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22.048 Botschaft zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit weiteren Partnerstaaten ab 2023/2024 vom 18. Mai 2022

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe für zwölf Bundesbeschlüsse über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten (AIA) mit Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, Moldova, Montenegro, Neukaledonien, Thailand, Uganda und der Ukraine ab 2023/2024 auf der Grundlage der AIA-Vereinbarung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Mai 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-1545

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Übersicht Das Parlament hat bis heute die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten (AIA) mit 108 Partnerstaaten genehmigt (Stand am 1. Januar 2022). Die Schweiz hat im Jahr 2021 mit 96 Partnerstaaten Informationen über Finanzkonten ausgetauscht. Aufgrund der aktuellen internationalen Entwicklungen im Bereich der Steuertransparenz soll das Schweizer AIA-Netzwerk mit dieser Vorlage um zwölf zusätzliche Partnerstaaten ausgeweitet werden, mit denen der AIA ab 2023/2024 umgesetzt würde.

Ausgangslage Der globale AIA-Standard sieht vor, dass die einzelnen Staaten und Territorien ihr Netzwerk mit allen Partnerstaaten ergänzen, die ein Interesse am AIA bekunden und die Voraussetzungen des OECD-Standards erfüllen (sog. interested appropriate partners). Der erweiterte Anwendungsbereich des AIA erhöht die Steuertransparenz, wodurch im Ergebnis die globalen Wettbewerbsbedingungen nivelliert werden (Level Playing Field).

Mit seiner Finanzmarktpolitik bezweckt der Bundesrat, dass der Schweizer Finanzplatz zu den weltweit führenden, modernen und global tätigen Finanzplätzen gehört.

Die Stärkung der Integrität des Finanzplatzes, die Erhöhung der Steuertransparenz sowie die Bekämpfung von illegalen Finanzflüssen bilden feste Bestandteile dieser Politik. Die Schweiz hält ihre internationalen politischen Verpflichtungen ein und setzt die internationalen Standards um, indem sie den AIA auch mit Entwicklungsund Schwellenländern einführt. Der AIA im Steuerbereich ist eines der zur Verfügung stehenden anerkannten Instrumente, das der Bekämpfung illegaler Finanzflüsse und der daraus resultierenden Einkommensverluste der betroffenen Staaten, so insbesondere der Entwicklungsländer, dient.

Auf internationaler Ebene ist die Umsetzung des AIA inzwischen weit fortgeschritten.

Aktuell bestehen fast 7000 verbindlich aktivierte bilaterale Beziehungen zur Umsetzung des AIA nach der AIA-Vereinbarung. Trotz der Pandemie haben im Jahr 2020 über 100 Partnerstaaten untereinander Informationen über Finanzkonten ausgetauscht. Mit dem Ausbau ihrer AIA-Netzwerke tragen die teilnehmenden Staaten dazu bei, dass das globale Level Playing Field konsolidiert wird.

Von den gegenwärtig 120 Staaten und Territorien, die sich verbindlich zur Umsetzung des AIA auf einen bestimmten Zeitpunkt bekannt haben (sog. committed
jurisdictions), fehlen dem Schweizer Netzwerk noch deren zwölf. Mit einer entsprechenden Erweiterung des AIA-Netzwerks zeigt die Schweiz, dass sie ihre internationalen politischen Verpflichtungen umsetzt, was sich generell positiv auf den hiesigen Finanzplatz und das Ansehen der Schweiz auswirken dürfte.

Inhalt der Vorlage Angesichts der aktuellen internationalen Entwicklungen beabsichtigt der Bundesrat das Netzwerk der AIA-Partnerstaaten der Schweiz zu erweitern: Ziel ist es, den AIA mit Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, Moldova, Montenegro,

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Neukaledonien, Thailand, Uganda und der Ukraine spätestens am 1. Januar 2023 in Kraft zu setzen und ab 2024 erstmals Informationen über Finanzkonten auszutauschen, sofern alle Voraussetzungen dazu gegeben sind.

Bei der Einführung des AIA mit neuen Partnerstaaten bestehen keine Unterschiede zu den bisherigen Verfahren. Damit der AIA mit weiteren Partnerstaaten auf der Grundlage der AIA-Vereinbarung eingeführt werden kann, muss er bilateral aktiviert werden. Das Parlament entscheidet darüber für jeden einzelnen Partnerstaat jeweils mittels eines einfachen Bundesbeschlusses.

Zudem soll der Bundesbeschluss vom 6. Dezember 2017 über den Prüfmechanismus zur Sicherstellung der standardkonformen Umsetzung des AIA bei allen neuen Partnern, mit denen der AIA gegenseitig durchgeführt wird, sinngemäss zur Anwendung gelangen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.1.1 Umsetzung des Standards zum automatischen Informationsaustausch (AIA) durch die Schweiz 1.1.2 Aktuelle internationale Entwicklungen 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.3 Für die Einführung des AIA relevante Faktoren 1.3.1 Rechtsgrundlagen 1.3.2 Vertraulichkeit, Datensicherheit und Datenschutz 1.3.3 Regularisierung der steuerlichen Vergangenheit 1.4 Ausblick 1.5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

6 7 9 11 11 11 13 13 14

2

Vorverfahren 2.1 Konsultation der parlamentarischen Kommissionen 2.2 Vernehmlassungsverfahren 2.2.1 Ergebnisse der Vernehmlassung 2.2.2 Keine Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

14 14 15 15

3

Grundzüge der Vorlage 3.1 Die beantragte Neuregelung 3.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 3.3 Umsetzungsfragen

16 16 16 17

4

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln der Bundesbeschlüsse

17

5

Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf den Bund 5.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 5.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 5.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft

18 18

Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.3 Erlassform 6.4 Ausgabenbremse 6.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

21 21 21 23 23

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6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

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Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Ecuador (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Georgien (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Jamaika (Entwurf)

BBl 2022 1369

Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Jordanien (Entwurf)

BBl 2022 1370

Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Kenia (Entwurf)

BBl 2022 1371

Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Marokko (Entwurf)

BBl 2022 1372

Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Moldova (Entwurf)

BBl 2022 1373

Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Montenegro (Entwurf) BBl 2022 1374 Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Neukaledonien (Entwurf) BBl 2022 1375 Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Thailand (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Uganda (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit der Ukraine (Entwurf) BBl 2022 1378

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1

Umsetzung des Standards zum automatischen Informationsaustausch (AIA) durch die Schweiz

Am 15. Juni 2014 verabschiedete der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den globalen AIA-Standard.1 Im Nachgang zu diesem Beschluss lud das Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke (Global Forum) etwa hundert Staaten und Territorien ­ alles Industriestaaten und Entwicklungsländer mit einem Finanzplatz ­ ein, sich zur Umsetzung des neuen Standards zu bekennen und den ersten Austausch von Informationen über Finanzkonten 2017 oder 2018 durchzuführen (committed jurisdictions). Im gleichen Zug wurden diese Staaten und Territorien mit der Erwartung konfrontiert, den AIA mit all jenen Staaten und Territorien umzusetzen, die ein Interesse daran bekundet haben und die Vorgaben des globalen Standards zur Vertraulichkeit und Datensicherheit einhalten (sog. interested appropriate partners).2 Am 8. Oktober 2014 genehmigte der Bundesrat die Verhandlungsmandate zur Einführung des AIA mit der EU (erstes Mandat) und den USA sowie mit weiteren Staaten (zweites Mandat). Zur selben Zeit verpflichtete sich die Schweiz politisch gegenüber dem Global Forum, den AIA unter Vorbehalt der innerstaatlichen parlamentarischen Genehmigungsverfahren ab 2017 einzuführen und erstmals 2018 mit den Partnerstaaten Informationen über Finanzkonten auszutauschen.

In der Schweiz sind die gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung des AIA-Standards am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Es handelt sich um das Übereinkommen vom 25. Januar 19883 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen), die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden vom 29. Oktober 20144 über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA oder AIA-Vereinbarung), das Bundesgesetz vom 18. Dezember 20155 über den internationalen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (AIAG) sowie die Verordnung vom 23. November 20166 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAV).

Zeitgleich mit der Einführung der Rechtsgrundlagen wurde der AIA am 1. Januar 2017 mit den 38 ersten Partnerstaaten eingeführt, darunter alle EU-Mitgliedstaaten und EFTA-Staaten, diverse Finanzplätze sowie der Schweiz nahestehende OECD1 2 3 4 5 6

www.oecd.org/tax/transparency/documents/ whatisthemultilateralcompetentauthorityagreement.htm www.oecd.org/tax/transparency/documents/AEOI-terms-of-reference.pdf, insb. Seite 2.

SR 0.652.1 SR 0.653.1 SR 653.1 SR 653.11

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Staaten, mit denen im Herbst 2018 erstmals Informationen über Finanzkonten ausgetauscht wurden. Das Parlament hat die Bundesbeschlüsse über die Einführung des AIA mit weiteren 41 Partnerstaaten im Dezember 2017, mit 10 Partnerstaaten im Dezember 2018, mit 18 Partnerstaaten im Dezember 2019 und mit einem zusätzlichen Partnerstaat im März 2020 genehmigt.7 Damit verfügt die Schweiz derzeit über ein aktiviertes AIA-Netzwerk von 105 Partnerstaaten, mit denen Informationen über Finanzkonten ausgetauscht werden. Mit drei Partnerstaaten wurde der AIA noch nicht aktiviert, weil sie entweder die Voraussetzungen des Standards nicht erfüllen oder kein Interesse am AIA mit der Schweiz bekundet haben. Mit dem vorliegenden Geschäft würde die Schweiz ihr Netzwerk auf alle 120 Staaten und Territorien8 erweitern, die sich bis zum 1. Januar 2022 zum AIA-Standard bekannt haben und einen Zeitpunkt für dessen Umsetzung bekanntgegeben haben.

1.1.2

Aktuelle internationale Entwicklungen

Das Global Forum führt verschiedene Peer-Review-Prozesse durch, um die standardkonforme Umsetzung des AIA durch die Partnerstaaten zu überprüfen. Zeitpunkt und Inhalt dieser Prüfungen sind so ausgestaltet, dass die jeweiligen Anforderungen objektiv und aussagekräftig bewertet werden können: (i) Überprüfungen zur Sicherstellung, dass die teilnehmenden Staaten und Territorien die rechtlichen und operativen Anforderungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit erfüllen: In Anbetracht der Sensibilität der ausgetauschten Informationen über Steuerpflichtige führt das Global Forum diese Überprüfungen vor Beginn des Austauschs durch. Dadurch sollen Mängel frühzeitig erkannt werden, damit die Länder sie vor dem Austausch beheben können. Das Global Forum bietet bei Bedarf auch Unterstützung bei der Behebung von Problemen an. Nach Beginn des Austauschs führt das Global Forum weitere Überprüfungen in Bezug auf Vertraulichkeits- und Datensicherheitsmassnahmen durch, um die Einhaltung der Standards kontinuierlich sicherzustellen. Es verfügt inzwischen auch über einen ausgereiften Mechanismus, um auf Verstösse gegen die Vertraulichkeit oder Datensicherheit zu reagieren. Die

7

8

Die Einführung des AIA mit den Partnerstaaten erfolgte bisher gestaffelt mit folgenden Geschäften: ­ 15.081 (Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Änderung); ­ 16.057 (Einführung automatischer Informationsaustausch über Finanzkontenmit Island, Norwegen, Guernsey, Jersey, der Insel Man, Japan, Kanada und der Republik Korea); ­ 17.040 (Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit 41 Partnerstaaten ab 2018/2019); ­ 18.055 (Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit der Republik Singapur und Hongkong und mit weiteren Partnerstaaten); ­ 19.033 (Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit weiteren Partnerstaaten ab 2020/2021).

Mit den Niederlanden setzt die Schweiz den AIA gestützt auf das AIA-Abkommen zwischen der Schweiz und der EU um. Die niederländischen Überseegemeinden (Bonaire, Saba und Saint Eustatius) gelten nicht als EU-Territorien, so dass der AIA mit diesen Gebieten gestützt auf die AIA-Vereinbarung umgesetzt wird. Dies hat zur Folge, dass zu den Niederlanden zwei Partnerstaaten zählen.

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Prüfung der Schweiz im Jahr 2016 war zufriedenstellend. Die nächste Prüfung soll im 2. Quartal 2024 stattfinden.

(ii) Peer Reviews der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Umsetzung des AIAStandards: Diese Überprüfungen erstrecken sich auf die innerstaatlichen und internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Umsetzung des AIA-Standards, damit sichergestellt ist, dass diese vollständig sind und den Anforderungen des Standards entsprechen. Die Ergebnisse dieser Länderprüfungen bilden den Mittelpunkt des Berichts 2020. Der Rechtsrahmen der Schweiz ist grundsätzlich konform. Lediglich drei Ausnahmen von der Meldepflicht, die noch Gegenstand von Diskussionen in der OECD bilden, weichen vom aktuellen Standard ab, so dass die Schweiz die Bewertung in place but needs improvement erhielt.

(iii) Peer Reviews der Wirksamkeit der Umsetzung des AIA-Standards durch die einzelnen Partnerstaaten in der Praxis, einschliesslich der operativen Rahmenbedingungen zur Sicherstellung der Einhaltung der jeweiligen Pflichten durch die Finanzinstitute sowie der Systeme und Prozesse zur Übermittlung der Informationen: Die Wirksamkeitsüberprüfungen durch das Global Forum finden gegenwärtig statt und sollen im Jahr 2022 abgeschlossen werden. Der Berichtsentwurf attestiert der Schweiz eine korrekte Umsetzung des AIA in der Praxis (bestmögliche Bewertung on track).

Das Netzwerk der AIA-Partner ist gemäss den Terms of Reference eines der wichtigen Prüfelemente.9 Staaten und Territorien, die den AIA nicht unverzüglich mit den interessierten geeigneten Partnern eingeführt haben, werden eine entsprechende Empfehlung erhalten. Sollte ein Staat oder ein Territorium die Empfehlungen des Global Forum nicht befolgen und entsprechende Massnahmen nicht umsetzen, dürfte sich dies negativ auf die Note der Länderüberprüfungen zum AIA auswirken.

Gestützt auf ein Mandat der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) hat die OECD ferner Kriterien definiert,10 auf deren Grundlage Partnerstaaten identifiziert werden sollen, welche die internationalen Standards zur Steuertransparenz nicht zufriedenstellend umgesetzt haben. Dabei bilden auch das Netzwerk der AIA-Partnerstaaten und die Bereitschaft, den AIA mit allen interessierten und geeigneten Partnerstaaten (substantially all interested appropriate partners)
einzuführen, wesentliche Kriterien, um nicht auf der G20/OECD-Liste von unkooperativen Staaten zu figurieren.

Die EU hat ein ähnliches Verfahren entwickelt, wonach nicht kooperative Staaten bei Nichterfüllen der Kriterien in die EU-Liste nicht kooperativer Staaten im Steuerbereich (EU-Steuerliste) aufgenommen werden.11 Staaten und Territorien, deren AIANetzwerk nicht nahezu alle interessierten geeigneten Partnerstaaten umfasst und die den AIA nicht innert vorgesehener Frist mit all diesen Partnerstaaten einführen, riskieren als unkooperativ gelistet zu werden.

9

10 11

2016 Terms of Reference to monitor and review progress towards transparency and exchange of information on request for tax purposes, C.2, note 32; einsehbar unter: www.oecd.org/tax/transparency/documents/terms-of-reference.pdf.

www.consilium.europa.eu/media/37247/buenos_aires_leaders_declaration.pdf; Ziff. 26.

Council conclusions on the revised EU list of non-cooperative jurisdictions for tax purposes (2021/C 66/10); einsehbar unter: www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-listof-non-cooperative-jurisdictions/.

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Der Prüfbericht «Peer Review of the Automatic Exchange of Financial Account Information 2020»12 enthält erstmals die gesamten Schlussfolgerungen der Peer Reviews zu den rechtlichen Rahmenbedingungen, die die einzelnen Partnerstaaten zur Umsetzung des AIA-Standards geschaffen haben. Die Ergebnisse beziehen sich auf die 100 Partnerstaaten, die sich zum Informationsaustausch ab 2017 oder 2018 verpflichtet haben. Daraus geht hervor, dass die meisten Staaten und Territorien ihrem Engagement, den AIA spätestens 2018 umzusetzen, nachgekommen sind. Nur wenige haben die wesentlichen Anforderungen nicht erfüllt und gelten somit als unkooperativ.

Die Tatsache, dass im Jahr 2020 102 Partnerstaaten Informationen zu 75 Millionen Finanzkonten mit einem Gesamtwert von rund 9 Billionen Euro ausgetauscht haben, zeigt die wachsende Bedeutung des AIA-Standards. Trotz Pandemie haben auch im Jahr 2021 wiederum 108 Partnerstaaten untereinander Informationen über Finanzkonten ausgetauscht und das Netzwerk der bilateralen Austauschbeziehungen hat sich um 15 Prozent auf knapp 7000 erhöht.13

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Aufgrund der internationalen Entwicklungen schlägt der Bundesrat vor, das AIANetzwerk der Schweiz mit den Staaten und Territorien zu erweitern, die sich zum AIA-Standard bekennen und gegenüber dem Global Forum einen verbindlichen Zeitpunkt für die Umsetzung des AIA bis spätestens 2023 angegeben haben. Es handelt sich dabei um die folgenden zwölf Staaten und Territorien: Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, Moldova, Montenegro, Neukaledonien, Thailand, Uganda und die Ukraine. Damit der AIA mit diesen neuen Partnerstaaten am 1. Januar 2023 in Kraft treten und ein erster Datenaustausch im darauffolgenden Jahr durchgeführt werden kann, muss das Parlament die Vorlage vor Ende 2022 verabschieden.

Alle committed jurisdictions, die einen Zeitrahmen für die Umsetzung des AIA bekanntgegeben haben, können so ins AIA-Netzwerk aufgenommen werden, auch wenn sie ihr Interesse am AIA mit der Schweiz erst später signalisieren.14 Diese Staaten und Territorien sollen aus verfahrensökonomischen Aspekten frühzeitig berücksichtigt werden.

Ecuador und Neukaledonien erfüllen bereits heute die Voraussetzungen für den AIA und haben 2021 Daten nach Massgabe der AIA-Vereinbarung ausgetauscht.

Jordanien, Montenegro und Thailand bildeten Gegenstand des Verfahrens des Global Forum zur Ermittlung jener Staaten, die für die Umsetzung des AIA-Standards relevant sind (sog. Jurisdictions of Relevance). Diesen Ländern ist aus dem Umstand, dass

12 13

14

www.oecd.org/tax/peer-review-of-the-automatic-exchange-of-financial-accountinformation-2020-175eeff4-en.htm Die Listen mit den bilateral aktivierten AIA-Beziehungen sind einsehbar unter: www.oecd.org/tax/automatic-exchange/international-framework-for-the-crs/exchangerelationships/.

Im Zeitpunkt der Redaktion dieses Berichts haben folgende Staaten ihr formelles Interesse am AIA mit der Schweiz gegenüber der OECD noch nicht kundgetan: Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, Moldova, Montenegro, Thailand, Uganda, Ukraine.

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sie bisher nicht am AIA teilgenommen haben, ein wettbewerblicher Vorteil erwachsen, weshalb sie vom Global Forum aufgefordert worden wären, den AIA innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens umzusetzen. Um diesem Verfahren zuvorzukommen, haben sich diese Länder inzwischen freiwillig verpflichtet, den AIA bis 2023 umzusetzen.

Kenia und Uganda nehmen im Kampf gegen illegale Finanzflüsse für den gesamten afrikanischen Kontinent eine Vorreiterrolle ein, die unter anderem auch eine Verpflichtung zur Einführung des AIA bis 2023 umfasst.

Georgien, Jamaika, Marokko, Moldova und die Ukraine sind seit Längerem mit der Einführung des AIA befasst und haben aufgrund der erzielten Fortschritte nunmehr einen verbindlichen Zeitpunkt für die Umsetzung angegeben. Es ist aufgrund der aktuellen Ereignisse unwahrscheinlich, dass die Ukraine den AIA ab 2023 wird einführen können. Solange die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine anhält, wird es nicht möglich sein, zu prüfen, ob die Ukraine die Voraussetzungen für die effektive Umsetzung des AIA erfüllt. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) spricht sich dennoch dafür aus, den vorbereitenden Prozess auf Schweizer Seite weiterzuführen, und prüft die Situation laufend, um bereit zu sein, wenn die Situation die Einführung des AIA wieder zulässt.

Im Anhang zu dieser Botschaft finden sich Detailinformationen zu diesen Staaten und Territorien.

Bei der Einführung des AIA mit neuen Partnerstaaten bestehen keine Unterschiede zu den bisherigen Verfahren. Die länderspezifischen Bundesbeschlüsse müssen vom Parlament genehmigt worden sein und die neuen Partner haben die Voraussetzungen des globalen Standards ­ einschliesslich der Vorgaben im Bereich des Datenschutzes, die gestützt auf die Erklärungen der Partnerstaaten im Rahmen der AIA-Vereinbarung abgegeben wurden ­ spätestens vor dem ersten Austausch von Informationen über Finanzkonten zu erfüllen, was im Rahmen des Kontrollmechanismus für die standardkonforme Umsetzung des AIA überprüft wird.

Auch wenn das Parlament die Bundesbeschlüsse über die Einführung des AIA genehmigt hat, bedeutet dies noch nicht, dass tatsächlich Informationen über Finanzkonten ausgetauscht werden. Dazu bedarf es nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe f der AIAVereinbarung zuerst der Notifikation der Partnerstaaten bei der OECD, welche
bewirkt, dass der AIA im bilateralen Verhältnis rechtsverbindlich aktiviert wird. Sollten die vom Parlament als Partnerstaaten genehmigten Staaten und Territorien am Ende des parlamentarischen Genehmigungsverfahrens noch kein Interesse an der Einführung des AIA mit der Schweiz bekunden oder die Schweiz noch nicht als Partnerstaat notifiziert haben, werden sie vom Bundesrat gegenüber der OECD nicht als Partnerstaaten notifiziert, wodurch der AIA bis auf Weiteres nicht aktiviert sein wird.

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Aus diesem Grund werden die derzeit 41 weiteren Staaten und Territorien (alles Schwellen- und Entwicklungsländer),15 die sich zum AIA bekennen, aber bisher keinen Zeitpunkt für dessen Umsetzung angegeben haben, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht berücksichtigt.

Der vorgeschlagene weitere Ausbau des AIA-Netzwerks der Schweiz auf der Grundlage der AIA-Vereinbarung für 2023/2024 ist notwendig und sinnvoll. Damit kann die Schweiz den Willen zur Erfüllung ihrer eingegangenen internationalen Verpflichtungen zur Einführung des AIA bekräftigen und das weitere Vorgehen mit jenem der anderen teilnehmenden Staaten abstimmen, so insbesondere mit jenem der konkurrierenden Finanzplätze.

1.3

Für die Einführung des AIA relevante Faktoren

1.3.1

Rechtsgrundlagen

Damit die Partnerstaaten den AIA rechtswirksam einführen können, müssen sie die einschlägigen völkerrechtlichen Grundlagen in Kraft gesetzt und die erforderliche innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung erlassen haben. Das Global Forum prüft im Rahmen der legislative assessments, ob die Partnerstaaten die für die standardkonforme Anwendung des AIA notwendigen internen Erlasse verfügen und ob diese Erlasse materiell den Vorgaben des gemeinsamen Meldestandards der OECD genügen.

Zur verbindlichen Aktivierung des AIA müssen die massgeblichen Rechtsgrundlagen in Kraft getreten sein, was die Partnerstaaten mit einer entsprechenden Notifikation dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums der AIA-Vereinbarung darlegen müssen. In den meisten der vorgeschlagenen Partnerstaaten laufen derzeit die innerstaatlichen Verfahren zum Erlass der erforderlichen Rechtsgrundlagen, sodass im Zeitpunkt der Verabschiedung dieser Botschaft noch entsprechende Lücken bestehen. Die Partnerstaaten müssen jedoch spätestens im Zeitpunkt ihrer Verpflichtung zur Einführung des AIA über bindende Rechtsgrundlagen verfügen, damit die aus dem AIA resultierenden gegenseitigen Rechte und Pflichten am vereinbarten Stichtag wirksam werden.

1.3.2

Vertraulichkeit, Datensicherheit und Datenschutz

Für den Fall der gegenseitigen Umsetzung des AIA müssen die Partnerstaaten die für den AIA-Standard wesentlichen Grundsätze im Bereich der Vertraulichkeit, der Datensicherheit und des Datenschutzes ausnahmslos erfüllen.

15

Es handelt sich dabei um folgende Staaten und Territorien (Stand April 2022): Ägypten, Algerien, Armenien, Belarus, Benin, Bosnien und Herzegowina, Botsuana, Burkina Faso, Cabo Verde, Côte d'Ivoire, Dschibuti, Dominikanische Republik, El Salvador, Eswatini, Gabun, Guatemala, Guinea, Guyana, Haiti, Honduras, Kambodscha, Kamerun, Lesotho, Liberia, Madagaskar, Mali, Mauretanien, Mongolei, Namibia, Niger, Nordmazedonien, Palau, Papua Neuguinea, Paraguay, Philippinen, Senegal, Serbien, Tansania, Togo, Tschad, Vietnam.

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Die Prüfung von Ecuador, Jamaika und Kenia durch die Expertinnen und Experten des Global Forum hat ergeben, dass diese Partnerstaaten die Vorgaben im Bereich der Vertraulichkeit und Datensicherheit erfüllen. Dasselbe gilt auch für Neukaledonien, das den AIA gestützt auf die rechtlichen Grundlagen Frankreichs vorerst in nicht reziproker Weise umsetzen wird.16 Für Georgien, Jordanien, Marokko, Moldova, Montenegro, Thailand, Uganda und die Ukraine liegen derzeit noch keine Ergebnisse der Länderprüfungen des Expertenpanels vor. Die Prüfung der Vertraulichkeit und Datensicherheit im Rahmen des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) durch die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) erfolgt für den Fall, dass der Datenaustausch mit den Partnerstaaten reziprok erfolgt. Nur Jamaika wird auf der Liste des IRS als Staat mit einem angemessenen Vertraulichkeits- und Datensicherheitsniveau aufgeführt. Die Vereinigten Staaten haben zudem mit Georgien, Moldova, Montenegro, Thailand und der Ukraine FATCA-Abkommen abgeschlossen, für die noch keine Ergebnisse der Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung vorliegen.

Alle vorgeschlagenen Staaten und Territorien, mit denen der AIA reziprok umgesetzt werden soll, sind auf der Länderliste des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) als Staaten mit einem ungenügenden Datenschutzniveau aufgeführt, weshalb hinreichende zusätzliche Datenschutzgarantien erforderlich sind. Diesen Bedenken trägt der Bundesrat insofern Rechnung, als die Schweiz am 4. Mai 2017 im Rahmen des Verfahrens nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe d der AIA-Vereinbarung eine Notifikation zum Datenschutz an das Koordinierungsgremium übermittelt hat.17 In dieser Notifikation sind die datenschutzrechtlichen Garantien festgelegt, die auch für die Steuerpflichtigen in diesen Partnerstaaten gelten müssen, so insbesondere das Recht der betroffenen Personen auf Auskunft über ihre Daten sowie der Anspruch auf Berichtigung oder Löschung ihrer Daten. Nimmt ein Staat oder ein Territorium die Schweiz in die Liste seiner Partnerstaaten auf, so ist dieser Staat oder dieses Territorium gehalten, die schweizerischen Datenschutzvorgaben einzuhalten. Dieser Mechanismus kommt einer Vereinbarung über den Datenschutz im Sinne von Artikel 6 AIAG gleich und stellt nach Auffassung des
Bundesrates eine deutliche Stärkung der Datenschutzgarantien für die Steuerpflichtigen in den Partnerstaaten der Schweiz dar.

Die EU-Mitgliedstaaten, deren Datenschutzgesetzgebung jener der Schweiz ähnlich ist, haben im Rahmen der Aktivierung des AIA auf der Grundlage der AIAVereinbarung sowie des Abschlusses von bilateralen AIA-Abkommen ebenfalls Notifikationen mit Garantien im Bereich des Datenschutzes übermittelt und erwarten somit, wie die Schweiz, von diesen Partnerstaaten die Einhaltung bestimmter datenschutzrechtlicher Grundsätze. Wird der AIA aktiviert, so dürfen die EU-Mitgliedstaaten und die Schweiz den Datenaustausch aussetzen, wenn sie feststellen, dass ein Partnerstaat entgegen der in seiner Notifikation abgegebenen Zusicherung diese datenschutzrechtlichen Mindestanforderungen nicht einhält.

16 17

Vgl. die Erläuterungen zu Neukaledonien im Anhang.

AS 2017 3533.

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1.3.3

Regularisierung der steuerlichen Vergangenheit

Es dürfte im Interesse der jeweiligen AIA-Partnerstaaten sein, dass deren Rechtsordnungen den Steuerpflichtigen angemessene Möglichkeiten zur Regularisierung von bislang nicht deklarierten Einkommen und Vermögenswerten bereitstellen, bevor der AIA umgesetzt wird. Alle Staaten und Territorien, mit denen der AIA nach dieser Vorlage auf reziproke Weise eingeführt wird, stellen ihren Steuerpflichtigen im Hinblick auf die Einführung des AIA Möglichkeiten zur nachträglichen Offenlegung von bislang unversteuerten Vermögenswerten bereit, die gesamthaft als angemessen bezeichnet werden können. Den Steuerpflichtigen werden keine übermässigen finanziellen Lasten und ­ ausgenommen bei schwerem Steuerbetrug ­ keine Strafverfolgungen mit Gefängnisstrafen auferlegt.

1.4

Ausblick

Zur Konsolidierung des globalen Level Playing Field erweitern die am AIA teilnehmenden Staaten und Territorien kontinuierlich ihre Netzwerke der Partnerstaaten. Die beabsichtigte Erweiterung des AIA-Netzwerks der Schweiz entspricht somit einem internationalen Erfordernis. So haben fast alle G-20-, OECD- und EU-Mitgliedstaaten mit einigen der vorgeschlagenen Partnerstaaten bereits im Herbst 2021 Daten ausgetauscht oder haben dies für 2022 vorgesehen.18 Bei den bevorstehenden Erweiterungen des AIA-Netzwerks der Schweiz wird es darum gehen, den AIA mit Entwicklungs- und Schwellenländern einzuführen, was sich in die generelle Finanzmarktstrategie des Bundesrates für einen integren und transparenten Finanzplatz einfügt, zu der unter anderem auch die Eindämmung der illegalen Finanzflüsse (illicit financial flows) zählt.19 Die Schweiz bekennt sich zu etablierten internationalen Standards zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung, Geldwäscherei und Korruption, bei deren Ausarbeitung sie aktiv mitwirkt und zu deren Umsetzung und Vollzug sie sich politisch verpflichtet hat. Zudem unterstützt die Schweiz im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zahlreiche Programme zur Eindämmung der illegalen Finanzflüsse, so auch die Bestrebungen des Global Forum im Bereich der Technical Assistance, mit der die Entwicklungs- und Schwellenländer beim Kapazitätsaufbau im Bereich der Steuertransparenz gefördert werden. So finanziert das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) etwa Aktivitäten des Global Forum im Bereich der technischen Unterstützung von Entwicklungsländern und erbringt finanzielle Beiträge für Förderprojekte zugunsten der Entwicklungsländer des InterAmerican Center of Tax Administrations (CIAT), des African Tax Administration Forum (ATAF) und des Global Tax Program (GTP) der Weltbank.

18

19

Etwa Deutschland, Frankreich, Hongkong, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, Singapur und das Vereinigte Königreich haben die vom Bundesrat vorgeschlagenen AIA-Partner bereits in ihre Listen nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe f der AIAVereinbarung aufgenommen.

Die Bemühungen der Schweiz im Kampf gegen illegale Finanzflüsse sind einsehbar unter www.sif.admin.ch/sif/de/home/finanzmarktpolitik/illicit-financial-flows/iff.html.

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Seit 2014 führt das Global Forum in Zusammenarbeit mit der Weltbankgruppe und anderen internationalen Organisationen Pilotprojekte durch, um Entwicklungsländer bei der praktischen Umsetzung des internationalen Standards für den AIA zu unterstützen. Zahlreiche Entwicklungsländer haben von solchen Pilotprojekten profitiert oder profitieren davon. Die Schweiz nimmt auch in diesem Bereich eine aktive Rolle ein. 2020 haben die tunesische Steuerverwaltung (Direction Générale des Impôts de la Tunisie, DGI), die Eidgenössische Steuerverwaltung der Schweiz (ESTV) und das Sekretariat des Global Forum eine Partnerschaft vereinbart, die Tunesien dabei unterstützen soll, alle notwendigen Elemente für einen effektiven AIA im Einklang mit dem Standard einzuführen. Das Projekt wird in diesem Jahr gestartet, nachdem es pandemiebedingt längere Zeit aufgeschoben worden war.

Allfällige künftige Erweiterungen des AIA-Netzwerks der Schweiz sind noch nicht definiert, doch steht fest, dass sie gestützt auf das aktuelle Vorgehen und nach Massgabe der bisherigen Kriterien stattfinden würden.20 Die Notifikation und die damit einhergehende Aktivierung des reziproken AIA würde nur gegenüber Partnerstaaten erfolgen, welche die Voraussetzungen des anwendbaren Abkommens erfüllen.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202021 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202022 über die Legislaturplanung 2019­2023 enthalten. Sie bildet jedoch Bestandteil der Ziele 1 (Finanzen) und 11 (Multilateralismus).

Die Einhaltung internationaler Standards im Steuerbereich, insbesondere zur Transparenz und zum Informationsaustausch, ist ausserdem Bestandteil der Strategie des Bundesrates für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz.

Dies deckt sich auch mit der «Strategie Nachhaltige Entwicklung», mit der die Schweiz ihren politischen Verpflichtungen aus der «Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung» der UNO mit den 17 Sustainable Development Goals nachkommen will (insb. Goal 10: Reduce inequality within and among countries).

2

Vorverfahren

2.1

Konsultation der parlamentarischen Kommissionen

Im Oktober 2018 hat der Bundesrat die Aussenpolitischen Kommissionen (APK) und die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK) beider Räte über die künftigen Erweiterungen des AIA-Netzwerks der Schweiz konsultiert. Die Mehrheit der

20 21 22

Ruanda und Tunesien haben bekannt gegeben, den AIA ab 2024 umsetzen zu wollen: vgl. dazu www.oecd.org/tax/transparency/AEOI-commitments.pdf.

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385

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Kommissionsmitglieder begrüssten die Umsetzung des AIA mit weiteren Partnerstaaten und haben sich dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Vorgehen angeschlossen. In der Debatte im Nationalrat wurde präzisiert, dass die Schweiz Staaten oder Territorien, die vom Parlament als AIA-Partner genehmigt worden sind, aber die für die Einführung des AIA unabdingbaren Kriterien nicht erfüllen, nicht als AIA-Partner notifizieren wird ­ mit der Konsequenz, dass der Datenaustausch um ein Jahr oder allenfalls für längere Zeit aufgeschoben wird.23

2.2

Vernehmlassungsverfahren

2.2.1

Ergebnisse der Vernehmlassung

Das Vernehmlassungsverfahren zu den Bundesbeschlüssen über die Einführung des AIA mit weiteren Partnerstaaten ab 2023/2024 wurde am 3. Dezember 2021 eröffnet und dauerte bis zum 18. März 2022.24 Zur Teilnahme an der Vernehmlassung wurden die Regierungen der 26 Kantone, die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), elf politische Parteien, drei gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, acht gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft sowie 26 Vertreterinnen und Vertreter interessierter Kreise eingeladen.

Stellung genommen haben 25 Kantone,25 drei Parteien,26 drei gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft27 sowie vier Vertreter interessierter Kreise.28 Die grosse Mehrheit der Teilnehmenden begrüsst die Vorlage. Zwei haben die Vorlage abgelehnt. Drei haben ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtet.

23

24 25 26 27

28

Vgl. dazu www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-dieverhandlungen?SubjectId=47150. Der Bundesrat hat den AIA mit drei vom Parlament genehmigten Staaten und Territorien, in denen der Standard nicht konform umgesetzt wird, und/oder die kein Interesse am AIA mit der Schweiz bekundet haben, noch nicht in Kraft gesetzt (Niue, Sint Maarten, Trinidad und Tobago).

Der Ergebnisbericht ist einsehbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > EFD.

Von den 26 Kantonen, die ein Eingabe gemacht haben, hat ein Kanton explizit auf eine Stellungnahme verzichtet (SZ).

FDP.Die Liberalen (FDP), Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP), Schweizerische Volkspartei (SVP).

Schweizerische Bankiervereinigung (Swiss Banking; SBVg), Schweizerischer Gewerbeverband (SGV), Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB); der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAG) hat explizit auf eine Stellungnahme verzichtet.

Centre Patronal (CP), Vereinigung Schweizerischer Assetmanagement- und Vermögensverwaltungsbanken (VAV), Vereinigung Schweizerischer Privatbanken (VSPB), Zürcher Bankenverband (ZBV).

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2.2.2

Keine Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Es wurden keine Kritikpunkte vorgebracht, die nicht bereits in den vorangehenden Vernehmlassungen vorgetragen wurden.29 Die eingegangenen Stellungnahmen führten somit zu keinen neuen Erkenntnissen, auf deren Grundlage der Vernehmlassungsentwurf inhaltlich Änderungen erfahren hätte. In zahlreichen Eingaben wurde darauf hingewiesen, dass die Erweiterung des AIA-Netzwerks wichtig sei, um die Position der Schweiz nicht zu gefährden. Dies entbinde den Bundesrat jedoch nicht davon, dafür zu sorgen, dass die Partnerstaaten die Voraussetzungen des AIA-Standards ausnahmslos erfüllen müssen, um den AIA im bilateralen Verhältnis verbindlich aktivieren zu können. Bei der Umsetzung des AIA mit weiteren Partnerstaaten sei es zwingend, dass der Bundesbeschluss über den Prüfmechanismus zur Sicherstellung der standardkonformen Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten zur Anwendung gelange, bevor Finanzkontendaten mit den neuen Partnerstaaten ausgetauscht werden.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

Der Bundesrat schlägt vor, unter Vorbehalt der Durchführung der parlamentarischen Genehmigungsverfahren, das AIA-Netzwerk der Schweiz mit zwölf zusätzlichen Partnerstaaten zu erweitern.

3.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die für die Einführung des AIA angefallenen Infrastrukturkosten sind einmalig angefallen und die jährlichen Betriebskosten sind bereits entsprechend vorgesehen, sodass die Erweiterung des AIA mit den vorgeschlagenen zusätzlichen Partnerstaaten keinen wesentlichen Mehraufwand zur Folge haben dürfte.

29

Vgl. dazu die Ausführungen zu den Vernehmlassungsergebnissen in der: Botschaft vom 5. Juni 2015 zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und zu ihrer Umsetzung (Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen), BBl 2015 5456; ­ Botschaft vom 6. Juli 2016 zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Island, Norwegen, Guernsey, Jersey, der Insel Man, Japan, Kanada und der Republik Korea, BBl 2016 6627; ­ Botschaft vom 16. Juni 2017 über die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit 41 Partnerstaaten ab 2018/2019, BBl 2017 4938; ­ Botschaft vom 9. Mai 2018 zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit Singapur und Hongkong ab 2018/2019 und mit weiteren Partnerstaaten ab 2019/2020; BBl 2018 3227.; ­ und Botschaft vom 29. Mai 2019 zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten mit weiteren Partnerstaaten ab 2020/2021; BBl 2019 4215.

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3.3

Umsetzungsfragen

Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute übermitteln die Informationen an die ESTV. Diese leitet die Daten verschlüsselt über eine von der OECD in Auftrag gegebene Austauschplattform den zuständigen Behörden im Partnerstaat weiter. Umgekehrt erhält sie Informationen über in der Schweiz steuerpflichtige Personen, die in einem Partnerstaat über ein Konto verfügen. Die ESTV stellt die erhaltenen Daten den Kantonen zur Verfügung, die diese Informationen im Rahmen des Veranlagungsverfahrens verwenden können.

Seit September 2018 tauscht die Schweiz mit den ersten Partnerstaaten jährlich Informationen über Finanzkonten aus. Der Datenaustausch wurde bisher gesamthaft erfolgreich durchgeführt. Beim reziproken AIA werden die Daten mit den Partnern koordiniert versendet. Die verschlüsselte Übermittlung der Daten erfolgt mit dem technisch aufgewerteten Common Transmission System der OECD.

4

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln der Bundesbeschlüsse

Die Bundesbeschlüsse, mit denen der AIA mit Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, Moldova, Montenegro, Neukaledonien, Thailand, Uganda und der Ukraine eingeführt werden soll, folgen dem Muster, das für die Bundesbeschlüsse über die Einführung des AIA mit den bisherigen Partnerstaaten verwendet wurde.

Art. 1 Mit dieser Bestimmung ermächtigt das Parlament den Bundesrat, dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums der AIA-Vereinbarung zu notifizieren, dass die im Rahmen dieser Vorlage vorgeschlagenen Staaten und Territorien in die Liste jener Länder aufzunehmen sind, mit denen die Schweiz den AIA umsetzt (Bst. a). Das Parlament erteilt dem Bundesrat zudem die Kompetenz, das Datum festzulegen, ab dem Informationen über Finanzkonten ausgetauscht werden (Bst. b).

Mit der Aktivierung des AIA werden die Finanzinstitute in den jeweiligen Partnerstaaten verpflichtet, ab dem Zeitpunkt der Notifikation Kontoinformationen von Personen, die im betreffenden Partnerstaat ansässig sind, nach Massgabe des gemeinsamen Meldestandards der OECD zu sammeln und der zuständigen Behörde zu melden.

Art. 2 Der Bundesbeschluss vom 6. Dezember 201730 über den Prüfmechanismus zur Sicherstellung der standardkonformen Umsetzung des AIA mit den Partnerstaaten ab 2018/2019 umschreibt die Kriterien für die vom Bundesrat durchzuführende Prüfung vor dem ersten Datenaustausch und regelt das weitere Verfahren. Mit einem Verweis auf diesen Bundesbeschluss soll sichergestellt werden, dass auch bei den neuen 30

BBl 2018 39

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Partnerstaaten überprüft wird, ob diese die für die standardkonforme Umsetzung des AIA erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Das bedeutet konkret, dass auch nach der Aktivierung des AIA mit diesen Partnerstaaten der Bundesrat vor dem ersten Datenaustausch nochmals prüfen wird, ob die Partnerstaaten, mit denen der AIA reziprok umgesetzt werden soll, die Vorgaben des Standards einhalten. Ergibt die Prüfung, dass der AIA in einem Partnerstaat nicht standardkonform umgesetzt wird, kann der Bundesrat den Datenaustausch mit diesem Partnerstaat aussetzen.

Diese Prüfung soll nach dem ersten Datenaustausch periodisch und risikobasiert wiederholt werden. Bei den Staaten und Territorien, mit denen die Schweiz keinen reziproken AIA durchführt, wird insbesondere zu prüfen sein, ob die entsprechenden Notifikationen immer noch gültig sind.

Art. 3 Nach Artikel 39 Buchstabe a AIAG genehmigt das Parlament die Aufnahme eines Staates oder eines Territoriums in die beim Sekretariat des Koordinierungsgremiums der AIA-Vereinbarung hinterlegte Liste gemäss Abschnitt 7 Ziffer 1 Buchstabe f der AIA-Vereinbarung mit einfachem Bundesbeschluss, der nicht dem fakultativen Referendum unterstellt ist (Art. 163 Abs. 2 der Bundesverfassung, BV31).

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Einführung des AIA mit weiteren Partnerstaaten dürfte nicht zu einem massgeblichen Mehraufwand führen, da die dazu notwendigen organisatorischen, personellen und technischen Umsetzungsmassnahmen bereits im Rahmen der Inkraftsetzung des Amtshilfeübereinkommens, der AIA-Vereinbarung und des AIAG vorzusehen waren.32 Die bisherigen Erfahrungswerte auf technischer Ebene zeigen, dass die getroffenen Vorkehrungen den durch die Aktivierung des AIA mit weiteren Partnerstaaten generierten Mehraufwand auch in Zukunft grundsätzlich abdecken dürften.

Bei den steuerlichen Auswirkungen ist zu unterscheiden zwischen den Meldungen der Schweiz zugunsten der Steuerbehörde dieser Staaten und jenen Meldungen, die der schweizerische Fiskus von diesen Staaten erhalten wird. Aufgrund der Meldungen der Schweiz ins Ausland sind Mindereinnahmen bei Bund und Kantonen nicht auszuschliessen (insb. reduzierte Gewinne des Finanzsektors, Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer). Umgekehrt beinhaltet das reziproke Element des AIA ein Potenzial für Mehreinnahmen aus bisher unversteuerten Vermögen, die in der Schweiz steuerlich ansässige Personen bei Finanzinstituten in den Partnerstaaten halten (vgl.

dazu Ziff. 5.3).33

31 32 33

SR 101 Vgl. BBl 2015 5437, insb. 5516 f., sowie BBl 2016 6595, insb. 6629 f.

Vgl. dazu auch die Entwicklung der straflosen Selbstanzeigen in den letzten Jahren: www.estv.admin.ch/estv/de/home/verrechnungssteuer/verrechnungssteuer/kontakt/ abteilung-strafsachen-und-untersuchungen.html.

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5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die für die Verwendung der Informationen aus dem Ausland erforderlichen organisatorischen, personellen und technischen Belange mussten im Hinblick auf den ersten Austausch von Informationen über Finanzkonten im Jahr 2018 bereits vorhanden sein.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kantone bei weiteren Partnerstaaten zusätzliche Ressourcen benötigen werden, was angesichts der für die Schweiz geringen wirtschaftlichen Bedeutung der überwiegenden Mehrheit der vorgeschlagenen Staaten und Territorien jedoch wenig wahrscheinlich sein dürfte.

Von der Vorlage sind keine Mehrausgaben für Gemeinden zu erwarten, da diese nicht in die Umsetzung des AIA involviert sind. Mehreinnahmen für Kantone und Gemeinden sind denkbar, wenn durch den AIA bisher nicht deklarierte Vermögenswerte von in der Schweiz steuerlich ansässigen Personen in den Partnerstaaten bekannt werden.

Die in der Schweiz wohnhaften Personen aus den vorgeschlagenen weiteren AIAPartnerstaaten machen kumuliert nur 0,4 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz aus (Stand Mai 2021).34 Entsprechend erscheinen wesentliche Mehreinnahmen unwahrscheinlich. Die Möglichkeit steuerlicher Mindereinnahmen aufgrund negativer Effekte auf die verwalteten Vermögen schweizerischer Finanzinstitute erscheinen ebenfalls unwahrscheinlich, wie im folgenden Abschnitt dargelegt wird.

Es sind keine speziellen Auswirkungen auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete zu erwarten.

5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Umsetzung des AIA mit den vorgeschlagenen Partnerstaaten ab 2023/2024 bezweckt, die Glaubwürdigkeit und Integrität des Schweizer Finanzplatzes im internationalen Verhältnis zu stärken, die Rechts- und Planungssicherheit zu optimieren und den Zutritt für grenzüberschreitend tätige Schweizer Finanzdienstleister in relevanten Zielmärkten zu verbessern. Damit dienen die vorgeschlagenen Massnahmen der Sicherstellung der generellen Ziele der Teilnahme am AIA und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Reputation des schweizerischen Finanzplatzes. Ferner soll mit der Umsetzung des AIA mit den vorgeschlagenen Partnerstaaten ab 2023/2024 das Engagement der Schweiz im Bereich der Steuertransparenz bekräftigt werden.

Die Vorlage hat nur geringe Auswirkungen auf in der Schweiz steuerlich ansässige Unternehmen und Personen, die über ein Finanzkonto in einem der vorgeschlagenen Partnerstaaten verfügen. Sie müssen gegenüber ihrem ausländischen Finanzinstitut jene Informationen liefern oder Erklärungen abgeben, die zur Erfüllung der Sorgfaltsund Meldepflichten erforderlich sind. Im Gegensatz dazu sind die rund 7500 meldenden schweizerischen Finanzinstitute verpflichtet, die Informationen über Finanzkon-

34

Vgl. www.sem.admin.ch > data > statistik > 2021/05.

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ten von in den Partnerstaaten steuerlich ansässigen Personen zu sammeln, aufzuarbeiten und zu melden. Der Kreis der AIA-meldepflichtigen Institute vergrössert sich durch die Vorlage jedoch nicht und die betroffenen Finanzinstitute verfügen bereits seit mehreren Jahren über die notwendige Infrastruktur und Prozesse für die Umsetzung des AIA. Deshalb dürften zusätzliche Kosten in Form einmaliger Einführungsund wiederkehrender Betriebskosten trotz dieser zusätzlichen Partnerstaaten gering ausfallen.

Bezüglich der Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit ist zu berücksichtigen, dass der AIA ein internationaler Standard ist, der von den teilnehmenden Staaten und Territorien nach einheitlichen Regeln befolgt wird. Die Umsetzung des AIA stellt somit den schweizerischen Finanzplatz in Bezug auf seine Wettbewerbsfähigkeit nicht schlechter als andere Finanzplätze. Der AIA und dessen Erweiterung schwächen jedoch die relative Wettbewerbsposition des schweizerischen Finanzplatzes im zeitlichen Vergleich. Insbesondere für grenzüberschreitend tätige Banken sind Mindereinnahmen denkbar, wenn aufgrund des erweiterten AIA Gelder aus der Schweiz abfliessen. Schätzungen zur Entwicklung der in der Schweiz verwalteten OffshoreVermögen zeigen jedoch seit dem Erlass des AIA-Standards 2014 eine positive Entwicklung, wenn auch bei rückläufigem Marktanteil der Schweiz.35 Dass die vorgeschlagene Erweiterung des AIA zu einem wesentlichen Abfluss von Kundenvermögen führt, erscheint entsprechend unwahrscheinlich. Eine solche Entwicklung ist insbesondere nicht zu erwarten, weil die neu vorgeschlagenen AIA-Partnerstaaten für die Schweiz eine geringe wirtschaftliche Bedeutung aufweisen und bis dato nicht als relevante Absatzmärkte für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen gelten. Mittelfristig dürfte der AIA jedoch zu einer Nivellierung des internationalen Wettbewerbs führen, wodurch ein für den schweizerischen Finanzplatz günstiges Umfeld geschaffen wird, in welchem die Standortvorteile der Schweiz, wie politische Stabilität, starke und stabile Währung und Humankapital, langfristig von Nutzen sein werden.

Die Vorlage dürfte keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Wachstum und den Beschäftigungsgrad sowie auf die Preise und das Lohnniveau in der Schweiz haben.

35

SBVg (2018): Banking Barometer 2018, S. 49. www.swissbanking.org/en/ services/library/studies-reports; Boston Consulting Group (2014): Global Wealth 2014, S. 10. http://image-src.bcg.com/Images/Riding_a_Wave_of_Growth_Jun_2014_ tcm20-74487.pdf; Boston Consulting Group (2021): Global Wealth 2021, S. 10.

web-assets.bcg.com/d4/47/64895c544486a7411b06ba4099f2/bcg-global-wealth-2021jun-2021.pdf.

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5.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Es zeigt sich, dass die Massnahmen zur Erhöhung der Steuertransparenz im internationalen Verhältnis auch dazu beitragen, die Steuerehrlichkeit in der Schweiz zu fördern, was die hohe Zahl von straflosen Selbstanzeigen im Vorfeld der Einführung des AIA nahelegt.36

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Entwürfe der Bundesbeschlüsse stützen sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, der dem Bund die allgemeine Kompetenz im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten verleiht.

Der AIA stellt einen Eingriff in die Privatsphäre dar, insbesondere in das Recht der informationellen Selbstbestimmung. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für den Freiheitseingriff gemäss Artikel 36 BV sind jedoch erfüllt, da mit dem AIAG eine gesetzliche Grundlage besteht und der AIA eine geeignete und erforderliche Massnahme zur Sicherstellung der Steuerkonformität ausländischer Kundinnen und Kunden, der internationalen Akzeptanz und der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes darstellt. Ferner werden die datenschutzrechtlich gewährten Auskunftsund Berichtigungsrechte sowie der Anspruch auf Erlass einer Verfügung durch die in Artikel 19 AIAG konkretisierte Rechtsweggarantie für die vom Datenaustausch betroffenen Personen erfüllt.37

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen mit den folgenden Partnerstaaten werden durch die Einführung des AIA nicht berührt: ­

36

37

38

Ecuador (Abkommen vom 28. November 199438 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Ecuador zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, mit Protokoll vom 26. Juli 2017);

Gemäss Meldungen der kantonalen Steuerverwaltungen beläuft sich dieser Betrag (durch straflose Selbstanzeigen seit dem 1. Januar 2010 aufgedeckte Vermögen) per Ende 2020 auf rund 71,4 Milliarden Franken, wobei die Zahlen teilweise auf dem Stand vom 31. Dezember 2019 beruhen, teilweise auf Schätzungen basieren, und in manchen Kantonen Auslandsvermögen erfasst sind, in anderen hingegen nicht.

Vgl. Kurzgutachten vom 13. August 2015 von Prof. Dr. iur. René Matteotti zur Verfassungskonformität des automatischen Informationsaustauschs: https://biblio.parlament.ch/e-docs/383331.pdf.

SR 0.672.932.71

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­

Georgien (Abkommen vom 15. Juni 202139 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (mit Protokoll);

­

Jamaika (Abkommen vom 6. Dezember 199440 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Jamaika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen);

­

Kenia (Briefwechsel vom 26. Februar/30. Oktober 197341 zwischen der Schweiz und Kenia betreffend die Besteuerung von Luftfahrtunternehmungen);

­

Marokko (Abkommen vom 31. März 199342 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Königreichs Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen);

­

Moldova (Abkommen vom 13. Januar 199943 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Moldova zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen);

­

Montenegro (Abkommen vom 13. April 200544 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und dem Ministerrat von Serbien und Montenegro zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen);

­

Thailand (Abkommen vom 12. Februar 199645 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Thailand zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen);

­

Ukraine (Abkommen vom 30. Oktober 200046 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen).

Die Schweiz und die neuen Partnerstaaten können sich für den AIA auf das Amtshilfeübereinkommen, die AIA-Vereinbarung und die bilaterale Aktivierung berufen, sofern diese Abkommen in Kraft und anwendbar sind.

Das Amtshilfeübereinkommen bildet zudem die Rechtsgrundlage für den Informationsaustausch auf Ersuchen und für den spontanen Informationsaustausch nach dem OECD-Standard. Dadurch können mit allen neuen Partnerstaaten ­ auch wenn ein bilaterales Doppelbesteuerungs- oder Informationsaustauschabkommen fehlt ­ steuerrelevante Informationen auch auf Ersuchen oder spontan ausgetauscht werden, sofern das Amtshilfeübereinkommen in Kraft und anwendbar ist.

39 40 41 42 43 44 45 46

SR 0.672.936.01 SR 0.672.945.81 SR 0.672.947.25 SR 0.672.954.91 SR 0.672.956.51 SR 0.672.968.21 SR 0.672.974.51 SR 0.672.976.71

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Weitere internationale Verpflichtungen werden durch die Vorlage nicht tangiert. Mit der Umsetzung des AIA kommt die Schweiz zudem ihren Verpflichtungen aus der «Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung» der UNO mit den 17 Sustainable Development Goals nach (insb. Goal 10: Reduce inequality within and among countries).

6.3

Erlassform

Die Bundesbeschlüsse betreffend die Aufnahme eines Staates oder Territoriums in die Liste nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe f der AIA-Vereinbarung sind gemäss Artikel 39 Buchstabe a AIAG von der Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss zu genehmigen, der nicht dem Referendum untersteht (Art. 163 Abs. 2 BV).

6.4

Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredits oder Zahlungsrahmens enthält.

6.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die Vorlage respektiert die Interessen und Kompetenzen der Kantone und wahrt deren Organisations- und Finanzautonomie (Art. 47 Abs. 2 BV).

Die durch die Einführung des AIA bewirkte Aufteilung der Kosten auf Bund und Kantone entspricht der Aufteilung der dadurch bewirkten fiskalischen Mehreinnahmen.

6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält keine Grundlage für die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

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Anhang

Detailinformationen zu den einzelnen Staaten und Territorien Die nachstehenden Detailinformationen in Bezug auf den AIA berücksichtigen die Entwicklungen in den einzelnen Staaten und Territorien bis Ende April 2022 und die Situation in diesem Zeitpunkt. Angesichts der regen internationalen Entwicklungen im Bereich des AIA werden diese Informationen im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen aktualisiert. Weitere Aktualisierungen könnten in verfahrensrelevanten Zeitpunkten folgen.

Die völkerrechtlich verbindliche Aktivierung des AIA mit einem Partnerstaat erfolgt auf der Grundlage der gegenseitigen Notifikation an das Sekretariat des Koordinierungsgremiums der AIA-Vereinbarung.

In den länderspezifischen Ausführungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit wird auf die Evaluationen zur Phase 2 der Umsetzung des Standards über den Informationsaustausch auf Ersuchen Bezug genommen, die Ende 2016 abgeschlossen wurden.

Ein neuer Prüfzyklus, der 2017 begann, umfasst auch die Prüfung der meisten der vorgeschlagenen Staaten, die zwischen 2021 und 2023 geprüft werden sollen.

In den Ausführungen wird zudem darauf hingewiesen, ob sich die vorgeschlagenen Staaten und Territorien zur länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country Reporting) zu Aktionspunkt 13 «Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichterstattung» verpflichtet haben. Angesichts der erheblichen Vorteile, die die länderbezogene Berichterstattung den Steuerverwaltungen bei der Durchführung einer allgemeinen Bewertung der Risiken der Verrechnungspreisbestimmung sowie anderer steuerlicher Risiken im Zusammenhang mit Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) bieten kann, haben sich weitere Staaten und Gebiete (die zusammen mit den OECD-Mitgliedstaaten das Inclusive Framework on BEPS bilden), darunter auch Schwellen- und Entwicklungsländer, ebenfalls zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung verpflichtet.

1.

Ecuador

Schaffung der für den AIA notwendigen Rechtsgrundlagen in Ecuador Ecuador hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2021 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 29. Oktober 2018 unterzeichnet und ist seit dem 1. Dezember 2019 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde am 29. Oktober 2018 unterzeichnet. Die nationale Umsetzungsgesetzgebung (Resolución vom 5. Februar 2019 [Expedir las normas y el procedimiento para la implemtación efectiva del estándar común de comunicación de información y debida diligencia relativa al intercambio automático de información y aprobar el anexo de cuentas financieras de no residentes] und Resolución vom 12. Juni 2019 [Reforma la resolución NAC-DGERCGC19-00000003]) ist Ende 2019 in Kraft getreten. Damit verfügt Ecuador über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens 24 / 40

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und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen. Ecuador hat die Schweiz gegenüber der OECD bereits als AIA-Partner notifiziert.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Ecuador Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Ecuador wurden vom Expertenpanel des Global Forum als zufriedenstellend beurteilt. Das EFD hat zu den Ergebnissen dieser Evaluation Stellung genommen und erachtet sie als angemessen.

Das Sekretariat des Global Forum wird die ecuadorianische Steuerbehörde bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen.

Ecuador hat mit den USA bisher kein FATCA-IGA ausgehandelt. Demgemäss liegen keine Ergebnisse einer Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS zu Ecuador vor.

In der ersten Prüfrunde des Informationsaustauschs auf Ersuchen konnte Ecuador nicht berücksichtigt werden, sodass weder Aussagen zur Standardkonformität der rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen Ecuadors noch zur Umsetzung des Standards über den Informationsaustausch auf Ersuchen in der Praxis möglich sind. Diese Evaluationen sind für Ecuador in der zweiten Prüfrunde Ende 2021/Anfang 2022 vorgesehen.

Am 10. Mai 2021 hat die ecuadorianische Nationalversammlung einstimmig das Datenschutzgesetz verabschiedet. Das Datenschutzgesetz basiert auf der Datenschutzgrundverordnung der EU (DSGVO)47 und verlangt von den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen, Schutzmassnahmen zum Schutz personenbezogener Daten zu implementieren, einen Datenschutzbeauftragten zu ernennen und die Personen vor der Verarbeitung bestimmter personenbezogener Daten zu informieren. Das Datenschutzgesetz richtet ausserdem (1) eine nationale Datenschutzbehörde ein; (2) regelt grenzüberschreitende Datenübertragungen; und (3) gibt Bürgerinnen und Bürgern das Recht, Zugang zu ihren persönlichen Daten, deren Änderung und Löschung zu verlangen. Inzwischen ist dieses Gesetz in Kraft getreten und es läuft eine zweijährige Übergangsfrist für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben.

Regularisierung der Vergangenheit in Ecuador Eine 2018 in Kraft gesetzte Gesetzesänderung statuierte, dass ecuadorianische Steuerpflichtige, die im Ausland gelegene Vermögenswerte bisher nicht oder nicht vollständig deklariert hatten, bei einer nachträglichen Offenlegung
zusätzlich zur geschuldeten Steuer eine Busse bezahlen mussten. Diese betrug zwischen 1 und 5 Prozent des Gesamtwertes des Vermögens oder des Einkommens des letzten Steuerjahres (massgebend war der höhere Betrag). Von weiteren Strafen wurde abgesehen. Das Programm wurde Ende Dezember 2020 beendet. Seither richtet sich die Regularisierung

47

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG, ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1.

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von nicht deklarierten Vermögenswerten nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach die ausstehenden Steuern samt Zinsen nachzuzahlen sind und zusätzlich eine Busse fällig wird.

2.

Georgien

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Georgien Georgien hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 3. November 2010 unterzeichnet und ist seit dem 1. Juni 2011 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde noch nicht unterzeichnet. Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Georgien noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Georgien Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Georgien wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Das Sekretariat des Global Forum wird Georgien bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen, auch im Rahmen des AIA-Pilotprojekts. Das Pilotprojekt ist eine Partnerschaft zwischen Georgien, Deutschland und dem Sekretariat des Global Forum, um die Umsetzung des AIA in Georgien zu unterstützen.

Georgien hat mit den USA ein FATCA-Model 1B-IGA (nicht reziproker Informationsaustausch) abgeschlossen, welches am 10. September 2015 in Kraft getreten ist.

Es liegen derzeit aber noch keine Ergebnisse der Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS vor.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im März 2016 das Vertraulichkeitsniveau im Steuerbereich in Georgien als weitgehend standardkonform (largely compliant) bewertet. Sämtliche Steuerabkommen, welche Georgien abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthalten der Tax Code sowie das Ministerialdekret Nr. 996 weitere Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten. Die zweite Prüfungsrunde ist für das Jahr 2022 vorgesehen.

Georgien ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS und hat am 30. Juni 2016 die Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte unterzeichnet.

Georgien verfügt über ein Datenschutzgesetz (Gesetz Nr. 5669 vom 28. Dezember 2011), das die wichtigsten Grundsätze zur Sammlung, zur
Übermittlung und zum Schutz von persönlichen Daten enthält. Seit Mai 2019 liegt dem georgischen Parlament ein Gesetzesentwurf vor, welcher darauf abzielt, die georgische Gesetzgebung zum Schutz personenbezogener Daten enger an die DSGVO anzugleichen. Georgien

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hat auch das Übereinkommen des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV-Nr. 108) ratifiziert, wonach die Individualschutzrechte (Zugang zu den persönlichen Daten, Berichtigung und Löschung von persönlichen Daten, Widerspruch gegen die Weitergabe von persönlichen Daten) gewährleistet sein müssen.

Regularisierung der Vergangenheit in Georgien Georgien kennt kein spezifisches Programm zur Regularisierung der steuerlichen Vergangenheit auf der Grundlage einer freiwilligen Offenlegung. Die Regularisierung von nicht deklarierten Vermögenswerten richtet sich nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach die ausstehenden Steuern samt Zinsen nachzuzahlen sind und zusätzlich eine Busse fällig wird. Auf eine Busse wird verzichtet, wenn die betroffene Person eine berichtigte Steuererklärung einreicht, bevor eine gerichtliche Entscheidung über die Durchführung einer Steuerprüfung oder eine einschlägige Entscheidung der Steuerbehörde mitgeteilt oder ein Bericht über ein Steuervergehen erstellt wurde.

Bei schwerem Steuerbetrug wird eine Strafverfolgung eingeleitet.

3.

Jamaika

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Jamaika Jamaika hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2022 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 1. Juni 2016 unterzeichnet und ist seit dem 1. März 2019 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde am 31. Januar 2022 unterzeichnet. Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Jamaika noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Jamaika Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Jamaika wurden vom Expertenpanel des Global Forum als zufriedenstellend beurteilt. Das EFD hat zu den Ergebnissen dieser Evaluation Stellung genommen und erachtet sie als angemessen.

Das Sekretariat des Global Forum wird die jamaikanische Steuerbehörde bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen.

Jamaika hat mit den USA ein FATCA-Model 1A-IGA (reziproker Informationsaustausch) abgeschlossen, welches am 24. September 2015 in Kraft getreten ist. Der IRS hat im Vorfeld des Abkommens die Vertraulichkeit und Datensicherheit in Jamaika geprüft und als angemessen eingestuft.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im März 2018 das Vertraulichkeitsniveau im Steuerbereich in Jamaika als weitgehend standardkonform (largely compliant) bewertet. Sämtliche Steuerabkommen, welche Jamaika abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthalten der Income 27 / 40

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Tax Act (section 4), der Tax Administration Jamaica Act (section 17) und der Revenue Administration Act (section 17H) weitere Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten.

Jamaika ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS.

Jamaika verfügt über ein eigenständiges Datenschutzgesetz (Data Protection Act), das seit Mai 2020 für jede natürliche oder juristische Person gilt, die personenbezogene Daten von Personen sammelt. Obwohl das Gesetz in Kraft getreten ist, sieht es eine zweijährige Übergangsfrist vor, damit dessen korrekte Umsetzung sichergestellt werden kann. Das Gesetz zielt darauf ab, den Schutz personenbezogener Daten in Jamaika an die DSGVO anzugleichen. Es enthält Leitlinien dazu, wie personenbezogene Daten in physischer oder elektronischer Form gesammelt, verarbeitet, gespeichert, verwendet und weitergegeben werden sollten. Es schreibt ferner vor, dass Daten nur für bestimmte rechtmässige Zwecke und mit Zustimmung der betroffenen Person gesammelt und nicht in einer Weise weiterverwendet oder verarbeitet werden dürfen, die mit dem ursprünglichen Zweck unvereinbar ist. Des Weiteren müssen die gesammelten Daten korrekt sein und, wenn nötig, auf dem neuesten Stand gehalten werden; sie dürfen nicht länger aufbewahrt werden, als es für den ursprünglichen Zweck erforderlich ist, und müssen durch geeignete technische und organisatorische Massnahmen geschützt werden. Das Gesetz sieht zudem vor, dass Daten nicht an einen Staat oder ein Hoheitsgebiet ausserhalb Jamaikas übermittelt werden dürfen, es sei denn, dieser Staat oder dieses Hoheitsgebiet gewährleiste ein angemessenes Schutzniveau für die Rechte und Freiheiten der Person, von der die Daten erhoben wurden.

Regularisierung der Vergangenheit in Jamaika Jamaika kennt kein spezifisches Programm zur Regularisierung der steuerlichen Vergangenheit auf der Grundlage einer freiwilligen Offenlegung. Die Regularisierung von nicht deklarierten Vermögenswerten richtet sich nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach die ausstehenden Steuern samt Zinsen nachzuzahlen sind und zusätzlich eine Busse fällig wird. Bei Steuerbetrug wird eine Strafverfolgung eingeleitet.

4.

Jordanien

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Jordanien Jordanien hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 29. September 2020 unterzeichnet und ist seit dem 1. Dezember 2021 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde noch nicht unterzeichnet.

Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Jordanien noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

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Vertraulichkeit und Datensicherheit in Jordanien Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Jordanien wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Jordanien hat kein FATCA-IGA mit den USA abgeschlossen und deshalb keine Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS durchlaufen.

In der ersten Prüfrunde des Informationsaustauschs auf Ersuchen konnte Jordanien nicht berücksichtigt werden, sodass weder Aussagen zur Standardkonformität der rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen Jordaniens noch zur Umsetzung des Standards über den Informationsaustausch auf Ersuchen in der Praxis möglich sind. Diese Evaluationen sind für Jordanien in der zweiten Prüfrunde für das Jahr 2023 vorgesehen.

Jordanien ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS.

Obwohl Jordanien derzeit über kein Datenschutzgesetz verfügt, unternimmt das Land Schritte zur Einführung von Rechtsvorschriften, die auf den Schutz personenbezogener Daten abzielen. Im Jahr 2014 legte das Ministerium für digitale Wirtschaft und Unternehmertum einen Entwurf für ein Datenschutzgesetz vor, der unter anderem die Einrichtung eines Beirats für die Datenschutzkommission vorsieht. Der Gesetzentwurf scheint auf der DSGVO zu basieren und enthält einige deren wichtigsten Prinzipien wie Transparenz, Genauigkeit, Speicherbegrenzung und Datenminimierung.

Eine aktualisierte Version des Gesetzentwurfs wurde am 23. Januar 2020 veröffentlicht, eine endgültige Version muss jedoch noch verabschiedet werden. Bis ein solches Gesetz in Kraft tritt, wird der Datenschutz in Jordanien durch die Verfassung und sektorale Gesetze geregelt.

Regularisierung der Vergangenheit in Jordanien Jordanien kennt kein spezifisches Programm zur Regularisierung der steuerlichen Vergangenheit auf der Grundlage einer freiwilligen Offenlegung. In der Praxis kommt es oft zur sogenannten «Versöhnung in Steuerhinterziehung». Werden Vermögenswerte nicht korrekt deklariert, kommt es zu einem Verwaltungs- und allenfalls zu einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung. Vor dem endgültigen Urteil erhält die fehlbare steuerpflichtige Person jedoch inoffiziell die Möglichkeit, die geschuldete Steuer zu zahlen und eine Geldstrafe als zivilrechtliche Entschädigung in der Höhe dieser Steuer zu
entrichten. Kommt sie dieser Möglichkeit nach, resultiert daraus eine «Versöhnung», mit der Konsequenz, dass das Verwaltungs- bzw. Strafverfahren eingestellt wird und keine weiteren Strafen ausgesprochen werden.

5.

Kenia

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Kenia Kenia hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2022 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 8. Februar 2016 unterzeichnet und ist für Kenia seit dem

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1. November 2020 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde am 6. Juli 2021 unterzeichnet. Die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit in Ausarbeitung. Somit verfügt Kenia noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Kenia Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Kenia wurden vom Expertenpanel des Global Forum als zufriedenstellend beurteilt. Das EFD hat zu den Ergebnissen dieser Evaluation Stellung genommen und erachtet sie als angemessen.

Das Sekretariat des Global Forum wird die kenianische Steuerbehörde bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen.

Kenia hat kein FATCA-IGA mit den USA abgeschlossen und deshalb keine Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS durchlaufen.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im März 2016 das Vertraulichkeitsniveau im Steuerbereich in Kenia als weitgehend standardkonform (largely compliant) bewertet. Sämtliche Steuerabkommen, welche Kenia abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthält der Income Tax Act Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten. Die zweite Prüfungsrunde ist für das Jahr 2021 vorgesehen.

Kenia ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS.

Die Verfassung von Kenia garantiert das Recht auf Privatsphäre als Grundrecht. Um diesem verfassungsmässigen Recht nach Artikel 31 Wirkung zu verleihen, wurde der Data Protection Act, erlassen, der am 25. November 2019 in Kraft getreten ist. Das Gesetz umfasst die allgemein anerkannten Datenschutzgrundsätze und sieht einen Datenschutzbeauftragten vor.

Regularisierung der Vergangenheit in Kenia Das Voluntary Tax Disclosure Programme (VTDP) trat am 1. Januar 2021 in Kraft und gilt für einen Zeitraum von drei Jahren bis zum 31. Dezember 2023.48 Es bietet Steuerpflichtigen die Möglichkeit, bisher nicht offengelegte Vermögenswerte nachträglich zu deklarieren und die geschuldeten Steuern zu zahlen, ohne dass Strafzuschläge und Zinsen fällig werden. Das Programm zielt darauf ab, die Steuereinnahmen durch
eine verbesserte Einhaltung der Vorschriften zu erhöhen, indem mehr Steuerpflichtige in das Steuernetz aufgenommen werden. Erachtet die Steuerbehörde die im Antrag offengelegten Tatsachen als glaubhaft, wird der steuerpflichtigen Person ein Erlass der Zinsen und Strafen gewährt, die auf der Nachsteuer fällig sind (100%-Erlass, wenn die Offenlegung erfolgt und die Steuerschuld im ersten Jahr des Programms entrichtet wird, 50%-Erlass, wenn die Offenlegung erfolgt und die Steuerschuld im zweiten Programmjahr entrichtet wird, und 25%-Erlass, wenn die Offenlegung erfolgt und die Steuerschuld im letzten Programmjahr gezahlt wird).

Versäumt es die antragstellende Person jedoch, die wesentlichen Tatsachen in Bezug 48

kra.go.ke/en/helping-tax-payers/faqs/voluntary-tax-disclosure-programme.

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auf die gewährte Befreiung offenzulegen, kann die Steuerbehörde die Befreiung zurücknehmen, zusätzliche Steuern festsetzen oder eine Strafverfolgung einleiten.

6.

Marokko

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Marokko Marokko hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2022 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 21. Mai 2013 unterzeichnet und ist für Marokko seit dem 1. September 2019 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde am 1. September 2019 unterzeichnet. Die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit in Ausarbeitung.

Somit verfügt Marokko noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Marokko Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Marokko wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Das Sekretariat des Global Forum wird Marokko bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen, auch im Rahmen des AIA-Pilotprojekts. Das Pilotprojekt ist eine Partnerschaft zwischen Marokko, Frankreich und dem Sekretariat des Global Forum, um die Umsetzung des AIA in Marokko zu unterstützen.

Marokko hat kein FATCA-IGA mit den USA abgeschlossen und deshalb keine Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS durchlaufen.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im November 2016 das Vertraulichkeitsniveau im Steuerbereich in Marokko als weitgehend standardkonform (largely compliant) bewertet. Sämtliche Steuerabkommen, welche Marokko abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthalten das Steuergesetz und das Strafrecht weitere Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten. Die zweite Prüfungsrunde ist für das Jahr 2022 vorgesehen.

Marokko ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS und hat am 25. Juni 2019 die Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte unterzeichnet.

Der Schutz der Privatsphäre und des Datenschutzes ist in Marokko durch das Gesetz Nr. 09-08 vom 18. Februar 2009 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und das dazugehörige Durchführungsdekret Nr. 2-09165 vom 21. Mai 2009 (zusammen
das Datenschutzgesetz) gewährleistet. Das Gesetz bietet einen allgemeinen Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten, der den allgemein anerkannten Datenschutzstandards entspricht. Derzeit läuft ein Projekt zur Überarbeitung des nationalen Datenschutzgesetzes, um es weiter an globale Standards anzugleichen und den Schutz der persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger zu 31 / 40

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verbessern. Marokko hat auch das Übereinkommen des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV-Nr.

108) ratifiziert, wonach die Individualschutzrechte (Zugang zu den persönlichen Daten, Berichtigung und Löschung von persönlichen Daten, Widerspruch gegen die Weitergabe von persönlichen Daten) gewährleistet sein müssen.

Regularisierung der Vergangenheit in Marokko Eine Änderung des Finanzgesetzes von 2020 ermöglicht es, Steuerpflichtigen ihre steuerliche Situation zu bereinigen.49 Es geht dabei um die spontane Regularisierung von Vermögenswerten und Barmitteln, die vor dem 30. September 2019 unter Verletzung der Devisenvorschriften und der geltenden Gesetzgebung im Ausland gehalten wurden. Die Steuer beträgt 5 Prozent des Betrags der nach Marokko repatriierten liquiden Mittel in Fremdwährung, die auf Konten in Fremdwährung oder konvertierbaren Dirham eingezahlt werden. Die betroffenen Personen hatten eine Frist vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020, um ihre Erklärung abzugeben und die geschuldete Steuer zu zahlen. Dabei wurde von Zinsen und Strafsteuern abgesehen.

7.

Moldova

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Moldova Moldova hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 27. Januar 2011 unterzeichnet und ist seit dem 1. September 2012 in Kraft. Moldova hat die AIA-Vereinbarung am 25. September 2021 unterzeichnet. Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Moldova noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Moldova Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Moldova wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Moldova hat mit den USA ein FATCA-Model 2-IGA (nicht reziproker Informationsaustausch) abgeschlossen, welches am 21. Januar 2016 in Kraft getreten ist. Es liegen derzeit noch keine Ergebnisse der Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS vor.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im August 2021 keine wesentlichen Mängel in Bezug auf die Vertraulichkeit der Steuerdaten in Moldova festgestellt. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass Moldova über einen Rechts- und Regulierungsrahmen verfügt, der die Verfügbarkeit von, den Zugang zu und den Austausch von relevanten Informationen für Steuerzwe-

49

www.finances.gov.ma/Publication/db/2020/np-plfr2020-fr.pdf.

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cke weitgehend gewährleistet, dass dieser Rahmen jedoch in mehreren Bereichen verbesserungsbedürftig ist. Alle Steuerabkommen, welche Moldova abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthalten das Steuergesetz (Tax Code No. 1163-XIII, Art. 136 und 226) sowie das Gesetz über den öffentlichen Dienst und den Status der Beamten (Law no. 158/2008 on the Civil Service and the Status of the Civil Servant, Art. 57 und 58) weitere Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten.

Das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten ist in der Verfassung Moldovas verankert (Art. 28 der Verfassung; Recht auf Intim-, Familien- und Privatleben). Das Gesetz Nr. 133 vom 8. Juli 2011 über den Schutz personenbezogener Daten setzt die EG-Datenschutzrichtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr in moldawisches Recht um. Der Geltungsbereich umfasst alle personenbezogenen Daten, die im Hoheitsgebiet Moldovas verarbeitet werden bzw. ins Ausland übermittelt werden. Die Arbeiten für ein neues Datenschutzgesetz, das grösstenteils mit der DSGVO übereinstimmen würde, sind im Gange. Moldova hat auch das Übereinkommen des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV-Nr. 108) ratifiziert, wonach die Individualschutzrechte (Zugang zu den persönlichen Daten, Berichtigung und Löschung von persönlichen Daten, Widerspruch gegen die Weitergabe von persönlichen Daten) gewährleistet sein müssen.

Regularisierung der Vergangenheit in Moldova Am 27. Juli 2018 verabschiedete das moldawische Parlament das Kapitalamnestiegesetz, welches jeder Bürgerin und jedem Bürger Moldovas die Möglichkeit gab, bisher unversteuerte Vermögenswerte zu legalisieren, indem eine «Gebühr» von 3 Prozent des deklarierten Werts des Vermögens bezahlt werden musste. Zinsen oder Steuern wurden nicht erhoben und den Betroffenen wurde garantiert, nicht wegen Steuerhinterziehung für diese Vermögenswerte belangt zu werden. Das Kapitalamnestieprogramm wurde im März 2019 abgeschlossen. Seither richtet sich die Regularisierung von nicht deklarierten Vermögenswerten nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach die ausstehenden Steuern samt Zinsen nachzuzahlen sind und hohe Bussen fällig werden.

8.

Montenegro

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Montenegro Montenegro hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 3. Oktober 2019 unterzeichnet und ist für Montenegro am 1. Mai 2020 in Kraft getreten. Die AIA-Vereinbarung wurde noch nicht unterzeichnet. Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Montenegro noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

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Vertraulichkeit und Datensicherheit in Montenegro Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Montenegro wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Montenegro hat mit den USA ein FATCA-Model 1B-IGA (nicht reziproker Informationsaustausch) abgeschlossen, das am 28. März 2018 in Kraft getreten ist. Es liegen derzeit aber noch keine Ergebnisse der Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS vor.

In der ersten Prüfrunde des Informationsaustauschs auf Ersuchen konnte Montenegro nicht berücksichtigt werden, sodass weder Aussagen zur Standardkonformität der rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen Montenegros noch zur Umsetzung des Standards über den Informationsaustausch auf Ersuchen in der Praxis möglich sind. Diese Evaluationen sind für Montenegro in der zweiten Prüfrunde für das Jahr 2023 vorgesehen.

Montenegro ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS.

Das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten 79/08 und 70/09 (PDPL) ist die wichtigste Gesetzgebung, die die Verarbeitung personenbezogener Daten in Montenegro regelt. Das PDPL wurde nach dem Vorbild der EG-Datenschutzrichtlinie 95/46/EG erstellt und umfasst somit die wichtigsten allgemein anerkannten Datenschutzregeln. Das Gesetzgebungsverfahren zur Verabschiedung eines neuen PDPL, das grösstenteils mit der DSGVO übereinstimmen würde, ist im Gange.

Regularisierung der Vergangenheit in Montenegro Montenegro kennt kein spezifisches Programm zur Regularisierung der steuerlichen Vergangenheit auf der Grundlage einer freiwilligen Offenlegung. Die Regularisierung von nicht deklarierten Vermögenswerten richtet sich nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach die ausstehenden Steuern samt Zinsen nachzuzahlen sind und zusätzlich eine Busse fällig wird. Bei Steuerbetrug wird eine Strafverfolgung eingeleitet.

9.

Neukaledonien

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Neukaledonien Neukaledonien ist kein Mitglied des Global Forum, sondern gehört zu Frankreich, das die Peer Review dieses überseeischen Territoriums beantragt hat. Frankreich bzw.

Neukaledonien hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten (nicht reziproken) Informationsaustausch im Jahr 2020 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 27. Mai 2010 unterzeichnet und ist für Frankreich bzw. Neukaledonien seit dem 1. April 2012 in Kraft. Neukaledonien hat die AIA-Vereinbarung am 3. September 2020 unterzeichnet. Die nationale Umsetzungsgesetzgebung (Art. Lp. 920.9 Code des impôts de la Nouvelle-Calédonie) ist in Kraft getreten. Somit verfügt Neukaledonien über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen. Neukaledonien hat die Schweiz gegenüber der OECD bereits als AIA-Partner notifiziert.

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Neukaledonien ist nicht Teil der EU, sodass der AIA nicht über das Abkommen Schweiz-EU durchgeführt werden kann. Damit der AIA umgesetzt werden kann, muss Neukaledonien das MCAA unterzeichnen. Die Beteiligung Frankreichs dient lediglich dazu, dass der AIA auf der Grundlage bestehender Infrastrukturen rasch umgesetzt werden kann. Neukaledonien soll vorerst in nicht reziproker Weise am AIA teilnehmen, d. h. nur Daten an die Partnerstaaten übermitteln. Der Austausch Neukaledoniens soll operativ vollständig über die zuständige französische Behörde erfolgen (d. h. ohne Beteiligung der neukaledonischen Behörden).

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Neukaledonien Aus praktischen Gründen wird Neukaledonien für die Zwecke des AIA so behandelt, als falle es unter die französische Bewertung der Vertraulichkeit und der Datensicherheit vor dem Austausch. Das Global Forum hat im Rahmen der zweiten Runde der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im März 2018 das Vertraulichkeitsniveau im Steuerbereich in Frankreich als standardkonform (compliant) bewertet. Sämtliche Steuerabkommen, welche Frankreich abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht.

Zusätzlich enthalten das Steuerverfahrens- und das Strafrecht weitere Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten.

Neukaledonien hat kein FATCA-IGA mit den USA abgeschlossen und deshalb keine Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS durchlaufen.

In der ersten Prüfrunde des Informationsaustauschs auf Ersuchen konnte Neukaledonien nicht berücksichtigt werden, sodass weder Aussagen zur Standardkonformität der rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen Neukaledoniens noch zur Umsetzung des Standards über den Informationsaustausch auf Ersuchen in der Praxis möglich sind. Diese Evaluationen sind für Neukaledonien in der zweiten Prüfrunde für das Jahr 2023 vorgesehen.

Die Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés (CNIL) hat 2018 klargestellt, dass für Neukaledonien nicht die DSGVO gilt, sondern das Gesetz Informatique et Libertés vom 6. Januar 1978 in der Fassung vor dem 25. Mai 2018 anwendbar ist.

Dieses Gesetz enthält die vom europäischen Recht garantierten Datenschutzrechte.

Demgemäss ist in Neukaledonien ein umfassender
Datenschutz gewährleistet.

Regularisierung der Vergangenheit in Neukaledonien Es gibt derzeit kein Steueramnestie- bzw. Regularisierungsprogramm für bisher nicht deklarierte Vermögenswerte. Die steuerliche Bereinigung von nicht deklarierten Vermögenswerten richtet sich somit nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach zusätzlich zur ausstehenden Steuer eine Strafsteuer sowie Zinsen fällig werden. Bei schwerem Steuerbetrug wird eine Strafverfolgung eingeleitet.

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10.

Thailand

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Thailand Thailand hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 3. Juni 2020 unterzeichnet und ist für Thailand am 1. April 2022 in Kraft getreten. Die AIA-Vereinbarung wurde noch nicht unterzeichnet. Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Thailand noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Thailand Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Thailand wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Das Sekretariat des Global Forum wird die thailändische Steuerbehörde bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen.

Thailand hat mit den USA ein FATCA-Model 1A-IGA (reziproker Informationsaustausch) unterzeichnet, das noch nicht in Kraft getreten ist. Es liegen derzeit noch keine Ergebnisse der Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS vor.

In der ersten Prüfrunde des Informationsaustauschs auf Ersuchen konnte Thailand nicht berücksichtigt werden, sodass weder Aussagen zur Standardkonformität der rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen Thailands noch zur Umsetzung des Standards über den Informationsaustausch auf Ersuchen in der Praxis möglich sind. Diese Evaluationen sind für Thailand in der zweiten Prüfrunde für das Jahr 2023 vorgesehen.

Thailand ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS.

Der neue Personal Data Protection Act (PDPA) wird am 1. Juni 2022 in Kraft treten.

Die wichtigsten Grundsätze des PDPA sind stark von der DSGVO beeinflusst, jedoch mit einigen wichtigen lokalen Unterschieden. Das PDPA erkennt das Recht der betroffenen Personen an, zu kontrollieren, wie ihre personenbezogenen Daten von den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen erhoben, gespeichert, verarbeitet und weitergegeben werden; es liefert die gesetzlichen Grundlagen für die Verarbeitung personenbezogener Daten und schreibt die Pflichten und Verantwortlichkeiten der für die Datenverarbeitung Verantwortlichen vor. Die Datenschutzverpflichtungen
unter dem PDPA gelten generell für alle Organisationen, die personenbezogene Daten in Thailand oder von in Thailand ansässigen Personen erheben, nutzen oder weitergeben, unabhängig davon, ob sie nach thailändischem Recht gegründet oder anerkannt sind und ob sie in Thailand ansässig sind oder eine geschäftliche Präsenz haben. Dieser extraterritoriale Geltungsbereich des PDPA stellt eine erhebliche Ausweitung der thailändischen Datenschutzverpflichtungen dar, um alle Verarbeitungsaktivitäten in Bezug auf in Thailand ansässige Betroffene zu erfassen.

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Regularisierung der Vergangenheit in Thailand Thailand bot im Jahr 2017 seinen Steuerpflichtigen die Möglichkeit, im Ausland gelegene Vermögenswerte, die bisher nicht oder nicht vollständig deklariert worden sind, nachträglich offenzulegen. Die Betroffenen mussten bestimmte Kriterien erfüllen, um am Programm teilnehmen zu dürfen. Die nachträglich offengelegten Vermögenswerte wurden zu einem pauschalen Satz zwischen 15 und 20 Prozent besteuert, mit dem Zinsen und Bussen abgegolten sind. Mit Ausnahme von strafrechtlich relevantem Verhalten wurde von weiteren Strafen grundsätzlich abgesehen. Das Programm wurde 2018 beendet. Seither richtet sich die Regularisierung von nicht deklarierten Vermögenswerten nach dem ordentlichen Steuerverfahren, wonach die ausstehenden Steuern samt Zinsen nachzuzahlen sind und zusätzlich eine Busse fällig wird.

11.

Uganda

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in Uganda Uganda hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 4. November 2015 unterzeichnet und ist für Uganda am 1. September 2016 in Kraft getreten. Uganda hat die AIA-Vereinbarung am 25. September 2021 unterzeichnet. Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt Uganda noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in Uganda Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in Uganda wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

Das Sekretariat des Global Forum wird die ugandische Steuerbehörde bei der Umsetzung des AIA weiterhin mit technischer Hilfe unterstützen.

Uganda hat kein FATCA-IGA mit den USA abgeschlossen und deshalb keine Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS durchlaufen.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im November 2016 das Vertraulichkeitsniveau im Steuerbereich in Uganda als weitgehend standardkonform (largely compliant) bewertet. Sämtliche Steuerabkommen, welche Uganda abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthalten der Income Tax Act sowie der Tax Procedures Code Act Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten. Die zweite Prüfungsrunde ist für das Jahr 2023 vorgesehen.

Artikel 27 der ugandischen Verfassung garantiert das Recht auf Privatsphäre. Im Zuge der Umsetzung dieses Verfassungsrechts wurde im Jahr 2019 der Data Protection and Privacy Act erlassen, der den Schutz der Privatsphäre in der digitalen Welt garantiert.

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Das Gesetz konzentriert sich auf den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten durch die Regulierung ihrer Erhebung, Verarbeitung und Speicherung. Das Gesetz entspricht weitgehend dem britischen Datenschutzgesetz von 1998 und umfasst alle datenschutzrechtlich anerkannten Grundsätze.

Regularisierung der Vergangenheit in Uganda Die Uganda Revenue Authority (URA) hat am 16. Juli 2020 eine öffentliche Bekanntmachung über die freiwillige Offenlegung von Vermögenswerten veröffentlicht.50 Gestützt auf die Bestimmungen des Tax Procedures Code Act wird eine steuerpflichtige Person, die freiwillig bisher nicht deklarierte Vermögenswerte offenlegt, von der Zahlung fälliger Zinsen und Bussgelder befreit. Voraussetzung ist, dass seitens der URA noch keine Steuerprüfung angeordnet oder angedroht wurde. Die Selbstanzeige muss vollständig und korrekt sein, wobei auf frühere Ungenauigkeiten, unvollständig oder nicht gemeldete Vermögenswerte hinzuweisen ist. Die Vergünstigung entfällt, wenn nicht offengelegte Vermögenswerte im Rahmen der von der URA vorgenommenen intensiven Steuerkontrollmassnahmen aufgedeckt werden.

12.

Ukraine

Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen in der Ukraine Die Ukraine hat sich im Rahmen der OECD und des Global Forum zur Umsetzung des AIA mit einem ersten Informationsaustausch im Jahr 2023 verpflichtet. Das Amtshilfeübereinkommen wurde am 27. Mai 2010 unterzeichnet und ist seit dem 1. September 2013 in Kraft. Die AIA-Vereinbarung wurde noch nicht unterzeichnet.

Über die innerstaatliche Umsetzungsgesetzgebung ist derzeit nichts bekannt. Somit verfügt die Ukraine noch nicht über die für die Einführung des AIA auf der Basis des Amtshilfeübereinkommens und der AIA-Vereinbarung notwendigen Rechtsgrundlagen.

Es ist aufgrund der aktuellen Ereignisse unwahrscheinlich, dass die Ukraine den AIA ab 2023 wird umsetzen können. Solange die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine anhält, wird es nicht möglich sein, zu prüfen, ob die Ukraine die Voraussetzungen für die effektive Umsetzung des AIA erfüllt. Das EFD spricht sich dennoch dafür aus, den vorbereitenden Prozess auf Schweizer Seite weiterzuführen, und prüft die Situation laufend, um den AIA einführen zu können, wenn es die Situation wieder zulässt.

Vertraulichkeit und Datensicherheit in der Ukraine Die rechtlichen, administrativen und technischen Rahmenbedingungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit in der Ukraine wurden vom Expertenpanel des Global Forum noch nicht geprüft.

50

www.ura.go.ug/openFile.do?path=//webupload//upload//download//staticContent// TOPMENU//10303//10308_VOLUNTARY_DISCLOSURE_BROCHURE__ compressed.pdf

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Die Ukraine hat mit den USA ein FATCA-Model 1B-IGA (nicht reziproker Informationsaustausch) abgeschlossen, welches am 18. November 2019 in Kraft getreten ist.

Es liegen derzeit aber noch keine Ergebnisse der Vertraulichkeits- und Datensicherheitsprüfung des IRS vor.

Das Global Forum hat im Rahmen der Überprüfung des Informationsaustauschs auf Ersuchen im März 2021 keine wesentlichen Mängel im rechtlichen und regulatorischen Rahmen der Ukraine in Bezug auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit der erhaltenen Informationen festgestellt. Alle Steuerabkommen, welche die Ukraine seit 2016 abgeschlossen hat, beinhalten eine Vertraulichkeitsklausel, die jener des Musterabkommens der OECD entspricht. Zusätzlich enthält der ukrainische Tax Code (Art. 73.3) sowie das ukrainische Law On Banks and Banking Activities (Art. 62) weitere Vorschriften zum Schutz der Vertraulichkeit der individuellen Steuerdaten.

Die Ukraine ist Mitglied des Inclusive Framework on BEPS.

Die Ukraine verfügt über ein Datenschutzgesetz (Gesetz über den Schutz personenbezogener Daten Nr. 2297-VI vom 1. Juni 2010), das die Verarbeitung personenbezogener Daten regelt. Darunter fällt jede Handlung oder Kombination von Handlungen mit personenbezogenen Daten, einschliesslich deren Erhebung, Speicherung, Verwendung und Übermittlung. Der Geltungsbereich umfasst alle personenbezogenen Daten, die im Hoheitsgebiet der Ukraine verarbeitet werden (unabhängig davon, ob sie von einer ausländischen oder einer ukrainischen Stelle verarbeitet werden), sowie Datenübermittlungen aus der Ukraine. Die Ukraine hat auch das Übereinkommen des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV-Nr. 108) ratifiziert, wonach die Individualschutzrechte (Zugang zu den persönlichen Daten, Berichtigung und Löschung von persönlichen Daten, Widerspruch gegen die Weitergabe von persönlichen Daten) gewährleistet sein müssen.

Regularisierung der Vergangenheit in der Ukraine Am 15. Juni 2021 verabschiedete das ukrainische Parlament ein Gesetz, das gemeinhin als «Steueramnestiegesetz» bezeichnet wird51 und ein Programm zur freiwilligen Offenlegung bisher nicht deklarierter Einkünfte und Vermögenswerte einführt. Das Gesetz ist am 21. Juli 2021 in Kraft getreten. Steuer- und Devisenkontrollverstösse von teilnahmeberechtigten
Personen sind abgegolten, wenn sie die bisher nicht deklarierten Vermögenswerte unter Einhaltung des vorgegebenen Verfahrens ordnungsgemäss offenlegen. Die Amnestie ist auf den Zeitraum zwischen dem 1. September 2021 und dem 1. September 2022 begrenzt. Teilnahmeberechtigte Personen müssen nachträglich offengelegte Vermögenswerte zu einem Sondersteuersatz von 2,5 bis 11,5 Prozent regularisieren. Politisch exponierte Personen können sich nicht für das Steueramnestieprogramm anmelden. Aufgrund der seit dem 24. Februar 2022 andauernden militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine wird die Steueramnestie nicht wie geplant im vorgesehenen Zeitraum umgesetzt werden können.

51

Gesetz der Ukraine Nr. 1539-IX «Über die Änderung des Steuergesetzbuches der Ukraine zur Förderung der Regularisierung von Einkommen und zur Verbesserung der Steuerkultur der Bürger durch die Einführung einer einmaligen (besonderen) freiwilligen Offenlegung von Vermögenswerten durch natürliche Personen und die Zahlung einer einmaligen Steuer an den Haushalt» vom 15. Juni 2021.

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BBl 2022 1366

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