alle Produkte und Prozesse, die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängen. Der Begriff Baukultur allein macht dabei noch keine Aussage zur Qualität der gestalteten Umwelt. Erst durch eine hohe Baukultur entsteht ein hochwertig gestalteter Raum, der sowohl den sich wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen gerecht wird als auch seine historischen Eigenarten bewahrt. Im deutschen Sprachgebrauch hat sich als Entsprechung des französischen Ausdrucks «culture du bâti de qualité» der Begriff «hohe Baukultur» eingebürgert.

Er steht nicht für ein elitäres Kulturverständnis, sondern bezeichnet den grundsätzlich hohen Qualitätsanspruch im Umgang mit der gebauten Umwelt. Hohe baukulturelle Qualität in diesem umfassenden Sinn ist multidimensional und berücksichtigt namentlich folgende Faktoren66: ­

Gouvernanz im Sinne von guten Regelungen und Prozessen für den Umgang mit dem Raum und insbesondere mit der gebauten Umwelt,

­

Funktionalität des Gebauten und der Freiräume,

­

Umwelt, namentlich das Management der Umwelt- und Ressourcenbelastung durch das Bauen und das Gebaute,

­

Wirtschaft, mit einem Fokus auf die langfristige Tragfähigkeit,

­

Vielfalt in Gesellschaft und Nutzung,

­

Kontext in Siedlung oder offener Landschaft,

­

Genius Loci, um eine positive Bindung zu einem Ort zu ermöglichen,

­

Schönheit als Ziel jeder Ortsgestaltung und jeder Planungs- und Bautätigkeit.

Der Bund nimmt als Bauherr, Besitzer, Betreiber, Regulator oder Geldgeber Einfluss auf baukulturelle Qualität. Mit der Interdepartementalen Strategie zur Förderung der Baukultur hat der Bundesrat erstmals allgemeine Qualitätsziele für den Bereich Baukultur festgelegt. Der vorliegende Artikel umschreibt eine Berücksichtigungspflicht im Rahmen von Aufgaben, die sich auf raumverändernde Tätigkeiten beziehen. Diese Aufgaben entsprechen der Definition von Bundesaufgaben in Artikel 2. Die Regelung führt keine neuen Verfahren ein. Sie präzisiert hingegen, dass die Schonung der gebauten Umwelt, beziehungsweise des heimatlichen Landschafts- und Ortsbilds, geschichtlicher Stätten sowie von Natur- und Kulturdenkmälern gemäss Artikel 3 durch einen auf baukulturelle Qualität ausgerichteten Ansatz unterstützt wird. Das übergeordnete Ziel ist eine baukulturelle Qualität, die der konkreten Aufgabe und der 66

Schweizerische Eidgenossenschaft (Hrsg.), Davos Qualitätssystem für Baukultur.

Acht Kriterien für eine hohe Baukultur, Bern (2021); Hintergrunddokumente und Praxisbeispiele: www.davosdeclaration2018.ch.

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Lage der betroffenen Objekte angemessen ist. Der Bund soll sich für eine hochstehende Erhaltung, Pflege, Nutzung und Weiterentwicklung des Raums einsetzen und hierzu insbesondere nachhaltige Entwicklungsansätze bevorzugen, die auch die kulturellen Werte und die menschlichen Bedürfnisse berücksichtigen. Dabei unterscheidet sich diese Pflicht des Bundes vom Umgang mit Schutzobjekten des Heimatschutzes und der Denkmalpflege: Während bezüglich der Letzteren das Gesetz konkrete Schutzpflichten und bestimmte Handlungsanweisungen festlegt, soll im Hinblick auf eine umfassende Baukultur dazu ergänzend das Erfordernis eines aktiven Gestaltungswillens zum qualitätsvollen Umgang mit der gesamten gebauten Umwelt statuiert werden. Entsprechend können bei der Erfüllung von Aufgaben des Bundes Auflagen in der Form von grundsätzlichen Zielvorgaben für eine hohe Baukultur formuliert werden, die namentlich durch die Durchführung von qualitätssichernden Verfahren oder andere für den konkreten Einzelfall geeignete Massnahmen zu erfüllen sind. Solche Vorgaben können etwa auf Verordnungsstufe oder in der Form von Auflagen in Verfügungen über Finanzhilfen oder Bewilligungen festgelegt werden.

Absatz 2 konkretisiert die Koordination der baukulturellen Tätigkeiten des Bundes.

Baukultur betrifft verschiedene Sektoralpolitiken, die ihre eigenen Ansätze umsetzen und eigene Massnahmen ergreifen, um eine hohe Baukultur zu erreichen. Der Bund soll deshalb seine Baukulturpolitik koordinieren. Als übergeordnetes Instrument zur Konkretisierung dieser Koordination dient die Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur mit ihrem dazugehörigen Aktionsplan. Darin identifiziert der Bund Handlungsachsen und legt strategische Ziele und konkrete Massnahmen fest.

Die Strategie Baukultur und ihr Aktionsplan werden von allen relevanten Bundesstellen unter der Federführung des BAK gemeinsam erarbeitet und periodisch evaluiert und erneuert. Ihr Inhalt wird mit den weiteren raumrelevanten Strategien des Bundes abgestimmt.

Absatz 3 betrifft das Verhältnis zu den baukulturellen Belangen der Kantone. Die Vernetzung und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Baukultur sind bereits heute ein strategisches Ziel des Bundes.67 Die Kantone und Gemeinden sind für die Baukultur hauptsächlich verantwortlich. Um erfolgreich zu sein, muss die
Förderung durch den Bund mit den Förderstrategien der Kantone abgestimmt sein. Der Bund will hier seine Rolle und Verantwortung als Vorbild, Geldgeber und Regulator in Ergänzung zu den baukulturellen Bestrebungen der Kantone und in Zusammenarbeit und Koordination mit diesen wahrnehmen. In diesem Zusammenhang ergänzt der Bund im Rahmen seiner Möglichkeiten und Zuständigkeiten die Förderung einer hohen Baukultur durch die Kantone und Gemeinden. Er fördert insbesondere die Zusammenarbeit und die stufenübergreifende Koordination.

Art. 17c

Finanzhilfen und andere Formen der Unterstützung

Dieser Artikel regelt die Unterstützung des Bundes zur Förderung einer hohen Baukultur. Der Bund kann Organisationen sowie Tätigkeiten im Bereich der Baukultur mit Finanzhilfen unterstützen. Damit sollen insbesondere die Zusammenarbeit, Ver-

67

Bundesamt für Kultur (Hrsg.), Strategie Baukultur. Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur, Bern 2020, S. 61.

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netzung und Koordination begünstigt, die inter- und transdisziplinäre Forschung gestärkt sowie den Menschen die Identifikation mit dem Raum und der Zugang zur Baukultur erleichtert werden. Die Finanzhilfen dienen einer kohärenten Umsetzung und Verbreitung der Strategien, Ziele und Botschaften des Bundes, wie sie insbesondere in der Strategie Baukultur und in der jeweils gültigen Kulturbotschaft festgehalten werden. Der Bund schafft damit kein neues Subventionsgefäss, sondern erweitert die bestehenden Unterstützungsmassnahmen für Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege explizit auch um die Förderung der hohen Baukultur.

Absatz 1 regelt die Finanzhilfen für Organisationen. Diese müssen ­ analog zu den Finanzhilfen für Organisationen im Bereich Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege in Artikel 14 ­ von gesamtschweizerischer Bedeutung sein und Tätigkeiten ausführen, die im öffentlichen Interesse liegen, damit der Bund sie mit einer Finanzhilfe darin unterstützen kann.

Absatz 2 betrifft die Finanzhilfen für Tätigkeiten zur Förderung einer hohen Baukultur. Der Bund kann Forschungsvorhaben, die Aus- und Weiterbildung von Fachleuten sowie Öffentlichkeitsarbeit unterstützen.

Absatz 3 regelt die Ausrichtung der Finanzhilfen. Das Verfahren richtet sich jeweils nach den Artikeln 12 und 12a der Verordnung vom 16. Januar 199168 über den Naturund Heimatschutz (NHV). Zudem gelten die Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990 (SuG)69. Zusätzlich wird spezifiziert, dass sich auch die Finanzierung des Bereichs Baukultur nach Artikel 27 des Kulturförderungsgesetzes vom 11. Dezember 200970 richtet, d. h. die Mittel werden im Rahmen der Finanzierungsbeschlüsse des Parlaments zur Kulturbotschaft gesprochen.

Absatz 4 führt aus, dass der Bund eine hohe Baukultur auch in anderer Form als mit Finanzhilfen unterstützen kann, wozu namentlich die Beratung, das Bereitstellen von Informationen, der Wissenstransfer, Forschung sowie Zusammenarbeit dienen. Die verantwortlichen Fachbehörden des Bundes verfügen über hohe Kompetenzen im Bereich Baukultur. Der Wissenstransfer und der entsprechende Informationsauftrag sind wichtige Elemente für eine Förderung der Baukultur. Zudem kann der Bund mit anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Personen und Organisationen zusammenarbeiten. Dies betrifft namentlich
auch die Durchführung von multisektoriellen und transdisziplinären Projekten, die für die Erreichung der Qualitätsziele einer hohen Baukultur von Bedeutung sind. Er wahrt dabei ausdrücklich die bestehende Kompetenzordnung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.

Art. 18bis

Ökologische Infrastruktur

Dieser Artikel wird neu eingeführt und hat die ökologische Infrastruktur zum Gegenstand.

Absatz 1 erteilt dem Bund und den Kantonen die Aufgabe, für die ökologische Infrastruktur als funktionsfähiges Netzwerk aus ökologisch wertvollen natürlichen und naturnahen Lebensräumen zu sorgen.

68 69 70

SR 451.1 SR 616.1 SR 442.1

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Absatz 2 präzisiert, dass die ökologische Infrastruktur aus Kerngebieten und aus Vernetzungsgebieten besteht. Der Begriff Kerngebiete umfasst Lebensräume, die nach Bundesrecht zum Schutz ihrer Lebensgemeinschaften und Arten ausgeschieden werden (z. B. Biotope von nationaler Bedeutung nach Art. 18a NHG oder Biotope von regionaler oder lokaler Bedeutung nach Art. 18b Abs. 1 NHG, Waldreservate nach Art. 20 Abs. 4 WaG). Kerngebiete müssen über die erforderliche ökologische Qualität und über Schutzziele verfügen sowie wirksamen Anforderungen unterstehen, damit die erforderliche ökologische Qualität und Funktionsfähigkeit langfristig erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden. Zudem verfügen sie aufgrund ihrer räumlichen Bezeichnung über einen klar definierten Perimeter und sollen in ausreichender Quantität und Qualität an geeigneter Lage über alle Regionen der Schweiz verteilt sein.

Vernetzungsgebiete stellen die Verbindung der Kerngebiete sicher. Dabei ist auch die Vernetzung über die Kantons- und Landesgrenzen hinweg zu berücksichtigen. Wo nötig gilt es, die Vernetzungsgebiete aufzuwerten, zu ergänzen, oder ­ insbesondere in intensiv genutzten Räumen ­ die Korridore zur Sicherstellung der Durchlässigkeit und der grossräumigen Vernetzung wiederherzustellen. Die Durchlässigkeit sowie die Qualität der Massnahmen aus Sicht der verschiedenen Arten und Artgruppen (z. B.

trockenliebende oder feuchtliebende Arten) spielen dafür eine zentrale Rolle. Die Vernetzung funktioniert dann, wenn die Arten zwischen den Flächen wandern und die benötigten Lebensräume zur Vervollständigung ihres Lebenszyklus aufsuchen können. Die Vernetzung ist für die Arten zentral, für deren Nahrungssuche, deren Fortpflanzung oder den Schutz vor Störung oder Bedrohungen. Die Vernetzung ermöglicht zudem den Austausch innerhalb der Arten (genetische Vielfalt). Die Bedeutung von Vernetzungsgebieten nimmt mit der zunehmenden Zerschneidung und Zerstückelung der einzelnen Lebensräume beispielsweise durch Verkehrsinfrastrukturen und anderweitige intensive Landnutzungen oder Störung stark zu. Der Bundesrat wird beauftragt, auf Verordnungsstufe die Kategorien von Gebieten zu bestimmen, die als Kerngebiete gelten. Gestützt auf die rechtlichen Vorgaben nach Absatz 2 wird der Bundesrat auf Verordnungsstufe voraussichtlich die Flächen folgender Gebiete an die 17 Prozent anrechnen:

71

­

den Schweizerischen Nationalpark gemäss Nationalparkgesetz vom 19. Dezember 198071 sowie die Kernzonen der National- und Naturerlebnispärke (Art. 23f Abs. 3 Bst. a und 23h Abs. 3 Bst. a NHG),

­

die Moore von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung (Art. 23a NHG) und weitere Biotope von nationaler Bedeutung (Art. 18a NHG) mit den sie umgebenden Pufferzonen sowie die Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung nach Artikel 18b NHG mit den sie umgebenden Pufferzonen,

­

die Wasser- und Zugvogelreservate von nationaler oder internationaler Bedeutung, die eidgenössischen Jagdbanngebiete und weitere von den Kantonen ausgeschiedene und im Schutzniveau vergleichbare Jagdbanngebiete und Vogelreservate gemäss Artikel 11 JSG,

­

die Waldreservate nach Artikel 20 Absatz 4 WaG,

SR 454

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­

Biodiversitätsförderflächen nach Artikel 73 Absatz 2 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 199872, sofern sie als besonders wertvoll zu qualifizieren sind,

­

Schutzgebiete Dritter oder Gebiete, welche zu dem Smaragd-Netzwerk73 zählen, sofern sie verbindlich gesichert sind.

Objekte des BLN und Gewässerräume nach dem Gewässerschutzgesetz vom 24. Januar 1991 (GSchG)74 können hingegen nicht als Kerngebiete qualifiziert werden.

BLN-Gebiete (rund 19 Prozent der Landesfläche) sind in erster Linie Landschaftsschutzgebiete. Die Flächen innerhalb eines BLN-Gebiets, die für den Schutz der Biodiversität wertvoll sind, sind in der Regel bereits über Artikel 18a, 18b oder 23a NHG erfasst oder von den Kantonen gestützt auf Artikel 18b Absatz 1 NHG auszuweisen. Wichtige Teilflächen der BLN-Gebiete könnten also über diese Bestimmungen an die Kerngebiete angerechnet werden. Gewässerräume werden festgelegt, um den Gewässern den notwendigen Raum zu geben, den sie zur Erfüllung ihrer natürlichen Funktionen und zum Schutz vor Hochwasser benötigen. Weiter reduziert ein ausreichender Gewässerraum Abschwemmungen von Pestiziden und Düngern von den landwirtschaftlichen Feldern in die Gewässer und bildet so eine schützende Pufferzone. Nicht zuletzt sind sie attraktiv als Erholungsraum. Gewässerräume müssen extensiv gestaltet und bewirtschaftet werden und dienen als Übergangselement vom Wasser zum Land. Aufgewertete, extensiv bewirtschaftete Gewässerräume entsprechen somit typischen Vernetzungsgebieten (z. B. Vernetzung der als Kerngebiete ausgeschiedenen Auenbiotope).

Absatz 3 hält fest, dass der Anteil der Kerngebiete an der Landesfläche ab dem Jahr 2030 mindestens 17 Prozent betragen muss. Der Bundesrat hat bereits 2012 in der Strategie Biodiversität Schweiz festgehalten, dass mindestens 17 Prozent der Landesfläche bis 2020 als Gebiete für die Biodiversität ausgeschieden und geschützt sowie vernetzt werden sollen, um die Biodiversität in der Schweiz zu erhalten und zu fördern.75 Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Um das Flächenziel bis 2030 zu erreichen, sind zusätzliche Kerngebiete in der Grössenordnung von 4 Prozent der Landesfläche notwendig. Im Vordergrund stehen hierfür insbesondere die Ergänzung und Erweiterung der Biotope von regionaler oder lokaler Bedeutung, der Ausbau der Waldreservate, wie er durch die Waldpolitik 202076 bereits vorgezeichnet ist, die Neuausscheidung von Gebieten von nationaler Bedeutung nach Artikel 7a BGF sowie ergänzend eine Erweiterung bestehender oder eine Bezeichnung neuer nationaler Biotope nach Artikel 18a NHG und Schutzgebiete nach Artikel 11 Absätze 1, 2 und 4 JSG.

72 73

74 75 76

SR 910.1 Die Schweiz hat sich als Vertragsstaat der Berner Konvention verpflichtet, die europäisch besonders wertvollen Lebensräume und Arten zu schützen. Europaweit werden Gebiete im Schutzgebietsnetzwerk Smaragd zusammengefasst, in denen solche Lebensräume und Arten vorkommen und erhalten werden.

SR 814.20 Bundesrat (2012): Strategie Biodiversität Schweiz. Bern, 2012. S. 59.

Bundesamt für Umwelt BAFU (Hrsg.) 2013: Waldpolitik 2020. Visionen, Ziele und Massnahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Schweizer Waldes.

Bundesamt für Umwelt, Bern: 66 S.

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Absatz 4 nimmt neu die Aufgabe ins Gesetz auf, dass der Bund in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen die zur planerischen Umsetzung des Schutzes der biologischen Vielfalt nötigen Planungsinstrumente erarbeitet. Die Konzepte und Sachpläne nach Artikel 13 RPG stellen die wichtigsten Raumplanungsinstrumente des Bundes dar. Sie ermöglichen ihm, der Planungs- und Abstimmungspflicht seiner raumwirksamen Tätigkeiten nachzukommen, und unterstützen ihn dabei, den immer komplexeren raumwirksamen Aufgaben gerecht zu werden. Der Bund zeigt in den Konzepten und Sachplänen auf, wie er seine raumwirksamen Aufgaben wahrnimmt, welche Ziele er verfolgt und welche Anforderungen und Vorgaben er bei seinem Handeln berücksichtigt. In enger Zusammenarbeit zwischen den Bundesstellen und den Kantonen erarbeitet, unterstützen die Konzepte und Sachpläne die raumplanerischen Bestrebungen der Behörden aller Stufen. Der Absatz lässt die Wahl der Bundesinstrumente gemäss Artikel 13 RPG offen.

Ein quantitativ und qualitativ ausreichender Umfang wertvoller natürlicher und naturnaher Lebensräume stellt die unabdingbare Grundlage für den Erhalt der Biodiversität dar. Dieser Raumbedarf für Tiere und Pflanzen gerät auf der räumlich begrenzten und oft überlagernd genutzten Fläche der Schweiz häufig in Konflikt mit anderen Raumnutzungen. In einem Konzept nach Artikel 13 RPG können quantitative und qualitative Ziele für die räumlichen Aspekte der ökologischen Infrastruktur festgelegt werden. Da die geschützten Flächen in der Regel bereits über die Schutzlegung durch die Kantone raumplanerisch bezeichnet sind, liegt der Fokus eines solchen Konzeptes inhaltlich vor allem auf den Aspekten der Vernetzung und dem Auftrag an die Kantone, die zusätzlich nötigen kantonalen Kerngebiete zu planen. Für die national bedeutenden Vernetzungsgebiete kann, basierend auf dem Konzept, die Zweckmässigkeit eines Sachplans geprüft werden.

Art. 18b Abs. 1 und 1bis Absatz 1: Die Kantone können bereits heute gestützt auf den geltenden Artikel 18b Absatz 1 Biotope von regionaler oder lokaler Bedeutung ausscheiden. Biotope, die je nach Kanton unter Umständen ausdrücklich als «von kantonaler Bedeutung» bezeichnet werden, fallen dabei unter den Begriff der «Objekte von regionaler Bedeutung».

Solche, die explizit als «von kommunaler Bedeutung» bezeichnet werden,
fallen unter den Begriff der «Objekte von lokaler Bedeutung». Mit der neuen Regelung soll klargestellt werden, dass die Kantone diese Gebiete stets formell bezeichnen müssen.

Die Bezeichnung von Biotopen von regionaler oder lokaler Bedeutung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die jeweiligen schutzwürdigen Lebensräume nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG qualitativ hochwertig sind, die Kriterien eines Biotopes von nationaler Bedeutung jedoch nicht erfüllen. Die Kantone haben bei der Bezeichnung einen gewissen Beurteilungsspielraum, sie sollen dabei jedoch die Vernetzung dieser Biotope untereinander, die Vernetzung mit den Biotopen von nationaler Bedeutung sowie die Erhaltung von Arten, für welche die Schweiz eine besondere Verantwortung

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trägt77, berücksichtigen. Weiter tragen die Kantone bei der Bezeichnung der Biotope den Zielen der Energiestrategie 2050 Rechnung.

Der bisherige Absatz 1 wird neu zu Absatz 1bis.

Art. 22 Abs. 3 Dieser Absatz wird ersatzlos gestrichen, da sein Inhalt bereits von Artikel 24h NHG abgedeckt ist.

Art. 24a Abs. 1 Bst. b Diese Anpassung ist rein formeller Natur: Anstelle von Artikel 25a ist die Verletzung von Artikel 25b (Wiederherstellung von Moore und Moorlandschaften) unter Strafe zu stellen. Bei der NHG-Revision 1997 wurde übersehen, dass mit der Einfügung von Artikel 25a (eine Norm zur Informationspflicht der Behörden) die Artikelbezeichnung in der Strafnorm in Bezug auf den damit zu Artikel 25b gewordenen Bestimmung hätte angepasst werden müssen. Ansonsten erfährt die Bestimmung keine Änderung.

Art. 24c Dieser Artikel wird aufgehoben. Er ist eine reine Verweisnorm, die Artikel 69 des Strafgesetzbuches78 (StGB) über die Einziehung rechtmässig erlangter Gegenstände und Vermögensvorteile für anwendbar erklärt. Dieser Verweis ist redundant, da gemäss Artikel 333 Absatz 1 StGB der Allgemeine Teil des StGB, wozu auch Artikel 69 StGB zählt, grundsätzlich auch im Nebenstrafrecht und damit im NHG Anwendung findet.

Art. 24e Einleitungssatz Der Einleitungssatz wird neu formuliert. Neu werden die geschützten Objekte mittels Verweis aufgelistet, um eine bessere Transparenz zu schaffen. Der Anwendungsbereich von Artikel 24e wird zudem dahingehend ausgeweitet, dass die Bestimmung auf sämtliche schutzwürdigen Lebensräume Anwendung findet, und nicht bloss auf solche, die formell als Biotope unter Schutz gestellt sind. Diese Anpassung ist insofern erforderlich, als andernfalls bei einem widerrechtlichen Verhalten mit weniger scharfen Konsequenzen zu rechnen ist als unter korrekter Anwendung von Artikel 18 Absatz 1ter. Konkret muss der Verursacher eines Eingriffs in einen schutzwürdigen Lebensraum für Wiederherstellung oder ansonsten für angemessenen Ersatz sorgen.

Nimmt der Verursacher ohne Bewilligung einen Eingriff in einen schutzwürdigen Lebensraum vor, so konnte er gestützt auf Artikel 24e bisher nicht dazu verpflichtet werden, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. Diese Lücke wird nun geschlossen.

77

78

BAFU (2019): Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume. In der Schweiz zu fördernde prioritäre Arten und Lebensräume. Bundesamt für Umwelt, Bern. UmweltVollzug Nr. 1709: 99 S.

SR 311.0

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Art. 24i

Übertragung von Vollzugsaufgaben

In Analogie zu anderen Bundesgesetzen wie z. B. dem Wald-, dem Landwirt-schafts, dem Gewässerschutz- oder dem Umweltschutzgesetz soll neu auch im NHG für Bund und Kantone die Möglichkeit bestehen, Vollzugsaufgaben an Dritte zu übertragen. Konkret sollen die Überwachung von Zustand und Weiterentwicklung der ökologischen Infrastruktur nach Artikel 18bis NHG einschliesslich Erfolgskontrollen, Berichterstattung und Bekanntmachung oder einzelne Aufgaben davon übertragen werden können. Übertragungen in weiteren Bereichen sind möglich, sofern diese von untergeordneter Bedeutung sind. Weiterreichende Auslagerungen an Dritte wie beispielsweise die Berechtigung zum Erlass von Verfügungen sind nicht mitgemeint. Die Verantwortung für den Vollzug im Gesamten verbleibt weiterhin bei den zuständigen Behörden. Die Auslagerung soll gegen eine angemessene Entschädigung erfolgen.

6.4.2

Änderung anderer Erlasse

Kulturförderungsgesetz Art. 27 Abs. 3 Bst. c Buchstabe c wird dahingehend ergänzt, dass auch die Finanzhilfen für die Förderung einer Baukultur von hoher Qualität (gleichzusetzen mit einer hohen Baukultur im Sinne der Erklärung von Davos 2018) gemäss Artikel 17c NHG im Rahmen der Kulturbotschaft vom Parlament mit dem entsprechenden Verpflichtungskredit bewilligt werden.

Raumplanungsgesetz Art. 8c

Richtplaninhalt im Bereich der biologischen Vielfalt

Mit dem neuen Artikel 8c RPG werden die Kantone dazu verpflichtet, die ökologische Infrastruktur in ihren Richtplänen auszuweisen. Diese Regelung schafft die notwendige raumplanerische Verbindung zur neuen Verpflichtung in Artikel 18bis NHG, wonach Bund und Kantone für den Aufbau, die Sicherung und den Unterhalt eines funktionsfähigen Netzwerks aus ökologisch wertvollen natürlichen und naturnahen Lebensräumen sorgen. Diese sogenannte «ökologische Infrastruktur» (vgl. Erläuterungen zu Art. 18bis Abs. 1 NHG) besteht aus Gebieten, die zum Schutz von Lebensräumen und Arten ausgeschieden werden (Kerngebiete), sowie aus Flächen, welche diese Kerngebiete funktionell verbinden (Vernetzungsgebiete).

Nach Artikel 18bis Absatz 4 NHG wird der Bund in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen eine Planung nach Artikel 13 RPG erarbeiten. Konzepte und Sachpläne nach Artikel 13 RPG stellen die wichtigsten Raumplanungsinstrumente des Bundes dar. Die Kantone berücksichtigen in dem ihnen zustehenden Handlungsspielraum die Planungen des Bundes in der kantonalen Richtplanung (Art. 6 Abs. 4 RPG). Gestützt darauf sind für die Kern- und Vernetzungsgebiete im kantonalen Richtplan die notwendigen Räume zu sichern. Dabei geht es nicht um eine abschliessende Raumsicherung, da der Richtplan nur behörden- und nicht grundeigentümerverbindlich ist. Der Richtplan verpflichtet jedoch dort, wo es erforderlich ist, die nachgelagerten Planungsträger, die genannten Räume auch in der Nutzungsplanung zu sichern. Zudem 40 / 50

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können im Richtplan die Qualität der Kern- und Vernetzungsgebiete thematisiert und Aufwertungsmassnahmen beschrieben werden, wobei es für deren Umsetzung neben dem Richtplan noch einer spezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. So können beispielsweise für Gebiete mit Vernetzungsfunktionen geeignete Massnahmen wie das Pflanzen von Hecken oder das Öffnen eingedolter Bäche sowie die Beseitigung von Barrieren oder Ausbreitungshindernissen vorgesehen werden. Ebenfalls können der Erhalt, die Aufwertung und die Vernetzung von Naturräumen und Grünflächen innerhalb des Siedlungsgebiets behandelt werden. Damit liefert der Richtplan eine Gesamtübersicht über die ökologische Infrastruktur und zeigt auf, wie die Koordination mit den raumrelevanten Politiken erfolgt. Er erfüllt damit auch seine Steuerungs- und Koordinierungsfunktion. Allfällige räumliche Konflikte können damit bereits zu einem frühen Planungszeitpunkt erkannt und gelöst werden.

Landwirtschaftsgesetz Art. 70a Abs. 2 Bst. d Der Gesamtanteil an der Landesfläche, welche dem Schutz der einheimischen Tiere und Pflanzen dient, muss ab 2030 mindestens 17 Prozent betragen (s. Erläuterungen zu Art. 18bis Abs. 1 NHG). Zu diesen 17 Prozent werden auch Biotope von nationaler, regionaler oder lokaler Bedeutung gezählt. Der ökologische Leistungsnachweis umfasst gemäss Buchstabe d bereits heute die nationalen Biotope i.S.v. Artikel 18a NHG.

Die übrigen Biotope ­ also solche von regionaler oder lokaler Bedeutung (Art. 18b NHG) ­ werden vom ökologischen Leistungsnachweis jedoch nicht umfasst. Deren vorschriftsgemässe Bewirtschaftung ist jedoch von ebenso zentraler Bedeutung, damit diese als Kerngebiete der ökologischen Infrastruktur erhalten bleiben.

Als Biotope im Sinne von Buchstabe d gelten Objekte, deren Schutzwürdigkeit formell festgestellt wurde. Für die Biotope von regionaler oder lokaler Bedeutung erfolgt dies insbesondere durch eine kantonale Schutzlegung, eine Nutzungsplanung mit Schutzzone oder einer Zone mit biotopspezifischen Auflagen. Die vorschriftsgemässe land- oder waldwirtschaftliche Bewirtschaftung wird im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Behörde und dem Bewirtschafter oder der Bewirtschafterin festgehalten (Art. 18c NHG). Wo noch keine Vereinbarung vorliegt, sind bei der Bewirtschaftung die Schutzziele einzuhalten, welche dem
behördlich festgestellten Objekt zugrunde liegen oder dazu festgehalten sind.

Art. 73 Abs. 2 zweiter Satz Absatz 2 wird ergänzt mit Bestimmungen zu den besonders wertvollen Biodiversitätsförderflächen (BFF). Der zweite Satz erlaubt es dem Bundesrat, zu diesen Flächen besondere Anforderungen festzulegen. Diese basieren auf den heute geltenden Vorgaben für Biodiversitätsförderflächen der Qualitätsstufe II (Art. 59 der Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 201379) sowie auf Artikel 6a der Verordnung vom 28. Oktober 201580 über die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Die neue Bestimmung steht im Einklang mit dem neuen Artikel 18bis Absatz 2 NHG (vgl. Erläuterungen dazu).

79 80

SR 910.13 SR 916.181

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6.5

Auswirkungen auf die öffentliche Hand

6.5.1

Finanzielle Auswirkungen auf den Bund

Zur Umsetzung des indirekten Gegenvorschlags zur Biodiversitätsinitiative geht der Bundesrat von Mehrkosten für den Bund von 96 Millionen Franken pro Jahr aus. Vor allem die Beiträge im Rahmen von Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen verursachen Mehrkosten beim Bund. Die vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen übertragen dem Bund vereinzelt auch neue Aufgaben, u. a. die Schaffung von Planungsinstrumenten, Grundlagenarbeiten und Aufsichtsfunktionen. Die Kosten hierfür dürften überschaubar bleiben.

Mit den Programmvereinbarungen wird der Aufwand für die Sicherung, die ökologische Aufwertung und den Unterhalt von Kerngebieten der ökologischen Infrastruktur sowie für die Förderung von Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs an die Kantone abgegolten, wobei diese mit Beiträgen im vergleichbaren Umfang beitragen. Für die Vernetzung werden keine wesentlichen Mehrkosten angenommen.

Die geschätzten Kosten setzen sich gestützt auf die volkswirtschaftliche Beurteilung (VOBU) des indirekten Gegenvorschlags81 wie folgt zusammen:

81 82 83

­

Aufbau der ökologischen Infrastruktur: Die Zusatzaufwendungen für den Zuwachs der Kerngebiete der ökologischen Infrastruktur auf mindestens 17 Prozent werden auf 28 Millionen Franken geschätzt. Dieser Betrag leitet sich ab aus den heutigen Investitionen des Bundes von rund 110 Millionen Franken pro Jahr für 13,4 Prozent der Landesfläche82, der Annahme eines proportionalen Zuwachses sowie Aufwendungen für Grundlagen, Planung, Umsetzung, Vollzug und Kontrolle. Unterhaltsmassnahmen umfassen beispielsweise die Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten in geschützten Lebensräumen, die angepasste landwirtschaftliche Nutzung der Biotope und Pufferzonen oder den Unterhalt von Weihern, um das Verlanden zu verhindern oder um die standortangepasste Ufervegetation zu erhalten. Für den Bereich Vernetzung sieht der indirekte Gegenvorschlag keine zusätzlichen Mittel vor.

­

Sanierung von Biotopen: Zur Deckung von Vollzugsdefiziten in Biotopen von nationaler Bedeutung besteht ein Mehrbedarf an Bundesmitteln in der Grössenordnung von 43 Millionen Franken pro Jahr für den gesetzeskonformen Schutz und Unterhalt der bestehenden Schutzgebiete83 sowie für deren Sanierung. Die Sanierung eines Biotops hat zum Ziel, die Qualität einer Fläche zu

Infras (2021): Volkswirtschaftliche Beurteilung des indirekten Gegenvorschlags zur Biodiversitätsinitiative. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt.

Ausgewiesene Flächen für die Biodiversität gemäss Strategie Biodiversität Schweiz, Anhang A3.

Die heute bereitgestellten Mittel sind nicht ausreichend, s. Martin et al. (2017) Biotope von nationaler Bedeutung ­ Kosten der Biotopinventare. Expertenbericht zuhanden des Bundes, erstellt im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). 2. Auflage, 2017. Insbesondere besteht ein grosser Sanierungsbedarf aufgrund von vernachlässigtem Unterhalt und übermässigen Fremdeinwirkungen.

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verbessern. Zum Beispiel bestehen in vielen Schweizer Mooren Entwässerungsmassnahmen wie Drainagen oder Ablaufgräben, die den Wasserhaushalt in diesen Lebensräumen verändern oder sogar empfindlich stören. Mit der Entfernung oder Anpassungen der Entwässerungsstrukturen kann die Qualität dieser empfindlichen Lebensräume erheblich verbessert werden. Weitere Sanierungsmassnahmen können den Wiederaufbau von Trockenmauern als wertvollen Lebensraum für Pflanzen- und Tierarten umfassen ­ und hierbei zugleich prägende Landschaftselemente erhalten. Im Zuge von Weihersanierungen entstehen spezifische Versteckplätze für die in der Schweiz zumeist gefährdeten Amphibien.

­

Stärkung des ökologischen Ausgleichs im Siedlungsgebiet: Der Bund stärkt die Natur in den Siedlungsräumen und beteiligt sich im Rahmen der Programmvereinbarungen mit zusätzlich 25 Millionen Franken pro Jahr an den Kosten der Kantone für den ökologischen Ausgleich. Dabei legt er die Priorität auf Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs im Siedlungsgebiet: Bund und Kantone sollen finanzielle Anreize setzen können, so dass Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer ihre Flächen massgeblich ökologisch aufwerten. Dieser Anreiz richtet sich sowohl an öffentlich-rechtliche als auch an private Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer. Voraussetzung für eine finanzielle Unterstützung durch Bund und Kantone ist, dass die ökologische Aufwertung ohne wirtschaftlichen Ertrag und ohne direkten oder indirekten Bezug zu einem Projekt erfolgt, für welches ökologischer Ausgleich aufgrund einer Nutzungsintensivierung zu leisten ist. Damit sind u. a.

Grünräume (z. B. naturnah gestaltete Parkanlagen und Umgebungen von Häusern oder Überbauungen, Umgebungsgrün von Schulhausanlagen oder Plätze und Spielplätze mit vielfältigen Bäumen und anderen Pflanzen), Grünachsen (z. B. Baumreihen und Alleen), Grünzüge (begrünte Fussverbindungen und Velowege) oder Verkehrsbegleitgrün wie begrünte Tramtrassees, Strassenborde, Trennstreifen, Kreisel etc.), ökologisch wertvolle Dach- und Fassadenbegrünungen, Massnahmen zur Artenförderung sowie zur ökologischen Aufwertung gewässernaher Bereiche und Wasserflächen (begehbare, naturnah gestaltete See- und Flussufer oder Bäche und Teiche im Siedlungsraum) gemeint. Gestützt auf die Absicht des Bundesrates, den Siedlungsraum ökologisch aufzuwerten, stellt er für diesen Teilbereich des ökologischen Ausgleichs einen Bundesanteil von bis zu 50 Prozent in Aussicht. Die Umsetzung und die Finanzierung erfolgen auf Basis des geltenden Gesetzes.

Zur Förderung einer umfassenden Baukultur werden keine Mehrkosten erwartet.

Auch die vorgesehenen Änderungen im Landwirtschaftsgesetz verursachen für den Bund keine finanziellen Aufwände. Die notwendigen Arbeiten umfassen lediglich die Definition der Anforderungen an Biodiversitätsförderflächen und sind deshalb finanziell vernachlässigbar.

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6.5.2

Personelle Auswirkungen auf den Bund

Der Bund schätzt den personellen Mehrbedarf zur Umsetzung des indirekten Gegenvorschlags auf rund 500 Stellenprozente. Diese sind für das BAFU vorgesehen.

Der personelle Mehrbedarf ergibt sich insbesondere aus folgenden neuen Aufgaben: ­

Aufbau der ökologischen Infrastruktur: 250 Stellenprozente sind vorgesehen für das Erarbeiten von Grundlagen für die Förderung der Biodiversität aus nationaler Sicht, die Ergänzung der Förderung der Biodiversität aus regionaler oder lokaler Sicht, den Abgleich mit der nationalen Planung insbesondere der Vernetzung, die Entwicklung eines Instrumentes nach Artikel 13 RPG (Konzept, Sachplan), die Definition der Zielvorgaben des Bundes, die Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen inkl. Verhandlung und Controlling, die Umsetzung auf Bundesebene, die Erarbeitung von Vollzugshilfen, Arbeitshilfen und dergleichen zuhanden der Kantone sowie die Schnittstellenbetreuung und den Dialog u. a. zwischen Bund und Kantonen, Fachkonferenzen, Sektoralpolitiken usw.

­

Sanierung von Biotopen: Zur Sanierung der Biotope besteht ein geschätzter Personalaufwand von 150 Stellenprozenten für den Bereich «Unterhalt» und «Sanierung» der Biotope. Diese Ressourcen sind vorgesehen für die Erarbeitung von Grundlagen zum defizitären Unterhalt und zur Sanierung, für die Definition der Zielvorgaben und Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen inkl. Verhandlung und Controlling, die Entwicklung von Arbeitshilfen und dergleichen zuhanden der Kantone und Dritter, die Erarbeitung von Vollzugshilfen, Arbeitshilfen und dergleichen zuhanden der Kantone sowie die Schnittstellenbetreuung und den Dialog u. a. zwischen Bund und Kantonen, Fachkonferenzen, Sektoralpolitiken usw.

­

Förderung von Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs im Siedlungsgebiet: 100 Stellenprozente sind insbesondere vorgesehen für die Erarbeitung von Grundlagen zur Förderung der Aktivitäten zur Durchgründung der Siedlungen, insbesondere für die Zielformulierung und die Prüfung bzw. Entwicklung ergänzender Instrumente, den Abgleich mit anderen Prioritäten und Massnahmen im Siedlungsbereich wie Klimaschutz, Lärm, Gesundheit, Standortqualität sowie für Vollzugshilfe, Arbeitshilfe und dergleichen zuhanden der Kantone, die Definition der Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen inkl. Vorgaben, Verhandlung, Controlling sowie die Schnittstellenbetreuung und den Dialog insbesondere mit anderen Bundesstellen (z. B. betr. Agglomerationsprogramme), Kantonen und Dritten.

Die Aufnahme der Förderung einer hohen Baukultur ins Gesetz führt gegenüber heute zu keinem personellen Mehraufwand. Die Aufgaben des Bundes können im Rahmen der bestehenden Ressourcen erfüllt werden.

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6.5.3

Finanzielle Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Mit den rechtlichen Anpassungen sind auch für die Kantone Mehraufwendungen verbunden. Der Bund geht auf Basis der VOBU ­ über alle Massnahmen gesehen ­ von Kosten für die Kantone von jährlich insgesamt rund 90 Millionen Franken sowie einmaligen Kosten von rund 5 Millionen Franken (Kantone) und 3 Millionen Franken (Gemeinden) aus. Die Vorlage führt zu einem personellen Mehrbedarf bei den Kantonen und den Gemeinden. Der genaue Bedarf ist allerdings schwierig zu quantifizieren und hängt von der konkreten Umsetzung in den Kantonen ab. Die zusätzlichen Mittel, die der Bund zur Verfügung stellen wird, dienen ebenfalls zur teilweisen Deckung der entstehenden Mehrkosten. Ein der Teil der Aufwendungen für die Umsetzung von Projekten fällt bei den Gemeinden an, weil diese infolge des Gegenvorschlags vor allem bei der Förderung von Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs vermehrt tätig werden müssen.

Allerdings ergeben sich für die Kantone mit den beantragten Neuregegelungen keine grundlegend neuen Aufgaben: Der Naturschutz ist und bleibt eine Verbundaufgabe zwischen Bund und Kantonen. Der indirekte Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative schafft jedoch mehr Verbindlichkeit für die Kantone, da ihnen eine zentrale Rolle beim Vollzug und bei der Schaffung der ökologischen Infrastruktur zukommt.

Insbesondere sind die Kantone im Bereich der regionalen und lokalen Biotope stärker verpflichtet. Ohne das engagierte Handeln der Kantone können die Biodiversitätsziele ­ insbesondere das 17-Prozent-Ziel ­ nicht erreicht werden. Die NHG-Revision fokussiert dabei auf zwei zentrale Aufgaben, die den Kantonen schon heute zukommen: den Schutz und Unterhalt der Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung und den ökologischen Ausgleich. Diese Aufgaben werden punktuell ergänzt und gestärkt.

Die Kosten für Kantone und Gemeinden setzen sich wie folgt zusammen:

84

­

Aufbau der ökologischen Infrastruktur: Die Aufwendungen für den Zuwachs der Kerngebiete auf mindestens 17 Prozent werden für die Kantone auf 27 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.

­

Sanierung von Biotopen: Für den gesetzeskonformen Unterhalt der bestehenden Schutzgebiete84 sowie für die Sanierung der nationalen Biotope beträgt der Mehrbedarf für die Kantone 34 Millionen Franken pro Jahr. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus jährlich 29 Millionen Franken für die Deckung des vernachlässigten Schutzes und Unterhalts bei bestehenden nationalen, regionalen und lokalen Biotopen sowie 5 Millionen Franken für ihre Sanierung.

­

Stärkung des ökologischen Ausgleichs im Siedlungsgebiet: Insgesamt entstehen für die Kantone und Gemeinden basierend auf dem Bundesanteil Mehrkosten von mindestens 25 Millionen Franken jährlich. Der Mehrbedarf an

Die heute bereitgestellten Mittel sind nicht ausreichend, s. Martin et al. (2017) Biotope von nationaler Bedeutung ­ Kosten der Biotopinventare. Expertenbericht zuhanden des Bundes, erstellt im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). 2. Auflage, 2017.

Insbesondere besteht ein grosser Sanierungsbedarf aufgrund vom vernachlässigtem Unterhalt und übermässigen Fremdeinwirkungen.

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Kantons- und Gemeindemitteln entsteht primär durch die Förderung von Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs.

6.6

Auswirkungen auf weitere Akteure

Nebst Bund und Kantonen sind weitere Akteure von den angestrebten Neuregelungen betroffen.

85

86

­

Aufbau der ökologischen Infrastruktur: Von der Ergänzung der Kerngebiete der ökologischen Infrastruktur können verschiedene Akteure betroffen sein wie beispielsweise landwirtschaftliche Betriebe, aber auch Verkehrsbetriebe, Energieversorgungsunternehmen85, Betreiber von Freizeitanlagen und touristischen Anlagen, Arealentwicklerinnen oder Waldbesitzer und Forstbetriebe.

Sie treffen zugunsten der jeweiligen gebietsspezifischen Schutzziele geeignete Massnahmen, wofür sie entschädigt werden. Die Landwirtschaft ist insofern betroffen, als die vorschriftsgemässe Bewirtschaftung nicht mehr nur bei nationalen Biotopen, sondern neu auch bei lokalen und regionalen Biotopen Voraussetzung für Direktzahlungen ist. Weiter können Kosten entstehen für den Unterhalt von Flächen, die unter das Schutzziel fallen. Diese werden durch die öffentliche Hand getragen, beispielsweise im Rahmen der Direktzahlungen für die Landwirtschaft oder der Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen. Auch der Nutzungsverzicht wird insbesondere bei der Waldwirtschaft oder der Landwirtschaft kompensiert. Aus Sicht der Waldeigentümerinnen und -eigentümer kann die Ausscheidung von Waldfläche als Schutzgebiet finanziell lukrativ sein. Sie würden eine Entschädigung erhalten, obwohl sie den Wald nicht aktiv nutzen und daher von Nutzungseinschränkungen nicht betroffen wären.

­

Sanierung von Biotopen: Von den Unterhalts- und Sanierungsaufträgen ist insbesondere die Landwirtschaft betroffen, da die Biotope von nationaler Bedeutung vornehmlich auf den Gebieten der landwirtschaftlichen Betriebe liegen. Grundsätzlich anzumerken ist, dass Aufträge zur Aufwertung und zur Sanierung von Biotopen bei den betroffenen Unternehmen und ihren Vorleistern Wertschöpfung und Beschäftigung generieren. Entsprechend den von Bund und Kantonen eingesetzten Mitteln ergibt sich für die Unternehmen eine jährliche Wertschöpfung von rund 80 Millionen Franken (inkl. Aufträge für Unterhalt). Ein grosser Teil dieser Wertschöpfung fällt bei lokalen Unternehmen an.86 Dies ist aus regionalwirtschaftlicher Sicht interessant, sofern die Sanierungen in Randregionen stattfinden.

Mögliche Zielkonflikte mit dem Energiesektor wurden im Rahmen der Erarbeitung der Vorlage mit den betroffenen Akteuren diskutiert. Der Bundesrat hält gemäss Eckpunkt 5 des vorliegenden indirekten Gegenvorschlags fest, dass die Ziele der Energiestrategie 2050 nicht tangiert werden.

BAFU (Hrsg.) 2020: Sozioökonomische Analyse der Wirkungen von Investitionen in Naturschutz und Waldbiodiversität. Bundesamt für Umwelt, Bern.

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­

6.7

Förderung von Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs im Siedlungsgebiet: Von der Förderung sind neben der öffentlichen Hand, insbesondere Städten und Gemeinden, auch Unternehmen und Privatpersonen in ihrer Funktion als Grundeigentümerinnen und -eigentümer betroffen. Ergreifen sie Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs, ohne dass sie dadurch einen wirtschaftlichen Ertrag erzielen und ohne dass diese direkt oder indirekt mit einer Verpflichtung zum ökologischen Ausgleich verbunden sind, so werden sie unterstützt. Mit den Massnahmen fördern sie nicht nur die Umwelt; gerade Wohnüberbauungen oder Firmengelände, aber auch der öffentliche Raum profitieren in verschiedener Hinsicht von einer naturnahen Umgebung. Unternehmen können in ihrer Funktion als Auftragnehmer von der Beratung und von der Erstellung entsprechender ökologischer Massnahmen profitieren. Aufträge wie die Begrünung von Dachflächen oder der Unterhalt von Grünflächen generieren beispielsweise bei Gartenbauunternehmen Wertschöpfung und Beschäftigung.

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Biodiversität stellt mit ihren Ökosystemleistungen unentgeltlich essenzielle Grundlagen für die Wirtschaft und Gesellschaft bereit. Sie ist für Branchen wie Landund Waldwirtschaft, Tourismus oder die Lebensmittel- und die Pharmabranche unverzichtbar. Der wirtschaftliche Nutzen der Schweizer Schutzgebiete wird auf rund 3 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt.87 Umgekehrt belaufen sich die Kosten für das Nichtstun in der Schweiz gemäss Schätzungen im Jahr 2050 auf rund 14­16 Milliarden Franken pro Jahr bzw. 2­2,5 Prozent des BIP.88 Diese Kosten würden anfallen, wenn die wegen des Biodiversitätsverlusts wegfallenden Ökosystemleistungen kompensiert werden müssten. Die langfristige Erhaltung der Biodiversität ­ wie sie der Bundesrat mit seinem indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative anstrebt ­ macht aus wirtschaftlicher Sicht also Sinn.

Der indirekte Gegenvorschlag führt im Vergleich zur aktuellen Situation zu mehr und zu qualitativ hochwertigen Flächen für die Natur, zur landesweiten Vernetzung und ausgewogenen räumlichen Verteilung dieser hochwertigen Flächen für die Biodiversität sowie zu einer ökologischen Aufwertung des Siedlungsraumes. Der indirekte Gegenvorschlag stärkt damit nicht nur den Naturschutz in der Schweiz. Vielmehr sorgt er dafür, dass eine funktionierende ökologische Infrastruktur wo nötig geschaffen oder die bestehende verbessert und langfristig erhalten wird und dass Siedlungsgebiete ökologisch hochwertig und damit multifunktional (Erholung, Gesundheit, Klimaschutz etc.) sind. Dies dient der Biodiversität, aber auch dem Menschen.

Die durch die Massnahmen für die Biodiversität ausgelösten Mittel kommen der Schweizer Wirtschaft und insbesondere dem lokalen Gewerbe zugute, indem sie Wertschöpfung und Beschäftigung bei den Unternehmen generieren, die im Auftrag

87 88

Klaus G. (2014): Der Nutzen der bestehenden Schutzgebiete in der Schweiz.

Ecoplan (2010): «COPI Schweiz» ­ Grobe Abschätzung der Kosten des Nichthandelns im Bereich der Biodiversität bis 2050.

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der Kantone die Sanierung und den Unterhalt von Schutzgebieten umsetzen oder Massnahmen im Interesse des ökologischen Ausgleichs vornehmen. Von den Aufträgen profitieren dürften unter anderem landwirtschaftliche Betriebe, (Garten-) Bauunternehmen, Umwelt- und Planungsbüros sowie deren Zulieferer von Maschinen, Geräten, Transportleistungen etc. Es ist zu erwarten, dass von den Bundesmitteln für den Naturschutz ca. 40 Prozent der Landwirtschaft und 20 Prozent der Bauwirtschaft zugutekommen; die restlichen 40 Prozent dürften an Planungsbüros, Forstbetriebe und Unterhaltsfirmen gehen. Regionalwirtschaftliche Effekte sind insofern zu erwarten, als viele Schutzgebiete in Randregionen liegen und dadurch auch Unternehmen in entlegeneren Gebieten von Aufträgen für die Sanierung und den Unterhalt von Schutzgebieten profitieren.89 Zudem geht die VOBU davon aus, dass mehr Ökosystemleistungen mehr Potenzial für Innovationen und damit einhergehend einen höheren Fachkräftebedarf zur Umsetzung innovativer Lösungen generieren, dass die Massnahmen zur Stärkung der Biodiversität und die verbindliche Massnahmenumsetzung Markt- und Vollzugsversagen reduzieren und dass urbane Gebiete von Aufträgen zur Umsetzung des ökologischen Ausgleichs profitieren. Die VOBU nimmt ausserdem an, dass die Vorlage nur geringe Auswirkungen auf die Boden-, die Immobiliensowie die Mietpreise hat.

Durch ihre Ausrichtung auf die naturräumlichen Gegebenheiten unterstützt die ökologische Infrastruktur die langfristige Erhaltung der Bodenqualität (z. B. organische Böden) im Kulturland und auf den Fruchtfolgeflächen.

Eine hohe Baukultur führt zu attraktiveren Orten, wo sich die Bevölkerung und Gäste wohl fühlen. Sie steigert die allgemeine Lebensqualität und den sozialen Zusammenhalt. Hohe bauliche Qualität schafft in Bezug auf den Lebensraum einen Mehrwert und ist damit mittelbar von volkswirtschaftlicher Relevanz. Konkret trägt sie massgeblich auch zur Standortattraktivität der Schweiz und zur Stärkung des Tourismus bei.90

6.8

Rechtliche Aspekte des indirekten Gegenvorschlags

6.8.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 78 BV. Nach dessen Absatz 1 sind die Kantone für den Natur- und Heimatschutz zuständig. Absatz 2 bestimmt, dass der Bund bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die Anliegen des Natur- und Heimatschutzes nimmt. Er schont Landschaften, Ortsbilder, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler; er erhält sie ungeschmälert, wenn das öffentliche Interesse es gebietet. Nach Absatz 3 kann der Bund Bestrebungen des Natur- und Heimatschutzes unterstützen und Objekte von gesamtschweizerischer Bedeutung vertraglich oder durch Enteignung erwerben oder sichern. Nach Absatz 4 erlässt er die Vorschriften 89

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BAFU (Hrsg.) 2019: Mittelfluss, Empfänger und Wirkung der Investitionen in Naturschutz und Waldbiodiversität. Kantonsbefragung. Schlussbericht. Bundesamt für Umwelt, Bern. BAFU (Hrsg.) 2020: Sozioökonomische Analyse der Wirkungen von Investitionen in Naturschutz und Waldbiodiversität. Bundesamt für Umwelt, Bern.

Schweizerischer Bundesrat 2021: Tourismusstrategie des Bundes. Bern.

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zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt und zur Erhaltung der Lebensräume in der natürlichen Vielfalt. Er schützt bedrohte Arten vor Ausrottung. Nach Absatz 5 sind Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und gesamtschweizerischer Bedeutung geschützt. Es dürfen darin weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen vorgenommen werden. Ausgenommen sind Einrichtungen, die dem Schutz der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung der Moore und Moorlandschaften dienen.

6.8.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit allen internationalen Abkommen vereinbar, welche die Schweiz ratifiziert hat (siehe Ziff. 4.4).

6.8.3

Erlassform

Nach Artikel 22 Absatz 1 ParlG erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes. Der vorliegende Erlass enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, indem er Pflichten von Bund und Kantonen festlegt, und hat daher in der Form des Bundesgesetzes zu erfolgen.

6.8.4

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Gemäss Artikel 43a Absatz 1 BV übernimmt der Bund nur die Aufgaben, welche die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung durch den Bund bedürfen. Die Vorlage tangiert die Aufgabenteilung oder die Aufgabenerfüllung durch Bund und Kantone nicht.

6.8.5

Unterstellung unter die Ausgabengrenze

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte. Die Finanzierungsbestimmung in Artikel 12 Absatz 1bis BGF (Gebiete von nationaler Bedeutung) zieht je wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich und bedarf daher der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte.

6.8.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die wesentlichen Neuerungen des vorliegenden Entwurfs wurden einer volkswirtschaftlichen Beurteilung (VOBU) unterzogen. Die im Rahmen der Teilrevision des 49 / 50

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Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vorgesehenen Gesetzesänderungen entsprechen den Vorgaben des SuG.

6.8.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält eine Delegationsnorm zum Erlass von Verordnungsrecht. Dabei handelt es sich um Artikel 18bis Absatz 2 NHG, wonach der Bundesrat die Kategorien von Gebieten festlegen kann, die als Kerngebiete der ökologischen Infrastruktur gelten.

Diese Rechtsetzungsermächtigungen beschränken sich jeweils auf einen bestimmten Regelungsgegenstand und sind nach Inhalt, Zweck und Ausmass hinreichend konkretisiert. Die Delegation ermöglicht es dem Bundesrat, sachgerechte und verhältnismässige Vorschriften zu erlassen. Ebenso kann der Gesetzestext von Bestimmungen mit hohem Konkretisierungsgrad entlastet werden. Die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen wird damit dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht und ist verfassungsrechtlich ausreichend umschrieben. Des Weiteren sind die Ausführungen zu den einzelnen Gesetzesbestimmungen mit Delegationsnormen zu beachten.

6.8.8

Datenschutz

Für die Umsetzung der Vorlage sind weder die Bearbeitung von Personendaten noch andere Massnahmen nötig, die Auswirkungen auf den Datenschutz haben könnten.

Die Vorlage ist aus Sicht des Datenschutzes daher ohne Relevanz.

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