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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend -die Konzession einer Eisenbahn von Chambésy an die schweizerisch-französische Grenze gegen Fernex.

(Vom 9. Oktober 1874.)

Tit.!

Herr Joseph F u c h e z , Civilingenieur in Lyon, sucht um die Konzession für das auf schweizerischem Gebiet gelegene Stük einer Eisenbahn nach, welche Genf mit Dijon, also auch mit Paris, auf einem 114 Kilometer kürzeren Wege verbinden soll, als dies durch die gegenwärtig bestehende Eisenbahn der Gesellschaft Paris-LyonMéditerranée über Culoz, Bourg und Mâcon geschieht. Die projektirte Linie zweigt bei Chambésy von dem Schienenstrang der Suisse Occidentale ab, führt über Fernex, Gex, St. Claude und Clairvaux nach Lons-le Saulnier, der Hauptstadt des Département du Jura, und von da nach St. Jean-de-Losne zum Anschluß an eine bereits konzedirte Linie nach Dijon. Die Länge des Trace beträgt 197 Kilometer, wovon bloß 2 Kilometer auf schweizerisches Gebiet entfallen.

Im Département de la Côte d'Or hat Herr Fuchez die Konzession unterm 16. April und 20 Juli d. J. erhalten ; im Département du Jura wird sie wahrscheinlich im Oktober d. J. definitiv werden-, im Département de l'Ain werden die nöthigen Vorarbeiten gemacht,

185 um den Berathungen des für das Projekt günstig gestimmten Generalrathes als Grundlage zu dienen.

So sehr nun die in Rede stehende Eisenbahn geeignet scheint, dem friedlichen Verkehr zwischen der Schweiz und Frankreich einen neuen, mächtigen Impuls zu geben, so gewichtige Bedenken werden von militärischem Standpunkte gegen die Ertheilung der Konzession erhoben. Wir verweisen diesfalls auf das bei den Akten liegende Gutachten des Chefs des eidgen. Stabsbureau, resp. des Militärdepartements.

u Die Würdigung der gegen die projektirte Eisenbahn sprechenden Gründe und die Entscheidung ganz Ihrem Ermessen anheimstellend, beehren wir uns, auf den Fall, daß Sie die Konzession zu verleihen beschließen, Ihnen unsere Vorschläge betreffend die einzelnen Konzessionsbedingungen zu unterbreiten und mit folgendem Berichte zu begleiten : Anknüpfend an den in strategischer Beziehung außergewöhnlichen Charakter der fraglichen Bahn, welcher im Ernstfalle eine Zerstörung derselben als eine der ersten Notwendigkeiten erscheinen ließe, beantragen wir Ihnen einen Zusaz zu Art. 7 des Konzessionsschema, dahin gehend, daß die Gesellschaft keinen Anspruch auf Schadenersaz habe, wenn die Eisenbahn im Kriege beschädigt oder zerstört würde. Eine gleiche Bestimmung findet sich in der vom Großherzogthum Baden für die Linie Winterthur-Singen ertheilten Konzession.

Das projektirte Unternehmen bietet noch eine zweite Eigenthümlichkeit dar, welche gewisse Abweichungen vom gewöhnlichen Inhalt der Konzession theils durchaus nöthig macht, theils als billig und zwekmäßig rechtfertigt. Auf französischem Gebiete besizt die Linie eine Ausdehnung von beinahe 200. auf schweizerischem bloß eine solche von 2 Kilometern, und die Gesellschaft, welche den Betrieb übernimmt, ist selbstverständlich eine französische. Da kann nicht gefordert werden, daß die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes aus Schweizerbürgern bestehe, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben. Für die Vertretung der schweizerischen Interessen im Verwaltungsrath und für die formelle Vertretung der Gesellschaft in der Schweiz bezüglich aller aus dieser Konzession herfließenden Rechtsverhältnisse schlagen wir in Art 3 und 4 Bestimmungen vor, welche wesentlich die gleichen sind, wie sie für die Gesellschaft Paris-Lyon-Méditerranée hinsichtlich ihrer auf genferischem Gebiete liegenden Bahnstreke gelten. Speziell die Art der Wahl des die Gesellschaft den Schweiz. Behörden gegenüber verBundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

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186 tretenden Spezialagenten ist "entlehnt aus Art 2 der Uebereinkunft vom 15. Juni 1863 zwischen dem Staatsrathe von Genf und der Gesellschaft Paris-Lyon-Méditerranée; Herr Fuchez, welchermit unserna übriges diesfälligen Anträgen einverstande ist, wird wohl wegen dieser Formfrage seinepposisi Hon nicht weiter fortsezen.

Da der Gesellschaft nicht zugemuthet werden kann, für das kleine schweizerische Stük besondere Personenwagen anzuschaffen, so muß die, Bestimmung des für solche zu wählenden Systems noch offen gelassen werden, in dem Sinne, daß seinerzeit nach Möglichkeit dem Art. 29, Absaz 2 des Eisenbahngesezes Nachachtung verschafft werde. ..

, Wenn der Wunsch des Potenten, daß die schweizerische Konzession in möglichste Uebereinstimmung mit der französischen gebracht werde, ein begreiflicher ist, so ist auf der andern Seite eben so natürlich, daß der Bund, wenn er diese Gleichheit in einem Punkte (betreffend die Dauer der Konzession, Art. 2) zu Gunsten der Gesellschaft eintreten läßt, sie auch mit Bezug auf andere Punkte, wo die schweizerische Normalkonzession der Gesellschaft vortheilhafter wäre, durchführt, nämlich mit Bezug auf den unentgeldlichen Heimfall ,dei; unbeweglichen. .Theile der Eisenbahn im Zeitpunktdes Ablaufs der Konzession, und- mit Bezug auf die Rükkaufstermine (Art. 28 und 28 a).

, Für die Aufnahme der französischen Rükkaufstermine spricht übrigens noch ein innerer Grund, Kann auch unter keinen Umständen der Anregung des Petenten .nachgegeben werden, daß der Bund verpflichtet sei, das schweizerische Stük der Linie zu gleicher Zeit, wo das französische zurükgekauft werde, seinerseits zurükzukaufen, oder den Rükkauf so zu bewerkstelligen, daß der Betrieb der Linie von Genf nach Dijon seinen ununterbrochenen Fortgang habe, so ist es doch gut, der Schweiz die Möglichkeit offen zu behalten, die Bahn so früh zurükzukaufen als Frankreich dazu berechtigt ist, damit der Fall verhindert werden kann, daß der französische Staat die Bahn bis an die Grenze, auf unserem Territorium aber -eine ; französische Gesellschaft sie betreibe.

· Auch die Rükkaufsbedingungen mögen dem französischen Rechte angepaßt werden, wenn gleich zweifelhaft ist, ob dieselben, selbst nach einigen aus der schweizerischen Normalkonzession herübergenommenen Ergänzungen, für den rükkaufenden Staat gunstiger seien als die schweizerischen.

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Dagegen können wir nicht empfehlen, die von Frankreich stipulirten Taxen zu adoptiren, welche für den Personentransport in der 2. und 3. Klasse um l Rp. höher sind, für Reisendengepäk dagegen dem Publikum größere Vortheile gewähren und für den Waarentransport durchschnittlich etwa die nämlichen Resultate ergeben, für die häufigsten Wagenladungsgüter immerhin etwas ungünstiger sind. Ein innerer Grund für eine theilweise Erhöhung ist nicht vorhanden, da die Linie auf schweizerischem Gebiet hur eine Steigung von 7 °/oo hat. Und die Unbequemlichkeit für den Konzessionär, zweierlei Taxen seinen Tarifen zu Grunde legen zu müssen, kann um so weniger ins Gewicht fallen, als es ' sich nur um eine etwelche Erschwerung einer einmaligen Arbeit handelt und manche schweizerischen Gesellschaften, welche,neben kantonalen neue, vom Bunde ertheilte Konzessionen besizen, in einen ähnlichen Pali gesezt sind.

Der Unterschied der Taxe ist allerdings, bei dem ins Innere .von Frankreich gehenden und von dorther kommenden Verkehr ein minimer; allein der Lokal verkehr zwischen Genf und .den französischen Grenzorten verspricht ein lebhafter zu werden, und für diesen nimmt die Differenz eine greifbare Größe an.

Nachdem wir in Vorstehendem die; springenden Punkte kurz beleuchtet, erübrigt uns noch, auf folgende Besonderheiten von untergeordneter Natur aufmerksam zu machen: Art. 6a, den Inhaber der gegenwärtigen Konzession unter gewissen Umständen zum Bau des Verbindungsstükes von les Rousses bis zur schweizerischen Grenze gegen lé Brassus verpflichtend, wurde auf den Wunsch der Regierung des Kantons Waadt aufgenommen.

Für die -Vollendung der französischen Streke sind dem Herrn Fuchez 3 und 4 Jahre eingeräumt. Wenn er nun auf der andern Seite durch, Art. 5 verpflichtet wird, schon in ziemlich kurzer Frist die Erdarbeiten zu beginnen, so wird sich ihm von selbst dits Frage aufdrängen, ob er nicht zur Bedienung des ohne Zweifel lohnenden Lokalverkehrs zwischen Genf und Gex die schweizerische Linie und einen Theil der anstoßenden französischen vor Ablauf der ihm verstatteten Frist eröffnen wolle; denn vier Jahre Bauzeit bedarf die, keine Schwierigkeiten darbietende schweizerische Streke natürlich nicht.

Da, die Fristen der Artikel 5 und 6 nicht von einem fixen Punkt an laufen, sondern das Datum der erst noch zu ertheilenden französischen Konzessionen zur Basis haben, so ist, um zu verhüten

188 daß die Schweia nicht ad infinitum gebunden sei, eine Bestimmung, wie sie die Regierung von Genf vorschlägt (Art. 28b), ganz am Plaze : daß die Konzession dahinfalle, wenn der Konzessionär nicht innerhalb bestimmter Zeit alle nöthigen staatshoheitlichen Akte von Seite Frankreichs ausgewirkt haben werde.

In dem Eingangs angedeuteten, eventuellen Sinne beantragen wir Ihnen Annahme des nachfolgenden Beschlußentwurfes, und benuzen den Anlaß, Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

Bern, 9. Oktober 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Dijon gegen Genf auf Schweizergebiet.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1) eines Gesuches des Herrn Joseph Fuchez, Jugenieur in Lyon, vom 29. Juni 1874; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 9. Oktober 1874, besehließt: Dem Herrn Joseph Fuchez, Ingenieur in Lyon, welcher zu diesem Behufe Domizil in Genf wählt, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von der Stelle des Anschlusses an die Eisenbahn der Suisse Occidentale -bei Chambésy bis an die schweizerisch-französische Grenze gegen Fernex unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. i. Es sollen die jeweiligen Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 99 Jahren ertheilt, von dem Tage an gerechnet, da die Gesellschaft im Besiz der schweizerischen und der französischen Konzessionen und der bezügliche Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossen sein wird.

190 Art. 3. Der Sia der Gesellschaft ist in Paris. Sie wird aber in Genf einen Spezialagenten haben, welcher vom Bundesrath aus zwei von der Gesellschaft vorgeschlagenen, in Genf niedergelassenen Schweizerbürgern, "welche nicht zugleich Mitglieder des Verwaltungsrathes der hier konzedirten Bahn sind, ernannt wird; zum ersten Male soll der Wahlvorschlag zugleich mit der Einreichung der Statuten erfolgen.

Die eidgenössischen und kantonalen Behörden verkehren in Allem, was die Gesellschaft betrifft, nur mit diesem Spezialagenten, dem die Gesellschaft als ihrem Vertreter in der Schweiz Generalvollmacht ertheilt.

Art, 4. Wenigstens zwei Mitglieder des Verwaltungsrathes sollen in. der Schweiz wohnende Schweizerbürger sein.

Bei der Wahl der Angestellten für das auf schweizerischem Gebiet liegende Stük wird die Gesellschaft den Schweizern den Vorzug geben.

Ait. 5, , Binnen einer Frist von 12 Monaten, von dem Tage an, wo alle Konzessionen, sowohl die schweizerische als die französischen, in Kraft, treten, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und '. finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Spätestens drei Monate nachher ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art.-6. Innerhalb 4 Jahren, von dem Tage an gerechnet, wo die Erdarbeiten au beginnen haben, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Der Inhaber dieser Konzession ist auf den Fall, daß er von der Linie Genf-Dijon aus eine Abzweigung nach les Rousses, erstellen und -daß auf Schweiz. Gebiete eine Eisenbahn -durch das Joux-Thal bis an die französische Grenze gebaut würde, verpflichtet, das Verbindungsstük von les Rousses bis an die schweizerische Grenze gegen le Brassus au bauen und zu betreiben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Trace eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Für Beschädigungen und Demolirungen im Kriege, mögen solche vom Feinde ausgehen oder im Interesse der Landesverteidigung veranlaßt werden, kann die Gesellschaft vom Bunde einen Ersaz nicht beanspruchen.

, Art. 8. Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt.

191 Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kautons Genf und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Uebcrwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Pei-sonal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche .die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigcnfalls entlassen \verden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens ·dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkte der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugcben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren. Die Normalien für das zu benuzende Wagensytem sind dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen, beiordert werden können. Auf "Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absaz 2 keine Anwendung.

192 Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen : in der ersten "Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 % niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2 1/2 Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden: .

Per Stük und per Kilometer: Für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16Rp.; ,, Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rappen.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

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Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über l Rappen, die niedrigste nicht über 5/l° Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem G-elde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt worden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet , für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Festsezung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm ; bei Waaren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm.

194 sDas

Mehrgewicht (bei Reisendengepäk und Eilgut über 25, bei Waaren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je .5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von 500 Fr. volle 500 Franken.

Ist die genaue Ziffer der, so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besizt, erfolgen.

Art: 21. Die in den Artikeln 15,17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu 'Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern1 und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil dos Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung ' des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von .Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondem Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelnheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

'-'ö* Art. 23. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen vcrhältnißmäßig herabzusezen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu deken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansäze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Sofern die Gesellschaft eine grundsäzliehe Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarif der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

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195 Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vorn Bundesrathe mit der Eontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzuug eines geeigneten Lokals zu gewähren; Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufsrechtcs des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des betheiligten Karions gelten folgende Bestimmungen : " a. Der Kiikkauf kann nach Verfluß von 15 Jahren seit dem Anfangstermin der Konzession (Art. 2} jederzeit erfolgen.

b. Durch den Rükkauf wird der Rükkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstüzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugchör in vollkommen befriedigendem Zustand dem Bunde, beziehungsweise dem Kanton Genf abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerung«- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rükkaufsumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rükkauf wird in folgender Weise bestimmt: Von den jährlichen Reinerträgnissen der sieben Jahre, welche dem Rükkaufe unmittelbar vorangehen, werden die Reinerträgnisse der zwei schwächsten Jahre abgezogen und das .Mittel der fünf übrigen Jahre genommen.

Dieser initiiere Reinertrag bildet den Betrag einer jährlichen Entschädigung, welche für jedes der bis zum Konzessionsablauf noch übrig bleibenden Jahre den Konzessionären zu zahlen ist. In keinem Falle darf der Betrag der jährlichen Entschädigung kleiner sein als der Nettoertrag des lezten der zur Berechnung herangezogenen Jahre.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehrnung mit Ausschluß aller anderen, etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' leztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechniing getragen oder einem Rescrvefond einverleibt wurden.

e. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

196 Art. 28. Hat der Kanton Genf den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Genf hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 28 a. Mit dem Ablauf der Konzessionsdauer wird der Bund ohne Entgelt Eigenthümer der Eisenbahn mit allen dazu gehörenden Immobilien sammt Pertinenzen, wie Stationen, Remisen, Werkstätten, Niederlagsgebäuden, Wärterhäuschen, Barrieren, Einfriedigungen, Drehscheiben, Wasserreservoirs, Krahnen u. s. w.

In den lezten 5 Jahren vor dem Ablauf der Konzession hat der Bund das Recht, Beschlag auf die Einnahmen der Gesellschaft zu legen, zu dem Zweke, um damit die Eisenbahn und ihre Zugehörden wieder in guten Zustand zu sezen, falls die Gesellschaft dieser Verpflichtung nicht von sich aus nachkommt.

Das zum Betriebe der Bahn nöthige bewegliche Eigenthum der Gesellschaft hat der Bund das Recht, um eine Summe an sich zu ziehen, welche in Ermanglung einer Verständigung durch das Bundesgericht bestimmt wird.

Art. 28 b. Die gegenwärtige Konzession erlischt, wenn der Konzessionär nicht binnen 18 Monaten, vom Datum derselben an, von Seite Frankreichs den acte déclaratif d'utilité publique und die Konzessionen erlangt haben wird, welche er für die Fortsezung der. Bahn von der schweizerischen Grenze über Fernex, St. Claude und Lons-le-Saulnier nach Dijon verlangt.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

197

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Abänderung der Konzession für eine Regionalbahn am Südostabhang des Jura.

(Vom 16. Oktober 1874.)

Tit. !

Durch Beschluß vom 22/23. September v. J. haben Sie den Gemeinden Me, Montricher, Mollens, Berolles, Ballens, Saubraz, Gimel, Aubonne, St. Oyens, St. Georges, Longirod, Marchissy und Gingins die Konzession ertheilt für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Croy nach Gingins und an die Grenze von Frankreich, nebst einer Abzweigung nach Aubonne-Allaman.

Gemäß Art. 5 der Konzession sind für die Streke Bière-Allaman (Bahnhof)-Gimel die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen bis zum 23. März 1875 einzureichen und ist vor dem 1. September 1875 der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung dieser Streke zu machen; für den übrigen Theil der konzedirten Linie sind obige Fristen gemäß Art. 6 der Konzession um 12 Monate länger.

Das bezügliche Comité stellt nun das Gesuch, 1) daß für die Streke Bière-Gimel-Aubonne-Allaman die eben erwähnten Fristen um 12 Monate verlängert und so den für die übrigen Theile der Bahn geltenden gleich gemacht, werden ;

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession einer Eisenbahn von Chambésy an die schweizerisch-französische Grenze gegen Fernex.

(Vom 9. Oktober 1874.)

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24.10.1874

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184-197

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10 008 355

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