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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI. Jahrgang. I.

Nr. 5.

# S T #

31. Januar 1874.

Bericht der

ständeräthlichen Kommission über die Brünigbahn.

(Vom 19. Januar 1874.)

Tit.!

Durch Beschluß vom 20/23. September haben die eidgenössischen Räthe die sämmtlichen Akten, betreffend die Brünigbahn, dem Bundesrathe überwiesen mit der Einladung, das Gründungskomite zu veranlaßen, für das Gesammtunternehmen der Brünigbahn eine neue einheitliche Konzession zu erwerben, worauf die bisher erworbenen Theilkonzessionen außer Kraft treten würden. Diesem Begehren hat das Gründungskomite bereitwillig entsprochen (Eingabe vom 13. Oktober 1873), worauf im Einverständniß mit sämmtlichen Kantonsregierungen, ausgenommen derjenigen von Obwalden, der neue Konzessionsentwurf vom 26. November 1873 der Bundesversammlung vorgelegt worden ist, um dessen Prüfung es sich gegenwärtig handelt.

Was zunächst, das von der Bundesversammlung ausgesprochene Begehren um einheitliche Gestaltung der Konzession betrifft, so ist demselben in genügender Weise Rechnung getragen worden, indem die gegenwärtig noch selbstständige Administration der Bödelibahn unterm 17. November 1873 die Erklärung ausgestellt hat, daß sobald eine Fortsezung dieser Linie, sei es in der Richtung nach dem Brünig oder in der Richtung nach Bern, dem Betriebe werde.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. i.

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übergeben worden sein, die ihr verliehene Konzession dahinfallen und durch die einheitliche Konzession für die Brünigbahn ersezt werden soll.

Was die Tarifansäze betrifft, so ist das. Gründungskomite in.

seiner lezten Eingabe durch die von ihm erklärte Annahme der Vorschläge des Bundesrathes dem Begehren der Regierung von Obwalden in anerkennenswerther Weise entgegen gekommen.

In der frühern Eingabe (10. September 1873) wurden vom Gründungskomite folgende Taxen in der Reihenfolge der 3 Wagenklassen beansprucht T Fr. 0. 20, Fr. 0. 14 und Fr. 0. 10 per Kilometer und Reisenden, und der Bundesrath beantragte in le/ter Linie für die Streke Brünig-Stansstad je Fr. 0. 18, Fr. 0. 13 und Fr. 0. 9 per Kilometer und Reisenden, für die übrigen Sektionen die Normalansäze von Fr. 0. 10, Fr. 0. 7 und Fr. 0. 5.

Nach dem Berichte des Bundesrathes vom 11. September 1873, betreffend die Taxerhöhungen für Eisenbahnstreken mit größern Steigungen, wäre für die im Ganzen 19 Kilometer lange Streke eigentlicher Bergbahn (12 Kilometer auf Unterwaldner- und 7 Kilometer auf Bernergebiet), 15 Rappen in III., 21 Rappen in II. und 30 Rappen in I. Wagenklasse zu bezahlen, wenn die Normaltaxen (5, 7 und 10 Rarppen) im Verhältniß zu den durch die größere Steigung verursachten Kosten erhöht werden sollen. Diese Ansäze haben sich seither nach mehrfacher Kontrolirung durch anerkannte Fachautoritäten als richtig herausgestellt, jedoch ist dabei nicht außer Acht zu lassen, daß wenn auf einer Berglinie, wie dies beim.

Brünig der Fall ist, geringere Steigungen mit größern abwechseln, die Mehrkosten für die ganze Streke nach dem Ansaz für die stärkste Steigung berechnet werden müssen, weil die die Mehrkosten verursachenden Vorkehrungen (im vorliegenden Falle Anwendung einer zweiten Lokomotive) für die ganze Streke im Verhältniß des größten zu überwindenden Widerstandes bemessen werdeiv müssen. In diesem Sinne aufgefaßt, erscheint die Tabelle auf Seite 5 des Berichtes des Bundesrathes vom 11. September und der Ausdruk ,,mit einer beinahe durchgehenden Steigung von 50 pro mille10 als richtig. Diese Ansäze zu Grunde gelegt, erhält man folgende Rechnuugsresultate für den Fall, daß die Supertaxe nur auf der eigentlichen Bergbahn erhoben würde, auf der übrigen Streke dagegen die Normaltaxe:

Ili III. W a g e n k l a s s e .

a. 19 Kilometer Bergbahn X 0. 15 = .

b. 50 ,, Thalbahn X 0. 05 = .

.

.

.

.

.285 .250

Summa Dagegen nach dem Antrag des Bundesrathes : c. 69 Kilometer im Ganzen X 6 = .

.

.

535

. 414

also weniger als oben 121 II. W a g e n k l a s s e.

d. 19 Kilometer Bergbahn X 21 = .

.

.

. 39!)

e. 50 ,, Thal bahn X 7 = .

.

.

.350 Summa Dagegen nach djm Antrag des Bundesrathes: f. 69 Kilometer im Ganzen X 15 = .

'

.

749

. 1035

also mehr als oben 286 I. W a g e n k l a s s e.

g. 19 Kilometer Bergbahn X 30 = .

.

.

.570 h. 50 ., Thalbahn X 10 = .

.

.

.500 Summa 1070 Dagegen nach dem Antrag des Bundesrathes : i. 69 Kilometer im Ganzen X 20 = .

.

.

. 1380

also mehr 310 Nach dem Konzessionsentwurfe ist also die Taxe für Reisende der III. Wagenklasse Fr. 1. 21 niedriger als die Normaltaxen, für Reisende II. und I. Klasse dagegen Fr. 2. 86, beziehungsweise Fr. 3. 10 höher als die Normaltaxe. Da nun aber laut den drei lezten Jahresberichten der drei großen schweizerischen Eisenbahugesellschaften (schweizerische Nordostbahn, schweizerische Centralbahn und westschweizerische Bahnen) sich die Zahl der Reisenden III. Klasse zu derjenigen II., beziehungsweise I. Klasse verhält wie 75 : 23 : 2, so muß der Betrag jener minus und plus mit diesen Zahlen multiplizirfc werden, woraus sich dann die Differenz des Taxenbetrags für je hundert Reisende ergeben wird.

Das effektive Produkt dieser Tarifansäze ist also folgendes: -- 121 X 75 = .

.

. -- 9075 -f 286 X 23 = 6578 -f- 310 X 2 = 620 .

. + 7198

112

Das heißt: nach dem Tarifansaze des Konzessionsentwurfes würde die G-esellschaft ungefähr 1/s (oder per 100 Reisende Fr. 19) weniger Personentaxen beziehen als nach den Normalansäzen von 05. 07 und 0. 10 für L, II. und III. Wagenklasse unter Zuschlag der Bergtaxe laut Bericht vom 11. September 1873 zu beziehen wäie. Bei dieser Berechnung ist indessen nicht außer .Acht zu lassen, daß insofern die Gesellschaft von der in Art. 14 des Konzessionsentwurfes enthaltenen Berechtigung Gebrauch machend auf der Bergbahn nur Wagen I. und II. Klasse zur Anwendung bringen' würde, dies eine Verminderung der Posten a und c und eine Erhöhung von d und f zur Folge hätte, wogegen die Bestimmung des nemlichen Paragraphen, betreffend Verabfolgung von Lokalbillets III. Klasse wieder einen entgegengesezten Einfluß ausüben wird. Im Fernern würde der Ertrag der Taxen bei Durchführung des Systems getrennter Normaltaxen sehr geschmälei-t werden dadurch, daß Reisende die Bergbahn gar nicht benuzen, sei es, daß sie die nicht ganz 4 Stunden lange Streke zu Fuß zurüklegen und so die Fr. 4 Taxe II. Klasse ganz ersparen, sei es, daß sie anstatt in den Einschnitten der Eisenbahn und dem Tunnel des Zwekes ihrer Reise die Schönheit der Gebirgswelt zu genießen, ganz verlustig zu gehen, ein offenes Fuhrwerk wählen, wofür sie jedenfalls nicht mehr bezahlen müßten, als die Eisenbahntaxe von Fr. 4, da bei diesem Ansaz ein zweispämiiges Fuhrwerk, auch wenn es durchschnittlich nur 4 Reisende befördern würde, für eine Fahrt von circa 8 Stunden Fr. 32 verdienen würde. Diese sich gegenseitig aufhebenden Modifikationen entziehen sich aber natürlich jeder arithmetischen Fixirung.

Ungeachtet der in obiger Berechnung uäher dargelegten Einräumungen hat die Regierung von Obwalden auch gegen diesen neuen Konzessionsentwurf Einsprache erhoben ; wie unbegründet aber ihre Klage ist, daß durch Bewilligung einer Taxe von Fr. 0.6 für die III. Klasse die Benuzung der Eisenbahn dem einheimischen Publikum unmöglich gemacht werde, geht aus der Vergleichung mit folgenden von den Kantonen bewilligten Taxen hervor, von denen die meisten auf Linien erhoben werden, auf denen die Betriebskosten die Normalverhältnisse nicht übersteigen.

Ligne d'Italie Genf-Morges, Grenf-Vcrsoix-Aligny Morgea-Lausanne-Yverdon Verrières-Xeueiiburg-Vaumiircus .

Franco-Suisse

Bcrnergren/,e bei Thörishaiis bis Waadt ländergrenze gegen Lausanne Bulle-Roinont Viznau-Kaltbad Bergfahrt Thalfahrt Pnuilnit-Delle

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. . . .

Datum der Kon- Konzessions.n-theiK i l o m e t r i s c h e Taxen.

Klasse L Klase II. Klasse III. zessionsertheilung. lender Kanton.

Rappen.

Rappen.

Rappen.

6 6, Februar 1866, Wallis.

8 12 6 1. September 1855, Wandt.

8 12 6 8. Juni 1852, ,, 8 12 G.j 16.

Dez.

1853.

Neuenburg.

11 8.5 5. i Taxerhöhung 14/19.

10 L-, Mär/,1866, mit Bundesgenehmigung vom 5. Heumonat 1866.

11

6

12

6 --

97.3 48.s 15

11

2. April, 24. Mai und 11. Nov. 1856. Taxerhöhung.

9. Juni 1869.

Freiburg.

·n Luzern.

18. Mai, 3. Juni 1865 Bern.

4. Dez. 1869, Bundesgenehmigung 28. Juli 1870

114

Nach diesen Vorgängen kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß der Kanton Obwalden, wenn er noch im Besize des Rechtes der Konzessionsertheilung sich befände, ebensowohl die von dem Grründungskomite beanspruchten Bedingungen betreffend die Taxe III. Klasse bewilligen würde, als dies unter weniger dringenden Umständen von den Kantonen Waadt, Wallis, Neuenburg, Freiburg und Bern geschehen ist. An einer solchen Zustimmung wäre um so weniger zu zweifeln, da nach den Anträgen des Bundesrathes die Reisenden III. Klasse mehr begünstigt sind,/ als in irgend einer o o O andren Konzession; denn während nach den Normalansäzen (0. 10, 0. 7 und 0. 5) die Reisenden III. Klasse 50 °/o des Tarifansazes für die I. Klasse und 71 °/o des Ansazes der IL. Klasse zu entrichten haben, sollen sie nach dem in Berathung liegenden Konzessionsentwurfe nur 30 ° o des Ansazes I. Klasse und 40° ( ü des Ansazes II. Klasse bezahlen.

Wenn dann im Weitern berüksichtigt wird, daß die Ausführung des Unternehmens nur unter der Voraussezung gedenkbar erscheint, daß der Kanton Bern dasselbe mit einer Subvention von 2 bis 2 1/2 Millionen unterstüzen würde, ohne daß deßwegen die Erhebung der oben erörterten Snpertaxe auf einer Streke von 37 Kilometern Bernergebietes beanstandet würde, während die nämliche Supertaxe auf Obwaldnergebiet nur auf einer Streke von 32 Kilometern (worunter 12 Kilometer eigentlicher Bergbahn, während auf Bernerboden nur 7") bezogen werden soll, so erscheint der Widerstand der Regierung von Obwalden noch weniger begründet. Vollends unhaltbar ist die Einwendung, daß der Kanton Bern bei Vertheilung der Bergsupertaxe auf die Thalbahn begünstigt sei, während er nach dem Konzessionsentwurfe diese Mehrbelastung, die dem Kanton Obwalden nur auf 20 Kilometer Thalbahn zugemuthet wird, auf einer Streke von 30, beziehungsweise 36 Kilometern zu übernehmen bereit ist.

Der Gesammtbetrag der nach dem vorliegenden Konzessionsentwurf für die Streke Interlaken- (Därligen), Brünig-Stansstad beantragten Taxen ist gleichfalls etwas niedriger als der Gesammtbetrag der in der frühem Eingabe des Gründungskomites (vom 10. September 1870) verlangte, unter Hinzurechnung der für die übrige Streke nach den Bestimmungen der Konzession vom 28. Dezember 1873 zu beziehenden Ansäze, wie aus folgender Berechnung hervorgeht : 69 Kilometer X 20 =
1380 X 2 2,760 ( I. Klasse) 69 ,, X 15 = 1035 X 23 23,805 ( II. ,, ) 69 ,, X 6 = 414 X 75 31,050 (III.

,, ) 57,615 = dem Gesam m l betrag: nach vorliegendem Entwurf.

Ilo

Dagegen nach den frühem Bestimmungen und Vorlagen : 32 Kilometer X 20 = 640 X 2 = 1,280 C I- Klasse) 32 ,, x 14 = 448 X 23 = 10,304 C U« ) 32 ,, X 10 = 320 X 75 = 24,0(MKIII.

,, ) 35,584 = der Summe, die nach der frühem Eingabe des Gründung.-jkomite ·auf Obwaldnergebiet zu beziehenden Taxen.

Dazu ist hinzuzufügen : 7.7 Stunden X 70 = 5,390 X 2 10,780 7.7 ., X 40 = 3,080 X 23 70,840 7.7 ,, X 25 = 1,925 X 75 144,375 Gcsammtbetrag der auf Bernergebiet für je 100 Reisende nach der Konzession vom 28. Dezember 1870 (Interlaken-Brünig) zu erhebenden Taxe .

.

.

. ' .

.

22599.5 Gesammttaxe Interlaken- (l)ärligcn) BrünigStansstad nach früherer Vorlage (per 100 Reisende) Fr. 58183 Dagegen nach dem Entwurfe vom 26. November 1873 ,, 57615 also weniger Fr.

5ß8 Diese Differenz ist zwar verschwindend klein, und würde durch Anwendung der Berechtigung, auf der Bergbahn keine Wagen 111. Klasse führen zu müssen, zu Gunsten der frühem Vorlage umschlagen. Dagegen fällt schwer ins Gewicht, daß durch Annahme tles Konzcssionsentwurfes vom 26. November die Gesellschaft auf das Recht verzichtet, nötigenfalls die Ansäze der Bernerkouzession vom 28. Dezember 1873 um 30 °/0 zu erhöhen.

Da die oben Seite 110 und 111 enthaltene Vcrglcichung des Ergebnisses der Person entaxen nach dem vorliegenden Konzessionsentwurf einerseits und nach dem System separater Anwendung der beiden Normaltaxeu für Thalbahuen und Bergbahnen andererseits es als nicht ganz unwahrscheinlich erscheinen ließ, daß das Gründtmgskomite sich zur Annahme des zweiten Systems verstehen könnte, wodurch in einem ^Hauptpunkte den Wünschen der Regierung von Obwalden Rechnung getragen wäre, so fand sich die Kommission veranlaßt, durch Vermittlung des Eisenbahndepartements an das Gründungskomite die Aufrage zn richten, ob es sich dazu verstehen würde, anstatt der im Konzessionsentwurfe vorgesehenen einheitlichen Taxe die volle Supertnxe für die eigentliche Bergbahn und dagegen auf der Thalbahn nur die Normaltaxe zu beziehen.

116 Unter Bezugnahme auf, die bei dieser Gelegenheit zum ersten Male zu den Akten gelangten Rentabilitätsrechnung der Brünigbahn, d. d. November 1873 (sig. Stämpfli, Blotnitzki, Graffenried), erwidert das Komite Folgendes : Zur Beantwortung der gestellten Frage sei vorerst zu ermitteln nöthig : 1. welche Mindereinnahme in Folge des Bezugs der Normaltaxe auf der Thalbahn das Unternehmen treffen würde; 2. ob eine Ausgleichung der Mindereinnahmen durch Bezug der vollen Supertaxe auf der Bergbahn möglich sei; 3. welchen Einfluß der Bezug der vollen Supertaxen für die Bergbahn auf den Verkehr ausüben würde.

Die Mindereinnahmen (Punkt 1) bei Anwendung der Normaltaxe auf der Thalbahn wird nun folgendermaßen berechnet : Für die Thalbahn, Brienz-Meiringen und Diechtersmatt-Stanz, 31 1/2 Kilometer, ergäben sich nach dem Konzessionsentwurfe (20, 15 und 6 Rp.) per Person und Kilometer nach dei- Reihenfolge der drei Klassen eine durchschnittliche Einnahme von Rappen 10y.2 per Reisenden und Kilometer, wobei angenommen ist, daß auf je e i n e n Reisenden I. Klasse zwei Reisende II. Klasse und vier Reisende III..

Klasse zu befördern seien. Dagegen ergäbe sich bei Anwendung der Normal taxe (10, 7, 5 Rp.) unter übrigens gleichen Voraussezungen nur eine Durchschnittstaxe von 6.3 Rp., d. h. eine Differenz gegenüber dem ersten System per Person und Kilometer von 4.2 Rp.

oder für die ganze Strecke von 31.5 Kilometer von 132.30 Rp.

oder für die bei der Rentabilitätsberechnung zu Grunde gelegten 150,000 Personen eine Mindereinnahme von Fr. 198,450. Dieser Ausfall würde die auf 3.8 °/o berechnete Dividende auf circa 0,5°/o herabdrüken. Müßte nun diese Mindereinnahme, die nach dieser Berechnung für jede Person auf der Sl1/^ Kilometer langen Streke der Thalbahn Rp. 132.30 beträgt, auf die 18l/2 Kilometer lange Streke der Bergbahn verlegt werden, so ergäbe dies per Person ein Zuschlagvon Rp. 7.15 per Kilometer, oder im Ganzen, da die der Rentabilitätsberechnung zu Grunde gelegte Durchschnittstaxe der Bergbahn Rp. 16 per l Person und i Kilometer beträgt, Rp. 23.15.

Vertheilt man diesen Zuschlag nach der angenommenen Proportion auf die Reisenden I. und II. Klasse unter der Supposition, daß beim Wegfall der Wagen III. Klasse auf je einen Reisenden I. Klasse drei Reisende II. Klasse zu befördern wären, so ergäbe sich per l
Person und l Kilometer in I. Klasse ein Ansaz von Rp. 28.40 und von 21.40 in II. -Klasse. Die Anwendung dieser Taxen wäre aber nach der Ansicht des Grundungskomite unausführbar, weil sie die

117 Taxen der eidgenössischen Post auf Alpenpässen übersteigen, indem diese leztere für Coupépläze nur 24 Rappen per Person und Kilometer und für Pläze im Interieur nur 21 Rappen betragen. Abgesehen von der aus dieser erfolgreichen Konkurrenz der Bergposttaxen hervorgehenden Unausführbarkeit des vorgeschlagenen Normaltaxensystems hält das Komite dasselbe in seinen Konsequenzen für widersinnig, weil dadurch die vollständige Taxe I. Klasse von Fr. 10 auf S. 40, diejenige II. Klasse von Fr. 7. 55 auf Fr. 5. 50 erniedrigt, dagegen diejenige III. Klasse von Fr. 4. 70 auf Fr 5. 90 erhöht würde, während hinwiederum auf der Thalbahn allein nur die Taxen I. und II. Klasse wesentlich ermäßigt würden, nämlich erstere von Fr. 6. 30 auf Fr. 3. 15, d. h. um 50 °/o und die zweite von Fr. 4. 75 auf Fr. 2. 20, d. h. um 53 °/n, wogegen der Ansaz III. Klasse nur von Fr. 1. 90 auf Fr. 1. 60 oder um 15% erleichtert würde, eine Vergünstigung, die mehr als aufgewogen wird durch die bei diesem System eintretende Erhöhung der Taxe dieser Klasse auf der Bergbahn, die fast 100 %, nämlich Fr. 4. 30 statt 2. 80 betragen würde.

O Bei Würdigung dieser Beantwortung ist vor Allem zu erinnern, daß unter der Supertaxe die ausschließlich auf der Bergbahn zu erheben wäre, nach der Auffassung der Kommission die in der Botschaft des Bundesrathes vom 11. September 1873 als Aequivalent der Mehrkosten bei Ueberwindung grösserer Steigungen beantragte Zuschlagstaxe verstanden war (vergl. oben S. 111), die für die Bergsektion der Brünigbahn das Dreifache der Normaltaxe, also nach der Reihenfolge der drei Wagenklassen je 15, 21 und 30 Rp.

per Person und Kilometer betragen würde. Dagegen hat das Komi tc unter dieser Supertaxe das Aequivalent der Mindereinnahmen verstanden, die sich ergeben würden, wenn statt der im Konzessionsentwurfe vorgeschlagenen einheitlichen Taxen von 20. 15 und (> Rp. auf der Thalsektion nur die sogenannten Normalansäze von 10. 7 und 5 Rp. erhoben würden. Die Differenz zwischen diesen beiden Grossen ist aber Seite 111 angegeben und ist allerdings nicht so bedeutend, daß die Schlußfolgerungen, die auf Verwechslung der einen mit der andern beruhen, wesentlich erschüttert würden.

Weit wichtiger ist der in diesem Aktenstüke zu Tage tretende Irrthum über das Verhältniß der Zahl der Reisenden der 3 Wagenklassen unter sich,
der das Resultat der Rentabilitätsberechnung wesentlich alterirt und dessen Wahrnehmung der Kommission große Vorsicht bei Behandlung derjenigen Vorschläge zur Pflicht machte, welche die Erleichterung des Verkehrs auf Unkosten der Einnahmen des Unternehmens zum Zwek haben. Die Einwendung des GrünO dungskomite, daß wenn die Bergsupertaxe in ihrem vollen Betrag

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.auf der Bergstreke allein erhoben würde,i eine die Oekonomie des O Unternehmens bedrohende Konkurrenz des Fahrpostverkehrs eintreten würde, ist zwar nicht in dem umfassenden Sinne, wie es vom Komite befürchtet wird, wohl aber in dem beschränktem, wie -es oben Seite 111 dargestellt worden ist, begründet, und die Kommission erinnert daran, daß wenn auch nur der zehnte Theil der Reisenden von diesem Verkehrsmittel Gebrauch machen würde, dies die Dividende der Aktien von 3.8 °/o auf circa 3 °/o herabdrüken würde. Was die in Folge des Vorschlags separirter Anwendung der beiden Normaltaxen eintretende völlige Verschiebung der Taxansäze der III. Klasse unter sich, und zwar hinsichtlich durchgehender Fahrt, zu Gunsten der beiden ersten und zu Ungunsten der III. Klasse betrifft, so ist dieselbe vom Standpunkte der Interessen des Obwaldner Verkehres, von dem aus dies System stipulirt worden ist, keineswegs widersinnig, wie das Komite sich ausdrükt, weil dieser Verkehr weitaus zum größten Theil sich zwischen Lunnern und Luzern bewegt, folglich eine Erleichterung dieser Linie weitaus höher anschlägt, als eine Belastung der Bergbahn.

Allein da auch auf dieser Linie der Verkehr der anwohnenden Bevölkerung höchstens ein Drittheil der Gesammtfrequenz darstellt, und überdies die Lokalinteressen einer Sektion von 0.25 Kilometer den Interessen des Gesammtverkehrs eines Unternehmens von circa 150 Kilometern nachstehen muß, so werden auch in Bezug auf diesen Funkt die Einwendungen des Gründungskomite nicht als irrationell taxirt werden können, und zwar um so weniger, da die Bestimmungen der Artikel 14 und 15 den speziellen Bedürfnissen des Obwaldnerlokalverkehrs billige Rechnung tragen.

Bei sorgfaltiger Prüfung der besondern Verhältnisse, welche das Unternehmen der Brünigbahn von andern Eisenbahnunternehmungen unterscheiden, ist die Kommission zu dem Schlüsse gelangt, daß die beantragte Repartition der Bergtaxe auf die ganze Streke von Stansstad bis Bönigen, resp. Därligen sich vollkommen rechtfertige, und daß die von verschiedenen Seiten beantragten Abänderungen dieses Systems die finanzielle Konstruktion des Unternehmens in Frage stellen würde.

Die Taxe von 6 Ct. pr. Person und Kilometer für III. Wagenklasse kann unter keinem Gesichtspunkte als drükend oder unmotivirt erscheinen ; eine Ermäßigung der allerdings
ungewöhnlich hohen Taxen II. Klasse (15 Ct. pr. Person und Reisenden) auf 12 Ct..

wie dies in Vorschlag gebracht worden ist, hätte auf den Touristenverkehr allein einen Ausfall von mindestens Fr. 50,000 zur Folge und würde die auf 3.88 berechnete Aktiendividende auf ca. 3 °/o herabdrüken, was der Ausführung des Unternehmens neue Hindernisse in den Weg legen würde.

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Im Eingang des Konzessionsentwurfes A. I. a. f. ist dein Konzessionär freigestellt, die Linie ohne Unterbrechung von Interlaken (Bönigen) aus längs dem Brienzersee nach Meiringen und weiter nach dem Brünig herzustellen, oder aber die leztere Linie längs dem Brienzersee nicht auszuführen. Ueber die Motive dieser Licenz geben die Akten keinen Aufschluß; sie sind wahrscheinlich in dem Unistande zu suchen, daß die Kosten dieser Sektion sich höher belaufen werden als diejenigen der andern Abtheilungen, und daß die Dampfschifffahrt des Brienzersees einen theilweisen Ersaz für die Unterbrechung des Schienenverkehrs biete. Dem gegenüber darf aber nicht außer Acht gelassen werden, daß es sich im. vorliegenden Konzessionsentwurfe um eine Linie von ca. 150 Kilometern handelt, die einer weitem Entwiklung in der Richtung nach Westen und Osten gar wohl fällig ist, und daß daher eine dauernde lokale Unterbrechung die Interessen des Verkehrs stark beeinträchtigen könnte, während dies hinsichtlich der Prosperität der zunächst in Frage kommenden oder auch einer Gruppe mit ihr kombinirten Gesellschaften sich anders verhalten könnte. Hinwieder ist es kaum gedenkbar, daß eine neue Unternehmung diese Luke auszufüllen berufen sein könnte, wenn der erste Konzessionär über Gebühr zögern würde, die verliehene Konzession in's Werk zu sezen. Um daher einer bleibenden Verstümmlung dieses wichtigen nationalen Verkehrsmittels vorzubeugen, stellt die Kommission den Antrag, daß der lezte Saz von A. I. : ,,oder aber nach Wahl des Konzessionärs nur von Brienz an ,,über Meiringen etc. nach Stansstad resp. Alpnachstad" gestrichen werde, und aus den gleichen Gründen Art. 6a. : ,,Das Versäumen der erwähnten Fristen für die eine oder andere ,,der konzedirten Sektionen hat den Verlust der Konzession nur ,,für die betreffende Sektion, nicht aber für die übrigen zur ,,Folge," folgendermaßen gefaßt werde: O ö ,,Das Versäumen der vorerwähnten Fristen für die Sektionen ,,Bern-Thun, Dürlingen und Stanstad, Luzern-Buochs, oder eines ,,Theils dieser Sektionen hat nur den Verlust der Konzessionen ,,für die betreffen le Sektion, nicht aber u. s. f."

Dagegen würde dann in billiger Berüksichtigung der Schwierigkeit der integralen Durchführung des großen Unternehmens für die Ausführung der Linie längs dem Brienzersee die Frist von Anfang an verdoppelt. (Vergi. Zusazantrag zu Art. 6.)

Am Tage der Genehmigung des Entwurfes des Bundesbeschlusses vom 26. November 1873 hatte zwar der Verwaltungsrath der Bö-

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delibahngesellschaft die Erklärung abgegeben (17. November 1873), daß diese Unternehmung sich verpflichte, sich dem einheitlichen Unternehmen des Konzessionsentwurfes vom 26. November anzuschließen. Da aber diese Erklärung behufs Erlangung vollständiger Rechtsverbindlichkeit noch der Ratifikation der Generalversammlung der Aktionäre dieser Unternehmung bedurfte, war unter Lit. c. am Schluß des Konzessionsentwurfes des Bundesrathes, folgender Vorbehalt aufgenommen : o Vorstehender Beschluß tritt erst in Kraft, wenn die Generalversammlung der Aktionäre der Bödelibahngesellschaft binnen einer vom Bundesrathe anzusezenden Frist den Beschluß ihres Verwaltungsrathes vorn 17. November 1873 ratifizirt haben wird.

Seither ist nun die noch ausstehende Erklärung der Generalversammlung der Aktionäre vom 29. November 1873 zuhanden des Bundes eingesandt worden, wodurch, die Verpflichtung anerkannt wird, sobald eine direkte Fortsezung der Bödelibahn, sei es in der Richtung nach Thun-Bern oder Brienz-Meiringen, in"s Werk gesezt sein wird, die einheitliche Konzession nach dem .Entwurfe vom 26. November 1873 anzuerkennen und ihr Unternehmen der Brünigbahngesellschaft abzutreten: damit ist eine Erklärung des Gründungskomite der Brünigbahn verbunden, dahin lautend, daß sie von dem ihr eingeräumten Rechte, die Bödelibahn auf diese Grundlage hin zu übernehmen, wirklich Gebrauch mache, und diese Verpflichtung der zu bildenden Gesellschaft überbinden werde, Damit ist in. Verbindung mit den Anträgen der Kommission, betreffend Modifikation von A. 1. des Ingresses und Weglassung von Art. 6a.

das. wichtige Requisit der einheitlichen Organisation des ganzen Unternehmens sicher gestellt, und es kann daher die "Bestimmung C.

am Schlüsse gestrichen werden.

. Im Uebrigen beantragt die Kommission unter Vorbehalt einiger Amendements untergeordneter Bedeutung, Zustimmung zu dem Antrag des Bundesrathes.

B e r n , den 19. Januar 1874.

Namens der ständeräthlichen Kommission : Sulzer.

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Bericht der

ständeräthlichen Kommission in Sachen der Konzessionsertheilung für eine Eisenbahnverbindung von Menaggio über Lugano nach Luino, (Vom 20. Januar 1874.)

Tit.!

. :

.

'

:

. Die Situation ist für die Kammern gegenüber den zwei vorliegenden Konzessionsgesuchen um deßwillen .eine eigentümliche, weil zum vornherein gar Niemand daran denkt, daß beide Konzessionen zur Ausführung gelangen.

Beide Konzessionen, sowohl diejenige,, welche von einem Initiativkomite verlangt wird, an dessen Spitze Hr. Dr. Antonio Battaglini in Lugano steht, als diejenige, um welche Hr. Ingenieur Clément Maraini in Lugano sich bewirbt, haben den ganz identischen Zweck, nämlich die drei Seen: Corner-, Luganer- und Langensee und die von Nord nach Süd fahrenden Hauptbahnen untereinander und wechselseitig mit den Thälern oberhalb des Po zu verbinden.

Wie der Zweck, so ist auch das Mittel ein identisches, denn die beiden Trace"s weichen nur unbedeutend und ohne innere Motive von einander ab. Beide Linien gehen von Menaggio, am westlichen Ufer des Comersee's, aus, erreichen bei Borlezza das westliche Ufer des Luganersee's, streichen dann an dessen ganzem nördlichem Gestade hin, beschreiten bei Bellarma den Schweizerboden

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über die Brünigbahn. (Vom 19. Januar 1874.)

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31.01.1874

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109-121

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