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Bericht der

Expertenkommission an das eidgenössische Departement des Innern.

(Vom 25. August 1874.)

Hochgeachteter Herr Bundesrath!

Ihrem Auftrage Folge gebend, beehren wir uns, Ihnen die Ergebnisse der durch Sie veranlaßten Besprechung der Vollziehung des Art. 24 der Bundesverfassung schriftlich mitzutheilen.

Der Art. 24 der Bundesverfassung überträgt die Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei im Hochgebirge dem Bund und macht demselben die Unterstützung der Korrektion und Verbauung der Wildwasser und der Aufforstung ihrer Quellengebiete, sowie die Aufstellung schützender Bestimmungen zur Erhaltung dieser Werke und der schon vorhandenen Waldungen zur Pflicht.

Um diese Vorschriften zur Ausführung zu bringen, sind zunächst Organe nothwendig, denen die technischen Arbeiten zugewiesen werden können.

Mit Rücksicht auf die Wasserbaupolizei ist hiefür in so weit bereits gesorgt, als die sich stets meinenden Aufgaben des Bundes im Wasser- und Straßenbauwesen nebst dem Bedürfnisse für seine Hochbauten schon früher die Anstellung eines Bauinspektors und eines Adjunkten nothwendig machte. Die Erfahrung wird lehren, ob dieser Bestand des eidg. Bauinspektorates auch gegenüber dea in Folge des Art. 24 der Bundesverfassung an dieselbe herantretenden neuen Aufgaben genüge. In forstpolizeilicher Beziehung

814 hat man sich bis jetzt mit Experten geholfen; sollen aber die Aufforstungsarbeiten im ganzen Gebiete des Hochgebirges an die Hand genommen und systematisch durchgeführt werden, so genügt diese Einrichtung nicht mehr; es muß auch hier, wie beim Wasserbau, für eine einheitliche technische Leitung gesort werden.

Wir legen Ihnen daher einen Beschlussesentwurf vor, durch den die Leitung der forstlichen Angelegenheiten dem Departement des Innern übertragen und im Weitern angeordnet wird, es sei zur Projektirung Begutachtung, Ausführung und Ueberwachung der forsttechnischen Arbeiten, sowie zur Handhabung der Forstpolizei ein Forstinspektor und ein Adjunkt anzustellen.

Diese Bestimmungen, sowie die denselben beigefügten BesolO , o O dungsansätze bedürfen kaum einer nähern Begründung, weil umfassende technische Arbeiten ohne einheitliche Leitung durch Sachverständige nicht oder doch nicht mit guttun und gleichmüßigem Erfolg ausgeführt werden können und dia Besoldungsansätze der gegenwärtigen Verhältnisse und den an die anzustellenden Beamten zu machenden Anforderungen angemessen and. Der Beschlussesentwurf, wie er vorliegt, wird daher kamm Anfechtungen in dem Sinne erleiden, daß er zu weit gehe, wogegen demselben mit Recht der Vorwurf gemacht werden kann, er genüge nicht zur Ausübung der durch Art. 24 der Bundesverfassung verlaugten Oberaufsicht über die Forstpolizei und zur Ordnung der Rechte, und Pflichten, welche dem Bund durch den genannten Verfassungsartikel überbunden wurden. Wir theile diese Ansicht, glauben aber, es sei wünschbar, daß man die einschlägigen Verhältnisse sorgfältig prüfe und erwäge, bevor man die dießfälligen Rechte und Pflichten des Bundes in maßgebender Weise ordnet und auch den erst noch zu ernennenden technischen Beamten Gelegenheit biete, bei der Vorberathung der sachlichen Gesetzesbestimmungen mitzuwirken.

Um jedoch nachzuweisen, wie wir uns die Ausführung des Art. 24 der Bundesverfassung denken und zugleich näher zu zeigen, daß die Anstellung von Forstbeamten unerläßlich sei, lassen wir hier eine kurze Auseinandersetzung unserer dießfälligen Ansichten folgen. In Betracht kommen : L Die Abgrenzung des Gebietes, auf das der Art. 24 angewendet werden soll.

II. Die Pflichten der Kantone, welche ganz oder theilweisee in diesem. Gebiete liegen.

III. Die Art und Weise des Eingreifens des Bundes in die Ausübung der Wasserbau- und Forstpolizei im abzugrenzende Gebiet

815 Bei der allgemeinen Fassung des Art. 24 der Bundesverfassung kann mau über die Befugnisse des Bundes in Sachen der Handhabung der Wasserbau- und Forstpolizei verschiedener Ansicht, soin; unzweifelhaft handelt man aber im Sinne der großen Mehrzahl der von der erwähnten Bestimmung Betroffenen, wenn man denselben zunächst, in beschränkterem Sinne auffaßt und zur Anwendung bringt, also von Bundeswegen nur soweit eingreift, als es nöthig ist, um bereits bestehende, sich in größeren Gebieten geltend machende Uebelstände zu beseitigen und den nicht nur dem Hochgebirge, sondern auch dem Hügel- und Flachland drohenden Gefahren vorzubeugen. In diesem Sinne sind die nachfolgenden Vorschläge zusammen gestellt.

I. Abgrenzung des Gebietes.

Da. der Jura sehr waldreich ist und sein Gestein der zerstörende Kraft des Wassers mit geringen Ausnahmen einen wirksameren Widerstand entgegenzusetzen vermag, als das Schiefergebirge eines großen Theils der Alpen ; da ferner die Berge nicht, sehr hoch sind und die Mehrzahl der Bäche und Flüsse nur kurze Flußgebiete haben, ihre Zerstörungen also nicht weit über ihr Quellengebiet hinaustragen, so darf der Bund auf die Ausübung der Wasserbau- und Forstpolizei im Jura ohne Bedenken verzichten.

Sollte die unwirhschaftliche Behandlung der Waldungen oder die Unterlassung notwendiger Wasserbauten sich in Zukunft auf grössere Gebiete erstrecken, als es bis jetzt der Fall ist, .so müßten daraus freilich auch im Jura große Nachtheile erwachsen, sie würden aber zunächst und vorzugsweise die treffen, welche sie verursacht haben und diese dann wohl auch veranlaßen, ohne Mitwirkun des Bundes eine bessere Wirthschaft einzuführen.

Die Ebene und das Hügelland zwischen den Alpen und dem Jura und zwischen letzterem und dem Rhein ist schon durch den Wortlaut, des Verfassungsartikels ausgeschlossen; über dieses wird im größeren Tildi dieser Gegenden die Wasserbau- und Forstpolizei durch die kantonalen Behörden in befriedigender Weise gehandhabt. Dessenungeachtet wird die Ueberwachung der Wasserbaupolizei nicht auf ein scharf begrenztes Gebiet beschränkt werden können, sondern sich -- wie zum Theil jet/.t schon (Juragewässerkorrektion) -- in manchen Flußgebieten nicht nur in' Hügelland, sondern auch in die Ebene hinaus erstrecken müssen.

Da die südliche Landesgrenze durchweg in's Alpengebiet fällt, so kann es sich nach Vorstehendem nur darum handeln, vom Rhein bis an den Genfersee eine Linie zu ziehen, welche das Hoch-

816 gebirg von den Vorbergen und dem Hügelland trennt, also diejenigen Landestheile begrenzt, in denen die Vernachläßigung der Forstwirtschaft und der Wusserbaupolizei nicht nur lokale Schdigung anrichtet sondern bis weit in's Land hinaus verderblich wirkt. -- Da gerade in den Vorbergen die leicht zerstörbaren Gesteinsarten vorherrschen und der Boden den Schutz durch den Wald an den stark und gleichmäßig geneigten, von widerstandsfähigen Felsbändern nur ungenügend durchsetzten Hängen am nothwendigsten hat, so muß diese Grenze so gezogen werden, daß auch die höheren Molasseberge in das zu beaufsichtigende Gebiet fallen.

Wir haben in das beiliegende Kärtchen eine Grenzlinie eingezeichnet. Sie geht, vom Rhein bei Rheineck an die Appenzeller Grenze bei Wolfhalden, fällt mit dieser zusammen bis in die Nähe von Peterzell, führt von hier aus nach Wattwyl, folgt der Straße nach Utznach bis an die Schwyzergrenze bei Grynau, begleitet diese bis auf die hohe Rhone, geht über den Rücken derselben nach dem Gubel und von hier aus an den Zugersee oberhalb Zug, durchschneidet diesen bis an die Grenze zwischen Luzern und Schwyz, folgt letzterer bis an den Vierwaldstättersee bei Küßnacht und diesem bis Luzern, von wo aus sie sich längs der Straße nach Willisall und Zoll an die Bernergrenze bei Uffhausen zieht. Von hier aus folgt sie der Straße über Sumiswald, Rüderswil, Signau und Zäziwyl nach Opligeu und führt sodann über Seftigen, Waltenwyl, Gurnige und Guggisberg an die Freiburger Grenze bei Plaffeye ; von Plaffeyen über Plasselb geht sie an die Straße von Frei bürg nach Bulle und Châtel St, Denis und folgt dieser bis an die Grenze des Waadtlandes, um längs der Veveyse bei Vevey an den Genfersee zu gelangen.

Durch diese Linie werden in das in forst- und wasserbaupolizeilicher Beziehung durch den Bund zu beaufsichtigende Gebiet circa 60% des Gesammtflächeninhalts der Schweiz eingeschlossen und zwar: die Kautone Appenzell A. u. I. Rh., Graubünden, Glarus, Schwyz, Unterwaiden, Uri, Tessin und Wallis g a n z und St. Gallen,, Zug, Luzern, Bern, Freiburg uud Waadt t h ei l weise. Ganz unberührt bleiben in forstlicher Beziehung Thurgau, Schaffhausen, Zürich, Aargau, Basel-Stadt und Land, So othurn, Neuenburg und Genf, u wasserbaupolizeilicher wohl nur Schaffhausen und BaselStadt und Land, indem in den übrigen Kantonen einige Flußgebiete nicht ganz unbeachtet bleiben können, wenn den bestehenden Uebelständen gründlich abgeholfen werden soll.

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IL Pflichten der Kantone, welche ganz oder theilweise in dem abgegrenzten Gebiete liegen.

Von der Ansicht ausgehend, daß es Sache der Kantone sei, die Wasserbau- und Forstpolizei auszuüben und die Einführung einer guten Forstwirtschaft zu fördern, und daß der Bund nur da einzugreifen habe, wo die Kräfte der Kantone zur Erreichung de» Zieles nicht ausreichen oder andere Ursachen der Losung (1er Aufgabe hindernd entgegen stehen, ist von allen Kantonen, deren Gebiet ganz oder theilweise im abgegrenzten Hochgebirt liegt, zu verlangen, daß sie ihre Wasserbau- und Forstgesetze dem Bundesrath zur Prüfung und Genehmigung vorlegen. Soweit diese Gesetze den Anforderungen der Gegenwart nicht entsprechen, wären sie innert der nächsten zwei, der Erlassung des diessfälligen Bundesgesetzcs folgenden Jahren zeitgemäß zu revidiren und aufs Neue vorzulegen.

Diese Gesetze müßten enthalten : A. Organisatorische Bestimmungen, durch welche die Anstellung und angemessene Besoldung einer für die Lösung der großen Aufgabe genügenden Zahl wissenschaftlich gebildeter Wasserbauund Forsttechniker anzuordnen und dafür zu sorgen ist, daß deren Geschäftskreis sachgemäß festgestellt, das unentbehrliche Schutzund Aufsichtspersonal gewählt und eine ausreichende praktische.

Ausbildung des letzteren ermöglicht wird.

B. Wasserbaupolizeiliche Vorschriften, und zwar: 1. Konstatirung der staatlichen Aufsicht über alle Wasserbauten in dem Sinne, daß a. diese Bauten überall, wo sie nöthig sind, ausgeführt werden müssen, und zwar mit besonderer Rücksicht auf die Verbesserung der Zustände, welche die Ursachen der Schädigungen im Gebirge und in den Niederungen bilden, daher b. bei der Ausführung derselben nicht nur die zunächst gefährdete Localifät, sondern auch das weitere Flußgebiet in's Auge zu fassen sei; c. alle Bauprojekte der kantonalen Wasserbaubehörde zur Genehmigung vorzuleben,, beziehungsweise von dieser zu entwerfen seien, wobei in die Aufgabe dieser Behörde besonders auch die Erzielung der nöthigen Uebereinstimmung zwischen den Werken verschiedener Gemeinden oder sonstiger Korpoatione zu fallen hätte.

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818 2. Regulirung der Wuhrpflicht und Anordnung der Bildung von Korporationen unter den Wuhrpflichtigen daher auch Aufstellung der Bestimmungen über die Bildung von solchen Korporationen.

3. Ordnung der Unterstützungspflicht der Kantone und Gemeinden.

C. Forstpolizeiliche und forstwirtschaftliche Bestimmungen, sich ausdehnend auf: 1) die Anordnung der Aufsicht des Staates über alle Waldungen (Staats , Gcmcinds-, Korporations- und Privatwälder), deren Erhaltung oder Aufforstung und pfleglicht Behandlung und Benutzung aus Rücksichten auf das allgemeine Wohl unerläßlich erscheint; 2) die Verpflichtung der Waldbesitze:, diese Waldungen zu erhalten und zu vermarken und öde Stellen, deren Aufforstung nothwendig erscheint, zu bepflanzen; 3) die Anordnung einer den Verhältnissen entsprechenden Schlagauführung und Verjüngung, der Bepflanzung aller Kahlschlage und Blößen- und einer guten Pflege der Bestände; 4) die Verhinderung schädlicher Benutzungsarten, wie, Freiholzhieb, Anlegung von Kahlschlagen an steilen Hängen und in exponirten Lagen, Abtrieb von jungen, noch nicht verjüngungsfähigen Beständen, zu rasche Lichtung der Schutzwälder und oberen Waldsämme etc. ; 5) die Regulirung der Weide- und Streuenutzung im Sinne möglichster Schonung der jungen und der in Verjüngung begriffenen Bestände ; 6) die Anordnung, Förderung und Erleichterung der Servitutablösung ; 7) die Handhabung eines wirksamen Schutzes der Waldungen gegen unbefugte Eingriffe der Menschen una gegen Naturereignisse; 8) Feststellung der Beitragspflicht der Kantone und Gemeinden an die Kosten für größere Aufforstungen.

Die Ergänzung derartiger Gesetze durch Aufnahme anderer in vollständige Wasserbau- und Forstgesetze gehörende Bestimmungen, wie: Regulirung der Benutzung der öffentlichen Gewässer, Anordnung der Vermessung und einer streng nachhaltigen Benutzung der "Wälder etc., kann man ohne Bedenken den Kantonen überlassen.

Aufgabe der kantonalen Regierungen, Ingenieure und Forstbeamten ist es sodann selbstverständlich, die Wasserbau- und Forst-

819 gesetzc zu vollziehen und überall die Initiative zu ergreifen, wo Wasserbauten und Aufforstungen nothwendig erscheinen.

III. Eingreifen des Bundes in die Ausübung der Wasserbau- und Forstpolizei.

Da nach Vorstehendem die Handhabung der Wasserbau- und Forstpolizei Sache der Kantone bleibt, beziehungsweise werden muß, so kann sieh der Bund - ganz im Sinne des Art 24 der Bundesverfassung -- auf die Ausübung der Oberaufsicht über dieselbe, auf die Unterstützung der Korrektion und Verbauung der Wildwasser und die Aufforstung ihrer Quellengebiete und auf die Ueberwachung dur Ausführung, Unterhaltung und Pflege dieser Werke, sowie der schon vorhandenen Waldungen beschränken.

Um diese Aufgabe nach bestimmten Regeln und mit gleichmäßigem Erfolg lösen zu konneu, ist die Erlassung eines Bundesgesetzes nothwendig, durch das : a. die Abgrenzung des Gebiets, auf das sich die Einwirkun g des Bundes erstrecken soll und die Pflichten (1er Kantone, die ganz oder theilweise in demselben liegen, i in Sinne vorstehender Vorschläge festgestellt, und b. das Eingreifen des Bundes in die Handhabung der Wasserbau- und Forstpolizei, seine Pflicht zur Unterstützung der Korrektion und Verbauung der Wildwasser, sowie der Aufforstung ihrer Quellengebiete und sein Recht zurUeberwachungg d e r Ausführung u n d Unterhaltung dieser Werke, sowie wird.

Die Lösung der unter Lit. a bezeichneten Aufgabe ist in Zif. I und II näher erläutert und begründet.

Die Regulirung der unter O O O Lit. b bezeichneten Vorhältnisse erfordert theils organisatorische, theils sachliche Anordnungen. Die ersteren sind durch die bereits gefaxten Bundesbeschlüsse betreffend die Anstellung eines Bauinspektors und eines Adjunkten und durch den vorliegenden lieschlussentwurf betreffend die Anstellung eines Forstinspektors und eines Adjunkten zum Theil gegeben, zum Theil vorgeschlagen; es bleibt daher in dieser Richtung nur noch übrig, den Geschäftskreis und die Kompetenzen der einzelnen Beamten durch Dienstinstruktionen zu ordnen, und zwar unter der Voraussetzung, daß die beiden Inspektoren eine coordinirt Stellung einzunehmen haben und die Adjunkten als ihre Gehülfen und Stellvertreter zu betrachten seien.

820 In sachlicher Beziehung kommen in Betracht: 1] die Ausübung der Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei ; 2) die Pflicht des Bundes zur Unterstützung der Korrektions-, Verbauungs- und Aufforstungsarbeiten, und 3) die Sorge für die Erhaltung der unter Ziff. 2 erwähnten Arbeiten und der schon vorhandenen Waldungen.

Diese Verhältnisse wären nach der Ansieht der Kommission in folgender Weise gesetzlich zu ordnen: i.

A u s ü b u n g der Oberaufsicht.

a. Die Wasserbau- und Forstbeamten des Bundes haben die Pflicht, das in Frage liegende Gebiet so oft und in dem Umfange, wie es nöthig erscheint, zu bereisen, auf Beseitigung bestehender Uebelstände hinzuwirken und, wo es nöthig wird, dem Departement des Innern Bericht zu erstatten, damit dieses die zur Vollziehung der kantonalen und Bundesgesetzgebung erforderlichen Maßregeln ergreifen kann. Bei diesen Exkursionen haben die kantonalen Beamten die eidgenossischen behufs der nöthigen Auskunftertheilungen und Verständigungen zu begleiten.

b. Die Kantonsregierungen haben dem Bundesrath die von ihren Wasserbau- und Forstbeamten entworfenen Korrektions-, Verbauungs- und Aufforstungsprojekte mit Kostenvoranschlägen und erläuternden Berichten vorzulegen.

c. Der Bundesrath, resp. das Departement des Innern, läßt dieselben durch seine Beamten prüfen und begutachten, pflegt Verhandlungen über nothwendig erseheinende Abänderungen und genehmigt die vereinbarten Projekte.

d. Die Beamten des Bundes überwachen die den Kantonen zustehende Ausführung der projektirten Arbeiten.

e. Wenn die Kantone es unterlassen, Vorschläge für nothwendig erscheinende Bauten und Aufforstungen vorzulegen, so haben die Beamten des Bundes die Initiative zu ergreifen, indem sie die nöthigen Arbeiten von sich aus beim Departement beanantragen, um dieses, beziehungsweise den Bundesrath, in den Fall zu setzen, deren Ausführung nach Maßgabe der betreffenden gesetzlichen Bestimmungen zu veranlagen.

f. Sollten sich der Ausführung dringend notwendiger Wasserbauten oder Aufforstungen Schwierigkeiten entgegen stellen, welche durch die Eigenthumsverhältniss bedingt sind, so ist

821 der Bund befugt, das ihm laut Art. 23 der Bundesverfassung zustehende Expropriationsrecht zur Anwendung zu bringen.

Diese Befugniß kann er auch an die Kantone Übertragen, wenn sie die Arbeiten ausführen wollen.

2. B e i t r a g s p f l i c h t.

Der Bund verpflichtet sich, alle Flußkorrektionen, Verbauungen und Aufforstungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen und nach deu vom Bundesrath genehmigten Projekten gut ausgeführt wurden, im Sinne des Bundesbeschlusses vom 21. Juli 1871 oder weiterer Schlußnahmen der Bundesversammlung zu unterstützen.

Zu diesem Zwecke haben die Kantone über die Baukosten sorgfältig Rechnung zu führen und diese dem Bundesrath zur Prüfung und Genehmigung vorzuleben. Bei großen Arbeiten können schon vor Vollendungo der Arbeit Vorschüsse an die Baukosten aeo macht werden.

3. Sorge f ü r die E r h a l t u n g der B a u t e n und der Waldungen.

Die Beamten des Bundes haben bei den nach Ziff. la anzuordnenden Beroisuugeu des Hochgebirges und, soweit nötliig, bei Extratouren den ausgeführten Fluß- und Uferbauten, Verbauungen und Aufforstungen, sowie der Bewirthsc-liaftung der Waldungen ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, die kantonalen Beamten auf bestehende Uebelstände aufmerksam zu machen und zur Beseitigung derselben zu veranlaßen.

Wenn auf diesem Wege der Zweck nicht erreicht wird, so haben sie dem eidg. Departement des Innern Bericht zu erstatten, damit der Bundesrath die Kanionsregieningen veranlagen kann, schadhaft gewordene Bauten rechtzeitig auszubessern und
NiUîh der Ansicht der Kommission laut sich dem Art. 2 t der Bundesverfassung in der vorge.schhigeiK'n Weine Genüge leisten, ohne den Rechten der Kantone /u nahe zu treten; auch gibt sie, sich der Hoffnung hin, daß auf dem empfohlenen Wege dt 1 r /weck erreicht werden könne, den man bei der Aufnahme, des fraglichen Artikels iu die Bundesverfassung im Anise hatte. .

Sehr zu wünschen wäre, daß in das eidgenössische Forstgesetz auch Bestimmungen aufgenommen würden, welche die Bearbeitung einer gründlichen schweizerischen Foi'stsiatistik und die Organisation des forstliehen Versuchswesens möglich machen vvimh'ii.

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Die große Bedeutung der S t a t i s t i k wird allgemein anerkannt, und es geschieht auch in der Schweiz vom Bund und von den Kantonen Vieles in dieser Richtung. Zu einem Gesammtbild unserer wirthschaftlichen -- namentlich auch forstwirtschaftlichen -- Zustände werden wir aber nur gelangen, wenn Bund und Kantone nach einem bestimmten Flaue zusammen wirken. Dieses Zusammenwirken für ErstellungO einer Schweiz. Forststatistik denken wir uns in der Art. daß die Forstbeamten der Kantone das Material sammeln und nach einem au vereinbarenden Schema zusammenstellen wurden, und daß das eidg. statistische Bureau unter Mitwirkung des Forstinspektorates die weitere Verarbeitung und Publikation zu besorgen hätte. -- Könnte der Bund einen Theil der aus der Sammlung des Materials erwachsenden Kosten übernehmen, so würden die Kantone um so bereitwilliger zu derselben Hand bieten.

Die große Wichtigkeit des Versuchswesen für die Entwicklung der Forstwirtschaft wird nicht nur von den Gelehrten betont, sondern auch von den Praktikern allgemein gefühlt, und die Regierungen unserer Nachbarstaaten wie einzelner Kantone im eigenen Lande unterstützen dasselbe bereitwillig. Wenn aber auf irgend einem Gebiete der Forschung ein einheitliches Vorgehen in ganzen Ländern nothwendig ist, so ist das beim forstlichen Versuchswesen der Fall; das Zusammenwirken des Bundes und der Kantone ist daher unbedingt nöthig, wenn der Zweck erreicht werden soll.

In Bet-acht kommen : 1. Die forstlich meteorologischen und phänologischen Stationen.

2. Die Zuwachsuntersuchungen.

3. Untersuchungen über den Einfluß verschiedener wirthschaftlicher Operationen auf den Ertrag der Wälder.

4. Untersuchungen über den Wasserabfluß an Hängen mit verschiedene Neigung und Bodendecke und it; den Bächen.

Im Kauton Bern bestehen bereits drei forstlich meteorologische Stationen, und phänologische Beobachtungen werden in Bern, Graubünden und an mehreren andern Orten gemacht. Sollen aber aus de rart ige u Beobachtungen mit der Zeit maßgebende Schlüsse gezogen werden können, so ist ein ganzes Nez von Beobachtungsstationen nöthig. bei dessen Projektirung auf die verschiedenartigen meteorologischen und forstlichen Verhältnisse Rücksicht genommen werden muß. -- Diese Stationen sind nicht gleichbedeutend mit den meteorologischen, welche die naturforschende Gesellschaft einrichtete; ihre Aufgabe besteht vorherrschend in der Erforschung des Einflusses des Waldes auf die wässerigen Niederschlage, die

823 Luftströmung, die Temperatur, die Verdunstung, das Versickern und Abfließen des Regen- und Schneewassers, die Elektrizitätsausglei chung etc.

Die Zuwachsuntersuchungen hat der schweizerische Forstverein au die Hand genommen und durch eine Instruktion geordnet.

Mehrere Kantono haben sich bereit erklärt, Untersuchungen einzu leiteu und durchzuführen ; der Forstverein besitzt aber kein Organ zur Leitung des Geschäftes und zur Zusammenstellung und Nutzbarmachung das Materials, seine- Leistungen werden daher, wenn der Bund nicht eingreift, den Erwartungen nicht entsprechen.

Die unter Ziff. 3 bezeichneten Untersuchungen sind von einzelnen Forstverwaltungen ebenfalls schon in Angriff genommen; es fehlt aber au einem einheitlichen Plane für die Ausführung derselbe und an einem Organ für die Zusammenstellung der Ergebnisse.

Die Kenntniss der hydrostatischen Gesetze und Erscheinungen bildet die Grundlage des Wasserbaus und muß daher nach Kräften gefördert werden, was nur durch vergleichende Untersuchungen geschehen kann. Die gewünschten Untersuchungen sind nicht identisch mit den längst eingerichteten Pegel-Beobachtungen, sondern ergänzen dieselben für den obersten Theilder' Flußgebiete. *) Sie werden für die Verbauung derWildbächee willkommene Aufschlüsse geben und zugleich gute Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage bieten, wo sollen neue Aufforstungen vorgenommen werden.

Die Organisation des Versuchswesens müßte auch in der Weise, erfolgen, daß die Kantone nach vorher zu vereinbarenden Vorschriften die Untersuchungen anstellen und die Ergebnisse, derselben dem vom Bund zu bezeichnenden leitenden Organ in bestimmter Form vorzulegen hätten.

Da das Versuchsweisen vom wissenschaftlichen Gerichtspunkte aus aufgefaßt werden muß, so wäre nach unserer Ansicht die schweizerische Forstschule das zur Leitung desselben -- zur Zusammenstellung und Publikation der Ergebnisse geeignetste Organ. Einer der an der Schule wirkenden .Lehrer müsste als Dirigent des Versuchswesens bezeichnet werden, und über dieses wäre ein Assistent anzustellen, der denselben zu unterstützen hätte, und zugleich beim Unterricht an dei- Schule mitwirken könnte.

Auch in dieser Richtung müßte eine billige Vertheilung der Kosten zwischen den Kantonen und dem Bund angestrebt werden.

*) .Für den untern sollten sie durch umfangreichere Betreibung der direkten Wassermessungen, als sie bisher geschehen konnte, ergänzt werden.

824 Die Kommission glaubt Ihnen die Statistik und das Versuchswesen angelegentlich zur Berücksichtigung empfehlen zu dürfen, weil beide zur Begründung und zum Ausbau der Forstwirtschaft und Forstwissenschaft unentbehrlich sind.

Mit wahrer Hochachtung Z ü r i c h und B e r n , den 25. August 1874.

Für die Kommission:

El. Landolt.

Ad. Salis.

(Vorschlag der Kommission.)

Bundesbeschluss betreffend

Errichtung eines Forstinspektorates im eidgen. Departement des Innern, Abtheilung Forstwesen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes, begeh ließt: Ari,. 1. Diejenigen Geschäfte, welche die Ausführung des forstlichen Theils von Art. '24 der Bundesverfassung sowie von Art. '25 derselben betreffen werden dem schweiz. Departement des Innern, Abtheilung Forstwesen übertragen.

Art. 2. Der Bundesrath ist "ermächtigt, für diese Abtheilung ein Forstbürea zu errichten und als Chef desselben einen Forstinspektor mit dreijähriger Amtsblätter und einer Jahresbesoldung von 6000-8000 Frankenanzustellen.

Ari,. 3. Dem Forstinspektor wird ein Adjunkt beigeordnet mit gleicherAmtsdauerr und einerJahresbesoldungg von 3000--4000 Franken.

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Bericht der Expertenkommission an das eidgenössische Departement des Innern. (Vom 25.

August 1874.)

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1874

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19.12.1874

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