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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI Jahrgang. I.

Nr. 25.

13. Juni"1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g s g e b ü h r per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Espedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die nachträgliche Uebereinkunft zum internationalen Münzvertrag vom 23. Dezember 1865.

(Vom 25. Mai 1874.)

Tit. !

Der Bundesrath beehrt sich, der hohen Bundesversammlung den Bericht der schweizerischen Delegirten über die im Monat Januar 1. J. in Paris stattgefundene internationale Münzkonferenz zu unterbreiten und diesen Bericht mit folgenden kurzen Bemerkungen zu begleiten.

Die Initiative zur Konferenz ging bekanntlich von der Schweiz aus. Die Münzreform des norddeutschen Bundes und der scandinavischen Staaten, wodurch in diesen Ländern das Gold zur alleinigen Geldwährung erhoben und demselben gleichzeitig ein höherer Werth als in den lateinischen Staaten beigemessen wurde, hatte ein rasches Abströmen des Goldes und dessen Ersezung durch das entwerthete Silber zur Folge. Diese tief in unsere volkswirthschaftlichen Verhältnisse eingreifende Erscheinung beschäftigte nicht nur in der Schweiz die öffentliche Meinung in hohem Grade, sondern auch in den andern mit uns durch die Münzkonvention verbundenen Staaten, namentlich aber in Belgien wurde die Valutäfrage lebhaft besprochen und der Uebertritt zur reinen GoldwähBundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. 1.

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1028 rung befürwortet. In Frankreich, das anfänglich bei der Entwiklung der Dinge müßiger Zuschauer geblieben, begannen sowohl die Regierung als der Handelsstand den Vorgängen auf dem Gebiete des Münz Verkehrs größere Aufmerksamkeit zu schenken. Und wie der belgische Finanzminister die täglichen Ausprägungen silberner Fünffrankenstüke an der Brüsseler-Münze auf Fr. 150,000 beschränkte, so verfügte die französische Regierung, daß in den Präganstalten Frankreichs nicht mehr als Fr. 200,000 von dieser Geldsorte per Tag angefertigt werden dürfen.

In Frankreich waren übrigens in den Jahren 1867--1870 wiederholt sogenannte amtliche Münz-Enqueten angeordnet worden, und eine große Zahl von Handelskammern und Sachverständigen hatte sich für die reine Goldwährung ausgesprochen ; da aber auch die Schlüsse des mit der Begutachtung der Münzfrage beauftragten Conseil supérieur du commerce et de l'industrie in gleichem Sinne lauteten, so ist es wohl nur den inzwischen eingetretenen großen Kriegsereignissen zuzuschreiben, daß die Sache auf sich beruhen blieb.

Unter solchen Umständen hielten wir die in einer Eingabe des schweizerischen Handels- und Industrievereins befürwortete Einberufung einer Konferenz unter den Vertragsstaaten zur Besprechung der Münzverhältnisse für angezeigt, und wendeten uns im Monat Juni zuerst an Belgien, um dessen Mitwirkung bei Frankreich, welches bekanntlich Vorort der Kontrahenten ist, zu erlangen.

Belgien schien indessen damals von der Notwendigkeit einer Konferenz nicht überzeugt zu sein und lehnte die ihm zugemuthete Theilnahme ab. Als dann aber der Bundesrath seine Schritte bei Frankreich erneuerte, erfolgte im verflossenen Dezember von Seite der schweizerischen Gesandtschaft in Paris die Anzeige, daß die Einberufung einer Konferenz beschlossen sei, worauf zu hierseitigen Delegirten die Herren Nationalrath Feer-Herzog und Legationsrath Dr. Lardy -- der Leztere am Plaz des wegen Krankheit verhinderten Hrn. Dr. Kern -- bezeichnet.wurden.

Die anfänglich auf den Monat Dezember angesezten Verhandlungen wurden nach dem Wunsche Italiens auf den folgenden "o Monat Januar verschoben.

Wie bereits im leztjährigen Geschäftsberichte bemerkt ist, lauteten die bundesräthlichen Instruktionen in erster Linie auf Annahme der schon zur Zeit der ersten internationalen Münzkonferenz befürworteten
Goldwährung. Als vorübergehende unumgänglich nothwendige Maßnahmen verlangte der Bundesrath, daß die Vertragsstaaten sich gegenseitig neue Ausprägungen silberner VF-Thaler

1029 vom 1. Januar 1874 an bis auf Weiteres untersagen. Sodann sei zu untersuchen, welche Vorkehren getroffen werden sollen, um die gegenwärtige Silberzirkulation oder einen Theil derselben in der Weise provisorisch beizubehalten, daß wenn dem so eben genannten Metalle die Eigenschaft als Standarte entzogen würde, eine anzufühlbare Verminderung der umlaufenden Zahlungsmittel vermieden werde. Diese Maßnahmen können bestehen entweder in dem System der französischen Enquete-Kommission, den Fünffrankenthaler zu einer Theilmünze mit gesezlicher Zahlungsfähigkeit bis auf Fr. 100 zu erklären, oder aber denselben zu einer bloßen Handelsmünze zu machen, dessen Werth sich nach den jeweiligen Börsenkursen richtet ; oder endlich in jedem andern System, jedoch immerhin unter Festhaltung am Prinzip des ausschließlichen Goldmünzfußcs. Hiebei sollen indessen die Bedurfnisse des Ueberganges geschont bleiben.

Die schweizerischen Delegirten erhielten im Fernern den Auftrag, ihr Bedauern darüber auszudrüken, daß Italien seiner Nationalbank, sowie einer Anzahl Privatbanken gestatte, Papiergeld unter dem Werth von Fr. 5 auszugeben, aus Grund dessen seine Silberseheidemünzen den andern Vertragsstaaten zufließen und auf solche Weise das dieser Geldsorte zu Grunde liegende Verhältniß von Fr. 6 per Kopf der Bevölkerung störe. In einer SupplementarInstruktion ersuchte der Bundesrath seine Delegirten, auf die Einziehung dieses Papiergeldes hinzuwirken.

Wenn endlich die Frage der Auflösung der Münzkonvention von 1865 zur Sprache gebracht werden sollte, so hatte die hierseitige Abordnung sich dagegen auszusprechen, indem die Schweiz ein besonderes Interesse habe, sich an ein großes Münzsystem anzulehnen.

Das Resultat der in zehn Konferenzsizungen stattgefundenen Verhandlungen, über welche in dem Bericht der Herren Nationalrath Feer-Herzog und Dr. Lardy Ausführliches enthalten ist, war der endliche Abschluß einer nachträglichen Uebereinkunft zur Münzkonvention vom 23. Christinonat 1865. (Beilage hienach.)

Nach diesem Uebereinkommen ist das Kontingent der im laufenden Jahre in den Vertragsstaaten auszuprägenden Fünffrankenthaler wie folgt festgesezt : Für Belgien Fr. 12,000,000, weniger Fr. 5,900,000 wegen bereits ausgegebener Münzscheine; Für Frankreich Fr. 60,000,000, weniger Fr. 34,968,000 aus dem nemlichen Grunde;

1030 Für Italien Fr. 40,000,000, weniger Fr. 9,000,000 aus eben demselben Grunde; Für die Schweiz Fr. 8,000,000, ohne Abzug.

Italien erhielt überdies die Ermächtigung, als Reserve für seine Nationalbank eine Summe von Fr. 20,000,000 in silbernen Fünffrankcnstüken auszuprägen, die aber unter Garantie seiner Regierung nicht .vor dem Zusammentritt der nächsten Münzkonferenz in Cirkulation gesezt werden dürfen.

Eine solche abermalige Zusammenkunft ist nämlich im Art. 3 des vorliegenden Vertragsentwurfes vorgesehen und soll im künftigen Monat Jänner in Paris stattfinden, was zur Folge haben dürfte, daß schließlich weitere Verständigungen in der Münzwährungsfrage werden erzielt werden können.

Abgeändert wurde der Art. 12 der Münzkonvention dahin, daß zum Beitritt zu derselben die Zustimmung sämmtlicher Vertragsstaaten erforderlich ist (Art. 4).

Die Artikel 5 und 6 geben zu keinen Bemerkungen Anlaß.

Am Schlüsse der gegenwärtigen Botschaft beehrt sich der Bundesrath, der hohen Bundesversammlung die Annahme nachstehenden Beschlußentwurfes zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die erneuerte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 25. Mai 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

1031

Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

lie nachträgliche Uebereinkunft zum Münzvertrag mit Belgien, Frankreich und Italien vom 23. Dezember 1865.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 25. Mai 1874, beschließt: 1. Der in Paris unterm 31. Jannar 1874 zwischen der Schweiz, Belgien, Frankreich und Italien abgeschlossenen nachträglichen Uebereinkunft zur Münzkonvention vom 23. Christmonat 1865 wird die Genehmigung ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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Nachträgliche Uebereinkunft zu

dem am 23. Dezember 1865 abgeschlossenen Münzvertrag zwischen der Schweiz, Belgien, Frankreich und Italien.

(Vom 31. Januar 1874.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft, Seine Majestät der König der Belgier, der Präsident der franzosischen Republik und Seine Majestät der König von Italien haben für

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die nachträgliche Uebereinkunft zum internationalen Münzvertrag vom 23. Dezember 1865. (Vom 25. Mai 1874.)

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1874

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13.06.1874

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1027-1031

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