BBl 2023 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

22.082 Botschaft zum Bundesgesetz über die Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten (Unternehmensentlastungsgesetz, UEG) vom 9. Dezember 2022

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten (Unternehmensentlastungsgesetz, UEG).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2019

M 16.3388

Entwurf für ein Bundesgesetz über die Reduktion der Regelungsdichte und den Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen (N 28.2.2018, Sollberger; S 20.3.2019)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

9. Dezember 2022

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ignazio Cassis Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2022-4103

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Übersicht Die Gesetzesvorlage verfolgt das Ziel, administrative Belastungen und Regulierungskosten für Unternehmen abzubauen. Es werden Grundlagen für eine effiziente Regulierung geschaffen und konkrete Instrumente und Entlastungsmassnahmen gesetzlich verankert. Geregelt werden Prüfpflichten, Regulierungskostenschätzung, ein Monitoring der Belastung, Bereichsstudien sowie die zentrale elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen.

Ausgangslage Eine effiziente Regulierung der Unternehmen ist ein zentrales Element für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Parlament und Wirtschaft verlangen seit mehreren Jahren wirksame Massnahmen für die administrative Entlastung von Unternehmen.

Aus Unternehmensbefragungen geht hervor, dass die administrative Belastung weiterhin eine der Hauptsorgen von Unternehmen darstellt.

Die Motion 16.3388 Sollberger beauftragt den Bundesrat, ein Bundesgesetz über die Reduktion der Regelungsdichte und den Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen generell, aber insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen auszuarbeiten, und dem Parlament einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen.

Der Bundesrat hat eine entsprechende Vorlage ausgearbeitet und dazu vom 28. April bis 18. August 2021 eine Vernehmlassung durchgeführt. Die Vorlage insgesamt, aber auch die einzelnen vorgeschlagenen Massnahmen wurden in der Vernehmlassung breit unterstützt. Befürwortet wurde der Vorentwurf des Unternehmensentlastungsgesetzes namentlich von allen Parteien ausser der SP, von einer grossen Mehrheit der Kantone und von allen Wirtschaftsverbänden mit Ausnahme der Konsumentenorganisationen und Gewerkschaften. Die allermeisten Stellungnehmenden erkannten einen Handlungsbedarf bei der Intensivierung der Bemühungen zur Entlastung der Unternehmen, unterstützten die Schaffung von passenden Instrumenten auf Gesetzesstufe und begrüssten das Vorantreiben der Digitalisierung von Behördenleistungen.

Inhalt der Vorlage Der Entwurf des Unternehmensentlastungsgesetzes zielt darauf ab, die Regulierungsbelastung der Unternehmen zu reduzieren und die Digitalisierung von Behördenleistungen für Unternehmen weiter auszubauen. Er beinhaltet Massnahmen, die sowohl bei neuen Regulierungen als auch bei bestehenden Regulierungen ansetzen. Regulierungen sollen systematisch auf
Entlastungspotenzial geprüft und die Regulierungskosten der Unternehmen transparenter ausgewiesen werden.

Die Verankerung von Grundsätzen und Prüfpflichten soll dazu beitragen, dass neue Regulierungen effizient und insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen administrativ schlank ausgestaltet werden. Mit systematischen Regulierungskostenschätzungen wird gewährleistet, dass die Belastungen der Unternehmen bei neuen Vorlagen analysiert werden und in die Entscheidungsgrundlagen von Bundesrat und

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Parlament Eingang finden. Ein Monitoring soll die Entwicklung der Regulierungskosten beobachten und problematische Bereiche identifizieren. Weiter sollen bestehende Regulierungen mittels Bereichsstudien gezielt auf ihre Wirtschaftlichkeit und auf allfällige Entlastungsmöglichkeiten überprüft werden. Bei konkreten Entlastungsvorschlägen sind die Ziele und der Nutzen einer Regulierung konsequent einzubeziehen.

Zur direkten Entlastung der Unternehmen gehören insbesondere auch effiziente elektronische Prozesse zwischen Unternehmen und Behörden, wie sie mit den Bestimmungen für eine zentrale elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen für Unternehmen ermöglicht werden.

Die neuen Bestimmungen zur zentralen elektronischen Plattform und deren zusätzlich angebotenen Dienstleistungen werden einerseits Unternehmen administrativ entlasten. Andererseits sollen die weiteren geplanten Massnahmen dazu führen, dass die Bundesverwaltung die Entlastungsmöglichkeiten bei bestehenden und neuen Regulierungen konsequenter identifiziert und ausschöpft und in den Entscheidungsgrundlagen für den Bundesrat und das Parlament das Bewusstsein für die Regulierungsbelastungen stärkt. Für den Bund kann je nach Ausgestaltung gesamthaft eine gewisse Mehrbelastung entstehen. Eine in Auftrag gegebene Studie verweist aber auf ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis der Massnahmen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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6 6 9

2

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu den Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

11 12

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren 2.1 Vernehmlassungsvorlage 2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 2.3 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

12 12

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

15

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.2 Umsetzungsfragen

19 19 20

5

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 5.1 Abschnitt: Regulierungsgrundsätze 5.2 Abschnitt: Ausarbeitung von Erlassen 5.3 Abschnitt: Monitoring und Bereichsstudien 5.4 Abschnitt: Elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen 5.4.1 Einleitende Bemerkung 5.4.2 Übersicht 5.4.3 Grundsätzliches zur elektronischen Plattform 5.4.4 Erläuterungen zu den Artikeln 9 bis 18 5.5 Abschnitt: Schlussbestimmungen

22 22 28 31

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.5 Auswirkungen auf die Umwelt

51 51 51 55

Rechtliche Aspekte

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13 14

34 34 34 34 36 50

56 57 60 60

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7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8

Verfassungsmässigkeit Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz Erlassform Unterstellung unter die Ausgabenbremse Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Datenschutz Verhältnis zu anderen Erlassen

Anhänge 1.

Begriffserklärung zur zentralen elektronischen Plattform (Art. 9 bis 18) 2.

Übersichtstabelle über die im erläuternden Bericht verwendeten Daten Bundesgesetz über die Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten (Unternehmensentlastungsgesetz, UEG) (Entwurf)

61 61 61 62 62 63 64 65

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Problematik Effiziente und administrativ einfache Regulierungen sind ein zentrales Element guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Eine hohe Regulierungsbelastung birgt Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, weshalb unnötige oder ineffiziente Regulierungen vermieden werden sollten. Die Reduktion der Regulierungsbelastung von Unternehmen stellt daher ein politisch und ökonomisch zentrales Thema dar.

Die administrative Belastung bleibt weiterhin eine der Hauptsorgen der Unternehmen.

Dies zeigen unter anderem die Ergebnisse des Bürokratiemonitors, einer vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Auftrag gegebenen Studie über die Wahrnehmung der administrativen Belastung durch die Unternehmen: Die letzte Befragung von 2018 hat gezeigt, dass in der Wahrnehmung der Unternehmen die administrative Belastung in den letzten vier Jahren hoch geblieben ist und gegenüber der Befragung 2014 zugenommen hat. Im Jahr 2018 haben 67,5 Prozent der Unternehmen die Belastung als (eher) hoch erfahren.1 Aktuelle objektive Zahlen zur tatsächlichen Kostenbelastung der Unternehmen existieren in der Schweiz nur ansatzweise. Der Bundesrat hat zuletzt im Jahr 2013 eine einmalige Schätzung der direkten Regulierungskosten in zwölf Bereichen vorgenommen.2 Diese direkten Kosten wurden auf ca. 10 Milliarden Franken jährlich geschätzt.

Dabei wurde der Nutzen der entsprechenden Regulierung nicht quantifiziert. Anhand dieser Zahlen lassen sich deshalb keine Aussagen über die Effizienz der Regulierungen ableiten. Weiter beschränkte sich die Schätzung nur auf einige ausgewählte Bereiche. Systematische, flächendeckend erhobene Daten über die Entwicklung der Regulierungskosten existieren für die Schweiz bisher nicht.

Kontext Parlament und Wirtschaft verlangen seit Jahren wirksame Massnahmen gegen die administrative Belastung. Seit 2015 gab es mehr als 100 parlamentarische Vorstösse, welche die Regulierungskosten oder administrative Entlastungen thematisierten.3 1

2

3

LINK (2019), Bürokratiemonitor 2018, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Standortförderung > Studien > Bürokratiemonitor 2018. Die letzte Befragung fand 2022 statt. Die Ergebnisse werden voraussichtlich Anfang 2023 veröffentlicht.

Bundesrat (2013), Bericht über die Regulierungskosten - Schätzung der Kosten von Regulierungen sowie Identifizierung von Potenzialen für die Vereinfachung und Kostenreduktion, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Regulierung > Projekte in der Regulierungspolitik > Bericht über die Regulierungskosten.

Bundesrat (2019), Administrative Entlastung - Bilanz 2016­2019, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > Administrative Entlastung > Berichte > Bericht administrative Entlastung 2019.

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Auch das KMU-Forum4, eine ausserparlamentarische Kommission des Bundes, oder der Thinktank Avenir Suisse5 fordern zusätzliche, auch institutionelle Massnahmen zur Entlastung der Unternehmen.

Der Bundesrat hat seit 2006 im Rahmen von Berichten zur administrativen Entlastung regelmässig konkrete Entlastungsmassnahmen vorgeschlagen und umgesetzt. Er beschloss aber am 7. Dezember 2018, fortan auf diese Berichte zu verzichten, da zahlreiche der einfach umsetzbaren Entlastungsmassnahmen bereits umgesetzt und weitere Massnahmen mit hohem Entlastungspotenzial (z. B. eine umfassende Mehrwertsteuerreform mit einheitlichem Mehrwertsteuersatz) politisch nicht mehrheitsfähig sind. Anderseits fehlte auch ein systematischer Mechanismus zur Identifizierung und Umsetzung von Entlastungsmassnahmen, weshalb die gewünschte Entlastungswirkung nicht erzielt werden konnte. Der Bericht vom 27. November 20196 war der Letzte in dieser Form.

In Umsetzung der Motionen 15.3400 Vogler und 15.3445 FDP-Liberale Fraktion verzichtete der Bundesrat mit Beschluss vom 19. Dezember 2018 auf die Schaffung einer Prüfstelle für Regulierungsfolgenabschätzungen (RFA).7 Mit der Verabschiedung der neuen Richtlinien für die Regulierungsfolgenabschätzungen bei Rechtsetzungsvorhaben des Bundes (RFA-Richtlinien) vom 6. Dezember 20198 hat er aber seinen Willen zu mehr Transparenz über die Auswirkungen von neuen Vorlagen klar unterstrichen.

Die neuen RFA-Richtlinien sehen unter anderem vor, dass für Rechtssetzungsvorhaben des Bundes ein sogenannter Quick-Check durchgeführt werden muss, der eine Kurzabschätzung der RFA-Prüfpunkte vornimmt. Basierend auf dieser Kurzabschätzung wird entschieden, ob und in welchem Umfang eine RFA durchgeführt wird. Die RFA ist das Instrument zur Untersuchung und Darstellung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen des Bundes. Sie dient dazu, den Regulierungsbedarf, alternative Handlungsoptionen, die erwarteten Auswirkungen auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft sowie die Vollzugstauglichkeit systematisch zu untersuchen. Bei Vorhaben, die bei mehr als 1000 Unternehmen zusätzliche Regulierungskosten verursachen oder eine einzelne Branche besonders stark belasten, ist ausserdem eine quantitative Schätzung der Regulierungskosten erforderlich. Die neuen RFAVorgaben wurden in den Leitfaden der Bundeskanzlei zum Verfassen von Botschaften des Bundesrates (Botschaftsleitfaden)9 aufgenommen.

4

5 6

7

8 9

KMU-Forum (2020), Administrative Belastung: KMU-Forum schlägt Alarm, Medienmitteilung vom 18. Febr. 2020, abrufbar unter: www.seco.admin.ch> Das SECO > Medienmitteilungen > Administrative Belastung: KMU-Forum schlägt Alarm.

Avenir Suisse (2016), Auswege aus dem Regulierungsdickicht II, abrufbar unter: www.avenir-suisse.ch > Publication > Auswege aus dem Regulierungsdickicht II.

Bundesrat (2019), Administrative Entlastung - Bilanz 2016­2019, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > Administrative Entlastung > Berichte > Bericht administrative Entlastung 2019.

Bundesrat (2018), Bundesrat will Regulierungsfolgenabschätzung optimieren, Medienmitteilung vom 19. Dez. 2018, abrufbar unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat will Regulierungsfolgenabschätzung optimieren.

BBl 2019 8519 Bundeskanzlei (2020), Botschaftsleitfaden ­ Leitfaden zum Verfassen von Botschaften des Bundesrates, abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Sprachen > Hilfsmittel für Textredaktion und Übersetzung > Leitfaden für Botschaften des Bundesrates.

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Zusätzlich besteht seit 2007 mit der E-Government-Strategie Schweiz ein Programm zur Verbesserung von Verwaltungsprozessen durch den Einsatz von Informationsund Kommunikationstechnik. E-Government ist ein Mittel, um die administrative Belastung der Unternehmen und der Privatpersonen zu reduzieren und die Produktivität der öffentlichen Verwaltungen zu steigern. E-Government hilft mit, die Anzahl, Dauer und Komplexität der Behördenleistungen zu reduzieren und den Zugang für Unternehmen zu Behördenleistungen zu vereinfachen. Dies ermöglicht insbesondere den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung einen besseren und zielgerichteteren Einsatz der Ressourcen.

Eine verstärkte Digitalisierung der Behördenleistungen findet jedoch vor dem Hintergrund einer heterogenen und stark fragmentierten Schweizer E-Government-Landschaft statt. Bereits auf Stufe Bund, teilweise sogar innerhalb eines Bundesamtes, sind verschiedene Lösungen im Einsatz. Hinzu kommen unterschiedliche Verwaltungsportale10 auf kantonaler oder kommunaler Ebene. Für Unternehmen stellt es eine grosse Herausforderung dar, die Übersicht zu behalten, die richtige Anlaufstelle zu finden und zahlreiche unterschiedliche Plattformen zu bewirtschaften.

Im Einklang mit der Strategie «Digitale Schweiz» vom 20. April 201611 und der E-Government-Strategie Schweiz 2016­2019 von Bund, Kantonen und Gemeinden wurde am 6. November 2017 eine zentrale elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen für Unternehmen (nachfolgend: zentrale elektronische Plattform) unter dem Namen EasyGov.swiss lanciert. Die zentrale elektronische Plattform wird seither stetig ausgebaut. Im August 2022 standen über 46 Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform zur Verfügung. Letztere wurde insbesondere auch im Zusammenhang mit der Antragstellung von Covid-19-Krediten bekannt.

Seit der Lancierung haben sich über 67 000 Unternehmen (Stand: August 2022) auf der zentralen elektronischen Plattform registriert. In dieser Zahl nicht inbegriffen sind Unternehmen, die Behördenleistungen im öffentlichen Bereich von EasyGov nutzen, die keine Registrierung erfordern. Dies betraf insbesondere die Covid-19-Kreditgesuche sowie die Startup-Bürgschaften, welche von über 137 000 Unternehmen via EasyGov beantragt wurden. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll
der Bund beauftragt werden, diese zentrale elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen für Unternehmen mit bedarfsgerechter Nutzungsmöglichkeit für Kantone und mit Verwaltungsaufgaben betraute Dritte zu betreiben und auszubauen. Bundesstellen, Kantone sowie externe Träger von Verwaltungsaufgaben sollen ihrerseits verpflichtet werden, beim Vollzug von Bundesrecht, ihre elektronischen Behördenleistungen für Unternehmen über die zentrale elektronische Plattform zugänglich zu machen. Die zentrale elektronische Plattform unterstützt die digitale Transformation weg von behörden- und hin zu kundenzentrierten Behördenleistungen. Unternehmen können alle angebotenen Behördenleistungen über ein einziges Benutzerkonto mit weitgehend einheitlicher Benutzerführung abwickeln. Kenntnisse von Zuständigkeiten und Abläufen der jeweiligen Verwaltung sind nicht erforderlich.

10 11

Siehe hierzu auch die einleitende Bemerkung unter Punkt 5.4.1.

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Parlamentarischer Auftrag Am 20. März 2019 wurde die Motion 16.3388 Sollberger («Entwurf für ein Bundesgesetz über die Reduktion der Regelungsdichte und den Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen») überwiesen; sie hat folgenden Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, angelehnt an die Vorgehensweisen und Erfahrungen diverser Kantone mit Vorhaben gleicher Stossrichtung ein Bundesgesetz über die Reduktion der Regelungsdichte und den Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen, aber insbesondere der kleineren und mittleren Unternehmen auszuarbeiten und dem Parlament einen entsprechenden Entwurf vorzulegen».

Gleichentags überwies das Parlament die Motion 16.3360 der FDP-Liberalen Fraktion. Diese verlangt die Einführung einer Regulierungsbremse und verfolgt damit ähnliche Ziele wie der Auftrag zum Unternehmensentlastungsgesetz. Die Botschaft zur Einführung einer Regulierungsbremse12 wird dem Parlament als separate Vorlage unterbreitet.

Ziele Der Entwurf des Unternehmensentlastungsgesetzes (E-UEG) zielt darauf ab, die Regulierungsbelastung der Unternehmen zu reduzieren und die Digitalisierung von Behördenleistungen für Unternehmen weiter auszubauen. Die vorgeschlagenen Massnahmen setzen sowohl bei bestehenden als auch bei neuen Regulierungen an. Regulierungen sollen systematisch auf Entlastungspotenzial geprüft und die Regulierungskosten der Unternehmen transparenter ausgewiesen werden. Bei konkreten Entlastungsvorschlägen sind die Ziele und der Nutzen einer Regulierung konsequent einzubeziehen.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Die Motion 16.3388 Sollberger nennt in ihrer Begründung verschiedene Massnahmen, mit denen die gewünschte Entlastung erreicht werden könnte; sie schreibt indessen keine Massnahme zwingend vor. Der Bundesrat hat verschiedenste Optionen geprüft und für den E-UEG die folgenden sechs Elemente definiert:

12

­

Der Gesetzesentwurf soll Grundsätze für eine effiziente und administrativ schlanke Regulierung auf Bundesebene formulieren.

­

Er soll die Verwaltung verpflichten, bei Rechtsetzungsvorhaben Vereinfachungsmassnahmen für Unternehmen systematisch zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten.

­

Für neue Regulierungen sind die Regulierungskosten verbindlich zu ermitteln, um die politischen Entscheidungsträger über die Folgekosten zu informieren.

­

Es soll ein Monitoring der Belastung durch Regulierungskosten eingeführt werden.

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­

Der Bund soll regelmässig Bereichsstudien erarbeiten, in denen einzelne Regulierungsbereiche evaluiert, Entlastungspotenzial identifiziert und entsprechende Massnahmen vorgeschlagen werden.

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Es soll die gesetzliche Grundlage für eine zentrale elektronische Plattform geschaffen werden, mit welcher u. a. Ziele der Strategie E-Government Schweiz und der Nachfolgeorganisation Digitale Verwaltung Schweiz (DVS13) verwirklicht werden können.

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen soll die Transparenz über die Belastungen der Unternehmen verbessert und einheitliche Grundsätze für eine effiziente Regulierung geschaffen werden. Wichtig ist zudem, dass die verankerten Instrumente sowohl bei den Belastungen aufgrund neuer Regulierungen als auch bei bestehenden Regulierungen ansetzen. Mögliches Entlastungspotenzial soll inskünftig systematisch identifiziert werden. Ferner besteht in den Möglichkeiten der Digitalisierung ein grosses Potential zur administrativen Entlastung, weshalb dieses besser genutzt werden soll. Die Massnahmen werden in Kapitel 4 im Detail erläutert.

Geprüft und verworfen wurde hingegen die gesetzliche Verankerung eines sogenannten Reduktionsziels. Dabei würde beispielsweise der Bundesrat beauftragt, ein quantitatives Ziel zu setzen, die Regulierungskosten, welche den Unternehmen aufgrund bereits bestehender Regulierungen anfallen, um einen bestimmten Betrag zu reduzieren. Bei der Beurteilung von konkreten Entlastungsmassnahmen wären Kosten-Nutzen-Abwägungen und politische Priorisierungen grundsätzlich möglich. Regulierungskostensenkungen sollten immer allen volkswirtschaftlichen Auswirkungen gegenübergestellt werden. Wird dies nicht berücksichtigt, könnte der institutionalisierte Entlastungsdruck zu ineffizienten Entlastungsmassnahmen führen. Ein erheblicher Nachteil des Reduktionsziels stellt der hohe Aufwand einer vertieften Analyse des Regulierungsbestandes dar, die erfolgen müsste, um eine zweckmässige Höhe des Reduktionsziels festlegen zu können. Generell würde voraussichtlich auch die Verteilung der Teilziele auf die verschiedenen Ämter eine Hürde darstellen, da ein objektiver Verteilschlüssel schwierig zu definieren ist. Aus diesen Gründen wurde das Instrument eines Reduktionsziels nicht in den vorliegenden Gesetzesvorentwurf aufgenommen.

Ebenfalls nicht Bestandteil der Vorlage ist die Schaffung einer unabhängigen Prüfstelle, welche die RFA oder die Regulierungskostenschätzungen bei neuen Regulierungen überprüft und damit die Qualität und Vollständigkeit der Auswirkungsanalysen verbessern könnte. Eine solche wurde bereits im Rahmen der Motionen 15.3400 Vogler und 15.3445 FDP-Liberale Fraktion vom Bundesrat geprüft und aus Kosten- und Effizienzgründen verworfen. Die beiden Motionen wurden am 9. Dezember 2020 vom
Parlament abgeschrieben. Die parlamentarische Initiative 19.402 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats mit demselben Anliegen ist aktuell sistiert. Weiter hat der Bundesrat im Bericht zur Erfüllung des Postulates 15.3421 Caroni zur Regulierungsbremse unterschiedliche Ansätze zur Bremsung der Regulie-

13

Siehe hierzu auch Erläuterungen zu Art. 13 Abs. 2.

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rungsbelastung geprüft.14 Er hat in seinem Bericht zum Ausdruck gebracht, dass er starre Mechanismen wie eine One-in-one-out-Regel ablehnt, da sie keine Abwägung von Kosten und Nutzen zulassen. Bei einer One-in-one-out- Regel müssen neue Regulierungsbelastungen kompensiert werden, indem bestehende Regulierungsbelastungen im gleichen Umfang abgebaut werden. Auch das Parlament hat die Motionen 16.3543 und 18.3061 Martullo abgelehnt, die die Einführung einer One-in-twoout-Regelung forderten.

Eine Verankerung der RFA im E-UEG ist nicht zielführend, da dieser ein breiteres Verständnis und eine volkswirtschaftliche Analyse von Kosten und Nutzen für Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft zu Grunde liegt, während die Motion und das Gesetz den Fokus spezifisch auf Entlastungen der Unternehmen legen. Zudem wurden die RFA-Richtlinien erst kürzlich präzisiert und verbindlicher ausgestaltet.

Für die Regulierungsbelastung der Unternehmen sind die Regulierungen aller föderalen Ebenen relevant. Der vorliegende Gesetzesvorentwurf betrifft aber grundsätzlich nur die Regulierungstätigkeit im Kompetenzbereich des Bundes. Die in der Motion als Beispiele genannten kantonalen Entlastungsgesetze können nur beschränkt als Orientierung für ein Bundesgesetz zur Entlastung von Unternehmen dienen, da die kantonalen Entlastungsgesetze zum Teil Instrumente beinhalten, die auf Bundesebene bereits existieren (z. B. RFA). Die Kantone ZH und BS kennen gesetzliche Vorgaben, wie etwa die Pflicht, die Zahl der anzusprechenden Verwaltungsstellen tief zu halten oder den elektronischen Behördenverkehr zu fördern. Vorgesehen sind auch Pflichten zur Durchführung von RFA, die Festlegung der Aufgaben einer Informations- und Koordinationsstelle für Unternehmen und eine Pflicht, das geltende Recht auf Entlastungen zu prüfen (ZH). Mindestens drei weitere Kantone (GR15, AG16 und SO17) kennen in ihren Kantonsverfassungen eine allgemeine Verpflichtung zur administrativen Entlastung.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu den Strategien des Bundesrates

Verhältnis zur Legislaturplanung Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202018 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 und im Bundesbeschluss vom 21. September 202019 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Die Botschaft zur Legislaturplanung 2019­2023 definiert als Ziel 3, dass die Schweiz unter anderem für bestmögliche stabile und innova14

15 16 17 18 19

Bundesrat (2018), Regulierungsbremse: Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlicher Ansätze und Modelle, abrufbar unter: www.parlament.ch > 15.3421 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

Art. 84 Abs. 4 der Verfassung des Kantons Graubünden vom 14. Sept. 2003 (SR 131.226).

Art. 50 Abs. 2bis der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 (SR 131.227).

Art. 121 Abs. 5 der Verfassung des Kantons Solothurn vom 8. Juni 1986 (SR 131.221).

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tionsfördernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen im digitalen Zeitalter sorgt. Der E-UEG ist in der Botschaft als eine Massnahme zur Erreichung dieses Ziels definiert.

Verhältnis zur Finanzplanung Das Geschäft ist im Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan (IAFP) 2023­2025 im Band 2B unter den Geschäften zu den Zielen des Bundesrates 2022 aufgelistet.

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates Die rasche und flächendeckende Verbreitung der zentralen elektronischen Plattform ist Teil der Strategie des Bundesrates für eine digitale Schweiz sowie der E-Government-Strategie Schweiz von Bund, Kantonen und Gemeinden. Zudem ist der E-UEG Teil der Gesamtschau des Bundesrats vom 16. Februar 2022 zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz20 und damit eines von zwölf Vorhaben, mit welchen er den aktuellen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Schweiz begegnen will.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit dem vorliegenden Entwurf erfüllt der Bundesrat die Motion 16.3388 Sollberger.

Der Bundesrat beantragt, diesen parlamentarischen Vorstoss als erledigt abzuschreiben.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Das SECO hat im Hinblick auf das Vernehmlassungsverfahren die Auswirkungen der vorliegenden Gesetzesvorlage auf den Bund sowie die Auswirkungen auf die Unternehmen und die Volkswirtschaft im Rahmen einer externen Studie untersuchen lassen. Diese orientiert sich an den Anforderungen einer Regulierungsfolgenabschätzung. Die Ergebnisse der Studie zur Auswirkungsanalyse werden in Kapitel 6 der vorliegenden Botschaft synthetisch wiedergegeben.

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Der Bundesrat hat vom 28. April bis 18. August 2021 eine Vernehmlassung zum Vorentwurf des UEG (VE-UEG) durchgeführt.

Der VE-UEG beinhaltete die folgenden sechs Massnahmen: (1) Grundsätze für eine gute Regulierung, (2) Pflichten zur Prüfung von Vereinfachungsmassnahmen für 20

Bundesrat (2022), Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz - Gesamtschau des Bundesrates vom 16. Feb. 2022, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat treibt Vorhaben zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz voran.

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Unternehmen bei neuen Vorlagen, (3) Regulierungskostenschätzungen, (4), ein Monitoring der Belastungen der Unternehmen, (5) Bereichsstudien zur Identifikation von Entlastungspotenzial bei bestehenden Regulierungen, und (6) eine Stärkung der zentralen elektronischen Plattform. Die Inhalte der Vernehmlassungsvorlage entsprachen weitestgehend der Botschaftsvorlage, die unter Ziffer 4.1 («Die beantragte Neuregelung») im Detail erläutert werden.

Insgesamt gingen 82 Rückmeldungen ein. Stellung nahmen 26 Kantone, 6 in der Bundesversammlung vertretene politische Parteien, 2 gesamtschweizerische oder regionale Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, 30 gesamtschweizerische und regionale Dachverbände der Wirtschaft, 1 ausserparlamentarische Kommission (KMU-Forum), 2 Konsumentenschutzorganisationen, 11 Organisationen der Zivilgesellschaft sowie 3 Unternehmen und 1 Einzelperson.21

2.2

Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Insgesamt fielen die Rückmeldungen zur Einführung eines UEG in der Vernehmlassung positiv aus. 68 der 82 Vernehmlassungsteilnehmenden (83 %) begrüssen die Vernehmlassungsvorlage grundsätzlich. Unterstützung findet die Vorlage sowohl bei der Mehrheit der Kantone (GL, GR, NW, SH, SO, TI, VS, AG, AI, AR, BS, FR, JU, OW, SG, VD, ZG, ZH) und der Parteien (SVP, FDP, Die Mitte, GLP und EVP) als auch bei den Wirtschafts- und Branchenverbänden, dem KMU-Forum, dem Städteverband und der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete. Für sie leistet der VE-UEG einen wichtigen Beitrag, um die zunehmende Belastung der Unternehmen einzudämmen und die wirtschaftliche Standortattraktivität zu wahren bzw. zu verbessern.

Wichtig sei, dass der Vollzugsaufwand nicht zu gross ausfalle, damit das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Vorlage stimme. Die Befürwortenden haben zudem verschiedene Ergänzungswünsche und kleinere Änderungsanträge zu einzelnen Bestimmungen des Gesetzesvorentwurfs eingebracht. Am häufigsten wird die Einführung einer unabhängigen Prüfstelle gefordert. Auch ein verbindliches Reduktionsziel wird von verschiedener Seite als zusätzliche wirksame Massnahme unterstützt. Die im Gesetzesvorentwurf vorgeschlagenen Instrumente und Kerninhalte werden aber nur selten in Frage gestellt.

14 von 82 Vernehmlassungsteilnehmende (17 %) lehnen den VE-UEG ab oder stehen der Vorlage zumindest kritisch gegenüber: Es sind dies 8 Kantone (BE, BL, GE, LU, NE, SZ, TG, UR), die SP, zwei Konsumentenschutzorganisationen, zwei Gewerkschaften und der Gewerbeverein. Ein spezifisches Entlastungsgesetz wird als nicht notwendig erachtet, da kein Handlungsbedarf bestehe. Rechtliche Vorgaben wie die RFA-Richtlinien würden bereits bestehen. Die Unternehmen und Wirtschaftsverbände könnten sich schon heute im Gesetzgebungsprozess hinreichend einbringen.

Zudem wird Kritik am Kosten-Nutzen-Verhältnis des Vorentwurfs geäussert. Die

21

Die Vernehmlassungsunterlagen, die Stellungnahmen und der Ergebnisbericht sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > WBF.

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Erfolge der bisherigen Anstrengungen zur Reduktion von Regulierungskosten in der Vergangenheit seien trotz hohem Aufwand seitens der Verwaltung überschaubar.

Die Schaffung von rechtlichen Bestimmungen zu einer zentralen elektronischen Plattform wird von 47 der 51 Teilnehmenden, die sich explizit zu diesen Bestimmungen geäussert haben, im Grundsatz unterstützt, davon 19 Kantone (AG, AI, AR, BS, FR, GE, GL, GR, JU, LU, NE, OW, SG, SO, SZ, TI, UR, VD sowie ZH), EVP, FDP, GLP, die Mitte und die SVP sowie zahlreiche Wirtschafts- und Branchenverbände, der Städteverband und die Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete. 4 Teilnehmende (BE, BL TG sowie Swissdec) stehen den Bestimmungen zur zentralen elektronischen Plattform kritisch gegenüber oder beantragen, gänzlich darauf zu verzichten.

9 Kantone (AG, AR, BL, BS, GE, LU, SZ, TG, ZH) sowie eAHV/IV, Centre Patronal und der Verein eGov Schweiz lehnen die Verpflichtung, Behördenleistungen beim Vollzug von Bundesrecht auf der zentralen elektronischen Plattform zugänglich zu machen ab. 2 Kantone (AI, VD) sowie die Fédération des Entreprises Romandes stehen der Nutzungsverpflichtung kritisch gegenüber. Als Begründung für die Ablehnung berufen sich 7 Kantone (AG, AR, BL, BS, GE, LU sowie ZH) auf ihre Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (VEEMBaG)22 und das dort geäusserte Bedenken eines weitreichenden Eingriffs in ihre Vollzugsautonomie. Weitere 4 Vernehmlassungsteilnehmende (SZ, TG, eAHV/IV und Centre Patronal) verweisen ihrerseits auf die bestehenden Angebote im Bereich der Sozialversicherungen, die durch eine Angebotspflicht auf der zentralen Plattform in Frage gestellt würden. Der Verein eGov Schweiz lehnt die Nutzungsverpflichtung als ineffiziente Zentralisierung ab.

2.3

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassungsvorlage zum VE-UEG wurde von einer überwiegenden Mehrheit unterstützt. Es kam deutlich zum Ausdruck, dass die allermeisten Stellungnehmenden einen Handlungsbedarf bei der Stärkung der Bemühungen zur Entlastung der Unternehmen erkennen und die Verankerung von passenden Instrumenten auf Gesetzesstufe unterstützen.

Die breite Zustimmung in der Vernehmlassung spricht aus Sicht des Bundesrates klar dafür, sich bei der Botschaft inhaltlich eng an der Vernehmlassungsvorlage zu orientieren und die vorgeschlagenen Eckpunkte allesamt beizubehalten. Weitergehende Massnahmen wie eine unabhängige Prüfstelle oder ein starres Reduktionsziel lehnt der Bundesrat aus bereits erwähnten Gründen weiterhin ab (vgl. Ziff. 1.2) und verzichtet daher auf entsprechende Ergänzungen der Vorlage. Dem Aufwand der Verwaltung wird mit punktuellen Anpassungen am Erlassentwurf und Präzisierungen in den Erläuterungen (vgl. Ziff. 5.2) Rechnung getragen. So werden die Pflichten zur Schätzung der Regulierungskosten vereinfacht und zusätzliches Gewicht auf die 22

Die Vernehmlassungsunterlagen zum VE-EMBaG sind abrufbar unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossen > 2020 > EFD.

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Verhältnismässigkeit und eine pragmatische Umsetzung gelegt (u. a. Präzisierungen zur Schätzbarkeit der Kosten und Verzicht auf die Pflicht, die Entlastungen zu schätzen). Zusätzliche Entlastungsbemühungen sind aber naturgemäss mit einem gewissen Aufwand verbunden ­ sei es die Prüfung von Vereinfachungen bei neuen Gesetzen oder Evaluationen von bereits bestehenden Regulierungen ­ und werden in der Vernehmlassung ausdrücklich befürwortet. Die Verpflichtung, Behördenleistungen beim Vollzug von Bundesrecht auf der zentralen elektronischen Plattform zugänglich zu machen, wird beibehalten, da ansonsten kein One-Stop-Shop für Unternehmen möglich wäre. Der Kritik einer Minderheit von Vernehmlassungsteilnehmenden hinsichtlich der Kostenaufteilung zwischen Bund und Kantonen wird Rechnung getragen, indem in einem neuen Artikel die Kostenaufteilung zwischen Bund und Kantonen geregelt wird. In den Erläuterungen wird zudem präzisiert, dass die Vollzugsautonomie der Kantone und der Sozialversicherungsträger beim Vollzug von Bundesrecht ­ mit der Möglichkeit eigene Portale weiterzuführen ­ nicht beschränkt wird. Weiter wird festgehalten, dass die zur Umsetzung der Verpflichtung notwendigen Standards in Zusammenarbeit mit der Organisation DVS und damit unter Einbezug der Kantone und Gemeinden erfolgen soll.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Einige Staaten haben Instrumente zur Überprüfung und zum Abbau der Regulierungskosten sowie zur besseren Regulierung entwickelt und rechtlich verankert. Während sich die Ausgestaltung und Definition der Entlastungsmassnahmen von Land zu Land unterscheiden, liegen den Bemühungen in den meisten Fällen eine systematische Erfassung der Regulierungskosten zugrunde. Diese bilden die Grundlage für weitere Mechanismen zur Reduktion der Regulierungsbelastung. Nachfolgend wird auf die Ausgestaltung der Regulierungspolitik und die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen in der EU, Deutschland, Grossbritannien und Österreich eingegangen.

Europäische Union Die Europäische Kommission hat 2021 in einer Mitteilung an das EU-Parlament mehrere Verbesserungen für das Rechtsetzungsverfahren der EU vorgeschlagen, darunter die Einführung des One-in-one-out-Grundsatzes. Damit werden seit 2022 neue Belastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, die infolge der Vorschläge der Kommission entstehen, durch gleichwertige Entlastungen bei bereits bestehenden Regulierungen in demselben Politikbereich ausgeglichen. Konsultationen der Öffentlichkeit werden durch Verbesserung des bestehenden Portals Have Your Say vereinfacht. Bereits im Jahr 2002 hat die Kommission mit einer faktengestützten Politikgestaltung ­ einschließlich einer Verringerung des Regelungsaufwands ­ begonnen.

Diese umfasste regelmässige Evaluationen der bestehenden Rechtsvorschriften, inklusive eines Reduktionsziels von 25 Prozent der administrativen Kosten, welches zwischen 2007 und 2012 angewandt wurde, ein sehr fortschrittliches System der RFA, ein Konzept für die Konsultation der Interessenträger und ein umfassendes Programm

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zur Verringerung der Belastungen (REFIT). Seit 2015 gibt es zudem das Regulatory Scrutiny Board, das die Aufgaben einer RFA-Prüfstelle wahrnimmt.23 In der Europäischen Union wird Digitalisierung als wichtige Voraussetzung wahrgenommen, um Innovation, Wachstum und neue Arbeitsplätze zu fördern. Das Europäische Parlament und der Rat haben deshalb im Jahr 2018 beschlossen, mit dem Single Digital Gateway (SDG) namens Your Europe eine zentrale Anlaufstelle für die Angebote der öffentlichen Verwaltungen aller europäischen Mitgliedsstaaten zu schaffen.24 Das SDG soll den Verwaltungsaufwand für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen verringern, damit diese einfacher am Binnenmarkt teilhaben können. Angedacht ist eine europaweite Plattform, welche die Portale der einzelnen Mitgliedstaaten bis Ende 2023 intelligent verlinkt und in allen relevanten Sprachen verfügbar ist. Bis Ende 2023 sollen zudem 21 ausgewählte Verwaltungsverfahren grenzüberschreitend allen EU-Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen medienbruchfrei zur Verfügung stehen und an das europaweite Once-Only-Technical-System (OOTS) angeschlossen werden. Mit Hilfe des OOTS soll der Austausch von Nachweisen innerhalb der EU grenzüberschreitend und automatisiert zwischen Behörden erfolgen. Für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen erübrigt sich damit das mehrfache Bereitstellen von Nachweisen, sofern sie einer Übermittlung des jeweiligen Nachweises zustimmen.

Deutschland Eine zentrale Rolle für die Entlastungmassnahmen in Deutschland spielt der 2006 gegründete Nationale Normenkontrollrat. Dabei handelt es sich um eine unabhängige Instanz, welche die ausgewiesenen Regulierungskosten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung validiert. Im Bereich der Entlastungsmassnahmen setzte Deutschland von 2007 bis 2011 auf ein verbindliches Reduktionsziel von 25 Prozent. Seit 2015 gilt eine verbindliche One-in-one-out-Regelung, um den Erfüllungsaufwand der durch Regulierungen entsteht, dauerhaft zu begrenzen.25 Weiter hat der deutsche Gesetzgeber in drei sogenannten Bürokratieentlastungsgesetzen (BEG I-III)26 verschiedene konkrete Einzelmassnahmen getroffen, die durch Anpassungen anderer Erlasse umgesetzt werden. Zudem wird mit Hilfe von Lebenslagenbefragungen die 23

24

25 26

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Bessere Rechtsetzung: Mit vereinten Kräften für bessere Rechtsvorschriften, COM(2021) 2019 final.

Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Okt. 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012, ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 1.

Normenkontrollrat, Gesamtkonzept Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung, abrufbar unter: www.normenkontrollrat.bund.de > Über uns > Gesamtkonzept.

Erstes Bürokratieentlastungsgesetz, abrufbar unter: bgbl.de > Kostenloser Bürgerzugang > Bundesgesetzblatt Teil I > 2015 > Nr. 32 vom 31.07.2015 > Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie. Zweites Bürokratieentlastungsgesetz, abrufbar unter: bgbl.de > Kostenloser Bürgerzugang > Bundesgesetzblatt Teil I > 2017 > Nr. 44 vom 05.07.2017 > Zweites Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz).

Drittes Bürokratieentlastungsgesetz, abrufbar unter: bgbl.de > Kostenloser Bürgerzugang > Bundesgesetzblatt Teil I > 2019 > Nr. 42 vom 28.11.2019 > Drittes Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz).

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wahrgenommene Regulierungsbelastung in wichtigen Lebensstationen von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern alle zwei Jahre erfasst.27 Bezüglich der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen verpflichtet das Gesetz vom 14. August 2017 zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG)28 einerseits Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 202229 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Ausserdem müssen die Verwaltungsportale von Bund und Ländern zu einem Portalverbund miteinander verknüpft werden. Mit dem Portalverbund wird sichergestellt, dass die Benutzerinnen und Benutzer über alle Verwaltungsportale von Bund und Ländern einen barriere- und medienbruchfreien Zugang zu elektronischen Verwaltungsleistungen erhalten. Bund und Länder müssen im Portalverbund Nutzerkonten bereitstellen, über die sich die Benutzerinnen und Benutzer für die im Portalverbund verfügbaren elektronischen Verwaltungsleistungen einheitlich identifizieren können. Insgesamt wurden knapp 600 gemäss OZG zu digitalisierende Verwaltungsleistungen (sog. OZG-Leistungen) identifiziert. Im sogenannten OZG-Umsetzungskatalog sind die OZG-Leistungen in 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen gebündelt und 14 übergeordneten Themenfeldern (z B «Familie & Kind» und «Unternehmensführung & -entwicklung») zugeordnet. Der OZG-Umsetzungskatalog orientiert sich dabei nicht an behördlichen Zuständigkeiten, sondern an der Nutzerperspektive von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen.

Grossbritannien Grossbritannien kennt seit 1998 diverse Qualitätskriterien guter Regulierung. Solche sind seit 2006 in Artikel 2 des Legislative and Regulatory Reform Act 2006 auch gesetzlich verankert. Mit dem Regulatory Policy Committee besteht seit 2009 eine unabhängige Instanz, welche die von den britischen Departementen durchgeführten Folgenanalysen und Kostenschätzungen verifiziert.30 Als institutionalisiertes Abbaukonzept hat Grossbritannien 2011 die One-in-X-out-Regelung eingeführt. Diese wurde bis hin zu einer One-in-three-out-Regel stetig ausgebaut. Mit dem «Business Impact Target» wird ein quantitatives Reduktionsziel verfolgt, das die direkten Kosten von Rechtsvorschriften in einer Legislaturperiode plafoniert.31 Weiter besteht eine Better Regulation Unit in jedem Departement sowie eine übergeordnete Better Regulation Executive für die gesamte Regierung, die bessere Regulierung in den Departementen fördern und Hilfestellung bieten.32

27 28 29 30 31

32

Statistisches Bundesamt, Wissenswertes zur Lebensbefragung, abrufbar unter: www.amtlich-einfach.de >Hintergrund > Zufriedenheitsbefragung.

Gesetz vom 14. Aug. 2017 zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen, abrufbar unter: www.onlinezugangsgesetz.de > Grundlagen > Onlinezugangsgesetz.

Der Stand der Umsetzung ist abrufbar unter: https://dashboard.ozg-umsetzung.de.

Regulatory Policy Committee (2020), About us, abrufbar unter: www.gov.uk > Business and industry > Business regulation > About us.

Department for Business, Energy and Industrial Strategy (2019), Business Impact Target Statutory Guidance, abrufbar unter: www.gov.uk > Business and industry > Business regulation > Regulation reform.

Department for Business, Energy and Industrial Strategy (2020), Better Regulation Framework Interim Guidance, abrufbar unter: www.gov.uk > Environment > Climate change and energy.

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Anfang 2022 kommunizierte die Regierung, dass sie das Better Regulation Framework reformieren will und so die durch den Brexit gewonnene Regulierungsfreiheit nutzen will. So soll das Business Impact Target in seiner derzeitigen Form abgeschafft werden und durch einen überarbeiteten Indikator ersetzt werden, der ein breiteres Spektrum an Auswirkungen als die aktuell verwendeten direkten Nettokosten für Unternehmen erfasst. Zudem sollen die Ministerien zu einem frühen Zeitpunkt den Regulierungsbedarf aufzeigen und mögliche Alternativen prüfen. Zusätzlich soll ein stärkeres Gewicht auf die Evaluierung der bestehenden Regulierung gelegt werden.

Die Ministerien werden aufgefordert, bei der Vorlage von Regulierungsvorschlägen die Kriterien für die spätere Beurteilung mitzuteilen. Eine Wiedereinführung einer One-in-X-out-Regelung nach deren Auslaufen im Jahr 2017 wird diskutiert.33 Österreich In Österreich befasst sich die Verwaltung seit 2013 mit den Auswirkungen geplanter Regelungsvorhaben auf Unternehmen, insbesondere KMU. Dabei werden finanzielle Aspekte als auch die Internationalisierung, Innovationsfähigkeit und die Neugründungen bzw. Unternehmensübernahmen betreffend möglichen Auswirkungen berücksichtigt.34 Zudem führte Österreich 2015 die One-in-one-out-Regelung ein.35 Betreffend die Digitalisierung werden Online-Serviceangebote flächendeckend von öffentlichen Einrichtungen, Gemeinden, Sozialversicherungsträgern und dem Bundeskanzleramt zur Verfügung gestellt mit dem Ziel, Unternehmen durch digitale Behördengänge von bürokratischem Aufwand zu entlasten.

Das Unternehmensserviceportalgesetz regelt die Einrichtung und den Betrieb eines zentralen Internetserviceportals für Unternehmen zur Unterstützung beim elektronischen Austausch von Informationen zwischen Teilnehmenden und bei der Bereitstellung von Informationen. Das Unternehmensserviceportalgesetz beinhaltet umfassende, auf die Unternehmen zugeschnittene Informationen und Verwaltungsverfahren und erlaubt die Verwaltung sämtlicher Anwendungen mit einer Anmeldung (single sign-on). Seit 2018 ist eine durchgängig elektronische Unternehmensgründung möglich. Das ebenfalls 2018 eingeführte Once-only-Prinzip bestimmt, dass Unternehmen sämtliche Daten nur einmal an die öffentliche Hand übermitteln müssen. Das am 1. Januar 2020 in Kraft getretene Recht
auf elektronischen Verkehr mit Behörden verpflichtet zudem alle Behörden, die Bundesgesetze umsetzen, elektronische Zustellungen von bundesbehördlichen Dokumenten an Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen

33

34

35

Regulatory Policy Committee (2022), Government responds to the Better Regulation Framework consultation, abrufbar unter: www.blog.gov.uk > Government responds to the Better Regulation Framework consultation - Regulatory Policy Committee.

Bundeskanzleramt (2012), Handbuch Wirkungsorientierte Folgenabschätzung, abrufbar unter www.oeffentlicherdienst.gv.at > Wirkungsorientierte -Verwaltung > Berichte & Service > Handbücher & Folder.

CEPS (2019), Feasibility study: Introducing «one-in-one-out» in the European Commission, abrufbar unter: www.ceps.eu > ceps publications > feasibility study introducing one in one out in the European commission.

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zu ermöglichen. Unternehmen sind ihrerseits verpflichtet an der elektronischen Zustellung teilzunehmen.36

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Der Gesetzesentwurf sieht als erstes Element Regulierungsgrundsätze vor, die bei der Ausarbeitung von neuen Erlassen und bei der Evaluation von bestehendem Recht als Leitlinien und Hilfestellung für eine volkswirtschaftlich effiziente und für Unternehmen möglichst wenig belastende Regulierung dienen sollen.

Ein zweites Element stellen verschiedene Prüfpflichten dar, mit welchen die verantwortlichen Einheiten der Bundesverwaltung gesetzlich verpflichtet werden, bei der Erarbeitung von neuen Rechtssetzungsvorhaben gezielt Vereinfachungsmassnahmen für Unternehmen und KMU zu prüfen. Allfällige Entlastungsmöglichkeiten für Unternehmen sollen im Rechtssetzungsprozess explizit analysiert und frühzeitig diskutiert werden.

Das dritte Element sind konkrete Vorgaben zur Schätzung der Regulierungskosten für Unternehmen bei neuen Regulierungsvorhaben. Schätzungen der Regulierungskosten erfolgen grundsätzlich im Rahmen einer RFA, in der auch die Auswirkungen auf die Umwelt und Gesellschaft analysiert werden. Frühzeitige und qualitativ gute Regulierungskostenschätzungen erhöhen die Transparenz über die Belastungen der Unternehmen, ermöglichen Abwägungen von Regulierungsalternativen und stärken die Entscheidungsgrundlagen von Bundesrat und Parlament.

Als viertes Element wird ein Auftrag zur Überwachung der Regulierungsbelastung der Unternehmen formuliert. Dieses Monitoring soll auf einfach verfügbaren Indikatoren und Informationen aufbauen und die Entwicklung von neuen Belastungen aufzeigen. Ziel des Monitorings ist es, Problembereiche mit besonders hoher Belastung zu identifizieren.

Mit den Bereichsstudien als fünftes Element des Gesetzesentwurfs soll zudem ein Instrument verankert werden, das die Belastungen der Unternehmen aufgrund bereits bestehender Regulierungen in den Fokus nimmt. So soll jedes Jahr eine bestimmte Anzahl Regulierungsbereiche ausgewählt werden, in welchen im Rahmen von Bereichsstudien Entlastungspotenzial identifiziert und konkrete Verbesserungsmassnahmen vorgeschlagen werden. Bei den Entlastungsvorschlägen sind die volkswirtschaftlichen Auswirkungen aufzuzeigen und damit auch der Nutzen der Regulierung zu berücksichtigen.

Der Bundesrat erstattet gegenüber dem Parlament alle vier Jahre Bericht über die Erkenntnisse aus dem Monitoring der Regulierungsbelastung, die Entlastungsvorschläge aus den Bereichsstudien, deren Umsetzung sowie allfällige weitere Anstrengungen 36

Österreichisches Parlament (2021), Forschungsausschuss beschließt «Once-Only-Plattform» für Meldungen von Unternehmen und behördlichen Datenaustausch, abrufbar unter: www.parlament.gv.at > Parlament aktiv > Parlamentskorrespondenz > Meldungen im Jahr 2021 > PK-Nr. 838.

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im Bereich administrative Entlastung. Sowohl die Berichterstattungspflicht als auch die erwähnten Elemente Monitoring und Bereichsstudien sind auf zehn Jahre befristet.

Als sechstes Element soll der Gesetzgeber mittels einer expliziten rechtlichen Grundlage den Bundesrat beauftragen, eine zentrale elektronische Plattform zur vereinfachten Abwicklung von Behördenleistungen zu betreiben. Im 4. Abschnitt des vorliegenden Gesetzesentwurfes finden sich daher Bestimmungen über den Zweck sowie die Funktionen der zentralen elektronischen Plattform und betreffend die Verwendung zum Vollzug von Bundes- sowie von kantonalem Recht. Letztere sieht dabei vor, dass bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, die mit dem Vollzug von Bundesrecht beauftragten Stellen, verpflichtet werden, ihre Behördenleistungen für Unternehmen über die zentrale elektronische Plattform zugänglich zu machen. Ziel ist es, dass die Verwaltungsebenen eng zusammenarbeiten und Infrastrukturen gemeinsam nutzen, um dadurch den Unternehmen möglichst nutzerfreundliche, zielgruppengerechte, sowie ressourcensparende digitale Informationen und Dienste zur Verfügung zu stellen.

Eine Standardsetzung ist hierfür unabdingbar.

Des Weiteren äussert sich der E-UEG im 4. Abschnitt auch zur Kostenaufteilung zwischen Bund, Kantonen und den mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten. Zudem wird mit Artikel 15 eine gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten sowie von Daten juristischer Personen durch das SECO für die zentrale elektronische Plattform geschaffen. Schliesslich äussert sich der 4. Abschnitt auch zur Aufbewahrungsfrist der Daten und zum Zugang zu amtlichen Dokumenten im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 2004 (BGÖ)37.

4.2

Umsetzungsfragen

Geplante Umsetzung Basierend auf dem vorliegenden Gesetzesentwurf bedarf es Anpassungen bei den Weisungen, Leitfäden und Richtlinien des Bundesrats und der Bundesverwaltung.

Insbesondere wird zu prüfen sein, inwiefern die RFA-Richtlinien des Bundesrats, der Botschaftsleitfaden, der Gesetzgebungsleitfaden und die Richtlinien für Bundesratsgeschäfte anzupassen sind. Zudem wird der Bundesrat die verantwortliche Stelle für das Monitoring bezeichnen.

Hinsichtlich der zentralen elektronischen Plattform gewährleistet das SECO nach Artikel 9 Absatz 1 deren Bereitstellung, Planung und Gestaltung. Es ist verantwortlich für den bedarfsgerechten Ausbau, die Bewirtschaftung und die Unterstützung der Behörden beim Zugänglichmachen ihrer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform. Des Weiteren kann die Bundeskanzlei (BK) Ausnahmen von der Verpflichtung des Zugänglichmachens elektronischer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform vorsehen, in Zusammenarbeit mit dem SECO und DVS technische, organisatorische und prozedurale Standards verbindlich erklären (soweit dies für die Interoperabilität anderer Systeme mit der zentralen elektronischen Plattform erforderlich ist) und Fristen für die Umsetzung der Verpflichtung des 37

SR 152.3

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Zugänglichmachens elektronischer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform vorsehen. Im Rahmen der Departementsverordnung soll zudem näher auf die Datensicherheit eingegangen werden.

Prüfung der Vollzugstauglichkeit im vorparlamentarischen Verfahren Die Vollzugstauglichkeit des Entwurfs wurde im Rahmen der in Auftrag gegebenen externen RFA untersucht. Die Studie kommt zum Schluss, dass eine Quantifizierung der Regulierungskosten bei gewissen Vorlagen schwierig sein kann, da aussagekräftige Kostenschätzungen nicht immer möglich sind resp. sich die Kosten in manchen Fällen nicht mit einer einheitlichen Methodik schätzen lassen. Diesen Grenzen bei der praktischen Anwendung wird mit pragmatisch ausgestalteten Schätzpflichten (vgl.

Ziff. 5.2) Rechnung getragen, sie können aber unter Umständen die Aussagekraft des geplanten Monitorings einschränken. Bei den vorgeschlagenen Regulierungsgrundsätzen liegt der kritische Punkt bei der Kontrolle der praktischen Anwendung. Da die Grundsätze thematisch relativ breit formuliert sind und primär als Leitlinien dienen sollen, wird auch keiner Verwaltungseinheit eine explizite Verantwortung übertragen, die Einhaltung der Prinzipien zu kontrollieren. Diese Herausforderungen im praktischen Vollzug der erwähnten Massnahmen, könnten deren erhoffte Wirkung tendenziell etwas abschwächen. Allerdings obliegt die Verantwortung zur Gewährleistung, dass die Prinzipien eingehalten werden, der jeweils federführenden Verwaltungseinheit; damit sind die Verantwortlichkeiten klar geregelt. Die entsprechende Quantifizierung der Regulierungskosten kann zudem mit den bestehenden und gut etablierten Prozessen (Ämterkonsultation, Vernehmlassung usw.) von der Verwaltung und von der Öffentlichkeit auf ihre Qualität und Korrektheit überprüft und Verbesserungen können beantragt werden.

Bereitstellung der Methodik zu Regulierungskostenschätzungen und Bereichsstudien Das SECO stellt den anderen Verwaltungseinheiten eine Methodik zur Schätzung der Regulierungskosten und zur Durchführung der Bereichsstudien sowie weitere Hilfsmittel und Leitfäden zur Verfügung.

Geplante Evaluation des Gesetzes Artikel 19 des Gesetzesentwurfs soll den Bundesrat verpflichten, spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes dessen Inhalt und Vollzug auf ihre Notwendigkeit, Zweckmässigkeit,
Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Als Ergebnis dieser Evaluation wird ein Bericht zuhanden der Bundesversammlung erstellt, in dem nötigenfalls Änderungen des Gesetzes und gegebenenfalls Verlängerungen der befristeten Massnahmen vorgeschlagen werden.

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5

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

5.1

Abschnitt: Regulierungsgrundsätze

Die gesetzlichen Regulierungsgrundsätze dienen als Leitlinien und Hilfestellung für eine volkswirtschaftlich effiziente, respektive für Unternehmen möglichst wenig belastende Regulierung. Sie sollen bei der Ausarbeitung von neuen Erlassen, der Ausgestaltung des Vollzugs sowie bei der Evaluation des bestehenden Rechts als Richtlinie dienen.

Weiter liegt es in der Natur von Grundsätzen, dass die darin festgehaltenen Pflichten allgemein und prinzipienbasiert formuliert sind. Bestimmte Einheiten der Bundesverwaltung unterliegen nach geltendem Recht bereits detaillierteren, gleichwertigen oder gar strengeren Anforderungen an die Rechtsetzung sowie den Anforderungen an Regulierungskostenschätzungen und der Evaluation von geltenden Erlassen. Diese, in der Regel auf spezifische Wirtschaftsbereiche oder Sachgebiete anwendbaren, gesetzlichen Bestimmungen behalten ihre Gültigkeit und gehen den hier vorgesehenen Grundsätzen vor. Beispiele für solche Bestimmungen finden sich etwa in Artikel 4 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 199538 über die technischen Handelshemmnisse, in Artikel 7 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199039 oder in Artikel 7 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 200740 und seinen Ausführungsbestimmungen41. Letztere regeln unter anderem wie die Regulierungsgrundsätze angewendet und wie die Aspekte Verhältnismässigkeit, Differenzierung und internationale Standards bei der Regulierungstätigkeit berücksichtigt werden sollen.

Art. 1

Rechtsetzung

Artikel 1 umfasst Regulierungsgrundsätze für die Ausarbeitung von rechtsetzenden Erlassen des Bundes und zielt dabei auf allgemeine volkswirtschaftliche Prinzipien ab. Der Geltungsbereich ist bewusst breit formuliert. Als «rechtsetzend» gelten Bestimmungen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen (Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200242 [ParlG]).

Bst. a Buchstabe a beschreibt den Grundsatz der volkswirtschaftlichen Effizienz. Dieser setzt voraus, dass diejenige Ausgestaltung einer Regulierung (Regulierungsvariante) mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft gewählt werden soll. Unter einer «Regulierungsvariante» werden die verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten eines Erlasses verstanden, mit denen ein Regulierungsziel erreicht werden kann. Es gilt also, einerseits die Kosten und andererseits den 38 39 40 41

42

SR 946.51 SR 616.1 SR 956.1 Bundesrat (2019), Bundesrat verabschiedet neue Verordnung zum Finanzmarktaufsichtsgesetz, Medienmitteilung vom 13. Dez. 2019, abrufbar unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Medienmitteilungen des Bundesrats > Bundesrat verabschiedet neue Verordnung zum Finanzmarktaufsichtsgesetz.

SR 171.10

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Nutzen, respektive Zielerreichungsgrad, der Regulierungsalternative zu eruieren.

Diese Wirkungen werden im Rahmen einer RFA abgeklärt und beinhalten auch die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. Idealerweise können die Kosten und Nutzen quantitativ ausgewiesen werden, ansonsten ist eine qualitative Darstellung der Auswirkungen notwendig. Für die methodische Vorgehensweise zur Bestimmung der Auswirkungen einer Vorlage wird auf das RFA-Handbuch des SECO verwiesen.43 Bst. b Buchstabe b legt den Grundsatz für die Entlastung der Unternehmen fest. Die Belastungen von Unternehmen durch Regulierungskosten sollten möglichst früh im Rechtsetzungsprozess identifiziert und entsprechende Alternativen geprüft werden. Die frühzeitige Analyse ermöglicht es, die Belastung von Unternehmen bereits bei den ersten Überlegungen zu verschiedenen Ausgestaltungsalternativen zu berücksichtigen. Insbesondere gilt es zu beachten, dass Instrumente wie Verbote, Monopole und Konzessionen, Bewilligungspflichten, Fähigkeitszeugnisse oder technische Vorschriften hohe Kosten verursachen können. Mildere Instrumente wie Meldepflichten statt Bewilligungspflichten, eine differenzierte Regulierung sowie die Möglichkeit zur zeitlichen Beschränkung der Regulierung verursachen in der Regel weniger Belastung für die Unternehmen. Eine differenzierte Regulierung berücksichtigt die unterschiedlichen Charakteristiken der Unternehmen bezüglich Branche, Grösse, Komplexität, Struktur, Geschäftstätigkeit oder Risiken. Widerspruchsverfahren, marktwirtschaftliche Instrumente, Nudges, verbesserte Informationsgrundlagen oder Selbstregulierungen stellen weitere Alternativen mit möglicherweise tieferen Kosten dar.

Für die Entlastung der Unternehmen ist es zentral, die Besonderheiten der KMU zu berücksichtigen. Oft weist die Regulierungsbelastung einen fixkostenähnlichen Charakter auf. Somit kann eine Regulierung, die auf Seiten des Unternehmens eine aktive Handlung verlangt, bei KMU zu einer überproportional höheren Belastung führen als bei Grossunternehmen.

Mit dem Grundsatz von Buchstabe b sollen die Anliegen von KMU, im Sinne eines Think-small-first-Prinzips, angemessen berücksichtigt werden. Gemäss diesem Prinzip ist bei der Ausarbeitung eines Erlasses zunächst von den Bedürfnissen und Belastungen der betroffenen KMU auszugehen. Schafft eine
Regulierung beispielsweise neue Handlungspflichten, deren Regulierungskosten von der Unternehmensgrösse unabhängig ist, so entstehen bei kleineren Unternehmen relativ gesehen grössere Belastungen. Eine solch vergleichsweise stärkere Belastung für KMU sollte, wenn möglich, vermieden werden, insbesondere durch Vereinfachungen, oder durch Ausnahmen, eine differenzierte Regulierung oder ein Opting-out. Um dies zu berücksichtigen, können auch KMU-Verträglichkeitstests durchgeführt oder eine Diskussion im KMUForum vorgesehen werden. Im Kanton Zürich kennt das Gesetz vom 5. Januar 200944 zur administrativen Entlastung der Unternehmen auch einen solchen Grundsatz.

43

44

WBF (2022), Regulierungsfolgenabschätzung: Handbuch, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Wirtschaftslage & Wirtschaftspolitik > Wirtschaftspolitik > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) > RFA-Handbuch.

LS 930.1

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Bst. c Buchstabe c legt den Grundsatz der Innovationsfreundlichkeit und der Technologieneutralität fest. Ein innovationsfreundliches regulatorisches Umfeld für Unternehmen umfasst eine Vielzahl von Faktoren, die hier nicht abschliessend diskutiert werden können. So sind beispielsweise ergebnisorientierte und technologieoffene Regelungsvorhaben meist innovationsfreundlicher als Regelungsvorhaben, die detailliert Prozesse, Materialien oder Technologien vorgeben. Zudem ist es im Sinne von innovationsfreundlicher Regulierung wichtig, dass deren Umsetzungsfristen so festgelegt werden, dass Unternehmen die neuen Bestimmungen in ihre langfristig angelegten Investitionsplanungen einbeziehen können. Da Unternehmen oftmals auf externe Finanzierungsquellen angewiesen sind, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Regulierungen den Zugang von Unternehmen zu Kapital nicht einschränken, so dass die Finanzierung von innovationsfreundlichen Investitionen sichergestellt ist. Letztendlich sind Regulierungen dann «innovationsfreundlich», wenn sie das Entstehen neuer Märkte nicht hemmen und Impulse für die Nachfrage nach innovativen Angeboten setzen. Dabei ist es entscheidend, Markteintrittsbarrieren zu verhindern und die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen nicht so zu beeinflussen, dass der Anreiz für Unternehmen den Marktanteil zu steigern, gedämpft wird.45 «Technologieneutralität» bedeutet, dass bei der Ausgestaltung von Regulierungen grundsätzlich auf Vorgaben oder Einschränkungen bezüglich der einzusetzenden technologischen Mittel verzichtet wird, sofern diese für die Erreichung des Regulierungsziels nicht absolut zwingend sind oder keine überwiegenden Schutzbedürfnisse bestehen.

Bst. d Buchstabe d beschreibt den allgemeinen Grundsatz zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität. Bei den dabei zu vermeidenden Wettbewerbsverzerrungen, gilt es nicht nur die tatsächlichen, sondern auch die potenziell möglichen Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Für eine wettbewerbsneutrale Ausgestaltung gilt es insbesondere auf eine zahlenmässige Begrenzung der Anbieter, eine Einschränkung der Preissetzungsfreiheit der Unternehmen (wobei dies bei gesetzlichen Höchstpreisen ausnahmsweise zulässig sein kann), eine Mengenbegrenzung oder wettbewerbsverzerrende Subventionen zu verzichten.

Der Grundsatz der staatlichen
Wettbewerbsneutralität hat innerhalb der Bundesverfassung einen hohen Stellenwert. So legt Artikel 94 Absatz 4 der Bundesverfassung (BV)46 ausdrücklich fest, dass Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (womit im Zusammenspiel mit dem Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit gemäss Artikel 27 BV auch jener der staatlichen Wettbewerbsneutralität erfasst wird) nur zulässig sind, wenn sie in der BV vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind (z. B. im Bereich von Radio und Fernsehen, Art. 93 BV, und unter Wahrung von Art. 36 BV). Vor diesem Hintergrund möchte Buchstabe d dafür Sorge tragen, dass 45

46

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V (2016), Studie Innovations-Check in der Gesetzesfolgenabschätzung - Gesetzgebung innovationsfreundlich gestalten, abrufbar unter: www.medianet-bb.de > Veröffentlichungen.

SR 101

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dieser verfassungsrechtliche Auftrag im Rahmen der Ausarbeitung von rechtsetzenden Erlassen des Bundes stets Beachtung findet. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle allerdings auch, dass dieser Grundsatz in erster Linie gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer gewährleisten möchte. Beispielsweise verbietet dieser keine unternehmerische Tätigkeit des Staates, soweit dieser mit gleichen Rechten und Pflichten im Wettbewerb auftritt und das private Angebot durch die staatliche Massnahme nicht geradezu verdrängt wird.47 Bst. e Buchstabe e legt den Grundsatz für eine sachgerechte, klare und bürgerfreundliche Formulierung von Erlassen fest. Die Erlasse sollen für die Adressanten möglichst ohne zusätzlichen Aufwand oder externe Unterstützung zu verstehen und umzusetzen sein. Der Grundsatz basiert auf der Idee von Artikel 7 des Sprachengesetzes vom 5. Oktober 200748, in dem dieselben Kriterien für Texte des Bundes im Allgemeinen festgehalten sind. Hier werden die Kriterien im Kontext der administrativen Entlastung aufgeführt.

Art. 2

Vollzug

Artikel 2 umfasst Grundsätze für eine aus Unternehmenssicht kostengünstige Ausgestaltung des Vollzugs von rechtsetzenden Erlassen des Bundes. Durch die Berücksichtigung der Grundsätze sollen unnötige administrative Belastungen für Unternehmen präventiv verhindert werden, ohne die Ziele einer Regulierung zu tangieren.

Die konkrete Umsetzung dieser Regulierungsgrundsätze erfolgt unter Berücksichtigung der geltenden Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­202349 (insbesondere seiner strategischen Initiative zum Once-only-Prinzip) und dem Programm Nationale Datenbewirtschaftung (NaDB).

Bst. a Buchstabe a zielt darauf ab, die Anzahl unterschiedlicher Kontaktstellen zwischen Unternehmen und Behörden möglichst gering zu halten. Die Interaktionen von Unternehmen mit staatlichen Behörden zum Vollzug von Regelungen (z. B. das Einholen einer Bewilligung) sollen sich auf möglichst wenige Behördenstellen beschränken.

Durch diese Reduktion wird auch die Anzahl notwendiger Behördengänge oder Kontaktaufnahmen seitens der Unternehmen reduziert.

Bst. b Buchstabe b zielt auf eine klare Kommunikation von Regelungen ab und ist in engem Zusammenhang mit Artikel 1 Buchstabe e zu sehen. Der Begriff «Regelungen» beinhaltet in diesem Zusammenhang alle möglichen Rechte und Pflichten, die den Unter47 48 49

Siehe BGE 143 II 425 E. 4.2; BGE 138 I 378 E. 6.2.2 S. 385 ff.

SR 441.1 Bundeskanzlei (2019), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023 - Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020-2023.

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nehmen aus einem Erlass entstehen. Ziel ist es, Regelungen so zu kommunizieren, dass den betroffenen Unternehmen möglichst wenig zusätzlicher Aufwand für das Verständnis und die Umsetzung der Pflichten entsteht. Es ist insbesondere auch bei Änderungen von bestehenden Regelungen zu beachten, dass die Unterschiede zu den früher geltenden Regelungen klar kommuniziert werden. Mögliche Instrumente für eine adressatengerechte Kommunikation können beispielsweise einfach verständliche Informationsbroschüren oder Webseiten sein. Hierzu wird auch auf die Teilrevision der Publikationsverordnung vom 7. Oktober 2015 (PublV)50 verwiesen, welche seit dem 1. Juli 2022 in Kraft ist. Diese sieht vor, dass die Erläuterungen für Verordnungen analog zu den Botschaften für Gesetze zu publizieren sind (Art. 26 PublV). Damit soll unter anderem die Funktion der Erläuterungen als Informationsquelle (Materialien) für die Auslegung gestärkt werden. Dies vereinfacht es den Unternehmen erheblich, sich über Verordnungen zu informieren.

Bst. c Buchstabe c knüpft an die Ordnungsfristenverordnung vom 25. Mai 201151 an und verankert deren Grundidee auf gesetzlicher Ebene. Ziel ist es, die Kosten zu reduzieren, die bei Unternehmen aufgrund von Wartezeiten und Prozessen bei erstinstanzlichen wirtschaftlichen Verfahren anfallen. Dies soll durch eine einfache und klare Ausgestaltung des Verfahrens geschehen. So muss beispielsweise bei einem Bewilligungsverfahren vorher klar festgelegt werden, welche Unterlagen das Unternehmen einreichen muss. Auch hier sind, ähnlich wie bei Buchstabe d allgemein festgehalten, wenn möglich digitale Erleichterungsmöglichkeiten einzuführen. Durch die Festlegung von fixen Bearbeitungsfristen werden die Unternehmen durch Planungssicherheit entlastet. Entsprechende Vorgaben zur Festlegung von angemessenen Fristen sind in Artikel 4 der Ordnungsfristenverordnung definiert.

Bst. d Buchstabe d soll die digitalen Möglichkeiten zur Verminderung der administrativen Belastung fördern. Die Kontakte zwischen Bund und Unternehmen sollen durch Digitalisierung erleichtert werden. Wichtig ist dabei, nicht nur einzelne Formulare zu digitalisieren, sondern die gesamten Abläufe mit Hilfe digitaler Mittel zu erleichtern.

Bst. e In Buchstabe e wird der Kontakt zwischen Behörden und Unternehmen mittels Formularen geregelt. So
sollen insbesondere innerhalb einer Verwaltungseinheit die Formulare soweit wie möglich vereinheitlicht und vereinfacht werden. Eine einheitliche Gestaltung von Formularen verbessert die Übersichtlichkeit und reduziert den Bearbeitungsaufwand für Unternehmen. Unter einfacher Ausgestaltung wird beispielsweise der Verzicht auf nicht zwingend notwendige Fragen oder schriftliche Erklärungen verstanden. Auch Erleichterungen mittels Digitalisierung sind denkbar. Ein Beispiel für eine digitale Erleichterung bei Formularen ist das automatische ein- bzw.

ausblenden von Folgefragen, basierend auf vorher gegebenen Antworten.

50 51

SR 170.512.1 SR 172.010.14

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Bst. f Buchstabe f bestimmt risikobasierte Kontrollen als das Standardvorgehen bei der Ausgestaltung des Vollzugs. Kontrollen verursachen bei Unternehmen insbesondere Personalkosten für die Vorbereitung und die Begleitung der Inspektorinnen und Inspektoren.

Durch die gezielte Wahl der zu kontrollierenden Unternehmen aufgrund verschiedener Risikoindikatoren soll ein hohes Schutzniveau bei reduzierter administrativer Belastung für die Unternehmen erreicht werden. Die Formulierung des Grundsatzes schliesst weder flächendeckende Kontrollen noch ergänzende Auswahlkriterien aus.

So kann die risikobasierte Wahl auch durch eine Zufallskomponente oder durch sogenannte «reaktive» Kontrollen infolge einer Anzeige oder Meldung Dritter ergänzt werden. Ein Beispiel für eine risikobasierte Kontrolle stellt der Vollzug des Lebensmittelrechts dar. Der Risikowert eines Unternehmens wird dabei aufgrund unterschiedlicher Kriterien ­ wie dem Ergebnis der letzten Kontrollen, der Unternehmensgrösse oder der Branche ­ festgelegt. Je nach Risikowert wird das Kontrollintervall bzw. die Kontrollhäufigkeit bestimmt.52 Art. 3

Überprüfung

Abs. 1 Der in Absatz 1 festgehaltene Grundsatz soll in Erinnerung rufen, dass die Überprüfung von bestehendem Recht und von Vollzugsaufgaben auf Entlastungspotenzial eine dauerhafte Aufgabe des Bundes ist. Der Grundsatz impliziert keine neuen Evaluationsinstrumente, die Überprüfung soll grundsätzlich im Rahmen des normalen Rechtssetzungsprozesses und der bestehenden Evaluationstätigkeiten geschehen.

Abs. 2 Der in Absatz 2 festgehaltene Grundsatz zielt darauf ab, dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit in den Evaluationen von bestehendem Recht mehr Gewicht zu verleihen. Die Ex-post-Evaluationen des Bundes sollen die Ideen der in den Artikeln 1 und 2 festgehaltenen Grundsätze zur Erarbeitung effizienter Regulierungen vermehrt berücksichtigen. Dazu gehört beispielsweise die Überprüfung, ob ein verankertes Instrument immer noch das beste volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist.

52

Bundesrat (2019), Staatliche Kontrollen: Potenzial zur administrativen Entlastung für regelkonforme Unternehmen, abrufbar unter www.parlament.ch > 15.3117 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

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5.2 Art. 4

Abschnitt: Ausarbeitung von Erlassen Prüfpflichten

Abs. 1 In Absatz 1 wird die für die Ausarbeitung eines Erlasses des Bundes verantwortliche Stelle verpflichtet, verschiedene Punkte zu prüfen. Die aufgelisteten Prüfpflichten gelten für jegliche rechtsetzenden Erlassentwürfe. Weitere Prüfpflichten hinsichtlich der Botschaften werden in Artikel 141 Absatz 2 ParlG statuiert. Die Prüfpflichten des E-UEG zielen auf die Entlastung von Unternehmen ab, weshalb sie in diesem Gesetz verankert werden und als Ergänzung zu den bestehenden Prüfpflichten in Artikel 141 Absatz 2 ParlG zu betrachten sind.

Bst. a Diese Prüfpflicht greift den Regulierungsgrundsatz zur Entlastung von KMU (siehe Art. 1 Bst. b) auf und ergänzt ihn. Regulierungen können für Unternehmen mit Belastungen verbunden sein, die unabhängig von der Unternehmensgrösse sind und KMU vergleichsweise stärker treffen. Diese Belastungen stellen oft Fixkosten dar, die bei grösseren Unternehmen verhältnismässig weniger stark ins Gewicht fallen. Es gilt daher jeweils zu prüfen, ob eine relativ höhere Belastung der KMU besteht und ob vereinfachte oder differenzierte Regulierungen möglich, zweckmässig und kostengünstiger sind. Das Ziel ist, einer möglichen Benachteiligung von KMU durch kostengünstigere Lösungen entgegenzuwirken, ohne dabei den Nutzen der Regulierung zu stark zu schmälern.

Bst. b Mit dieser Prüfpflicht wird die verantwortliche Einheit der Bundesverwaltung verpflichtet, zu prüfen, ob Regulierungen, die weitergehen als vergleichbare Regulierungen im Ausland (sog. «Swiss Finish») vermieden werden können. Dies gilt insbesondere für Regulierungen der wichtigsten Handelspartner der Schweiz, wie beispielsweise der Europäischen Union. Grundsätzlich wird ein Swiss Finish nur dann angestrebt, wenn daraus ein entsprechender Zusatznutzen resultiert und auch die potenziell erhöhten Regulierungskosten in einem angemessenen Verhältnis dazu stehen. Bestehen jedoch für Schweizer Unternehmen höhere regulatorische Anforderungen als für ihre ausländische Konkurrenz, so kann dies ein Wettbewerbsnachteil darstellen.

Durch die Prüfpflicht wird sichergestellt, dass ein Swiss Finish explizit ausgewiesen und begründet wird.

Bst. c Diese Prüfpflicht ergänzt den Regulierungsgrundsatz zur vollumfänglichen Nutzung elektronischer und digitaler Behördenleistungen (siehe Art. 2 Bst. d). Die E-Government-Strategie des
Bundes trägt dazu bei, die Belastung für Unternehmen mit Hilfe neuer technologischer Mittel zu reduzieren. Die Verwaltung soll prüfen, ob mit Hilfe von E-Government-Lösungen und insbesondere der zentralen elektronischen Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen, der Vollzug der vorgesehenen Regulierung vereinfacht werden kann.

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Bst. d Diese Prüfpflicht ergänzt den Regulierungsgrundsatz der regelmässigen Überprüfung von bestehenden Erlassen (siehe Art. 3). Die bestehenden Regelungen im gleichen Bereich werden vom federführenden Amt auf mögliche Entlastungen überprüft, mit dem Ziel, wenig effiziente oder veraltete Regelungen aufzudecken und zu optimieren oder aufzuheben. Weiter sind mögliche Entlastungen im gleichen Bereich zu prüfen.

Abs. 2 In Absatz 2 wird festgehalten, dass die Ergebnisse der in Absatz 1 verlangten Prüfungen im erläuternden Bericht zur Vernehmlassung und in der Botschaft des Bundesrates ausgewiesen werden sollen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Prüfung entsprechend den Vorgaben durchgeführt wurde und die nötige Transparenz gewährleistet wird. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht die in Artikel 141 ParlG aufgelisteten Punkte ersetzt, sondern ergänzt.

Art. 5

Regulierungskostenschätzungen

Abs. 1 In Absatz 1 wird definiert, dass bei rechtsetzenden Erlassen des Bundes die anfallenden Regulierungskosten für die Unternehmen zu schätzen sind. Für die Pflicht zur Durchführung von quantitativen Kostenschätzungen ist entscheidend, ob die Kosten schätzbar sind. Der breite Anwendungsbereich trägt den Erfahrungen der Unternehmen Rechnung, dass sich die Regulierungslast oftmals aus einer Vielzahl verschiedener Regulierungen ergibt und auch kleinere Belastungen auf tiefen Normstufen in der Summe zu bedeutenden Belastungen für die Unternehmen führen können.

Die Federführung zur Regulierungskostenschätzung liegt bei der für den Erlass zuständigen Einheit der Bundesverwaltung. Die Schätzung der Regulierungskosten wird üblicherweise im Rahmen der RFA durchgeführt. Diese hat allerdings einen breiteren, volkswirtschaftlichen Fokus und analysiert die Auswirkungen auf die Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Die Regulierungskostenschätzungen können somit ein Bestandteil der RFA sein und diese ergänzen. Sie ersetzen aber die RFA nicht.

Als «Regulierungskosten» gelten alle Kosten, die den Unternehmen aufgrund von Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten anfallen. Als Handlungspflichten betrachtet werden u. a. Informations-, Melde-, Registrierungs- oder Bewilligungspflichten. Unterlassungspflichten beinhalten Verbote und Normen mit verbotsähnlicher Wirkung. Duldungspflichten implizieren die Akzeptanz von Handlungen Dritter.

Darunter können beispielsweise staatliche Kontrollen fallen, die ein Unternehmen zu «erdulden» hat. Regulierungskosten können einmalig (z. B. Umstellungs- oder Initialinvestitionen) oder wiederkehrend (z. B. jährliche Berichterstattungspflichten) anfallen, beide sollten in den Schätzungen berücksichtigt werden. Zudem sind Entlastungen für Unternehmen, beispielsweise durch den Wegfall oder die Vereinfachung von bestehenden Bestimmungen, grundsätzlich in Abzug zu bringen.

Ein Leitfaden zur Schätzung der Regulierungskosten wird vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) zur Verfügung gestellt.

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Abs. 2 Absatz 2 legt fest, dass die Ergebnisse der Kostenschätzungen jeweils im Bundesratsantrag, im erläuternden Bericht zur Vernehmlassung (gemäss Art. 6a des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200553) und in der Botschaft des Bundesrates (gemäss Art. 141 Abs. 2 ParlG) ausgewiesen werden müssen. Diese breite Kommunikation garantiert eine rechtzeitige Durchführung der Schätzungen und eine optimale Nutzung der generierten Informationen sowie die Möglichkeit für eine kritische Auseinandersetzung mit den Schätzungsergebnissen. Um die Einschätzung des Kosten-NutzenVerhältnisses zu erleichtern, sollen die Ergebnisse der Kostenschätzung dem erwarteten Nutzen gegenübergestellt werden. Falls der Nutzen nicht quantifizierbar ist, muss er zumindest qualitativ ausgewiesen und den Kosten gegenübergestellt werden.

Abs. 3 In der bestehenden Methodik wird zwischen direkten und indirekten Kosten unterschieden. Erstere sind in der Regel auf Handlungspflichten zurückzuführen. Typische Kategorien von direkten Regulierungskosten sind Personalkosten (z. B. für das Ausfüllen eines Formulars bei einer Meldepflicht), Investitionskosten (z. B. für Nachrüstungen im Produktionsprozess) oder finanzielle Kosten (z. B. die Gebühr für eine Bewilligung). Die indirekten Kosten treten meistens in der Form von entgangenen Gewinnen auf, beispielsweise aufgrund von Verboten oder Verzögerungen, und sind in der Regel schwieriger zu erfassen. Beide, direkte und indirekte Kosten, fallen unter die Definition der Regulierungskosten und sind für eine aussagekräftige Beurteilung der Regulierungsbelastung von Unternehmen relevant.

Die Regulierungskosten sollen soweit möglich quantitativ geschätzt werden. Die Schätzungen der Regulierungskosten sollen zweckdienlich und verhältnismässig sein.

Werden der Aufwand und die Komplexität für die Schätzung der Kosten oder auch einzelner Kostenkategorien als unverhältnismässig beurteilt, kann von einer quantitativen Schätzung abgesehen werden. Diese Regulierungskosten sollen zumindest qualitativ dargestellt werden und deren Ausmass soll soweit möglich beschrieben werden.

Ferner ist zu begründen, weshalb diese Kosten nicht quantifizierbar sind.

Für die Beurteilung, welche Regulierungskosten bei einer konkreten Vorlage quantitativ zu schätzen sind, bietet sich in erster Linie der Quick-Check54
an. Dieses Formular deckt neben den üblichen RFA-Prüfpunkten auch Fragen zu den Regulierungskosten ab und muss möglichst früh im Gesetzgebungsprozess ausgefüllt werden. Die im Quick-Check durchgeführte Relevanzanalyse zu den Auswirkungen auf die Unternehmen soll zu diesem Zweck als Entscheidungsgrundlage dienen. Da der Quick-Check verwaltungsintern der ersten Ämterkonsultation beizulegen ist, haben die konsultierten Ämter bereits frühzeitig die Möglichkeit, zu Beurteilungen der Schätzbarkeit von Regulierungskosten Stellung zu nehmen. Ferner bietet sich im Rahmen der Vernehmlassung insbesondere auch den von Regulierungen betroffenen Unternehmen und

53 54

SR 172.061 WBF (2020), Formular Quick-Check, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Wirtschaftslage & Wirtschaftspolitik > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) > Formular Quick-Check.

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Wirtschaftsverbänden die Gelegenheit, sich kritisch zu den durchgeführten Kostenschätzungen zu äussern.

Im Rahmen der Regulierungskostenschätzung sollten die Sowiesokosten von den kalkulierten Regulierungskosten abgezogen werden. Letzteres sind Kosten, die Unternehmen auch ohne die Einführung einer staatlichen Regelung tragen müssen. Ein klassisches Beispiel für Sowiesokosten ist die Einführung einer Regelung, die international gilt und von vielen Schweizer Unternehmen unabhängig von einer Schweizer Regulierung umgesetzt wird.

Bei Vorlagen bezüglich der Erhebung von Steuern gilt der zu entrichtende Steuerbetrag nicht als Regulierungskosten. Die Steuerabrechnung (z. B. das Ausfüllen einer Steuererklärung) stellt hingegen eine klassische Handlungspflicht dar und fällt entsprechend unter die Definition der Regulierungskosten. Auch bei Zöllen, Lenkungsabgaben und Sozialversicherungsabgaben gilt der an den Staat zu entrichtende Betrag nicht als Teil der Regulierungskosten, die Zeitaufwände für damit verbundene administrative Arbeiten aber schon. Kausalabgaben, die definitionsgemäss für eine bestimmte Leistung des Gemeinwesens an das einzelne Unternehmen erhoben werden, fallen hingegen unter die Definition der Regulierungskosten. Damit gemeint sind insbesondere Gebühren, wie etwa für die Eintragung in das Handelsregister oder im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens.

Abs. 4 Absatz 4 sieht vor, dass die federführende Einheit der Bundesverwaltung die Resultate der Kostenschätzung aktualisiert. Eine Aktualisierung ist notwendig, wenn der Erlassentwurf substanzielle Änderungen erfährt, die erhebliche Auswirkungen auf die Kosten der Unternehmen haben. Dies gilt grundsätzlich auch für Änderungen durch das Parlament. Weiter kann eine Aktualisierung sinnvoll sein, wenn sich der Kontext dahingehend ändert, dass die Regulierungskostenschätzung die entstehende Belastung nicht mehr adäquat abbildet.

Nach der letzten Änderung am Erlass, die bis zur Schlussabstimmung im Parlament erfolgen kann, sind die Ergebnisse der Kostenschätzung der für das Monitoring verantwortlichen Stelle zu melden. Die Sammlung der Resultate dient dem Zweck, eine substanzielle Datenbasis zu schaffen, und soll weiter im geplanten Monitoring verwendet werden.

5.3 Art. 6

Abschnitt: Monitoring und Bereichsstudien Monitoring der Belastung durch Regulierungskosten

Abs. 1 In Artikel 6 wird dem Bundesrat der Auftrag erteilt, die Entwicklung der Regulierungsbelastung für Unternehmen zu überwachen und dazu ein Monitoring zu schaffen. Die Verantwortung für das Monitoring soll beim WBF liegen.

Der Gesetzesartikel lässt die konkrete Ausgestaltung des Monitorings offen. Die gemäss Artikel 5 auszuweisenden Regulierungskosten können als Grundlage dienen.

Als weitere Komponente des Monitorings sollen Indikatoren entwickelt werden, 31 / 74

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welche die Belastung abbilden. Denkbar ist zudem, dass der bereits existierende Bürokratiemonitor in das Monitoring integriert wird. Ziel ist es, Auskunft über die Entwicklung der neuen regulatorischen Belastung von Unternehmen über die Zeit zu geben, problematische Bereiche zu identifizieren und damit auch eine Grundlage für die Auswahl der Bereichsstudien zu schaffen.

Abs. 2 Der Bundesrat wird die für das Monitoring verantwortliche Stelle auf Verordnungsstufe bezeichnen.

Art. 7

Bereichsstudien

Abs. 1 Die Bereichsstudien sind Analysen des bestehenden Rechts. Sie bilden damit einen zentralen Bestandteil des E-UEG und ergänzen die Aufgaben der Bundesbehörden, die primär neue Regulierungen betreffen (Prüfpflichten und Regulierungskostenschätzung). Mit der gezielten Evaluation von bestehendem Recht können Entlastungspotenziale für Unternehmen identifiziert und konkrete Entlastungsmassnahmen vorgeschlagen werden.

Der Bundesrat veranlasst jährlich drei bis fünf Bereichsstudien. Die Anzahl Bereichsstudien wird als Spannbreite festgelegt, damit sie entsprechend der Grösse der geplanten Bereichsstudien angepasst werden kann.

Die Wahl der Sachbereiche für die Bereichsstudien obliegt dem Bundesrat. Dem Mechanismus der Wirksamkeitsüberprüfungen (Art. 170 BV) folgend werden die geplanten Bereichsstudien in den Bundesratszielen aufgenommen. Gemäss Artikel 144 Absatz 1 ParlG werden die Jahresziele dem Parlament bekannt gegeben, wodurch das Parlament rechtzeitig über die vorgesehenen Bereichsstudien informiert wird. Dem Parlament stehen Mittel zur Verfügung, eigene Schwerpunkte für die Bereichsstudien zu diskutieren und einzubringen. Schwerpunkte für die Bereichsstudien können beispielsweise in der Legislaturplanung festgelegt werden.

Um möglichst unabhängige Evaluationen zu gewährleisten, sollen die Bereichsstudien grundsätzlich verwaltungsextern vergeben werden. Wird eine Bereichsstudie verwaltungsintern erarbeitet, ist dies vor der Durchführung gegenüber dem Bundesrat zu begründen.

Inhaltlich stellen die Bereichsstudien Evaluationen geltender Erlasse eines Sachbereichs (Themas) dar. Als Sachbereiche gelten sowohl verschiedene Regulierungen innerhalb eines Sektors (z. B. das Lebensmittel- oder Revisionsrecht) als auch sektorenübergreifende Regulierungen (z. B. Bewilligungsverfahren, Kontrollen, Ordnungsfristen). In diesem Sinne gibt es keine besonderen Einschränkungen in Bezug auf den Inhalt der Bereichsstudien.

Wegen des dort vorhandenen Fachwissens ist das thematisch federführende Departement für die Durchführung der Bereichsstudien zuständig. Das SECO unterstützt die verantwortlichen Departemente bei der Durchführung der Bereichsstudien.

Die methodischen Grundlagen werden vom WBF zur Verfügung gestellt und dienen dazu, die Durchführung der Bereichsstudien zu erleichtern und soweit zweckmässig 32 / 74

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gewisse einheitliche Anforderungen festzuhalten. Je nach Themenbereich und Regulierung kann die Methodik aber auch entsprechend angepasst werden.

Abs. 2 In Absatz 2 wird der Mechanismus zur Auswahl der Themen für die Bereichsstudien festgelegt. Die Departemente erhalten den Auftrag, jährlich mindestens einen Vorschlag aus ihrem Fachgebiet zu unterbreiten, der sich für die Durchführung einer Bereichsstudie eignet. Zusätzlich können die Departemente auch weitere Themenvorschläge einbringen, beispielsweise basierend auf Rückmeldungen aus der Wirtschaft oder Umfragen. Auch das geplante Monitoring soll als wichtige Informationsgrundlage dienen.

Abs. 3 Den Kantonen wird die Möglichkeit eingeräumt, ebenfalls Themenvorschläge für Bereichsstudien einzubringen. Damit wird der Natur der Regulierungsbelastung Rechnung getragen, die nicht nur durch Regulierungen im Kompetenzbereich des Bundes, sondern auf allen föderalen Ebenen entsteht. Zudem sind die Kantone oftmals für die Umsetzung von Bundesrecht zuständig und sind damit näher an dessen Kostenwirkung. Auch die gesamtschweizerischen Wirtschaftsdachverbände sollen die Möglichkeit erhalten, Themen vorzuschlagen.

Abs. 4 Das Ziel der Bereichsstudien besteht primär darin, Verbesserungsmassnahmen zur Entlastung der Unternehmen aufzuzeigen. Um bei der Beurteilung der vorgeschlagenen Massnahmen eine einseitige Sichtweise auf die Unternehmen und ineffiziente Regulierungen zu vermeiden, sind aber auch der Nutzen und die breit verstandenen volkswirtschaftlichen Auswirkungen (d. h. auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt) umfassend zu berücksichtigen. Dies beinhaltet insbesondere eine Gegenüberstellung der potenziellen Entlastungswirkung und der möglichen Nutzeneinbussen.

Die Bereichsstudien sind nach der Fertigstellung durch die federführende Verwaltungseinheit zu veröffentlichen. Die Pflicht zur Publikation garantiert die Transparenz über Entlastungsmöglichkeiten und leistet einen Beitrag für die öffentliche Diskussion über die Reduktion der Regulierungsbelastung von Unternehmen.

Abs. 5 Der Bundesrat entscheidet basierend auf einem Bundesratsantrag des federführenden Departements über die Umsetzung, d h über das weitere Vorgehen bei den konkret vorgeschlagenen Massnahmen. Massnahmen, die im Rahmen von verwaltungsexternen Bereichsstudien erarbeitet werden, können somit zunächst immer auch verwaltungsintern diskutiert werden, bevor sie dem Bundesrat zum Entscheid vorgelegt werden.

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Art. 8

Berichterstattung

Alle vier Jahre legt der Bundesrat einen Bericht vor, in dem er das Parlament über durchgeführte Arbeiten zur Entlastung von Unternehmen informiert. Im Bericht werden die Ergebnisse des Monitorings präsentiert. Je nach Ausgestaltung des Monitorings erlaubt dies Aussagen über die Entwicklung der Regulierungsbelastung und gibt Informationen über besonders belastende Regulierungsbereiche. Idealerweise informiert der Bericht über die zukünftigen Bereichsstudien. Ferner wird eine Übersicht über die Entlastungsvorschläge aus den durchgeführten Bereichsstudien präsentiert und es wird über deren Umsetzungsstand informiert. Ergänzt wird der Bericht mit weiteren Massnahmen und Tätigkeiten des Bundesrates, welche zu einer Reduktion der Regulierungsbelastung geführt haben.

5.4

Abschnitt: Elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen

5.4.1

Einleitende Bemerkung

Die Begriffe «Plattform» und «Portal» werden in der vorliegenden Botschaft als synonyme Ausdrücke für Infrastrukturen zur elektronischen Interaktion zwischen Mensch und Maschine verwendet.

5.4.2

Übersicht

Der vierte Abschnitt des vorliegenden Gesetzesentwurfs regelt die Bewirtschaftung, Bereitstellung, Planung und Gestaltung der zentralen elektronischen Plattform. Nebst der Regelung der Kosten, enthält er auch eine Kompetenzdelegation an die BK, damit diese ­ sofern es für die Interoperabilität anderer Systeme mit der zentralen elektronischen Plattform erforderlich ist ­ verbindliche technische, organisatorische und prozedurale Standards festlegen kann. Schliesslich äussert sich der vierte Abschnitt des E-UEG auch zu Fragen des Datenschutzes und des Öffentlichkeitsprinzips.

5.4.3

Grundsätzliches zur elektronischen Plattform

Eine moderne, effiziente öffentliche Verwaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes. E-Government ermöglicht Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien einen örtlich und zeitlich unabhängigen Zugang zu den Leistungen des Staates. Der Gang zum Amt oder zur Post wird so bei Bedarf weitgehend überflüssig. Die damit einhergehende Zeitersparnis führt insbesondere bei den Unternehmen zu einer Reduktion der administrativen Belastung. Das Verwaltungshandeln wird durch den Einsatz von E-Government schneller und kostengünstiger. Dies ermöglicht den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung einen besseren und zielgerichteten Einsatz der Ressourcen. Nicht zuletzt wird durch E-Government die Datenqualität,

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die Compliance mit Vorgaben und die Auswertung von Daten gestärkt oder erst ermöglicht.

Mit der verstärkten Einführung von E-Government nimmt die Anzahl Online-Zugänge für Behördenleistungen rapide zu. Bereits auf Stufe Bund, teilweise sogar innerhalb eines Bundesamtes, sind verschiedene Lösungen im Einsatz. Hinzu kommen unterschiedliche Verwaltungsportale auf kantonaler oder kommunaler Ebene. Wie aus der Nationalen E-Government-Studie von 201955 hervorgeht, profitieren die Unternehmen ­ und insbesondere KMU ­ von digitalen Behördenleistungen jedoch am meisten, wenn diese möglichst gebündelt über einen zentralen Zugang genutzt werden können.

Vor diesem Hintergrund wurde 2017 eine zentrale elektronische Plattform zur Abwicklung von Transaktionen zwischen Unternehmen und Behörden unter dem Namen EasyGov.swiss lanciert. Letztere unterstützt die digitale Transformation weg von behörden- hin zu kundenzentrierten Behördenleistungen. Auf dieser als One-Stop-Shop konzipierten Plattform können die Unternehmen alle angebotenen Behördenleistungen effizient und sicher über ein einziges Benutzerkonto mit weitgehend einheitlicher Benutzerführung abwickeln ­ über alle Behördenstufen vom Bund über den Kanton bis zur Gemeinde. So werden Unternehmen administrativ entlastet, sparen auch Zeit und gewinnen an Sicherheit über Verfahren, da z. B. die Suche nach der jeweils zuständigen Behörde sowie der Aufwand zur Suche der entsprechenden Behördenleistung entfällt.

Bundesbehörden, kantonale Behörden sowie mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten, die Bundesrecht vollziehen, sind nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf verpflichtet, Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten­ sofern diese elektronisch angeboten werden und das jeweils anwendbare Recht dem nicht entgegensteht ­ über die zentrale elektronische Plattform anzubieten. Selbstverständlich steht es den Behörden aber frei, ihre eigenen Online-Portale auch weiterhin zu betreiben. UID-Einheiten sind z. B. im Handelsregister eingetragenen Rechtsträger oder Vereine und Stiftungen ohne Mehrwertsteuerpflicht und Handelsregistereintrag, die AHV-Beiträge abrechnen (siehe Art. 3 Abs. 1 Bst. c des Bundesgesetzes vom 18. Juni 201056 über die Unternehmens-Identifikationsnummer).

Wird im Gesetzesentwurf von «zentral» gesprochen, so meint man damit eine
elektronische Plattform mittels welcher die Benutzerinnen und Benutzer über einen Zugang auf verschiedene Behördenleistungen, die für ein Unternehmen wichtig sind, zugreifen können. Die Begrifflichkeit nimmt dabei die Perspektive der Benutzerinnen und Benutzer ein, nicht jedoch diejenige der Behörden.

Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht aus einer technischen Perspektive eine plattformunabhängige und technologieneutrale Lösung vor. Konkret soll bei der Umsetzung des Gesetzes auf die bestehende Plattform EasyGov.swiss als One-Stop-Shop für Unternehmen gebaut werden. Diese kann aber auch ­ ohne dabei Auswirkungen auf

55

56

SECO (2019), Nationale E-Government Studie 2019, E-Government in der Schweiz aus Sicht der Bevölkerung, der Unternehmen und der Verwaltung, abrufbar unter: www.digitale-verwaltung-schweiz.ch > Publikationen.

SR 431.03

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die Umsetzung dieses Gesetzes zu haben ­ inskünftig durch eine andere technische Plattform abgelöst werden.

An dieser Stelle sei anzumerken, dass der gesetzliche Auftrag zum Betrieb einer zentralen elektronischen Plattform auf Bundesebene, keine Portal-Strategie in der heutigen föderalen IT-Landschaft von sektoralen Plattformen und Portalen darstellt.

Die Wahl des Integrationsmusters (siehe Anhang 1) erfolgt grundsätzlich nach Absprache mit dem jeweils schweizweit zuständigen Organ (z. B. Bundesamt, zuständige kantonale Fachdirektorenkonferenz usw.). Die Unternehmen und anderen UIDEinheiten können ihrerseits die Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform beziehen und, sofern diese bestehen, über dedizierte Zugangsportale einzelner Behörden. Bereits vorhandenen oder sich im Aufbau befindlichen dezentralen Lösungen wird somit auch zur Gewährleistung des Investitionsschutzes Rechnung getragen. So ist z B. im Bereich der Sozialversicherungen geplant, dass die zentrale elektronische Plattform mit dem bereits bestehenden und unter dem Namen Swissdec bekannten System für die staatlich vorgeschriebenen Lohnmeldungen verbunden wird und somit eine bestehende Infrastruktur nutzt.

Die zentrale elektronische Plattform nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf ist ein konkretes Beispiel eines als E-Service konzipiertes IKT-Mittels nach Artikel 11 des Entwurfs des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben57 (E-EMBAG). Der E-EMBAG schafft gemäss dessen Artikel 1 Buchstabe a die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit unter Behörden verschiedener Gemeinwesen und mit Dritten beim Einsatz elektronischer Mittel zur Unterstützung der Erfüllung von Behördenaufgaben. Die Bestimmungen des E-EMBAG kommen zur Anwendung, sofern das vorliegende Gesetz nichts Anderes vorsieht.

5.4.4 Art. 9

Erläuterungen zu den Artikeln 9 bis 18 Zweck

Abs. 1 Absatz 1 beauftragt das SECO, eine zentrale elektronische Plattform zur erleichterten Erbringung von Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c UIDG zu betreiben. Unter Artikel 9 Absatz 1 fallen auch Unternehmen im Ausland, welche Behördenleistungen in der Schweiz nutzen; dies unabhängig davon, ob sie bereits über eine schweizerische UID-Nummer verfügen.

Der Bundesrat kann gestützt auf seine Organisationsautonomie (Art. 178 Abs. 1 zweiter Satz BV sowie Art. 8 Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 [RVOG])58 die Zuständigkeit für die zentrale elektronische Plattform auch einer anderen Verwaltungseinheit nach Artikel 2 Absatz 2 RVOG zuordnen.

57 58

BBl 2022 805 sowie Botschaft vom 4. März 2022 zum Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (BBl 2022 804).

SR 172.010

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Der technische Betrieb der zentralen elektronischen Plattform wird nicht direkt durch das SECO, sondern durch einen internen Leistungserbringer gemäss Artikel 8 der Verordnung vom 25. November 202059 über die digitale Transformation und die Informatik (VDTI) sichergestellt. Gegenwärtig ist das Information Service Center des WBF (ISCeco) für den Betrieb der zentralen elektronischen Plattform zuständig. Weiter gilt Artikel 8 E-EMBAG hinsichtlich der Übertragung von Aufgaben im Bereich der administrativen Hilfstätigkeit. So kann die Durchführung von Beschaffungsverfahren nach dem öffentlichen Beschaffungsrecht an Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, übertragen werden, wenn der Bund ­ nicht aber Private ­ an der Organisation beteiligt ist und die Organisation keine Leistungen für Private erbringt (Art. 8 Abs. 2 E-EMBAG).

Das SECO gewährleistet die Bereitstellung, die Planung und Gestaltung der zentralen elektronischen Plattform, ist verantwortlich für deren bedarfsgerechten Ausbau und legt die Führungsprinzipien fest. Betreffend die Datensicherheit respektiert es die Vorgaben der geltenden Datenschutzgesetzgebung. Es beantragt die erforderlichen Ressourcen, nimmt die notwendigen Beschaffungen vor, kann die technische Ausgestaltung der Plattform festlegen, beauftragt in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden Studien und unterstützt die Behörden beim Zugänglichmachen ihrer Behördenleistungen auf der zentralen Plattform. Die technische Ausgestaltung betrifft keine Vorgaben gegenüber Dritten. Solche hätten Rechtssatzcharakter und wären nach Artikel 13 durch die BK (oder nach Art. 48 Abs. 1 RVOG durch das Departement) zu erlassen. Das SECO erinnert die Behörden an ihre Pflicht gemäss Artikel 11 Absatz 1.

Abs. 2 Nach Absatz 2 schliesst der gesetzte Fokus auf Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten nicht aus, dass das SECO die zentrale elektronische Plattform auch für Einzelpersonen öffnen kann ­ vorausgesetzt die angebotenen Behördenleistungen sind mit denjenigen für Unternehmen vergleichbar. Ein Beispiel für die Zurverfügungstellung der Plattform für Einzelpersonen ist die Erstellung von Betreibungsbegehren. Da sowohl Unternehmen und andere UID-Einheiten als auch Einzelpersonen Betreibungsbegehren einreichen können, bietet
die zentrale elektronische Plattform schon heute beiden den Zugang zu dieser Behördenleistung an.

Sieht ein anderer Erlass vor, dass eine bestimmte Behördenleistung über die zentrale elektronische Plattform abgewickelt werden kann, so hat die Bestimmung dieses Erlasses gegenüber der Regelung von Artikel 9 Absatz 2 Vorrang.

Art. 10

Funktionen

Abs. 1 Nach Absatz 1 unterstützt die zentrale elektronische Plattform die Benutzerinnen und Benutzer beim Verfassen von Eingaben an Behörden. Unter einer Benutzerin oder einem Benutzer versteht man immer eine natürliche Person. Demzufolge kann eine UID-Einheit selber nicht als Benutzerin in Erscheinung treten, sondern nur Personen, die von ihr zur Vornahme von Handlungen auf der zentralen elektronischen Plattform 59

SR 172.010.58

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entsprechend bevollmächtigt wurden. Unter den Begriff der Benutzerin oder des Benutzers fällt auch eine Einzelperson nach Artikel 9 Absatz 2, welche in eigenem Namen handelt.

Abs. 2 Absatz 2 nennt in Buchstabe a bis c die Möglichkeiten, welche die zentrale elektronische Plattform den Benutzerinnen und Benutzern bietet.

Bst. a Nach Buchstabe a können die Benutzerinnen und Benutzer die Daten zur späteren Verwendung für Eingaben an Behörden erfassen und verwalten. Die Eingaben erfolgen dabei grundsätzlich manuell. In geeigneten Fällen können diese auch über Schnittstellen erfolgen.

Bst. b Buchstabe b sieht vor, dass die Benutzerinnen und Benutzer die Daten aus amtlichen Registern importieren können, soweit die Rechtsgrundlage der Register dem nicht entgegensteht.

Zur Umsetzung der Buchstaben a und b unterstützt die zentrale elektronische Plattform im Rahmen der rechtlichen und technischen Möglichkeiten das Once-Only-Prinzip. Die Benutzerinnen und Benutzer müssen regelmässig benötigte Daten wie Adressen, die UID oder die Bankverbindung nur einmal erfassen oder können diese direkt aus digital verfügbaren Behördenregistern importieren. Die zentrale Plattform führt selber keine amtlichen Register. Die Hoheit über amtliche Register bleibt unverändert bei den zuständigen Behörden. Die auf der zentralen elektronischen Plattform gehaltenen Daten stehen unter ausschliesslicher Kontrolle der Benutzerinnen und Benutzer.

Diese können die Daten bei Bedarf anpassen oder löschen und über deren Übermittlung an die für die Behördenleistung zuständige Behörde entscheiden.

Bst. c Nach Buchstabe c bietet die zentrale elektronische Plattform den Benutzerinnen und Benutzern die Möglichkeit Dokumente an eine Behörde zu übermitteln oder von einer Behörde zu empfangen, soweit das jeweils anwendbare Recht dem nicht entgegensteht. Die Bestimmung von Buchstabe c kann grundsätzlich nach verschiedenen Integrationsmustern (siehe die Erläuterungen zu Art. 11 Abs. 1 sowie Abb. 1 in Anhang 1) und unter Berücksichtigung verbindlicher Standards gemäss Artikel 13 umgesetzt werden.

Die Übermittlung von Eingaben an Behörden kann nur durch die Benutzerin oder den Benutzer ausgelöst werden. Sie kann auch von einer von ihr oder ihm bevollmächtigten Person (z. B. ein Treuhand- oder Beratungsunternehmen) vorgenommen werden.

Die Übermittlung
von Zustellungen von Behörden an die Benutzerinnen und Benutzer kann ausschliesslich durch die betreffenden Behörden ausgelöst werden. Ein direkter Zugriff der Behörden auf Dokumente der Benutzerin oder des Benutzers, die sich auf der zentralen elektronischen Plattform befinden, ist nicht möglich. Bei den Dokumenten kann es sich auch um strukturierte Daten handeln.

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Für Behördenleistungen, auf die das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196860 (VwVG) Anwendung findet, soll die zentrale elektronische Plattform ebenfalls genutzt werden können. Dabei wird jeweils zu klären sein, wie die Übermittlung der Verfahrensdokumente unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des VwVG (insb. Art. 11b Abs. 2, Art. 21a und Art. 34 Abs. 1bis) anwenderfreundlich ermöglicht werden kann. Allenfalls wird die Verordnung vom 18. Juni 201061 über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens anzupassen sein. Falls im Rahmen des zurzeit in Erarbeitung befindlichen Bundesgesetzes über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ)62 Zustellplattformen für Verfahren nach VwVG eingerichtet werden, soll die zentrale elektronische Plattform auch eine solche Zustellfunktionalität bereitstellen oder Zustellfunktionalitäten einer allfälligen separaten Plattform nutzen können.

Nach Buchstabe c zweiter Teilsatz besteht die Möglichkeit Dokumente an eine Behörde zu übermitteln oder von einer Behörde zu empfangen nur, soweit das jeweils anwendbare Recht dem nicht entgegensteht. Zu denken ist hier z. B. an Dokumente die dem Steuergeheimnis unterliegen. So sieht das Bundesgesetz vom 14. Dezember 199063 über die direkte Bundessteuer in Artikel 110 vor, dass wer mit dem Vollzug des Gesetzes betraut ist oder dazu beigezogen wird, über Tatsachen, die ihm in Ausübung seines Amtes bekannt werden und über die Verhandlungen in den Behörden Stillschweigen bewahren und Dritten den Einblick in amtliche Akten verweigern muss. Aufgrund des Steuergeheimnisses dürfen daher keine Dokumente von den Steuerbehörden über die Plattform an die Benutzerinnen und Benutzern übermittelt werden, da dies eine Speicherung der dem Steuergeheimnis unterliegenden Dokumenten auf der Plattform bedeuten würde. Dem Steuergeheimnis unterliegende (physische wie elektronische) Dokumente werden daher stets von den Steuerbehörden direkt an die steuerpflichtige Person übermittelt, da nur so sichergestellt werden kann, dass keine Dritten (Plattformbetreiber) Einsicht in strafrechtlich geschützte Steuerdaten erhalten können.

Abs. 3 Nach Absatz 3 stellt die Plattform zur Übermittlung der Dokumente und zum Import von Daten aus amtlichen Registern Schnittstellen für die Anbindung
von Systemen von Behörden an die Plattform zur Verfügung. Es handelt sich dabei ausschliesslich um Schnittstellen seitens der zentralen elektronischen Plattform. Die Schnittstellen seitens der Partnerbehörden sind nicht miteingeschlossen. Auf der vom Bundesamt für Statistik (BFS) betriebenen Interoperabilitätsplattform I14Y IOP64 wird das öffentliche Verzeichnis der elektronischen Schnittstellen erarbeitet und laufend weiterentwickelt.

60 61 62

63 64

SR 172.021 SR 172.021.2 Der Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (VE-BEKJ) sowie der dazugehörende erläuternde Bericht sind abrufbar unter: www.bj.admin.ch > Staat & Bürger > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Elektronische Kommunikation mit Gerichten und Behörden.

SR 642.11 Interoperabilitätsplattform I14Y IOP des BFS, abrufbar unter: www.i14y.admin.ch; für weitergehende Informationen siehe Anhang 1.

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Art. 11

Verwendung zum Vollzug von Bundesrecht

Abs. 1 Die zentrale elektronische Plattform zielt darauf ab, die Verfahren zwischen Behörden sowie Unternehmen und anderen UID- Einheiten zu vereinfachen, zu digitalisieren und so zu optimieren. Unternehmen und andere UID-Einheiten profitieren von digitalen Behördenleistungen am meisten, wenn diese über alle Staatsebenen gebündelt und über einen zentralen Zugang möglichst medienbruchfrei genutzt werden können.

Diese Zielsetzung setzt voraus, dass der Gesetzgeber für den Vollzug von Bundesrecht ­ unabhängig davon, ob dafür der Bund selbst oder die Kantone zuständig sind ­ verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Zugänglichkeit elektronischer Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten erlässt.

Vom Geltungsbereich von Absatz 1 erfasst sind nebst Bundesbehörden (Satz 1) auch kantonale Behörden und mit Verwaltungsaufgaben betraute Dritte, soweit sie Bundesrecht vollziehen (Satz 2).

Zu den «Bundesbehörden» gehören die zentrale und dezentrale Bundesverwaltung nach Artikel 7 und 8 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV)65.

Die «mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten» sind vom Bund oder von den Kantonen mit Verwaltungsaufgaben des Vollzugs von Bundesrecht betrauten Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung oder der kantonalen Verwaltung angehören. Dazu gehören z. B. private Unfallversicherungen, die mit Verwaltungsaufgaben des Vollzugs von Bundesrecht betraut wurden. Nicht eingeschlossen sind privat- oder öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen gemäss dem Bundesgesetz vom 25. Juni 198266 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, insofern ihnen gemäss Gesetz keine Verfügungskompetenz zukommt.

Nicht vom Geltungsbereich von Absatz 1 erfasst sind Behördenleistungen von Kantonen und Gemeinden, die nicht den Vollzug von Bundesrecht zum Inhalt haben.

Die Verpflichtung nach Absatz 1 schliesst nicht aus, dass Behörden weiterhin eigene, parallele Portale betreiben können, auch dann, wenn ihre Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform zugänglich (vgl. Anhang 1) sind. Dadurch bleibt jeder Behörde die Wahl, eigene Zugangsportale neben der zentralen elektronischen Plattform zu betreiben oder ausschliesslich die zentrale elektronische Plattform gemäss
diesem Gesetz zu nutzen, insofern es sich um Behördenleistungen im Vollzug von Bundesrecht handelt, welche sich an Unternehmen und andere UID-Einheiten richten. Die Wahl des Integrationsmusters (vgl. Anhang 1) erfolgt grundsätzlich nach Absprache mit dem jeweils schweizweit zuständigen Organ (z. B. Bundesamt, zuständige kantonale Fachdirektorenkonferenz usw.). Die Unternehmen und anderen UIDEinheiten können ihrerseits die Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform beziehen und, sofern diese bestehen, über dedizierte Zugangsportale einzelner Behörden. Bereits vorhandenen oder sich im Aufbau befindlichen dezentralen 65 66

SR 172.010.1 SR 831.40

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Lösungen wird somit auch zur Gewährleistung des Investitionsschutzes Rechnung getragen. So ist zum Beispiel im Bereich der Sozialversicherungen geplant, dass die zentrale elektronische Plattform mit dem bereits bestehenden und unter dem Namen Swissdec bekannten System für die staatlich vorgeschriebenen Lohnmeldungen verbunden wird und somit eine bestehende Infrastruktur nutzt.

Die Verpflichtung nach Absatz 1 erstreckt sich auf Behördenleistungen, soweit diese elektronisch erbracht werden. Unter «elektronisch» versteht man, dass die Möglichkeit besteht, die Behördenleistung papierlos über ein Online-Formular, ein OnlinePortal, eine elektronische Schnittstelle oder Ähnliches zu beziehen und einzureichen ist. Der Behörde erwächst aus der vorliegenden Bestimmung jedoch keine Verpflichtung, Behördenleistungen elektronisch anzubieten.

Behördenleistungen im Vollzug von Bundesrecht, die nicht elektronisch angeboten werden, sind von der Verpflichtung nach Absatz 1 nicht betroffen. Solche Behördenleistungen können dennoch auf Wunsch der Behörde neu auf der zentralen Plattform angeboten werden. Dieses Vorgehen ermöglicht es Behörden, ihre Prozesse durch Anbindung an die zentrale Plattform zu digitalisieren, ohne eigene Plattformen entwickeln und betreiben zu müssen.

Des Weiteren erstreckt sich gemäss Absatz 1 die Verpflichtung Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten über die zentrale elektronische Plattform zugänglich zu machen, nur, sofern das im konkreten Fall anwendbare Bundesrecht dem nicht entgegensteht. Dies gilt sowohl für Behördenleistungen von Bundesbehörden, als auch für Behördenleistungen von kantonalen Behörden und mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten soweit sie Bundesrecht vollziehen. Zu denken ist z. B. an das Steuergeheimnis. So sieht das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer in Artikel 110 vor, dass wer mit dem Vollzug des Gesetzes betraut ist oder dazu beigezogen wird, über Tatsachen, die ihm in Ausübung seines Amtes bekannt werden und über die Verhandlungen in den Behörden Stillschweigen bewahren und Dritten den Einblick in amtliche Akten verweigern muss. Aufgrund des Steuergeheimnisses dürfen daher keine Dokumente von den Steuerbehörden über die Plattform an die Benutzerinnen und Benutzern übermittelt werden, da dies eine Speicherung
der dem Steuergeheimnis unterliegenden Dokumenten auf der Plattform bedeuten würde. Dem Steuergeheimnis unterliegende (physische wie elektronische) Dokumente werden daher stets von den Steuerbehörden direkt an die steuerpflichtige Person übermittelt, da nur so sichergestellt werden kann, dass keine Dritten (Plattformbetreiberin) Einsicht in strafrechtlich geschützte Steuerdaten erhalten können.

Abs. 2 Absatz 2 ermächtigt die BK als Kompetenzzentrum der digitalen Transformation67, Ausnahmen von der Verpflichtung des Zugänglichmachens elektronischer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform nach Artikel 11 Absatz 1 vorzusehen.

Die Ausnahme kann einen gesamten Rechtsbereich einschliesslich aller betroffenen Behördenleistungen (z. B. das Finanzmarktrecht) oder einzelne Behördenleistungen 67

Siehe die Erläuterungen zu Art. 13 E-UEG.

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einer bestimmten Behörde (z. B. gewisse Dienstleistungen der AHV- Ausgleichskassen) betreffen. Ausnahmen können insbesondere auch durch ein ungenügendes Kosten-Nutzen-Verhältnis infolge einer sehr geringen Anzahl betroffener Unternehmen oder einer sehr geringen Anzahl Transaktionen pro Jahr einer Behördenleistung begründet werden. Ebenfalls kann eine Ausnahme aufgrund technischer Umstände angezeigt sein, wenn sich das Zugänglichmachen einer Behördenleistung als unzweckmässig oder gar unmöglich herausstellt. Weitere Gründe für eine Ausnahme sind beispielsweise, wenn ein Verwaltungsträger auf internationaler Ebene aufgrund seiner engen Vernetzung mit ausländischen Ämtern und internationalen Organisationen spezifische Bedürfnisse im Bereich Digitalisierung und E-Government aufweist, denen ein Zugänglichmachen auf der zentralen Plattform zuwiderlaufen würde. Die Gewährung von Ausnahmen kann von den Verwaltungsträgern oder den jeweiligen Aufsichts- und Regulierungsbehörden beim SECO beantragt werden. Letzteres beantragt in Absprache mit den betreffenden Bundesstellen die Ausnahmeregelungen der Bundeskanzlei.

Nach Absatz 2 kann die Bundeskanzlei auch Fristen für die Umsetzung der Verpflichtung des Zugänglichmachens elektronischer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform vorsehen. Es handelt sich hier insbesondere um Übergangsund Einführungsfristen. Die Bundeskanzlei berücksichtigt dabei die organisatorischen und technischen Anforderungen, welche die Behörden erfüllen müssen und setzt angemessene Fristen.

Die Übergangsfrist legt fest, innerhalb welcher Zeitspanne ­ nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ­ die von der Verpflichtung nach Artikel 11 E-UEG erfassten Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform zugänglich sein müssen. Wird keine Frist gesetzt, gilt die Verpflichtung mit Inkrafttreten des Gesetzes.

Die Einführungsfrist legt fest, innerhalb welcher Zeitspanne eine erstmalig elektronisch zugänglich gemachte Behördenleistung über die zentrale elektronische Plattform verfügbar sein muss. Wird keine Frist festgelegt, gilt die Verpflichtung mit dem erstmaligen elektronischen Angebot.

Art. 12

Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht

Nach Artikel 12 kann das SECO den Kantonen, sowie den externen kantonalen Verwaltungsträgern die zentrale elektronische Plattform zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Vollzug von kantonalem Recht zur Verfügung stellen (zur Kostenaufteilung siehe Art. 14). Dies jedoch nur, sofern die zentrale elektronische Plattform in der Erfüllung ihrer Hauptaufgaben nicht beeinträchtigt wird (Bst. a) und keine bedeutenden zusätzlichen sachlichen und personellen Mittel erforderlich sind (Bst. b).

So kann beispielweise bei Ressourcenengpässen seitens des SECO eine Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht abgelehnt oder mittels zeitlicher Staffelung umgesetzt werden.

Die Anforderungen an eine Zurverfügungstellung sind abgestimmt mit jenen des EEMBAG (Art. 11 Abs. 3 E-EMBAG). Die Anforderung, wonach die IKT-Mittel gleichzeitig zur Erfüllung von Aufgaben der Bundesbehörden bereitgestellt werden, wird im vorliegenden Artikel nicht aufgeführt, da sie mit dem Auftrag an das SECO,

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eine zentrale elektronische Plattform zu betreiben (siehe Art. 9 Abs. 1), bereits erfüllt ist.

Mit dieser Bestimmung kann der Nutzen der Plattform als One-Stop-Shop für die Unternehmen und andere UID-Einheiten weiter gesteigert werden, da auch kantonale und kommunale Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten, die nicht in Vollzug von Bundesrecht erbracht werden, über die zentrale Plattform angeboten werden. Beispielsweise könnten Baubewilligungsverfahren für Unternehmen und andere UID-Einheiten so zugänglich gemacht werden.

Art. 13

Standards

Abs. 1 Die BK hat nebst anderem die Aufgabe die digitale Transformation der Bundesverwaltung voranzutreiben und zu koordinieren. Die VDTI schafft dabei die rechtliche Grundlage für die departementsübergreifende Organisation der Bundesverwaltung im Hinblick auf die digitale Transformation und die Lenkung der Informations- und Kommunikationstechnologie. So stellt sie z. B. sicher, dass Standards im Bereich der Unternehmensarchitektur departementsübergreifend kohärent und wirkungsoptimiert festgelegt werden (Art. 4 Abs. 2 VDTI).

Die VDTI gilt für alle Verwaltungseinheiten der zentralen Bundesverwaltung. Ihr Geltungsbereich ist jedoch nicht nur auf diejenigen Einheiten beschränkt, die in Anhang 1 RVOV als zur zentralen Bundesverwaltung gehörig aufgelistet sind, sondern erstreckt sich auf alle Einheiten, die de facto Teil der zentralen Bundesverwaltung sind.

Demnach kann sie gegenüber den Bundesbehörden bereits heute ­ gestützt auf Artikel 2 i.V.m. Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d VDTI ­ generell-abstrakte Weisungen betreffend technische, organisatorische und prozedurale Standards erlassen, soweit es für die Interoperabilität68 anderer Systeme mit der zentralen elektronischen Plattform erforderlich ist.

Da die Kantone sowie die mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten nicht vom Geltungsbereich der VDTI erfasst sind, kommt der BK die Kompetenz, verbindliche Standards im Bereich der Plattforminteroperabilität festzulegen, nicht zu. Diesem Umstand trägt der E-UEG Rechnung.

Der E-UEG sieht daher eine Erweiterung der Kompetenzen der Bundeskanzlei vor.

Denn nur mit der Definition von einheitlichen und verbindlichen Standards betreffend die Plattforminteroperabilität kann die Kommunikation zwischen Behördenplattformen sichergestellt werden. Werden diese nicht verbindlich festgelegt, können Behördensysteme nicht miteinander interagieren.

Die Standardsetzungskompetenz der BK betreffend die Plattforminteroperabilität schliesst auch den Erlass von Bestimmungen bezüglich der Datensicherheit insbesondere im Rahmen der Datenübermittlung zwischen den Behörden und der zentralen elektronischen Plattform mit ein.

68

Siehe hierzu auch: www.i14y.admin.ch > FAQ > Was ist Interoperabilität?

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Im Rahmen ihrer Kompetenz kann die BK auch Ausnahmen vorsehen.

Nach Absatz 1 gelten die durch die BK festgelegten Standards für die Behörden und mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf.

Die Standards beanspruchen somit nicht nur Geltung gegenüber dem Bund, sondern auch gegenüber den Kantonen und den mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten.

Weiter regelt Artikel 13 Absatz 1 Satz 2 E-UEG, dass sich die BK dabei an bestehenden und international etablierten offenen Standards orientiert. Standards können namentlich die Definition von Schnittstellen und der Einrichtung einer Empfangsinfrastruktur für den Dienst sedex (secure data exchange des BFS) betreffen, aber auch Anforderungen an elektronische Identitäten, Zugangsberechtigungen, Vollmachtsaustellungen und -anerkennungen usw. So sind z. B. Schnittstellen bei der zentralen elektronischen Plattform notwendig, wenn für eine bestimmte Behördenleistung die zuständige Behörde einen genügenden digitalen Reifegrad aufweist und strukturierte Daten für das antragstellende Unternehmen an die zentrale elektronische Plattform zurücksenden kann (sog. bidirektionaler Datenaustausch). Zur Sicherstellung des bidirektionalen Datenaustauschs zwischen der zentralen elektronischen Plattform und den Behörden, können ebenfalls Standards festgelegt werden. Ebenso kann die Standardisierung hinsichtlich der Schnittstellen bei den Behörden, die strukturierte Daten von der zentralen elektronischen Plattform empfangen sollen (siehe Behördenleistung D in Abb. 1 in Anhang 1), zur Anwendung gelangen.

«Offen» sind Standards, die von der Öffentlichkeit uneingeschränkt geprüft und von jedermann verwendet werden können. Sie werden unabhängig von bestimmten Anbieterinnen und Anbietern entwickelt und stehen allen Anwenderinnen und Anwendern zur Nutzung offen. Sie ermöglichen es, Daten, Prozesse und Methoden frei und ohne Veränderungen mit anderen zu teilen. Durch die Nutzung offener Standards wird die Herstellerabhängigkeit verringert. Des Weiteren werden auch Barrieren gegen die Interoperabilität vermieden.

Abs. 2 Nach Absatz 2 definiert die BK die Standards in Zusammenarbeit mit dem SECO und der DVS.

Seit dem 1. Januar 2022 ist die neue durch Bund und Kantone getragene Organisation DVS operativ tätig. Der Bundesrat und die Konferenz der
Kantonsregierungen haben hierzu eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Der Schweizerische Städteverband und der Schweizerische Gemeindeverband beteiligen sich ebenfalls als Partner an der neuen Organisation. Die Gemeinden können sich auf einzelvertraglicher Basis direkt an der DVS beteiligen. Letztere ist als politische Plattform insbesondere zur Standardentwicklung konzipiert und soll deshalb eng in die Festlegung von Standards miteinbezogen werden. Aufgrund der zum heutigen Zeitpunkt fehlenden Standardisierungskompetenz wird die BK mit dem formellen Erlass der Standards beauftragt.

Das SECO als Betreiberin der zentralen elektronischen Plattform unterstützt die BK bei der Erarbeitung der Standards.

Durch die in Artikel 13 Absatz 2 E-UEG vorgesehene Zusammenarbeit zwischen der BK, dem SECO und der DVS soll sichergestellt werden, dass die Bedürfnisse der Kantone frühzeitig in die Erarbeitung von Standards einfliessen können, die System44 / 74

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interoperabilität insbesondere mit kantonalen Angeboten gewährleistet ist und sich ­ soweit möglich ­ die informatiktechnischen Anpassungen auf Seiten der Kantone in Grenzen halten.

Art. 14

Kosten

Abs. 1 Absatz 1 legt den Grundsatz fest, wonach der Bund die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten der zentralen elektronischen Plattform für die Verwendung zum Vollzug von Bundesrecht trägt. Zu den Weiterentwicklungskosten gehören die Aufschaltung neuer Behördenleistungen. Die Betriebskosten umfassen nebst der ordentlichen Wartung und dem Ausbau der Plattform u. a. auch sicherheitstechnische Anpassungen.

Für die Bundesrecht vollziehenden kantonalen Behörden sowie mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten, deren Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform zugänglich gemacht werden, verbleiben einmalige Mehrkosten zur Sicherstellung der Interoperabilität. Letztere betreffen z. B. den Aufbau von Schnittstellen und sind abhängig vom digitalen Reifegrad und der bestehenden Infrastrukturen. Aus einer Gesamtkostenbetrachtung leisten somit die zuständigen Behörden und insbesondere die Kantone einen angemessenen Beitrag an die Weiterentwicklungskosten der zentralen elektronischen Plattform.

Auf eine interne Verrechnung zwischen den Bundesstellen wird aus administrativen Gründen verzichtet.

Abs. 2 Absatz 2 regelt, dass das SECO mit den Kantonen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften, insbesondere DVS, und den mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten, Vereinbarungen zur finanziellen Beteiligung zur Verwendung der Plattform beim Vollzug von Bundesrecht abschliessen kann. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn besondere kantonale Anforderungen dies erforderlich machen (z. B.: aussergewöhnliche Anforderungen an die Integration von Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform). Die Kann-Formulierung zeigt an, dass eine solche Vereinbarung auf Freiwilligkeit der jeweiligen Parteien beruht.

Zusätzlich besteht auf freiwilliger Basis weiterhin auch die Möglichkeit, dass Weiterentwicklungen über DVS, d. h. gemeinsam von Bund und Kantonen, finanziert werden.

Abs. 3 Nach Absatz 3 leisten die Kantone und die mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten bei einer Verwendung der Plattform zum Vollzug von kantonalem Recht einen kostendeckenden Beitrag an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten. Das SECO kann die Beiträge pauschal festlegen. Im Sinne einer administrativen Entlastung des SECO kann der Beitrag der Kantone an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten
auch als Einmalzahlung ausgerichtet werden.

Die Kostenaufteilung innerhalb der Kantone (im Verhältnis zu ihren Gemeinden sowie zu ihren externen Verwaltungsträgern) obliegt den Kantonen.

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Abs. 4 Verwenden die Kantone die zentrale elektronische Plattform zum Vollzug von kantonalem Recht und besteht kein hohes Bundesinteresse, so leisten grundsätzlich die Kantone einen kostendeckenden Beitrag an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten der zentralen elektronischen Plattform. Liegt hingegen ein hohes Bundesinteresse vor, so kann der Bund vorsehen, dass die Kantone keinen kostendeckenden Beitrag an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten zahlen müssen. In solchen Fällen beteiligt sich der Bund und übernimmt höchstens 45 Prozent der Kosten. Mit einer solchen Beteiligung von Seiten des Bundes bei Vorliegen eines hohen Bundesinteresses müssen zur Gewährleistung der fiskalischen Äquivalenz die Kantone mehr als die Hälfte der Kosten tragen.

Ein «hohes Bundesinteresse» ist insbesondere gegeben, wenn damit die Standortattraktivität gestärkt wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn Behördenleistungen, die in allen Kantonen angeboten werden, zugänglich gemacht werden sollen (z. B. Baubewilligungsverfahren). Werden geringfügige Kosten verursacht, so kann das SECO aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen gemäss Absatz 4 ganz auf die kantonalen Beiträge nach Absatz 3 desselben Artikels verzichten.

Art. 15

Datenbearbeitung

Der vorliegende Gesetzesentwurf richtet sich nach dem Datenschutzgesetz vom 25. September 202069 (nDSG), das am 1. September 202370 in Kraft treten wird. Im Zuge der Totalrevision des Datenschutzrechts bedurfte es auch der Anpassung weiterer Erlasse. Einer davon ist das RVOG. Dies hatte den folgenden Grund: In den Geltungsbereich des totalrevidierten Datenschutzgesetzes fallen neu nur noch natürliche, nicht aber juristische Personen. Im Bereich der Datenbearbeitung durch Bundesorgane hätte die Aufhebung des Schutzes von Daten juristischer Personen zur Folge, dass die bundesrechtlichen Gesetzesgrundlagen, mit denen die Bundesorgane zur Bearbeitung von Personendaten ermächtigt werden, nicht mehr anwendbare wären, wenn diese Daten juristischer Personen bearbeiten. Nach Artikel 5 Absatz 1 BV ist die Grundlage und Schranke staatlichen Handelns jedoch das Recht. Aufgrund dessen regelt ab dem 1. September 2023 das revidierte RVOG (rRVOG) den Umgang mit Daten juristischer Personen durch den Bund.71 Verhältnis nDSG (bzw. rRVOG) ­ E-UEG Wird nichts anderes ausdrücklich festgehalten, so sind auf den E-UEG betreffend die Bearbeitung von Personendaten die Regeln des nDSG anwendbar (z. B.: Führen eines Verzeichnisses der Bearbeitungstätigkeiten nach Art. 12 nDSG oder Auskunftsrecht gemäss Art. 25 nDSG, Ansprüche und Verfahren nach Art. 41 nDSG). Im Falle der Bearbeitung von Daten juristischer Personen gelten die einschlägigen Bestimmungen

69 70

71

BBl 2020 7639; AS 2022 491 Bundesrat (2022), Neues Datenschutzrecht ab 1. Sept. 2023, Medienmitteilung des Bunderates vom 31. Aug. 2022, abrufbar unter: www.admin.ch > Dokumente > Medienmitteilungen > Neues Datenschutzrecht ab 1. Sept. 2023.

BBl 2017 6941, hier 6972

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des rRVOG72. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des jeweils anwendbaren Verfahrensrechts zum Datenschutz.

Wartung und Unterhalt Für die Wartung und den Unterhalt der Plattform ist das SECO zuständig. Es kann Dritte mit der Wartung und dem Unterhalt der Plattform beauftragen. Dies schliesst auch Tätigkeiten z. B. eines Call-Centers zur Unterstützung der Benutzerinnen und Benutzer ein. Die mit Wartungs- und Unterhaltsarbeiten betrauten Personen dürfen Daten in den Informationssystemen nur bearbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist und die Datensicherheit gewährleistet ist.

Abs. 1 Zugriff auf die Daten einer Benutzerin oder eines Benutzers sowie auf die von ihr oder ihm mit der zuständigen Behörde ausgetauschten Dokumente haben nur Personen, die hierzu von der Benutzerin oder dem Benutzer bevollmächtigt wurden. Es handelt sich einerseits um die an die zuständige Behörde übermittelten Dokumente (z. B. Anmeldung oder Mutation des Unternehmens beim kantonalen Handelsregisteramt) und andererseits um die von der zuständigen Behörde an die zentrale elektronische Plattform versandten Dokumente (z. B. Zustellung Handelsregisterauszug). Die auf der zentralen elektronischen Plattform gehaltenen Daten stehen unter ausschliesslicher Kontrolle der Benutzerin oder des Benutzers. Die Behörden erhalten ausschliesslich die von der Benutzerin oder dem Benutzer freigegebenen bzw. versandten Daten. Ein direkter Zugriff von Behörden auf Daten der Benutzerin oder des Benutzers über die zentrale elektronische Plattform ist nicht möglich.

Abs. 2 und 3 Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten (einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten) Nach dem Grundsatz von Artikel 34 Absatz 1 nDSG dürfen Bundesorgane Personendaten nur beim Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage bearbeiten.

Mit Artikel 15 wird diese gesetzliche Grundlage für die Datenbearbeitung von Personendaten nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf geschaffen. Da es sich vorliegend um ein Gesetz im formellen Sinn handelt, dürfen gestützt auf Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a nDSG auch besonders schützenswerte Personendaten bearbeitet werden.

Des Weiteren verlangt das nDSG in Artikel 36 Absatz 1, dass Bundesorgane Personendaten nur dann bekannt geben dürfen, wenn dafür auch eine Rechtsgrundlage besteht. Auch
diesem gesetzlichen Erfordernis wird mit der Schaffung von Artikel 15 nachgekommen.

Bearbeitung und Bekanntgabe von Daten juristischer Personen (einschliesslich besonders schützenswerter Daten) Nach Artikel 57r rRVOG dürfen Bundesorgane Daten von juristischen Personen ­ einschliesslich besonders schützenswerter Daten ­ nur bearbeiten, sofern dies die 72

BBl 2020 7639, hier 7681 f.

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Erfüllung ihrer Aufgaben erfordert und diese Aufgabe in einem Gesetz im formellen Sinn umschrieben ist. Nach Artikel 5 Absatz 1 der Organisationsverordnung vom 14. Juni 199973 für das WBF ist das SECO das Kompetenzzentrum des Bundes für alle Fragen der Wirtschaftspolitik. So setzt es sich unter anderem für eine Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz ein (Art. 5 Abs. 2 Bst.c OVWBF). Hierzu trägt auch die Vereinfachung der Behördenleistungen für Unternehmen ­ im Speziellen für KMU ­ mittels der zentralen elektronischen Plattform bei. Für den Betrieb dieser Plattform bedarf es der Bearbeitung der Daten (z. B. Speichern der eingegebenen Daten und Übermittlung eines Gesuchs an die zuständige Behörde) von Seiten des SECO. Beim vorliegenden Gesetzesentwurf handelt es sich um ein Gesetz im formellen Sinn.

Nach Artikel 57s rRVOG dürfen Bundesorgane Daten von juristischen Personen nur beim Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage bekannt geben. Sollen besonders schützenswerte Daten juristischer Personen bekanntgegeben werden, so bedarf es sogar einer Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn. Diesem Umstand trägt der E-UEG Rechnung.

Bearbeitung von Daten Der Begriff des «Bearbeitens» ist im nDSG weit gefasst. Gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d nDSG versteht man hierunter jeden Umgang mit Personendaten, unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Speichern, Aufbewahren, Verwenden, Verändern, Bekanntgeben, Archivieren, Löschen oder Vernichten von Daten. Die Datenbearbeitung durch die zentrale elektronische Plattform bzw. deren Betreiber beschränkt sich darauf, den Nutzerinnen und Nutzern lediglich die in Artikel 10 genannten Funktionen zur Verfügung zu stellen.

Zu diesem Zweck ist es weder nötig, von den Daten Kenntnis zu nehmen noch sie anderen Stellen bekannt zu geben als denjenigen, denen die Benutzerinnen und Benutzer sie selber mithilfe der Plattform übermitteln.

Die vorliegende Bestimmung ermächtigt somit das SECO die betreffenden Personendaten (einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten) bzw. die Daten von juristischen Personen (einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten) zu bearbeiten und bekanntzugeben.

Durch das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage für die Bearbeitung und Bekanntgabe von
Personendaten sowie Daten juristischer Personen in einem Gesetz im formellen Sinn, erübrigen sich auch Vereinbarungen zwischen dem SECO und den im konkreten Fall für den Vollzug von Bundesrecht zuständigen Behörden.

Art. 16

Aufbewahrungsfrist für die Daten

Abs. 1 Nach Absatz 1 werden Daten so lange aufbewahrt, bis sie die Benutzerin oder der Benutzer vernichtet oder deren Vernichtung anordnet. Die Benutzerin oder der Benutzer beauftragen hierzu das SECO mit der Vernichtung der Daten.

73

SR 172.216.1

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Abs. 2 Absatz 2 nennt in den Buchstaben a und b zwei weitere Fälle, in denen das SECO die Daten vernichtet. Dies ist einerseits der Fall, wenn eine UID-Einheit ihre wirtschaftliche Tätigkeit beendet hat; spätestens aber nach einem Jahr (Bst. a) und andererseits zwei Jahre nachdem das SECO vom Tod einer Einzelperson nach Artikel 9 Absatz 2 Kenntnis erlangt hat, es sei denn eine Rechtsnachfolgerin oder ein Rechtsnachfolger hat während dieser Zeit Ansprüche angemeldet (Bst. b).

Betreffend die Vernichtung von Daten sei an dieser Stelle zudem auf das Verhältnis E-UEG ­ nDSG hinzuweisen: Gemäss der Kollisionsregel lex specialis derogat legi generali geht die spezielle Norm (lex specialis) der allgemeinen Norm (lex generalis) vor. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass wenn der E-UEG (lex specialis) keine besondere Regelung betreffend die Bearbeitung von Personendaten enthält, die Bestimmungen des nDSG (lex specialis) zur Anwendung kommen. Dasselbe gilt bezüglich dem Verhältnis E-UEG ­ rRVOG im Falle der Bearbeitung von Daten juristischer Personen.

Des Weiteren stehen im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Personendaten durch Bundesorgane auch die Ansprüche und Verfahren nach Artikel 41 nDSG zur Verfügung. So kann wer ein schutzwürdiges Interesse hat, vom verantwortlichen Bundesorgan verlangen, dass es die betreffenden Personendaten löscht oder vernichtet.

Betreffend die Berichtigung, Löschung und Vernichtung von Daten juristischer Personen gilt Artikel 57t rRVOG.

Art. 17

Datensicherheit

Das SECO ist im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs für die Datensicherheit der zentralen elektronischen Plattform verantwortlich.

Gemäss Artikel 8 Absatz 1 nDSG haben der Verantwortliche sowie der Auftragsbearbeiter durch geeignete technische und organisatorische Massnahmen eine dem Risiko angemessene Datensicherheit zu gewährleisten. Je grösser das Risiko einer Verletzung der Datensicherheit, umso höher sind die Anforderungen an die zu treffendenden Massnahmen. Ziel ist es also mittels geeigneter Massnahmen, Verletzungen der Datensicherheit zu vermeiden (Art. 8 Abs. 2 nDSG).

Artikel 17 sieht vor, dass das WBF Bestimmungen zur Gewährleistung der Datensicherheit betreffend die zentrale elektronische Plattform regelt.

Art. 18

Öffentlichkeitsprinzip

Nach dem BGÖ hat jedermann Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten der Bundesverwaltung, sofern nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen dem Zugang entgegenstehen.

Das Vorliegen eines amtlichen Dokuments beurteilt sich nach Artikel 5 BGÖ. Nach Artikel 5 Absatz 1 GÖ ist ein amtliches Dokument jede Information, die auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet ist (Bst. a), sich im Besitz der Behörde befindet, von der sie stammt oder der sie mitgeteilt worden ist (Bst. b), und die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft (Bst. c).

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Abs. 1 Nach Absatz 1 gelten die auf der zentralen elektronischen Plattform gespeicherten Daten nicht als amtliche Dokumente des SECO im Sinne des BGÖ. Hierzu zählen Daten, die von UID-Einheiten und Einzelpersonen über die zentrale elektronische Plattform an eine Behörde übermittelt werden, Daten, die von der zuständigen Behörde auf der zentralen elektronischen Plattform hinterlegt werden sowie Stammdaten. Folglich dürfen diese auch nicht durch das SECO auf ein BGÖ-Gesuch hin der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Abs. 2 Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b BGÖ verlangt für die Qualifizierung als amtliches Dokument im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes, dass sich die Information im Besitz der Behörde befindet, von der sie stammt oder der sie mitgeteilt worden ist.

Nach Absatz 2 gelten Dokumente an oder von Behörden, die über die zentrale elektronische Plattform übermittelt werden, als amtliche Dokumente der betreffenden Behörden. Zuständig für die Beurteilung eines entsprechenden Zugangsgesuchs ist nicht das SECO, sondern die materiell für die Behördenleistung zuständige Behörde. Das SECO ist im Rahmen dieses Gesetzes einzig für BGÖ-Gesuche in Bezug auf Dokumente betreffend den Aufbau, den Betrieb oder die Finanzierung der zentralen elektronischen Plattform zuständig.

5.5 Art. 19

Abschnitt: Schlussbestimmungen Überprüfung

Abs. 1 Die Effektivität der Massnahmen im Gesetz lässt sich aufgrund ihrer indirekten Wirkung derzeit noch kaum abschätzen und hängt auch stark davon ab, ob durch die ergriffenen Massnahmen tatsächlich wirksame Entlastungen umgesetzt werden können. Daher ist die Notwendigkeit, Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des gesamten Gesetzes und dessen Vollzug spätestens nach zehn Jahren zu überprüfen.

Abs. 2 Das Resultat der Evaluation bildet einen Bericht des Bundesrates zuhanden des Parlaments, in dem neben den Evaluationsergebnissen auch entsprechende Vorschläge zur Änderung des Gesetzes vorgebracht werden können. Zu prüfen ist insbesondere auch, ob die zeitlich befristeten Artikel 6­8 wie derzeit vorgesehen aufgehoben, oder allenfalls verlängert oder unbefristet verankert werden sollen. Die Kantone sind in die Evaluation miteinzubeziehen.

Art. 20

Ausführungsbestimmungen

Artikel 20 enthält die generelle Kompetenz des Bundesrates, dass er die Ausführungsbestimmungen zum E-UEG erlassen kann.

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Art. 21

Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer

Abs. 1 Dieses Gesetz untersteht dem Referendum.

Abs. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Abs. 3 Das Monitoring der Regulierungsbelastung (Art. 6), die Bereichsstudien (Art. 7) und der Bericht des Bundesrates zuhanden der Bundesversammlung (Art. 8) werden auf einen Zeitraum von zehn Jahren befristet. Innerhalb dieser Frist soll sich zeigen, ob diese Massnahmen sich bewährt haben (siehe dazu die Erläuterungen zu Art. 19 Abs. 1).

6

Auswirkungen

Im Rahmen der Ausarbeitung des E-UEG hat das SECO eine externe Studie zur Analyse der Auswirkungen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der daraus entstandenen RFA74 werden in den nachfolgenden Ausführungen dargestellt. Der Fokus der Analyse liegt auf der quantitativen Schätzung der dem Bund entstehenden Kosten sowie der qualitativen Analyse der Wirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft. Dank einer effizienteren Regulierung und dem Ausbau der Digitalisierung von Behördenleistungen kann die Produktivität der Wirtschaft gefördert und die Standortqualität verbessert werden. Generell lässt sich festhalten, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Vorlage gemäss der durchgeführten RFA als positiv beurteilt wird. Ferner wird insbesondere auch auf den Nutzen der zentralen elektronischen Plattform eingegangen, welcher periodisch evaluiert wird.75

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Umsetzung der Pflicht zur Schätzung der Regulierungskosten, des Monitorings und der Bereichsstudien ergibt sich eine potenzielle Mehrbelastung der Bundesverwaltung in der Höhe von 1,5­4,3 Millionen Franken pro Jahr (ohne die zentrale 74

75

Ecoplan (2021), Auswirkungen des Unternehmensentlastungsgesetzes und der Regulierungsbremse - Auswirkungsanalyse zu den vorgeschlagenen Massnahmen zur Umsetzung der Motionen 16.3388 Sollberger und 16.3360 FDP-Liberale Fraktion, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung > Weitere Beispiele von RFA > Unternehmensentlastungsgesetz und Regulierungsbremse (2021).

Universität St. Gallen, IMP-HSG (2022), Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss. abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Nutzenbewertung KMU Portal und EasyGov > Nutzenbewertung EasyGov.swiss 2021.

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elektronische Plattform, die weiter unten behandelt wird). Die Grössenordnung ist stark abhängig von der entsprechenden Umsetzung und Ausgestaltung in der Bundesverwaltung. Hinzu kommen nicht quantifizierbare, vermutlich aber geringe Kosten zur Erfüllung der Regulierungsgrundsätze und der Prüfpflichten. Die Mehrbelastung verteilt sich auf alle Verwaltungseinheiten mit Regulierungsvorhaben und soll mit den bestehenden Ressourcen finanziert werden.

Die Regulierungsgrundsätze sind bei der Erarbeitung von neuen Vorlagen im Rahmen des üblichen Rechtsetzungsprozesses einzubeziehen. Zusätzliche Kosten für die Verwaltung sind dabei kaum zu erwarten.

Der erwartete Mehraufwand für die Erfüllung der Prüfpflichten dürfte je nach Vorlage sehr unterschiedlich ausfallen. Bei einigen Vorlagen dürften die vorgesehenen Prüfpflichten kaum relevant sein und der Aufwand gegen Null tendieren. Zudem werden bereits heute gewisse Alternativen zur vorgeschlagenen Regulierung geprüft. In anderen Fällen kann eine Prüfung, beispielsweise von differenzierten Regulierungen oder der Abschaffung einer bestehenden Regulierung, zwar mit Zusatzkosten verbunden sein, unter Umständen aber auch einen erheblichen Nutzen schaffen.

Obwohl bereits heute eine Pflicht zur Schätzung der Auswirkungen von Vorlagen besteht, werden durch die gesetzliche Pflicht zur Schätzung der Regulierungskosten dezentral in den jeweiligen Verwaltungseinheiten Mehrkosten entstehen. Die Verwaltungseinheiten können die jeweiligen Schätzungen intern oder durch Vergabe eines externen Mandats durchführen. Im Sinne einer Grössenordnung wurden in der RFA die zusätzlichen Kosten aufgrund der vorgesehenen Pflicht zur Quantifizierung der Regulierungskosten für Unternehmen auf rund 1,85 Millionen Franken (Bandbreite von 1,1 bis 3 Millionen Franken) jährlich geschätzt. Diese Schätzung basiert auf einer Reihe von Annahmen, insbesondere zur Anzahl betroffener Vorlagen und den Kosten pro Schätzung, die je nach Komplexität der Vorlage stark variieren können. Die im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage vorgenommenen Anpassungen, einerseits die Präzisierungen zur Schätzbarkeit der Regulierungskosten in den Erläuterungen und andererseits die Vereinfachungen bei der Quantifizierung der Entlastungen, führen tendenziell zu weniger Aufwand.

Die für das geplante Monitoring geschätzten
Kosten sind vergleichsweise gering, da die Mehraufwände für konsequentere Regulierungskostenschätzungen der neuen gesetzlichen Pflicht zu Regulierungskostenschätzungen zugerechnet werden. Im Sinne einer Grössenordnung werden die darüberhinausgehenden Kosten für das Monitoring auf rund 100 000 Franken pro Jahr (Bandbreite 47 500­170 000 Franken pro Jahr) geschätzt. Grösster Kostentreiber ist die Sammlung und Konsolidierung aller Schätzungen von Regulierungskosten für Unternehmen. Hinzu kommen rund 125 000 Franken einmalige Kosten (Bandbreite 80 000­200 000 Franken) für die Konzeptionierung und Erarbeitung des geplanten Monitorings.

Pro Jahr sind zwischen drei und fünf Ex-post-Bereichsstudien geplant. Es handelt sich dabei um grundsätzlich extern durchgeführte Studien. Der Umfang dieser Studien kann variieren. Im Sinne einer Grössenordnung werden die ungefähren Kosten für die Bereichsstudien auf insgesamt rund 685 000 Franken pro Jahr (Bandbreite: 350 000­1 060 000 Franken, abhängig vom Umfang der durchgeführten Studien) geschätzt. Die Kosten setzen sich primär aus den Kosten für die extern durchgeführten 52 / 74

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Studien, die Identifikation der Bereiche, die fachliche Begleitung, die Sicherstellung der methodischen Qualität sowie das Follow-up der Empfehlungen zusammen.

Tabelle 1 Übersicht zu den geschätzten, jährlichen Kosten, in Millionen Franken.

(ohne zentrale elektronische Plattform)76 Jährliche Kosten* der Vorlage in Millionen CHF (in Klammer: Bandbreite)

Grundsätze

Nicht quantifizierbar

Prüfpflichten

Nicht quantifizierbar

Pflicht zur Kostenschätzung

1.85 (1.1­3.02)

Monitoring

0.1 (0.05­0.17)

Bereichsstudien

0.69 (0.35­1.06)

Total

2.64 (1.5-4.25)

* inkl. Personalausgaben

Die Finanzierung der zentralen elektronischen Plattform wird grundsätzlich durch den Bund sichergestellt, da zusätzliche Aufwendungen zugunsten von Behördenleistungen, die nicht im Rahmen des Vollzugs von Bundesrecht stattfinden, voraussichtlich einen unwesentlichen Anteil ausmachen werden. Die entsprechenden Mittel werden jeweils im Rahmen der periodischen Standortförderbotschaften beantragt. Mit Bundesbeschluss zum Verpflichtungskredit zur Finanzierung der E-Government-Aktivitäten für KMU legt das Parlament den finanziellen Rahmen fest, der für den Betrieb, Ausbau und die Aufschaltung von zusätzlichen Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform zur Verfügung stehen soll. Der mit dem E-UEG anvisierte Ausbau der auf der zentralen elektronischen Plattform verfügbaren Leistungen wird zusätzliche Mittel benötigen. Der Umfang des Mehrbedarfs hängt von der Umsetzungsgeschwindigkeit ab und soll vom Parlament wie in der Vergangenheit im Rahmen der Botschaft zur Standortförderung77 festgelegt werden. Er ist deshalb in der 76

77

Ecoplan (2021), Auswirkungen des Unternehmensentlastungsgesetzes und der Regulierungsbremse - Auswirkungsanalyse zu den vorgeschlagenen Massnahmen zur Umsetzung der Motionen 16.3388 Sollberger und 16.3360 FDP-Liberale Fraktion, abrufbar unter www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung > Weitere Beispiele von RFA > Unternehmensentlastungsgesetz und Regulierungsbremse (2021).

Botschaft vom 20. Februar 2019 über die Standortförderung 2020­2023 (BBl 2019 2365).

Die Botschaft 2024­2027 wird Anfang 2023 vom Bundesrat verabschiedet werden.

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Tabelle 1 nicht enthalten. 2021 beliefen sich die Kosten für die Einbindung (inklusive Business-Analyse und Übersetzungen) von einzelnen Behördenleistungen sowie für die Wartung, den Betrieb und den First-Level Support der zentralen elektronischen Plattform insgesamt auf 6,1 Millionen Franken, davon entfielen 1,4 Millionen Franken auf den Betrieb und 4,7 Millionen Franken auf die Weiterentwicklung der Plattform, d. h. auf das Aufschalten zusätzlicher Leistungen sowie notwendiger Anpassungen der Plattform. 2021 wurden 9 Leistungen zusätzlich aufgeschaltet; insgesamt waren Ende 2021 40 Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform zugänglich.

Für die Behörden des Bundes, deren Behördenleistungen auf der Plattform zugänglich gemacht werden, können je nach digitalem Reifegrad und bestehenden Infrastrukturen einmalige Mehrkosten für den Systemausbau, z. B. Schnittstellen, entstehen. Diese Kosten sind durch die jeweilige Behörde zu tragen, fallen aber weit geringer aus, als wenn die Behörde eine eigene Plattform entwickeln und betreiben muss. Im Falle einer Teilintegration (siehe Integrationsmuster «Behördenleistung A», Abb. 1 im Anhang 1) tragen die Behörden weiterhin sämtliche Kosten für ihr Portal, beziehungsweise Plattform. Das SECO kann zudem mit Kantonen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften ­ insbesondere DVS ­ sowie mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten zur Verwendung der zentralen elektronischen Plattform beim Vollzug von Bundesrecht eine Vereinbarung zur finanziellen Beteiligung namentlich bei besonderen kantonalen Anforderungen abschliessen. Die Grössenordnung dieser finanziellen Beteiligung lässt sich allerdings zum aktuellen Zeitpunkt nicht verlässlich schätzen.

Bei einer Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht leisten die kantonalen Behörden und die mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten einen kostendeckenden Beitrag an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten. Dadurch decken diese grundsätzlich die Kosten, die für die Entwicklung kantonaler Anwendungen anfallen. Allerdings kann der Bund bei Vorhaben mit hohem Bundesinteresse auf höchstens 45 Prozent des kantonalen Beitrags verzichten. Auch bei geringfügigen Kosten kann der Bund auf kantonale Beträge verzichten.

Der E-UEG wirkt sich auch positiv auf den Staat aus. Dieser profitiert
indirekt von einer geringeren regulatorischen Belastung der Unternehmen. Die verbesserte Produktivität des privaten Sektors sowie die höhere Standortqualität wirken sich beispielsweise positiv auf die Steuereinnahmen aus. Von der Verbreitung der zentralen elektronischen Plattform sind indirekt Effizienzgewinne innerhalb der Verwaltung zu erwarten. Falls Behörden ganz auf die zentrale elektronische Plattform setzen, können Betriebskosten für eigene Portale gesenkt oder vollständig eingespart werden (siehe Kasten Praxisbeispiel Mehrwert der zentralen elektronischen Plattform: Digitale Stiftungsaufsicht eESA).

Praxisbeispiel Mehrwert der zentralen elektronischen Plattform: Digitale Stiftungsaufsicht eESA Die eidgenössische Stiftungsaufsicht (ESA) hat am 18. Mai 2022 das System für die digitale Stiftungsaufsicht (eESA) in Betrieb genommen. Stiftungen und Revisionsfirmen können damit über die zentrale elektronische Plattform 54 / 74

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(EasyGov.swiss) vollelektronisch, einfach und schnell mit der ESA kommunizieren. So können die Stiftungen z. B. die jährliche Berichterstattung einreichen, Fristen verlängern oder Dokumente an die Eidgenössische Stiftungsaufsicht einreichen. Eine logische und übersichtliche Verwaltung erleichtert ihnen, den Überblick über alle Stiftungsgeschäfte zu behalten. Zudem steht eine Vielzahl anderer Behördenleistungen wie Handelsregistermutationen, Betreibungsbegehren und Leistungen im Bereich Sozialversicherungen zur Verfügung. Bereits haben sich über 1 500 Stiftungen auf EasyGov.swiss registriert und nutzen die neuen digitalen Dienstleistungen.

Bei der Entwicklung von eESA stand die ESA vor der Wahl, das Kundenportal als Eigenentwicklung oder als Teil von EasyGov zu realisieren. Die Wahl fiel schliesslich auf EasyGov.swiss, da die ESA hiermit auf ein bereits existierendes, bewährtes und robustes Portal zurückgreifen konnte. Wichtige Bausteine wie der Informationslayer sowie zentrale Querschnittsfunktionen (z. B. Registrierungund Berechtigungsprozesse usw.) wurden standardmässig bereitgestellt und mussten nicht noch erst entwickelt werden. Ausserdem stellte EasyGov für die Abbildung der spezifischen Behördengänge der ESA ein eingespieltes Team an Business Analystinnen und Analysten, Entwicklerinnen und Entwicklern und weiteren Rollen temporär zur Verfügung. Auf diese Weise konnte die Projekt-Komplexität für die ESA erheblich reduziert werden, da sich das Projektteam von EasyGov um alle zentralen Fragestellungen rund um Sicherheitsaspekte, notwendige Infrastruktur, usw. kümmerte.

Darüber hinaus reduzierten sich die Projektkosten für die ESA im Vergleich zu einer vollständigen Eigenentwicklung einer Portallösung um ca. 2,3 Millionen Franken, und auch der interne Aufwand für den Bereich Portalentwicklung verringerte sich um ca. 60 Prozent. Zudem fallen die jährlichen Betriebs- und Wartungskosten um ca. 200 000 bis 300 000 Franken deutlich geringer aus. Auch der interne Aufwand für den Betrieb des Portals fällt fast gänzlich weg und reduziert sich um über 80 Prozent gegenüber einer Eigenentwicklung und dem abteilungsinternen Betrieb einer solchen Lösung. Ferner kann eine Weiterentwicklung des Portals (z. B. Abbildung einer neuen Leistung) effizienter umgesetzt werden, da die Analyse- und Entwicklungskapazitäten für die Releases dauerhaft vorgehalten werden.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Die den einzelnen Verwaltungseinheiten entstehenden Personalkosten für die Umsetzung der Regulierungskostenschätzungen sowie der Bereichsstudien sind in der in Ziffer 6.1.1 aufgeführten Schätzungen enthalten und können nicht einzeln beziffert werden. Sie werden intern von den jeweilig betroffenen Verwaltungseinheiten aufgefangen. Um die Aufgaben des SECO im Rahmen der Querschnitts- und Unterstützungsfunktion insb. für Regulierungskostenschätzungen und Bereichsstudien, sowie für die Durchführung des Monitorings aufzufangen, werden zwei Vollzeitstellen geschaffen, welche aus den Mitteln des SECO finanziert werden.

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Für die Behörden, deren Behördenleistungen inskünftig auf der zentralen Plattform zugänglich gemacht werden, kann kurzfristig ein einmaliger moderater Zusatzaufwand für den Systemaufbau entstehen. Grundsätzlich werden die bei der Behörde vorhandenen Schnittstellen verwendet, was seitens der angebundenen Behörde und genügendem Digitalisierungsgrad nur ein geringes Mitwirken und geringe Ressourcen erfordern. Bei fehlenden Schnittstellen sind diese im Bedarfsfalle durch die jeweilige Behörde einzurichten, was einen einmaligen personellen und finanziellen Aufwand erfordert, der aber intern aufgefangen werden soll.

Hingegen soll das Knowhow für den Betrieb und die Weiterentwicklung der zentralen elektronischen Plattform künftig stärker beim SECO liegen. Mit der Stärkung der verwaltungsinternen Ressourcen insbesondere in den Bereichen Projektleitung, Business-Analyse, IT-Architektur, Testing und User-Experience sollen u.a. der reibungslose Betrieb gestärkt und die Sicherheit der Plattform gewährleistet werden. Dazu sollen bisher extern vergebene Mandate soweit zweckmässig internalisiert werden (rund acht Vollzeitstellen).

Da der Personalaufwand nicht über den Verpflichtungskredit E-Government gesteuert wird, wird der Finanzierungsbeschluss mit der Botschaft zur Standortförderung 2024­ 2027 um diese Internalisierung korrigiert. Insgesamt wird der Personalbestand des SECO mit der Umsetzung des E-UEG haushaltsneutral um zehn Vollzeitstellen steigen.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die beschriebenen Massnahmen richten sich primär an die Bundesverwaltung.

Gleichwohl kann es dazu führen, dass aufgrund der Wahl einer schlanken und einfachen Regelung auch die Kantone im Vollzug von Bundesrecht entlastet werden. Weiter führen die beschlossenen Entlastungsmassnahmen und die zentrale elektronische Plattform zu einer Verbesserung der kantonalen Standortattraktivität, was sich beispielsweise in höheren Steuereinnahmen widerspiegeln kann.

Die Finanzierung der zentralen elektronischen Plattform wird grundsätzlich durch den Bund sichergestellt (Art. 14 Abs. 1 E-UEG).

Damit entsteht für die Bundesrecht vollziehenden kantonalen Behörden sowie die mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten, deren Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform zugänglich gemacht werden, in Bezug auf die zentrale elektronische Plattform kein finanzieller Aufwand. Einmalige Mehrkosten können für den Systemausbau (z. B. Schnittstellen) anfallen. Diese lassen sich nur schwer beziffern, werden aber als eher gering eingeschätzt, da v. a. bestehende Schnittstellen integriert werden und die betreffenden Behörden keine eigenen Plattformen anbieten müssen.

In bestimmten Fällen ist eine Beteiligung von Seiten der Kantone bzw. der mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten vorgesehen. Nach Artikel 14 Absatz 2 E-UEG kann das SECO mit den Kantonen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften, insbesondere DVS, und den mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten zur Verwendung der zentralen elektronischen Plattform zum Vollzug von Bundesrecht eine 56 / 74

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Vereinbarung zur finanziellen Beteiligung abschliessen. Die Kosten dürften aber insgesamt deutlich tiefer ausfallen, als wenn die Kantone bzw. die mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten eigene Lösungen entwickeln würden.

Nach Artikel 14 Absatz 3 E-UEG leisten die Kantone und die mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten zum Vollzug von kantonalem Recht einen kostendeckenden Beitrag an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten der zentralen elektronischen Plattform. Besteht bei Letzterem ein hohes Bundesinteresse, so kann das SECO auf höchstens 45 Prozent des geschuldeten kantonalen Beitrags verzichten. Bei geringfügigen Kosten kann das SECO sogar ganz auf die Erhebung der kantonalen Beiträge verzichten (Art. 14 Abs. 4 E-UEG).

Mittel- bis langfristig führt die zentrale elektronische Plattform bei den teilnehmenden Behörden zu Effizienzgewinnen, verbesserten Prozessen und erhöhter Datenkonsistenz. Falls Behörden ganz auf die zentrale elektronische Plattform setzen, können Betriebskosten für eigene Portale gesenkt oder vollständig eingespart werden.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit Ausnahme der zentralen elektronischen Plattform richten sich die beschriebenen Massnahmen primär an die Verwaltung. Der E-UEG schafft zahlreiche Instrumente, welche eine regulatorische Entlastung der Unternehmen begünstigen und fördern. Zu den zentralen Wirkungskanälen zählen dabei die rasche, flächendeckende Verbreitung der zentralen elektronischen Plattform, die Information über Regulierungskosten und die systematische Identifizierung von Entlastungsmassnahmen. So ist zu erwarten, dass die Stärkung der Transparenz im Erarbeitungsprozess auch zu einer höheren Gesamtqualität der Regulierung führt. Das dadurch veränderte Regulierungsumfeld führt zu einer Stärkung der Unternehmen, die sich in unterschiedlichen Formen positiv in der Volkswirtschaft widerspiegelt, wie beispielsweise eine höhere Produktivität, mehr Arbeitsplätze, verstärkte Innovationen usw. Insgesamt wird folglich mit einer Verbesserung der Standortqualität gerechnet.

Aufgrund der indirekten Wirkung der Massnahmen ist eine konkrete Quantifizierung des Nutzens und der potenziellen Entlastungswirkung nur teilweise möglich. Im Rahmen der durchgeführten RFA wurde deshalb eine qualitative Einschätzung zum Nutzen der einzelnen Massnahmen vorgenommen, die insgesamt positiv ausfiel.

Für die Regulierungsgrundsätze ist der zentrale Wirkungskanal der Massnahme eine gesteigerte Wahrnehmung und eine konsequentere Berücksichtigung der Grundsätze guter und effizienter Regulierung bei der Vorbereitung der Erlasse durch die Bundesverwaltung. Daraus entsteht ein positiver Effekt auf Effektivität und Effizienz neuer Regulierungen. Allerdings dürfte der beschriebene Nutzen eher bescheiden sein, da in vielen Fällen die Grundsätze bereits heute geprüft werden, auch wenn dies nicht immer abschliessend dokumentiert wird. Durch die Sammlung der relevanten Grundsätze an einer Stelle ist mit einem gewissen Effizienzgewinn bei deren Prüfung und einer gesteigerten Publizität zu rechnen.

Für die Prüfpflichten liegt der zentrale Wirkungskanal in der verstärkten Berücksichtigung potenzieller Regulierungskosten in der Bundesverwaltung. Die für eine Vor57 / 74

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lage verantwortliche Bundesstelle wird durch die zu prüfenden Vereinfachungsmassnahmen für Unternehmen beauftragt, sich mit möglichem Entlastungspotenzial auseinanderzusetzen. Der Nutzen für die Volkswirtschaft entsteht indirekt, indem neue Vorlagen vermehrt Vereinfachungsmassnahmen enthalten. Inwieweit dies der Fall sein wird, lässt sich für die Zukunft schwer abschätzen. Es ist davon auszugehen, dass ein Teil des möglichen Vereinfachungspotenzials bereits heute entdeckt und falls möglich auch implementiert wird. Grundsätzlich gilt jedoch, dass schon eine geringe Anzahl von zusätzlich eingeführten Vereinfachungen für die Wirtschaft zu spürbaren und sich über die Jahre kumulierenden Effizienzgewinnen führen kann.

Bei der Auswirkung der Kostenschätzungspflicht wird ein indirekter, positiver Effekt auf die Volkswirtschaft erwartet. Der Effekt entsteht hauptsächlich dadurch, dass bei sämtlichen Vorlagen mit hoher Belastung quantitative Angaben zumindest zu den direkten und schätzbaren Regulierungsfolgekosten vorliegen. Wie gross dieser Effekt ausfällt, lässt sich schwer vorhersagen. Die transparente Offenlegung der Regulierungskosten allein führt jedoch noch zu keiner regulatorischen Entlastung von Unternehmen. Dazu müssen die Vorlagen entweder durch die Bundesverwaltung selbst oder im Bundesrat oder Parlament entsprechend angepasst oder ganz verworfen werden.

In der Vergangenheit durchgeführte Beispiele von Kostenschätzungen zeigen, dass es bereits genügt, in wenigen Fällen eine kostengünstigere Alternative für Unternehmen zu finden, um die zusätzlichen Ausgaben auf Seite der Verwaltung auszugleichen.

Beispielsweise konnte bei der Revision des Lebensmittelrechts aufgrund der Kostenschätzung durch eine Verlängerung der Übergangsfristen 140 Millionen Franken eingespart werden.78 Weiter könnte es aufgrund der vermehrt durchgeführten Regulierungskostenschätzungen zu Mehrkosten bei den Unternehmen kommen. Die von der Bundesverwaltung publizierte Methodik zur Schätzung der Regulierungskosten79 sieht bei grösseren Vorlagen die Möglichkeit vor, die in Experteninterviews ermittelten Schätzungen durch Unternehmensbefragungen zu validieren. Da bei den meisten der bedeutenden Vorlagen dieses Vorgehen jedoch bereits der Praxis entsprechen sollte, die neuen RFA-Richtlinien ohnehin Kostenschätzungen bei grösseren
Vorlagen vorsehen und die Teilnahme an Befragungen für die Unternehmen freiwillig ist, wird die dadurch entstehende administrative Belastung als sehr gering eingeschätzt.

Bei den Bereichsstudien ist der zentrale Wirkungskanal die Umsetzung der im Rahmen der Studien erarbeiteten Entlastungsmöglichkeiten für Unternehmen. Mit Hilfe des geplanten Monitorings können zudem gezielt Bereiche mit viel Entlastungspotenzial identifiziert und im Rahmen der Studien untersucht werden. Als positive 78

79

Oesch T., Gehrig M., Küng V. und Graff A.L. (2015), Regulierungsfolgenabschätzung zum neuen Lebensmittelrecht (S. 67), abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung > Vertiefte RFA > Lebensmittelverordnungen (2015) > Regulierungsfolgenabschätzung zum neuen Lebensmittelrecht.

SECO (2020), Leitfaden zur Schätzung der Regulierungskosten, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Regulierung > Regulierungsfolgenabschätzung > Hilfsmittel > Leitfaden zur Schätzung der Regulierungskosten.

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Nebenwirkung besteht die Möglichkeit, dass Bundesstellen durch die Bereichsstudien angeregt werden, weitere regulatorische Entlastungsmassnahmen zu prüfen.

Die zu erwartende positive Wirkung der Bereichsstudien lässt sich anhand eines den Bereichsstudien ähnelnden bundesrätlichen Berichts80 illustrieren. Darin hat der Bundesrat eine Bestandsschätzung der Regulierungskosten innerhalb zwölf Themenfeldern veröffentlicht und 32 Massnahmen zu deren Reduktion vorgeschlagen. Durch die Umsetzung einer dieser Massnahmen konnten beispielsweise Entlastungen in der Höhe von 4,1 Millionen Franken pro Jahr erreicht werden, indem die Arbeitgeberkontrollen durch SUVA, Ausgleichskassen und privaten Anbieter von Unfallversicherungen besser koordiniert wurden. Weitere Entlastungen ergaben sich durch eine Vereinfachung bei der Erhebung der Daten der Beschäftigungsstatistik des BFS, dem (Teil-)Verzicht auf die Arbeitszeitdokumentation oder den Ausbau des Online-Informationssystems und die Verbesserung der Kommunikation und Dokumentation bezüglich MWST. Als weiteres Beispiel umgesetzter Massnahmen aus dem bundesrätlichen Bericht dient die Wegleitung des SECO zur Ersten Hilfe (Art. 36 Verordnung 3 vom 18. August 199381 zum Arbeitsgesetz), die per Ende 2017 um fast die Hälfte gekürzt wurde, nicht zuletzt darum, weil den Arbeitgebern zu weitgehenden Verpflichtungen auferlegt wurden; dies ohne dabei am Ziel zu rütteln, einer Person bis zum Eintreffen der Rettungsdienste situationsgerecht helfen zu können.

Die zentrale elektronische Plattform startete im November 2017 mit den Behördenleistungen, die für die Gründung einer Firma benötigt werden, sowie mit Mutationen beim Handelsregister und mit Mehrwertsteuer-Transaktionen für bestehende Unternehmen. In der Legislaturperiode 2020­2023 wird das Angebot an Behördenleistungen für bestehende Unternehmen stark ausgebaut und die Plattform laufend optimiert.

Eine Studie der Universität St. Gallen von 2018 hat basierend auf der Wirkungsmessung der Vorgängerplattform StartBiz.ch den Nutzen der zentralen elektronischen Plattform anhand der damaligen Nutzerzahlen (ca. 7 500 registrierte Unternehmen) geschätzt.82 Bezogen auf die Erfahrungswerte von StartBiz kann eine Unternehmensgründung über die zentrale Plattform im Schnitt in einem Drittel der Zeit und mit der Hälfte der Kosten
durchgeführt werden. Die zentrale Plattform erbringt so allen Gründerinnen und Gründern, die über die angebotenen Dienste Behördenleistungen online abwickeln, einen monetarisierten Nutzen in Höhe von durchschnittlich etwa 2 300 Franken. Den Gesamtnutzen der zentralen elektronischen Plattform für all seine damaligen Benutzerinnen und Benutzer berechnete die Studie auf rund 6,3 Millionen Franken pro Jahr. Dies schliesst auch jene Unternehmen ein, die ausschliesslich Informationsangebote oder Pflichtenklärungen in Anspruch nahmen. Grössere Synergie- und Effizienzgewinne kommen hauptsächlich bei der Nutzung mehrerer Behördenleistungen sowie bei mehrmaliger Nutzung zum Tragen.

80

81 82

Bundesrat (2013), Bericht über die Regulierungskosten, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Publikationen & Dienstleistungen > Publikationen > Regulierung > Projekte in der Regulierungspolitik > Bericht über die Regulierungskosten.

SR 822.113 Universität St. Gallen, IMP-HSG (2018), Nutzenbewertung KMU-Portal und EasyGov, abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Nutzenbewertung > KMU Portal und EasyGov > Nutzenbewertung KMU Portal und EasyGov 2018.

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Die Covid-19-Krise hat die Digitalisierung vieler KMU beschleunigt. Dies hat sich auf die Anzahl registrierter Firmen positiv ausgewirkt. Das Angebot wird unterdessen von über 67 000 Unternehmen (Stand: August 2022) genutzt. Um der stark verbreiterten Angebotspalette und der über die vergangenen Jahre deutlich gestiegenen Zahl an Nutzern Rechnung zu tragen, führte die Universität St. Gallen 2021 eine Aktualisierung der Nutzenbewertung der zentralen elektronischen Plattform durch.83 Mit dem damaligen Angebot und den Nutzerzahlen von 55 000 Unternehmen resultierte ein Gesamtnutzen von rund 8.3 Millionen Franken pro Jahr.

Angesichts der vielen bereits geplanten oder angedachten Ausbauschritte dürften die Nutzerzahlen in den kommenden Jahren weiter deutlich zulegen. Dementsprechend wird auch der Nutzen der zentralen elektronischen Plattform weiter steigen. Mit dem vorliegenden Gesetz kann der Ausbau schneller voranschreiten. Dieser zusätzliche Nutzeneffekt lässt sich aber nur schwer prognostizieren.

6.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Der E-UEG hat keine direkte Auswirkung auf die Gesellschaft. Weil die Regulierungskosten mehr Transparenz und damit unter Umständen ein erhöhtes Gewicht bei den Entscheiden von Bundesrat und Parlament erhalten, ist es denkbar, dass es in Einzelfällen zu Anpassungen an Vorlagen kommt. Denkbar sind Vereinfachungen, aber allenfalls auch eine Anpassung, die den angestrebten Nutzen einer Vorlage mit gesellschaftspolitischen Zielen vermindert oder die Kosten verlagert. Es ist umgekehrt auch denkbar, dass die Diskussion über die Kosten einer Vorlage auch zu fundierten Informationen über den Nutzen führt, oder dass eine Vorlage aufgrund der eingebrachten Vereinfachungen und Kostensenkungen auf mehr Akzeptanz stösst. Die Abwägung der verschiedenen Interessen obliegt aber in jedem Fall Bundesrat und Parlament.

6.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Der E-UEG hat keine direkte Auswirkung auf die Umwelt. Es gilt das Gleiche wie bei den Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es ist denkbar, dass über eine Vorlage aus dem Bereich der Umwelt aufgrund der erhöhten Transparenz über die Regulierungskosten anders entschieden wird. Somit ist es auch nicht auszuschliessen, dass der Nutzen für die Umwelt in bestimmten Fällen verringert wird; dies im Sinne einer umfassenden Interessensabwägung, wobei der Entscheid dazu aber in jedem Fall von Bundesrat und Parlament gefällt wird. Wie bei den Auswirkungen auf die Gesellschaft kann die zusätzliche Diskussion über die Regulierungskosten auch die Akzeptanz gegenüber neuen Vorlagen erhöhen.

83

Universität St. Gallen, IMP-HSG (2022), Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss. abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Standortförderung > KMU-Politik > E-Government > Nutzenbewertung KMU Portal und EasyGov > Nutzenbewertung EasyGov.swiss 2021.

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7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Rechtsgrundlage Die Regulierungsgrundsätze sowie die Bestimmungen über die Ausarbeitung von Erlassen, das Monitoring und die Bereichsstudien (1.­3. Abschnitt) stützen sich auf die inhärente Kompetenz des Bundes, die Verfahren ­ einschliesslich Rechtsetzungsverfahren ­ seiner Organe zu regeln.

Die zentrale elektronische Plattform ist einerseits zur Erbringung von Behördenleistungen von Bundesbehörden konzipiert; auch hierfür ist inhärent der Bund zuständig.

Andererseits wird den Behörden der Kantone das Zugänglichmachen ihrer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform vorgeschrieben, soweit diese Bundesrecht anwenden (Art. 11 Abs. 1 zweiter Satz E-UEG). Dies ist für einen im Sinne der Nutzerorientierung einheitlichen und korrekten Vollzug des Bundesrechts erforderlich und daher von den verschiedensten Bundeskompetenzen erfasst, die den zu vollziehenden Erlassen zugrunde liegen.

Als Platzhalter für die betreffenden Kompetenzen wird im Ingress aufgrund gesetzestechnischer Konvention Artikel 173 Absatz 2 BV genannt.

Vereinbarkeit mit den Grundrechten Der vorliegende Gesetzesentwurf richtet sich grundsätzlich an die Einheiten der Bundesverwaltung, an die kantonalen Behörden und an die mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten. Rechte und Pflichten des Einzelnen gegenüber dem Staat werden dem hingegen aber keine begründet.

Da der Gesetzesentwurf selber keine Verpflichtung gegenüber Einzelnen vorsieht, die zentrale elektronische Plattform zu verwenden, und er die Nutzung von Behördenleistungen auf elektronischem Weg nicht vorschreibt, wird auch die Rechtsgleichheit nach Artikel 8 BV nicht tangiert.

Der E-UEG ist daher mit den Grundrechten vereinbar.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Sie schafft keine Konflikte zu bestehenden internationalen Verpflichtungen, und es wird kein internationales Recht übernommen.

7.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Dies ist mit der Vorlage gewährleistet.

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Erlass des Gesetzes ergibt 61 / 74

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sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV. Der Erlass unterliegt dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden keine Subventionsbestimmungen oder Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen, die einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder jährliche Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen. Die Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) kommt somit nicht zur Anwendung.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Subsidiaritätsprinzip Zu den Grundsätzen für die Zuweisung und Erfüllung von Aufgaben und Kompetenzen zählt das in Artikel 5a BV statuierte Subsidiaritätsprinzip, das für die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen in Artikel 43a Absatz 1 BV dahingehend konkretisiert wird, dass der Bund nur jene Aufgaben übernehmen soll, welche die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung durch den Bund bedürfen.

Gleichzeitig hat der Bund von seinen Kompetenzen einen schonenden Gebrauch zu machen und den Kantonen ausreichend Raum für die Aufgabenerfüllung zu überlassen. Der Bund beschränkt sich auf eine unterstützende und koordinierende Rolle und trägt damit dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung.

Seit 2008 arbeiten Bund, Kantone und Gemeinden zusammen, um die digitale Verwaltung in der Schweiz zu etablieren. E-Government betrifft somit alle drei Staatsebenen und funktioniert dann am besten, wenn alle Verwaltungsebenen eng zusammenarbeiten und Infrastrukturen gemeinsam nutzen, um dadurch den Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft möglichst nutzerfreundliche, zielgruppengerechte, sowie ressourcensparende digitale Informationen und Dienste zur Verfügung zu stellen. Eine gute Koordination und abgestimmte Steuerung zwischen den Gemeinwesen ist hierfür unabdingbar.

Ein wichtiger Schritt in Richtung digitale Verwaltung gegenüber Unternehmen stellt die zentrale elektronische Plattform nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf dar.

Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber für den Vollzug von Bundesrecht ­ unabhängig davon, ob dafür der Bund selbst oder die Kantone zuständig sind ­ einheitliche und verbindliche Standards erlässt. Dies bedingt, dass der Bund hinsichtlich der Standardisierung, die Koordination sicherstellt. Die Verantwortung für die kantonalen Fachsysteme bleibt weiterhin in der alleinigen Zuständigkeit der Kantone. Das Subsidiaritätsprinzip bleibt somit gewahrt.

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Prinzip der fiskalischen Äquivalenz Nach dem in Artikel 43a statuierten Prinzip der fiskalischen Äquivalenz trägt das Gemeinwesen, in dem der Nutzen einer staatlichen Leistung anfällt deren Kosten (Abs. 2); das Gemeinwesen, das die Kosten einer staatlichen Leistung trägt, kann über die Leistungen bestimmen (Abs. 3).

Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz verlangt demnach eine Kongruenz zwischen Nutzniessern sowie Kosten- und Entscheidungsträgern von öffentlichen Leistungen: Das Gemeinwesen, in dem der Nutzen einer staatlichen Leistung anfällt, trägt somit auch deren Kosten (Art. 43a Abs. 2 BV), und das Gemeinwesen, das die Kosten einer staatlichen Leistung trägt, kann demnach auch über die Leistung bestimmen (Art. 43a Abs. 3 BV).

Nach Artikel 94 Absatz 3 BV sorgen der Bund und die Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für günstige Rahmenbedingungen für die private Wirtschaft. Der vorliegende Gesetzesentwurf bezweckt ein zentral zugängliches und damit nutzerorientiertes elektronisches Angebot von Behördenleistungen für Unternehmen. Im Sinne der Nutzerorientierung und zur Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs von Bundesrecht bedarf es einer gewissen Standardisierung zur Gewährleistung der Plattforminteroperabilität. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit DVS. Der Bund stellt zudem die Plattform bereit und trägt im Wesentlichen die Kosten. Ausgenommen sind nach Artikel 14 Absatz 2 E-UEG freiwillige Beiträge von Kantonen, DVS sowie von Dritten, die mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betraut sind.

Im Sinne der fiskalischen Äquivalenz leisten kantonale Behörden und die mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten einen kostendeckenden Beitrag (Art. 14 Abs. 3 E-UEG) bei einer Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht.

Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz wird mit den erwähnten Bestimmungen gewahrt.

7.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält diverse Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht.

Kompetenzdelegation an den Bundesrat: ­

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die für das Monitoring verantwortliche Stelle zu bezeichnen (Art. 6 Abs. 2 E-UEG).

Kompetenzdelegation an das Departement: ­

Artikel 17 E-UEG sieht vor, dass das WBF Bestimmungen zur Gewährleistung der Datensicherheit betreffend die zentrale elektronische Plattform regelt.

Kompetenzdelegation an die BK: ­

Nach Artikel 11 Absatz 2 E-UEG kann die BK Ausnahmen von der Verpflichtung des Zugänglichmachens elektronischer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform vorsehen.

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­

Artikel 11 Absatz 2 E-UEG ermächtigt die BK auch Fristen für die Umsetzung der Verpflichtung des Zugänglichmachens elektronischer Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform vorzusehen.

­

Des Weiteren kann die BK nach Artikel 13 E-UEG in Zusammenarbeit mit dem SECO und DVS technische, organisatorische und prozedurale Standards verbindlich erklären, soweit dies für die Interoperabilität anderer Systeme mit der zentralen elektronischen Plattform erforderlich ist. Die Bundeskanzlei orientiert sich dabei an bestehenden und international etablierten offenen Standards.

7.7

Datenschutz

Der vorliegende Gesetzesentwurf richtet sich nach dem nDSG, das am 1. September 2023 in Kraft treten wird. Im Zuge der Totalrevision des Datenschutzrechts bedurfte es auch der Anpassung weiterer Erlasse. Einer davon ist das RVOG. Dies hatte den folgenden Grund: In den Geltungsbereich des totalrevidierten Datenschutzgesetzes fallen neu nur noch natürliche, nicht aber juristische Personen. Im Bereich der Datenbearbeitung durch Bundesorgane hätte die Aufhebung des Schutzes von Daten juristischer Personen zur Folge, dass die bundesrechtlichen Gesetzesgrundlagen, mit denen die Bundesorgane zur Bearbeitung von Personendaten ermächtigt werden, nicht mehr anwendbare wären, wenn diese Daten juristischer Personen bearbeiten. Nach Artikel 5 Absatz 1 BV ist die Grundlage und Schranke staatlichen Handelns das Recht. Aufgrund dessen regelt ab dem 1. September 2023 das rRVOG den Umgang mit Daten juristischer Personen durch den Bund.

Zum Verhältnis des neuen Datenschutzgesetzes und des vorliegenden Gesetzesentwurfs kann auf die Ausführungen unter Ziffer 7.8 verwiesen werden.

Gemäss der vorliegenden Gesetzesvorlage haben Zugriff auf die Daten einer Benutzerin oder eines Benutzers sowie auf die an eine Behörde übermittelten oder von einer Behörde empfangenen Dokumente lediglich Personen, die von ihr oder ihm dazu bevollmächtigt. Das SECO darf die Daten nur auf Antrag der betroffenen Benutzerinnen und Benutzer an die jeweils zuständigen Behörden übermitteln. Die Daten werden so lange auf der zentralen elektronischen Plattform aufbewahrt, bis die Benutzerin oder der Benutzer sie vernichtet. Die auf der zentralen elektronischen Plattform gehaltenen Daten stehen somit unter ausschliesslicher Kontrolle der Benutzerin oder des Benutzers.

Die Datensammlung der zentralen elektronischen Plattform wurde bisher im Register des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten eingetragen (Art. 11a DSG). Nach Art. 12 nDSG müssen der Verantwortliche und der Auftragsbearbeiter nun je ein Verzeichnis ihrer Bearbeitungstätigkeiten führen und dieses dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten melden. Auch das Informationssicherheits- und Datenschutzkonzept der zentralen elektronischen Plattform wird weiterhin bei jeder Einbindung einer neuen Behördenleistung überprüft und gegebenenfalls angepasst. Der
Zugang zu den Datenbanken wird mittels Authentifizierung über das zentrale Zugriffs- und Berechtigungssystem der Bundesverwaltung (eIAM), verschlüsselte Datenübertragung, Virenschutz und Firewall gesichert.

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Wichtige Abläufe innerhalb der Informatiksysteme werden in der Systemarchitektur der zentralen elektronischen Plattform aufgezeichnet und ausgewertet. Gestützt auf Artikel 153c Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194684 über die Altersund Hinterlassenenversicherung und Artikel 134ter der Verordnung vom 31. Oktober 194785 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung ist das SECO zur systematischen Verwendung der AHV-Nummer berechtigt, sofern es der Zentralen Ausgleichsstelle Meldung erstattet.

Überdies wird Rahmen der Departementsverordnung näher auf die Datensicherheit eingegangen. Ausserdem schliesst die Standardsetzungskompetenz der BK betreffend die Plattforminteroperabilität auch den Erlass von Bestimmungen bezüglich der Datensicherheit insbesondere im Rahmen der Datenübermittlung zwischen den Behörden und der zentralen elektronischen Plattform mit ein.

7.8

Verhältnis zu anderen Erlassen

Verhältnis E-EMBAG ­ E-UEG Die zentrale elektronische Plattform nach vorliegendem Gesetz ist ein konkretes Beispiel eines als E-Service konzipiertes IKT-Mittels nach Artikel 11 E-EMBAG. Der EEMBAG schafft gemäss dessen Artikel 1 Buchstabe a die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit unter Behörden verschiedener Gemeinwesen und mit Dritten beim Einsatz elektronischer Mittel zur Unterstützung der Erfüllung von Behördenaufgaben.

Die Bestimmungen des E-EMBAG (lex generalis) kommen zur Anwendung, sofern das vorliegende Gesetz (lex specialis) nichts anderes vorsieht.

Verhältnis VE-BEKJ ­ E-UEG Mit dem VE-BEKJ86 werden die rechtlichen Voraussetzungen für eine zentrale Plattform Justitia.Swiss geschaffen, über welche Behörden, Gerichte, Anwaltspersonen, Verfahrensparteien sowie weitere Verfahrensbeteiligte Dokumente empfangen und versenden können (Art. 1 VE-BEKJ). Die Plattform Justitia.Swiss wird über eine Körperschaft von Bund und Kantonen gemeinsam betrieben werden (Art. 3 VEBEKJ). Die Körperschaft wird dann für den eigentlichen Aufbau, Betrieb, Weiterentwicklung und Sicherheit der Plattform zuständig sein. Die Verpflichtung, die rechtliche Plattform Justitia.Swiss zu verwenden, besteht nur, sofern es das im konkreten Fall anwendbare Verfahrensrecht so vorsieht. Da der VE-BEKJ Justizverfahren zum Gegenstand hat, unterliegen Verwaltungsverfahren nach dem VE-VwVG grundsätzlich nicht dem oben genannten Obligatorium. So handelt es sich bei Verfahren durch Verfügung einer Bundesverwaltungsbehörde in erster Instanz sowie Verfahren, die durch eine Beschwerdeinstanz erledigt werden, nicht um ein Justizverfahren im engeren Sinn. Infolge dessen sollen diese Verfahren auch nicht über die vom VE-BEKJ vorgesehene Plattform Justitia.Swiss abgewickelt werden. Art. 6a Abs. 2 VE-VwVG 84 85 86

SR 831.10 SR 831.101 Der VE-BEKJ sowie der dazugehörende erläuternde Bericht sind zugänglich unter: www.bj.admin.ch > Staat&Bürger > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Elektronische Kommunikation mit Gerichten und Behörden; vgl. Art. 1 VE-BEKJ.

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sieht für diese Verwaltungsverfahren nach VwVG den Betrieb einer separaten Plattform vor.87 Eine Ausnahme bildet der dritte Abschnitt des VwVG, wo es um das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geht. Da es sich hier um ein Justizverfahren handelt, gilt auch die Verpflichtung die rechtliche Plattform Justitia.Swiss zu verwenden.

Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht vor, dass das SECO eine zentrale elektronische Plattform zur erleichterten Erbringung von Behördenleistungen für UID-Einheiten betreibt. Mittels der vom E-UEG vorgesehenen Plattform soll den Unternehmen ein zentral zugängliches und damit nutzerorientiertes elektronisches Angebot von Behördenleistungen angeboten werden. Ziel ist es die Unternehmen administrativ zu entlasten. Unternehmen sollen Verwaltungsverfahren auf die das VwVG Anwendung findet, über die zentrale elektronische Plattform abwickeln können.

Im Unterschied zur Plattform Justitia.Swiss sollen Unternehmen mittels der zentralen elektronischen Plattform grundsätzlich sämtliche Verwaltungsverfahren nach dem VwVG abwickeln können. Eine Differenzierung von Justizverfahren im engeren und weiteren Sinne erfolgt bei der zentralen elektronischen Plattform nicht. Es wird zu klären sein, wie die Übermittlung der Verfahrensdokumente unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des VwVG (insb. Art. 11b Abs. 2, Art. 21a und Art. 34 Abs. 1bis) anwenderfreundlich ermöglicht werden kann. Allenfalls wird die Verordnung vom 18. Juni 201088 über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens anzupassen sein. Wird im Rahmen des zurzeit in Erarbeitung befindlichen Bundesgesetzes über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz, auf der Plattform Justitia.Swiss ein Zugang für Justizverfahren nach VwVG eingerichtet, so soll die zentrale elektronische Plattform auch deren Zustellfunktionalität nutzen können.

Artikel 6a Absatz 2 VE-VwVG sieht für Verwaltungsverfahren nach VwVG, welche nicht vom Geltungsbereich des VE-BEKJ erfasst werden, den Betrieb einer separaten Plattform vor. Die zentrale elektronische Plattform soll eine solche Zustellfunktionalität bereitstellen oder Zustellfunktionalitäten einer allfälligen separaten Plattform nutzen können.

Verhältnis E-UEG ­ nDSG (bzw. rRVOG) Der E-UEG als lex specialis geht dem nDSG als lex
generalis vor. Wird daher nichts anderes ausdrücklich festgehalten, so sind auf den E-UEG betreffend die Bearbeitung von Personendaten die Regeln des nDSG anwendbar (z. B. bezüglich das Führen eines Verzeichnisses der Bearbeitungstätigkeiten nach Artikel 12 nDSG oder das Auskunftsrecht nach Artikel 25 nDSG).

Dasselbe gilt auch in Bezug auf das Verhältnis E-UEG ­ rRVOG in Bezug auf Daten von juristischen Personen. Sieht der E-UEG als lex specialis nichts Abweichendes vor, so gelten die einschlägigen Bestimmungen des rRVOG.

87

88

Zum Ganzen siehe auch: Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ), Erläuternder Bericht zum Vorentwurf, abrufbar unter: www.bj.admin.ch > Staat&Bürger > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Elektronische Kommunikation mit Gerichten und Behörden.

SR 172.021.2

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Amts- und Rechtshilfe Da der E-UEG keine spezifische Regelung in Bezug auf die Amts- und Rechtshilfe in Strafsachen vorsieht, richtet sich diese u. a. nach Artikel 14 RVOV und Artikel 36 nDSG.

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Anhang 1

Begriffserklärung zur zentralen elektronischen Plattform (Art. 9 bis 18) Gestützt auf die strategische Leitlinie «Benutzerorientierte Behördenportale» wurde beschlossen, dass die Departemente und Verwaltungseinheiten beauftragt werden, Behördenportale interoperabel zu gestalten und bei der Entwicklung der Portale und der Portallandschaften die Benutzerperspektive (Unternehmen und Personen) in den Vordergrund zu stellen.89 Als Grundlage für die strategische Leitlinie «Benutzerorientierte Behördenportale» für die Bundesverwaltung sowie die Folgearbeiten diente die Studie «Architekturreview EasyGov: Integrations-Sollarchitektur für Behördenleistungsportale»90, welche durch das SECO im Rahmen der E-Government Strategie Schweiz 2021-2023 erarbeitet wurde. Gemäss Letzterer soll das Zugänglichmachen einer Behördenleistung für Unternehmen auf der zentralen elektronischen Plattform erfolgen91. Die Studie sieht grundsätzlich zwei Integrationsmuster vor: die «Implementation» oder «Vollintegration» und die «Einbindung» oder «Teilintegration» (siehe Abb. 1). Die Verpflichtung nach Artikel 11 Absatz 1 E-UEG schliesst nicht aus, dass Behörden auch weiterhin eigene, parallele Portale betreiben können, auch dann, wenn ihre Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform zugänglich sind. Dadurch bleibt jeder Behörde die Wahl, eigene Zugangsportale neben der zentralen elektronischen Plattform zu betreiben oder ausschliesslich die zentrale elektronische Plattform gemäss diesem Gesetz zu nutzen, insofern es sich um Behördenleistungen im Vollzug von Bundesrecht handelt, welche sich an Unternehmen richten. Die Unternehmen können ihrerseits die Behördenleistungen über die zentrale elektronische Plattform beziehen und, sofern diese bestehen, über dedizierte Zugangsportale einzelner Behörden. Bereits vorhandenen oder sich im Aufbau befindlichen dezentralen Lösungen wird somit u. a. zur Gewährleistung des Investitionsschutzes Rechnung getragen. So ist zum Beispiel im Bereich der Sozialversicherungen geplant, dass die zentrale elektronische Plattform mit dem bereits bestehenden und unter dem Namen Swissdec bekannten System für die staatlich vorgeschriebenen Lohnmeldungen verbunden wird und somit eine bestehende Infrastruktur nutzt.

Zur optimalen Unterstützung der digitalen Transformation des Verwaltungsgeschäfts
setzt der Bund auf elektronische Schnittstellen, sog. Application Programming Interface (API). Dies ist ein strategisches Ziel des Bundes92 und auch eine Forderung des 89

90

91 92

Bundeskanzlei (2021), Strategische Leitlinie benutzerorientierte Behördenportale, Beschluss zur Digitalen Transformation und IKT-Lenkung Bund, abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und Behördenportale > Bundesarchitektur > Behördenportale.

AWK Group AG (2022), Studie Architekturreview EasyGov: Integrations-Sollarchitektur für Behördenleistungsportale. abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Publikationen&Dienstleistungen > Standortförderung > Studien > Studie Architekturreview EasyGov: Integrations-Sollarchitektur für Behördenleistungsportale.

Betreffend Begriffsdefinition «zentral» siehe auch Erläuterungen unter Ziff. 5. 4. 3.

Bundesrat (2020), Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020-2023, Strategie der Bundesverwaltung im Bereich der digitalen Transformation und der Informatik, abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Digitale Transformation und IKT Lenkung > Strategie und Planung > Digitalisierungsstrategie des Bundes 2020­2023.

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Parlaments93. API sollen inskünftig Grundlage für digitale Behördenleistungen bilden ­ sowohl innerhalb der Bundesverwaltung als auch ausserhalb durch Partner in der föderalen Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Mit Blick auf diese Zielvision können sich die Integrationsmuster mittel- bis langfristig z. B. zur verstärkten Anwendung der Vollintegration unter Nutzung von API weiterentwickeln.

Als Grundlagen für die Festlegung der von der Verpflichtung erfassten Behördenleistungen dienen namentlich die Interoperabilitätsplattform I14Y IOP sowie das «Inventar der Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz» gemäss dem Standard eCH-0070 des Vereins eCH94.

Hauptsächliche Integrationsmuster von Behördenleistungen auf der zentralen elektronischen Plattform Die Abbildung 1 (siehe unten) stellt beispielhaft und ohne rechtliche Verbindlichkeit verschiedene, nicht abschliessende Integrationsmuster von Behördenleistungen auf der zentralen Plattform sowie die mögliche Parallelität der Zugangswege (volle und gepunktete graue Linie) auf der Plattform dar.

Abbildung 1 Hauptsächliche Integrationsmuster von Behördenleistungen zur Erbringung von Behördenleistungen für Unternehmen

Quelle: SECO (eigene Darstellung)

93 94

Siehe Motionen 18.4276, 18.4238 und 20.4260.

Das Leistungsinventar ist unter www.ech.ch publiziert. Betreffend das Leistungsinventar sowie einer groben Schätzung des Mengengerüsts, siehe entsprechenden Absatz im Anhang 1.

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Erläuterungen Bei allen Behördenleistungen, welche über die zentrale elektronische Plattform zugänglich gemacht werden, bleiben die relevanten Datenbanken (DB) und Fachapplikationen (FA) weiterhin bei den zuständigen Behörden und werden von diesen selbstständig betrieben. Je nach Entscheid der Behörde kann sie für Behördenleistungen den direkten Zugang (gepunktete graue Linie) den Unternehmen zur Verfügung stellen und zusätzlich oder ausschliesslich den Zugang über die zentrale elektronische Plattform (volle graue Linie). Die Daten werden unter Berücksichtigung von Standardisierungsvorgaben gemäss dem vorliegenden Gesetzesentwurf von der zentralen elektronischen Plattform zur Behörde versandt. Nachfolgend wird die Übermittlung via die zentrale elektronische Plattform (volle graue Linie) erläutert: Behördenleistung A Die zentrale elektronische Plattform nimmt eine sogenannte «Teilintegration» mit einem anderen Portal vor. Das Portal der Behörde A muss hierzu gewisse Anforderungen erfüllen. Die Benutzerin bzw. der Benutzer erhält auf der zentralen elektronischen Plattform die erforderlichen Informationen über die betreffende Behördenleistung.

Anschliessend wird die Benutzerin bzw. der Benutzer über die zentrale elektronische Plattform zum Portal der Behörde A geführt (z.B. mit derselben elektronischen Identität und ohne neues Login, d.h. keine reine Verlinkung). Die künftig von der Bundeskanzlei zu erlassenden Standards werden hierzu die technischen Vorgaben bestimmen. Die Eingaben des Unternehmens erfolgen anschliessend direkt auf der Plattform der Behörde A.

Behördenleistung B Die Behörde B betreibt keine eigene Plattform, sondern setzt für die elektronische Antragstellung ausschliesslich auf die zentrale elektronische Plattform. Die Behördenleistung wird vollständig in die zentrale elektronische Plattform integriert, bzw.

durchläuft das Unternehmen einen geführten Prozess auf der Plattform. Aufgrund des tiefen digitalen Reifegrads der Behörde B (oder aufgrund der erforderlichen handschriftlichen Unterschrift und der Nutzer verfügt über keine qualifizierte elektronische Signatur) erstellt die zentrale elektronische Plattform ein Dokument zum Herunterladen, Ausdruck und zum Post-Versand durch den Nutzer an die Behörde.

Behördenleistung C Die Behörde C betreibt wie Behörde B keine eigene Plattform
und setzt für die elektronische Antragstellung auf die zentrale elektronische Plattform oder sie verfügt über einen höheren digitalen Reifegrad als die Behörde B und stellt selber elektronische Formulare auf eigenen Webseiten zum Herunterladen und Ausfüllen zur Verfügung.

Unternehmen können in diesem Fall auf der zentralen elektronischen Plattform die Anträge über einen geführten Prozess erstellen. Die zentrale elektronische Plattform übermittelt der Behörde C den Antrag z. B. als PDF-Datei. Bei erforderlicher handschriftlicher Unterschrift ist entweder die qualifizierte elektronische Signatur notwendig oder das Formular muss handschriftlich unterzeichnet per Post an die Behörde versandt werden. Ohne erforderliche Unterschrift oder mit qualifizierter elek-

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tronischer Signatur geht der Antrag direkt von der zentralen elektronischen Plattform zur Behörde in elektronischer Form.

Behördenleistung D Die Behörde verfügt über einen hohen digitalen Reifegrad. Sie verfügt nicht über eine eigene Plattform, jedoch über eine dedizierte Schnittstelle. In diesem Fall wird das Unternehmen mittels geführtem Prozess über die zentrale elektronische Plattform bis zur Antragstellung geleitet und anschliessend übermittelt die zentrale elektronische Plattform im Auftrag des Unternehmens die Daten in strukturierter Form an die Schnittstelle der Behörde D.

Bei allen Integrationsmustern besteht grundsätzlich für die zuständige Behörde die Möglichkeit, Dokumente über die zentrale elektronische Plattform dem Unternehmen zuzustellen. Der bidirektionale Datenaustausch erfordert von der zuständigen Behörde einen genügenden digitalen Reifegrad und die Berücksichtigung allfälliger Standardisierungsvorgaben.

I14Y95 Interoperabilitätsplattform Um Privatpersonen und Unternehmen die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand zu erleichtern, will der Bundesrat mit dem Programm «Nationale Datenbewirtschaftung»96 des BFS die Mehrfachnutzung von Daten fördern. Hierzu wurde als technisches Instrument die I14Y-Interoperabilitätsplattform entwickelt. Diese steht bereits seit Juni 2021 zur Verfügung und richtet sich in erster Linie an Bund, Kantone, Gemeinden und bundesnahe Betriebe. Da Verwaltung und Unternehmen eng zusammenarbeiten, steht sie auch Unternehmen offen.

Bei der I14Y-Interoperabilitätsplattform handelt es sich um einen Katalog der Datensammlungen der Bundes-, Kantons und Gemeindebehörden. Obschon sie die Datensammlungen öffentlich dokumentiert, enthält sie aber keine Datensätze. Dank Angaben zu den Datenhalterinnen und Datenhaltern sowie den elektronischen Schnittstellen (APIs), erleichtert sie den Datenaustausch mit und innerhalb der Verwaltung.

Des Weiteren können mittels dieser Plattform alle Benutzerinnen und Benutzer auf die verfügbaren Datenquellen zugreifen (frei oder mit entsprechendem Zugriffsrecht).

Sie erleichtert es zudem, bereits erfasste Informationen zu erkennen und diese mehrfach zu verwenden (Once-only-Prinzip). Die Schaffung neuer Dienste sowie die Durchführung neuer Datenanalysen werden somit unterstützt.

Der Metadatenkatalog der I14Y-Interoperabilitätsplattform
hat im Wesentlichen die Funktion einer Suchmaschine für Datensammlungen, elektronische Schnittstellen und Behördenleistungen. Angebot und erfasste Datensammlungen werden laufend erweitert. Die I14Y-Interoperabilitätsplattform verwendet den Standard DCAT-AP.

eCH-0070-Inventar der Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz Das eCH-0070-Inventar der Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz wurde im Sommer 2022 aktualisiert und ergänzt. Das Inventar ist nicht abschliessend 95 96

Das englische Wort interoperability wird in der Softwareentwicklung oft als I14Y abgekürzt. Die Zahl 14 entspricht der Anzahl der ausgelassenen Buchstaben.

Siehe hierzu: www.bfs.admin.ch > NaDB Nationale Datenbewirtschaftung.

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und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Neben der rechtlichen Grundlage und der Leistungsbezeichnung führt es neu die folgenden Angaben auf: ­

Einordnung der gesetzlichen Grundlage der Behördenleistung (internationales Recht, Bundesrecht, kantonales Recht oder Vorgaben auf Stufe Gemeinde),

­

Kategorie der Vollzugsstelle (Bund, Kantone, Gemeinden, externe Verwaltungsträger des Bundes und der Kantone oder mehrere der voran genannten Behörden),

­

Relevanz der Behördenleistung für Unternehmen und / oder für Privatpersonen, sowie

­

Vorhandensein einer elektronischen Lösung für den Vollzug der Behördenleistung. Falls nur einige Behörden (z. B. einzelne Kantone oder Bundesämter) eine elektronische Lösung anbieten oder falls nur ein Teil der Behördenleistung elektronisch abgewickelt werden kann, wird die Behördenleistung als «teilweise elektronisch» kategorisiert. Die aktuelle elektronische Lösung wird grob beschrieben.

Das Inventar ist unter www.ech.ch/de publiziert. Es verzeichnet insgesamt 356 für Unternehmen relevante Behördenleistungen im Vollzug von Bundesrecht, davon sind 88 vollständig und 140 teilweise elektronisch verfügbar (siehe Tabelle 2). Der grösste Anteil der Leistungen für Unternehmen erbringen die Kantone mit 240 Behördenleistungen, gefolgt vom Bund mit 63 Behördenleistungen und den Gemeinden mit 8 Behördenleistungen. Bei 29 Behördenleistungen wird die Leistung von einer durch Bund, Kantone oder Gemeinden beauftragten Organisation vollbracht; bei 16 Behördenleistungen schliesst die Leistungserbringung mehrere der voran genannten Behörden mit ein.

Tabelle 2 Behördenleistungen für Unternehmen im Vollzug von Bundesrecht Vollzugsstelle

Bund Kantone Gemeinden Externe Verwaltungsträger Mehrere

Elektronisch verfügbar

Teilweise elektronisch verfügbar

Nicht elektronisch verfügbar

Total

37 35 2

3 122 1

23 83 5

63 240 8

10 4

8 6

11 6

29 16

88

140

128

356

Quelle: SECO auf der Grundlage des Inventars der Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz gemäss Standard eCH- 0070, Verein eCH, Juni 2022.

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Behördenleistung Im Sinne des vorliegenden Gesetzes umfasst eine Behördenleistung die Erbringung einer gesetzlich festgelegten Aufgabe durch gesetzlich bestimmte Stellen.

Diese Definition stützt sich insbesondere auf die Vorgaben des Vereins eCH zur Beschreibung von Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz: a)

Standard eCH-0070: «Inventar der Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz» Der Standard eCH-0070 erfasst und pflegt die öffentlichen Leistungen der Schweizer Behörden für Private und Unternehmen. Das Leistungsinventar eGov CH ist Bestandteil der Dokumentation zum Geschäftsprozessmanagement E-Government Schweiz (Business Process Model-Dokumentation eGov CH).

b)

Standard eCH-0073: «Vorgaben zur Beschreibung von Leistungen der öffentlichen Verwaltung der Schweiz» Der Standard eCH-0073 bezeichnet als öffentliche Leistungen, Leistungen, welche Verwaltungsstellen zu gesetzlich vorgegebenen, d. h. öffentlichen Aufgaben erbringen. Öffentliche Leistungen sind ­ weil gesetzlich vorgegeben ­ hoheitlich zu erbringen, d.h. nicht durch Marktleistungen ersetzbar.

c)

Standard eCH-0088: «Vorgaben zur Beschreibung von Behördengängen in der Schweiz» Der Standard eCH-0088 enthält die Vorgaben zur einheitlichen Beschreibung von Behördengängen, d. h. der schrittweisen Beschreibung der Abläufe beim Bezug einer öffentlichen Leistung aus der Perspektive der Leistungsbezüger.

Die vorliegende Definition einer Behördenleistung unterscheidet sich gegenüber der eCH-Definition, da der Adressatenkreis der Behörden offener gestaltet ist. Er umfasst nicht nur Verwaltungsstellen, sondern auch weitere vom Bund oder den Kantonen mit dem Vollzug von Bundesrecht betrauten Akteuren. Weiter verwendet das vorliegende Gesetz gemäss DVS den Begriff «Behördenleistung» anstelle von «Behördengang».

Beide Begriffe sind Synonyme.

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Anhang 2

Übersichtstabelle über die im erläuternden Bericht verwendeten Daten Zitat, Fundstelle

Quelle, Herleitung, Annahmen

Letzte Bemerkungen Aktualisierung

Ziff. 1.1 2018 haben 67,5 % der Unternehmen die Belastung als (eher) hoch erfahren

LINK Institut, Bürokratiemonitor 2018.

2019

Angaben von Unternehmen zur subjektiven administrativen Belastung insgesamt auf einer Skala von 1, gering, bis 4, hoch.

Ziff. 1.1: direkten Kosten wurden auf ca. 10 Mrd.

Franken jährlich geschätzt

Bundesrat, Bericht über die Regulierungskosten

2013

Es wurden lediglich die direkten Kosten der wichtigsten Handlungspflichten in 12 Bereichen untersucht.

Weiter wurden die Kosten auf die gesamte Wirtschaft basierend auf einzelnen Experten- oder Unternehmensinformationen geschätzt.

Ziff. 1.1: mehr als 100 parlamentarische Vorstösse

Bundesrat, Bericht 2019 über die administrative Entlastung, Bilanz 2016­2019, Anhang IV.

Ziff. 1.1 & 6.3: Das Angebot www.easygov.swiss August 2022 wird unterdessen von über 67 000 Unternehmen genutzt.

Ziff. 6: Alle quantitativen Schätzungen und qualitativen Angaben zu den Auswirkungen (mit Ausnahme der untenstehenden Angabe von Ziff. 6.3).

ECOPLAN, 2021 Bericht zu den Auswirkungen des UEG und der Regulierungsbremse (RFA).

Ziff. 6.3: monetarisierten Nutzen in Höhe von durchschnittlich etwa 2 300 Franken. Den Gesamtnutzen der zentralen elektronischen Plattform für all seine damaligen Nutzerinnen und Nutzer berechnet die Studie auf 6,3 Millionen Franken pro Jahr.

Universität St.Gallen, IMPHSG (2018): Nutzenbewertung KMU-Portal und EasyGov.

Ziff. 6.3: Mit dem Angebot und Nutzerzahlen (Stand 2021) resultierte ein Nutzen von 8,3 Millionen Franken pro Jahr.

Universität 2021 St.Gallen, IMP-HSG (2022): Aktualisierung der Nutzenbewertung EasyGov.swiss.

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