140

# S T #

Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes

(Vom 19/21. Januar 1874.)

Der Bundesrath hat zur Verhütung der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche und zur Tilgung derselben an sämmtliche eidgenössische Stände folgendes Kreisschreiben erlassen: ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Da verschiedene Erscheinungen es wahrscheinlich gemacht haben, daß die starke Wiederausbreitung der Maul- und Klauenseuche in der Westschweiz auf die Einfuhr infizirter Schweineherden aus Italien und Frankreich und auf das Ungenügende der Untersuchung solcher Herden an der Grenze zurükzuführen ist, so haben wir heute nachstehende strengere Maßregeln zur Verhütung der Einschleppung und zur Tilgung der Seuche beschlossen : ,,1. Unter Aufrechterhaltung der Vorschriften der Verordnung des Bundesrathes vom 3. Oktober 1873 wird verfügt : a. Jegliche Einfuhr von Schweinen aus Italien, Frankreich und dem Elsaß wird verboten. In Ausführung dessen sind an den Grenzstationen gegen die genannten Länder alle Schweine zurükzuweisen, und es wird ferner angeordnet, daß die Grenzbeamten gegen Deutschland und Oesterreich nur für solche . Schweine den Eintritt gestatten, für welche sich aus den in § 12 der Verordnung vom 3. Oktober 1873 geforderten Zeugnissen ergibt, daß die Schweine weder aus Italien,. noch aus Frankreich oder dem Elsaß kommen, sondern aus andern Gegenden, in welchen keine anstekenden Krankheiten unter der genannten Thiergattung herrschen.

b. Den Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Genf wird, gleichzeitig mitgetheilt, daß ausnahmsweise für die Schlacht· häuser in Basel und Genf die Einfuhr französischer und italienischer Mastschweine gestattet werde, sofern foldende Bedingungen erfüllt werden können: a. die Thiere müssen per Eisenbahn über die Grenze und bis in die Stadt gebracht werden.

141

ß. Dieselben sind nach Erfüllung der bisher für den Grenzverkehr vorgeschriebenen Bedingungen sofort nach ihrer Einfuhr per Wagen in Stallungen zu bringen, welche in unmittelbarer Vebindung mit dem Schlachthause stehen und dürfen aus diesen Stallungen nirgend anderswohin mehr gebracht werden, als zur betreffenden Schlachtbank.

Es wird vorbehalten, diese Begünstigungen wieder aufzuheben, sobald dieselben zu Mißbräuchen führen würden.

,,2. In den Kantonen Bern, Freiburg, Graubunden, Waadt und Neuenburg sind die Viehmärkte einstweilen einzustellen.

,,3. Die Eisenbahnverwaltungen sind eingeladen, die Vorschriften über den Viehverkehr auf Eisenbahnen (Verordnung vom a. Oktober 1873, § 5--8) pünktlichst zu vollziehen.

,,4. Die Kantone sind eingeladen, gemäß der Verordnung vom 3. Oktober 1873 § 9 die Vollziehung dieser Vorschriften strengstens zu überwachen.

,,Indem wir überzeugt sind, daß Sie im Sinne dieser Vorschriften uns Ihre kräftige Mitwirkung zur Beseitigung der schon so lange auf unserm Lande lastenden Calamität gewähren werden, benuzen wir den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, nebst uns in den Schuz des Allmächtigen zu empfehlen."

(Vom 23. Januar 1874.)

Der Bundesrath hat als Ehrengabe an das cidg. Schüzenfest, welches im laufenden Jahre zu St. G a l l e n abgehalten wird, 30 Repetirstuzer und 30 Repetirgewehre bestimmt, auch sich bereit erklärt, für den Fall, daß Scheiben für Cavalleriekarabiner aufgestellt werden sollten, auch noch einige Repetirkarabiner zu geben.

(Vom 26. Januar 1874.)

Auf die vom Herrn Botschafter der französischen Republik erhaltene Anzeige, daß ihre Regierung beschlossen habe, daß Schweizer vom 15. Februar nächstkünftig an keine Pässe mehr zum Reisen nach Frankreich bedürfen, hat der Bundesrath an sämmtliche Kantonsregierungen das nachstehende Kreisschreiben erlassen : Bundesblatt Jahrg. XXVL Bd. I.

13

142

,,Getreue, liebe Eidgenossen !

,,Es gereicht uns zur Befriedigung, Ihnen in der Beilage Abschrift einer Note des französischen Ministers des Aeußern au den Botschafter der Republik bei der Eidgenossenschaft vom 20. dies mittheilen zu können, nach welcher die französische Regierung, in Berüksichtigung unserer wiederholten daherigen Begehren und zum Beweis ihrer freundschaftlichen Gesinnungen und ihrer Achtung für die Schweiz, beschlossen hat, daß Schweizerbürger, vom 15. Februar nächsthin an, nach und aus, Frankreich und auf dem Gebiete der Republik ohne Paß sollen reisen dürfen, unter der Bedingung, daß sie anf Verlangen der Grenzbeamteu durch irgend eine Schrift den Nachweis über Identität und Heimathörigkeit leisten.

,,Der beigefügte Vorbehalt der Wiedereinführung der Pässeforderung unter gewisseu Umständen ist, wie der Herr Botsehafter in seinem Begleitschreiben bemerkt, lediglich der Ausdruk eines Grundsazes, den die französische Regierung gegenüber dem Auslande stetsfort gewahrt hat."Die vom französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten an den Botschafter Frankreichs bei der Schweiz. Eidgenossenschaft gerichtete Note lautet in deutscher Uebersezung wörtlich also : Herr Graf!

Die Beibehaltung der Paßformalität gegenüber der Schweiz hat seit mehreren Jahren dem Bundesrath zu vielen und dringenden Beschwerden Anlaß gegeben, denen mit Rüksicht auf die öffentliche Sicherheit bis auf dea heutigen Tag nicht Rechnung getragen werden konnte. Um jedoch den Reisendenverkehr zwischen beiden Ländern nach Möglichkeit zu erleichtern, hat mein Departement die Paß visagebühren aufgehoben; ferner hat es im Laufe des lezteu Jahres mit der schweizerischen Regierung. Unterhandlungen augeknüpft zum Zweke, I d e n t i t ä t s k a r t e n statt der Pässe einzuführen.

Da hierüber kein Einverständniß erzielt werden konnte, so dachte ich, es könnten die jezigen Zustände geeignet sein, die früher behandelte Frage wieder aufzunehmen, weßhalb ich unser Ministerium des Innern ersuchte, neuerdings zu prüfen, ob es nicht möglich wäre, durch vollständige Abschaffung der Pässe den so lange gehegten Wünschen des Bundesrathes entsprechen zu können. Ich beeile mich daher, Ihnen mitzutheilen, daß in diesem Sinne dann wirklich ein Entschluß gefaßt wurde, den ich Ihnen mitzutheilen mich beeile.

143

Ich ersuche Sie daher, Herr Graf, dem Bundesrathe sagen zu wollen, daß die französiche Regierung, indem sie ihm einen neuen Beweis ihrer Achtung und Freundschaft gibt, beschlossen hat, es sei den Schweizerbürgern gestattet, vom 15. Februar nächstkünftig an ohne Faß das französische Gebiet zu betreten, dasselbe wieder zu verlassen und auf demselben frei herumzureisen, unter der Bedingung jedoch, daß sie auf allfällige Begehren von Grenzbeamten ihre Identität und Nationalität durch irgend einen Ausweis darthun.

Dieser Vorbehalt wird übrigens auf den andern Grenzen Frankreichs sesenüber allen Fremden ohne Unterschied beobachtet.

5^0^Wollen Sie auch dem Bundesrathe bemerken, daß diese Immunität unter den gleichen Bedingungen auf die Schweiz ausgedehnt sei, wie sie früher einigen auswärtigen Staaten gewährt wurde, nemlich daß die französische Regierung sich jederzeit das Recht vorbehält, nach Umständen die Pässe wieder zu verlangen. Sie betrachtet diese Frage jedoch als eine innere administrative Angelegenheit, und wollte sich niemals binden in Polizeisachen gegenüber irgend einer fremden Regierung durch Verpflichtungen, welche die Freiheit ihres Handelns hindern könnten.

Genehmigen Sie, Herr Graf, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

O V e r s a i l l e s , den 20. Januar 1874.

Herzog Decazes.

Der Bundesrath hat beschlossen, das nachstehende Kreisschreiben, betreffend den Transport von deutschen Staatsangehörigen, welche über bayerisches Gebiet zu transportiren sind, an sämmtliche Kantonsregierungen zu erlassen: ,,Getreue, liebe Eidgenossen !

,,Anläßlich eines Spezialfalles hat das auswärtige Amt des deutschen Reichs unserer Gesandtschaft in Berlin mit Note vorn 23. dies den Wunsch ausgesprochen, es möchten, um einem bezüglichen Begehren der K. bayerischen Regierung zn entsprechen, inskünftig die aus der Schweiz aus irgend einem Grunde ausgeschafften deutschen Staatsangehörigen, welche über bayerisches Gebiet zu transportiren sind, jedes Mal an die Polizeibehörde in

144

L i n d a u abgeliefert werden, welche dieselbe in Empfang nehmen) und für deren kostenfreie Weiterbeförderung Sorge tragen werde.

,,Indem wir die Ehre haben, Ihnen y erstehendes zur Eenntniß; zu bringen, ersuchen wir Sie, namentlich die Regierungen der betreffenden Grenzkantone, davon Notiz zu nehmen, und benuzen zugleich diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, nebst uns in den Schuz des Allmächtigen zu empfehlen."

(Vom 28. Januar 1874.)

Der Bundesrath wählte zum Adjunkten des Oberbauinspektors r Hrn. Arnold F l o c k i g e r , Ingenieur und eidg. Stabshauptmann, von Huttwyl (Bern).

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1874

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

05

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

31.01.1874

Date Data Seite

140-144

Page Pagina Ref. No

10 008 050

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.