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Schweizerisches Bundesblatt.

4l. Jahrgang. HL

Nr. 24.

1. Juni 1889.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend Aufnahme eines Zusatzes zu Art. 3 der internationalen PhylloxeraUebereinkunft.

(Vom 22. Mai 1889.)

Tit.

Nach Artikel 3 der internationalen Phylloxéra-Uebereinkunft vom 3. November 1881 werden Setzlinge, Gesträuche und alle ändern Vegetabilien außer der Rebe, welche aus Pflanzschulen, Gärten oder Treibhäusern kommen, u. A. nur dann zum internationalen Verkehr zugelassen, wenn die Unverdächtigkeit der einzelnen Sendungen durch eine Bescheinigung der kompetenten Behörde des Herkunftslandes dargethan wird. Aus dieser Bescheinigung hat wesentlich hervorzugehen, daß die Ursprungsanlage nebst der dieselbe in einem Umkreise von wenigstens 20 Meter umschließenden Bodenfläche keine Rebe enthält und -- im Falle früherer Heimsuchung durch die Phylloxéra -- während eines dreijährigen Zeitraumes mit voller Wirkung desinfizirt worden ist.

In Artikel 9, Ziffer 6 der Uebereinkunft haben sich sodann die Vertragsstaaten verpflichtet, auf dem Laufenden gehaltene Listen derjenigen Anlagen etc., welche regelmäßigen Untersuchungen unterworfen und amtlich als den Vorschriften der Uebereinkunft entsprechend erklärt werden, herzustellen und sich gegenseitig mitzutheilen.

, Unter Berufung hierauf eröffnete uns die deutsche Regierung mittelst Note ihrer Gesandtschaft vom 20. Februar 1888, daß die Bundesblatt. 41. Jahrg. Bd. III.

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98 vorerwähnten Bestimmungen deutscherseits von jeher in dem Sinne?

gedeutet und gehandhabt worden seien, daß die Aufnahme einer gärtnerischen Anlage etc. in jene amtlichen Verzeichnisse den Besitzer solcher Anlagen von der mit erheblichen Kosten und Umständen verknüpften Beibringung behördlicher Unverdächtigkeitszeugnisse für die einzelnen zur Ausfuhr bestimmten Pflanzensendungen befreien solle, weil sonst die -- mindestens gleiche Gewähr bietende -- Herstellung und Veröffentlichung der Verzeichnisse Werth und Bedeutung überhaupt nicht haben würde.

Die deutsche Regierung theilte ferner mit, daß sie behufs Herbeiführung einer übereinstimmenden Handhabung der Uebereinkunft in fraglicher Beziehung mit den übrigen Vertragssiaaten bereits in einen Meinungsaustausch getreten sei und daß nach dem Ergebniß desselben sachliche Bedenken von keiner Seite dagegen erhoben worden seien, daß den in Art. 9, Ziff. 6, der Uebereinkunft vorgesehenen Verzeichnissen der deutscherseits gegebene Sinn beigelegt werde. Dagegen sei eine Meinungsverschiedenheit darüber entstanden, ob man zu der entsprechenden Handhabung der Uebereinkunft bereits auf dem Wege der Interpretation gelangen könne, oder ob es hiezu einer formellen Deklaration oder Abänderung der Konvention bedürfe. Die mehrgenannte Regierung beantragte, den zweitgedachten Weg der formellen Deklaration zu betreten und unterbreitete zu diesem Behufe uns, als der in Art. 13 der Uebereinkunft vorgesehenen Vermittlungsstelle zwischen den Vertragsstaaten, den nachstehenden Entwurf einer bezüglichen Deklaration, welcher die Vereinbarung einer entsprechenden zusätzlichen Vorschrift zu Art. 3 der Konvention vorschlägt:

Deklaration.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten der an der internationalen Reblauskonvention vom 3. November 1881 betheiligten Regierungen sind übereingekommen, dem Art. 3 der gedachten Konvention folgenden Zusatz als Absatz 3 hinzuzufügen : ,,In dem Verkehr zwischen den Vertragsstaaten bedarf es der in Absatz 2 vorgesehenen Bescheinigung der zuständigen Behörde des Ursprungslandes hinsichtlich derjenigen Pflanzensendungen nicht, die aus einer Anlage stammen, welche in die nach Art. 9, Ziff. 6, der Konvention veröffentlichten Verzeichnisse aufgenommen ist.10 Mit der Absicht, in der Angelegenheit eine Verständigung herbeizuführen, haben wir den Regierungen der übrigen Vertragsstaaten den Vorschlag der deutschen Regierung zur Prüfung und Ent-

99 Schließung unterbreitet und dieselben gemäß einem von Deutschland ausgesprochenen Wunsche eingeladen, im Interesse thunlichst rascher Behandlung gegebenen Falls mit der zustimmenden Rückäußerung die Bezeichnung der mit dem Abschluß des SpezialÜbereinkommens betrauten Bevollmächtigten zu verbinden.

Die Regierungen sämmtlicher Vertragsstaaten haben sich mit dem von Deutschland proponirten Vorgehen einverstanden erklärt.

Auf unsere Einladung hin haben sich sodann die Bevollmächtigten der Schweiz, von Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Frankreich, Italien, der Niederlande und von Portugal am 15. April d. J.

in Bern versammelt und im Bundesrathhause daselbst die vorgeschlagene Zusatzerklärung zu Art. 3 der Konvention, sowie ein Protokoll unterzeichnet, in welch' letzterem der Beitritt von Luxemburg und Serbien verurkundet und unsere Behörde ersucht wird, sich zu erkundigen, wann die Erklärung in den verschiedenen Staaten vollziehbar werden wird und sodann das Datum ihres Inkrafttretens für das ganze Gebiet der Union zu notifiziren.

Wir haben daraufhin den Vorschlag gemacht, die fragliche Erklärung auf 1. Juli nächsthin in Vollziehung zu setzen und die Mittheilung von deren Inkrafttreten als Austausch der Ratifikationen gelten zu lassen.

Es erübrigt uns noch, an dieser Stelle zu erwähnen, daß allseitig als selbstverständlich und als sich aus der angenommenen Fassung ergebend erachtet wurde, daß die auf Grund der Zusatzbestimmung von der Beibringung der Ursprungsbescheinigung befreiten Pflanzensendungen jedenfalls mit der in Art. 3, AI. 2, der Konvention geforderten Erklärung des Absenders (s. Schlußprotokoll der Konvention) nach wie vor versehen sein müssen.

Behufs Vermeidung jeder Zweideutigkeit hat die belgische Regierung anläßlich ihrer Beitrittserklärung hierauf ausdrücklich aufmerksam gemacht.

In dieser Weise hat sich die von Deutschland ausgegangene Anregung entwickelt. Es ist nicht zu verkennen, daß die auf Grund derselben getroffene Vereinbarung eine nicht unwesentliche Erleichterung des internationalen Verkehrs mit den mehrgenannten Vegetabilien in sich schließt. Ist auch die Ausfuhr der daherigen Erzeugnisse aus der Schweiz nicht gerade eine sehr bedeutende, so kommen doch immerhin die aus der Uebereinkunft erwachsenden Vortheile einigen wenigen Exportfirmen zu gute und es konnte

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somit schon deßhalb für uns keiu Grund vorliegen, gegenüber dem allgemeinen Wunsche eine ablehnende Haltung einzunehmen. Eine solche wäre übrigens auch grundsätzlich ungerechtfertigt gewesen, indem, wie Sie den vorstehenden Ausführungen entnehmen wollen, die Abmachung vollständig dem Sinn und Geiste des Uebereinkommens selbst entpricht. Gerade deßhalb hätte dieselbe vielleicht auch ohne Weiteres auf dem einfacheren Wege der Interpretation getroffen werden können. Angesichts des Umstandes jedoch, daß seitens des antragstellenden Staates von dieser Art der Behandlung Umgang genommen werden wollte und daß nunmehr in aller Form die Aufnahme eines Zusatzes in die s. Z. von Ihnen genehmigte Konvention vom Jahre 1881 in Frage steht, sind wir in die Lage versetzt, Ihnen die nachträgliche Uebereinkunft mit dem Gesuche um Ratifikation derselben zu unterbreiten.

Wir beantragen Ihnen daher die Annahme des nachstehenden Bundesbeschlusses und benutzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. Mai 1889.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident: Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

101 (Entwurf)

Bundesbeschlnß betreifend

die Aufnahme eines Zusatzes zu Artikel 3 der internationalen Phylloxera-Uebereinkunft.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 22. Mai 1889, beschließt: 1. Der unterm 15. April 1889 in Bern zwischen der Schweiz, Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal, Luxemburg und Serbien vereinbarten Erklärung betreffend Aufnahme eines Zusatzes zu Artikel 3 der internationalen Phylloxera-Uebereinkunft vom 3. November 1881 wird die Ratifikation ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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Erklärung.

Die unterzeichneten, zu diesem Zwecke in gehöriger Form Bevollmächtigten sind übereingekommen, dem Artikel 3 der internationalen Phylloxéra - Uebereinkunft als drittes Alinea folgenden Zusatz beizufügen : ,,In dem Verkehr zwischen den Vertragsstaaten bedarf es der in Absatz 2 vorgesehenen Bescheinigung der zuständigen Behörde des Ursprungslandes hinsichtlich derjenigen Pflanzensendungen nicht, die aus einer Anlage stammen, welche in die nach Art. 9, Ziffer 6 der Konvention veröffentlichten Verzeichnisse aufgenommen ist.tt So geschehen zu B e r n , den 15. April

1889.

(Sig.) Droz.

(Sig.) 0. v. Bülow.

(Sig.) Seiller.

(Sig.) Jooris.

(Sig.) de Diesbach.

(Sig.) Peiroleri.

(Sig.) van Wickevoorth-Crommelin.

(Sig.) von Ernst.

Note. Luxemburg und Serbien haben dieser Erklärung schriftlich ihre Zustimmung ertheilt, wovon in einem Spezialprotokoll Vormerkung genommen worden ist.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend Aufnahme eines Zusatzes zu Art. 3 der internationalen Phylloxera-Uebereinkunft. (Vom 22. Mai 1889.)

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01.06.1889

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