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Bericht des

schweizerischen Generalkonsuls in Toscana (Hrn. P. N.

Fehr-Schmöle, von St. Gallen) über das Jahr 1873.

(Vom 5. Mai 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Lage im Allgemeinen und Handelsgesezgebung.

Das verflossene Jahr war leider für Toscana, ja ziemlich allgemein für Italien, ein ungünstiges, da karge Ernten, vereint mit dem Steigen des Gold-Agios, alle Lebensmittel bedeutend vertheuerten, während Handel und Industrie, wegen ,der allgemeinen finanziellen Krisis, keinen Ersatz dafür boten, wie aus dem Nachstehenden zu ersehen sein wird. Auch war man wiederholt dafür besorgt, der arbeitenden Klasse Erleichterung zu verschaffen.

Obgleich Florenz als klassische Stadt und Sitz der Künste und Wissenschaften sich ohne Nachlaß seines bedeutenden Fremdenverkehrs erfreute, so hatte es doch von der allgemeinen unbefriedigenden Geschäftslage mehr zu leiden als Livorno, wovon die Schuld theilweise an der steten Zunahme des Börsenspieles liegen mag, das zwar in Livorno auch nicht fehlte, jedoch mäßig betrieben wurde, weßhalb man da auch die, auf mehreren italienischen Plätzen und besonders in dem doch so reichen Genua anno 1873 mehrmals aufgetretene und weitverzweigte und tief-

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greifende Geldkrisis weniger empfand. Ueberhaupt wahrte Livorno sowohl im Waaren- als in dem stets zunehmenden Fonds- und Bank-Verkehre auch in diesem Jahre seinen guten Ruf.

Immerhin blieb der Waarenumsatz in Folge der allgemeinen Handelskrisis hinter demjenigen des vorhergehenden Jahres leider zurück. Nach der Aufnahme der Handelskammer aus den Mauthregistern belief sich nämlich im Jahre 1873 auf dem See- und Landwege d i e Einfuhr a u f . . . .

L . 85,705,225 dies zeigt eine Verminderung gegen 1872 von .

,, 11,190,895 und eine Vermehrung ,, 1871 ,, .

,, 5,423,370 ,, 1870 ,, .

,, 14,201,381 die Ausfuhr auf ,, 62,123,741 was eine Verminderung gegen 1872 von .

.

l 255,517 ,, 1871 ,, .

.

,, 15,946,195 und eine Vermehrung ,, 1870 ,!, .

,, 1,091,533 aufweist. Und wenn auch diese Angaben in sofern nicht genau sind, als sie nach den offiziellen Werthangaben der Mauth gemacht wurden, die im Durchschnitte weit niedriger sind, als der wirkliche Werth der Artikel, so bleibt doch das Verhältniß zu berücksichtigen.

Wie früher bereits erwähnt, kümmert sich die Zollbehörde wegen der tractatmäßig gleichen Taxirung wenig oder gar nicht darum, ob die Waaren aus der Schweiz, aus Deutschland oder aus Frankreich kommen, und da Empfänger von gewissen Artikeln, wie Sammet, Seidenwaaren etc. etc. diejenigen der Schweiz für französische Fabrikate auszugeben suchen, während die Uhren und Bijouterie-Waaren von den Reisenden meistens gleich beim Ueberschreiten der Grenze verzollt werden, was, Kostenersparniß wegen, auch bei Käsen und andern Artikeln geschieht, so bieten die Angaben der Mauth durchaus keinen richtigen Anhaltspunkt über die wirkliche Höhe des Imports aus der Schweiz. Nichtsdestoweniger lasse ich hier auch diesmal einige folgen, nämlich : Käse Kilos 18,494 · Baumwollengewebe .

.

.

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., 64,003 Baumwollengarn ,, 18,077 Flachs u n d Hanfgewebe .

.

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.

,, 2,407 Wollengewebe .

.

nach Werth von L.

5,165 ,, .

.

andere nach .

Kilos 400 Gallons u n d Band .

.

.

.

.

., 1,425 Maschinerien und mechanische Arbeiten .

.', 11,048 Uhren Stück 1,06« Gold- und Silberarbeiten im Werthe von .

L.

3.350

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Die Bewegung der Schifffahrt blieb so ziemlich derjenigen des vorhergehenden Jahres gleich. Die Schiffszahl war etwas größer, deren Tonnengehalt und Bemannung jedoch geringer, sowie auch die Zahl der Dampfer, und zwar wegen des Auftretens der Cholera in Italien. Livorno blieb glücklicherweise gänzlich verschont^, aber mehrere Dampfbootlin,ien stellten, wegen der Quarantainc-Schwierigkeiten, ihre sonst ganz regelmäßigen Fahrten während
6356 Schiffe 983,285 Tonnen 76,775 Bemannung 1872.

6048 ,, 1,018,069 ,, 79,150 ,, 1871.

5689 ,, 986,987 ,, 75,101 ,, 1870.

5634 ,, 942,129 ,, 74,963 ,, 1869.

5930 ,, 917,000 ,, 73,953 ,, ein- und ausgelaufen In der Handelsgesetzgebung brachte uns auch das verflossene Jahr nichts von Erheblichkeit; es wird immer noch an der Abfassung des neuen Handelsgesetzes gearbeitet.

Die schon längst beschlossene Erbauung von Petroleumlagern außerhalb der Stadt und eines Docks zur Mauthniederlage war man eben im Begriffe, thätlich an die Hand zu nehmen, als die heftige Opposition der Handelskammer in Genua gegen die Ausführung der gesetzlich schon lange verordneten Aufhebung des dortigen Porto franco auch die hiesigen Behörden stutzen machte.

Man will nun erst abwarten, was dort gethan werden wird, um zu trachten, statt der bewilligten Mauthniederlage einen für den Handel weit bequemeren Porto franco gleich dem von Genua zu erlangen.

Erzeugnisse der Ijandvvirthschaft, der Bergwerke und der Industrie.

Die Waizen-Ernte in Italien und ganz besonders in Toscana blieb noch hinter der. eher, schwachen von 1872 zurück, was hohe und für die arbeitende Klasse sehr drückende Preise zur Folge hatte, von L. 33 bis 45 per 100 Kilos für weichen Waizen zur Brodbäckerei und von L. 29 bis 48 für den harten zu Zwieback etc.

In Bohnen und anderen Hülsenfrüchten, sowie in Mais war die Ernte der Trockenheit wegen ebenfalls sehr klein, und es wurden für letzteren L. 18 bis 30 per 100 Kilos bezahlt.

Der Vorrath von fremdem Waizen in Livorno betrug zu Ende des Jahres 1873 bloß circa 150,000 Hectolitres.

Die Aussichten für die nächstkünftige Ernte von Waizen sind bis jetzt liier sehr günstig.

Die Seiden-Ernte in Toscana war karg in Quantität, selbst unter der von 1872, jedoch gut in Qualität und holte etwas bessere Preise, von L. 105 bü 110 per l Kilo für guie Sorten Rohseide, die auch rasch beinahe vergriffen wurden. Beim Jahresschlüsse blieben nur wenige Posten geringerer Waare zu L. 95 bis 98. Die Zufuhren in auswärtiger Beide waren unbedeutend.

Nachdem im Winter 1872,73 die sehr viel versprechende Ernte fier Oliven-Speise-Oele, eines der reichsten Produkte des Landes, durch die anhaltend ungünstige Witterung auf etwa die Hälfte einer vollen Ernte reducirt worden war, zeigte sich für 1873/74 nur wenig Frucht auf den Bäumen. Dies Wenige wurde zudem durch den Wurm und durch anhaltend nasse Witterung im Herbste zum grollen Titeile abermals verdorben, so daß einige wenige Distrikte kaum ein Viertel, die meisten jedoch nur 1/10 bis 1/20 einer vollen Erato hatten.

Der jetzige Stand der Olivenbäume berechtigt zu den schönsten Hoffnungen für das Oelergebniss dernächstkünftigenu Ernte; doch sind d i e Oliven b i s z u ihrerEinsammlungg i m Winter Die Wein-Ernte, schon frühe zu Befürchtungen über den ErO trag Raum gebend, fiel im Allgemeinen wirklich sehr schlecht aus, wc.il die Reben, wie man glaubt, durch auf Nässe rasch folgende spute Fröste gelitten hatten. Das Ergebniß war nur etwa, ein Drittel des vorjährigen Ertrages, während Qualität sehr verschieden ausfiel, mitunter gut. Etwas Ersatz leisteten die Preise, welche je nach den Gegenden ein und ein halb bis drei Mal so hoch waren als die vorjährigen.

.1 O Die für 1872 berichtete Thatsache des sehr guten Erfolgs der Viehzucht kann ich auch für da-> verflossene Jahr bestätigen. Die Ausfuhr von Hornvieh und .Schweinen, hauptsächlich nach Frankreich, konnte zwar nicht ganz die Höhe von 1872 erreichen, weil das Vieh auch hier nu Zahl abgenommen hatte, blieb aber nicht weit hinter derselben zurück, und zwar zu immer steigenden Preis,en, bis im Spätherbst etwas Stille und ein leichter Rückgang eintrat. Auch war man, in Folge, der erzielten guten Resultate, in diesem Jahre allgemein auf die Wiedervermehrung des Viehstandes bedacht welche bis!:.er etwas vernachlässigt wurde.

Die Erzeugung von Borsäure lieferte mich ausgezeichnete Erfolge: indessen hat man nun nach in Californien ein ähnliches Produkt entdeckt.
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Marmor erfreute sich des gewöhnlichen, wenn auch nicht wesentlich zunehmenden Exportes, weil Frankreich mit den Bezügen immer noch etwas zurückhält.

Der Betrieb der verschiedenen Bergwerke fristete im Allgemeinen eine kümmerliche Existenz, außer den Eisenerz-Gruben der Insel Elba. Von diesem Eisenerze wurden zu immer steigenden Preisen sehr starke Posten für Frankreich und England genommen.

Die früher angeregte Verpachtung genannter Gruben aber, nebst Hochöfen etc., ist bis jetzt noch nicht erfolgt.

Masson's Eisen- und Walz-Werke in Colle bei Siena (durch Livornesen gegründet) besitzen jetzt, auch eigene Hochöfen und verarbeiten mithin nun Elba-Erz bis zu den feinsten Eisenarbeiten; dabei sind die Ergebnisse noch glänzender als im vorigen Jahre, O o O und es ist die Direktion des Etablissements zur Umgehung der Schwierigkeiten, welche die Gesetze Italiens den anonymen Gesellschaften auferlegen, soeben beschäftigt, unter Verdoppelung des Kapitals auf L. 1,200,000 eine Commandite zu gründen.

Die Schmelzöfen Perseveranza in Piombino für gehärtetes Eisen zu Panzerschiffen und Kriegsprojectilen geben dagegen wenig Genugthuung; sie arbeiten beinahe ausschließlich für die Regierung und haben mit fortwährenden finanziellen Bedrängnissen zu kämpfen.

Orlando's Schiffswerfte und Drydock in hier, wenn auch nicht gerade stark beschäftigt, waren doch das ganze Jahr hindurch in der Lage, einer bedeutenden Anzahl von Arbeitern Verdienst zu geben, was um so mehr willkommen war, als bei der Theuerung mancher andere Erwerbszweig daniederlag.

Uebrigens feierte dieses Etablissement einen nicht geringen Triumph, als es am 22. Februar 1874 einen großen eisernen Dampfer von 2000 Tonnen Register-Gehalt und circa 3000 Tonnen Tragfähigkeit glücklich vom Stapel ließ, das erste Schiff dieser Art und Größe, welches in Livorno, ja selbst in Italien, bisher erbaut wurde, und dem gleich anderen auch noch- größere folgen sollen.

Das Fest des Stapellaufes wurde unter ungeheurem Volkszudrange in Gegenwart des Marine- und des Handels-Ministers, sowie einiger anderer höherer Persönlichkeiten, die dasselbe durch passende Reden verschönerten, gefeiert, unter Hervorhebung des Verdienstes der Herren Gebrüder Orlando, Livorno's Rang in der Baukunst hölzerner Schiffe nun auch auf die der eisernen ausgedehnt zu haben.

Die in Livorno gegründete Aktien-Gesellschaft, zur Erzeugung von Soda, Chlorkalk etc. aus dem Meerwasser, in Orbetello, beginnt anscheinend wieder etwas aufzuleben.

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Die früher sehr bedeutende Corallenfabrikation konnte sich auch in diesem Jahre, wegen der Seltenheit und der sehr hohen Preise des Rohstoffes noch nichtwieder heben.

Die inländische Wollfabrikation, besonders die BaumwollWeberei mit Färberei und Druckerei, gewinnt mit jedem Jahre »n Ausdehnung, die fremde Concurrenz beeinträchtigend, für einige Artikel dieselben sogar ganz verdrängend.

Ein- und Ausfuhr im Allgemeinen und in Betreff der Schweiz.

Im Ganzen genommen hat der Verschleiß der verschiedenen Schweizar-Baumwollfabrikate, wie Schirmstoffe, Sarsinets und anderes Futterzeug, Cattunen, Religieuses, rohe Tücher, geringe weiße und Madras Mouchoirs, bedruckte Indiennes etc., auch im verflossenen Jahre wieder merklich abgenommen. Diese Abnahme darf nun allerdings theilweise dem sehr hohen Gold- und SilberAgio zugeschrieben werden, welches das Geschäft im ganzen Jahre sehr erschwerte; hauptsächlich ist sie aber auch eine Folge der Zunahme der Nationalindustrie, welche die obigen Artikel schon jetzt ersetzt und nach und nach ganz verdrängen dürfte.

Mit den halb und ganz wollenen, sowie halb und ganz leinenen Geweben verhält es sieh ziemlich ebenso, und es besteht nur noch in den feineren Sorten ein beschränkter Absatz, während in den geringeren Qualitäten beinahe nur das inländische Fabrikat verbraucht wird.

In den bedrukten Glarner Mouchoirs und Kopftüchern sowohl, als in den türkisch rothen Mouchoirs und Tüchern, Indiennes, Lapis und Zweiblau herrschte ebenfalls nur ein unregelmäßiger gedrückter Verschleiß, was sich auch von den St. Galler und Appenzeller Artikeln, wie glatte und brochirte Mousselines, Vorhänge. Jaconets, gestickte Moachoirs, Chemisettes, Damenkleider etc.

sagen läßt.

Von den schweizerischen Elastiques für Schuhwerk, seidenen und baumwollenen Bändern hingegen ist der Verbrauch und das regelmäßige Geschäft so ziemlich gleich geblieben.

Von Baumwollgarnen wurde Einiges aus der Schweiz bezogen und fand Anklang; dieselben stellen sich jedoch ziemlich theuer.

Die Einschlagsgarne werden in erheblichen Quantitäten in Hauen gesponnen, die guten Zettelgarne dagegen größtenteils aus England bezogen, und mit diesen sollte das Schweizerfabrikat doch concurriren können.

Während die Basler und Schöuemvertber Bänder von Seide und Baumwolle wie früher gesucht blieben und sich ihrer guten Qualität wegen eines guten- Absatzes erfreuten, fand man unsere Seidensammete im Verhältnisse zu früheren Jahren geringer und gelangten diejenigen von Deutschland h: Vorzug. Auch von Seidenstoffen für Damen wurde wenig abgesetzt, und es stockte selbst der früher regelmäßige Verschleiß von seidenen Schirmstoffen, weil der Markt mit defekter Waare aus der Lombardei und mit Dispositionsgut aus Deutschland und Frankreich überführt war, die zu billigen Preisen verschleudert wurden.

Obwohl für Uhren die Schweiz sich unverändert des ersten Rangs erfreute, so waren doch im verflossenen Jahre die Geschäfte darin, sowie auch in Goldarbeiten, kleiner als in den vorhergehenden, und zwar in Folge des allzusehr vertheuernden, hohen Standes unserer fremden Wechselkurse und unseres Gold-Agios, während bei Goldarbeiten auch die Concurrenz der italienischen Fabriken hinzutritt. Die Einfuhr der Genfer Goldarbeiten beschränkte sich, so zu sagen, auf den feinen Schmuck für Damen und Ketten für Männer, obgleich in letzteren auch Manches von Deutschland bezogen wurde, während die gangbarsten leichten und gepreßten Arbeiten, Stampaggio genannt, beinahe ausschließlich von OberItalien kommen.

Unsere Käse fanden einen regelmäßigen, gewiß nicht unbedeutenden Absatz, und zwar auch Milchzucker mehrmals begehrt, während der Verschleiß der Produkte der schweizerischen Gerberei in dieser Gegend vernachläßigt wurde.

Eisenbahnen und Verkehrswege.

Das Jahr 1873 brachte uns in dieser Beziehung wenig Neues.

Die Eröffnung der Linie Spezia-Sestri di Levante, direkte Verbindung zwischen liom-Livorno-Genua-Nizza, welche vor Ende des Jahres stattfinden sollte, wurde abermals verspätet, indem ein in ungünstigem Boden gebohrter Tunnel einstürzte und man Umgehung desselben mittelst einer Seitenlinie beschlossen hat, welche kaum vor Ende 1874 fertig werden wird.

In Betreff der römischen Bahnen wurde der Rückkauf derselben zwischen der Gesellschaft und der Regierung zwar abgeschlossen, sowie auch nach langen Unterhandlungen deren Betriebs-Uebergabe an die Gesellschaft der Meridional-Bahnen vollzogen, indessen der vielen dringenden Geschäfte wegen die Sache noch nicht vor die Kammern gebracht, was jedoch in nächster Zeit geschehen soll.

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Man rechnet auf Ratifikation und sieht die Angelegenheit für sehr dringend an, weil die durch Minister und Deputirte so häufig befahrenen römischen Bahnen, die einzigen, die in die Hauptstadt münden, alle in einem sehr schlechten, oft Verspätungen und Gefahren verursachenden Zustande sind.

Die früher angeführte Verbindungsbahn von Pisa nach ColleSalvetti, bei Umgehung Livorno's eine ganz unbedeutende Verkürzung der früheren Linie Florenz-Pisa-Livorno und dem Meere entlang nach Rom darbietend, wurde am 1. April 1874 eröffnet.

Livorno's Gemeinderath ist noch immer, jedoch etwas zu saumselig mit Auftreibung der Mittel beschäftigt zur Ausführung der schon fertigen Pläne zu einer neuen Linie von Viareggio-LivornoCecina, immer längs des Meeres, welche ohne Berührung Pisas die Hauptader Nizza-Genua-Livorno-Rom noch um Etwas verkürzen würde.

Die dritte Linie Livorno-Rom über Empoli-Siena-Orvieto-Orte wurde am 10. März 1874 mit der Strecke Orvieto-Orte vollendet.

Banken, Zins- und Disconto-Fuss.

Die italienische Nationalbank, mit 200 Millionen Lire Kapital, wovon in Folge zweier kleiner Einforderungen anno 1878 und einer solchen Anfangs 1874 nur 75% oder 150 Millionen einbezahlt sind, leistete im ganzen Jahre dem Handel bedeutende Dienste.

Deren Filiale in Livorno erfreute sich eines stets zunehmenden Wirkens, bis in Folge der dringenderen Bedürfnisse in Genua und ganz Ober-Italien wegen Verminderung der Kapital-Anweisung im ganzen zweiten Semester und besonders gegen Ende des Jahres die Disconto-Annahme und die Vorschüsse auf Wertpapiere häufig vermindert, letztere zeitweise selbst ganz aufgehoben wurden.

Während man die Regierung beschuldigte, diese Bank bisher zu sehr bevorzugt zu haben, wird dieselbe durch das nun angenommene ministerielle Projekt zur Regelung des Geld- und Papierverkehrs den anderen Banken gegenüber eher benachtheiligt. Ihre Aktien, von L. 1000 Nominalwerth, standen Anfangs Januar 1873 auf L. 2700, fielen successive bis Mai auf L. 2400, schwankten im Juni zwischen L. 2270 und L. 2300 und wichen im Juli bis auf L. 2070 nachgehends bis Ende Dezember zwischen L. 2050 und L. 2200 fluctuirend. Die Dividende war weit kleiner als bisher, nämlich bloß L. 100 per Actie, was zwar schön ist im Verhältnisse zu dem einbezahlten Kapital, nicht aber zu dem gegenwärtigen Werthe.

600 Die toscanische Nationalbank hat noch immer nur 30,000 Action im Nominalwerthe von 30 Millionen Lire (wovon 21 Millionen einbezahlt) in Circulation, und zahlte pro 1873 eine Dividende von L. 90 per Actie von L, 1000 Nominalwerth. Letztere standen im Januar, Februar und März auf L. 1800, im April und Mai auf circa L. 1700 und schwankten bis Ende Dezember zwischen L. 1500 und L. 1630.

Sehr stark operirte, besonders in Wechseln auf das Ausland, die am 15. Mai 1873 eröffnete Banca di Livorno. Sie sieht einer Zukunft entgegen, konnte aber für die ersten 7 1/2 Monate keine Dividende, sondern nur die Zinsen à 5% geben, was in Rücksicht darauf, daß sie auch in Fonds arbeitete, welche vielen Banken durch die vorjährige Krisis herbe Verluste verursachten, immerhin beruhigend ist.

Bei der italienischen sowohl, als bei der toscanischen Nationalbank war der Wechsel-Disconto das ganze Jahr hindurch 5 °/o, der Zins für Vorschüsse auf Werthpapiere und Seide vom Januar bis Ende April 5 %, vom Mai bis Ende Dezember 6 %. Mit wenigen Ausnahmen war das Geld bei Privaten immer um eine Kleinigkeit billiger.

Das Gold-Agio stand im Januar und Februar auf 11 °/o -- 12°/o, stieg successive bis Ende April auf l 71/2 °/o, im Mai und Juni auf 12,70%o zurückfallend, jedoch vom Juli bis Ende Dezember wieder auf 17 °/o steigend, und ist heute (15. April) auf 14 °/o.

Für Silber machte man selten über 1/4 °/o weniger.

Versicherungen.

Neue Livorneser Institute wurden keine errichtet, und es werden, auch die Versicherungen größtentheils durch die vielen Agenturen auswärtiger Versicherungsgesellschaften besorgt. Von schweizerischen sind hier thätig: Schweizer Lloyd von Winterthur, Baloise von Basel, Neuchâteloise von Neuchatel, Schweiz von Zürich.

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S chweizer-Gesellschaften.

Die schweizerische Wohlthätigkeitsgesellschaft in Livorno unterstützte 91 Landsleute mit Fr. 1181.

In Florenz hat ein Privat-Hilfsverein die Sorge der Unterstützung armer Landsleute, welche bisher das Consistorium der dortigen evangelischen Kirche trug, übernommen.

Livorno's Schweizerverein zur Förderung geselligen Verkehres hat 80 Mitglieder, worunter 35 Schweizer, 36 Deutsche, 3 Holländer, 2 Italiener, 2 Engländer, l Oesterreicher und l Däne.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. II.

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Bericht des

Schweiz. Konsuls in Montevideo (Hrn. Konrad Menet, von Gais) für das Jahr 1873.

(Vom 9. Juni 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Handel und Landwirthschaft.

Unser Handel hat irn Laufe des letzten Jahres wesentlich gelitten und hauptsächlich der Import. Durch enorme Agglomeration von Waaren jeglicher Art haben dieselben sehr an Werth verloren, und es mußten große Opfer jeder Art gebracht werden. Die natürliche Folge davon, Fallimente mehrerer Häuser und forcirte Liquidation anderer, blieben nicht aus, so daß M'ir uns heute in einer Art Krisis befinden, die übrigens einem baldigen Ende entgegen zu gehen scheint. Der Import hat ganz wesentlich abgenommen, und es kann heute die Lage für gesunder und besser erklärt werden, als vor einigen Monaten, indem die verschiedenen Branchen des Exports, die durchschnittlich an Werth zugenommen, die finanzielle Lage des Landes verbessert haben.

Statistik jeder Art fehlt uns zur Zeit, und es läßt sich nur im Allgemeinen urtheilen. Unläugbar ist, daß die Agricultur immer

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Bericht des schweizerischen Generalkonsuls in Toscana (Hrn. P. N. Fehr-Schmöle, von St.

Gallen) über das Jahr 1873. (Vom 5. Mai 1874.)

In

Bundesblatt

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Jahr

1874

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

34

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.08.1874

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592-602

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