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XXVI. Jahrgang. II.

Nr. 43.

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3. Oktober 1874.

Bericht des

Schweiz. Generalkonsuls in Japan (Hrn. Kaspar Brennwald von Männedorf, Zürich) über das Jahr 1873.

(Vom 19. Juni, eingegangen 5. August 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

I. Theil.

Lage im allgemeinen und Handelsgesetzgebung.

Das Jahr 1873 ist wohl eine der ruhigsten Perioden, die Japan, seit es sich den Fremden eröffnet, durchgemacht hat, und Ereignisse von irgend welchem Belang, welche für die Außenwelt ein Interesse hätten, sind gar keine zu verzeichnen.

Im Laufe des ersten halben Jahres fand eine Reihe von kleineren Revolten im Innern statt, meist von den Bauern ausgehend, deren Grund wohl hauptsächlich in dem Erlaß so vieler neuer, oft lief in die Lebensverhältnisse des Einzelnen eingreifender Gesetze, und deren allzuraschem Inkrafttretenlassen zu suchen ist. Indessen wurden diese Bewegungen von der Regierung jeweilen rasch unterdrück Im Februar contrahirte die Regierung ein neues Anleihen von £ 2,400,000 in England mit dem ausgesprochenen Zweck, ihre Verbindlichkeiten gegen ihre eigenen Unterthanen (die mediatisirten Daimios) sowohl als auch gegen die fremden Gläubiger abzutragen.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. II.

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908 Diese, sowie einige andere wichtige finanzielle Maßregeln, die im Laute des Jahres getroffen wurden, scheinen zu beweisen, daß die Regierung in Zukunft diesem Punkte größere Aufmerksamkeit schenken wird und bestrebt ist, die Ausgaben mit den Einnahmen in bessern Einklang zu bringen.

Gegen Ende September kehrte die Ambassade unter Jwakura, von der s. Z. so viel Wesens gemacht und die überall, in Amerika sowohl wie in Europa, so splendid empfangen worden war, hieher zurück, und kurze Zeit darauf wurden die hauptsächlichsten Mitglieder derselben ins Ministerium berufen und anvertraute man denselben die Leitung des Staates beinahe ausschließlich. Obschon nun anzunehmen gewesen wäre, dass ein solches Ministerium zum Mindesten eine den Fremden freundliche. Politik befolgen würde, so ist merkwürdiger Weise gerade das Gegentheil eingetroffen.

Jwakura und seine Collegen scheinen nicht Willens zu sein, den Fremden auch nur die geringste Concession zu machen, und die Beziehungen zwischen den Vertretern der fremden Mächte und den Ministern des Mikado am Ende des Jahres können nichts weniger als befriedigend genannt werden. Die Revision der Verträge, welche, schon längst hätte stattfinden sollen, ist unter diesen Umstünden bis auf Weiteres verschoben.

Die Handelsbewegung zeigt im großen Ganzen wenig Veränderung gegenüber dem Vorjahre und kann trotz einiger Vermehrung des Gesammtumsatzes nichts weniger als befriedigend genannt werden, indem bei Weitem die Mehrzahl der Unternehmungen, in Importen sowohl, wie in Exporten, schließlich nur Verlust bringende Resultate ließ, und es mag das Jahr 1873 für Viele eine Periode bitterer Erfahrungen und herber Verluste gewesen sein.

N e u e G e s e t z e , die auf den Handel mit den Fremden Bezug hätten, sind im Laufe des Jahres keine erlassen worden, indem überhaupt alle hierauf bezüglichen Neuerungen auf die oft besprochene, aber nie werden wollende Vertragsrevision hinaus verschoben werden. Unter diesem Titel mag indessen noch erwähnt werden, daß die bisher verbotene Ausfuhr von Salpeter im Anfange des Jahres freigegeben wurde.

Erzeugnisse «1er Landwirthschaft, der Bergwerke und der Industrie.

Der Ertrag sämmtlicher Ernten ist durchgehende als sehr befriedigend zu bezeichnen, und der Hauptnahrungsartikel, Reis, zeigte, sogar einen beträchtlichen Ueberschuß, so daß, zum ersten Mal seit

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Eröffnung Japans, beträchtliche Verschiffungen davon, hauptsächlich aus den südlichen Häfen, nach China und Europa stattfanden.

Mit Bezug auf die Bergwerke stehen wir immer noch auf demselben Punkt, wie früher, d. h. daß weder fremde Arbeiter noch fremdes Capital zur Betreibung derselben zugelassen werden, und es ist daher zur Stunde auch noch nicht möglich, sich eine richtige Idee von den mineralischen Reichthümern Japans zu machen. Wie exelusiv die japanische Regierung in diesem Punkte immer noch ist, zeigt der Umstand, daß sie verschiedene deutsche Mineurs, die von japanischen Minen-Eigenthümern zum Betriebe ihrer eigenen Bergwerke eugagirt worden waren, nicht einmal die betreffenden Minen besichtigen ließ, sondern sie sofort nach ihrer Ankunft aus Europa mit einer Entschädigung abfand, resp. sie wieder nach Hause schickte.

In der Industrie is; seit meinem letzten Bericht wenig Neues geschehen. Die von mir früher erwähnten, von Europäern eingerichteten Seidenspinnereien haben insofern bereits gute Früchte getragen, als das System derselben von größern und kleinern Produzenten im Innern nachgeahmt wurde.

Größere mechanische Etablissements, wie z. B. Spinnereien und Webereien, zu errichten, dazu scheinen die Japanesen weder Lnst noch Talent zu haben; ein Hauptgrund zu ihrer Apathie mag auch darin liegen, daß der Gewinn, resp. die Zinsen eines solchen Unternehmens erst niieh einiger Zeit und, im Anfang wenigstens, gewöhnlich in bescheidenem Maße sich zeigen, während der Japanese stets eine Spekulation vorziehen wird, die, wenn auch sehr riskirt, ihm die Aussicht auf baldige Rückerhalt.img des CapitaLs und möglichen hohen Gewinn läßt.

Totaleinfuhr und Totalausfuhr.

a. T o t a l e i n f u h r .

Dieselbe beläuft sich auf $ 19,535,758 und zeigt damit einen Ausfall gegenüber dem Vorjahre von $ 527,367.

Im Durchschnitt genommen kann das verflossene Jahr nicht anders als ein für alle Importeure Verlust bringendes genannt werden. Gegen den Schluß von 1872 machte sich eine bedeutende Zunahme im Consum verschiedener Artikel bemerkbar, hauptsächlich in halbwollener Waare, welche damals meist leicht verkäuflich war und hübschen Profit ließ. In der Annahme, daß dieses Nachfrage anhalten und sich wo möglich noch vermehren werde, wurden bedeutende Aufträge nach Hause geschickt, und als die Waare.

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dann ankam, so erwies es sich, daß der Bedarf bei Weitem nicht so groß war, und es liegt die Mehrzahl der Güter noch jetist den Importeurs unverkauft da.

Der Import von Baumwollenwaareu aller Art zeigt gegenüber dem Vorjahre einen Ausfall von £ 1,460,742, welcher Manco sich ausschließlich auf dem Artikel Baumwollengarn ergibt, indem die kolossalen Zufuhren vom vorigen Jahre solche Verluste gelassen hatten, daß die Kaufleute es für gerathener hielten, ihre Bezüge etwas mehr mit den wirklichen Bedürfnissen des Marktes in Einklang zu bringen.

Die Einfuhr von Woüenwaaren hat um $ 1,928,274 d. h. um über 40 °/'o, abgenommen ; trotzdem sind die, Vorräthe am Ende des Jahres noch viel größer denn je. Man hatte eben die Consumkraft des Landes bei Weitem überschätzt; auch hat die Sucht der Japanesen, sich nach europäischer Weise zu kleiden, nicht nur nicht /.u-, sondern im Gegentheil abgenommen.

Die übrigen Artikel, wie halbwollene Waare, Metalle, Waffen etc., zeigen sämmtlich eine, wenn auch nicht bedeutende, Zunahme, bieten indeß keinen Anlaß zu besondern Bemerkungen.

Die ungemeiu scharfe Concurrenz auf dem Platze, die Facilitäten, welche die Banken hier und zu Hause bieten, und der Mangel an genügenden Absatzplätzen, um die stets wachsende Produktion Europas an Manufakturen zu absorbiren, alles dies vereinigt sich, um den Importhandel nicht nutzbringend werden zu lassen, und es ist der gegenwärtige Znstand desselben auf diesem Platze nichts weniger als befriedigend.

b. T o t a l a u s f u h r .

Diese betrug 1873 $ 15,095,218 1872 ,, 14,044,811 und hat s'di also im vorigen Jahr um $ 1,050,407 vermehrt.

lu Seide beläuft sich der Export von 1873 auf 11,869 Piculs im Werthi- von § 7,050,656 gegen 10,252 ,, ,, ,, ,, ,, 7,158.500 im Jahr 1872. Das Geschäft in diesem Artikel kann nicht anders als höchst unbefriedigend und verlustbringend für den Exporteur genannt werden, und es dürften, mit Ausnahme der Verschiffungen von neuer Seide im August und September, wohl wenige Sendungen Nutzen gelassen haben ; denn die Märkte in Europa verfolgten beinahe durchgehends eine fallende Tendenz, und es herrschte überhaupt im Seidengeschäft überall eine noch nie dagewesene Depression.

911 Von Seidenwurm-Eieru wurden exportirt im Jahr 1873 1,409,537 Cartons, Werth^ 3,032,360 ,, ,, 1872 1,280,525 ,, ,, ,, 1,920,787 Die Regierung hatte von Anfang an die Anzahl der zum Export kommenden Cartons limitirt (auf ca. 1,300,000 Cartons) und es war daher der Jtfarkt diesmal weniger den Fluetuationen früherer Jahre unterworfen.

Thee zeigt einen Totalexport von 11,339,466 S im Werthe von $ 3,339,941 gegen 11,663,333 tt im Werthe von $ 3,061,625 im Vorjahre. -- Dieser Artikel geht beinahe ausschließlich nach Amerika.

Von andern Export-Artikeln ist allenfalls noch Tabak zu erwähnen, welchem in letzter Zeit auch auf diesem Platze mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es wurden verschifft 1873 8071 Piculs im Werthe von $ 60,840 1872 2821 ,, .n ,, ,, ., 22,568

Einfuhr und Ausfuhr von und nach der Schweiz.

a. E i n f u h r aus der S c h w e i z .

Es wäre schwierig oder vielmehr unmöglich, unter dieser Rubrik ·zuverlässige Angaben zu machen, indem die Zoll-Tabellen nur den Verschiffungshafen als Provenienz augeben, so daß die Schweiz in denselben gar nicht flgurirt.

Der einzige Artikel von einigem Belang, welcher wirklich schweizerischen Ursprungs genannt werden kann, sind Taffa-Chelassen.

Von diesen wurden im verflossenen Jahr 65,855 Stück an deu Consum abgegeben, was gegen das Vorjahr eine Verminderung von 1394 Stück ergibt. Nach andern japanischen Häfen wurden ferner 10,900 Stück exportirt. Die Preise zeigen wenig Veränderung gegen früher ; es wurden nämlich bezahlt, $ 2. 10 -- $ 2. 40 für einfache Waave ,, 2. 60 -- ,, 2. 95 ,, doppelte ,, In türkischrothen Tüchern (unis) zeigt der Consum eine Zunahme von ca. 8000 Stück gegenüber dem vorhergehenden Jahre, indem im Jahr 1873 47,208 Stück gegen 39,043 Stück im Jahr 1872 abgeliefert wurden. In frühern Jahren spielte schweizerisches Fabrikat unter dieser Rubrik eine bedeutende Rolle; heutzutage ist dasselbe aber beinahe ganz von der schottischen Waare aus dem Markte verdrängt worden. Schwere Waare, wie sie vorzugsweise die Schweiz fabrizirt, wird überhaupt nur wenig consumirt; die

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Japanesen verlangen eine Waare, die nicht mehr als per Stück wiegt und von grellrother Farbe ist.

2 à ff 21/2

Bedruckte Turkey reds, die früher ebenfalls in großen Quantitäten importirt wurden, sind heutzutage nur noch in kleinen Posten und meist mit Verlust verkäuflich.

Für Uhren geben die Zoll-Tabellen einen Import von 7287 Stück im Werthe von ,$ 82,758 au; doch dürfte ein bedeutender Theil davon englischen und amerikanischen Ursprungs Nein.

b. A u s f u h r n a c h d e r S c h w e i z .

Auch darüber sind keine bestimmten Angaben möglich, da beim Zollamte nur der Ausschiffungshafen, nicht aber der Bestimmungsort der Waare deklarirt wird. Die hauptsächlichsten Artikel, die nach der Schweiz exportirt werden, sind Rohseide, Seiden-Abfalle und Seidenwurm-Eier.

Die Verkehrswege mit Europa und Amerika sind noch ganz dieselben, wie in den frühern Berichten erwähnt.

Telegraphische Depeschen, nach Europa können nun zwar direkt in Jokohama aufgegeben werden ; indessen arbeitet die Linie von hier nach Nagasaki immer hoch sehr unbefriedigend und ist alle Augenblicke unterbrochen.

Die Eisenbahn von hier nach Yedo ist in regelmäßigem Betrieb und arbeitet zur allgemeinen Zufriedenheit.

Banken. ; Von fremden Hanken existiren noch dieselben, wie früher erwähnt.

Verschiedene japanische Banken wurden im Laufe des Jahres gegründet;.indessen ist es nicht möglich, irgend etwas Zuverlässiges über deren innere Einrichtungzu erfahren.

Zins und Discontofuss geben keinen Anlaß zu besondern Bemerkungen.

In Folge der Silberabundanz hielten sich die Curse durchgehende auf einer sehr niedrigen Stufe.

913

II. Theil.

Einwanderung.

Es wurden im Laufe des Jahres 3 Neuangekommene eingetragen, und es beträgt die Zahl der in Yokohama und Ycdo wohnenden und beim Konsulat registrirten Schweizer gegenwärtig 30, wovon 10 Hauseigenthümer sind. Von Todesfällen wurde l registrirt.

Schweizergesellschaften.

Deren besteht nur. eine, die Société Suisse de Tir, die bestens florirt und sich durch ihre alljährlichen öffentlichen Preisschießen auszeichnet.

Zusammenstellung der Importe und Exporte von Yokohama für die Jahre 1872 und 1873.

a. I m p o r t e .

, Baumwollwaaren Wollenwaaren Halbwollene Waaren Waffen und Munition Metalle Diversi

·

·

Wertlv 1873.

$ 6,913,961 ,, 2,725,917 ,, 2,425,867 ,, 210,408 ,, 570,145 ,, 6,689,460

1872. .

$ 8,374,703 ,, 4,654,191 ,, 1,237,166 83,617 ,, 318,974 ,, 5,394,474

Total $ 19,535,758

$ 20,063,125

b. E x p o r t e .

Rohsefde ' Seidenwurmeier Thee Kupfer Diversi

fl

'" f 7,050,656 \, 3,032,360 ^ 3,339.941 206,955 ,, 1,465,306

Total $ .15,095,2^8

- ·,-··.

;

,

. .

$' 7,178,500 1,920,787 ,, 3,061,625 ,, 443,378 ,, 1,440,521 $ 14,044,811

914 Bewegung im Hafen von Yokohama in den Jahren 1872 und 1873.

Anzahl der Schiffe.

1873 1872 350 321 360 317

Tonnengehalt.

1873 1872 Einklarirt 427,694 396,605 Ausklarirt 436,498 395,550 Total Zolleinnahmen des Zollamtes von Yokohama im Jahr 1873 $ 1,189,047.

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Bericht des

Schweiz. Generalkonsulats in Batavi (ad intérim verwaltet durch Hrn. Eduard Erb) über das Jahr 1873.

(Datirt 30. Juni, eingegangen 11. August 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Lage im Allgemeinen und Handelsgesetzgebung.

Das Jahr 1873 war für unsere Colonie ein ziemlich günstiges, Die Ernten der verschiedenen Produkte, obschon sie durchschnittlich nur mittelmäßig ausfielen, ergaben doch durch die hohen Preise, welche für die Hauptprodukte bezahlt wurden, sehr schöne Resultate.

Die Folge davon war, daß die landwirtschaftlichen Unternehmungen, welche vor einigen Jahren so stark im Preise gesunken waren, nach und nach wieder mit höhern Preisen bezahlt wurden. Die Reisernte war ziemlieh günstig; doch vermochte sie nicht, die Reispreise auf den Normalpunkt herunter zu bringen, und es muß noch jetzt das Hauptnahrungsmittel der Inländer ziemlich theuer bezahlt werden, was immer einen schädlichen Einfluß auf das Import-Geschäft ausübt.

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Bericht des schweiz. Generalkonsuls in Japan (Hrn. Kaspar Brennwald von Männedorf, Zürich) über das Jahr 1873. (Vom 19. Juni, eingegangen 5. August 1874.)

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1874

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03.10.1874

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