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Schweizerisches Bundesblatt.

4l. Jahrgang. III.

Nr. 36.

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24. August 1889.

Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidg. Stände, betreffend die Nationalität und den Militärdienst von Personen, welche in Frankreich geboren sind und von schweizerischen Eltern abstammen.

(Vom 13. August 1889.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Mit Kreisschreiben vorn 8. Januar 1875 (Bundesblatt von 1875, Bd. I, pag. 40 u. ff.) haben wir Ihre Aufmerksamkeit auf gewisse Aenderungen in der französischen Gesetzgebung betreffend die N a t i o n a l i t ä t u n d d e n M i l i t ä r d i e n s t v o n Personen gelenkt, welche in Frankreich geboren sind und von ebenfalls dort gebornen Eltern abstammen.

Nun haben die französischen Kammern soeben zwei die Frage der Nationalität und die Frage der Rekrutirung beschlagende Gesetze erlassen, welche das französische bürgerliche Gesetzbuch und die späteren Gesetze über den Erwerb der französischen Nationalität und folgeweise die Stellung der in Frankreich geborenen Kinder schweizerischer Eltern wesentlich modifiziren.

Wir beeilen uns, Ihnen mitfolgend einige Exemplare des Kreisschreibens zugehen zu lassen, welches wir in dieser Sache durch unser Departement des Auswärtigen an unsere Konsulate in Frankreich und Algerien richten, ebenso den Text der hauptsächlich in Betracht fallenden Bestimmungen der genannten Gesetze.

Es würde sich unseres Erachtens empfehlen, wenn Sie diesen Aktenstücken die weiteste Verbreitung gäben.

Bundesblatt. 41. Jahrg. Bd. III.

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1064 Gerne benutzen wir im Uebrigen den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Bern, den 13. August 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident:

Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Beilagen.

Das scbweizerisclie Departement des Auswärtigen an

sämmtliche schweizerische Konsulate in Frankreich und Algerien, Herr Konsul !

Nachdem Frankreich soeben seine Gesetzgebung betreffend die Fragen der Nationalität und der Rekrutirung wesentlich abgeändert hat, beehren wir uns, Ihnen mitfolgend . . . Exemplare einer Zusammenstellung der hier hauptsächlich in Betracht fallenden neuen Gesetzesbestimmungen zugehen zu lassen, damit Sie im Stande seien, Ihren Schutzbefohlenen thunlichst genaue Auskunft zu ertheilen.

Wir ersuchen Sie, ein Exemplar in großem Format in Ihrem Amtslokal anzuschlagen und dafür zu sorgen, daß Gleiches auch in den Vereinigungslokalen der Schweizergesellschaften Ihres Konsularbezirks geschehe.

I. Sie werden der Beilage entnehmen, daß die Angehörigen der zweiten Generation, d. h. P e r s o n e n , w e l c h e in F r a n k -

1065 reich geboren sind und gleichzeitig von einem Vater a b s t a m m e n , d e r e b e n f a l l s d o r t g e b o r e n ist, v o n d e r französischen Gesetzgebung ohne Ausnahme als Franzosen erklärt werden, ohne daß ein Wahlrecht Platz griffe.

II. Was Personen betrifft, welche zwar in Frankreich geboren sind, aber von schweizerischen Eltern abstammen, welche nicht in Frankreich geboren wurden, so macht die neue französische Gesetzgebung einen Unterschied, je nachdem dieselben zwischen dein zurückgelegten 21. und zurückgelegten 22. Altersjahre in Frankreich domizilirt sind, oder nicht.

1) Was die ersteren anbelangt, d.h. d i e j e n i g e n Personen, welche, von s c h w e i z e r i s c h e n Eltern a b s t a m m e n d , in Frankreich geboren und dort zwischen dem vollend e t e n 21. u n d d e m v o l l e n d e t e n 22. A l t e r s j a h r d o m i li zi r t s i n d , so sind sie Franzosen, wenn sie sich rekrutiren lassen, ohne sich auf ihre Eigenschaft als Landesfremde als Befreiungsgrund zu berufen, und ebenso wenn sie, so lauge sie im 22. Altersjahre stehen, die französische Nationalität nicht ausdrücklich ablehnen, indem sie einen in gehöriger Form ausgestellten Ausweis ihrer heimatlichen Regierung über ihre Nationalität, sowie, auf gestelltes Verlangen, eine Bescheinigung darüber beibringen, daß sie ihrer Militärpflicht in der Schweiz Genüge gethan haben.

Wir haben Grund, zu glauben, daß ein Immatrikulationszeugniß des nächst residirenden schweizerischen Konsuls diese Ausweise zu leisten ausreichend sein dürfte, und daß ein Kreisschreiben der französischen Regierung diese Fragen demnächst klarstellen wird.

2) Was die letzteren anbelangt, d.h. P e r s o n e n , w e l c h e , von schweizerischen Eltern a b s t a m m e n d , in Frankreich zwar geboren, aber dort zwischen dem vollend e t e n 2 1 . u n d d e m v o l l e n d e t e n 22. A l t e r s j ä h r n i c h t d o m i z i l i r t s i n d , so werden sie Franzosen, wenn sie sich rekrutiren lassen, ohne sich auf ihre Eigenschaft als Landesfremde als Befreiungsgrund zu berufen ; aber es geniSgt, damit sie von Frankreich als Landesfremde behandelt werden, dies anläßlich dei- Aufstellung der Volkszählungslisten zu thun ; jene Personen haben also nicht nöthig, in dem Zeitraum zwischen dem 21. und 22. Jahre eine ausdrückliche Erklärung in dem
Sinne abzugeben, daß sie nicht Franzosen werden wollen. Auf der ändern Seite liegt eine Gefahr in Art. 13 des Rekrutirungsgesetzes, wenn er von Ortsvorstehern, welche nicht einsehen, daß der Gesetzgeber ausschließlich Franzosen im Auge hat, nach seinem strikten Wortlaut angewendet werden wollte, sofern er vorschreibt, daß auch außerhalb Frank-

10R6 reichs domizilirte junge Leute auf die Aushebungsliste gebracht werden können, wenn ihr Vater, ihre Mutter, oder ihr Vormund in Prankreich domizilirt ist; es erscheint daher geboten, dafür zu sorgen, daß junge Schweizer gestrichen werden, so wie sie Frankreich verlassen, ansonst sie Gefahr laufen, ohne ihr Wissen der französischen Armee zugetheilt zu werden, und zwar gerade in dem Zeitpunkt, wo ein großer Theil derselben, nachdem er mit 20 Jahren das Alter der Mehrjährigkeit in der Schweiz erreicht, hier auch seiner Militärpflicht genügt hat.

3) Es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß das Gesetz betreffend die Nationalität nicht sagt, vor welcher Behörde die Erklärung abzugeben ist, welcher Nationalität man angehören wolle oder nicht. Eine Verordnung, welche gegenwärtig beim französischen Staatsrathe in Vorbereitung liegt, wird vorschreiben, daß die daherigen Erklärungen nicht mehr, wie bisher, vom Ortsvorsteher (Maire), sondern vom Friedensrichter entgegenzunehmen seien ; dieser wird sie in doppelter Ausfertigung dein Justizministerium einsenden, welches ein Doppel dem Interessenten zustellen lassen wird, nachdem auf Grund einer vorgängigen Prüfung die Eintragung in's Centralregister stattgefunden hat.

Erklärungen von außerhalb Frankreichs sich aufhaltenden Personen können von den französischen diplomatischen oder Konsularagenten entgegengenommen werden ; sie können auch durch, mit gehörig beglaubigter Vollmacht versehene, Spezialbevollmächtigte abgegeben werden.

Die Endabstimmung über die beiden Gesetze betreffend die Nationalität und die Rekrutirung scheint mit einer gewissen Ueberstürzung vorgenommen worden zu sein, da in dem erstem, welches vom 26. Juni datirt, das Gesetz vom 16. Dezember 1874, betreffend die in Frankreich geborenen, von einem selbst in Frankreich geborenen Ausländer abstammenden Personen, aufgehoben wird, während in dem ein späteres Datum tragenden Gesetze über die Rekrutirung des erwähnten Gesetzes vom 16. Dezember 1874 noch ausdrücklich Erwähnung geschieht. In gleicher Weise wird in Art. 11 des neuen Rekrutirungsgesetzes Art. 9 des Code civil citirt, wie wenn er durch das Gesetz vom 26. Juni 1889 nicht modifizirt worden wäre.

Angesichts dieser Widersprüche und in der Erwartung, daß die französische Regierung die Absicht des Gesetzgebers allmälig in Form von
Instruktionen und durch den Staatsrath zu erlassenden Verordnungen näher präzisiren werde, beschränken wir uns darauf, Ihnen den Text der wichtigsten Gesetzesbestimmungen zur Kenntniß zu bringen.

1067 III.

Sie wollen sich ferner bemerken, daß Frankreich das in der Schweiz schon längere Zeit bekannte System der M i l i t ä r p f l i c h t e r s a t z s t e u e r seinerseits eingeführt hat. Wir haben von in der Schweiz ansäßigen Franzosen diese Steuer nie verlangt.

Sollte Ihnen zur Kenntniß kommen, daß in Ihrem Bezirk wohnhafte Schweizer Seitens französischer Behörden um Bezahlung derselben angegangen würden, so wollen Sie jeweilen unverzüglich der schweizerischen Gesandtschaft in Paris Bericht machen.

IV. Gegenwärtiges Kreisschreiben tritt an die, Stelle des Kreisschreibens vom 8. Januar 1875 (Bundesblatt 1875, I, S. 40).

Genehmigen Sie, Herr Konsul, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 13. August 1889.

Schweiz. Departement des Auswärtigen : ÖT2OZ.

Annexe.

Nationalité et service militaire des

enfants nés en France de parents suisses.

Situation des enfants de naturalisés, I. Traité d'établissement du 23 février 1882 entre la Suisse et la France.

Article 4.

Les ressortissants de Tun des deux états établis * dans l'autre ne seront pas atteints par lès lois militaires du pays c qu'ils habiteront, mais resteront soumis à celles de leur patrie.

« Ils seront également exempts de tout service soit dans la garde < nationale, soit dans les milices municipales. »

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II. Enfants nés en France de parents suisses nés eux-mêmes hors de France.

Article 8 du code civil français modifié par la loi du 26 juin 4889 sur la nationalité : Article 8. Sont Français: 4° « Tout individu né en France d'un étranger et qui, à « l'époque de sa majorité, est domicilié en France, à moins que, « dans l'année qui suit sa majorité, telle qu'elle est réglée par la « loi française, il n'ait décliné la qualité de Français et prouvé « qu'il a conservé la nationalité de ses parents par une attestation « en due forme de son gouvernement, laquelle demeurera annexée « à la déclaration, et qu'il n'ait en outre produit, s'il y a lieu, un « certificat constatant qu'il a répondu à l'appel sous les drapeaux, « conformément à la loi militaire de son pays, sauf les exceptions « prévues aux traités. > *) Article 9. « Tout individu né en France d'un étranger et qui * n'y est pas domicilié à l'époque de sa majorité pourra, jusqu'à « l'âge de vingt-deux ans accomplis, faire sa soumission de fixer « en France son domicile, et, s'il l'y établit dans l'année à compter « de l'acte de soumission, réclamer la qualité de Français par une « déclaration qui sera enregistrée au ministère de la justice. > *) « S'il est âgé de moins de vingt et un ans accomplis, la dé« claration sera faite en son nom pa.r son père; en cas de décès, « par sa mère; en cas de décès du père et de la mère par « le tuteur autorisé par délibération du conseil de famille. » « II devient également Français si, ayant été porté sur le « tableau du recensement, il prend part aux opérations de recru« tenient sans opposer son extranéité. > Article iO de la loi française sur le recrutement de l'armée du -- juillet Ì889: *) IVote. -- D'après le règlement d'administration publique en préparation en France, les déclarations d'option ou de répudiation devront se faire non plus à la mairie du domicile en France, mais chez le juge de paix du canton du domicile, et, à l'étranger, chez les agents diplomatiques ou consulaires de France.

Quant à l'attestation des autorités suisses destinée & établir la nationalité et la soumission aux lois militaires suisses, nous estimons que l'acte d'immatriculation et les certificats délivrés par le consul suisse le pins rapproché doivent être considérés comme suffisante ; nous avons lieu de croire qu'une circulaire du gouvernement français va s'exprimer dans ce sens.

1069 « Chaque année les tableaux de recensement des jeunes ·« gens ayant atteint l'âge de vingt ans révolus dans l'année précé« dente et domiciliés dans une des communes du canton sont dressés « par les maires. . . . » Article 44 de la loi française sur le recrutement: « Les individus nés en France d'étrangers et résidant en France « sont . . . . portés, dans les communes où ils sont domiciliés, sur « les tableaux de recensement de la classe dont la formation suit « l'époque de leur majorité telle qu'elle est fixée par la loi française.

« Ils peuvent réclamer contre leur inscription lors de l'examen du « tableau de recensement et lors de leur convocation au conseil de « révision conformément, à l'article 16 ci-après Article 43 de la même loi: « Sont considérés comme légalement domiciliés dans le canton : « 1° Les jeunes gens, même émancipés, établis au ·« dehors, expatriés, absents , si, d'ailleurs, leur père, leur « mère ou leur tuteur est domicilié dans une des communes du « canton, ou si leur père, expatrié, avait son domicile dans une des « dites communes » Article 46 de la même loi: « L'examen des tableaux de recensement et le tirage au sort « sont faits au chef-lieu de canton, en séance publique, devant le « sous-préfet assisté des maires du canton » « Les tableaux de recensement de chaque commune sont lus à « haute voix. Les jeunes gens, leurs parents ou représentants sont « entendus dans leurs observations. » Article 48 de la même loi: « Les opérations du recrutement sont revues, les réclamations « auxquelles ces opérations peuvent donner lieu sont entendues, les « causes d'exemption et de dispense sont jugées en séance « publique par un conseil de révision composé : du préfet, etc. . . . »

III. Enfants nés en France de parents suisses nés eux-mêmes en France.

Article 8, chiffre 3, du code civil, modifié par la loi française sur la nationalité, du 26 juin 4889: « Sont Français :

1070 3° « Tout individu né eu France d'un étranger qui lui-même « y est né. »

IV. Enfants de Suisses naturalisés Français.

S'ils sont majeurs, ils peuvent devenir Français, sans condition de stage, par le décret de naturalisation de leur ascendant, ou en faisant une déclaration dans les termes et sous les conditions de l'article 9 modifié du code civil; s'ils sont mineurs, ils sont Français si, entre vingt-et-un et vingt-deux ans, il ne déclinent pas cette qualité (article 12 du code civil modifié par la loi du 26 juin 1889).

Y. Enfants de Français naturalisés Suisses.

Ces enfants restent Français, mais leur appel sous les drapeaux est retardé en France jusqu'à ce qu'ils aient dépassé leur 21me année, et ils peuvent opter pour la Suisse, entre 21 et 22 ans, en remplissant les conditions prescrites par la convention franco-suisse du 23 juillet 1879 (Ree. off., nouv. série, tome V, pag. 163) -- circulaires du conseil fédéral des 27 juillet 1880, 10 décembre 1880, 14 avril 1882, 19 janvier 1883 et 4 décembre 1883.

Les options devront continuer à se faire en France devant les maires, la convention de 1879 n'ayant pas été modifiée.

TI. ïaxe d'exemption du service militaire.

Loi française sur le recrutement du -- juillet 1889.

Art. 35: § 1 . . . . Seront assujettis au paiement d'une taxe militaire annuelle ceux qui, par suite d'exemption, d'ajournement, de classement dans les services auxiliaires ou dans la seconde partie du contingent, de dispense, ou pour tout autre motif, bénéficieront de l'exonération du service dans l'armée active. . . . .

§ 3: La taxe militaire se compose de: 1° une taxe fixe de six francs (6 fr.) ; 2° une taxe proportionnelle égale au montant en principal de la cote personnelle et mobilière de l'assujetti.

Si cet assujetti a encore ses ascendants du premier degré ou l'un d'eux, la cote est augmentée du quotient obtenu en divisant la côte personnelle et mobilière de celui de ces ascendants qui est le plus imposé à cette contribution, en principal, par le nombre des enfant vivants et des enfants représentés dudit ascendant.

1071 Au cas de non-imposition des ascendants du premier degré, il sera procédé comme il vient d'être dit sur la cote des ascendants du second degré, en tenant compte des enfants de l'ascendant de chaque degré.

Il n'est plus tenu compte de la cote des ascendants lorsque l'assujetti a atteint l'âge de trente ans révolus et qu'il a un domicile distinct de celui de ses ascendants . . ; . . .

§ 5. La taxe est établie au 1er janvier pour l'année entière.

Elle cesse par trois ans de présence effective des assujettis sous les drapeaux § 6 La taxe est exigible dans la commune où le redevable a son domicile à la date du 1er janvier.

§ 7. Il est ajouté au montant de la taxe : 1 ° Cinq centimes par franc pour couvrir les décharges ou remises, ainsi que les frais d'assiette et de confection des rôles 2° Trois centimes par franc pour frais de perception.

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche eidg. Stände, betreffend die Nationalität und den Militärdienst von Personen, welche in Frankreich geboren sind und von schweizerischen Eltern abstammen. (Vom 13. August 1889.)

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Jahr

1889

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36

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24.08.1889

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1063-1071

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10 014 511

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