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Bericht der

Mehrheit der ständeräthlichen Kommission, betreffend Verwendung des diessjährigen Kredites für Hebung der schweizerischen Pferdezucht.

(Vom 26. Juni 1874.)

Tit.!

Bei Feststellung des Budgets für das Jahr 1874 bewilligte die Bundesversammlung einen Kredit von Fr. 24,000 für Hebung der schweizerischen Pferdezucht, nahm aber gleichzeitig ein Postulat an*), wodurch der Bundesrath eingeladen wurde, ,,unter Berücksichtigung der landwirtschaftlichen und militärischen Interessen die Frage zu prüfen, ob und wie durch Errichtung eines Fohlenhofes oder in Verbindung mit demselben die Hebung der Pferdezucht überhaupt befördert werden könnte."

Durch Botschaft vom 8. Juni 1874 beantragt nun der Bundesrath im Einverständnisse mit der schweizerischen Pferdezuchtkommission den eidg. Räthen, sie möchten ihn ermächtigen, den dießjährigen Kredit von Fr. 24,000 zur Gründung eines eidgenössischen Hengstfohlenhofes zu verwenden. Aus der Botschaft des Bundesrathes und den Berichten der Pferdekommission ergibt sich, daß *) Postulat vom 29. Januar 1874, Amtl. Gesezsammlung, Bd. XI, S. 466, Z iff. 1.

253 die Kreirung eines Fohlenhofes auf der ,,Kalberweid" in Thun für ungefähr 20 männliche Abkömmlinge von importirten Zuchtthieren in Aussicht genommen ist. Die Fohlen sollen im Aller von l bis 2 Jahren angekauft und im Fohlenhofe aufgezogen werden, bis sie das vierte Altersjahr erreicht haben. Nachher werden sie veräußert und zwar diejenigen, welche zur Zucht sich eignen, an Pferdezüchter in der Schweiz, wobei im Wesentlichen die gleichen schützenden Bedingungen aufzustellen wären, welche der Bundesrath bezüglich der importirten Zuchtthiere im Interesse der liebung der Pferdezucht in das Programm vom 6. März 1868 aufgenommen hat (Bundesblatt 1868 I 394). Pferde, welche zur Zucht nicht, wohl,aber zum Reitdienst geeignet sind, werden an die eidg. Pferderegieanstalt verkauft. Die Lücken für die veräußerten sowie für allfällig umgestandene Thiere sind alljährlich durch Ankauf der nöthigen Anzahl von l bis 2jährigen Hengstfohlen zu ergänzen, so zwar, daß stetsfort im Fohlenhofe ungefähr 20 Hengstfohlen nachgezogen werden. Weibliche Fohlen werden nicht angekauft, sondern das nöthige Stutenmaterial zu beschaffen, wird den Kantonen und Privaten überlassen. Für das nächste Jahr und die folgenden Jahre ist für den Fohlenhof die ,,Kalberweid" in Thun zu verwenden und zu diesem Zwecke die dortige Kuhhütte, soweit nöthig, umzubauen, was nach der Ansicht der eidg. Pferdezuchtkommission einen Kostenaufwand von Fr. 2000 zur Folge hat. Zur Besorgung der Fohlen sind nach der Meinung der gleichen Pferdezuchtkommission zwei Wärter und ein Futtermeister nöthig. Hinsichtlich der finanziellen Seite der Frage spricht die eidg. Pferdezuchtkornmission die Ansicht aus, daß die Kosten für Aufzucht von 20 Hengstfohlen während 3 Jahren -- Verzinsung des Auslagekapitats Inbegriffen -- Fr. 36,000 betragen, und daß nach Veräußerung der Thiere im vierten Jahre sich höchstens ein Defizit von Fr. 2000 bis 3000 ergeben dürfte. Bei dieser Annahme geht sie von folgender Berechnung aus : Ankauf von 20 Hengstfohlen zu Fr. (iOO per Stück, Transportkosten Inbegriffen, = Fr. 12,000, mithin Zins hievon per Jahr zu 5 °/o = Fr. 600. -- Wartung (2 Manu zu Fr. 4 per Tag und ein Futtermeister zu Fr. 5 per Tag) und ärztliche Besorgung, i n runder Summe .

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,, 5000. -- Bisheriger Jahresertrag der Kalberweid .

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,, 600. -- Zins von Fr. 2000 Einrichtungskosten zu 5 °/o ,, 100. -- zusammen Fr. 6300. -- oder auf 20 Pferde vertheilt Fr. 315 per Pferd und per Jahr.

254 Die Fütterungskosten betragen: im 1. Jahre Fr. 143. 30 -f Fr. 315 f. Wartung u. Zinse = Fr. 458. 30 ,, 2 . ,, ,, 176.40+ ,, 315,, ,, ,, ,, = ,, 491.40 ,,3. ,, ,, 2 7 6 . - + ,, 2 2 3 ,, ,, ,, ,, = ,, 490. Also in drei Jahren zusammen Fr. 1439. 70 wozu noch die Ankaufskosten kommen mit .

. ,, 600. -- Summa Fr. 2039. 70 Die eidg. Pferdezuchtkommission berechnet nun die Ausgaben auf höchstens Fr. 36,640, nämlich: 16 Fohlen zu Fr. 2040 Fr. 32,640. -- 4 ,, ,, ,, 1000," da eine solche Zahl (und zwar erfahrungsgemäß meistens im ersten Jahre) zu Grunde gehen dürfte ,, 4000. -- Zusammen Fr. 36,640. -- Der Erlös wird von der Pferdezuchtkommission berechnet : für 12 Fohlen zu Fr. 2500 per Stück, mithin Fr. 30,000 für 4 Stück, welche wegen Fehlern oder Mängeln einen geringern Werth haben, zu Fr. 1000 per Stück, mithin ,, 4000 ,, 34,000. --

so daß die Einbuße in 3 Jahren nur Fr. 2640. -- betragen würde.

Für das gegenwärtige Jahr würde in so weit eine Modifikation eintreten, als die ,,Kalberweid" laut den mündlichen Mittheilungen, welche der Herr Vorsteher des Departements des Innern der Kommission machte, bis nächstkünftiges Neujahr verpachtet ist, so daß dieses Jahr die Bauten unterbleiben und die Fohlen in den Regiepferdestallungen untergebracht werden müßten.

Ihre Kommission hat nicht die Gewißheit, daß die Berechnung der eidg. Pferdezuchtkommission in allen Theilen als richtig sich herausstellen werde. Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, daß der Betrag der Kosten für Umbau des Gebäudes auf der Kalberweid, für Verpflegung und .Wartung der Fohlen u. s. w. größer und daß der Erlös von den nachgezogenen Pferden geringer sein wird, als die eidg. Pferdezuchtkommissisn annehmen zu sollen glaubte, so zwar, daß das Opfer, welches der Bund zu bringen hat, auf mehr als Fr. 2--3000 per 3 Jahre sich belaufen wird.

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Gleichwohl stimmt die Mehrheit Ihrer Kommission dem Antrage des Bundesrathes bei.

Aus dem Berichte der eidg. Pferdezuchtkommission und der Botschaft des Bundesrathes ergibt sich, daß ein fühlbarer Mangel an Pferden herrscht, welche zum Reitdienste tauglich sind : in den meisten Kantonen konnten die Dragonerkompagnien nicht mehr auf den reglementarischen Etat gebracht werden und auch von der vorhandenen Reiterei zählt kaum die Hälfte zu gut berittenen Reitern; nicht besser soll es bei den Offizieren der Stäbe und den Berittenen der Artillerie stehen. Daß bei dieser Sachlage die militärischen Interessen gefährdet sind, liegt auf der Hand, da im Kriegsfälle für die Armee nicht die nöthige Anzahl tauglicher Reitpferde vorhanden wäre. Aber auch in nationalökonomischer Beziehung liât die Vernachläßigung der Pferdezucht die nachtheiligsteii Folgen. Im Jahre 1872 wurden 5374 ausgewachsene Pferde mehr ein- als ausgeführt. Die eidg. Pferdezuchtkommission berechnet die jährliche Ausgabe der Schweiz für Beschaffung ihres Pferdebedarfes aus dem Auslande auf mindestens 3 Millionen Franken.

Es kann auffallend erscheinen, daß in den letzten Jahren die Pferdezucht in der Schweiz keine Fortschritte gemacht, obwohl Bund und Kantone für Hebung derselben beträchtliche Opfer gebracht und zum Zwecke der Kreuzung mit dem einheimischen Pferdeschlage englische Zuchtthiere importirt wurden. Allerdings erwartet die Mehrzahl der Fachmänner von 'der Kreuzung günstige Resultate, wenn gleich es auch nicht an Vertretern der entgegengesetzten Ansicht fehlt (Berichte der bernischen Kommission für Pferdezucht pro 1871 und 1872). Allein es darf nicht übersehen werden, daß eine Veredlung der einheimischen Racen durch Kreuzung mit iiüportirten erst erzielt werden kann, wenn die Kreuzung bis in die dritte oder vierte Generation fortgesetzt wird, zumal einerseits zwischen den zu kreuzenden Racen in Bezug auf die Körporformen kein zu großer Unterschied bestehen darf und anderseits es von großem Werthe ist, daß die beiden Elternthiere so viel wie möglich in Beziehung auf Klima, Nahrung u. s. w. unter ähnlichen Verhältnissen aufgezogen wurden.

Nun wurden bisher die besten Produkte der imporrirteli Zuchtthiere als Fohlen von ausländischen Händlern aufgekauft.

Ebenso O kam es bisweilen vor, daß von importirtcn Zucht thieren abstammende
Hengstfohlen, welche, rationell aufgezogen, geeignet gewesen wären, später zur Züchtung verwendet zu werden, entmannt wurden, weil das Aufziehen solcher Thiere mit Schwierigkeiten und Risiko verbunden ist. Auch ging in Folge ungeschickter Behandlung, zu reich-

256 licher oder mangelhafter Ernährung und fehlerhafter Dressur eine Anzahl schöner Hengstfohlen zu Grunde, welche bei rationeller Behandlung gerettet worden wären. Endlich degenerirte bisher ein Theil der von importirten Zuchtthieren abstammenden Hengstfohlen, weil sie vorzeitig und übermäßig zur Zucht oder Arbeit verwendet wurden, während der Fohlenhof die nachgezogenen Pferde in deiHegel erst nach zurückgelegtem vierten Jahre abgeben würde.

Wird der Fohlenhof kreirt, so kann den angedeuteten Uebelständen in Bezug auf eine allerdings beschränkte Anzahl der besten männlichen Abkömmlinge der importirten Zuchtthicre vorgebeugt werden. Wenn dieselben für den Fohlenhof aufgekauft und später, wenn sie zur Züchtung geeignet sind, an Pfcrdezüchter unter der Bedingung veräußert werden, daß sie wenigstens sechs Jahre zur Züchtung im Lande zu verwenden seien, wird durch eine vom Bundesrathe zu erlassende Verordnung Vorsorge getroffen, daß, wenn später Abkömmlinge solcher Thiere veräußert werden wollen, dem Bunde behufs Ankaufs für den Fohlenhof ein Vorrecht auf dieselben zustehe, so wird es möglich, eine rationelle Kreuzung einheimischer Pferderacen mit importirten durchzuführen. Dadurch kann eine allmälige Verbesserung des Schweiz. Pferdeschlages erzielt und so die Hebung der Pferdezucht in nachhaltiger Weise gefördert werden.

Auf diese Weise finden nicht nur die landwirtschaftlichen, sondern auch die militärischen Interessen ihre Berücksichtigung.

Durch die durch eine rationelle Kreuzung herbeigeführte Veredlung unserer Pferderacen werden wir später eine größere Anzahl guter Reitpferde im Inlande erhalten, -- abgesehen davon, daß, wenn im Fohlenhofe nachgezogene Pferde nicht zur Züchtung, wohl aber zum Reitdienste tauglich sind, diese an die Regieanstalt abgegeben .werden.

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Die Mehrheit Ihrer Kommission erlaubt sich daher, Ihnen folgenden Antrag *) zur Annahme zu empfehlen : Bundesbeschluß betreffend Verwendung des dießjährigcn Kredits für Hebung der Schweiz. Pferdezucht.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 8. Juni 1874, besehließt : Der Bundesrath wird ermächtigt, den dießjährigen Kredit von Fr. 24,000 für Hebung der schweizerischen Pferdezucht zur Gründung eines eidgenössischen Hengstfohlenhofes zu verwenden.

B e r n , den 26. Juni 1874.

Namens der Mehrheit der Kommission, Der Berichterstatter : A. Kopp.

*) Angenommen vom Ständerathe am 9. Oktober 1874.

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Bundesrathsbeschluss in

Sachen des Rekurses der Herren Dénériaz und Konsorten in Sitten, betreffend das neue Finanzgesez für den Kanton "Wallis.

(Vom 14. August 1874.)

Der schweizerische B u n d e s r a t h hat

nach Einsieht des Rekurses der Herren A. Dénériaz, Jos. Marie Calpini, Aug. Bruttin und Ed. Cropt, für sich und im Namen von 25 Mitgliedern des Großen Rathes des Kantons Wallis, gegen das Dekret dieser Behörde vom 29. Mai 1874, wonach dem Volke einige Bestimmungen des neuen Finanzgesezes vorgelegt werden sollen ; Nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartementes und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben : I. Am 29. Mai 1874 erließ der Große Rath des Kantons Wallis ein Dekret, wonach einige Bestimmungen des neuen Finanzgesezes dem Volke zur Annahme vorlegt werden sollen. Bei diesem Anlaß reichten Herr Dénériaz und eine Anzahl anderer Mitglieder des Großen Rathes einen Protest gegen das erwähnte Dekret ein und erhoben sodann bei dem Bundesrathe Beschwerde, gestüzt auf folgende zwei wesentliche Gesichtspunkte:

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission, betreffend Verwendung des diessjährigen Kredites für Hebung der schweizerischen Pferdezucht. (Vom 26. Juni 1874.)

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1874

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31.10.1874

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