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Bundesrathsbeschluß betreffend

den Nachtzug Zürich-Genf.

(Vom 3. Mai 1889.)

Der schweizerische Bundesrath

hat gestutzt auf Art. 33 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, wonach diese verpflichtet sind, die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinandergreifender Fahrtenpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit zu führen; nach Einsicht eines Berichtes seines Post- und Eisenbahndepartementes vom 30. April 1889 (s. Beilage), beschlossen: 1. Es wird davon Vormerkung genommen, daß die Gesellschaft der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn vorläufig versuchsweise und auf die Dauer der Sommerfahrplanperiode 1889 diejenigen Züge führen wird, welche den Anschluß der zwischen Zürich und Genf verkehrenden Nachtzüge 1) an die nach 4 Uhr Morgens von Culoz wegfahrenden Schnell, züge) 2) an die zwischen 6 und 7 Uhr Abends vom Süden in Lyon eintreffenden Züge sichern.

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2. Das unter dieser Voraussetzung von den Verwaltungen der Nordostbahn, der Centralbahn und der Suisse Occidentale-Simplon vorgelegte Projekt betreffend die Führung der Nachtzugsverbindung von Zürich nach Genf mit Abgang von Zürich um 715 von Bern um 1055 Abends und in Genf um 245 Morgens wird genehmigt.

3. Die Nordostbahn wird ersucht: a. den um 480 von Romanshorn abgehenden Personenzug 16, b. den auf 5 25 projektirten Personenzug 166 ab Schaffhausen -- den erstem unter Festhaltung des Anschlusses von Zug 476 in S u lgen, den Zug 166 nöthigenfall mit einem um 10 bis 12 Minuten frühern Abgang -- so rechtzeitig nach Zürich zu bringen, daß der Anschluß auf den um 715 daselbst wegfahrenden Nachtzug gesichert ist, mit der Einladung an die Nordostbahn, die daraus folgenden Aenderungen namentlich für den Dienst zwischen Winterthur und Zürich dem Eisenbahndepartement mit aller Beförderung bekannt zu geben.

4. Die Nordostbahn wird eingeladen, den Zug 16 a (nach Aarau) nicht vor Ankunft des Zuges 18 in Zürich abzufertigen und den erstem alsdann mit einer der Fahrzeit des Zuges 8 a gleichkommenden Geschwindigkeit nach Aarau zu verbringen.

5. Die Centralbahngesellschaft ist eingeladen, den Zug N. 0. B.

16 a in Aarau abzunehmen und entweder unmittelbar nach Ölten zu führen oder denselben am Morgen zum Anschluß an ihren Zug 14 (ab 5,2., in Bern 740 fahren zu lassen.

6. Die Centralbahngesellschaft ist eingeladen, zu prüfen, ob nicht künftig der Zug 112 (722 ab Luzern) in Ölten oderin Aarburg täglich zum Anschluß an den Nachtzug gebracht werden könne.

B e r n , den 3. Mai 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Beilage swm, Bundesrathsbeschluss.

Bericht des

eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements an den schweizerischen Bundesrath vom 30. April 1889, betreffend den Nachtzug Zürich-Genf. .

' Tit.

Der Nachtzug vom Osten nach dem Westen der Schweiz wird gegenwärtig mit den nachstehenden Anschlüssen geführt: 1) Von Wien (81S) her über München 7 15 | und ab Romanshorn 2 2B > in Zürich 480 von Stuttgart (64B) her über Schaffhausen 28* J 2) Von Wien (8^) her über Buchs 3?5 Ì ab Chur 2 80 \ in Zürich 5B5 ,, Glarus 3BO J 3) ,, St. Gallen 4° in Zürich 622 4) - Romanshorn 4 28 Ì . ,,., . , _,, l Schaffhausen 5« }1D Zünch 7~ 5) ,, St. Gallen 5»B} 35 von München (II ) her über Romanshorn 6" \ in Züvich 8»£ von Stuttgart (l30) her über Schaffhausen 6*2 J Zürich ab 8» Bern 12?2 Genf 6° Genf ab 621 Personenzug nach Lyon 1229 und Marseille 11«

793 (Zwei Aüschlüsse in Zürich -- von Konstanz und Wald her -- sind von untergeordneter Bedeutung und kommen weiter nicht in Betracht.)

Unter der Voraussetzung, daß die Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn den Nachtzug in Genf abnehmen werde, haben die betheiligten schweizerischen Gesellschaften in den Fahrplanprojekten für den Sommer 1889 den Nachtzug mit der folgenden abgeänderten Fahrordnung aufgenommen: Zürich ab 7Ü> Bern an 10*1 ab 10Ë Genf an 2« die Nordostbahn allerdings mit dem Beifügen, daß sie der bisherigen Fahrordnung den Vorzug gebe und daß die Projekt vorläge ihrerseits nur in dem Sinne geschehen sei, die neue Zugslage in ihren Konsequenzen ersichtlich zu machen. Diese Konsequenzen sind, daß der Nachtzug die oben unter Ziff. 4 und 5 genannten Anschlüsse verlieren und dagegen um l Stunde 35 Min. näher an die unter Ziff. l, 2 und 3 verzeichneten Korrespondenzen gerückt werden wird.

Die Verwaltungen der Centralbahn und der Suisse Occidentaleund Simpioti dagegen geben der abgeänderten Fahrordnung den Vorzug, indem sie anführen, daß mit dieser dev Nachtzug eine ungleich ^erhöhte Bedeutung erhalten werde. Sie weisen darauf hin, daß die Nachtzüge zwischen dem Osten und dem Westen der Schweiz nur dann ihre volle Aufgabe zu erfüllen vermögen, wenn sie Mittelglieder einer nennenswerthen internationalen Verbindung seien.

Dieser Charakter fehle denselben gegenwärtig ; die urti 812 in Zürich eintreffenden Korrespondenzen seien nicht ersten Ranges ; der französische Zug, an welchen man in Genf anschließe und um dessen Willen man auf die Fahrt Zürich-Genf (290 km.) über 9 Stunden verwenden müsse, sei ein langsam fahrender Personenzug, der zu höchst ungeeigneter Zeit in den Verkehrszentren Südfrankreichs anlange. Wenn der Nachtzug eine rechte Bedeutung haben solle, so müsse derselbe einerseits (in Zürich) möglichst an den Arlbergschnellzug (Gruppe 2 oben) und anderseits (in Genf) an einen schnellfahrenden französischen Zug anschließen. Das · letztere sei der Fall, wenn "die Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn den nach Projekt um 2ü> daselbst anzubringenden Zug mit einem -- neuen -- Zug bis 4.2. nach Culoz fahre, von wo um 41* der Schnellzug nach Lyon (658), Marseille (323), und Paris (5*1), und um 5$!> ein Expreß nach Turin (535)

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abgehen. Nachdem die Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn sich bereit erklärt habe, den neuen Zug in dieser Weise nach Culoz zu fuhren, so müsse das geringere Interesse, welches in der Aufrechthaltung des Anschlusses für die Gruppen 4 und 5 in Zürich liege, zurückstehen, und könne übrigens mit etwelcher Beschleunigung die Zugsgruppe 4 noch so rechtzeitig daselbst eintreffen, daß ihr der Anschluß an den um 7ü> wegfahrenden Nachtzug gewahrt bleibe.

Mit dieser Abfahrt sei der weitere Vortheil verbunden, daß der um 8.2. in Basel abgehende Gotthardzug mit den Anschlüssen von Berlia 9*2 ,, Hamburg 10« ebenfalls direkte mit dem Nachtzug verbunden werden könne, womit für Norddeutschland eine neue Route durch die Schweiz eröffnet werde, welche der bestehenden Konkurrenzroute Über Paris überlegen sei.

Die Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn hat gegen die Zusicherung der Schweiz. Centralbahn und der Suisse Occidentale und Simplon-Bahn, 8 /5 an einem allfälligen Defizit auf dem zwischen Genf und Culoz einzulegenden neuen Zug zu übernehmen, sich anerboten, denselben versuchsweise für einmal im Sommer 1889 zu fahren und demselben direkte Wagen nach Basel oder Zürich mitzugeben. Sie ist ferner bereit, die Verbindungen auch in umgekehrter Richtung zu verbessern und wird zu diesem Zwecke auch zwischen Lyon und Ambérieux einen neuen (Schnell-) Zug verkehren lassen, mit Abgang um 62Ì in Lyon, welcher die um 622 und 622 aus dem Süden kommenden Züge noch aufnehmen und die mit denselben kommenden Reisenden und Briefe in Ambérieux dem wie bisher um 11£2 Pariser Zeit in Genf anlangenden Zug abgeben wird, welcher in dem um 1222 daselbst abgehenden und um 9 49 in Zürich ankommenden west-östlichen Nachtzug Fortsetzung findet. Bisher hatten die nach 6.2. aus dem Süden kommenden Züge keinen Anschluß mehr nach der Schweiz und blieben Reisende und Briefe bis am Morgen in Genf liegen, da der letzte Abendzug schon um 5*° von Lyon abgefertigt wurde.

Die Vergleichung der Fahrordnungen in beiden Richtungen und unter Mitberücksichtigung der bisher genannten extremen Punkte zeigt :

795 Mit der Mit der bisherigen vorgeschlagenen Fahrordniing -- ra :

I. Richtung Ost- West: 815 Ab Wien 645 und 113B ,, München 6 46 und -,80 ,, Stuttgart 30 4 , 555 und 82!

in Zürich 1220 ,, Bern 6° ,, Genf 1229 ,, Lyon 11« ,, Marseille ,. Turin .1122 410 ,, Paris

815 ß45

6 45

4 ao und 555

10ÎZ 2« g58

323 ^58 5*1

II. In der Richtung von Westen nach Osten verändern sich die Abfahrtszeiten von: Gegenwärtig.

Künftig.

Marseille 82° 10« Lyon 5*° 659 Nachdem vorher schon Schriftenwechsel stattgefunden, haben in der Fahrplankonferenz vom 23. April die Vertreter der Bahnverwaltungen die oben mitgetheilten Anschauungen wiederholt. Die Abordnungen der Regierungen von Thurgàu, Schaffhausen und Zürich haben mit der Ansicht der Nordostbahn sich einverstanden erklärt und Thurgau und Schaffhausen eventuell als mindestens wünschenswert!! bezeichnet, daß die eingangs unter Gruppe 4 erwähnten Züge vor Abgang des früher gelegten Nachtzuges nach Zürich gebracht und die Verfügungen des.Bundesrathes darauf gerichtet werden, daß die Zugsgruppe 5 am Abend jedenfalls noch bis Aarau resp. Ölten und damit zum Anschluß an den Vormittags 7 40 in Bern ankommenden Zug geführt werden. Unter der letztern Voraussetzung wäre auch Aargau mit der Frilherlegung des Nachtzuges einverstanden; Luzern verlangt für diesen Fall die tägliche Führung des Zuges 112 (Luzern ab 7:2) in der von der Centralbahn bloß für den Sonntag anerbotenen Fahrordnung, beziehungsweise den Anschluß desselben in Ölten oder in Aarburg an den Nachtzug.

Für den Fall der Ablehnung der frühern Abgangszeit des Uachtzuges Zürich-Genf hatten die Nordostbahn und die Vereinigten Schweizerbahnen anerboten, die mit Abgang in Chur 5*°, ,, G lar us 712

796 vorgesehenen Spätzüge Nr. 88 Vereinigte Schweizerbahnen und Nr. 58 Nordostbahn auch noch in den Nachtzug aufzunehmen, welcher alsdann zwischen 9!2 und 9*2 in Zürich abzufertigen wäre, -während die Abfahrt von Zug 88 in Chur auf 510 und diejenige des Zuges 58 in Glarus auf etwa 72i> vorgerückt werden müßte.

Die Abgeordneten der Kantone Glarus und Graubünden haben indessen erklärt, daß nach ihrer Ansicht ein Interesse für diese Züge, Anschluß auf den Nachtzug zu erhalten, nicht bestehe, und daß sie die Anregung jedenfalls ablehnen müßten, wenn damit irgendwelche Früherlegung der Züge 88 und 58 verbunden sein sollte.

Auch der Vertreter der Regierung von Zürich hält eine Aenderung in diesem Sinne nicht für nöthig oder wünschenswert!!.

St. Gallen würde sehr wünschen, daß die Abfahrt des. Nachtzuges in Zürich auf 852 fixirt bliebe, damit der künftig erst um 622 dort abgehende Zug Nr. 14 noch Anschluß erhielte; eventuell werde man sich mit dem Anschluß von Zug 12 ((wie bisher 4° ab St. Gallen) begnügen müssen, zumal damit der Vortheil einer kurzern Wartezeit in Zürich verbunden sei.

Die Abordnungen der Regierungen von Genf, Basel, Bern und nachträglich auch von Waadt dagegen sind mit aller Bestimmtheit für die Neuerung eingetreten. Es handle sich darum, dem internationalen Verkehr zwischen dem Osten und dem Norden einerseits und dem Westen anderseits einen annehmbaren und konkurrenzfähigen Weg durch die Schweiz zu öffnen und aus dem Zustand der Inferiorität herauszutreten, in welchem die schweizerischen Eisenbahnverbindungen in dieser Richtung sich befinden.

Uebrigens werde die vorgeschlagene Neuerung auch vom Standpunkt ·des internen Verkehrs aus zu begrüßen sein, da sie eine weit annehmbarere Spätverbindung nach Bern, Lausanne und Genf abgebe, als der bisherige Nachtzug gewesen sei. Für die besondern Bedürfnisse der Ostschweiz mögen die Verwaltungen in der von
Gegenüber dem Verhalt der Nordostbaha, daß man mit dem Gewinn des Anschlusses nach Westen auf ebenso werthvolle Anschlüsse aus dem Osten verzichte, wurde daran erinnert, daß die Nordostbahn selbst früher diese letztern Anschlüsse als für den Abendverkehr über Zürich hinaus unerheblich bezeichnet habe.

Nachdem durch die Erklärungen der Herren Abgeordneten ·der betheiligten Kantonsregierungen der eventuelle Anschluß der letzten Züge ab Chur und Glarus an den Nachtzug beseitigt ist, bleibt nur die Frage zu erörtero,

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ob man bei der gegenwärtigen Fahrordnung verbleiben oder die in den Fahrplanprojekten angegebene neue Fahrordnung aceeptiren wolle.

Als im Jahr 1883, angesichts der bevorstehenden Eröffnung der Arlbergbahn, die Führung der Arlbergzüge über Zürich hinaus in Besprechung lag und die Forderung von Nachtzügen zwischen Zürich und Genf damit verbunden wurde, -haben die Bahnverwaltungen und mit ihnen insbesondere auch die Nordostbahn jedem andern Vorschlag gegenüber darauf bestanden, d a ß n u r s o l c h e N a c h t , Z u g s v e r b i n d u n g e n l e b e n s f ä h i g seien, w e l c h e als Mittelglieder i n t e r n a t i o n a l e r Schnellz ü g e e i n e n ne u en Ve r k e h r a n z u z i e h e n vermögen, und es ist auf einen Vorschlag des Eisenbahndepartements, die Nachtzüge Zürich-Genf für einmal von etwa 9° Abends bis 5° Morgens von Zürich nach Genf und ,, ,, 10» B ^ Genf B 6o B B Zül.ich verkehren zu lassen, von der im Namen der interessirten Gesellschaften handelnden Direktion der Vereinigten Schweizerbahnen vom 14. Dezember 1883 dem Eisenbahndepartement die folgende Antwort geworden: ,,Bei Prüfung der Frage, in welcher Weise allfällig zwischen Wien und Paris beziehungsweise Marseille via Arlberg-Buchs-Zürich am zweckmäßigsten und im Vergleich zu der deutschen Route in konvenabelster Weise Schnellzüge geführt werden können, hat sich ergeben, daß sie circa 6 */2 Uhr A b e n d s von Z ü r i c h n a c h beiden R i c h t u n g e n nach Basel und Genf abzugehen und im Rückweg von beiden Richtungen her circa 10 Uhr Vormittags in Zürich einzutreffen, beziehungsweise von dort nach dem Osten abzugehen hätten. Es würde sich also darum handeln, zwischen Bern und Genf eine Verbindung herzustellen, welche mit A b g a n g in Bern circa 11 Uhr Abends und A n k u n f t d a s e l b s t von G e n f he r e t w a u m 5 V* U h r M o r g e n s die u n u n t e r b r o c h e n e F o r t s e t z u n g nach und von 'Lyon u n d M a r s e i l l e sichern würde. D a m i t w ü r d e z u g l e i c h e i n e nach unserer A n s i c h t weit zweckm-äßigere N a c h t zu g V e r b i n d u n g zwischen der Ostschweiz und Genf geschaffen, als diejenige wäre, welche das Departem e n t v o r g e s c h l a g e n hat. Bndlich würden mit dem von den Verwaltungen empfohlenen Zug entsprechende Verbindungen von Lindau und weiter hergestellt."
Von diesem Standpunkt aus sind dann die Verbindungen ZürichBasel und weiter geregelt worden, und es hat noch Niemand darüber Bundesblatt. 41. Jahrg. Bd. II.

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sich beklagt, daß der Abgang des Basler Schnellzugs von Zürich um 635 zu früh sei oder daß die Vernachläßigung der um 852 in Zürich ankommenden Korrespondenzen ein erheblicher Mangel wäre.

Auf demselben Standpunkt haben die Bahnen auch bezüglich der Richtung nach Genf beharrt und zwar 1883 mit dem Erfolg, daß, nachdem die Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn die Herstellung der ununterbrochenen Schnellzugsverbindung ab Genf verweigerte, der Bundesrath die Angelegenheit für einmal wieder fallen ließ.

Als dieser infolge der Aufträge der Bundesversammlung im Jahre 1886 die Frage der Nachtzüge wieder aufnahm, begegnete er derselben Stellung der Eisenbahngesellschaften von Neuem, und es muß zugestanden werden, daß die nun den Bahnen zwangsweise auferlegten Nachtzüge wohl für den Postverkehr ausgiebig benutzt wurden, einen erheblichen Reisen den verkehr aber immer noch nicht aufweisen. Auch die öffentliche Meinung, zumal in der Ostschweiz, nahm im Sinne der Erstellung der von den Gesellschaften gezeigten Züge Partei. So ist u. A. in der .,,Neuen ZürcherZeitung" die folgende Einsendung zu lesen gewesen: ,,Die t des Kantons Zürich hat sich seit Jahren bemüht, es dahin zu bringen, daß zwischen Zürich und Lyon eine Eisenbahnverbindung über Nacht zu Stande komme, damit die großen Käufer von Paris, London und New-York, die so oft nach Lyon gehen, Veranlaßung finden, gleichzeitig unsern Platz zu besuchen. So lange sie nur am Tage zwischen den beiden Plätzen fahren konnten, besuchten sie Zürich nur je das dritte bis sechste Mal, weil sie volle vierundzwanzig Stunden ganz verloren, durch die Reise hieher oder von hier nach Lyon."

,,Nun haben wir endlich, Dank der Energie des Hrn. Bundesrath Welti, diese Nachtzüge bekommen, aber leider sind sie, anstatt für unsere Industrie, gegen dieselbe eingerichtet. Zwar kann der Käufer wohl Abends 540, da seine Geschäfte für den Tag so wie so zu Ende, Lyon verlassen und Morgens 9 49 in Zürich eintreffen, also, wenn's pressirt (und diesen Leuten pressirt's immer!), um zehn Uhr an die Geschäfte gehen, aber in umgekehrter Richtung paßt der Nachtzug ihm durchaus nicht. Er muß nämlich bis 8 45 Abends in Zürich sitzen. Das ginge noch an ; ein Geschäftsmann weiß sich immer zu beschäftigen, aber er kommt erst um ein Uhr Nachmittags in Lyon an. Was will er dann noch anfangen, besonders im
Winter? Veranlaßung zu diesen Zeilen gab uns ein bedeutender Käufer, der kürzlich hier war und uns die ironische Bemerkung machte : ,,Ihr Schweizer seid doch schlaue Leute, Ihr gebt Euch ungeheure Mühe, Nachtzüge einzurichten, sorgt dann

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aber ja dafür, daß wir Käufer erst nach Lyon gehen, da kaufen und, wenn; wir nach Zürich kommen, keine rechte Lust mehr haben, viel zu erwerben. Wir können ja gar nicht anders reisen; denn der Nachtzug von hier nach Lyon ist für uns so zu sagen absolut unbrauchbar."

,,Da das Wohl und Wehe der Seidenindustrie nicht bloß die Fabrikanten, sondern, wie männiglich bekannt, das ganze Land berührt, so erscheint es uns sehr gerechtfertigt, diesen Nothschrei um bessere Einrichtung des Nachtzuges nach Lyon an die Adresse der Kantonsregierung und die Bundesbehörden hiermit ergehen zu lassen.a Aehnliche Bemerkungen wurden dem Eisenbahndepartement auch brieflich gemacht; dasselbe hat sich aber darauf beschränken müssen, zu konstatiren, daß die gewünschten Verbesserungen von dem guten Willen einer auswärtigen Verwaltung abhangen. Und der Bund selbst hat der unangenehmen Thatsache der ungenügenden Frequenz der Nachtzüge dadurch Rechnung getragen, daß er im Jahr 1887 der am meisten belasteten Gesellschaft der Suisse-Occidentale undSimplon-Bahn eine Subvention zusprach, welche im laufenden Jahre noch mit Fr. 50,000 ausbezahlt wurde.

Das Departement glaubte, die Gelegenheit, welche in neuerer Zeit sich bot, zu Verhandlungen mit der Direktion der Paris-LyonMittelmeer-Bahn im Sinne der Verbesserung der Anschlüsse von und nach Südfrankreich benutzen zu sollen, und es war sich dasselbe, als diese Verhandlungen zu dem gewünschten Ziele führten, allgemeiner Zustimmung gewärtig. Das Departement war wirklich sehr überrascht, nun hören zu müssen, daß vom Standpunkt des internen Verkehres aus Einsprache erhoben wurde.

Das Departement ist indessen ferne davon, dieser Einsprache jede Berechtigung abzusprechen. Es ist ja gewiß richtig, daß ein Abgang eines Sammelzuges von Zürich um 852 in der Richtung nach Genf manchen Interessen dient, und daß jede Aenderung dieses Dienstes einmal bestehende Gewohnheiten stört. Nur da hält das Departement die Einsprache nicht für begründet, wo diese darauf gestützt wird, daß die Aufrechterhaltung der Korrespondenz für die Gruppe 5 gleichwertig wäre der Verbesserung, welche mit Benutzung der von der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn anerbotenen Verbesserungen erzielt werden können, sofern diese den Anschluß an Züge ersten Ranges gestatten, was jene nicht sind, die um 8üH in Zürich anlangen.

Dagegen gesteht das Departement der Forderung Berechtigung zu, daß die Züge der Gruppe 4 vor Abgang jeden Nachtzuges nach

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Zurich gebracht werden, und daß der letzte Zug nach Aarau-Olten nicht vor Ankunft der Gruppe 5 von Zürich abgefertigt werden soll.

Ebenso wäre es wUnschenswerth, daß Zug 112 (ab Luzern 7Ü) nicht bloß am Sonntag, sondern täglich, und zwar in Ölten oder in Aarburg, zum Anschluß an den Nachtzug gebracht wird. Die CentralbaliQ wendet aber ein, daß dieser Zug damit dem Güterdienst entfremdet werde, dem er in erster Linie zu dienen bestimmt sei, und es wird wenigstens für dießmal dieser Einrede Rechnung getragen werden müssen und übrigens audi können, da Zug 10 a (ab Luzern 4*5, in Ölten 6^8) einen guten Anschluß an die um 822 und 92* in Bern anlangenden Züge und damit aucli an den Nachtzug hat.

Wir resümiren : Durch die Zugeständnisse der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn und die in den Fahrplanentwürfen der Nordostbahn, Schweizerischen Centralbahn und Suisse-Occidentale- und Simplon-ßahn für den Sommer vorgeschlagene Fahrordnung' des Nachtzuges Zürich-Genf ist das Programm erfüllt, welches in den Jahren 1883 und 1886 von den Bahnverwaltungeu als Grundlage für einen sowohl mit den Interessen des Verkehrs als mit denen der Gesellschaften im Eiuklang stehenden Nachtzug aufgestellt worden, und das damals nui' deßhalb nicht zur Ausführung gelangt ist, weil die Weigerung der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn, durch Einlegung neuer Züge die erforderlichen Fortsetzungen ab Genf zu sichern, entgegenstand. Die Abfahrt des Zuges nach Genf um 712 (statt 6*/2 Uhr) darf, und die Verbindung dieses Zuges in Ölten mit dem Gotthardzug muß als eine erhebliehe Verbesserung bezeichnet werden.

Für die Bedürfnisse des Lokalverkehrs kann durch Modifikation der Züge Nordostbahn 16, 166 und 16 a Vorsorge getroffen werden.

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Bundesrathsbeschluß betreffend den Nachtzug Zürich-Genf. (Vom 3. Mai 1889.)

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