16.065 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (EL-Reform) vom 16. September 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2000

P

97.3068

Wohneigentumsförderung für Invalide (N 4.3.99, Borel; S 15.3.00)

2013

P

13.3548

Auswirkung des gesellschaftlichen Wandels auf die Pensionskassen (N 27.9.13, CVP-Fraktion)

2014

P

14.3629

Pensionskassengeld verschwenden und dann Ergänzungsleistungen beziehen? Dieser Fehlanreiz muss abgeschafft werden! (N 26.9.14, Grossen)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. September 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-1231

7465

Übersicht Die vorliegende Revision bezweckt die Optimierung des bestehenden EL-Systems.

Insbesondere sollen damit die Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge verbessert sowie unerwünschte Schwelleneffekte reduziert werden. Um eine Leistungsverschiebung in die Sozialhilfe und damit eine finanzielle Mehrbelastung der Kantone zu verhindern, soll das EL-Niveau mit der vorliegenden Reform grundsätzlich erhalten bleiben.

Ausgangslage Am 20. November 2013 hat der Bundesrat den Bericht «Ergänzungsleistungen zur AHV/IV: Kostenentwicklung und Reformbedarf» verabschiedet, der in verschiedenen Bereichen des EL-Systems Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt. Basierend auf diesem Bericht hat der Bundesrat die vorliegende Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur AHV/IV ausgearbeitet.

Inhalt der Vorlage Mit der EL-Reform sollen die Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge verbessert und unerwünschte Schwelleneffekte reduziert werden. Zur Erreichung dieser Ziele sollen die folgenden Massnahmen umgesetzt werden: ­

Bewahrung des Kapitals der obligatorischen beruflichen Vorsorge Personen, die im Rentenalter eine ungekürzte Rente der AHV und der beruflichen Vorsorge beziehen können, sind ­ zumindest, solange sie nicht in einem Heim leben ­ in der Regel nicht auf EL angewiesen. Die Leistungen der beruflichen Vorsorge sollen deshalb möglichst in Rentenform bezogen werden. Aus diesem Grund soll der Kapitalbezug des Altersguthabens im Vorsorgefall für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge ausgeschlossen werden. Im Rahmen der obligatorischen beruflichen Vorsorge ebenfalls ausgeschlossen werden soll der Vorbezug des Freizügigkeitsguthabens bei der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.

­

Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung Die EL sollen gezielt jenen Personen zugute kommen, welche ohne diese Unterstützung unter dem Existenzminimum leben würden. Die vorliegende Reform sieht deshalb vor, dass das Vermögen der jeweiligen Personen bei der EL-Berechnung stärker berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck sollen unter anderem die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen entsprechend angepasst werden. Für alleinstehende Personen ist eine Senkung von 37 500 auf 30 000 Franken und für Ehepaare von 60 000 auf 50 000 Franken vorgesehen. Die Freibeträge auf selbstbewohnten Liegenschaften sollen unverändert bleiben.

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­

Berücksichtigung des Erwerbseinkommens in der EL-Berechnung Zur Steigerung des Erwerbsanreizes und der Eingliederung in die Arbeitswelt wurden Erwerbseinkommen bisher nach Abzug eines Freibetrages lediglich zu zwei Dritteln in der EL-Berechnung berücksichtigt. Durch diese privilegierte Anrechnung kann es zu unerwünschten Schwelleneffekten kommen. Bei Ehegatten ohne eigenen EL-Anspruch soll das Erwerbseinkommen deshalb künftig vollumfänglich in der EL-Berechnung berücksichtigt werden.

­

EL-Mindesthöhe Heute erhalten die EL-beziehenden Personen in den meisten Kantonen einen EL-Betrag, welcher mindestens der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion entspricht. Kleine EL-Beträge werden somit entsprechend angehoben. Dadurch wird beim Eintritt in das EL-System und beim Austritt aus demselben ein Schwelleneffekt erzeugt.

Gleichzeitig führt diese Regelung dazu, dass Personen mit einer EL-Mindestgarantie im Vergleich zu den anderen EL-Bezügerinnen und -bezügern ein höheres verfügbares Einkommen haben. Um diese unerwünschten Effekte zu reduzieren, soll die EL-Mindesthöhe auf den Betrag der höchsten Prämienverbilligung für Personen ohne Anspruch auf EL und Sozialhilfe gesenkt werden, wobei der EL-Mindestbetrag 60 Prozent der Durchschnittsprämie nicht unterschreiten soll.

­

Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämie in der EL-Berechnung Als Teil der materiellen Existenzsicherung wird die Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung in der EL-Berechnung als Ausgabe anerkannt. Nach dem bisherigen Recht wurde dabei in jedem Fall ein Pauschalbetrag berücksichtigt, welcher der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion entspricht. Um Übervergütungen zu verhindern, sollen die Kantone die Möglichkeit erhalten, in der EL-Berechnung anstelle des Pauschalbetrages wahlweise die tatsächliche Prämie zu berücksichtigen, falls diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie.

­

Anpassungen bei der EL-Berechnung für im Heim lebende Personen Die EL-Berechnung für im Heim lebende Personen soll in verschiedenen Punkten angepasst werden. Insbesondere ist vorgesehen, in der EL-Berechnung die Heimtaxe nur noch für diejenigen Tage zu berücksichtigen, welche vom Heim auch tatsächlich in Rechnung gestellt werden. Vorübergehende Heimaufenthalte bis zu drei Monaten sollen neu als Krankheits- und Behinderungskosten über die EL vergütet werden.

­

Verbesserungen in der Durchführung Um einen schweizweit einheitlichen Vollzug der EL sicherzustellen, sollen die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen in verschiedenen Bereichen präzisiert werden. So werden unter anderem die Karenzfristen für ausländische Staatsangehörige und die Auswirkungen längerer Auslandaufenthalte auf den EL-Anspruch genauer geregelt. Ausserdem ist vorgesehen, dass die Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten bei mangelhafter Durchführung der EL gekürzt werden können.

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­

7468

Weitere Massnahmen in Zusammenhang mit den Ergänzungsleistungen Seit 2012 gibt es im ELG den Artikel 26a, wonach die Zentrale Ausgleichsstelle ein Register der Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen führt. In diesem Register werden besonders schützenswerte Personendaten enthalten sein. Um einen Zugriff der EL-Durchführungsstellen auf das ELRegister im Abrufverfahren zu ermöglichen, muss dies auf Gesetzesebene geregelt werden.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Ausgewiesener Reformbedarf im EL-System 1.1.2 Ziele der Reform 1.1.3 Entwicklung seit den letzten Revisionen 1.1.4 Entwicklung der Bezügerzahlen und EL-Ausgaben 1.1.5 Weitere Faktoren, die zur Entwicklung der EL-Kosten beigetragen haben 1.1.6 Finanzielle Perspektiven 1.1.7 Laufende Geschäfte mit Einfluss auf die Ergänzungsleistungen 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Anpassung der Bestimmungen zu den Kapitalbezügen der 2. Säule 1.2.2 Massnahmen zur Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung 1.2.3 Massnahmen zur Reduktion von Schwelleneffekten 1.2.4 Anpassung der EL-Mindesthöhe und des berücksichtigten Betrages für die Krankenversicherungsprämie 1.2.5 Anpassungen bei der EL-Berechnung von Personen, die in einem Heim oder Spital leben 1.2.6 Massnahmen zur Verbesserung der Durchführung 1.2.7 Weitere Massnahmen im Bereich der Ergänzungsleistungen 1.3 Standpunkte und Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren und ihre Bewertung 1.4 Umsetzung 1.5 Erledigung parlamentarischer Vorstösse 1.5.1 Abzuschreibende Vorstösse 1.5.2 Invalidität und Erwerb von Wohneigentum mit Mitteln der beruflichen Vorsorge 1.5.3 Auswirkungen der Vorbezüge für Wohneigentum und der Bezüge infolge Scheidung

7471 7471 7471 7471 7474 7476

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

7533

3

Auswirkungen 3.1 Einleitende Bemerkungen 3.2 Finanzielle Auswirkungen auf die EL 3.3 Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge

7545 7545 7546 7546

7477 7479 7481 7484 7484 7493 7502 7508 7514 7516 7520 7521 7525 7525 7525 7526 7529

7469

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3.4

3.5

3.6 3.7 3.8

Auswirkungen auf den Bund 3.4.1 Finanzielle Auswirkungen 3.4.2 Personelle Auswirkungen Auswirkungen auf die Kantone 3.5.1 Finanzielle Auswirkungen 3.5.2 Personelle Auswirkungen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Auswirkungen auf die EL-beziehenden Personen Auswirkungen auf die Opferhilfe

7547 7547 7548 7548 7548 7549 7549 7552 7553

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

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5

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 5.5 Datenschutz

7554 7554 7554 7555 7555 7556

Anhang: Finanzhaushalte EL

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Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (ELG) (EL-Reform) (Entwurf)

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Ausgewiesener Reformbedarf im EL-System

In Beantwortung mehrerer parlamentarischer Vorstösse1, welche die Kostenentwicklung der Ergänzungsleistungen zum Inhalt haben, hat der Bundesrat Ende 2013 einen umfassenden Bericht2 verabschiedet, der sich vertieft mit der Entwicklung der Ergänzungsleistungen (EL) der letzten zehn Jahre auseinandersetzt. In diesem Bericht hat der Bundesrat festgestellt, dass das EL-System in einigen Punkten angepasst werden muss, damit es seine Aufgaben auch weiterhin langfristig erfüllen kann. Dies gilt insbesondere in Bezug auf gewisse Schwelleneffekte, welche durch die geltenden Bestimmungen zur Anrechnung von Erwerbseinkommen oder zur ELMindesthöhe entstehen können und aus Sicht der EL problematisch sind. Auch die Höhe der Vermögensfreibeträge und die Kapitalbezugsmöglichkeiten in der beruflichen Vorsorge werden im Bericht des Bundesrates einer kritischen Würdigung unterzogen. Nicht zuletzt zeigt der Bericht auch bei der Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämien und von Vermögensverzichten Verbesserungsmöglichkeiten auf.

Basierend auf diesem Bericht hat der Bundesrat am 25. Juni 2014 erste Richtungsentscheide für eine EL-Reform gefällt, die mit der vorliegenden Änderung des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20063 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) umgesetzt werden sollen.

1.1.2

1

2

3

Ziele der Reform

­

Das Leistungsniveau bleibt erhalten.

­

Die Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge wird verbessert.

­

Schwelleneffekte werden reduziert.

Po. Humbel 12.3602 «Reform der Ergänzungsleistungen zu AHV/IV»; Po. FDP-Liberale Fraktion 12.3677 «Kein Blindflug bei den Ergänzungsleistungen zu AHV/IV»; Po. Kuprecht 12.3673 «Ergänzungsleistungen zu AHV und IV. Perspektiven 2020».

Bericht «Ergänzungsleistungen zur AHV/IV: Kostenentwicklung und Reformbedarf» vom 20. November 2013, abrufbar unter www.bsv.admin.ch > Themen > Ergänzungsleistungen > Aktuell.

SR 831.30

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Erhalt des Leistungsniveaus Die Hauptaufgabe der EL besteht darin, den Existenzbedarf von Personen zu sichern, die aufgrund des Eintritts eines in der 1. Säule versicherten Risikos nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die EL entsprechen der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Durch die anerkannten Ausgaben wird dabei gleichzeitig das Existenzminimum definiert, welches durch die EL gesichert werden soll. Wie in der Botschaft zur Verankerung des Dreisäulenprinzips4 ­ wozu auch die EL gehören ­ in der Verfassung festgehalten wird, soll die 1. Säule nicht bloss das biologische Existenzminimum sichern. Ihre Leistungen sollen den Versicherten vielmehr ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Hierzu gehört ­ nebst der medizinischen Grundversorgung ­ die Möglichkeit, einen selbstständigen Haushalt zu führen und am sozialen Leben teilzunehmen (soziales Existenzminimum). Bei im Heim lebenden Personen tragen die EL diejenigen Kosten für den Heimaufenthalt, welche durch Einkommen und Vermögen nicht gedeckt werden können. Entsprechend diesem Verfassungsauftrag sollen die EL das Existenzminimum auch in Zukunft sichern.

Dadurch ist auch gewährleistet, dass es nicht zu einer Lastenverschiebung in die Sozialhilfe und damit zu einer finanziellen Mehrbelastung für die Kantone kommt.

Die Entwicklung der EL-Ausgaben für zu Hause lebende Personen hängt bei den EL zur Altersversicherung stark von der Anzahl der Personen im Rentenalter und damit von der demografischen Entwicklung ab. Auf diesem Gebiet werden die EL-Kosten in Zukunft voraussichtlich nicht stärker steigen, als dies durch die Demografie sowie die Lohn- und Preisentwicklung bedingt ist (vgl. Ziff. 1.1.6). Bei den EL zur IV ist die Entwicklung nicht nur von der Zahl, sondern auch von der Bestandesstruktur der Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente abhängig: Je jünger diese sind, desto stärker sind sie auf EL angewiesen, da sie nur kurz oder gar nicht erwerbstätig waren und somit nur über kleine Renten verfügen bzw. häufig keine Rente der beruflichen Vorsorge beziehen können und auch kaum Vermögen und Erträge daraus haben. Sie sind zudem langfristig auf EL angewiesen. Wenn es der IV gelingt, die Anzahl junger Neurentnerinnen und -rentner durch verstärkte Wiedereingliederungsmassnahmen
zu reduzieren, können auch die Ausgaben für die EL zur IV begrenzt werden.

Die Entwicklung der EL-Ausgaben für im Heim lebende Personen wird weitgehend durch die Kosten für den Heimaufenthalt bestimmt. Diese Kosten lassen sich jedoch nicht über die EL steuern. Die Höhe der heimbedingten Mehrkosten hängt nämlich stark von der Art der Heimfinanzierung ab. Da diese in der Kompetenz der Kantone liegt, können letztere die EL-Kosten von im Heim lebenden Personen bis zu einem gewissen Grad selbst steuern. Auch die Ausgestaltung der Vergütungen an die ambulante Pflege, die ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegt, kann einen Einfluss auf die Heimkosten haben. Nebst den periodischen Leistungen richten die EL im Einzelfall Vergütungen für Krankheits- und Behinderungskosten aus, darunter auch Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause. Die Kantone kön4

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf betreffend die Änderung der Bundesverfassung auf dem Gebiete der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge und Bericht über das Volksbegehren für eine wirkliche Volkspension vom 10. November 1971, BBl 1971 II 1597, hier 1616.

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nen innerhalb der bundesrechtlichen Rahmenvorschriften selbst bestimmen, welche Kosten sie bis zu welcher Höhe vergüten wollen. Eine tiefe Begrenzung kann dazu führen, dass die Betreuungsmöglichkeiten zu Hause nicht voll ausgeschöpft werden.

Mit gut ausgebauten Vergütungsmöglichkeiten an die ambulante Pflege können Heimeintritte zumindest teilweise vermieden oder verzögert werden.

Den grössten Einfluss auf die EL-Ausgaben von im Heim lebenden Personen haben folglich die Kantone selbst. Am 25. Mai 2016 hat der Bundesrat seinen Bericht «Bestandesaufnahme und Perspektiven im Bereich der Langzeitpflege» in Erfüllung der Postulate 12.3604 «Strategie zur Langzeitpflege» vom 15. Juni 2012, 14.3912 «Ausweitung der Säule 3a zur Deckung der Pflegekosten» vom 25. September 2014 und 14.4165 «Pflegekostenversicherung auf den Prüfstand. Schutz des eigenen Vermögens!» vom 11. Dezember 2014 verabschiedet. Der Bericht gibt einen Überblick über die verschiedenen Herausforderungen und den Handlungsbedarf im Bereich der Langzeitpflege der Schweiz und schlägt ein Massnahmenpaket zuhanden des Bundes und der Kantone vor, mit welchem die Herausforderungen in der Langzeitpflege angegangen werden können. Die Erkenntnisse aus dem Bericht sollen die öffentliche Diskussion über zukünftige Ziele, Aufgaben und Massnahmen zur nachhaltigen Sicherstellung einer adäquaten Versorgung und Finanzierung der Langzeitpflege lancieren.

Verbesserungen bei der Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge Die EL sollen gezielt jenen Personen zugute kommen, welche ohne diese Unterstützung unter dem Existenzminimum leben würden. Mit der vorliegenden Reform soll gewährleistet werden, dass die Eigenmittel der versicherten Personen bei der ELBerechnung angemessen berücksichtigt werden.

Reduktion von Schwelleneffekten Der Ausdruck «Schwelleneffekt» besagt, dass einer Person trotz eines höheren Erwerbseinkommens weniger Geld zur freien Verfügung steht. Dies kann insbesondere durch weniger oder gar keine Unterstützung der öffentlichen Hand erfolgen.

Schwelleneffekte zeigen sich auch beim Ein- und Austritt aus dem EL-System, der für die Versicherten fast immer mit Veränderungen im verfügbaren Einkommen verbunden ist. Bei den EL zur IV können diese Schwelleneffekte dann problematisch werden, wenn eine Person durch den Bezug von IV-Rente und
EL finanziell besser gestellt ist als vor dem Eintritt der Invalidität, oder wenn ein Austritt aus dem EL-System mit einer erheblichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation verbunden ist. Hier wirken sich Schwelleneffekte ungünstig auf den Anreiz zur Erwerbsarbeit aus, da es sich für die betroffenen Personen nicht lohnt zu arbeiten.

Die Schwelleneffekte sollen deshalb so weit wie möglich reduziert werden.

7473

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1.1.3

Entwicklung seit den letzten Revisionen

Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) Am 28. November 2004 stimmten Volk und Kantone einer Teilrevision der Bundesverfassung5 (BV) im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) zu. Die EL wurden daraufhin in Artikel 112a BV aufgenommen und sind seither eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen. Dieser Paradigmenwechsel äusserte sich insbesondere in der Neuverteilung gewisser Kompetenzen sowie in der Änderung des EL-Finanzierungsschlüssels.

Neuverteilung der Kompetenzen Im alten EL-System legten die Kantone bestimmte Elemente für die EL-Berechnung wie die Beträge für den allgemeinen Lebensbedarf und die Mietzinsmaxima innerhalb eines bestimmten Rahmens selbst fest. Mit der Umgestaltung des EL-Systems im Rahmen der NFA wurde ­ unter Ausschluss jeglicher kantonaler Unterschiede ­ eine schweizweit einheitliche Berechnungsmethode für zu Hause lebende Personen eingeführt. Bei Personen, die in einem Heim leben, können die Kantone die Höhe der ausgerichteten EL weiterhin beeinflussen, indem sie den Betrag der in der EL-Berechnung höchstens anerkannten Heimtaxen sowie den Betrag für persönliche Auslagen selbstständig festlegen.

Die Kompetenz für die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten ging grösstenteils an die Kantone über. Diese bestimmen gemäss NFA innerhalb der bundesrechtlichen Rahmenvorschriften selber über Art und Umfang der Kosten, die sie den EL-beziehenden Personen vergüten.

Neuer Finanzierungsschlüssel für die EL Mit der NFA wurde auch die Finanzierung der EL grundlegend geändert. Bis Ende 2007 beteiligte sich der Bund sowohl an den jährlichen (periodischen) EL wie auch an der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten. Abhängig von ihrer Finanzkraft erhielten die Kantone mindestens 10 Prozent und höchstens 35 Prozent vom Bund vergütet. An den Kosten für die Durchführung und Verwaltung beteiligte sich der Bund nicht.

Seit dem Inkrafttreten der NFA beteiligt sich der Bund nur noch an der jährlichen EL; die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten wird von den Kantonen nunmehr alleine finanziert. Dagegen beteiligt sich der Bund stärker an der Finanzierung der jährlichen EL. Die Finanzkraft der Kantone spielt keine Rolle mehr.

Bei Personen,
die zu Hause leben, beteiligt sich der Bund zu an der gesamten jährlichen (periodischen) EL. Bei im Heim lebenden Personen beteiligt sich der Bund nur an jenen Kosten, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Heimaufenthalt stehen. Für im Heim lebende Personen ist deshalb eine sogenannte Aus5

SR 101

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scheidungsrechnung vorzunehmen. Dabei wird für jede im Heim lebende Person im Wesentlichen berechnet, wie hoch ihre EL wäre, wenn sie stattdessen zu Hause leben würde. An diesem Teil beteiligt sich der Bund ebenfalls zu .

Zusätzlich übernimmt der Bund einen Teil der Verwaltungskosten, die bei der Berechnung und Auszahlung der jährlichen EL entstehen.

Infolge der NFA beteiligt sich der Bund insgesamt stärker als vorher an den ELAusgaben. Mit dem Systemwechsel im Jahr 2008 stieg der Beitrag des Bundes an die EL von 0,7 auf 1,1 Milliarden Franken an. Im Jahr 2015 finanzierte der Bund die EL mit 1,4 Milliarden Franken. Im Durchschnitt stiegen die Bundesbeiträge seit 2008 mit 3,1 Prozent weniger stark als die Kantonsbeiträge mit 4,1 Prozent.

Aufhebung der EL-Höchstbeträge Bis zum Inkrafttreten des totalrevidierten ELG im Rahmen der NFA war der jährliche EL-Betrag für zu Hause lebende Personen auf das Vierfache der minimalen einfachen AHV-Altersrente (2007: Fr. 53 040.­) und bei Personen, die dauerhaft in einem Heim oder Spital leben, auf 175 Prozent des Betrages für den allgemeinen Lebensbedarf für Alleinstehende (2007: Fr. 31 740.­) begrenzt. Mit dem neuen ELModell, welches 2008 in Kraft trat, wurde diese Begrenzung aufgehoben. Gemäss der entsprechenden Botschaft6 machte letztere bei Personen, die nicht in einem Heim lebten, kaum Sinn, da die Begrenzung in diesen Fällen nur äusserst selten ­ praktisch nur bei Invaliditätsfällen in grossen Familien ­ zur Anwendung kam.

Ausserdem konnte durch die Aufhebung des EL-Höchstbetrages vermieden werden, dass die EL-beziehenden Personen zusätzlich durch die Sozialhilfe unterstützt werden mussten. Von der Aufhebung der Obergrenze profitierten deshalb fast ausschliesslich im Heim lebende Personen. Durch den Wegfall der Begrenzung gelangten rund 37 Prozent von ihnen (23 100 Personen) zu höheren Leistungen.

Neuordnung der Pflegefinanzierung Anfang 2011 ist die Neuordnung der Pflegefinanzierung in Kraft getreten. Sie regelt die Aufteilung der Kosten für die ambulante Krankenpflege, die Krankenpflege im Pflegeheim sowie die Akut- und Übergangspflege. Die Pflegekosten werden zwischen Krankenkassen, Patientinnen und Patienten sowie der öffentlichen Hand aufgeteilt. Nicht von der Aufteilung betroffen sind die gewöhnlichen Wohn- und Betreuungskosten, die bei einem Heimaufenthalt ebenfalls anfallen. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung leistet einen Beitrag an die Pflegeleistungen, welche aufgrund einer ärztlichen Anordnung und eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tages- oder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim erbracht werden (Art. 25a Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 18. März 19947 über die Krankenversicherung [KVG]). Die Höhe des Beitrages richtet sich nach dem täglichen Pflegebedarf. Der versicherten Person dürfen von den Pflegekosten, die von den Sozialversi6

7

Botschaft zur Ausführungsgesetzgebung zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) vom 7. September 2005, BBl 2005 6029, hier 6224.

SR 832.10

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cherungen nicht gedeckt sind, höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrages (gegenwärtig Fr. 21.60 pro Tag = Fr. 7862.­ pro Jahr) in Rechnung gestellt werden (Art. 25a Abs. 5 KVG). Die Finanzierung der Restkosten wird durch die Kantone geregelt. Mit der Umsetzung nahmen die Kantone auch bei den EL Anpassungen vor. Aufgrund der unterschiedlichen kantonalen Umstellungen veränderten sich die kantonalen EL-Ausgaben im Heimbereich sehr heterogen. Die meisten Kantone haben die Finanzierung der Pflege gemäss KVG aus den EL herausgelöst.

Im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung wurden auch die Vermögensfreibeträge angehoben. So beträgt der Freibetrag auf dem Gesamtvermögen für eine alleinstehende Person seither 37 500 Franken, zuvor waren es 25 000 Franken.

Wohnt eine EL-beziehende Person in der eigenen Liegenschaft, gelten zusätzliche Freibeträge. Der entsprechende Wert von 112 500 Franken wurde zwar 2011 nicht geändert, es wurde jedoch eine neue Kategorie eingeführt. Wenn ein Ehepaar eine Liegenschaft besitzt, die von einem Ehegatten bewohnt wird, während der andere im Heim lebt, gilt ein Freibetrag von 300 000 Franken. Derselbe Freibetrag kommt auch zur Anwendung, wenn das Ehepaar zu Hause lebt und mindestens einer der Ehegatten eine Hilflosenentschädigung der AHV, IV, Unfallversicherung oder Militärversicherung bezieht.

1.1.4

Entwicklung der Bezügerzahlen und EL-Ausgaben

Entwicklung der Bezügerzahlen und -quoten Der Bestand der EL-beziehenden Personen ist im Zeitraum 2000­2015 von 202 700 Personen auf 315 000 Personen gestiegen. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 3,0 Prozent. Bei den EL zur Altersversicherung folgte die Zunahme (+2,4 % pro Jahr) der demografischen Entwicklung. Die EL-Quote, d. h.

derjenige Anteil der Altersrentnerinnen und -rentner, die auf EL angewiesen sind, ist leicht steigend und lag 2015 bei 12,5 Prozent. Bei den EL zur IV stiegen die Bezügerzahlen bis 2005 mit durchschnittlich 8,3 Prozent pro Jahr relativ stark an. Seit 2006 gehen die Rentenbestände der IV zurück, und die Bezügerzahlen in der EL zur IV steigen nur noch mit 1,9 Prozent pro Jahr. Das immer noch vorhandene Wachstum ist in der Struktur des Rentenbestandes begründet. Personen, die in jungen Jahren invalid wurden und werden, sind in hohem Mass auf EL angewiesen und bleiben lange in den EL. Im Jahr 2015 waren 45,2 Prozent aller IV-Rentnerinnen und -rentner auf EL angewiesen.

Entwicklung der EL-Ausgaben und Bundesbeiträge Die EL-Ausgaben setzen sich zusammen aus den sogenannten periodischen oder jährlichen EL und aus den Vergütungen von Krankheits- und Behinderungskosten.

Die Ausgaben für Krankenversicherungsprämien sind darin nicht enthalten, da diese im Rahmen der Prämienverbilligung finanziert werden. Zwischen 2000 und 2015 haben sich die EL-Ausgaben von 2,3 auf 4,8 Milliarden Franken mehr als verdoppelt. Dieses starke Wachstum ist zu einem grossen Teil auf eine Systemänderung (Totalrevision des ELG im Rahmen der NFA) zurückführen, welche die EL-Aus7476

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gaben im Jahr 2008 zusammen mit den Auswirkungen der 5. IV-Revision sprunghaft um 13,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr anwachsen liess. Vorher und nachher wuchsen die EL-Ausgaben mit durchschnittlich 5,1 bzw. 3,8 Prozent pro Jahr eher moderat.

Mit dem Inkrafttreten der NFA änderte sich auch das Finanzierungssystem der EL (vgl. Ziff. 1.1.3). Dadurch stieg der Beitrag des Bundes an die EL von 0,7 auf 1,1 Milliarden Franken an, was zu einer entsprechenden finanziellen Entlastung der Kantone geführt hat. Seither beteiligt sich der Bund mit rund 30 Prozent an den ELAusgaben; vor dem Inkrafttreten waren es rund 22 Prozent.

1.1.5

Weitere Faktoren, die zur Entwicklung der EL-Kosten beigetragen haben

Die Entwicklung der EL-Kosten wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst.

Besonders bei den EL zur Altersversicherung spielt die demografische Entwicklung eine entscheidende Rolle. Verschiedene Berechnungselemente müssen zudem regelmässig oder unregelmässig den steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden, damit die Existenzsicherung gewährleistet bleibt. Die jüngere Kostenentwicklung wurde jedoch auch ganz entscheidend durch Gesetzesänderungen ausserhalb des EL-Systems beeinflusst. Nebst verschiedenen Revisionen in der AHV und IV haben sich vor allem die NFA und die Neuordnung der Pflegefinanzierung nachhaltig auf die EL-Ausgaben ausgewirkt.

Revisionen in der AHV und IV Im Rahmen der 10. AHV-Revision8 wurden die ausserordentlichen Renten mit Einkommensgrenze per 1. Januar 1997 aufgehoben und in die EL überführt. Ab demselben Zeitpunkt wurde in der Altersversicherung sukzessive die Möglichkeit des Rentenvorbezugs eingeführt. Die Renten werden dabei dauerhaft gekürzt. Bei EL-beziehenden Personen wird diese Kürzung durch die EL kompensiert. Beide Massnahmen haben für die EL zu Mehrkosten geführt. In der Botschaft zur 10. AHV-Revision9 wurden die Mehrkosten für die EL aufgrund der Aufhebung der ausserordentlichen Renten mit Einkommensgrenze mit rund 55 Millionen Franken pro Jahr beziffert. Die Mehrkosten aufgrund des Rentenvorbezuges haben sich in den Jahren nach der Einführung stetig aufsummiert und lagen im Jahr 2012 bei rund 21 Millionen Franken.

Seit dem Inkrafttreten der 4. IV-Revision10 am 1. Januar 2004 kann für Neurentnerinnen und Neurentner kein Anspruch auf eine Zusatzrente mehr entstehen. Gleichzeitig wurden die Härtefallrenten in die EL überführt. Bis zum 31. Dezember 2003 hatten Versicherte in Härtefällen bereits ab einem IV-Grad von mindestens 40 (statt 50) Prozent Anspruch auf eine halbe Rente (Art. 28 Abs. 1bis aIVG). Ein Härtefall lag vor, wenn die nach ELG anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen überstiegen (Art. 28bis Abs. 1 aIVV). Die Härtefallrenten wurden aufgehoben und an 8 9 10

AS 1996 2466; BBl 1990 II 1 BBl 1990 II 1, hier 66 AS 2003 3837; BBl 2001 3205

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BBl 2016

ihrer Stelle kann für Bezügerinnen und Bezüger einer Viertelsrente neu ein ELAnspruch entstehen.

Mit dem Inkrafttreten der 5. IV-Revision wurden per 1. Januar 2008 auch die laufenden Zusatzrenten und der Karrierezuschlag aufgehoben. Die genannten Massnahmen waren für die EL ebenfalls mit Mehrkosten verbunden: In der Botschaft zur 5. IV-Revision vom 22. Juni 200511 wurden die Mehrkosten infolge der Aufhebung der laufenden Zusatzrenten für den Zeitraum von 2007­2015 auf durchschnittlich 13 Millionen Franken pro Jahr geschätzt, die Mehrkosten infolge der Aufhebung des Karrierezuschlags für die Periode bis 2025 auf durchschnittlich 47 Millionen Franken pro Jahr. Durch die Aufhebung der Zusatzrenten entstanden zudem rund 1400 neue EL-Fälle.

Die drei jüngsten IV-Revisionen (4, 5 und 6a) verfolgten neben der finanziellen Konsolidierung der Versicherung ein Hauptziel: Eingliederung vor Rente. Als Folge davon nimmt seit 2004 die Anzahl der Neurentnerinnen und -rentner und seit 2006 auch der Gesamtbestand der IV-Rentnerinnen und -Rentner ab. Dieser Rückgang der Anzahl IV-Bezügerinnen und -Bezüger hat zwar keinen Rückgang der Anzahl ELbeziehender Personen bewirkt, drückt sich aber in einem deutlich schwächeren Ausgabenwachstum aus. Während vor 2006 die Leistungen bei den EL zur IV jährlich um durchschnittlich 8 Prozent stiegen, sind es seither ­ ohne den Effekt der Einführung der NFA im Jahr 2008 ­ nur noch rund 3 Prozent. In den letzten Jahren liegt das Wachstum sogar unter jenem bei den EL zur AHV, was vorher nur äusserst selten vorkam.

Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU Um einen EL-Anspruch zu erwerben, müssen sich ausländische Staatsangehörige unmittelbar vor der EL-Anmeldung während fünf oder zehn Jahren ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben (Karenzfrist). Am 1. Juni 2002 trat das Freizügigkeitsabkommen mit der EU in Kraft, mit welchem die Karenzfrist für EUStaatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz aufgehoben wurde. Die Auswirkung dieses Abkommens kann nicht direkt ermittelt werden, da die notwendigen Detailinformationen nicht verfügbar sind ­ insbesondere fehlen in den Statistikdaten Angaben zur Dauer des gewöhnlichen Aufenthaltes der jeweiligen Personen in der Schweiz. Einen indirekten Hinweis liefern die Zuwachsraten. In den Jahren 2002 und 2003 stiegen die EL-Summen
von Personen ausländischer Nationalität um 10,5 beziehungsweise 9,3 Prozent an und lagen damit etwa drei Prozentpunkte über dem durchschnittlichen Wachstum der Jahre 1998­2012 von 6,8 Prozent. Die ELSumme, welche an ausländische Personen in der Schweiz ausgerichtet wurde, betrug 2001 insgesamt 338,5 Millionen Franken. 3 Prozent davon machen rund 10 Millionen Franken aus. Der Einfluss auf die Gesamtentwicklung ist damit mässig.

NFA Insbesondere durch die Aufhebung des EL-Höchstbetrages für im Heim lebende Personen hat die Totalrevision des ELG im Rahmen der NFA in grossem Umfang zur festgestellten Kostenentwicklung im Bereich der EL beigetragen. Vor dem 11

BBl 2005 4459, hier 4584

7478

BBl 2016

Inkrafttreten der NFA lag der EL-Höchstbetrag für eine im Heim lebende Person bei ungefähr 32 000 Franken pro Jahr zuzüglich Krankenversicherungsprämien. Diese Regelung hatte zur Folge, dass nicht wenige Personen zusätzlich zu den EL noch Sozialhilfe oder andere kantonale bzw. kommunale Unterstützungsleistungen bezogen. Mit der Aufhebung des EL-Höchstbetrages sollte dieser doppelten Bedarfsleistungsabhängigkeit ein Ende gesetzt werden. Der Preis dieser Absicht manifestierte sich in einer starken Kostensteigerung, da nun rund ein Drittel der im Heim lebenden Personen höhere EL beziehen konnte. Die Aufhebung des EL-Höchstbetrages führte für die EL zu Mehrkosten von ca. 350 Millionen Franken. Diese Zunahme umfasst auch Lastenverschiebungen aus der Sozialhilfe und aus anderen kantonalen oder kommunalen Unterstützungsleistungen in die EL.

Neuordnung der Pflegefinanzierung Mit dem Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung haben die meisten Kantone die Finanzierung der Pflege gemäss KVG aus den EL herausgelöst. Sowohl die Leistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflege wie auch der Pflegeanteil der Heimtaxe werden in der individuellen EL-Berechnung nicht mehr berücksichtigt. Nur drei Kantone (SZ, ZG, SO, ab 2013 nur noch SZ) integrierten die vollen Pflegekosten in die EL-Berechnung. Diese Kantone verzeichneten deshalb auch die höchsten Zunahmen der EL-Ausgaben.

Angesichts der unterschiedlichen kantonalen Regelungen ist es nicht möglich, die Kosten der Neuordnung der Pflegefinanzierung zu beziffern. Die Erhöhung der Vermögensfreibeträge als einzelne Massnahme hat zu einer Erhöhung der ELGesamtausgaben von rund 77 Millionen Franken geführt (wovon ca. 3 Mio. auf die neuen Freibeträge für selbstbewohnte Liegenschaften entfallen).

1.1.6

Finanzielle Perspektiven

Entwicklung der Bezügerzahlen und -quoten Bei den EL zur Altersversicherung ist die Entwicklung der EL-beziehenden erwachsenen Personen eng mit der Entwicklung der Anzahl ausgerichteter Hauptrenten verknüpft. Es ist zu erwarten, dass die Bezügerzahlen auch in Zukunft der demografischen Entwicklung folgen. In den kommenden Jahren werden die Bezügerzahlen deshalb auch weiterhin um etwa 2,5­2,6 Prozent wachsen. Der Anteil der Altersrentnerinnen und -rentner, welcher auf die Unterstützung durch die EL angewiesen ist, wird bis in Jahr 2030 von aktuell 12,5 Prozent auf 12,7 Prozent zunehmen. Die im Rahmen der vorliegenden Reform vorgeschlagenen Massnahmen haben auf diese Entwicklung keinen Einfluss.

Aufgrund der diversen Massnahmen auf dem Gebiet der IV geht die Anzahl der IVRentnerinnen und -rentner seit dem Jahr 2006 zurück. Der Anteil der IVRentnerinnen und -rentner, die EL benötigen, stieg dagegen in den letzten Jahren weiter an und war 2015 mit 45,2 Prozent relativ hoch. In den nächsten Jahren wird die Bezügerquote weiter ansteigen, mittel- bis langfristig wird sie sich jedoch stabilisieren. Damit wird die Entwicklung der Bezüger in der EL zur IV künftig parallel zu derjenigen der Bevölkerung verlaufen, wie dies bereits jetzt bei den EL zur 7479

BBl 2016

Altersversicherung der Fall ist. Da bei letzteren jedoch nur Personen im Rentenalter und bei der EL zur IV nur Personen im Erwerbsalter zu finden sind, verläuft das Wachstum dieser beiden Zweige unterschiedlich. Während die Bezügerzahlen bei den EL zur Altersversicherung aufgrund der Demografie ständig und bis nach 2040 relativ stark wachsen werden, werden die Bezügerzahlen in den EL zur IV ab 2018 zurückgehen. Erst ab 2035 ist wieder mit einem Anstieg zu rechnen. Auch diese Entwicklung findet unabhängig von den Massnahmen statt, welche im Rahmen dieser Reform vorgeschlagen werden.

Entwicklung der EL-Ausgaben bis 2030 Die EL-Ausgaben setzen sich zusammen aus den sogenannten periodischen oder jährlichen EL sowie den Vergütungen von Krankheits- und Behinderungskosten.

Die Ausgaben für Krankenversicherungsprämien sind darin nicht enthalten. Diese werden zwar für die Berechnung der EL berücksichtigt, finanziert werden sie aber im Rahmen der Prämienverbilligung.

Bedingt durch die demografische Entwicklung wird die Anzahl der Personen, die im Rentenalter auf eine EL angewiesen sind, auch in Zukunft um 2,5­2,6 Prozent pro Jahr steigen. Ohne jegliche Eingriffe ins EL-System wird dies bei den EL zur AHV unter Berücksichtigung der Lohn- und Preisentwicklung bis ins Jahr 2030 zu einer Zunahme der Kosten von durchschnittlich 3,7 Prozent pro Jahr führen. Bei den EL zur IV werden die Bezügerzahlen ab dem Jahr 2018 sinken, weshalb bis ins Jahr 2030 lediglich mit einer durchschnittlichen jährlichen Kostenzunahme von 0,4 Prozent zu rechnen ist.

Diese Entwicklung wird dazu führen, dass die EL-Gesamtausgaben bis ins Jahr 2030 von 4,8 Milliarden Franken (2015) auf rund 6,9 Milliarden Franken anwachsen, was einer durchschnittlichen Kostenzunahme von 2,5 Prozent pro Jahr entspricht. Die finanziellen Auswirkungen der vorliegenden Reform auf die EL werden unter Ziffer 3 aufgezeigt, der mögliche Einfluss laufender Geschäfte (Reform der Altersvorsorge 2020 und Anpassung der EL-Mietzinsmaxima) auf die EL-Ausgaben unter Ziffer 1.1.7.

Kostenentwicklung für den Bund bis 2030 Mit dem Inkrafttreten der NFA auf den 1. Januar 2008 änderte sich auch die Finanzierung der EL (vgl. Ziff. 1.1.3). Der Beitrag des Bundes an die EL stieg von 0,7 auf 1,1 Milliarden Franken an und beträgt seitdem rund 30 Prozent der EL-Ausgaben.
Bei Personen, die zu Hause leben, beteiligt sich der Bund zu an der gesamten jährlichen EL. Bei Personen im Heim beteiligt sich der Bund nur an jenen Kosten, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Heimaufenthalt stehen. Für Personen im Heim ist deshalb eine Ausscheidungsrechnung zu machen. Dabei wird für jede im Heim lebende Person berechnet, wie hoch ihre EL wäre, wenn sie zu Hause leben würde. An diesem Teil beteiligt sich der Bund ebenfalls zu .

Da die mittels Ausscheidungsrechnung vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) berechnete Existenzsicherung im Heim in der Regel wesentlich tiefer ausfällt als die anfallenden Heimkosten, liegt der resultierende Bundesanteil im Heim bei lediglich 13 Prozent. Der tatsächlich vergütete Bundesbeitrag berechnet sich dann 7480

BBl 2016

aus dem gemeinsamen Bundesanteil der Anteile zu Hause und im Heim. Dieser Anteil ist von Jahr zu Jahr leicht veränderlich. Einerseits ist der Heimanteil seit Jahren leicht sinkend, was den Bundesanteil tendenziell in Richtung erhöht, andererseits ist in der Regel die jährliche Steigerung der Heimkosten wesentlich grösser als die Steigerung der Existenzsicherung im Heim, was den Bundesanteil sinken lässt.

Die zukünftige Entwicklung des Bundesanteils ergibt sich aus der Entwicklung der Existenzsicherung gegenüber den EL-Gesamtausgaben. Demgemäss würde der Bundesbeitrag unter Berücksichtigung der Lohn- und Preisentwicklung bis ins Jahr 2030 von 1,4 Milliarden Franken (2015) auf 1,9 Milliarden Franken anwachsen, was einem durchschnittlichen Wachstum von 1,9 Prozent entspricht.

Kostenentwicklung für die Kantone bis 2030 Bei Personen, die zu Hause leben, beteiligt sich der jeweilige Kanton zu an den gesamten jährlichen EL. Für Personen im Heim erfolgt eine Ausscheidungsrechnung, bei der im Wesentlichen berechnet wird, wie hoch ihre EL wäre, wenn sie zu Hause leben würden. An diesen Kosten beteiligt sich der Kanton ebenfalls zu . Die heimbedingten Mehrkosten hat der Kanton dagegen alleine zu tragen. Dasselbe gilt für die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten an EL-beziehende Personen, die zu Hause oder im Heim leben.

Im Jahr 2015 beliefen sich die Kosten für die Kantone auf rund 3,4 Milliarden Franken. Bis ins Jahr 2030 werden sie unter Berücksichtigung der Lohn- und Preisentwicklung auf 5,0 Milliarden Franken ansteigen, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,7 Prozent entspricht.

1.1.7

Laufende Geschäfte mit Einfluss auf die Ergänzungsleistungen

Reform der Altersvorsorge 2020 Am 19. November 2014 hat der Bundesrat die Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 202012 verabschiedet. Die Reform sorgt in erster Linie dafür, dass AHV und berufliche Vorsorge ausreichend finanziert sind und einen flexibleren Übergang in den Ruhestand erlauben. Die Vorlage hat auch Auswirkungen auf die EL. Die Änderungen im Bereich des Altersrücktritts gewähren auch einen flexibleren Zugang zu den EL. In finanzieller Hinsicht werden sich die Verbesserungen der beruflichen Vorsorge (Ausdehnung der freiwilligen Versicherung, Bezug von Freizügigkeitsguthaben in Rentenform, Herabsetzung der BVG-Eintrittsschwelle) positiv auf die EL auswirken, da die Alters- und Invalidenrenten verbessert werden. Dasselbe gilt für die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre.

Das Geschäft befindet sich gegenwärtig in der parlamentarischen Diskussion. Die finanziellen Auswirkungen können daher noch nicht näher beziffert werden.

12

BBl 2015 1

7481

BBl 2016

Anpassung der EL-Mietzinsmaxima Am 17. Dezember 2014 hat der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zur Änderung der anrechenbaren Mietzinsmaxima13 überwiesen, welche in der EL-Berechnung als anerkannte Ausgabe berücksichtigt werden. Er leistete damit einer Motion vom 13. Oktober 2011 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats Folge.14 Mit der Revision sollen die Mietzinsmaxima erhöht werden, die seit 2001 trotz eines Anstiegs der Nettomietkosten um 21 Prozent (Stand 2014) nicht mehr angepasst worden sind. Ausserdem sollen die regionalen Mietzinsunterschiede zwischen Grosszentren, den Städten und dem Land berücksichtigt und dem erhöhten Raumbedarf von Familien Rechnung getragen werden. Die vorgeschlagene Anpassung hat voraussichtlich Mehrkosten von 178 Millionen Franken15 pro Jahr zur Folge, von denen 111 Millionen auf den Bund und 67 Millionen auf die Kantone entfallen. An ihrer Sitzung vom 26. Februar 2016 beschloss die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, mit der Detailberatung bis Ende Jahr zuzuwarten, da sie die Anpassung der Mietzinsmaxima zusammen mit der EL-Reform und in Abwägung aller finanziellen Konsequenzen beraten will.

Stabilisierungsprogramm 2017­2019 Am 25. Mai 2016 hat der Bundesrat die Botschaft zum Stabilisierungsprogramm 2017­201916 verabschiedet, welches jährliche Entlastungen des Bundeshaushaltes von 800 Millionen bis 1 Milliarde Franken vorsieht. In diesem Rahmen soll unter anderem der Beitrag des Bundes an die Prämienverbilligung von 7,5 auf 7,3 Prozent der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gesenkt werden.

Dadurch wird der Bundeshaushalt um rund 75 Millionen Franken pro Jahr entlastet.

In seiner Botschaft weist der Bundesrat darauf hin, dass es sich dabei nicht um eine isolierte Senkung des Bundesbeitrags zulasten der Kantone handelt, sondern dass die Massnahme in direktem Zusammenhang mit der vorliegenden EL-Reform steht, die gleichzeitig mit dem Stabilisierungsprogramm 2017­2019 in die Vernehmlassung geschickt wurde. Durch die in der EL-Reform vorgesehene Anpassung der ELMindesthöhe und die Berechtigung der Kantone, in der EL-Berechnung anstelle eines Pauschalbetrages die tatsächliche Krankenversicherungsprämie zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 1.2.4), reduzieren sich die Ausgaben der Kantone für die individuelle Prämienverbilligung um 161 Millionen Franken pro Jahr (vgl. Ziff. 3.5.1).

13 14 15 16

BBl 2015 849 Mo. 11.4034 «Anrechenbare Mietzinsmaxima bei Ergänzungsleistungen zur AHV/IV».

Durchschnittswert der Jahre 2016­2030 gemäss Botschaft zur Änderung der anrechenbaren Mietzinsmaxima, BBl 2015 849, hier 869.

BBl 2016 4691

7482

BBl 2016

Änderung des Ausländergesetzes: Verbesserter Datenaustausch zwischen den Migrationsbehörden und den EL-Durchführungsstellen Am 4. März 2016 überwies der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Ausländergesetzes (Steuerung der Zuwanderung und Vollzugsverbesserungen bei den Freizügigkeitsabkommen)17 ans Parlament. Die Vorlage sieht unter anderem einen automatischen Datenaustausch zwischen den für die EL zuständigen Behörden und den Migrationsbehörden vor. Die EL-Stellen müssen die kantonalen Migrationsbehörden künftig automatisch informieren, wenn sie EL an eine ausländische Person ausrichten, die keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Damit kann die Gültigkeit von Aufenthaltsbewilligungen rentenbeziehender Personen gezielt überprüft werden.

Umgekehrt sieht das Ausländergesetz vom 16. Dezember 200518 vor, dass die Migrationsbehörden die EL-Stellen zwingend benachrichtigen müssen, wenn eine Aufenthaltsbewilligung für eine nichterwerbstätige Person nicht verlängert oder entzogen wurde. Durch diese Reziprozität kann die unrechtmässige Ausrichtung von Leistungen verhindert werden. Entsprechend dem Wunsch der Kantone und einiger interessierter Kreise wurde im Rahmen der Vernehmlassung eine Anpassung des ELG vorgeschlagen, mit der klargestellt werden soll, dass ausländische Staatsangehörige, deren Aufenthaltsbewilligung entzogen wurde, keine EL beziehen können.

Diese Anpassung ist ebenfalls Bestandteil der Botschaft zur Änderung des Ausländergesetzes (Anpassung von Art. 5 Abs. 1 ELG).

In Ergänzung zu dieser Botschaft hat der Bundesrat am 4. März 2016 die Zusatzbotschaft zur Änderung des Ausländergesetzes (Integration)19 verabschiedet. Mit der Vorlage soll unter anderem die parlamentarische Initiative 08.428 Müller Philipp «Kein Familiennachzug bei Bezug von Ergänzungsleistungen» umgesetzt werden.

Diese verlangt, dass der Familiennachzug zu Personen mit Aufenthaltsbewilligung, Kurzaufenthaltsbewilligung, Niederlassungsbewilligung oder mit einer vorläufigen Aufnahme gesetzlich ausgeschlossen wird, wenn Ergänzungsleistungen beansprucht werden. Zur Prüfung der Voraussetzungen für den Familiennachzug sollen die ELStellen verpflichtet werden, den Migrationsbehörden den Bezug einer jährlichen EL durch Ausländerinnen und Ausländer zu melden. Die Vergütung von Krankheitsund Behinderungskosten muss dagegen nicht gemeldet werden (neuer Art. 26a E-ELG).

17 18 19

BBl 2016 3007 SR 142.20 BBl 2016 2821

7483

BBl 2016

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Anpassung der Bestimmungen zu den Kapitalbezügen der 2. Säule

­

In der obligatorischen beruflichen Vorsorge werden Kapitalbezüge des BVG-Altersguthabens zum Zeitpunkt der Pensionierung ausgeschlossen.

­

In der obligatorischen beruflichen Vorsorge wird der Bezug des Freizügigkeitsguthabens für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen. Dafür wird die Rückzahlung vorbezogener Vorsorgegelder erleichtert.

Ausgangslage Leistungen der 2. Säule werden normalerweise in Rentenform ausgerichtet. Versicherte können jedoch unter gewissen Voraussetzungen die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen oder fordern, dass ihnen das Altersguthaben ganz oder teilweise als einmalige Kapitalabfindung ausgerichtet wird. Ausserdem können sie die Freizügigkeitsleistung für die Finanzierung von Wohneigentum oder für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vorbeziehen. Als Folge des ganzen oder teilweisen Kapitalbezugs erhalten sie beim Erreichen des Rentenalters keine oder nur eine gekürzte Rente.

Bei der EL-Berechnung werden Renten der 2. Säule in der effektiven Höhe als Einnahmen angerechnet. Bei einem Kapitalbezug wird dagegen nur ein Bruchteil (bei Altersrentnerinnen und -rentnern 1/10, bei Bezügerinnen und Bezügern einer IVRente 1/15, bei Personen im Heim bis zu 1/5) des noch vorhandenen Kapitals pro Jahr als Einnahme berücksichtigt. Bei der EL-Berechnung fällt das Vermögen inklusive BVG-Kapital somit langfristig weniger ins Gewicht als die BVG-Rente. Entsprechend höher ist die Wahrscheinlichkeit einer EL-Abhängigkeit, wenn die BVGLeistungen in Kapitalform und nicht als Rente ausgerichtet wurden. Nahezu jede dritte Person (32,7 %), die EL zur AHV erhält, hat Kapital der 2. Säule bezogen20.

Dieser Anteil hängt sehr stark vom Alter der antragstellenden Person ab. Bei den jungen Pensionierten (jünger als 75) hat vor der EL-Anmeldung fast die Hälfte einmal Kapital bezogen. Bei den älteren (älter als 80) sind es noch gerade 12 Prozent. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die berufliche Vorsorge erst seit 1985 obligatorisch ist und ältere Pensionierte deshalb häufiger keine oder tiefere Altersleistungen aus der beruflichen Vorsorge haben. Der Medianwert aller Kapitalbezüge betrug 90 000 Franken.

Das Risiko, dass die Versicherten von der öffentlichen Hand finanziert werden müssen, kann mithilfe von präventiven, den EL vorgelagerten Massnahmen gesenkt werden. Hierzu muss der obligatorische Teil des BVG-Kapitals bis zum Erreichen des Rentenalters besser geschützt werden und die Auszahlung in Rentenform ist gegenüber dem Kapitalbezug stärker zu begünstigen. In den meisten Fällen würde 20

EL-Statistik, BSV, Erhebung zu den Kapitalbezügen, 2014.

7484

BBl 2016

die Altersvorsorgeleistung dadurch höher ausfallen als das von den EL garantierte Existenzminimum.

Bei den im Anschluss an die Grundsatzentscheide des Bundesrats vom 25. Juni 2014 durchgeführten Vertiefungsarbeiten hat sich jedoch gezeigt, dass nicht alle Kapitalbezüge aus der 2. Säule für die EL die gleichen Risiken bergen. Aus diesem Grund sieht der Entwurf differenzierte Massnahmen vor, die dem spezifischen Risiko der verschiedenen Kapitalbezugsarten Rechnung tragen und diese nur dann einschränken, wenn sie für die EL ein hohes Risiko darstellen. Bei folgenden Kapitalbezügen besteht kein grösseres Risiko: ­

Vorbezüge für den Erwerb von Wohneigentum (Art. 30c BVG) Seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 199321 über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge am 1. Januar 1995 kann eine versicherte Person den Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe ihrer Freizügigkeitsleistung verpfänden (Art. 30b des Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 198222 [BVG] und 331d des Obligationenrechts23 [OR]) oder bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen von ihrer Vorsorgeeinrichtung einen Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen (Art. 30c BVG und 331e OR). Die geltenden Artikel 30a­30g BVG zur Wohneigentumsförderung sind am 1. Januar 1995 in Kraft getreten. Vor diesem Datum sahen die Artikel 37 und 40 BVG seit 1985 die Möglichkeit vor, Wohneigentum mit Mitteln der 2. Säule zu erwerben.

Gemäss einer Datenauswertung24 haben aber lediglich 3 Prozent der neuen EL-Bezügerinnen und -Bezüger, die einen Kapitalbezug getätigt haben, für den Erwerb von Wohneigentum BVG-Guthaben vorbezogen. Diese Art des Kapitalbezugs spielt für die EL daher nur eine untergeordnete Rolle, was insbesondere damit zu erklären ist, dass die bezogene Summe einen Teil des erworbenen Wohneigentums bildet, das grundsätzlich einen sicheren Gegenwert zum Kapital darstellt. Der Wert der erworbenen Immobilie wird in der EL-Berechnung als Vermögen berücksichtigt und der angerechnete Mietwert der Immobilie gleicht die durch den Kapitalbezug wegfallende Rente aus.

Vorbezüge und Verpfändungen sind zudem bereits heute gesetzlich begrenzt. Versicherte, die das 50. Altersjahr überschritten haben, können für den Erwerb von Wohneigentum nicht mehr die ganze Freizügigkeitsleistung beziehen. Sie dürften höchstens die Freizügigkeitsleistung, auf die sie im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt des Bezuges oder der Verpfändung in Anspruch nehmen (Art. 30c Abs. 2 BVG, Art. 331d Abs. 4 und 331e Abs. 2 OR).

21 22 23 24

AS 1994 2372; BBl 1992 VI 237 SR 831.40 SR 220 EL-Statistik, BSV, Erhebung zu den Kapitalbezügen, 2014.

7485

BBl 2016

Angesichts der geringen Risiken dieser Art des Kapitalbezugs genügen die aktuellen Beschränkungen. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, die gesetzlichen Bedingungen für die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge nicht zu ändern.

Hingegen sollte der Anreiz erhöht werden, die Vorbezüge für Wohneigentum vermehrt zurückzahlen. Derzeit ist die Rückzahlung nur bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen zulässig (Art. 30d Abs. 3 Bst. a und 30e Abs. 6 BVG). Die Vorlage sieht vor, Rückzahlungen bis zur Entstehung des reglementarischen Anspruchs auf Altersleistungen zu erlauben.

­

Barauszahlung der Austrittsleistung bei endgültigem Verlassen der Schweiz (Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG) Das geltende Recht unterscheidet zwischen Personen, die endgültig in ein Land der EU/EFTA ausreisen, und solchen, die in ein Land ausserhalb der EU/EFTA ziehen. Im ersten Fall ist die Barauszahlung schon heute für das BVG-Obligatorium insofern ausgeschlossen, als die Person nach den Rechtsvorschriften des betroffenen Staates für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert ist (Art. 25f Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 199325 [FZG]). Einzig das Überobligatorium kann folglich Gegenstand einer Barauszahlung sein. Bei einer endgültigen Ausreise in ein Land ausserhalb der EU/EFTA besteht hingegen keine derartige Beschränkung.

Da EL nur an Personen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz ausgerichtet werden, stellen solche Vorbezüge für die EL kein grosses Risiko dar. Wie die verfügbaren Daten aus dem zentralen Rentenregister zeigen, kehren seit mehreren Jahren nur wenige AHV-Rentnerinnen und -Rentnern in die Schweiz zurück. Im Jahr 2011 sind nur 1100 der 607 500 im Ausland wohnhaften AHV-Rentnerinnen und -rentner wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Davon haben 200 im Jahr darauf EL bezogen.

Zu den Personen, die ihr Vorsorgeguthaben beim Verlassen der Schweiz bezogen haben und vor dem Erreichen des Rentenalters in die Schweiz zurückkehren, existieren keine statistischen Angaben.

Drei Viertel der Rentenbezügerinnen und -bezüger, die wieder in die Schweiz zurückkehren, sind Schweizer Staatsangehörige. Sie können im Gegensatz zu ausländischen Staatsangehörigen bedingungslos einreisen.

Letztere müssen vor einer Rückkehr in die Schweiz den Nachweis erbringen, dass sie für sich selbst und ihre Familienangehörigen über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Andernfalls erhalten sie keine Aufenthaltsbewilligung.

Da nur wenige AHV-Rentenbezügerinnen und -bezüger wieder in die Schweiz zurückkehren und die Ausrichtung von EL infolge der endgültigen Ausreise in einen aussereuropäischen Staat nur 2 Prozent der neuen EL-

25

SR 831.42

7486

BBl 2016

Bezügerinnen und -Bezüger mit Kapitalbezug betrifft26, ist eine Einschränkung in diesen Fällen nicht gerechtfertigt.

­

Ausrichtung von Vorsorgeleistungen als Kapitalabfindung bei geringem Altersguthaben (Art. 37 Abs. 3 BVG) und Barauszahlung der Austrittsleistung, wenn diese tiefer ist als der Jahresbeitrag der versicherten Person (Art. 5 Abs. 1 Bst. c FZG) Von diesen Bestimmungen sind in der Regel Personen mit atypischen Werdegängen und geringem Einkommen betroffen. Bei der Pensionierung sind ihre Altersleistungen tief und die ihnen zustehende BVG-Rente würde nichts daran ändern, dass sie wahrscheinlich trotzdem EL benötigen. Aus diesem Grund wäre der Ausschluss der Kapitalauszahlungen in diesen Fällen unverhältnismässig und würde dem angestrebten Zweck, die EL-Abhängigkeit zu verhindern, nicht dienen.

Während die oben erläuterten Kapitalauszahlungen für die EL nur eine untergeordnete Rolle spielen und die Nachteile einer Beschränkung gegenüber den Vorteilen überwiegen würden, ist das bei Kapitalabfindungen des Altersguthabens zum Zeitpunkt der Pensionierung sowie bei der Barauszahlung der Austrittsleistungen für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht der Fall. 52 Prozent bzw.

13 Prozent der neuen EL-Bezügerinnen und -Bezüger mit einem Kapitalbezug haben diese beiden Bezugsarten in Anspruch genommen.27 Die vorgeschlagenen Beschränkungen beziehen sich deshalb nur auf diese beiden Kapitalauszahlungen.

Ausrichtung des Altersguthabens in Kapitalform Nach geltendem Recht kann eine versicherte Person verlangen, dass ihr ein Viertel ihres BVG-Altersguthabens als einmalige Kapitalabfindung ausgerichtet wird (Art. 37 Abs. 2 BVG). Ausserdem können Vorsorgeeinrichtungen ihren Versicherten die Möglichkeit bieten, ihr gesamtes Altersguthaben anstelle einer Altersrente in Kapitalform zu beziehen (Art. 37 Abs. 4 Bst. a BVG). Gemäss Pensionskassenstatistik des Bundesamts für Statistik (BFS)28 haben im Jahr 2014 insgesamt 36 363 Personen ihr Altersguthaben ganz oder teilweise in Kapitalform bezogen, dies bei einem Gesamtbetrag von rund 6,1 Milliarden Franken, was im Durchschnitt 168 000 Franken pro Person ausmacht.

Den Neubezügerinnen und -bezügern von EL, die sich für eine Kapitalabfindung entschieden haben (es handelt sich um 3400 neue EL-Fälle im Jahr 2014)29, wurden im Durchschnitt 95 500 Franken (Medianbetrag) ausbezahlt. Rund 56 Prozent der Bezüge lagen unter 100 000 Franken, 10 Prozent hingegen überstiegen 250 000 Franken. In vielen Fällen wurde der Kapitalbezug nur wenige Jahre vor der ELAnmeldung getätigt. Die Höhe des Kapitalbezugs hängt eng mit der Zeitspanne 26 27 28 29

EL-Statistik, BSV, Erhebung zu den Kapitalbezügen, 2014.

Ibid.

Die berufliche Vorsorge in der Schweiz: Pensionskassenstatistik 2014. Abrufbar unter www.statistik.admin.ch > Themen > 13 ­ Soziale Sicherheit > Berufliche Vorsorge.

EL-Statistik, BSV, Erhebung zu den Kapitalbezügen, 2014.

7487

BBl 2016

zwischen dem Bezug und dem Eintritt in die EL zusammen. Personen, die bereits innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Pensionierung auf EL angewiesen waren, bezogen mit 40 000 Franken ein über drei Mal kleineres Kapital als jene, die 6­11 Jahre nach der Pensionierung in die EL eintraten. Dieser Umstand lässt sich dadurch erklären, dass der Eintritt in die EL unter anderem deshalb erfolgt, weil sich das bezogene Kapital stark vermindert hat. Bei den Pensionierten mit einem kleinen Kapital ist dies schnell der Fall, während es bei Personen mit einem höheren Vorbezug länger dauert, bis das bezogene Kapital ein Niveau erreicht hat, bei dem ein ELBezug notwendig wird. Zudem werden in fortgeschrittenem Alter auch bei einem guten Einkommen und einer hohen Kapitalabfindung oft EL benötigt, wenn ein Heimaufenthalt finanziert werden muss.

Für die EL besteht das Hauptrisiko dieser Auszahlungsart in der Übertragung der Vermögensverwaltung von der Vorsorgeeinrichtung auf die begünstigte Person. Die Empfängerin oder der Empfänger der Kapitalauszahlung müsste eine etwa gleich hohe Rendite erzielen wie die Vorsorgeeinrichtung, um mit den von der Pensionskasse ausgerichteten Leistungen vergleichbare Renten zu finanzieren. Unter Berücksichtigung des geltenden Umwandlungssatzes von 6,8 Prozent wäre eine mittlere Rendite von 5 Prozent pro Jahr nötig. Sogar bei einer Senkung des Umwandlungssatzes auf 6 Prozent müsste die durchschnittliche Rendite zwischen 3,5 Prozent und 4 Prozent liegen, was doch erheblich ist. Ausserdem würde die Rendite nicht ausreichen, um das Risiko einer überdurchschnittlich langen Lebensdauer, eines verschwenderischen Lebensstils oder einer zweckentfremdeten Verwendung des Vorsorgekapitals und der damit einhergehenden rapiden Abnahme des Altersguthabens zu decken. In solchen Fällen besteht ein hohes Risiko, auf EL angewiesen zu sein.

Es wird deshalb vorgeschlagen, die Kapitalabfindung für den obligatorischen Teil des BVG-Altersguthabens auszuschliessen. Die Guthaben aus dem überobligatorischen Teil sind von dieser Massnahme nicht betroffen.

Ausschluss der Ausrichtung des Altersguthabens in Kapitalform für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge Die vorgeschlagene Massnahme sieht den Ausschluss der Kapitalabfindung für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge (Art. 37 Abs. 2
und 4 BVG) vor.

Dieser dürfte somit ausschliesslich als Rente ausgerichtet werden.

Die folgenden beiden Beispiele zeigen anhand eines einfachen Modells (ohne Berücksichtigung von Lohnentwicklung, Zinsen und Überobligatorium) die Wirkung der vorgeschlagenen Beschränkung des Vorbezugs auf die Höhe der BVG-Rente auf.

7488

BBl 2016

Tabelle 1-1 Wirkung des Ausschlusses des Kapitalbezugs für das BVG-Altersguthaben AHV-Jahreslohn

Maximalbetrag Kapitalbezug im Vorsorgefall

Resultierende Rentendifferenz

Geltende Ordnung

Vorschlag

55 000.­

151 625.­

0

10 311.­

84 600.­

299 625.­

0

20 375.­

Berechnungsgrundlagen: Goldene Regel, Rentensystem 2016.

Das gesamte BVG-Altersguthaben wird in eine Altersrente umgewandelt. Bei einem massgebenden Lohn (Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit, welches gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194630 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG] der AHV-Beitragspflicht unterliegt) von 55 000 Franken beläuft sich die jährliche BVG-Altersrente auf 10 311 Franken. Bei einem massgebenden Lohn von 84 600 Franken (maximal versicherter Jahreslohn in der obligatorischen beruflichen Vorsorge im Jahr 2015) beträgt die jährliche BVGAltersrente 20 375 Franken.

Diese Massnahme gewährleistet im Alter eine gewisse materielle Sicherheit. Das BVG-Altersguthaben kann schnell ausgegeben werden. Ist es einmal aufgebraucht, steht die betroffene Person unter Umständen mittellos da. Eine Rente hingegen garantiert ein regelmässiges Einkommen während der gesamten Dauer des Rentenalters ­ auch dann, wenn die Person überdurchschnittlich lange lebt. Die Rente bietet auch einen besseren Schutz für Personen, die sich vorzeitig pensionieren lassen.

Diese Massnahme berücksichtigt sowohl das Interesse der öffentlichen Hand und der Steuerpflichtigen, den EL-Bezug zu reduzieren, als auch das der Versicherten, das Überobligatorium in Kapitalform beziehen zu können. Gemäss der Pensionskassenstatistik 2014 entfallen bei den aktiven Versicherten 44 Prozent (206 Mrd. Fr.)

des BVG-Guthabens auf das Obligatorium und 56 Prozent (257 Mrd. Fr.) auf das Überobligatorium, bei einem BVG-Kapital von insgesamt 463 Milliarden Franken.

Damit wird die Eigenverantwortung der Versicherten im Bereich der beruflichen Vorsorge ausreichend gewahrt.

Überdies ist die Massnahme einfach umzusetzen, da Vorsorgeeinrichtungen bereits jetzt für jede versicherte Person ein Alterskonto führen müssen, aus dem das obligatorische Altersguthaben ersichtlich ist (Art. 15 Abs. 1 BVG und Art. 11 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 18. April 198431 [BVV 2]).

Mit der vorgeschlagenen Einschränkung wären die Vorsorgeeinrichtungen verpflichtet, das gesamte BVG-Obligatorium als Rente auszurichten. Den verbleibenden Teil des Vorsorgeguthabens können sie ihren Versicherten hingegen in Kapitalform auszahlen, sodass die geltende Bestimmung von Artikel 37 Absatz 2 BVG, wonach die Vorsorgeeinrichtung der versicherten Person auf deren Verlangen hin einen 30 31

SR 831.10 SR 831.441.1

7489

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Viertel ihres BVG-Guthabens als einmalige Kapitalabfindung ausrichten muss, hinfällig wird.

Barauszahlung der Austrittsleistung für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit Versicherte können die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn sie eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen und der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht mehr unterstellt sind (Art. 5 Abs. 1 Bst. b FZG). Das hierzu investierte Geld ist insofern Risikokapital, als die betroffenen Personen Gefahr laufen, die gesamte 2. Säule oder einen Teil davon zu verlieren, wenn ihr Geschäft die erwartete Rendite nicht erreicht und sie Konkurs anmelden müssen. Dieses Risiko ist gross.

Nach den Statistiken zu den Überlebensraten neuer Unternehmen32 verschwindet ein Drittel der Einzelunternehmen oder Personengesellschaften drei Jahre und die Hälfte fünf Jahre nach ihrer Gründung wieder, wobei denkbar ist, dass ein Teil davon lediglich die Rechtsform gewechselt hat und weiterhin existiert.

Dazu kommt, dass das Armutsrisiko bei Selbstständigerwerbenden ­ insbesondere, wenn sie keine Angestellten haben ­ ohnehin bereits deutlich höher ist als bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.33 Haben sie keine Altersvorsorge mehr, ist dieses Risiko nach der Pensionierung noch höher. Eine Auswertung verschiedener Daten zeigt, dass 2013 insgesamt 8,5 Prozent der Selbstständigerwerbenden innerhalb der ersten fünf Jahre nach ihrer Pensionierung EL beziehen, gegenüber 5,3 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese Zahlen beruhen auf der Auswertung verschiedener Daten eines Jahrgangs von Rentenbezügerinnen und -bezügern (Jahrgang 1943 bei den Männern und Jahrgang 1944 bei den Frauen) in der Schweiz zum Zeitpunkt ihrer Pensionierung. Personen, die vor ihrer Pensionierung eine IV- oder Hinterlassenenrente bezogen haben, wurden aus methodischen Gründen ausgeklammert.

Um das Risiko zu begrenzen, dass diese Personen auf EL angewiesen sind, müssen die Barauszahlungen des Vorsorgeguthabens eingeschränkt werden. Die Barauszahlung des BVG-Obligatoriums (Art. 15 BVG) soll deshalb ausgeschlossen werden.

Die folgenden Beispiele zeigen anhand eines einfachen Modells die Wirkung der vorgeschlagenen Beschränkung der Barauszahlung auf die Höhe der Rente im BVGObligatorium auf.

32

33

Vgl. Überlebensraten von neu gegründeten Unternehmen. Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Themen > 06 ­ Industrie, Dienstleistungen > Unternehmen > Indikatoren > Unternehmensdemografie > Überlebensraten.

Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen der Haushalte in der Schweiz SILC, Version 14.04.2014, BFS, Neuchâtel 2014.

7490

BBl 2016

Tabelle 1-2 Wirkung der Beschränkung der Barauszahlung bei Selbstständigkeit AHV-Jahreslohn

55 000.­ 55 000.­ 84 600.­ 84 600.­

Alter bei Barauszahlung

Maximalbetrag Barauszahlung bei Selbstständigkeit Geltende Ordnung

Vorschlag

Differenz

45 Jahre 60 Jahre 45 Jahre 60 Jahre

56 101.­ 129 791.­ 110 861.­ 256 479.­

0 0 0 0

56 101.­ 129 791.­ 110 861.­ 256 479.­

Resultierende Rentendifferenz

3 815.­ 8 826.­ 7 539.­ 17 441.­

Berechnungsgrundlagen: Goldene Regel, Rentensystem 2016.

Mit diesem Vorschlag wird das Risiko, auf EL angewiesen zu sein, gesenkt, und das obligatorische BVG-Vorsorgeguthaben bleibt bis zur Pensionierung für die Finanzierung einer minimalen Altersrente erhalten. Dies führt in den betrachteten Beispielen je nach Lohnhöhe und Alter bei der Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit zu einer Verbesserung der jährlichen BVG-Rente von 3815­17 441 Franken. Ist ein Guthaben aus dem überobligatorischen Teil vorhanden, kann dieses ohne Einschränkungen als Kapitalabfindung bezogen werden, da der überobligatorische Teil der beruflichen Vorsorge nicht von dieser Massnahme betroffen ist.

Finanzielle Auswirkungen Mit einer AHV-Rente und dem Bezug des BVG-Obligatoriums in Rentenform sollte eine zu Hause lebende Person auch ohne EL über genügend Mittel verfügen. Derzeit liegt die EL-Schwelle für eine alleinstehende Person bei durchschnittlich 2921 Franken pro Monat. Je höher die berufliche Vorsorge, desto geringer ist das Risiko eines EL-Bezuges. Massnahmen zum Schutz des Vorsorgeguthabens und somit zur Erhöhung der BVG-Rente haben positive Auswirkungen auf die Finanzen der EL.

Ein Ausschluss der Kapitalabfindung für das BVG-Obligatorium hätte im Jahr 2030 eine Reduktion der EL-Ausgaben von 102 Millionen Franken zur Folge; davon würden 29 Millionen Franken auf den Bund und 73 Millionen Franken auf die Kantone entfallen. Mit der Massnahme für Selbstständigerwerbende könnten im Jahr 2030 insgesamt 20 Millionen Franken eingespart werden; davon würden rund 6 Millionen Franken auf den Bund und rund 14 Millionen Franken auf die Kantone entfallen.

Längerfristig werden die Kapitalbezüge das EL-System tendenziell vermehrt belasten, da die Kapitalabfindungen in den vergangenen Jahren zugenommen haben.

Personen, die nach einem Kapitalbezug auf EL angewiesen sind, werden aufgrund der steigenden Lebenserwartung allgemein länger im EL-System verbleiben. Bei einem Heimeintritt ist zudem für viele weitere Personen ein EL-Bezug oft unumgänglich. Somit verursachen Kapitalbezüge, die zu einem Wegfall oder zu einer kleineren PK-Rente führten, automatisch höhere Kosten bei den EL.

7491

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Geprüfte, aber nicht weiter verfolgte Massnahmen im Zusammenhang mit dem Schutz der bei Freizügigkeitseinrichtungen deponierten Guthaben Wenn eine Person ihre Stelle aufgibt oder verliert, ohne dass sie eine neue Arbeit gefunden hat oder die berufliche Vorsorge freiwillig weiterführt, wird ihre Austrittsleistung an eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen. Nach Artikel 13 Absatz 2 FZV werden die Leistungen nach Vertrag oder Reglement als Rente oder als Kapitalabfindung ausbezahlt. In der Praxis können bei Freizügigkeitseinrichtungen deponierte Guthaben aber nur sehr selten als Rente bezogen werden. Mit dem Stellenverlust verliert die betroffene Person in den meisten Fällen auch ihren Anspruch auf eine lebenslängliche Altersrente der 2. Säule.

Wie die Ausrichtung von Vorsorgeleistungen als Kapitalabfindung oder die Barauszahlung der Austrittsleistung für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ist auch die Auszahlung des bei einer Freizügigkeitseinrichtung deponierten Guthabens ein bedeutendes Risiko für die EL. Wie die verfügbaren Daten zeigen, haben 17 Prozent der neuen EL-Bezügerinnen und -Bezüger einen solchen Bezug getätigt.

Die Reform der Altersvorsorge 2020 schlägt diesbezüglich die folgenden Massnahmen vor: Personen, die zwischen der Vollendung des 58. und des 60. Altersjahres entlassen werden, können die berufliche Vorsorge bis zum Mindestalter für den Bezug von Altersleistungen weiterführen und die dafür geleisteten Beiträge von den Steuern abziehen. Um zu verhindern, dass die Abzugsfähigkeit einzig für die Steueroptimierung genutzt wird, muss die Altersleistung als Rente bezogen werden (Art. 81b E-BVG). Ferner kann die Ausrichtung des Freizügigkeitsguthabens frühestens bei Erreichen des Mindestalters für den Bezug der Altersleistung erfolgen (Art. 60a E-BVG)34. Im Rahmen seiner Beratungen ist der Ständerat den Reformvorschlägen des Bundesrates gefolgt und hat zudem eine Massnahme für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt, die ihre Stelle nach dem 58. Altersjahr verlieren. Diese können ihre Vorsorge bis zum Erreichen des Referenzalters bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung weiterführen; die dafür geleisteten Beiträge sind steuerlich absetzbar.

Mit der Reform wird das massgebende Mindestalter ausser in Ausnahmefällen von 58 auf 62 Jahre angehoben. Dadurch verlängert sich der Zeitraum des Versichertenschutzes. Die Versicherten können nicht mehr gezwungen werden, ihr Altersguthaben vor ihrem 62. Altersjahr vorzubeziehen.

34

BBl 2015 1 245

7492

BBl 2016

1.2.2

Massnahmen zur Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung

­

Die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen werden gesenkt; Orientierungspunkt bilden die Ansätze vor dem Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung. Die Freibeträge auf selbstbewohnten Liegenschaften bleiben unverändert.

­

Der Begriff des Vermögensverzichts wird auf Fälle ausgedehnt, in denen ein grosser Teil des Vermögens innerhalb von kurzer Zeit verbraucht wird, ohne dass dafür ein wichtiger Grund vorliegt.

­

Für die EL-Berechnung können Hypothekarschulden nur noch vom Wert der Liegenschaft und nicht mehr vom Gesamtvermögen in Abzug gebracht werden.

­

Dem im Heim lebenden Ehegatten wird der grössere Vermögensanteil zugerechnet als dem zu Hause lebenden Ehegatten.

Höhe der Vermögensfreibeträge Ausgangslage und geltendes Recht Das Ziel der Ergänzungsleistungen zur AHV/IV ist die Existenzsicherung von Personen, die eine Grundleistung der AHV oder IV beziehen und ihren Lebensunterhalt nicht mit eigenen Mitteln bestreiten können. Versicherte, die ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus dem Vermögen decken können, sollen durch die EL nicht bzw. nicht vollumfänglich unterstützt werden. Bei der EL-Berechnung sind deshalb nicht nur Einkünfte wie Renten, Erwerbseinkommen etc., sondern auch das Vermögen angemessen zu berücksichtigen. Aus diesem Grund wird bei der ELBerechnung ein Teil des Gesamtvermögens (Bruttovermögen abzüglich sämtlicher Schulden), das einen bestimmten Freibetrag übersteigt, jährlich als Einnahme angerechnet (sog. Vermögensverzehr). Bei Bezügerinnen und Bezügern einer Altersrente beträgt dieser Teil 1/10, bei Bezügerinnen und Bezügern einer IV-Rente 1/15. Bei im Heim lebenden Personen kann der jeweilige Kanton den Vermögensverzehr auf höchstens 1/5 erhöhen (Art. 11 Abs. 2 ELG). Vermögen, welches über dem Freibetrag liegt, hat folglich eine Reduktion des EL-Betrages zur Folge. Vermögen unter dem Freibetrag hat dagegen keinen Einfluss auf die Höhe der EL.

Der Freibetrag auf dem Gesamtvermögen, welcher gemäss Botschaft zum ELG von 1964 «als Notpfennig (...) ausser Rechnung bleiben» sollte35, lag zwischen 1992 und 2010 bei 25 000 Franken für Alleinstehende, 40 000 Franken für Ehepaare und 15 000 Franken für Kinder. Im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung hat der Gesetzgeber die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen für alleinstehende Personen auf 37 500 Franken und für Ehepaare auf 60 000 Franken erhöht.

35

BBl 1964 II 681, hier 693

7493

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Zusätzlich zum Freibetrag auf dem Gesamtvermögen besteht für selbstbewohnte Liegenschaften ein gesonderter Freibetrag. Damit soll vermieden werden, dass ein EL-Anspruch abgewiesen werden muss, weil die antragstellende Person über eine bescheidene selbstbewohnte Liegenschaft verfügt, die sie weitgehend oder gänzlich abbezahlt hat. Dieser gesonderte Freibetrag erlaubt einer versicherten Person, die nebst der Liegenschaft über keine finanziellen Reserven verfügt, ihr Wohneigentum zu behalten und damit im gewohnten sozialen Umfeld zu bleiben. Der Freibetrag für selbstbewohnte Liegenschaften liegt schweizweit einheitlich bei 112 500 Franken.

Im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung wurde der Freibetrag auf selbstbewohnten Liegenschaften für Ehepaare, bei denen ein Ehegatte im Heim und der andere zu Hause lebt, von 112 500 auf 300 000 Franken erhöht. Dieselbe Erhöhung wurde für Fälle beschlossen, in denen eine Person eine Hilflosenentschädigung der AHV, IV, Unfallversicherung oder Militärversicherung bezieht und eine Liegenschaft bewohnt, die sie oder ihr Ehegatte besitzt.

Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen Die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen, welche seit dem 1. Januar 1992 bei 25 000 Franken für Alleinstehende und bei 40 000 Franken für Ehepaare lagen, wurden mit dem Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung per 1. Januar 2011 um je 50 Prozent angehoben. Die Erhöhung lag damit deutlich über der Teuerung, welche zwischen 1992 und 2011 nur bei etwa 20 Prozent lag. Von den erhöhten Freibeträgen profitieren ausschliesslich Personen mit einem entsprechenden Vermögen, die gegenüber den übrigen EL-Bezügerinnen und -Bezüger bereits über einen wirtschaftlichen Vorteil verfügen. Bei Personen und Ehepaaren mit einem Gesamtvermögen, das über dem alten Freibetrag von 25 000 bzw. 40 000 Franken lag, führte die Anhebung der Freibeträge zu einer Erhöhung der jährlichen EL. Die stärkste Erhöhung erfuhren Personen und Ehepaare, deren Vermögen über dem neuen Freibetrag von 37 500 bzw. 60 000 Franken lag. Für eine zu Hause lebende alleinstehende Person mit IV-Rente konnte sich die jährliche EL um höchstens 833 Franken erhöhen, für eine alleinstehende Person mit AHV-Rente um höchstens 1250 Franken. Bei zu Hause lebenden Ehepaaren konnte sich die EL zu einer IV-Rente um höchstens 1333 Franken
erhöhen, die EL zu einer Altersrente um höchstens 2000 Franken. Bei einer im Heim lebenden alleinstehenden Person konnte die Erhöhung je nach Kanton bis zu 2500 Franken betragen. Wenn beide Ehegatten im Heim lebten, konnte sich die Erhöhung je nach Kanton auf höchstens 4000 Franken (2000 Franken pro Ehegatte) belaufen.

Hohe Freibeträge führen ausserdem dazu, dass auch Personen durch die EL unterstützt werden, die ihren Lebensunterhalt zumindest für eine gewisse Zeit noch in zumutbarer Weise aus eigenen Mitteln bestreiten können, indem sie einen Teil ihres Vermögens dafür einsetzen. Als Bedarfsleistungen sollen die EL jedoch gezielt nur jenen Personen zukommen, die auch tatsächlich darauf angewiesen sind. Dies ist durch die tieferen Freibeträge, wie sie vor dem Inkrafttreten der Pflegefinanzierung bestanden, besser gewährleistet als durch die aktuell geltenden Ansätze. Die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen sollen deshalb wieder gesenkt werden.

Die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen wurden per 1. Januar 1992 auf den vor der Neuordnung der Pflegefinanzierung geltenden Stand von 25 000 Franken für 7494

BBl 2016

Alleinstehende und 40 000 Franken für Ehepaare erhöht. Unter Berücksichtigung der seither aufgelaufenen Teuerung soll der Freibetrag für Alleinstehende neu bei 30 000 Franken und derjenige für Ehepaare bei 50 000 Franken festgelegt werden.

Dieser Betrag ermöglicht es einer EL-beziehenden Person, auch für grössere unerwartete Auslagen ausreichende Rückstellungen zu bilden. Der Freibetrag für das Vermögen von Kindern wurde im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung nicht erhöht und soll auch weiterhin bei 15 000 Franken liegen.

Tabelle 1-3 Übersicht über die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen Personenkonstellation

Höhe des Freibetrages auf dem Gesamtvermögen ab 1992

Höhe des Freibetrages auf dem Gesamtvermögen ab 2011

Höhe des Freibetrages auf dem Gesamtvermögen ab Inkrafttreten der EL-Reform

Alleinstehend

25 000.­

37 500.­

30 000.­

Ehepaar

40 000.­

60 000.­

50 000.­

Kinder

15 000.­

15 000.­

15 000.­

Von der Senkung des Freibetrages auf dem Gesamtvermögen sind nur Personen betroffen, deren Vermögen über den neuen Ansätzen von 30 000 bzw. 50 000 Franken liegt. In diesen Fällen führt die Senkung der Freibeträge zu einem leicht tieferen EL-Betrag. Bei zu Hause lebenden alleinstehenden Personen beträgt die Differenz im monatlichen EL-Betrag höchstens 63 Franken, bei Ehepaaren und bei im Heim lebenden Personen höchstens 125 Franken. Auf EL-beziehende Personen, deren Vermögen kleiner ist als 30 000 bzw. 50 000 Franken, hat die Senkung des Freibetrages keinen Einfluss.

Nicht betroffen von dieser Massnahme sind die Freibeträge auf selbstbewohnten Liegenschaften. Sie sollen im bisherigen Umfang beibehalten werden.

Finanzielle Auswirkungen Im Jahr 2030 sind rund 91 800 EL-beziehende Personen von der Senkung des Freibetrages auf dem Gesamtvermögen betroffen. Die Minderausgaben für die EL betragen zu jenem Zeitpunkt rund 64 Millionen Franken; davon entfallen 19 Millionen Franken auf den Bund und 45 Millionen Franken auf die Kantone.

Anrechnung von Vermögensverzichten Ausgangslage und geltendes Recht In der EL-Berechnung wird nebst dem tatsächlich vorhandenen Vermögen auch dasjenige Vermögen berücksichtigt, auf das eine Person freiwillig verzichtet hat.

Dieses sogenannte Verzichtsvermögen wird in die EL-Berechnung einbezogen, wie wenn es noch vorhanden wäre, d. h. es wird zum übrigen, tatsächlich vorhandenen Vermögen hinzugerechnet. Im geltenden Recht wird der Vermögensverzicht nicht definiert, er richtet sich nach der Rechtsprechung. Demnach liegt ein Vermögens7495

BBl 2016

verzicht vor, wenn eine Person ohne rechtliche Verpflichtung und ohne eine gleichwertige Gegenleistung zu beziehen auf Vermögenswerte verzichtet hat oder einen Anspruch auf Güter oder Einnahmen hätte, diesen aber nicht wahrnimmt. 36 Diese Regelung stösst jedoch an ihre Grenzen. So stellen beispielsweise Schenkungen und Erbvorbezüge immer einen Vermögensverzicht dar, sofern keine angemessene Gegenleistung vorliegt. Wurde hingegen eine solche vereinbart, ist die Unterscheidung schwieriger. Gemäss Rechtsprechung liegt kein Vermögensverzicht vor, wenn die Gegenleistung gleichwertig ist.37 Nicht von Bedeutung ist dagegen, ob die Gegenleistung der Deckung des Existenzbedarfs dient. Die versicherte Person kann also ein Luxusleben führen und, wenn das Vermögen aufgebraucht ist, EL beantragen, ohne Sanktionen in Kauf nehmen zu müssen. Die Kapitalbezüge aus der 2. Säule werden ebenfalls in die EL-Berechnung einbezogen und auf einen allfälligen Vermögensverzicht hin untersucht. Wie das Vermögen können auch sie ausgegeben werden, ohne dass die Betroffenen bei der EL-Bemessung sanktioniert werden. Die fehlenden Sanktionen können die Versicherten veranlassen, ihr gesamtes Vermögen schnell zu verbrauchen. Dies wird insbesondere dann als stossend empfunden, wenn das BVG-Guthaben zu vollkommen anderen Zwecken als für die Vorsorge verwendet wurde.

Theoretisch wäre es möglich, die Verwendung von Guthaben der 2. Säule zu anderen Zwecken als für die Altersvorsorge in einer speziellen Regelung einem Vermögensverzicht gleichzusetzen. In den meisten Fällen ist aber neben dem BVG-Kapital auch noch Erspartes vorhanden. Durch die Vermischung des BVG-Kapitals mit den anderen Ersparnissen ist es nicht mehr möglich zu unterscheiden, welche Vermögensmasse zu welchem Zweck verwendet wurde. Eine solche Massnahme würde daher voraussetzen, dass das Guthaben der 2. Säule auf ein separates Konto überwiesen wird. Seine Verwendung müsste stets, also während vielen Jahren, begründet und dokumentiert werden. Genau aus diesem Grund wäre eine solche Massnahme kaum umsetzbar. Es wird deshalb vorgeschlagen, eine Bestimmung einzuführen, die den Vermögensverzicht ohne Unterscheidung der Vermögensherkunft regelt.

Einführung einer rechtlichen Definition des Vermögensverzichts Zur Sicherstellung von Transparenz und Rechtssicherheit soll der
Begriff des Vermögensverzichts gesetzlich definiert werden. Die vorgeschlagene Definition übernimmt in ihren Grundsätzen die in der Rechtsprechung verwendete Begriffsbestimmung. In diesem Sinne liegt ein Vermögensverzicht immer dann vor, wenn eine Entäusserung von Vermögenswerten ohne Rechtspflicht oder zwingenden Grund erfolgte oder wenn keine gleichwertige Gegenleistung vereinbart wurde.

Um zu verhindern, dass eine versicherte Person ihr Vermögen (inkl. BVG-Kapital) zu schnell aufbraucht und anschliessend bei der AHV oder IV ein Antrag auf EL stellt oder eine Neuberechnung der EL verlangt, soll zudem eine jährliche Ausgabengrenze festgelegt werden. Ausgaben, die diese Grenze übersteigen, sollen als Verzichtsvermögen angerechnet werden, auch dann, wenn der Nachweis einer gleichwertigen Gegenleistung erbracht wird. Die Grenze für einen zu schnellen 36 37

Zeitschrift für die Ausgleichskassen der AHV (ZAK) 1990 S. 355 f. und 1991 S. 137; AHI-Praxis 1995 S. 48.

BGE 122 V 394

7496

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Vermögensverzehr soll bei 10 Prozent des Vermögens pro Jahr festgelegt werden.

Darüber hinausgehende Ausgaben, die ohne Rechtspflicht oder wichtigen Grund erfolgen, stellen einen Vermögensverzicht dar. Mit der jährlichen 10-ProzentGrenze wird ­ abhängig vom verfügbaren Vermögen ­ dem individuellen Lebensstil Rechnung getragen. Für Vermögen unter 100 000 Franken soll eine Ausnahmeregelung gelten, da eine Begrenzung auf 10 Prozent zu restriktiv wäre. In diesen Fällen soll die Ausgabengrenze 10 000 Franken pro Jahr betragen.

Finanzielle Auswirkungen Da der Hauptzweck dieser Regelung darin besteht, die aktuelle Praxis klarer zu definieren und rechtlich festzuhalten, indem der Vermögensverzicht zur Vermeidung von missbräuchlichem Vermögensverzehr genauer bestimmt wird, ohne den Anspruch auf EL zu beeinträchtigen, sind die finanziellen Auswirkungen für die EL gering. Gemäss der EL-Statistik 2015 wird in der EL-Berechnung bei den anrechenbaren Einnahmen für eine alleinstehende, zu Hause lebende Person im Durchschnitt (d. h. bei allen AHV- und IV-Rentenbezügerinnen und -bezügern) ein monatlicher Vermögensverzehr von 43 Franken berücksichtigt. Für im Heim lebende Personen beläuft sich dieser Betrag auf 265 Franken pro Monat. Dies liegt unter anderem daran, dass in den meisten Kantonen ein Fünftel des Nettovermögens von Heimbewohnenden zu den anrechenbaren Einnahmen gezählt wird, gegenüber einem Zehntel bei AHV-Rentnerinnen und -rentnern bzw. einem Fünfzehntel bei zu Hause lebenden IV-Rentenbezügerinnen und -bezügern.

Ermittlung des Reinvermögens bei Personen mit Wohneigentum Ausgangslage und geltendes Recht Grundsätzlich werden für die EL-Berechnung sämtliche Vermögenswerte in ihrer tatsächlichen Höhe berücksichtigt. Von der Bruttovermögenssumme werden eventuell vorhandene Schulden sowie der Freibetrag auf dem Gesamtvermögen in Abzug gebracht. Selbstbewohnte Liegenschaften werden jedoch nicht in voller Höhe in der EL-Berechnung berücksichtigt. Sie werden einerseits nur zum Steuerwert angerechnet, welcher oft deutlich unter dem tatsächlichen Wert (Verkehrswert) liegt. Andererseits besteht auf selbstbewohnten Liegenschaften ein gesonderter Freibetrag von 112 500 bzw. 300 000 Franken. Diese doppelte Privilegierung kann dazu führen, dass der in der EL-Berechnung berücksichtigte Wert der Liegenschaft im Einzelfall tiefer ist als die damit zusammenhängenden Hypothekarschulden. Letztere sind nach geltendem Recht in der gesamten Höhe vom Totalvermögen der EL-beziehenden Person in Abzug zu bringen. Im Endeffekt kann also das Eigentum an einer Liegenschaft das in der EL-Berechnung berücksichtigte Gesamtvermögen schmälern. Dies führt wiederum dazu, dass für die EL-Berechnung von wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen wird, welche nicht der Realität entsprechen.

Abzug der Hypothekarschulden nur noch vom Wert der Liegenschaft Künftig sollen Hypothekarschulden nur noch vom Wert der Liegenschaft und nicht mehr wie bisher vom Gesamtvermögen in Abzug gebracht werden können. Wird eine Liegenschaft von der EL-beziehenden Person, ihrem Ehegatten oder einer 7497

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Person, welche in die EL-Berechnung berücksichtigt wird, bewohnt, ist zusätzlich zu den Hypothekarschulden der Freibetrag auf selbstbewohnten Liegenschaften vom Wert der Liegenschaft in Abzug zu bringen.

Aufgrund des hohen erforderlichen Detaillierungsgrades soll die materielle Regelung auf Verordnungsebene erfolgen. Im Rahmen der vorliegenden Revision soll eine entsprechende Delegationsnorm an den Bundesrat geschaffen werden.

Finanzielle Auswirkungen Die vorgeschlagene Regelung zur Berücksichtigung von Hypothekarschulden betrifft im Jahr 2030 rund 3600 Personen und führt in jenem Zeitpunkt zu EL-Minderausgaben von gut 8 Millionen Franken. Davon entfallen rund 5 Millionen Franken auf den Bund und rund 3 Millionen Franken auf die Kantone.

Zurechnung des Vermögens bei Ehepaaren Ausgangslage und geltendes Recht Gemäss Artikel 163 des Zivilgesetzbuches38 (ZGB) hat jeder Ehegatte nach seinen Kräften für den gebührenden Unterhalt der Familie zu sorgen. Beide Ehegatten sind verpflichtet, ihr Einkommen und gegebenenfalls auch ihr Vermögen für den Unterhalt der Familie zu verwenden. Diese zivilrechtliche Unterstützungspflicht geht den EL vor. Bei verheirateten Personen wird deshalb eine gemeinsame EL-Berechnung gemacht, in welcher immer das Einkommen und das Vermögen beider Ehegatten in der EL-Berechnung berücksichtigt werden. Die anerkannten Ausgaben und die anrechenbaren Einnahmen beider Ehegatten werden zusammengerechnet und auf diesem Weg ein gemeinsamer EL-Betrag ermittelt (Art. 9 Abs. 2 ELG). Für die Berechnung des Vermögensverzehrs werden sämtliche Vermögenswerte beider Ehegatten berücksichtigt.

Bei Ehepaaren, bei denen ein Ehegatte oder beide in einem Heim oder Spital leben, wird von diesem Grundsatz abgewichen und die jährliche EL für jeden Ehegatten gesondert berechnet (Art. 9 Abs. 3 ELG). Die anerkannten Ausgaben werden dabei demjenigen Ehegatten zugerechnet, den sie betreffen. Ausgaben, die beide Ehegatten betreffen, werden hälftig geteilt (Art. 1c Abs. 1 der Verordnung vom 15. Januar 197139 über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [ELV]). Die anrechenbaren Einnahmen werden mit wenigen Ausnahmen zusammengerechnet und hälftig auf die Ehegatten aufgeteilt. Die hälftige Aufteilung betrifft auch den Vermögensverzehr. Wenn die EL-Berechnung bei einem Ehegatten einen Einnahmenüberschuss ergibt, darf dem anderen Ehegatten nichts davon als Einnahme angerechnet werden. Der zu Hause lebende Ehegatte muss sich folglich mit seinem Einkommen nicht am Heimaufenthalt beteiligen.

Die gesonderte EL-Berechnung für Ehepaare, bei denen mindestens ein Ehegatte im Heim oder Spital lebt, wurde eingeführt, um Härtefälle zu vermeiden.40 Da der zu 38 39 40

SR 210 SR 831.301 Vgl. Botschaft zur 3. EL-Revision vom 20. November 1996, BBl 1997 I 1205.

7498

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Hause lebende Ehegatte seine Einnahmen ausschliesslich für den eigenen Unterhalt verwenden kann und sich nicht an den Heimkosten beteiligen muss, wird sichergestellt, dass der Heimaufenthalt für den zu Hause lebenden Ehegatten nicht zu einer starken wirtschaftlichen Verschlechterung oder sogar einer EL-Abhängigkeit führt.

Aufteilung des Vermögens bei Ehepaaren, bei denen ein Ehegatte in einem Heim oder Spital lebt Zusätzlich zum Freibetrag auf Gesamtvermögen besteht für selbstbewohnte Liegenschaften ein gesonderter Freibetrag. Dieser liegt im Normalfall bei 112 500 Franken.

Im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung wurde der Freibetrag auf selbstbewohnten Liegenschaften für Ehepaare, von denen ein Ehegatte zu Hause und der andere in einem Heim oder Spital lebt, auf 300 000 Franken erhöht. Zusammen mit dem Freibetrag auf dem Gesamtvermögen können vom effektiven Vermögen insgesamt 360 000 Franken in Abzug gebracht werden. Vom verbleibenden Vermögen muss nach der geltenden Regelung höchstens die Hälfte für den Heimaufenthalt verwendet werden, da die andere Hälfte im Rahmen der EL-Berechnung dem zu Hause lebenden Ehegatten zugewiesen wird. Der zu Hause lebende Ehegatte kann über den ihm zugerechneten Teil des Vermögens frei verfügen und benötigt diesen in der Regel nicht für die Finanzierung seines eigenen Lebensunterhaltes. In Fällen, in denen die Einnahmen des zu Hause lebenden Ehegatten nicht ausreichen, um dessen eigene Ausgaben zu decken, wird für ihn ein eigener EL-Betrag ausgerichtet.

Da in der EL-Berechnung für den zu Hause lebenden Ehegatten bei den Ausgaben auch die Hypothekarzinsen und Gebäudeunterhaltskosten für die selbstbewohnte Liegenschaft berücksichtigt werden, muss das Vermögen auch nicht für den Erhalt der Liegenschaft verwendet werden. Durch die bestehende Regelung ergibt sich eine starke Privilegierung gegenüber Ehepaaren, die gemeinsam zu Hause leben, und bei denen nach dem Abzug eines geringeren Freibetrages (bei Ehepaaren mit einer selbstbewohnten Liegenschaft insgesamt 172 500 Franken, in allen anderen Fällen 60 000 Franken) das gesamte Vermögen in der gemeinsamen EL-Berechnung berücksichtigt wird.

Bei Ehepaaren, welche eine Liegenschaft besitzen, die von einem Ehegatten bewohnt wird, während der andere im Heim oder Spital lebt, soll deshalb das gemeinsame Vermögen
im Zukunft stärker in die EL-Berechnung des im Heim lebenden Ehegatten einbezogen werden. Zu diesem Zweck soll das Vermögen nach Abzug der Freibeträge nicht mehr wie bisher hälftig geteilt werden, sondern zu drei Vierteln dem im Heim lebenden Ehegatten und zu einem Viertel dem zu Hause lebenden Ehegatten zugerechnet werden. Damit die neue Vermögenszuteilung ihre Wirkung entfalten kann, darf der Vermögensverzehr nicht mehr wie bisher hälftig geteilt werden, sondern ist jedem Ehegatten gesondert als Einnahme anzurechnen.

Von der Massnahme sind ausschliesslich Ehepaare betroffen, die zusätzlich zu ihrer Liegenschaft über gewisse finanzielle Reserven verfügen. Hier hat die neue Aufteilung des Vermögens einen tieferen EL-Betrag zur Folge, der durch einen stärkeren Verzehr des Barvermögens kompensiert werden kann. Bei einem Ehepaar mit einer Liegenschaft im steuerlichen Wert von 350 000 Franken, Hypothekarschulden von 100 000 Franken und einem Sparvermögen von 200 000 Franken führt die neue Aufteilung des Vermögens zu einer Reduktion des EL-Betrages von etwas mehr als 7499

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300 Franken pro Monat. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Liegenschaft aufgrund dieser Anpassung nicht verkauft werden muss.

Finanzielle Auswirkungen Die vorgeschlagene Regelung zur Aufteilung des Vermögens betrifft im Jahr 2030 knapp 800 Personen und führt im selben Jahr zu einer Reduktion der EL-Ausgaben von 2 Millionen Franken. Diese kommen hauptsächlich den Kantonen zugute.

Geprüfte, aber nicht weiterverfolgte Massnahmen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Vermögens Personen, die über ein gewisses Vermögen verfügen, können ihren Lebensunterhalt für eine gewisse Zeit aus eigenen Mitteln finanzieren, indem sie dieses Vermögen für den Lebensunterhalt einsetzen. Sie sind deshalb ­ zumindest vorübergehend ­ nicht auf Unterstützung durch die EL angewiesen. Nach dem heutigen Recht gibt es jedoch keine absolute Obergrenze beim Vermögen, bei deren Überschreiten ein ELAnspruch ausgeschlossen wäre. Das Vermögen wird in der EL-Berechnung berücksichtigt, indem jährlich ein bestimmter Teil davon als Vermögensverzehr angerechnet wird. In der Praxis führt ein hohes Vermögen deshalb regelmässig dazu, dass die EL-Berechnung einen Einnahmenüberschuss ergibt und die betreffende Person deshalb keinen Anspruch auf Leistungen hat. Dies gilt insbesondere für Personen, die zu Hause leben. Bei Personen im Heim, in deren EL-Berechnung die hohen Ausgaben für den Heimaufenthalt berücksichtigt werden, kann auch bei einem etwas höheren Vermögen immer noch ein EL-Anspruch entstehen. Im Rahmen der vorliegenden Reform wurde deshalb geprüft, ob ein EL-Anspruch für Personen, deren Vermögen eine bestimmte Schwelle überschreitet, ausgeschlossen werden soll (Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen).

Vermögenssituation der EL-beziehenden Personen Wie die untenstehende Tabelle zeigt, weisen EL-beziehende Personen, die zu Hause leben, in der Regel ein geringes Nettovermögen auf. Mit dem Nettovermögen ist das Gesamtvermögen einschliesslich selbstbewohnter Liegenschaften nach Abzug sämtlicher Schulden, aber ohne Berücksichtigung jeglicher Vermögensfreibeträge gemeint. Mehr als die Hälfte der zu Hause lebenden alleinstehenden Personen und Ehepaare besitzt 10 000 Franken oder weniger; nur etwa ein Viertel hat ein Vermögen, welches über dem neu vorgesehenen Freibetrag von 30 000 bzw. 50 000 Franken liegt. Vermögen über 100 000 Franken sind nur selten vorhanden und liegen fast ausschliesslich in Form selbstbewohnter Liegenschaften vor. Mit rund 4 bzw.

9 Prozent ist auch die Wohneigentumsquote tief. Im Heim lebende alleinstehende Personen haben im Durchschnitt ein etwas höheres Vermögen als zu Hause lebende Personen. Aber auch hier verfügt fast jede dritte Person (30 %) über höchstens 10 000
Franken. Besser situiert als im Heim lebende alleinstehende Personen sind Ehepaare, bei denen einer oder beide Ehegatten im Heim leben. Bei Ehepaaren, bei denen nur einer der Ehegatten im Heim lebt, ist das relativ hohe Durchschnittsvermögen in vielen, aber nicht in allen Fällen auf das Vorhandensein einer selbstbe-

7500

BBl 2016

wohnten Liegenschaft zurückzuführen. Mit rund 25 Prozent ist die Wohneigentumsquote in dieser Fallkonstellation relativ hoch.

Tabelle 1-4 Vermögenssituation EL-beziehender Personen nach Fallkonstellation Bruttovermögen einschliesslich selbstbewohnter Liegenschaften minus Schulden, vor Abzug der Freibeträge Vermögen

Zu Hause

Im Heim

Alleinstehend

Ehepaar

Alleinstehend

Ein Ehegatte im Heim

Beide Ehegatten im Heim

1­ 10 000.­ 10 001­ 40 000.­ 40 000­ 70 000.­ 70 001­100 000.­ > 100 000.­

18,0 % 38,4 % 26,4 % 9,2 % 4,2 % 3,8 %

18,6 % 35,5 % 20,3 % 10,9 % 6,2 % 8,5 %

7,3 % 22,6 % 37,3 % 15,0 % 7,2 % 10,6 %

6,6 % 8,7 % 14,1 % 11,9 % 8,7 % 50,0 %

2,5 % 9,2 % 18,7 % 17,9 % 11,7 % 40,0 %

Wohneigentumsquote*

4,1 %

9,1 %

­

24,6 %

­

0.­

* nur selbstbewohnte Liegenschaften

Folgen der Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen Mit der Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen könnte grundsätzlich verhindert werden, dass Personen mit einem hohen Vermögen EL beziehen können.

Eine solche Regelung würde ihre Wirkung vor allem bei Personen entfalten, die in einem Heim oder einer selbstbewohnten Liegenschaft leben. Die übrigen ELBezügerinnen und -Bezüger wären nur selten davon betroffen, da sie in der Regel nur wenig Vermögen haben. Bei Personen, die ausschliesslich über Barvermögen verfügen, wäre die Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen relativ problemlos umsetzbar. Bei Personen, bei denen das Vermögen in Form von Wohneigentum vorliegt, könnte eine solche Regelung dagegen zu Schwierigkeiten führen. Auf selbstbewohnten Liegenschaften besteht ein gesonderter Freibetrag von 112 500 bzw. 300 000 Franken. Mit diesem Freibetrag soll vermieden werden, dass ein ELAnspruch abgewiesen werden muss, weil die antragstellende Person über eine bescheidene selbstbewohnte Liegenschaft verfügt, die sie weitgehend oder gänzlich abbezahlt hat. Stattdessen soll es der Person ermöglicht werden, ihr Wohneigentum zu behalten und damit in ihrem gewohnten sozialen Umfeld zu bleiben. Damit der Freibetrag nicht ausgehebelt wird, dürfte für die Beurteilung, ob der Schwellenwert beim Vermögen überschritten wurde, höchstens der den Freibetrag übersteigende Wert der Liegenschaft berücksichtigt werden.

Abhängig von der Höhe der Eintrittsschwelle könnten Härtefälle bei Personen, bei denen lediglich der tiefere Freibetrag von 112 500 Franken zur Anwendung kommt, nicht ausgeschlossen werden. So würde beispielsweise bei einer Eintrittsschwelle 7501

BBl 2016

von 100 000 Franken für alleinstehende Personen der Besitz einer weitgehend abbezahlten Liegenschaft mit einem Steuerwert von 200 000 Franken in vielen Fällen bereits dazu führen, dass eine Person trotz ungenügendem Einkommen keinen ELAnspruch geltend machen kann. Personen, bei denen der höhere Freibetrag von 300 000 Franken zur Anwendung kommt, könnten dagegen auch mit einer Liegenschaft im Wert von 350 000 Franken häufig noch EL beziehen.

Um Härtefälle und Ungleichbehandlungen zu vermeiden, bestünde auch die Möglichkeit, selbstbewohnte Liegenschaften bei der Beurteilung, ob der Schwellenwert beim Vermögen überschritten wurde, nicht zu berücksichtigen. Dadurch würden Wohneigentümerinnen und -eigentümer gegenüber Mieterinnen und Mietern hinsichtlich des Vermögens privilegiert. Von der Privilegierung würden in erster Linie Ehepaare profitieren, bei denen einer der Ehegatten im Heim lebt, da diese Fallgruppe mit Abstand den höchsten Anteil an Wohneigentümerinnen und -eigentümern (24,6 %) aufweist. Eine solche Lösung (Eintrittsschwelle beim Vermögen mit Ausklammerung der Liegenschaft) würde gerade bei dieser Personengruppe ihre Wirkung verfehlen.

Schlussfolgerung Ehepaare, bei denen mindestens einer der Ehegatten im Heim lebt, weisen von allen EL-Bezügerinnen und -Bezüger das höchste durchschnittliche Vermögen auf. Bei dieser Personenkategorie wäre deshalb ein stärkerer Einbezug des Vermögens in die EL-Berechnung theoretisch denkbar. Mit der Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen liesse sich dieses Ziel jedoch nicht realisieren, da diese ­ je nach Ausgestaltung ­ entweder dazu führen würde, dass sich Personen ihr bescheidenes Wohneigentum nicht mehr leisten können, oder dass Ehepaare, bei denen einer der Ehegatten im Heim lebt, gegenüber den übrigen EL-beziehenden Personen stärker privilegiert würden. Aus diesen Gründen soll auf die Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen verzichtet werden.

1.2.3

Massnahmen zur Reduktion von Schwelleneffekten

Erwerbseinkommen von Ehegatten ohne Anspruch auf EL werden vollumfänglich ­ und nicht wie bisher nach Abzug eines Freibetrages zu zwei Dritteln ­ in der EL-Berechnung berücksichtigt.

Berücksichtigung des Erwerbseinkommens in der EL-Berechnung Ausgangslage und geltendes Recht Grundsätzlich wird bei der Berechnung der EL das effektiv erzielte Erwerbseinkommen berücksichtigt. Darauf wird ein Freibetrag von 1000 Franken bei Alleinstehenden und 1500 Franken bei einem Ehepaar gewährt. Vom verbleibenden Erwerbseinkommen werden zwei Drittel als Einnahme angerechnet. Diese Privilegierung des Erwerbseinkommens soll, gegenüber den Renten, die ganz angerechnet werden, 7502

BBl 2016

einen Anreiz zum Erwerb schaffen, indem nicht jeder verdiente Franken zu einer entsprechend tieferen EL führt. Dieser Grundsatz gilt für alle EL-beziehenden Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, aber auch für nichtinvalide Ehegatten EL-beziehender Personen.

Bei Personen, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht voll ausschöpfen, wird in der ELBerechnung ein hypothetisches Erwerbseinkommen berücksichtigt. Bei nicht invaliden Ehegatten wird dabei im Einzelfall abgeklärt, welches Erwerbseinkommen sie aufgrund ihrer Fähigkeiten erwirtschaften könnten. Bei EL-beziehenden Personen mit einer Teilrente der IV oder einer Witwen- bzw. Witwerrente wird entsprechend ihrem Invaliditätsgrad oder ihrem Alter ein Pauschalbetrag als hypothetisches Einkommen angerechnet (sog. Mindesteinkommen) (Art. 14a ELV). In beiden Fällen kann von der Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens abgesehen werden, wenn die betreffende Person nachweisen kann, dass es ihr aus Gründen, die sie nicht selbst zu verantworten hat, nicht möglich ist, ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Dies ist nach der geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtes insbesondere dann der Fall, wenn sie trotz ausreichender Bemühungen keine Erwerbsarbeit findet.41 In diesen Fällen handelt es sich nicht um einen Verzicht auf Erwerbseinkommen, weil er nicht willentlich geschieht. Wie die tatsächlich erzielten werden auch die hypothetischen Erwerbseinkommen in der EL-Berechnung nach Abzug eines Freibetrages von 1000 bzw. 1500 Franken lediglich zu zwei Dritteln in der ELBerechnung berücksichtigt.

Auswirkungen der privilegierten Anrechnung von Erwerbseinkommen Bei tatsächlich erzielten Erwerbseinkommen führen der Abzug des Freibetrages und die Anrechnung zu zwei Dritteln zu einem höheren verfügbaren Einkommen. Für die EL-beziehende Person lohnt es sich somit zu arbeiten. Gleichzeitig kann aufgrund dieser privilegierten Anrechnung jedoch auch ein Schwelleneffekt entstehen.

So kann die privilegierte Anrechnung des Erwerbseinkommens zur Folge haben, dass eine Person nach dem Austritt aus dem EL-System über tiefere monatliche Einnahmen verfügt als während des EL-Bezugs.

Bei hypothetischen Erwerbseinkommen führt die privilegierte Anrechnung zu einem gegenteiligen Effekt: Durch den Abzug des Freibetrages und die Anrechnung zu zwei Dritteln wird der Person nicht
der ganze Betrag angerechnet, der von ihr erwartet wird. Dies birgt einen Widerspruch in sich. Zum einen wird der erwartete Betrag wieder gesenkt, wodurch der Anreiz, die zumutbare Erwerbstätigkeit voll auszuschöpfen, verringert wird. Zum anderen soll mit der Privilegierung des Erwerbseinkommens erreicht werden, dass eine erwerbstätige Person einen Teil ihres erwirtschafteten Einkommens zur freien Verfügung hat. Dieses Ziel kann aber nur dann erreicht werden, wenn auch tatsächlich ein Erwerbseinkommen vorhanden ist. Bei einem hypothetischen Erwerbseinkommen kann die privilegierte Anrechnung diese Wirkung nicht entfalten.

41

u.a. BGE 117 V 153

7503

BBl 2016

Vollumfängliche Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne EL-Anspruch Bei verheirateten Personen erfolgt grundsätzlich eine gemeinsame EL-Berechnung, in welcher die Ausgaben und Einnahmen beider Eheleute berücksichtigt werden.

Dabei ist es unerheblich, ob die Anspruchsvoraussetzungen für den EL-Bezug von beiden oder lediglich von einem der Ehegatten erfüllt werden. Auch eine nicht invalide, voll erwerbsfähige Person wird deshalb in der EL-Berechnung ihres ELberechtigten Ehegatten berücksichtigt. Auf diese Weise wird der gegenseitigen Beistandspflicht eines Ehepaares (Art. 159 und 163 ZGB) und der wirtschaftlichen Einheit der Ehe Rechnung getragen.

Im Gegensatz zu Personen mit einem EL-Anspruch ist bei voll erwerbsfähigen Ehegatten kein Risiko eingetreten, das in der 1. Säule versichert ist. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass diese Personen im Erwerbsleben integriert sind. Es muss also kein spezieller Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gegeben werden. Künftig soll das Erwerbseinkommen von Ehegatten ohne EL-Anspruch deshalb vollumfänglich in der EL-Berechnung berücksichtigt werden. Dadurch lässt sich der beschriebene Schwelleneffekt beim Austritt aus dem EL-System reduzieren.

Durch die volle Anrechnung des erzielten Erwerbseinkommens von Ehegatten nähert sich das verfügbare Einkommen des betroffenen Ehepaares dem verfügbaren Einkommen EL-beziehender Ehepaare an, bei denen beide Ehegatten einen ELAnspruch geltend machen können. Die Existenzsicherung wird deshalb nicht tangiert. Hypothetische Erwerbseinkommen werden in der EL-Berechnung nur berücksichtigt, wenn eine Person auch tatsächlich in der Lage wäre, dieses zu erzielen. Die Ehefrau oder der Ehemann kann die (volle) Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens somit selbst vermeiden.

Finanzielle Auswirkungen Die volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne eigenen ELAnspruch betrifft im Jahr 2030 rund 8500 Personen und führt im selben Jahr zu einer Reduktion der EL-Ausgaben von 50 Millionen Franken. Davon entfallen 31 Millionen Franken auf den Bund und 19 Millionen Franken auf die Kantone.

Geprüfte, aber nicht weiter verfolgte Massnahmen im Zusammenhang mit der Anrechnung effektiver Erwerbseinkommen bei teilinvaliden Personen Bei teilinvaliden Personen wird unterstellt, dass sie ­ abhängig vom IV-Grad ­ ein bestimmtes Erwerbseinkommen erwirtschaften können (Mindesteinkommen). Ihr effektives Erwerbseinkommen wird nach Abzug eines Freibetrages zu zwei Dritteln angerechnet.

Personen, deren IV-Grad nach erfolgter Wiedereingliederung unter 40 Prozent sinkt, haben keinen Anspruch mehr auf eine IV-Rente und auf EL. Durch die privilegierte Anrechnung des Erwerbseinkommens während des EL-Bezugs kann der Austritt aus dem EL-System dazu führen, dass das verfügbare Einkommen sinkt und der Person nach dem Austritt aus dem EL-System weniger Einkommen zur Verfügung steht als 7504

BBl 2016

vorher. Im Rahmen der vorliegenden Reform wurde deshalb geprüft, ob das effektiv erzielte Erwerbseinkommen mit sinkendem IV-Grad stärker angerechnet werden soll: So könnte das Erwerbseinkommen beispielsweise bei einer ganzen und einer Dreiviertelsrente zu zwei Dritteln, bei einer halben Rente zu drei Vierteln und bei einer Viertelsrente zu vier Fünfteln angerechnet werden.

Die Zahlen aus der Statistik zeigen allerdings, dass 9900 oder 13 Prozent der rund 75 800 alleinstehenden IV-Rentnerinnen und -rentnern mit EL teilinvalid sind. Bei rund 60 Prozent dieser teilinvaliden EL-beziehenden Personen (6200 Versicherten) muss auf die Anrechnung des Mindesteinkommens verzichtet werden, weil sie den Beweis erbringen, dass sie ihre Resterwerbsfähigkeit aus arbeitsmarktlichen, gesundheitlichen oder andern Gründen nicht nutzen können. 1850 EL-beziehende Personen (20 % der teilinvaliden EL-beziehenden Personen) sind in der Lage, ein Erwerbseinkommen über dem Mindesteinkommen zu erzielen. Bei der Festsetzung der EL wird dieses Einkommen nach Abzug des Freibetrages (Fr. 1000.­ für Alleinstehende / Fr. 1500.­ für Ehepaare) zu zwei Dritteln angerechnet. Für diese Personen steht zur Diskussion, ob mit einer stärkeren Anrechnung der Erwerbseinkommen die Eingliederung in den Arbeitsmarkt verstärkt werden könnte. Von diesen Personen sind zwischen Dezember 2014 und Dezember 2015 1,5 Prozent aus der IV ausgetreten (ohne AHV-Übertritte und Tod). Ob sie sich ihren Lebensunterhalt restlos aus Erwerb finanzieren können, ist nicht klar, aber möglich.

Diese Zahlen lassen den Schluss zu, dass das Eingliederungspotenzial von teilinvaliden EL-beziehenden Personen weitgehend ausgeschöpft ist. Angesichts der sehr tiefen Zahl von IV-Rentnerinnen und -rentnern, die aus der IV ausgetreten sind, ist anzunehmen, dass nur die wenigsten überhaupt eine Chance hätten, ihren Lebensunterhalt allein aus Erwerb zu bestreiten. Eine stärkere Anrechnung des effektiven Erwerbseinkommens würde hingegen bei den meisten erwerbstätigen teilinvaliden EL-beziehenden Personen zu Einbussen bei den EL und im frei verfügbaren Einkommen führen, was letztlich den Anreiz zur Erwerbsarbeit verringert. Aus diesen Gründen soll die geltende Regelung, das effektiv erzielte Erwerbseinkommen nach Abzug eines Freibetrages zu zwei Dritteln anzurechnen, beibehalten werden.

Geprüfte, aber nicht weiter verfolgte Massnahmen im Zusammenhang mit dem Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf von Kindern Einleitende Bemerkungen Die EL sollen die Existenz von Familien decken. Im Vordergrund steht dabei der Bedarf eines Kindes in der Schweiz, der ihm zum einen ein würdiges Leben ermöglichen und zum andern eine Chance auf Entwicklung und Bildung geben soll. Deswegen sollte der Betrag angemessen hoch sein, damit auch Kosten für die Freizeitgestaltung (Musikunterricht, Sport u. a.) gedeckt sind. Gleichzeitig sollte der Betrag auch dem Vergleich mit erwerbstätigen Personen standhalten können, um den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht zu gefährden. Für die vorliegende Reform wurden die Beträge für den allgemeinen Lebensbedarf von Kindern vor diesem Hintergrund geprüft.

7505

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Geltende Ansätze und andere existenzsichernde Beträge Wie die untenstehende Tabelle zeigt, sind die Beträge für Kinder in den EL auf den ersten Blick deutlich höher als die existenzsichernden Beträge der Sozialhilfe und des betreibungsrechtlichen Existenzminimums.

Tabelle 1-5 Beträge EL, betreibungsrechtliches Existenzminimum und Sozialhilfe Beträge pro Kind und Monat in Franken (Stand 2015) Ergänzungsleistungen

Betreibungsrecht1)

Sozialhilfe

1. Kind

840.­

400.­ / 600.­2)

325.­

2. Kind

840.­

400.­ / 600.­2)

276.­

560.­

600.­2)

276.­

3. Kind 1) 2)

400.­ /

Gemäss den «Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums» www.bj.admin.ch > Wirtschaft > Schuldbetreibung und Konkurs > Kreisschreiben Bis 10-jährig 400 Franken, ab 10-jährig 600 Franken.

Die Beträge des betreibungsrechtlichen Existenzminimums werden an dieser Stelle nicht in eine weitergehende Betrachtung einbezogen, weil es sich dabei nicht um eine Leistungsausrichtung für den Existenzbedarf handelt. Vielmehr wird damit bemessen, was einer Person im Falle einer Verschuldung oder eines Konkurses belassen wird, damit sie sich eine neue Existenz aufbauen kann.

Ein Vergleich mit den Beträgen der Sozialhilfe ist insofern äusserst heikel, als letztere sogenannte situationsbezogene Leistungen kennt. Darunter ist die Berücksichtigung zusätzlicher Kosten zu verstehen, die beispielsweise im Bereich der Ausbildung (Unterrichtsmaterial, Schullager, Sport, Musikunterricht) oder für eine Hausratversicherung anfallen. Solche situativ angepasste zusätzliche Leistungen gibt es in den EL mit ihren pauschalen Ansätzen nicht. Sie würden auch gar nicht in das Konzept der EL passen, die ihre Klientinnen und Klienten­ im Gegensatz zur Sozialhilfe ­ nicht individuell berät.

Aufgrund des Gesagten ist ein Vergleich der Beträge der verschiedenen Existenzminima nicht angebracht und soll deshalb nicht weiter verfolgt werden.

Zahlen zu den Kinderkosten in der Schweiz Um die anerkannten Ausgaben für ein Kind in den EL einschätzen zu können, wurden die Beträge einer Studie42, welche die Kosten von Kindern in der Schweiz untersuchte, zum Vergleich herangezogen. Die Studie erhob die durchschnittlichen Kinderkosten in der Schweiz. Je nach Familienkonstellation kostet ein Kind:

42

BFS Aktuell: Kinderkosten in der Schweiz; Michael Gerfin (Universität Bern), Heidi Stutz, Thomas Oesch, Silvia Strub (Büro BASS), Neuenburg März 2009; www.bfs.admin.ch > Themen > Bevölkerung > Familien, Haushalte > Analyse Familienpolitik (Stand: 26.11.14).

7506

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Durchschnittliche Kinderkosten in der Schweiz43 ohne Wohnkosten, 2009­2011 Haushalt

Tabelle 1-6

Kosten für alle Kinder pro Monat in Franken

Alleinerziehend mit einem Kind

759.­

Paar mit einem Kind

753.­

Paar mit zwei Kindern

1233.­

Paar mit drei Kindern

1444.­

Im untersten Einkommensquartil kostet ein Kind 538 Franken. Zwei Kinder kosten zusammen 883 Franken.

Bemessung der Kinderkosten nach Äquivalenzskalen Zur Feststellung der zusätzlichen Mittel, die ein Haushalt mit zusätzlichen Personen benötigt, um dasselbe Wohlstandsniveau zu erreichen wie der Referenzhaushalt, werden sogenannte Äquivalenzskalen beigezogen.

Eine Äquivalenzskala basiert auf der Wahl von Konsumgütern, die einer Personengruppe (z.B. EL-beziehende Personen) zugestanden werden und hängt vom Ausgangsbetrag ab. Ist der Betrag für die erste Person grosszügig bemessen, können die Faktoren zur Bestimmung des Betrages für die weiteren Personen kleiner ausfallen.

Insofern kann eine bestehende Äquivalenzskala nicht ohne Weiteres auf eine andere Leistung übertragen werden und ist kein objektives Messinstrument um den Bedarf von Mehrpersonenhaushalten festzustellen. Eine Äquivalenzskala ist jeweils auf die spezifische Leistung hin zu entwickeln und konzipieren. So weist die OECD darauf hin, dass bisher noch keine allgemein akzeptierte Methode zur Bestimmung von Äquivalenzskalen entwickelt worden sei, und empfiehlt keine ihrer Skalen zur allgemeinen Verwendung. Aus diesen Gründen soll bei den EL weiterhin keine explizite Äquivalenzskala angewendet werden.

Schlussfolgerung An den Beträgen für den allgemeinen Lebensbedarf von Kindern soll festgehalten werden. Sie sind ein zentrales Element, um das von der Verfassung vorgegebene angemessene Existenzminimum der 1. Säule für Familien zu garantieren. Die Tatsache, dass es Familien gibt, die keine EL haben und weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben als Familien mit EL ist stossend. Diese Ungleichheit darf jedoch nicht zum Anlass genommen werden, das Existenzminimum von Familien in den EL zu senken. Wie zu Beginn ausgeführt, eignen sich auch die deutlich tieferen Beträge der Sozialhilfe nicht als Vergleich, weil sich die Konzepte hinter den beiden existenzsichernden Leistungen stark unterscheiden. Die Sozialhilfe ist flexibel bezüglich 43

Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS: Berechnung der direkten Konsumkosten der Kinder (ohne Wohnkosten), Heidi Stutz, Severin Bischof; im Auftrag des Amts für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich, Carola Gruenberg; Bern Dezember 2013.

7507

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der Berücksichtigung der Mietkosten und besonderer Situationen, die unvorhergesehene finanzielle Mittel erfordern. Die EL sind im Vergleich dazu starr und können darüber hinaus auch keine beratende Unterstützung mit entsprechend ausgebildetem Personal (Sozialarbeiterinnen und -arbeiter) anbieten. Deshalb ist es wichtig, einen höheren Betrag vorzusehen, damit EL-beziehende Haushalte auch vor unvorhergesehenen Situationen gewappnet sind. Wie aus der BASS-Studie hervorgeht, weichen die Beträge der EL nur gering von den durchschnittlichen Kosten eines Kindes in der Schweiz ab. Aus diesen Gründen ist es angebracht, das Niveau der anerkannten Ausgaben für Kinder beizubehalten.

1.2.4

Anpassung der EL-Mindesthöhe und des berücksichtigten Betrages für die Krankenversicherungsprämie

­

Die EL-Mindesthöhe wird auf den Betrag der höchsten Prämienverbilligung für Personen ohne Anspruch auf EL und Sozialhilfe gesenkt.

­

Die Kantone sind berechtigt, in der EL-Berechnung die tatsächliche Prämie zu berücksichtigen, wenn diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie.

­

Die geltende Bestimmung zur Direktauszahlung des Betrages für die obligatorische Krankenpflegeversicherung an den Krankenversicherer wird dahingehend präzisiert, dass nur der Betrag für die periodische EL an den Krankenversicherer auszuzahlen ist, falls er unter dem Betrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung liegt liegt.

­

Bei rückwirkend ausgerichteten EL wird die ausgerichtete Prämienverbilligung für den Zeitraum der Nachzahlung in der EL-Berechnung als Einnahme angerechnet.

Anpassung der EL-Mindesthöhe Ausgangslage und geltendes Recht Nach Artikel 65 Absatz 1 KVG gewähren die Kantone Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen (Individuelle Prämienverbilligung IPV). Aufgrund dieser Bestimmung hat jede EL-beziehende Person einen Anspruch auf IPV. Damit EL-Bezügerinnen und Bezüger nicht aus zwei Systemen gleichzeitig Leistungen beziehen müssen, ist in Artikel 26 ELV geregelt, dass die Höhe der jährlichen EL mindestens dem Betrag der IPV entspricht, auf den eine Person Anspruch hat. Für EL-beziehende Personen wird die IPV folglich über das EL-System ausgerichtet.

Für EL-beziehende Personen haben die meisten Kantone eine eigene IPV-Kategorie geschaffen. In dieser Kategorie entspricht die IPV der Höhe der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion, wie sie in der ELBerechnung als Ausgabe anerkannt wird. Diese ist in vielen Kantonen mehr als 7508

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doppelt so hoch wie die höchste Prämienverbilligung für Personen ohne EL- oder Sozialhilfeanspruch und einem vergleichbaren Einkommen.

Kleine EL-Beträge werden somit in der Regel auf die Höhe der Durchschnittsprämie angehoben. Dadurch wird beim Ein- und Austritt aus dem EL-System ein Schwelleneffekt erzeugt, welcher der Differenz zwischen der IPV vor dem Eintritt ins ELSystem und der höheren IPV für EL-beziehende Personen entspricht. Gleichzeitig führt diese Regelung zu einer Ungleichheit unter den EL-Bezügerinnen und -Bezügern: Personen mit einer EL-Mindestgarantie haben im Vergleich zu den anderen EL-beziehenden Personen ein höheres verfügbares Einkommen, nämlich zusätzlich zur ermittelten EL die Differenz zur kantonalen Durchschnittsprämie.

Senkung der EL-Mindesthöhe auf den Betrag der individuellen Prämienverbilligung für Personen ohne EL- und Sozialhilfeanspruch Um diese Problematik zu entschärfen, soll die EL-Mindesthöhe auf die Höhe der IPV für die einkommensschwächste Kategorie der Personen, die keine EL beziehen (ausgenommen sind Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe) gesenkt werden.

Das EL-rechtliche Existenzminimum im Sinne der anerkannten Ausgaben wird bei dieser Massnahme nicht tangiert. Insbesondere sind die betroffenen Personen auch mit dem reduzierten EL-Betrag noch in der Lage, ihre Krankenkassenprämie zu bezahlen, da diese in der EL-Berechnung nach wie vor komplett über die Durchschnittsprämie berücksichtigt wird. Damit die finanzielle Einbusse von EL-beziehenden Personen nicht zu stark ausfällt, soll der Betrag für die EL-beziehenden Personen nicht weniger als 60 Prozent der Durchschnittsprämie betragen.

Mit dieser Massnahme kann der beschriebene Schwelleneffekt beim Ein- und Austritt aus dem EL-System gemildert werden, und die Unterschiede im frei verfügbaren Einkommen der EL-beziehenden Personen werden reduziert. Gleichzeitig bleibt gewährleistet, dass der EL-Bezug für die versicherten Personen nicht zu einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation führt. Diese Regelung kommt auch der Forderung mehrerer Kantone bzw. der Motion Graber «Bezüger von Ergänzungsleistungen. Gleichbehandlung bei Prämienverbilligung mit übriger Bevölkerung» (12.3435) vom 6. Juni 2012 entgegen, wonach EL-beziehende Personen hinsichtlich der IPV nicht besser gestellt sein sollen als die
übrige Bevölkerung.

Finanzielle Auswirkungen Von der Anpassung des EL-Mindestbetrages sind im Jahr 2030 rund 69 600 Personen betroffen. Die neue Regelung hat im selben Jahr gesamtschweizerisch eine Kostenreduktion in der Grössenordnung von 114 Millionen Franken zur Folge. In den Kantonen Basel-Stadt und Bern entspricht die EL-Mindesthöhe bereits heute der IPV für Personen ohne EL-Anspruch. Im Kanton Basel-Stadt liegt diese IPV über der vorgesehenen Untergrenze von 60 Prozent der Durchschnittsprämie. In diesem Kanton hat die Anpassung der EL-Mindesthöhe deshalb keine finanziellen Auswirkungen. Im Kanton Bern liegt die IPV unter der vorgesehenen Untergrenze von 60 Prozent der Durchschnittsprämie. Hier wird die Anpassung der EL-Mindesthöhe deshalb zu leichten Mehrkosten führen. Diese sind in den finanziellen Auswirkungen der Massnahme enthalten.

7509

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Die erzielten Einsparungen kommen ausschliesslich den Kantonen zugute, da sich der Bund im Rahmen der EL-Mindesthöhe nicht an den EL-Kosten beteiligt.

Höhe der Krankenversicherungsprämie, die in der EL-Berechnung als Ausgabe anerkannt wird Ausgangslage und geltendes Recht Als Teil der materiellen Existenzsicherung werden die Kosten für die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in der EL-Berechnung als Ausgabe anerkannt. Gemäss geltendem Recht wird nicht die individuelle Prämie berücksichtigt, sondern ein Pauschalbetrag in der Höhe der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion.

Die Durchschnittsprämie ist anders finanziert als die übrigen EL. An den EL für zu Hause lebende Personen beteiligt sich der Bund zu ; die restlichen werden durch die Kantone getragen. Bei Personen, die über längere Zeit in einem Heim oder Spital leben, beteiligt sich der Bund zu an der Existenzsicherung, d. h. an demjenigen EL-Betrag, den eine Person zugute hätte, wenn sie zu Hause leben würde. In beiden Fällen wird der Pauschalbetrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (Durchschnittsprämie) bei der Berechnung des Bundesanteils ausgeklammert; für den Betrag der Krankenpflegeversicherung müssen die Kantone also selbst aufkommen (Art. 39 Abs. 4 ELV). Es ist den Kantonen überlassen, wie sie diesen Betrag finanzieren wollen. Sie können Mittel der IPV einsetzen, dürfen aber auch andere Mittel heranziehen.

Obwohl für die Finanzierung der IPV und des Betrages, der in der EL-Berechnung für die Krankenversicherungsprämie als Ausgabe berücksichtigt wird, üblicherweise dieselben Mittel herangezogen werden, werden damit unterschiedliche Zwecke verfolgt. Mit der IPV soll Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ein angemessener Versicherungsschutz zu finanziell tragbaren Bedingungen gewährleistet werden. Von einer IPV können auch Personen profitieren, die in der Lage wären, ihre Krankenversicherungsprämie auch ohne Unterstützung durch die öffentliche Hand zu bezahlen. Die EL dagegen dienen der Sicherung des Existenzminimums, das unter anderem die medizinische Grundversorgung und damit auch die Prämie für die obligatorische Krankenversicherung beinhaltet. Der Betrag, welcher in der EL-Berechnung für die Krankenversicherungsprämie berücksichtigt wird, ist für die EL-beziehenden Personen somit grundsätzlich existenzsichernd, was bei der IPV nicht zwingend der Fall ist.

Seit 2014 sind die Kantone verpflichtet,
die IPV direkt an den Krankenversicherer auszurichten. Der Pauschalbetrag für die Krankenpflegeversicherung nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe d ELG ist in Abweichung von Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 200044 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ebenfalls direkt an den Krankenversicherer auszurichten (Art. 21a ELG). Wenn die Durchschnittsprämie über der tatsächlichen Prämie liegt, ist der Krankenversicherer verpflichtet, der EL-beziehenden Person die Differenz zu erstat44

SR 830.1

7510

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ten (Art. 106c Abs. 5 Bst. b der Verordnung vom 27. Juni 199545 über die Krankenversicherung) [KVV].

Berücksichtigung der tatsächlichen Krankenversicherungsprämie als Ausgabe Das Rückerstattungsverfahren zwischen dem Krankenversicherer und den ELbeziehenden Personen ist aufwändig und für letztere nicht immer nachvollziehbar.

Die Übervergütung, welche durch die EL bei Personen mit einer tiefen Krankenversicherungsprämie vorgenommen wird, entspricht zudem nicht dem Charakter einer echten Bedarfsleistung. Dem soll künftig entgegengewirkt werden, indem den Kantonen die Berechtigung eingeräumt wird, in der EL-Berechnung nur noch die tatsächliche Prämie zu berücksichtigen, falls diese unter der Durchschnittsprämie liegt.

Dadurch können Übervergütungen und aufwändige Rückerstattungsverfahren verhindert und die Finanzflüsse transparenter gestaltet werden.

Die Berücksichtigung der effektiven Prämie hat einen bescheidenen administrativen Mehraufwand zur Folge. Aufgrund des Datenaustauschsystems, welches in Folge der KVG-Änderung betreffend Direktauszahlung der Prämienverbilligung zwischen den Prämienverbilligungsstellen und den Krankenversicherern aufgebaut worden ist (in Kraft seit 2014), kann die effektive Prämie jedoch ohne grossen Mehraufwand und ohne Beteiligung der betroffenen Person in Erfahrung gebracht werden.

Finanzielle Auswirkungen Die Berücksichtigung der tieferen tatsächlichen Prämie anstelle der Durchschnittsprämie hat in jenen Kantonen, welche von dieser neuer Regelung Gebrauch machen, eine Reduktion der EL-Ausgaben zur Folge. Bei einer gesamtschweizerischen Anwendung würden sich diese im Jahr 2030 auf etwa 47 Millionen Franken belaufen. Da sich der Bund im Rahmen der EL nicht am Pauschalbetrag für die Krankenversicherungsprämie beteiligt (vgl. Ziff. 1.1.3), kommen die erzielten Einsparungen ausschliesslich den Kantonen zugute.

Auszahlung der Krankenversicherungsprämien und Koordination mit der Prämienverbilligung Direktauszahlung der Kosten für die Krankenversicherungsprämie an den Krankenversicherer Nach geltendem Recht muss derjenige Teil des EL-Betrages, welcher für die Deckung der Krankenversicherungsprämie gedacht ist, direkt dem Krankenversicherer ausgerichtet werden. Der heutige Artikel 21a ELG sieht deshalb vor, dass der Betrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung direkt dem Krankenversicherer auszuzahlen ist. Die Bestimmung ist unvollständig, da sie diejenigen Fälle, in denen die jährliche EL kleiner ist als der Betrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung, nicht erfasst. Die vorliegende EL-Reform bietet Gelegenheit, die Gesetzesbestimmung zu ergänzen und klarzustellen, dass in diesen Fällen nur dieser tiefere Betrag an den Krankenversicherer auszuzahlen ist.

45

SR 832.102

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Berücksichtigung der Prämienverbilligung in der EL-Berechnung Im Zeitpunkt der EL-Anmeldung beziehen viele Personen bereits eine individuelle Prämienverbilligung. Um zu verhindern, dass bei rückwirkend ausgerichteten EL die Kosten für die Krankenversicherungsprämie doppelt bezahlt werden, sieht Artikel 22 Absatz 5 ELV vor, dass die Kantone die bereits ausgerichtete Prämienverbilligung mit der EL-Nachzahlung verrechnen können. Diese Verrechnungsverfahren sind aufwändig. Sie sollen künftig verhindert werden, indem die gewährte Prämienverbilligung bei rückwirkend auszurichtenden EL als Einnahme angerechnet wird.

Damit werden die Kosten für die Krankenversicherungsprämie ebenfalls nur einmal bezahlt.

Finanzielle Auswirkungen Die vorgeschlagenen Massnahmen haben keine Auswirkungen auf die Höhe der EL-Ausgaben.

Geprüfte, aber nicht weiterverfolgte Varianten zur Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämien und deren Finanzierung Bei der Erarbeitung der vorliegenden EL-Reform wurden verschiedene Möglichkeiten geprüft, wie die Krankenversicherungsprämien künftig in der EL-Berechnung berücksichtigt werden sollen. Die Gründe, weshalb der Bundesrat auf deren Umsetzung verzichtet, werden unter der jeweiligen Variante aufgezeigt.

Variante 1: Referenzprämie von 90 Prozent der Durchschnittsprämie Bei dieser Variante würde in der EL-Berechnung nicht wie bisher ein Pauschalbetrag in der Höhe der Durchschnittsprämie als Ausgabe berücksichtigt, sondern nur 90 Prozent davon. Der ausgerichtete EL-Betrag würde dadurch bei jeder ELbeziehenden Person um 10 Prozent der Durchschnittsprämie sinken. Zwar könnten die EL-beziehenden Personen die Verminderung der EL kompensieren, indem sie in eine Krankenkasse mit einer Prämie von höchstens 90 Prozent der Durchschnittsprämie wechseln würden. Allerdings gibt es in einigen Kantonen gar keinen oder nur einen einzigen Krankenversicherer, dessen Prämie höchstens 90 Prozent der Durchschnittsprämie beträgt. Diese Situation stünde im Widerspruch zur Vertragsfreiheit und zur freien Wahl des Versicherers ­ Rechte, die durch den Bundesrat wiederholt anerkannt und gestärkt wurden. Hinzu kommt, dass die Konzentration aller ELBezügerinnen und -bezüger bei einer einzigen Krankenkasse im Folgejahr höchstwahrscheinlich zu einer Prämienerhöhung führen würde, und zwar nicht nur bei der betroffenen Kasse, sondern in der gesamten Prämienregion.

Ausserdem fällt gewissen Versicherten ein Krankenkassenwechsel äusserst schwer.

Dies trifft insbesondere auf Personen zu, die in einem Heim leben. Mögliche Gründe dafür sind eine langjähriger Mitgliedschaft oder auch Ängste im Zusammenhang mit der Frage, ob die neue Krankenkasse die Leistungen nahtlos erbringen wird. Diese Variante könnte deshalb nicht zuletzt dazu führen, dass die betroffenen Personen keinen Krankenkassenwechsel vornehmen und dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

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Variante 2: Die Kantone legen den massgebenden Pauschalbetrag fest Bei dieser Variante würde in der EL-Berechnung weiterhin ein Pauschalbetrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung bei den Ausgaben berücksichtigt.

Dessen Höhe würde jedoch durch die Kantone festgelegt. Diese könnten beispielsweise den gleichen Betrag wählen, den sie in der Prämienverbilligung der einkommensschwächsten Personengruppe gewähren. In den meisten Kantonen liegt die Prämienverbilligung für die wirtschaftlich schwächste Kategorie der Personen, die keine EL beziehen, deutlich unter der Durchschnittsprämie und nicht selten sogar unter der Prämie des günstigsten Krankenversicherers. In einigen Kantonen beträgt die Differenz zwischen Durchschnittsprämie und Prämienverbilligung gegenwärtig mehr als 3600 Franken pro Jahr. Unter Umständen würde in Kantonen, welche vorsähen, dass die EL-beziehenden Personen mit der übrigen Bevölkerung gleichgestellt werden, nur noch ein Bruchteil der effektiv geschuldeten Prämie in der individuellen EL-Berechnung berücksichtigt. Der grösste Teil der Prämie müsste von den EL-beziehenden Personen aus anderen Mitteln beglichen werden, wodurch sich der Betrag, den sie zur Deckung ihrer übrigen Lebenshaltungskosten zur Verfügung haben, erheblich reduzieren würde. Das Verfassungsziel der Existenzsicherung würde damit nicht mehr gewährleistet. Unter Umständen könnten die EL-beziehenden Personen nicht einmal die günstigste Krankenkasse finanzieren.

Variante 3: Keine Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämien in der EL-Berechnung Bei dieser Variante würde die Krankenversicherungsprämie in der EL-Berechnung nicht mehr als Ausgabe angerechnet. In allen Fällen würde die EL um den entsprechenden Betrag gekürzt oder sogar ganz wegfallen. Um die materielle Existenzsicherung weiterhin zu gewährleisten, müsste zum Ausgleich im KVG die Höhe der Prämienverbilligung für EL-beziehende Personen vorgeschrieben werden. Bei dieser Variante würden rund 17 Prozent aller EL-Berechtigten ihren EL-Anspruch verlieren und müssten damit Verschlechterungen ihrer wirtschaftlichen Situation wie beispielsweise den Wegfall kantonaler Zusatzleistungen für EL-beziehende Personen in Kauf nehmen. Betroffen wären alle Personen, welche eine EL im Rahmen der Mindesthöhe beziehen.

Variante 4: Vollständige Integration der
Krankenversicherungsprämien in die Ergänzungsleistungen Bei dieser Variante würden die Krankenversicherungsprämien vollumfänglich in die EL integriert. Sie würden nicht nur in der EL-Berechnung als Ausgaben berücksichtigt, sondern auch wie die übrigen EL finanziert. Damit müsste der Bund im Rahmen der EL davon übernehmen. Ohne entsprechende Korrektur würde dies zu einer Mehrbelastung des Bundes in Höhe von rund 1,02 Milliarden Franken und zu einer Entlastung der Kantone um diesen Betrag führen. Am einfachsten könnte diese Kostenverschiebung korrigiert werden, indem in Artikel 66 Absatz 2 KVG der Bundesbeitrag um des Betrages der Krankenversicherungsprämien, welche bei den EL-beziehenden Personen als Ausgabe angerechnet wird, vermindert würde.

Zudem müsste im KVG geregelt werden, dass Personen mit einem EL-Anspruch keine Prämienverbilligung gewährt werden darf.

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Diese Variante wird nicht weiter verfolgt, weil sie zu keiner vollständigen Entflechtung zwischen EL und Prämienverbilligung führt. Wegen der Korrektur beim Bundesbeitrag an die Prämienverbilligung würde eine neue Verflechtung zwischen den beiden Rechtsgebieten eingeführt. Die Reduktion beim Bundesbeitrag müsste jedes Jahr neu berechnet werden und würde sich auch in der Durchführung als sehr komplex erweisen.

1.2.5

Anpassungen bei der EL-Berechnung von Personen, die in einem Heim oder Spital leben

­

In der EL-Berechnung wird nur die Heimtaxe für diejenigen Tage berücksichtigt, die vom Heim auch tatsächlich in Rechnung gestellt werden.

­

Wenn die berücksichtigte Tagestaxe keine Pflegekosten nach KVG enthält, werden die Beiträge der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflegeleistungen in einem Heim nicht als Einnahme angerechnet.

­

Vorübergehende Heimaufenthalte von bis zu drei Monaten können künftig als Krankheits- und Behinderungskosten über die EL abgerechnet werden.

Tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe in der EL-Berechnung Nach geltendem Recht werden die periodischen EL jeweils für einen ganzen Monat ausgerichtet (Art. 12 Abs. 1 und 3 ELG). Tritt eine Person am Ende eines Monats in ein Heim ein und kann aufgrund des Heimeintritts einen EL-Anspruch geltend machen, so ist die EL einschliesslich der Heimtaxe für den gesamten Kalendermonat, in welchem der Heimeintritt erfolgte, zu bezahlen. Wenn eine im Heim lebende Person am Anfang eines Monats verstirbt, sind die EL inklusive Heimtaxe ebenfalls für den gesamten Monat auszurichten. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der angebrochene Monat durch das Heim nur teilweise in Rechnung gestellt wird. In der Folge werden über die EL Kosten vergütet, welche der EL-beziehenden Person gar nicht entstanden sind. Um dies künftig zu verhindern, soll in der EL-Berechnung die Heimtaxe nur für diejenigen Tage berücksichtigt werden, die vom Heim auch tatsächlich in Rechnung gestellt werden. Die Höhe der in der EL-Berechnung berücksichtigten Tagestaxe kann von den Kantonen wie bisher begrenzt werden.

Die heimbedingten Mehrkosten werden durch die Kantone alleine getragen. Der Bund beteiligt sich lediglich im Rahmen der Existenzsicherung im engeren Sinn an den EL-Kosten für im Heim lebende Personen (vgl. Ziff. 1.1.3). Durch die tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe in der EL-Berechnung können deshalb vor allem die Kantone Kosten einsparen. Für das Jahr 2030 ist mit EL-Minderausgaben von etwa 57 Millionen Franken zu rechnen; davon entfallen 7 Millionen Franken auf den Bund und 50 Millionen Franken auf die Kantone.

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Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflege im Heim Nach geltendem Recht sind auf der Einnahmenseite der EL-Berechnung sämtliche wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen. Darunter fällt auch der Beitrag der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflegeleistungen bei einem Heimaufenthalt.

Auf der Ausgabenseite der EL-Berechnung ist bei Personen, die in einem Heim oder Spital leben, unter anderem die Heimtaxe zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Pflegefinanzierung haben fast alle Kantone die Pflegekosten aus den EL herausgelöst und berücksichtigen diese bei der EL-Berechnung nicht mehr als Bestandteil der Heimtaxe.

Damit es bei der Ermittlung des EL-Betrages nicht zu Verzerrungen kommt, soll der Beitrag der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflege in diesen Fällen nicht mehr in der EL-Berechnung berücksichtigt werden.

Vorübergehende Heimaufenthalte EL werden sowohl an zu Hause lebende wie auch an im Heim lebende Personen ausgerichtet. Diese beiden Personengruppen haben sehr unterschiedliche Auslagen zu tragen. Während bei zu Hause lebenden Personen die Kosten für die Haushaltführung (Lebensbedarf und Mietzins) im Vordergrund stehen und entsprechend in der EL-Berechnung berücksichtigt werden, sind es bei im Heim lebenden Personen die ­ in der Regel wesentlich höheren ­ Kosten für den Heimaufenthalt. Wenn eine ELbeziehende Person von einer Wohnung in ein Heim zieht, wird ihre EL deshalb von Grund auf neu berechnet (Umstellung auf eine Heimberechnung). Nach dem Wortlaut des ELG erfolgt eine Heimberechnung jedoch nur, wenn eine Person «dauernd oder längere Zeit in einem Heim oder Spital» lebt (Art. 10 Abs. 2 Einleitungssatz ELG). Es gibt aber auch Fälle, in denen sich eine Person bloss vorübergehend in einem Heim aufhält ­ beispielsweise während einer längeren Erholungsphase nach einer schweren Krankheit oder Operation.

Obwohl diese Heimaufenthalte oft nur einige Wochen dauern, ist ein Grossteil der EL-beziehenden Personen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage, die damit verbundenen Auslagen zu bezahlen. Damit die hohen Kosten eines vorübergehenden Heimaufenthaltes über die EL gedeckt werden können, wird in der Praxis häufig schon nach einem Heimaufenthalt von 1­2 Monaten auf eine Heimberechnung umgestellt. Wenn die Person das Heim verlässt, wird wieder auf eine Berechnung zu Hause gewechselt. Dadurch entsteht ein hoher administrativer Aufwand. Um das Verfahren in diesem Bereich zu vereinfachen und eine einheitliche Praxis zu gewährleisten, sollen die Auslagen für vorübergehende Heimaufenthalte von bis zu drei Monaten künftig als Krankheits- und Behinderungskosten über die EL abgerechnet werden können. Dadurch kann die EL-Berechnung für zu Hause lebende Personen während des Heimaufenthaltes beibehalten werden. Bei Heimaufenthalten von mehr als drei Monaten soll wie bisher eine Umstellung auf eine Heimberechnung erfolgen. An der Finanzierung ändert sich durch die Regelung 7515

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nichts, da sowohl die heimbedingten Mehrkosten bei der periodischen EL als auch die Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten von den Kantonen zu finanzieren sind.

1.2.6

Massnahmen zur Verbesserung der Durchführung

­

Die geltenden Bestimmungen zur Karenzfrist für ausländische Staatsangehörige und zum gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz werden präzisiert.

­

Das ELG wird dahingehend präzisiert, dass für die Festsetzung und Auszahlung der EL immer der Wohnsitzkanton vor dem Heimeintritt zuständig ist, und zwar auch dann, wenn vor dem Heimeintritt noch kein EL-Anspruch bestanden hat.

­

Den EL-Stellen wird der Zugriff auf das zentrale Rentenregister ermöglicht.

­

Bei mangelhafter Durchführung der EL können die Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten gekürzt werden.

Präzisierung der Bestimmungen zur Karenzfrist für ausländische Staatsangehörige Auch ausländische Staatsangehörige können einen Anspruch auf EL haben. Voraussetzung dafür ist, dass sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt unmittelbar vor der EL-Anmeldung während einer bestimmten Zeit ununterbrochen in der Schweiz hatten (sog. Karenzfrist). Bis zum Inkrafttreten der 10. AHV-Revision betrug die Karenzfrist für alle ausländischen Staatsangehörigen 10 Jahre. Im Rahmen der 10. AHV-Revision wurden die ausserordentlichen Renten mit Einkommensgrenze per 1. Januar 1997 aufgehoben und in die EL überführt. Bei ausserordentlichen Hinterlassenen- und Invalidenrenten sowie bei ausserordentlichen Altersrenten, welche eine Hinterlassenen- oder Invalidenrente ablösen, galt eine Karenzfrist von fünf Jahren. Bei Altersrenten, die keine andere Rente ablösen, betrug die Karenzfrist zehn Jahre. Seit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU bzw. des revidierten EFTA-Übereinkommens müssen Personen aus EU/EFTA-Staaten, welche der Verordnung (EWG) Nr. 883/2004 bzw. der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 unterstellt sind, keine Karenzfrist mehr erfüllen, da das FZA bzw. das EFTA-Übereinkommen die Gleichbehandlung von Staatsangehörigen der Schweiz und der EU/EFTA vorsehen.

Bei der Überführung der ausserordentlichen Renten mit Einkommensgrenze in die EL mussten auch die speziellen fünfjährigen Karenzfristen für die oben erwähnten Rentenarten berücksichtigt werden. Personen, die ­ falls sie die Mindestbeitragszeit erfüllt hätten ­ einen Anspruch hätten auf eine ausserordentliche Invalidenrente oder eine Altersrente, die eine Hinterlassenen- oder Invalidenrente ablöst, können bereits nach fünf Jahren ununterbrochenem Aufenthalt in der Schweiz einen EL-Anspruch erwerben. Dasselbe gilt für Personen, die einen Anspruch auf eine Hinterlassenen-

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rente der AHV hätten, wenn die verstorbene Person die Mindestbeitragsdauer erfüllt hätte. Die fünfjährigen Karenzfristen gehen jedoch aus dem heutigen Gesetzestext nicht eindeutig hervor. Aus Transparenzgründen soll die fünfjährige Karenzfrist für die oben genannten Fälle in den Gesetzestext aufgenommen und der Wortlaut von Artikel 5 ELG entsprechend angepasst werden. Die Anpassung hat keine materiellen Auswirkungen.

Präzisierung der Bestimmungen zum gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz EL werden nicht ins Ausland exportiert. Ein Anspruch auf eine EL besteht folglich nur, wenn und solange eine Person ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat (Art. 4 Abs. 1 ELG). Gemäss Artikel 13 Absatz 1 ATSG bestimmt sich der Wohnsitz nach den Artikeln 23­26 ZGB. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person an dem Ort, an dem sie «während längerer Zeit lebt, auch wenn diese Zeit zum Vornherein befristet ist» (Art. 13 Abs. 2 ATSG). Wenn sich eine Person während längerer Zeit im Ausland aufhält, muss die Auszahlung der EL deshalb von Gesetzes wegen eingestellt werden. Nicht geregelt ist jedoch, wie oft oder wie lange sich eine Person im Ausland aufhalten darf, ohne dass sie ihren ELAnspruch verliert, bzw. zu welchem Zeitpunkt die EL einzustellen und gegebenenfalls wieder auszurichten ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit ist es angebracht, diese Fragen auf Gesetzes- und Verordnungsebene zu regeln.

Neu soll präzisiert werden, dass der gewöhnliche Aufenthalt als unterbrochen gilt, wenn sich eine Person während mehr als drei aufeinanderfolgenden Monaten im Ausland aufhält, oder wenn sie die Schweiz im selben Kalenderjahr für insgesamt mehr als drei Monate verlässt.

Bei Auslandaufenthalten von mehr als drei Monaten soll die Auszahlung der EL vorübergehend eingestellt werden. Der genaue Zeitpunkt der Einstellung und der Wiederausrichtung nach der Rückkehr in die Schweiz soll auf Verordnungsebene geregelt werden. Hierbei sind differenzierte Regelungen nötig. So kann die Ausrichtung der EL bei einem einmaligen, längerdauernden Auslandaufenthalt, unmittelbar nach der Rückkehr wieder aufgenommen werden. Andernfalls bestünde eine Ungleichbehandlung gegenüber Personen, welche ihren Wohnsitz unterjährig in die Schweiz verlegen und den EL-Anspruch bereits im Monat der Einreise ­ und nicht erst ab dem folgenden Kalenderjahr ­ erwerben. Anders verhält es sich in Fällen, in denen die Schweiz mehrmals pro Jahr verlassen wird und die Aufenthaltsdauer in der Schweiz jeweils nur wenige Wochen oder Monate beträgt. Hier gilt es, auf Verordnungsebene eine angemessene Lösung zu finden.

In manchen Fällen können triftige Gründe bestehen, die einen längeren Auslandaufenthalt erfordern, wie beispielsweise
die Krankheit eines engen Familienangehörigen oder ein vorgeschriebener Auslandaufenthalt im Rahmen einer anerkannten Ausbildung. Gewisse Umstände wie etwa eine Transportunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall können eine kurzfristige Rückkehr in die Schweiz sogar unmöglich machen. Der Bundesrat soll deshalb die Kompetenz erhalten, auf Verordnungsebene 7517

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eine abschliessende Liste von Ausnahmen vorzusehen, in denen die Schweiz für längere Zeit ­ in der Regel jedoch höchstens ein Jahr ­ verlassen werden darf, ohne dass die Ausrichtung der EL sistiert wird.

Zuständigkeit bei Personen in einem Heim oder Spital Vor dem Inkrafttreten der NFA war für die Festsetzung und Auszahlung der EL stets derjenige Kanton zuständig, in welchem eine Person ihren Wohnsitz hatte. Insbesondere bei Heimeintritten bereitete diese Regelung in der Vergangenheit Probleme, da in diesen Fällen oft nicht klar war, ob ein Heimeintritt freiwillig erfolgt ist und damit am Ort des Heimes Wohnsitz begründet wird, oder ob der Wohnsitz am ursprünglichen Wohnort verbleibt. Im Rahmen der NFA wurde mit dem neuen Artikel 21 Absatz 1 ELG deshalb die Bestimmung eingeführt, dass bei einem Heimaufenthalt derjenige Kanton zuständig bleibt, in welchem die EL-beziehende Person vor dem Heimeintritt ihren Wohnsitz hatte.

Diese neue Regelung hat sich in der Praxis bewährt. In Bezug auf Personen, die ihren EL-Anspruch erst im Heim erwerben, hat sie jedoch weiterhin zu Unklarheiten geführt. Ursprünglich vertrat das Bundesgericht die Auffassung, dass Artikel 21 Absatz 1 ELG lediglich in jenen Fällen Anwendung finde, in denen der EL-Anspruch bereits vor dem Heimeintritt bestand, und dass sich die Zuständigkeit bei Personen, welche erst nach dem Heimeintritt einen EL-Anspruch erwerben, nach wie vor nach dem Wohnsitz richte.46 In der Folge war in diesen Fällen oft nach wie vor strittig, durch welchen Kanton die EL auszurichten sind. Inzwischen hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass die Bestimmung auch auf Fälle anwendbar ist, in denen der EL-Anspruch erst nach dem Heimeintritt entsteht.47 Im Rahmen der vorliegenden Reform soll das ELG im Sinne dieser neuen Rechtsprechung dahingehend präzisiert werden, dass für die Festsetzung und Auszahlung der EL immer der Wohnsitzkanton vor dem Heimeintritt zuständig sein soll ­ und zwar unabhängig davon, ob eine Person vor dem Eintritt ins Heim bereits EL bezogen hat, und ob mit dem Heimeintritt der Wohnsitz verlegt wird. Damit lassen sich die beschriebenen Unklarheiten bezüglich der Zuständigkeit künftig in jedem Fall vermeiden.

Im Zusammenhang mit der Behandlung der Parlamentarischen Initiative «Nachbesserung der Pflegefinanzierung» (14.417) vom 21. März 2014 schlägt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates eine Ergänzung von Artikel 25a Absatz 5 KVG vor, welche der geltenden Regelung von Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 ELG nachgebildet ist.48

46 47 48

vgl. Urteil des BGer 9C_972/2009 vom 21. Januar 2011.

vgl. BGE 142 V 75 E. 3.3 in fine vgl. BBl 2016 3961

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Zugriff der EL-Stellen auf das zentrale Rentenregister Zur Erfüllung ihrer Aufgaben führt die zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) mehrere Register, darunter auch das zentrale Rentenregister der AHV/IV. Dieses enthält alle ausgerichteten Renten und Hilflosenentschädigungen der AHV und IV. Zum heutigen Zeitpunkt dürfen die EL-Stellen diese Daten mangels rechtlicher Grundlage nicht einsehen. Ein Zugriff auf das Rentenregister ist für die EL-Stellen jedoch von grosser Wichtigkeit, da die meisten EL-Bezügerinnen und -Bezüger eine Leistung der AHV und IV erhalten, deren Höhe sich nur anhand der Daten des Rentenregisters effizient überprüfen lässt. Im Rahmen der vorliegenden Reform soll den ELStellen deshalb der Zugriff auf das zentrale Rentenregister ermöglicht werden (vgl.

den neuen Abs. 2 von Art. 26 E-ELG).

Qualität der Verfahrensabläufe Ein Grossteil der Personen, die sich für den EL-Bezug anmelden, verfügt im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht nur über ungenügende monatliche Einnahmen, sondern auch über wenig Vermögen. Diese Personen sind darauf angewiesen, dass ihre EL-Anmeldung möglichst rasch bearbeitet wird. Wenn eine versicherte Person ihre Mitwirkungspflicht vollumfänglich erfüllt, sollte sie nicht länger als drei Monate auf die Ausrichtung der ihr zustehenden Leistungen warten müssen. Keinesfalls sollten die versicherten Personen an die Sozialhilfe verwiesen werden, wie dies in der Praxis leider vorkommt. Wenn sich abzeichnet, dass die Bearbeitungsdauer der EL-Anmeldung längere Zeit in Anspruch nimmt, können Vorschussleistungen nach Artikel 19 Absatz 4 ATSG ausgerichtet werden.

Zum heutigen Zeitpunkt verfügt das Bundesamt für Sozialversicherungen, das die Aufsicht über die EL ausübt, über keine ausreichenden Mittel, mit denen eine schweizweit rasche Leistungszusprache gewährleistet werden kann. Insbesondere bietet das geltende Recht kaum Möglichkeiten, Mängel in der Durchführung ­ zu denen auch die verspätete Zusprache von Leistungen gehört ­ zu sanktionieren.

Ein geeignetes Mittel zur Sanktionierung ist die Kürzung der Verwaltungskosten für die Festsetzung und Auszahlung der jährlichen EL, an denen sich der Bund im selben Umfang beteiligt wie an den EL-Kosten (vgl. Art. 24 Abs. 1 ELG). Im Rahmen der vorliegenden Reform soll deshalb die rechtliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass die Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten bei mangelhafter Durchführung gekürzt werden können.

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1.2.7

Weitere Massnahmen im Bereich der Ergänzungsleistungen

Register der Ergänzungsleistungen Seit 2012 gibt es im ELG den Artikel 26a, wonach die Zentrale Ausgleichsstelle ein Register der Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen führt. Weitere Bestimmungen zum Register fehlen, insbesondere auch, wer auf das Register zugreifen kann, z. B. mit Hilfe eines Abrufverfahrens.

Artikel 19 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199249 über den Datenschutz (DSG) erlaubt es den Bundesorganen, Personendaten durch ein Abrufverfahren zugänglich zu machen, wenn dies ausdrücklich vorgesehen ist. Dazu genügt eine Verordnung. Sobald es jedoch um besonders schützenswerte Personendaten sowie Persönlichkeitsprofile geht, muss nach Satz 2 der Bestimmung das Abrufverfahren in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten sein.

Bei der Zentralen Ausgleichsstelle handelt es sich um ein Bundesorgan. Nach Artikel 3 Buchstabe c Ziffer 3 DSG gelten Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe als besonders schützenswerte Personendaten. Nicht dazu gehören im Allgemeinen Daten über Einkommens- und Vermögensverhältnisse.50 Anders sieht es aus mit Sozialversicherungsleistungen im Zusammenhang mit Krankheit und Unfall. Daten, welche Rückschlüsse auf die Gesundheit der betroffenen Person zulassen, gelten als besonders schützenswert.51 Darunter fällt der Bezug einer Invalidenrente. Auch Daten nach Artikel 14a ELV erlauben Rückschlüsse auf die Gesundheit. Dasselbe gilt für Daten betreffend die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten.

In dem Register werden besonders schützenswerte Personendaten enthalten sein.

Um einen Zugriff im Abrufverfahren zu ermöglichen, muss das im Bundesgesetz geregelt werden (vgl. den neuen Art. 26b E-ELG).

Geprüfte, aber nicht weiterverfolgte Massnahme: Bildung einer Eidgenössischen Kommission für die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV In der Vernehmlassung zur vorliegenden Reform wurde verschiedentlich die Bildung einer eigenen Kommission für die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV ­ analog zur Eidgenössischen Kommission für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung in der AHV und der IV ­ gefordert, in welcher 70 Prozent der Kommissionsmitglieder entsprechend der Finanzierungsverantwortung von den Kantonen gestellt werden sollen.

Für wichtige Gesetzes- und Verordnungsänderungen sieht das Gesetzgebungsverfahren heute eine Vernehmlassung vor. Kantone, politische Parteien und andere interessierte Kreise erhalten damit die Gelegenheit, ihre Anliegen in den Gesetzgebungs49 50 51

SR 235.1 vgl. D. Rosenthal/Y. Jöhri: Handkommentar zum Datenschutzgesetz, Schulthess 2008, N 42 zu Art. 3.

Ibid., N 52 zu Art. 3.

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prozess einzubringen. Auch die Kantone erhalten damit die Möglichkeit, ihre Interessen frühzeitig einzubringen. Ausserdem hat der Bundesrat im Rahmen der Bundesverwaltungsreform REF 05/07 entschieden, rund 30 Prozent der ausserparlamentarischen Kommissionen aufzuheben. Zudem hat er den Auftrag erteilt, jeweils anlässlich der Gesamterneuerungswahlen die Notwendigkeit und Aufgaben der Kommissionen zu überprüfen. Der Bundesrat beabsichtigt daher, dieses Anliegen nicht weiterzuverfolgen.

Auch ohne das Bestehen eines solchen Gefässes war dem Bundesrat der Einbezug der Kantone in die Arbeiten zu dieser Botschaft ein vordringliches Anliegen. Der Dialog mit den Kantonen wurde fortlaufend über die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) sowie über den Nationalen Dialog Sozialpolitik Schweiz geführt.

1.3

Standpunkte und Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren und ihre Bewertung

Am 25. November 2015 eröffnete der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren.

Die Vernehmlassung dauerte bis zum 18. März 2016. Zur Stellungnahme eingeladen wurden die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Spitzenverbände der Wirtschaft und weitere Organisationen.

Das Reformprojekt ist auf breites Interesse gestossen. Insgesamt sind 109 Stellungnahmen eingegangen. Der vollständige Ergebnisbericht kann im Internet konsultiert werden.52 Die Einführung einer gesetzlichen Grundlage, mit welcher den EL-Durchführungsstellen der Zugriff auf das Register der Ergänzungsleistungen im Abrufverfahren ermöglicht wird, war nicht Bestandteil der Vernehmlassung, da ursprünglich vorgesehen war, diese Massnahme in eine Revision des ATSG zu integrieren.

Mehrheitliche Befürwortung der Stossrichtung und der Hauptziele der Reform Die Hauptziele der Reform ­ Erhalt des Leistungsniveaus, Verbesserung der Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge und die Reduktion von Schwelleneffekten (Fehlanreize) ­ werden allgemein anerkannt. Die Stossrichtung stösst auf breite Akzeptanz, jedoch erachtet über die Hälfte der Kantone, die bürgerlichen Kreise und die Wirtschaftsverbände die präsentierten Vorschläge als nicht ausreichend für nachhaltig finanzierbare EL. Die Kantone äussern sich generell als sehr besorgt über die rasant gestiegenen Kosten der EL in den letzten zehn Jahren und möchten dieser unerwünschten Entwicklung wirksam entgegentreten. Widerstand zur Vorlage kommt von Seiten der Arbeitnehmerverbände und Organisationen, welche die Interessen der Leistungsbezügerinnen und -bezüger vertreten; sie befürchten einen Leistungsabbau und sehen andere Prioritäten (z. B. Stärkung der 1. Säule).

52

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2015 > Eidgenössisches Departement des Innern.

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Der Erhalt des Leistungsniveaus ist eines der Hauptziele der vorliegenden Reform (vgl. Ziff. 1.1.2). Dadurch ist auch gewährleistet, dass es nicht zu einer Lastenverschiebung in die Sozialhilfe und damit zu einer finanziellen Mehrbelastung für die Kantone kommt. Durch die vorgeschlagenen Massnahmen zu den Kapitalbezügen aus der 2. Säule, zur Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung, zur Reduktion von Schwelleneffekten und zur EL-Berechnung für im Heim lebende Personen werden die Kantone bereits um mehr als 300 Millionen Franken pro Jahr entlastet (vgl. Ziff. 3.5.1). Weitergehende Kostenreduktionen wären nicht ohne Eingriff in das EL-rechtliche Existenzminimum möglich. Der Forderung nach weitergehenden Einsparungen kann deshalb nicht entsprochen werden.

Mehrheitliche Zustimmung zur Bewahrung des Kapitals der beruflichen Vorsorge Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer spricht sich für die Einschränkung der Kapitalbezüge aus der 2. Säule aus, und zwar auch bei Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Einschränkung wird aufgrund der Risiken einer EL-Abhängigkeit als legitim erachtet. Was den Kapitalbezug des Altersguthabens betrifft, wurden zwei Varianten in die Vernehmlassung geschickt: Die erste Variante schliesst den Kapitalbezug für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge gänzlich aus, die zweite Variante beschränkt den Kapitalbezug des Altersguthabens auf die Hälfte des BVG-Guthabens. Die Einschränkung der Kapitalbezugsmöglichkeiten im Vorsorgefall wird von drei Vierteln derjenigen, die dazu Stellung nahmen, unterstützt. Die Mehrheit spricht sich für Variante 1 aus, da sie die Bewahrung des BVG-Altersguthabens am besten gewährleistet und so das Risiko einer EL-Abhängigkeit begrenzt. Variante 2 findet vor allem bei den Versichertenorganisationen Zustimmung. Nur eine Minderheit opponiert gegen eine Beschränkung. Eine deutliche Mehrheit begrüsst zudem den Vorschlag, die Barauszahlung für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zu beschränken, insbesondere auch die Mehrheit der Kantone. Für fast alle, die sich dazu äussern, ist es richtig, die gesetzlichen Bedingungen für die Wohneigentumsförderung (WEF) nicht zu ändern und die Rückzahlung von Vorbezügen für Wohneigentum zu erleichtern.

Mehrheitliche Zustimmung zur stärkeren
Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung Eine überwiegende Mehrheit begrüsst die Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen (alle Kantone, bürgerliche Parteien, Verbände der Arbeitgeberseite).

Ein Teil der Befürworterinnen und Befürworter möchte eine noch tiefere Senkung auf das Niveau vor 2008. Etliche würden es zudem begrüssen, wenn auch der erhöhte Freibetrag auf selbstbewohnten Liegenschaften gesenkt würde. Auf breiten Zuspruch stösst auch der Vorschlag einer klareren rechtsverbindlichen Definition des Vermögensverzichts. Rund ein Drittel ist gegen die Senkung der Freibeträge oder eher dagegen (SPS, Verbände der Arbeitnehmerseite, Behinderten- und Rentnerorganisationen). Letztere äussern sich auch ablehnend oder skeptisch zur vorgeschlagenen Definition für den Vermögensverzicht, da sie inakzeptable Lebensführungskontrollen befürchten. Zu den Vorschlägen betreffend die Ermittlung des Vermögens bei Personen mit Wohneigentum und Zurechnung des Vermögens bei

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Ehepaaren, bei denen ein Ehegatte im Heim lebt, gibt es nur wenige, mehrheitlich positive Stellungnahmen.

Geteilte Meinungen zur Senkung der EL-Mindesthöhe Dem Vorschlag, die EL-Mindesthöhe auf den Betrag der höchsten Prämienverbilligung für Personen ohne EL- und Sozialhilfeanspruch zu senken, wobei der ELMindestbetrag 60 Prozent der Durchschnittsprämie nicht unterschreiten soll, stimmt eine Mehrheit grundsätzlich zu (darunter 11 Kantone, die BDP und die SPS, sowie mehrere Organisationen, welche Interessen der Versicherten vertreten). Die Hälfte der Kantone, die FDP, der Schweizerische Arbeitgeberverband und weitere plädieren dafür, den Kantonen in diesem Bereich mehr Handlungsspielraum einzuräumen, etwa indem die Kantone die EL-Mindesthöhe selbstständig bestimmen dürfen.

Einzelne Stimmen sprechen sich dafür aus, dass die EL-Mindesthöhe immer der höchsten individuellen Prämienverbilligung für Personen ohne EL- und Sozialhilfeanspruch entsprechen soll, auch wenn diese tiefer ist als 60 Prozent der Durchschnittsprämie.

Indem die EL-Mindesthöhe auf die Höhe der höchsten kantonalen Prämienverbilligung für Personen ohne EL-und Sozialhilfeanspruch gesenkt wird, kann zum einen ein wesentlicher Schwelleneffekt reduziert und zum anderen verhindert werden, dass eine Person aus zwei Systemen Leistungen beziehen muss (vgl. Ziff. 1.2.4). Je nach Kanton würde der Verzicht auf die Untergrenze in der Höhe von 60 Prozent der Durchschnittsprämie zu einer starken finanziellen Einbusse führen, der für die ELbeziehenden Personen nur schwer zu verkraften wäre. Das Anliegen wird deshalb nicht aufgenommen.

Geteilte Meinungen zur Berücksichtigung von Erwerbseinkommen in der EL-Berechnung Etwas mehr als die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die sich dazu äussern, unterstützen den Vorschlag, hypothetische Erwerbseinkommen vollumfänglich ­ und nicht wie bisher nach Abzug eines Freibetrages zu zwei Dritteln ­ anzurechnen, zumindest dann, wenn die Person nicht genügende Arbeitsbemühungen nachweist. Die übrigen lehnen ihn ab oder finden ihn eher problematisch. Sie äussern Bedenken zu den erforderlichen Arbeitsstellen und befürchten eine Verlagerung in die Sozialhilfe. Einige schlagen vor, nur das hypothetische Erwerbseinkommen des nicht invaliden Ehegatten voll anzurechnen und bei teilinvaliden
Personen die Privilegierung beizubehalten. Von den Befürworterinnen und Befürwortern gibt es mehrere, die auch bei den effektiven Einkommen auf eine Privilegierung verzichten möchten, zumindest was die Einkommen der nicht invaliden Ehegatten betrifft.

Die Anliegen werden so aufgenommen, dass die privilegierte Anrechnung hypothetischer Erwerbseinkommen bei teilinvaliden Personen beibehalten werden soll. Bei nicht invaliden Ehegatten ohne eigenen EL-Anspruch sollen dagegen sowohl effektive wie auch hypothetische Erwerbseinkommen vollumfänglich in der EL-Berechnung berücksichtigt werden (vgl. Ziff. 1.2.3).

7523

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Mehrheitliche Ablehnung zum Vorschlag betreffend Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämie in der EL-Berechnung; Alternativvorschläge Der Vorschlag, wonach die Kantone die Möglichkeit erhalten, in der EL-Berechnung die tatsächliche Prämie zu berücksichtigen, wenn diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie, wird nur von einer Minderheit der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die sich dazu äussern, unterstützt. Der grössere Anteil ist dagegen oder eher dagegen. Die grössten Bedenken betreffen den administrativen Mehraufwand und den fehlenden Anreiz, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln. Drei Viertel der Kantone und weitere Teilnehmerinnen und -teilnehmer sehen jedoch Handlungsbedarf in diesem Punkt. Als Alternative wird mehrfach vorgeschlagen, eine Pauschale (z. B. 90 Prozent der Durchschnittsprämie oder Prämie des drittgünstigsten Krankenversicherers) zu berücksichtigen, die unter der Durchschnittsprämie liegt. Ferner wird mehr Kompetenz für die Kantone gewünscht: Die Kantone sollen den Betrag, welcher in der EL-Berechnung berücksichtigt wird, selbst festlegen dürfen.

Sowohl die Einführung eines Pauschalbetrages in der Höhe von 90 Prozent der Durchschnittsprämie wie auch die Festlegung des Pauschalbetrages durch die Kantone wurden bereits bei der Erarbeitung der Vernehmlassungsvorlage geprüft. Die Überprüfung hat ergeben, dass beide Vorschläge mit wesentlichen Nachteilen verbunden wären (vgl. Ziff. 1.2.4). Diese Anliegen werden deshalb nicht aufgenommen.

Zustimmung zu den Anpassungen bei der EL-Berechnung für Personen im Heim Sämtliche Punkte, die bei der EL-Berechnung für im Heim lebende Personen angepasst werden sollen, werden von den Wenigen, die sich dazu äussern, unterstützt (etwa Berücksichtigung der Heimtaxe nur noch für Tage, die tatsächlich in Rechnung gestellt werden und Abrechnung als Krankheits- und Behinderungskosten über die EL für vorübergehende Heimaufenthalte von bis zu drei Monaten).

Zustimmung zu den Verbesserungen in der Durchführung, mit Ausnahme der Kürzung der Verwaltungskosten Die Präzisierungen, die einen schweizweit einheitlichen Vollzug der EL sicherstellen sollen, stossen durchwegs auf ein positives Echo. Einzig die vorgesehene Sanktionsmöglichkeit, dass bei mangelhafter Durchführung der EL die Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten
gekürzt werden können, wird von einer überwiegenden Mehrheit der Kantone sowie weiteren (etwa FDP, Schweizerischer Arbeitgeberverband) entschieden abgelehnt. Zustimmend lassen sich u. a. der Schweizerische Gewerbeverband, sowie Arbeitnehmerverbände und einige Behindertenorganisationen vernehmen.

Eingebrachte Revisionsvorschläge und Anliegen Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer haben weitere zusätzliche Anliegen und Vorschläge vorgetragen. Für viele ist es ein zentrales Anliegen, die EL-Mietzinsmaxima so rasch als möglich anzupassen. Es ist für sie nicht akzeptabel, diese Anpassungen weiter aufzuschieben und die Vorlage erst zusammen mit der 7524

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Gesamtrevision der EL zu behandeln. Andererseits gibt es Stimmen, für die es verfehlt ist, einzelne Massnahmen wie die Mietzinsmaxima isoliert anzugehen. Zu den mehrfach genannten Vorschlägen gehören die Einführung einer Vermögensschwelle für den EL-Bezug, die Einführung eines EL-Höchstbetrages für zu Hause lebende Personen, die Gewährung von EL auch für Pflege und Betreuung zu Hause und für Wohnformen des betreuten Wohnens, die Einführung einer eidgenössischen EL-Kommission, die Überprüfung des Betrages für den allgemeinen Lebensbedarf für Kinder sowie die Neuregelung der Aufgabenteilung Bund­Kantone. Verschiedentlich wird bedauert, dass die Finanzierung von Heim- und Pflegekosten kein Thema dieser Vorlage ist.

Die Kosten, welche durch die Pflege von Personen zu Hause oder im Heim entstehen, lassen sich nicht über die EL steuern (vgl. Ziff. 1.1.2). Massnahmen, die in Zusammenhang mit Hilfe, Betreuung und Pflege zu Hause oder im Heim stehen, müssen deshalb im entsprechenden Kontext diskutiert werden und können nicht im Rahmen der vorliegenden Reform behandelt werden. Von der Einführung einer Eintrittsschwelle beim Vermögen, die Anpassung des Betrages für den allgemeinen Lebensbedarf von Kindern sowie die Schaffung einer eidgenössischen EL-Kommission wird ebenfalls abgesehen; für die Begründung wird auf die Ziffern 1.2.2, 1.2.3 und 1.2.7 verwiesen. Die Wiedereinführung eines EL-Höchstbetrages hätte zur Folge, dass eine Person oder Familie pro Jahr nur eine begrenzte Summe an EL beziehen kann, auch wenn ihr individueller Bedarf höher wäre. Die EL wären somit nicht mehr existenzsichernd und könnten folglich ihre Kernaufgabe nicht mehr erfüllen. Der fehlende Betrag müsste unter Umständen durch die Sozialhilfe gedeckt werden. Auf das Anliegen wird deshalb ebenfalls nicht eingegangen.

1.4

Umsetzung

Für die Präzisierung der Gesetzesbestimmungen auf Verordnungsebene wird auf die Ziffern 1.2.2 (Ermittlung des Reinvermögens bei Personen mit Wohneigentum) und 1.2.6 (Präzisierung der Bestimmungen zum gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz) sowie die Erläuterungen zu Artikel 11a Absatz 3 ELG (Vermögensverzicht) und Artikel 24 Absatz 2 ELG (Kürzung der Beiträge des Bundes an die Verwaltungskosten bei mangelhafter Durchführung) unter Ziffer 2 verwiesen.

1.5

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

1.5.1

Abzuschreibende Vorstösse

Es wird vorgeschlagen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse zu den EL abzuschreiben.

Ziffer 1.2.1 befasst sich mit der Frage der Einschränkung der Kapitalbezüge aus der 2. Säule, wie dies im Postulat Grossen «Pensionskassengeld verschwenden und dann Ergänzungsleistungen beziehen? Dieser Fehlanreiz muss abgeschafft werden!» (14.3629) vom 20. Juni 2014 gefordert wird.

7525

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Die Motion Borel «Wohneigentumsförderung für Invalide» (97.3068) vom 15. März 2000 wird unter Ziffer 1.5.2 behandelt.

Das Postulat der Fraktion CVP-EVP «Auswirkung des gesellschaftlichen Wandels auf die Pensionskassen» (13.3548) vom 20. Juni 2013 wird unter Ziffer 1.5.3 behandelt.

1.5.2

Invalidität und Erwerb von Wohneigentum mit Mitteln der beruflichen Vorsorge

Ausgangslage Die Motion «Wohneigentumsförderung für Invalide» (97.3068), die von Nationalrat François Borel am 5. März 1997 eingereicht und am 15. März 2000 als Postulat überwiesen wurde, verlangt zwei Anpassungen des BVG: Erstens sollen invalide Personen, die zu 100 Prozent durch eine andere Versicherung als die berufliche Vorsorge (z.B. IV, Unfallversicherung, Militärversicherung oder Haftpflichtversicherung) entschädigt werden, ebenfalls Vorbezüge für den Erwerb von Wohneigentum tätigen können. Zweitens sollen für invalide Personen, die eine Rente der beruflichen Vorsorge beziehen, Vorbezüge in dem Ausmass möglich sein, in dem ihre Beiträge nicht das Risiko Invalidität abdecken.

In seiner Stellungnahme vom 2. Juni 1997 vertrat der Bundesrat den Standpunkt, dass den Anträgen des Motionärs vorbehältlich einer weiteren Überprüfung nicht Folge zu leisten sei. In ihrem Bericht vom 18. Oktober 1999 vertrat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats die Ansicht, «dass durch diese Motion Mehrkosten entstehen, und das hätte zwangsläufig eine Erhöhung der Beiträge an die berufliche Vorsorge oder eine Verminderung der Leistungen zur Folge».

Auswirkungen Falls dem Postulat Folge gegeben würde, hätte dies folgende Auswirkungen: ­

7526

Würden bei Überentschädigung Vorbezüge gewährt, stünden die Vorsorgeeinrichtungen vor einem Finanzierungsproblem. Müsste man Vorbezüge zugunsten bestimmter versicherter Personen bei Überentschädigung finanzieren, müsste unweigerlich das Prämienniveau auf Kosten aller Versicherten heraufgesetzt werden. Bis jetzt werden die Risikoprämien dank korrektiver, solidaritätsfördernder Faktoren gewichtet: Die Risikofinanzierung berechnet sich nicht nur aufgrund der realen Risikosituation (Schadensquote), sondern auch unter Berücksichtigung der versicherungsmathematischen Wahrscheinlichkeiten. Die Risikoprämien werden namentlich aufgrund der Wahrscheinlichkeit gewichtet, dass eine gewisse Zahl der Versicherten keine Rente bezieht. Wenn alle vollinvaliden Personen, die infolge einer Überentschädigungskürzung keine Leistungen aus ihrer Pensionskasse beziehen, ihre bis zum Eintritt des Vorsorgefalls erworbenen Freizügigkeitsleistungen in Form eines Vorbezugs für Wohneigentum abzögen, müssten gemäss Schätzungen des BSV 30 Millionen Franken pro Jahr ausbezahlt werden. Davon wären 13 Millionen Franken obligatorisches BVG-Altersguthaben. Es handelt sich

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dabei um eine Schätzung des jährlichen Durchschnitts der Jahre 2010­2014.

Sie beruht einerseits auf der in den letzten Jahren rückläufigen Anzahl der invaliden Neurentnerinnen und -rentnern aus der Unfallversicherung und andererseits auf den Freizügigkeitsleistungen und den Altersguthaben der beruflichen Vorsorge zum Zeitpunkt des Invaliditätseintritts von Personen, die zwar dem BVG unterstellt sind, aber keine Invaliditätsleistungen der 2. Säule beziehen. Für die Jahre 2010­2014 wurde das Altersguthaben unter Berücksichtigung des Alters und des durchschnittlichen koordinierten Lohnes jener Neurentnerinnen und -rentner geschätzt, deren Invaliditätsgrad zwischen 70 und 100 Prozent liegt: Im Jahr 2014 hat die Unfallversicherung an 237 Personen entsprechende Invalidenrenten ausgerichtet (219 im Jahr 2013, 177 im Jahr 2012, 258 im Jahr 2011 und 283 im Jahr 2010). Bei teilinvaliden Personen kann nur der «aktive» Teil des Altersguthabens Gegenstand eines Vorbezugs für Wohneigentum sein. Könnte auch der «invalide» (nicht aktive) Teil des Altersguthabens von teilinvaliden Personen, deren Teil-Invalidenrente wegen Überentschädigung nicht ausbezahlt wird, für einen Vorbezug eingesetzt werden, kämen maximal noch weitere zusätzliche Guthaben in der Höhe von 17 Millionen Franken pro Jahr hinzu. Davon wären 8 Millionen Franken obligatorische BVG-Altersguthaben. Insgesamt könnten also Guthaben bis 47 Millionen Franken pro Jahr zusätzlich vorbezogen werden. Davon wären 21 Millionen Franken obligatorische BVGAltersguthaben (durchschnittliche Beträge von 2010­2014). Dies würde eine Zusatzfinanzierung in der Grössenordnung von 0,20 Promille der Summe der Beitragslöhne (= für die Berechnung der reglementarischen Beiträge massgebende Lohn) erfordern bzw. von 0,12 Promille der koordinierten Lohnsumme, wenn nur das BVG-Altersguthaben bezogen werden könnte.

­

Würde Personen, die zu 90 oder sogar 100 Prozent durch andere Versicherungen für den Erwerbsausfall entschädigt werden, ein Vorbezug gewährt, befänden sich diese nach Eintritt des Versicherungsfalls in einer besseren wirtschaftlichen Situation als zuvor, wohingegen die Bestimmungen zur Überentschädigung gerade verhindern sollen, dass die Kumulierung der Leistungen der verschiedenen Versicherer der versicherten Person zu einem ungerechtfertigten Vorteil verhilft. Würde man auf einen solchen Vorschlag eingehen, wäre das in Artikel 34a Absatz 1 BVG sowie den Artikeln 24 und 25 BVV 2 verankerte Grundprinzip des Überentschädigungsverbots nicht mehr eingehalten (vgl. auch BGE 130 V 191).

­

Würde invaliden Personen, die dank der Leistungen von anderen Versicherungen bereits eine Entschädigung von 90 Prozent erreichen, ein Vorbezug für Wohneigentum gewährt, könnte die Vorsorgeeinrichtung diesen Vorbezug nicht durch eine Kürzung ihrer eigenen Leistungen ausgleichen, da sie wegen Überentschädigung keine Leistungen ausrichtet. So würden invalide Personen, die zusätzlich zu den UVG- und IV-Leistungen einen Vorbezug nach BVG erhalten, gegenüber den erwerbstätigen Versicherten bevorzugt behandelt, denn Erwerbstätige müssen in jedem Fall eine Kürzung ihrer künftigen Vorsorgeleistungen hinnehmen, wenn sie einen Vorbezug für

7527

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Wohneigentum beanspruchen. Die Revision vom 25. September 201553 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung 20. März 198154 (UVG) soll eine Überentschädigung im Rentenalter beseitigen, die bereits unter geltendem Recht und ohne zusätzliche WEF-Bezüge besteht. Nach dem in der Revision beschlossenen Artikel 20 Absatz 2ter UVG sollen die Invalidenrente und die Komplementärrente einschliesslich der Teuerungszulagen in Abweichung von Artikel 69 ATSG beim Erreichen des ordentlichen Rentenalters für jedes volle Jahr, das der Versicherte zum Unfallzeitpunkt älter als 45 Jahre war, bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent um zwei Prozentpunkte, höchstens aber um 40 Prozent, und bei einem Invaliditätsgrad unter 40 Prozent um einen Prozentpunkt, höchstens aber um 20 Prozent, gekürzt werden. Die Einführung eines neuen, zusätzlichen Anspruchs auf WEF-Bezüge würde bei diesen Personen die in der UVG-Revision angestrebte Korrektur wieder zunichtemachen.

53 54

­

Das Postulat beinhaltet auch eine Ungleichbehandlung zwischen Personen, die infolge einer Krankheit invalid wurden, und Personen, deren Invalidität auf einen Unfall zurückzuführen ist. Bei Annahme des Postulats könnten durch einen Unfall invalid gewordene Personen noch einen Vorbezug für Wohneigentum aus der 2. Säule beanspruchen, obwohl sie dank der Leistungen von anderen, durch Solidarität finanzierten Versicherungen bereits zu 90 Prozent (oder sogar 100 %) für den mutmasslichen Erwerbsausfall entschädigt werden. Personen, die durch eine Krankheit invalid geworden sind, erreichen dagegen in der Regel 60 Prozent ihres früheren Verdiensts mit den IV- und BVG-Leistungen ­ allenfalls 80 Prozent, wenn sie Leistungen der erweiterten beruflichen Vorsorge beziehen. Die Unfallversicherung kommt hier nicht ins Spiel. Die Wirkungen der laufenden Revision des UVG wurden oben bereits dargelegt.

­

Mit dem Postulat stellt sich ausserdem das Problem der Ungleichbehandlung zwischen invaliden Personen mit und solchen ohne Wohneigentum. Bei Überentschädigung käme das Postulat nämlich nur den invaliden Personen zugute, die über ein Privatvermögen verfügen oder ein genügend grosses Altersguthaben bilden konnten, um Wohneigentum zu erwerben. Eine Minderheit von invaliden Eigentümerinnen und Eigentümern würde somit gegenüber der Mehrheit der invaliden Personen, die sich aufgrund ihrer bescheidenen Verhältnisse kein Wohneigentum leisten können, bevorzugt behandelt.

­

Der zweite Antrag des Postulats läuft darauf hinaus, dass der Anspruch auf Vorbezug einer Person gewährt wird, die bereits eine ganze Invalidenrente aus der beruflichen Vorsorge bezieht. Ein solcher Vorschlag würde eine tiefgreifende Veränderung des heutigen Systems der beruflichen Vorsorge bedeuten. Das gegenwärtige System schliesst aus, dass ein und dasselbe Vorsorgeguthaben gleichzeitig für die Invaliditätsentschädigung einerseits und den Erwerb von Wohneigentum andererseits verwendet wird. Im heutiBBl 2015 7139 SR 832.20

7528

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gen System nach BVG wird die Invalidenrente (die in der obligatorischen Vorsorge über das Rentenalter hinaus ausgerichtet werden muss) gemäss Artikel 24 Absatz 3 BVG auch durch das Altersguthaben und nicht nur durch die Risikoprämien für Invalidität finanziert. Folglich steht das Altersguthaben nicht mehr für einen Vorbezug zur Verfügung, wenn eine Invalidenrente gewährt wird. Würde man auf diesen Vorschlag eingehen, könnte sich die Vorsorgeeinrichtung gezwungen sehen, einen Vorbezug bis zur Höhe des Altersguthabens zu gewähren, obwohl dieses bereits zur Finanzierung der Invalidenrente verwendet wird. Ausserdem würde auch das nötige Guthaben zur Finanzierung der Hinterlassenenleistungen im Falle des Todes der invaliden Person fehlen. Da die Risikoprämien für die Invalidität und das Altersguthaben für die Finanzierung der Invaliditätsleistungen untrennbar miteinander verbunden sind, ist es unmöglich, sie zu trennen oder die versicherungsmathematischen Risiken zu trennen, wie es das Postulat vorsieht.

Fazit Die 1. BVG-Revision hat die Situation von invaliden Personen im Vergleich zum Zeitraum, in dem das Postulat eingereicht wurde, verbessert: Einführung von Viertels- und Dreiviertelsrenten bei Teilinvalidität, bessere Versicherungsdeckung für Personen mit Geburts- oder Frühinvalidität. Ausserdem können teilinvalide Personen den Erwerb von Wohneigentum finanzieren, indem sie den aktiven Teil ihres Altersguthabens abziehen. Eine neue, noch weiter gehende Regelung im Sinne des vorliegenden Postulats würde jedoch Finanzierungsprobleme für die Vorsorgeeinrichtungen verursachen und zu höheren Risikoprämien für alle Versicherten sowie die Arbeitgeber führen. Die zusätzlichen Ausgaben könnten sich auf bis zu 47 Millionen Franken pro Jahr belaufen. Das Postulat würde auch zu Problemen bezüglich Überentschädigung führen. Würde man das Postulat annehmen, hätte dies eine tiefgreifende Veränderung des heutigen Systems der beruflichen Vorsorge zur Folge. Das heutige System beruht in Bezug auf die Risikofinanzierung vor allem auf der Solidarität. Die Vergabe eines Vorbezugs für Wohneigentum an eine beschränkte Zahl von Personen würde auf Kosten aller Versicherten erfolgen. Ausserdem würde sie neue Ungleichbehandlungen bewirken.

1.5.3

Auswirkungen der Vorbezüge für Wohneigentum und der Bezüge infolge Scheidung

Die Vorbezüge für Wohneigentum sind auch Gegenstand des Postulats Fraktion CVP vom 20. Juni 2013 «Auswirkung des gesellschaftlichen Wandels auf die Pensionskassen» (13.3548), das den Bundesrat beauftragt, die Auswirkungen der Vorbezüge für den Erwerb von Wohneigentum und der Scheidungen auf die Pensionskassen zu untersuchen.

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Vorbezüge für Wohneigentum Die Vorbezüge von Geldern der 2. Säule im Rahmen der Wohneigentumsförderung (WEF) sind seit 2005 insgesamt stabil. Bei der Bezügerzahl und auch bei der Summe der WEF-Vorbezüge zeigt sich sogar eine sinkende Tendenz55: Tabelle 1-7

Übersicht über WEF-Vorbezüge 2005­2014 Jahr

Anzahl WEF-Bezügerinnen und -Bezüger

Summe der WEF-Bezüge (in Mio. Fr.)

Summe der WEF-Rückzahlungen (in Mio. Fr.)

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

30 337 29 568 28 464 28 145 29 954 27 820 25 847 23 955 19 762 19 045

2 269 2 148 2 093 2 154 2 412 2 150 2 014 1 933 1 470 1 451

151 225 260 248 251 301 322 337 345 405

Durchschnittlicher Bezug 2005­2012: 76 400 Franken

Wie die Tabelle zeigt, wurden im Jahr 2014 insgesamt 1,5 Milliarden Franken für den Erwerb von Wohneigentum vorbezogen, dies bei einem Gesamtvermögen der registrierten Vorsorgeeinrichtungen (VE) von rund 885 Milliarden Franken. Die Summe der Vorbezüge entspricht somit 1,6 Promille des Gesamtvermögens. Der Totalbetrag der Rückzahlungen nimmt tendenziell zu.

Gemäss einer Studie56 der Hochschule Luzern über die Rolle der Kapitalbezüge aus der 2. und 3. Säule für den Erwerb von Wohneigentum haben fast 58 Prozent der Befragten für die Finanzierung ihres Wohneigentums auf Vorsorgegelder zurückgegriffen. Vor allem Familien mit mittlerem Einkommen (80 000­90 000 Franken) und die Altersklassen der 35- bis 44-Jährigen und der 45- bis 54-Jährigen beanspruchen WEF-Mittel. Männer tätigen häufiger WEF-Vorbezüge als Frauen. Diese deskriptive Analyse bestätigt die wichtigsten Erkenntnisse, die von der Bundesver-

55

56

Berechnungen des BSV für die registrierten Vorsorgeeinrichtungen auf der Grundlage der Pensionskassenstatistik des BFS; vgl. auch Bericht des Bundesrates «Ergänzungsleistungen zur AHV/IV: Kostenentwicklung und Reformbedarf» vom 20. November 2013, S. 86 und S. 127 (Anhang 6.1) (vgl. Fn. 2).

Yvonne Seiler Zimmermann, «Nutzung von Vorsorgegeldern zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum» (auf Deutsch mit französischer und italienischer Zusammenfassung), Verlag IFZ-Hochschule Luzern (veröffentlicht am 28. August 2013), abrufbar unter: www.bwo.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Forschungsberichte.

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waltung in einem früheren Bericht mit detaillierten Statistiken präsentiert worden waren57.

Bei einem WEF-Vorbezug erleidet die VE keinen Verlust, da sie die vorbezogenen Mittel vom Guthaben der versicherten Person abzieht und die künftigen Vorsorgeleistungen entsprechend kürzt (Art. 30c Abs. 4 BVG und Art. 331e Abs. 4 OR). Die Vorsorgeleistungen werden nicht gekürzt, wenn die versicherte Person den bezogenen Betrag zurückzahlt (Art. 30d BVG). Durch den WEF-Vorbezug reduziert sich nur das individuelle Vorsorgekapital der versicherten Person, die Guthaben der anderen Versicherten sind davon nicht betroffen. Die VE ist nicht verpflichtet, den WEF-Vorbezug mit anderen Mitteln als dem Vorsorgeguthaben der versicherten Person zu finanzieren. Schliesst die versicherte Person eine Zusatzversicherung ab, um eine Leistungskürzung bei Tod oder Invalidität zu vermeiden, muss sie das selbst finanzieren (vgl. Art. 30c Abs. 4, zweiter Satz BVG und Art. 17 der Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge vom 3. Oktober 199458 [WEFV]). Die VE kann zudem Verwaltungsgebühren für den WEF-Vorbezug erheben.59 Im Weiteren muss die VE bei der Liquiditätsplanung zwar die möglichen Vorbezugsgesuche berücksichtigen, hat aber nach den Artikeln 30c Absatz 7 und 30f BVG sowie Artikel 331e Absatz 7 OR und Artikel 6a WEFV stets die Möglichkeit, WEF-Vorbezüge einzuschränken oder ganz zu verweigern, wenn sie zu Liquiditätsproblemen führen könnten oder die VE eine Unterdeckung aufweist.60 Die geltenden Bestimmungen bieten den VE diesbezüglich demnach bereits einen ausreichenden Schutz.

Nach diesen Bestimmungen und den genannten Zahlen zu urteilen, ist das Kapitaldeckungsverfahren durch die WEF-Vorbezüge keineswegs gefährdet.

Auszahlungen infolge Scheidung Die Summe der Auszahlungen infolge Scheidung liegt stabil bei rund 0,7 Milliarden Franken (mit Ausnahme von 2010 mit 0,8 Milliarden Franken), dies bei einem Gesamtvermögen der registrierten VE von rund 885 Milliarden Franken im Jahr 2014.61 Die Summe der Auszahlungen infolge Scheidung beträgt somit weniger als 1 Promille des Gesamtvermögens. Die Anzahl Überweisungen infolge Scheidung pro Anzahl aktiver Versicherter ist rückläufig und beträgt weniger als drei pro Tausend aktive Versicherte (2014 lag die Anzahl aktiver Versicherter bei 3 889 447):

57

58 59 60

61

«Wohnungseigentumspolitik in der Schweiz» (Anhang 2: Statistiken), Bericht vom 7. Dezember 2010 der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) und des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO); vgl.

auch Forschungsbericht Nr. 17/03 «Wirkungsanalyse der Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEF)», veröffentlicht vom BSV.

SR 831.411 Vgl. BGE 124 II 570, zusammengefasst in Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 44 Ziff. 263; siehe auch Urteil B 44/00 vom 19. März 2011.

Vgl. auch Botschaft des Bundesrates vom 19. September 2003 über Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge: BBl 2003 6399, insbesondere 6414.

Berechnungen des BSV für die registrierten Vorsorgeeinrichtungen auf der Grundlage der Pensionskassenstatistik des BFS.

7531

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Übersicht über Auszahlungen infolge Scheidung 2005­2014

Tabelle 1-8

Jahr

Summe der Bezüge bei Scheidung (in Mio. Fr.)

Anzahl pro Tausend aktive Versicherte

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

673 674 708 708 702 811 741 720 696 716

3,3 3,1 2,9 2,9 2,9 3,2 2,7 2,6 2,4 2,3

Hinzu kommt, dass es sich bei der Aufteilung der Austrittsleistungen bei Scheidung lediglich um eine Verschiebung der Guthaben zwischen den VE der Ex-Ehegatten handelt, da im Fall einer im Scheidungsurteil angeordneten Aufteilung der 2. Säule die VE den entsprechenden Betrag vom persönlichen Vorsorgeguthaben des ExEhegatten an die VE des anderen Ex-Ehegatten überweist. Dieses Vorgehen ist insofern kostenneutral, als sich das Vorsorgeguthaben des belasteten Ex-Ehegatten um den gleichen Betrag reduziert wie sich dasjenige des berechtigten Ex-Ehegatten erhöht. Damit ist der Zweck von Artikel 122 ZGB und Artikel 22 FZG erfüllt, nämlich die Vorsorgeleistungen zwischen den Ex-Ehegatten auszugleichen (mit Einkaufsmöglichkeit des belasteten Ehegatten zum Ausgleich des reduzierten Vorsorgekapitals infolge der Scheidung) (vgl. Art. 79b Abs. 3 BVG und Art. 22c FZG).

Da das Vermögen in der 2. Säule bleibt und die VE keine Vorsorgeleistungen auszahlen müssen, die nicht vom verfügbaren Vorsorgeguthaben nach der Scheidung gedeckt sind, erleiden die VE keinen finanziellen Verlust. Die Scheidung zweier Versicherter schmälert weder das Vorsorgeguthaben der anderen Versicherten noch das Vermögen der VE. Somit wird auch das Kapitaldeckungsverfahren nicht gefährdet.

Kapitaltransfers infolge Scheidung sind zudem viel seltener als Ein- und Austritte bei Stellenwechsel oder Lohnmutationen, sodass sie die VE vor keine besonderen Verwaltungsprobleme stellen62.

Die Revision vom 19. Juni 2015 des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung63 bezweckt die Vereinfachung der Praxis, unter anderem indem als massgebender Zeitpunkt für die Aufteilung des Vorsorgeguthabens nicht mehr die Rechtskraft des Scheidungsurteils, sondern die Einreichung der Scheidungsklage festgelegt wird. Bei der Ver-

62 63

Vgl. Forschungsbericht Nr. 4/11 «Verwaltungskosten der 2. Säule in Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen», veröffentlicht vom BSV.

BBl 2015 4883

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nehmlassung des Vorentwurfs wurden keine Befürchtungen geäussert, dass Scheidungen eine Gefahr für die finanzielle Situation der VE darstellen könnten.

Fazit Die WEF-Vorbezüge und die Bezüge infolge Scheidung haben keine negativen Auswirkungen auf die VE und stellen keine Gefahr für das Kapitaldeckungsverfahren dar. Neue Massnahmen sind deshalb nicht gerechtfertigt. Das BVG ist ein Rahmengesetz, das den Pensionskassen genügend Autonomie und Flexibilität gewährt, damit sie ihre reglementarischen Leistungen der gesellschaftlichen Entwicklung anpassen können.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 4 Abs. 3 und 4 Abs. 3: Ein Anspruch auf eine EL besteht nur, wenn und solange eine Person ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat (geltender Absatz 1).

Artikel 13 Absatz 2 ATSG definiert den gewöhnlichen Aufenthalt als den Ort, an dem eine Person während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum Vornherein befristet ist. Aufgrund dieser offenen Definition hat sich bei den EL keine einheitliche Praxis bei der Behandlung längerer Auslandaufenthalte gebildet. Im neuen Absatz 3 wird deshalb präzisiert, dass der gewöhnliche Aufenthalt als unterbrochen gilt, wenn sich eine Person ununterbrochen während mehr als drei aufeinanderfolgenden Monaten im Ausland aufhält (Bst. a) oder wenn sie sich in einem Kalenderjahr für insgesamt mehr als drei Monate im Ausland aufhält (Bst. b). Der Unterbruch führt dazu, dass die Auszahlung der EL vorübergehend eingestellt wird.

Abs. 4: Der genaue Zeitpunkt der Sistierung und der Wiederausrichtung der EL nach der Rückkehr in die Schweiz soll auf Verordnungsebene geregelt werden. Mit dem neuen Absatz 4 wird eine entsprechende Kompetenz des Bundesrates geschaffen.

Art. 5 Abs. 3, 5 und 6 Abs. 3: Dieser Absatz regelt die Karenzfrist von Personen, die gestützt auf ein Sozialversicherungsabkommen Anspruch auf ausserordentliche Renten der AHV oder IV hätten. Im Rahmen der 10. AHV-Revision wurden die ausserordentlichen Renten mit Einkommensgrenze per 1. Januar 1997 aufgehoben und in die EL überführt. Um einen Anspruch auf eine ausserordentliche Rente der AHV oder IV zu erwerben, musste sich eine Person unmittelbar vor dem Monat, ab welchem die Rente verlangt wurde, ununterbrochen während einer bestimmten Dauer in der Schweiz aufgehalten haben (Karenzfrist). Bei ausserordentlichen Hinterlassenen- und Invalidenrenten sowie bei ausserordentlichen Altersrenten, welche eine Hinterlassenen- oder Invalidenrente ablösen, galt eine Karenzfrist von fünf Jahren. Bei Altersrenten, die keine andere Rente ablösten, betrug die Karenzfrist zehn Jahre. Seit der Überführung der ausserordentlichen Renten in die EL kommen diese Karenzfristen auch hinsichtlich des EL-Anspruchs zum Tragen. Sie gingen bisher jedoch aus dem Gesetzestext nicht eindeutig hervor. Aus Transparenzgründen werden die Karenzfristen für Personen, 7533

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die gestützt auf ein Sozialversicherungsabkommen Anspruch auf ausserordentliche Renten der AHV oder IV hätten, in Artikel 5 Absatz 3 aufgenommen. Die Anpassung hat keine materiellen Auswirkungen.

Abs. 5: Dieser Absatz regelt die Dauer, während der die Schweiz während der Karenzfrist maximal verlassen werden darf. Bei einer länger dauernden Auslandabwesenheit beginnt die Karenzfrist bei einer Rückkehr in die Schweiz neu zu laufen. Die vorgesehene Regelung orientiert sich an den Bestimmungen über die Karenzfrist bei ausserordentlichen Renten der meisten Sozialversicherungsabkommen, welche die Schweiz mit anderen Staaten abgeschlossen hat. Die Abkommen lassen in der Regel während der Karenzfrist eine Landesabwesenheit bis zu drei Monaten pro Kalenderjahr zu.

Abs. 6: In manchen Fällen können triftige Gründe bestehen, die einen längeren Auslandaufenthalt erfordern, wie beispielsweise die Krankheit eines engen Familienangehörigen oder ein vorgeschriebener Auslandaufenthalt im Rahmen einer anerkannten Ausbildung. Bestimmte Umstände wie etwa eine Transportunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall können eine kurzfristige Rückkehr in die Schweiz sogar unmöglich machen. Der Bundesrat soll deshalb die Kompetenz erhalten, auf Verordnungsebene eine abschliessende Liste von Ausnahmefällen vorzusehen, in denen die Schweiz für maximal ein Jahr verlassen werden darf, ohne dass die Karenzfrist unterbrochen wird.

Art. 9 Abs. 1, 1bis, 3 und 5 Bst. cbis Abs. 1 Bst. a: Absatz 1 regelt den Mindestbetrag der EL. Nach Artikel 65 Absatz 1 KVG gewähren die Kantone Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen (individuelle Prämienverbilligung IPV). Aufgrund dieser Bestimmung hat jede EL-beziehende Person einen Anspruch auf IPV. Damit EL-Bezügerinnen und Bezüger nicht aus zwei Systemen gleichzeitig Leistungen beziehen müssen, entspricht der Betrag der periodischen EL mindestens der höchsten vom Kanton festgelegten Prämienverbilligung für nicht EL-beziehende Personen. Diese Bestimmung, die bereits seit dem 1. Januar 1998 in Kraft ist, wird von Artikel 26 ELV in den neuen Absatz 1 Buchstabe a überführt.

Abs. 1 Bst. b: Bisher entsprach die EL-Mindesthöhe in den meisten Kantonen der kantonalen Durchschnittsprämie (vgl. Ziff. 1.2.4). Für den überwiegenden Teil der Personen, die eine EL in
der Höhe des Mindestbetrages beziehen, führt die neue Regelung deshalb zu tieferen Leistungen. Um diese Personen vor einem allzu starken Rückgang ihres verfügbaren Einkommens zu schützen, soll der EL-Betrag in jedem Fall mindestens 60 Prozent der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion entsprechen.

Abs. 1bis: Dieser Absatz entspricht dem bisherigen Artikel 5 Absatz 3. Er regelt die Höhe der jährlichen Ergänzungsleistung für Ausländerinnen und Ausländern, die gestützt auf ein Sozialversicherungsabkommen Anspruch auf ausserordentliche Renten der AHV oder IV hätten. Da die übrigen Bestimmungen von Artikel 5 die Anspruchsvoraussetzungen und nicht die Höhe der Leistungen betreffen, wird der bisherige Absatz 3 aus systematischen Gründen in den neuen Artikel 9 Absatz 1bis verschoben. Die Anpassung hat keine materiellen Auswirkungen.

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Abs. 3: Dieser Absatz regelt die EL-Berechnung für Fälle, in denen mindestens einer der Ehegatten in einem Heim oder Spital lebt. In dieser Konstellation soll die EL für jeden Ehegatten weiterhin gesondert berechnet werden. Die Berechnungsregeln werden jedoch etwas genauer beschrieben. Der Übersicht halber wird der Inhalt der Bestimmung in drei Buchstaben gegliedert.

Abs. 3 Bst. a: Grundsätzlich wird jede Ausgabe demjenigen Ehegatten zugerechnet, den sie betrifft. Ausgaben, welche beide Ehegatten betreffen, werden je hälftig geteilt. Diese Regelung entspricht dem bisherigen Wortlaut von Artikel 1c Absatz 1 ELV und bringt somit keine materielle Neuerung. Die bisherige Kompetenz des Bundesrates, auf Verordnungsebene weitere Ausnahmen von der hälftigen Aufteilung der Ausgaben vorsehen zu können, wird aufgehoben, da nie von ihr Gebrauch gemacht wurde.

Abs. 3 Bst. b: Die Einnahmen der beiden Ehegatten werden wie bisher in der Regel hälftig geteilt. Damit die Vermögenszuteilung gemäss Buchstabe c ihre Wirkung entfalten kann, wird der Vermögensverzehr nicht mehr wie bisher hälftig geteilt, sondern jedem Ehegatten gesondert als Einnahme angerechnet. Die bisherige Kompetenz des Bundesrates, auf Verordnungsebene weitere Ausnahmen von der hälftigen Aufteilung der Einnahmen vorsehen zu können, wird beibehalten. Sie wird jedoch dahingehend präzisiert, dass lediglich Einnahmen von der hälftigen Zurechnung ausgenommen werden dürfen, die nur einen Ehegatten betreffen.

Abs. 3 Bst. c: Wenn der zu Hause lebende Ehegatte in einer Liegenschaft wohnt, die ihm oder dem im Heim lebenden Ehegatten gehört, wird letzterem nicht wie bisher die Hälfte, sondern drei Viertel des Vermögens zugerechnet. Beim Ehegatten zu Hause wird ein Viertel des Vermögens in der EL-Berechnung berücksichtigt. Die Zurechnung erfolgt nach dem Abzug des Freibetrages auf der selbstbewohnten Liegenschaft von 300 000 Franken und dem Abzug des Freibetrages auf dem Gesamtvermögen von 50 000 Franken.

Abs. 5 Bst. cbis: Mit dieser Bestimmung erhält der Bundesrat die Kompetenz, die Berücksichtigung der Hypothekarschulden für die Ermittlung des Reinvermögens zu regeln. Hypothekarschulden sollen künftig nur noch vom Wert der Liegenschaft ­ und nicht mehr vom Gesamtvermögen ­ in Abzug gebracht werden können (vgl.

Ziff. 1.2.2).

Art. 10 Abs. 1 Einleitungssatz
und Bst. c, 2 Einleitungssatz und Bst. a, Abs. 3 Bst. d Abs. 1 Einleitungssatz: Aufenthalte in einem Heim oder Spital bis zu drei Monaten werden neu als Krankheits- und Behinderungskosten über die EL abgerechnet (neuer Art. 14 Abs. 1 Bst. bbis). Artikel 10 Absatz 1 ist deshalb dahingehend zu präzisieren, dass bei Heim- oder Spitalaufenthalten von weniger als drei Monaten eine ELBerechnung für zu Hause lebende Personen vorgenommen wird.

Abs. 1 Bst. c: Bei Personen, die eine Liegenschaft bewohnen, an der sie oder eine andere Person, die in die EL-Berechnung eingeschlossen ist, das Eigentum, die Nutzniessung oder ein Wohnrecht haben, wird der Mietwert der Liegenschaft als Ausgabe anerkannt. Berücksichtigt wird der effektive Mietwert, höchstens jedoch der Betrag des Mietzinsmaximums, welches zur Anwendung käme, wenn der ELBezüger oder die EL-Bezügerin und die weiteren Personen, welche im selben Haus7535

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halt wohnen, in einer Mietwohnung leben würden. Der Mietwert wird bereits heute in dieser Weise in der EL-Berechnung berücksichtigt. Aus Transparenzgründen wird die Anrechnung des Mietwerts als Ausgabe in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c aufgenommen. Die Anpassung hat keine materiellen Auswirkungen.

Gemäss dem geltenden Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe b bestimmt der Bundesrat die Bewertung der anerkannten Ausgaben. Dies schliesst die Bewertung des Mietwerts mit ein.

Abs. 2 Einleitungssatz: Aufenthalte in einem Heim oder Spital bis zu drei Monaten werden neu als Krankheits- und Behinderungskosten über die EL abgerechnet (neuer Art. 14 Abs. 1 Bst. bbis). Artikel 10 Absatz 2 ist deshalb dahingehend zu präzisieren, dass bei Heim- oder Spitalaufenthalten von mehr als drei Monaten eine EL-Berechnung für in Heimen oder Spitälern lebende Personen vorgenommen wird.

Abs. 2 Bst. a: Neu wird bei im Heim lebenden Personen in der EL-Berechnung nur noch die Heimtaxe für diejenigen Tage berücksichtigt, welche vom Heim auch tatsächlich in Rechnung gestellt werden (erster Teilsatz). Dadurch wird gewährleistet, dass über die EL nur Heimkosten bezahlt werden, die auch tatsächlich entstanden sind. Der Rest der Bestimmung bleibt unverändert; insbesondere können die Kantone die Höhe der in der EL-Berechnung berücksichtigten Tagestaxe auch weiterhin begrenzen. Die tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe hat keinen Einfluss auf Beginn und Ende des EL-Anspruchs nach Artikel 12 Absätze 1­3.

Die Anpassung im dritten Teilsatz ist ausschliesslich redaktioneller Natur.

Abs. 3 Bst. d: Die Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung wird in der EL-Berechnung als Ausgabe anerkannt. Nach dem bisherigen Recht wurde dabei in jedem Fall ein Pauschalbetrag berücksichtigt, welcher der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion entspricht. Mit der vorliegenden Anpassung erhalten die Kantone die Möglichkeit, in der EL-Berechnung anstelle des Pauschalbetrages wahlweise die tatsächliche Prämie zu berücksichtigen, falls diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie. Auf Fälle, in denen die tatsächliche Prämie höher ist als die Durchschnittsprämie, hat die Anpassung keine Auswirkungen.

Art. 11 Abs. 1 Bst. a­c, g und i, 2 und 3 Bst. g Abs. 1 Bst. a: Dieser Absatz regelt die Anrechnung des
Erwerbseinkommens. Bisher wurde das Erwerbseinkommen bei allen Personen, die in der EL-Berechnung berücksichtigt werden, nach Abzug eines Freibetrages lediglich zu zwei Dritteln in der EL-Berechnung berücksichtigt. Neu gilt dies nur noch in Bezug auf Personen mit einem eigenen EL-Anspruch sowie für Kinder, für die eine Kinderrente ausgerichtet wird. Erwerbseinkommen von Ehegatten ohne EL-Anspruch werden dagegen vollumfänglich als Einnahme angerechnet. Für die Begründung wird auf Ziffer 1.2.3 verwiesen.

Abs. 1 Bst. b: Bei Personen, welche das Eigentum, die Nutzniessung oder ein Wohnrecht an einer Liegenschaft haben, wird der Mietwert der Liegenschaft vollumfänglich als Einnahme aus unbeweglichem Vermögen angerechnet. Der Mietwert wird bereits heute in dieser Weise in der EL-Berechnung berücksichtigt. Aus Transpa7536

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renzgründen wird die Anrechnung des Mietwerts als Einnahme in Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b aufgenommen. Die Anpassung hat keine materiellen Auswirkungen.

Gemäss dem geltenden Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe b bestimmt der Bundesrat die Bewertung der anrechenbaren Einnahmen. Dies schliesst die Bewertung des Mietwerts mit ein.

Abs. 1 Bst. c: Der Vermögensfreibetrag für Alleinstehende wird von 37 500 Franken auf 30 000 Franken und derjenige für Ehepaare von 60 000 auf 50 000 Franken gesenkt. Diese Beträge entsprechen damit den Ansätzen, wie sie seit 1992 bis zum Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung galten, unter Berücksichtigung der seither aufgelaufenen Teuerung. Der Freibetrag auf selbstbewohnten Liegenschaften und der übrige Wortlaut der Bestimmung bleiben unverändert.

Die Anpassung im zweiten Teilsatz ist ausschliesslich redaktioneller Natur und betrifft nur den deutschen Text.

Abs. 1 Bst. g: Der Vermögensverzicht wird neu ausführlich im neuen Artikel 11a geregelt. Buchstabe g kann deshalb aufgehoben werden.

Abs. 1 Bst. i: Im Zeitpunkt der EL-Anmeldung beziehen viele Personen bereits eine individuelle Prämienverbilligung. Die vorliegende Bestimmung sieht vor, dass diese für die Zeitspanne, für die rückwirkend eine EL ausgerichtet wird, in der EL-Berechnung als Einnahme angerechnet wird. Damit wird verhindert, dass die Kosten für die Krankenversicherungsprämie für den Zeitraum der EL-Nachzahlung doppelt bezahlt werden. Bisher musste die Prämienverbilligung in jedem Einzelfall zurückgefordert werden, wobei diese mit der EL-Nachzahlung verrechnet werden konnten.

Dieses in Artikel 22 Absatz 5 ELV vorgesehene Verfahren wird mit der neuen Regelung hinfällig.

Abs. 2: Diese Änderung betrifft nur den italienischen Text (Bereinigung eines Übersetzungsfehlers).

Abs. 3 Bst. g: Bei Personen, die in einem Heim oder Spital leben, wird die Heimtaxe bei der EL-Berechnung als Ausgabe berücksichtigt (Art. 10 Abs. 2 Bst. a). Im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung haben die meisten Kantone die Pflegekosten aus den EL herausgelöst und berücksichtigen diese nicht mehr als Bestandteil der Heimtaxe. Damit es bei der EL-Berechnung nicht zu Verzerrungen kommt, sieht die vorliegende Bestimmung vor, dass der Beitrag der obligatorischen Krankenpflegeversicherung an die Pflege in diesen Fällen ebenfalls nicht mehr in der ELBerechnung berücksichtigt wird.

Art. 11a

Verzicht auf Einkünfte und Vermögenswerte

Dieser Artikel regelt den Verzicht auf Einkommens- und Vermögenswerte, welche bisher in Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe g geregelt waren. Bei den Einkommensverzichten wird neu unterschieden zwischen dem Verzicht auf Erwerbseinkommen (Abs. 1) und dem Verzicht auf übrige Einkommen (Abs. 2). Der Begriff des Vermögensverzichts wird gegenüber dem bisherigen Recht etwas ausgedehnt (Abs. 3).

7537

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Abs. 1: Dieser Absatz regelt die Anrechnung von Erwerbseinkommen, auf die eine Person verzichtet hat (sog. hypothetische Erwerbseinkommen). Die bisherige Praxis zur Anrechnung hypothetischer Erwerbseinkommen wird mit der vorliegenden Bestimmung grundsätzlich beibehalten. Insbesondere wird ein Verzicht nur angenommen, wenn jemand freiwillig auf die Ausübung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit verzichtet. Ist es einer Person aus Gründen, die sie nicht selber zu verantworten hat, nicht möglich, einer bezahlten Arbeit nachzugehen, darf in der EL-Berechnung kein hypothetisches Erwerbseinkommen berücksichtigt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es einer Person trotz hinreichender Bemühungen nicht gelingt, eine Stelle zu finden. Ist es einer Person nicht zuzumuten, eine Erwerbstätigkeit auszuüben ­ beispielsweise, weil sie Betreuungspflichten zu erfüllen hat oder eine tertiäre Ausbildung absolviert ­ wird ebenfalls auf die Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens verzichtet. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf Ehegatten ohne EL-Anspruch.

Die bisherige Praxis, wonach hypothetische Erwerbseinkommen in derselben Weise in der EL-Berechnung berücksichtigt werden wie tatsächlich erzielte, wird mit der vorliegenden Bestimmung ebenfalls beibehalten. Hypothetische Erwerbseinkommen werden somit nach Abzug eines Freibetrages lediglich zu zwei Dritteln in der ELBerechnung berücksichtigt. Davon ausgenommen sind die hypothetischen Erwerbseinkommen von Ehegatten ohne EL-Anspruch, die neu ­ analog zu den effektiv erzielten Erwerbseinkommen dieser Personen ­ voll als Einnahme angerechnet werden. Abgesehen von der vollen Anrechnung des hypothetischen Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne eigenen EL-Anspruch hat die vorliegende Bestimmung keine Änderungen der bisherigen Praxis zur Folge. Insbesondere sollen auch die Artikel 14a und 14b ELV in Kraft bleiben, wonach bei teilinvaliden und verwitweten Personen vermutet wird, dass sie ein gewisses Einkommen erzielen können.

Abs. 2: Dieser Absatz enthält unter anderem eine im Gesetz bisher fehlende eindeutige Definition des Vermögensverzichts. Er hat jedoch keine Änderung der bisherigen Praxis in Bezug auf Einkommens- oder Vermögensverzichte zur Folge. So müssen die Voraussetzungen betreffend das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung oder einer
Vereinbarung für eine gleichwertige Gegenleistung nicht kumulativ erfüllt sein. Ebenso wenig ist die Erfüllung einer moralischen Pflicht ein ausreichender Grund, um eine Entäusserung nicht als Vermögensverzicht zu werten. Ein Vermögensverzicht besteht somit auch, wenn die Alimente an eine angehörige Person deren Existenzminimum übersteigen64. Die Voraussetzung einer gleichwertigen Gegenleistung kann nach der bisherigen Praxis gehandhabt werden. Eine Gegenleistung gilt als gleichwertig, wenn ihr Wert mindestens 90 Prozent des Wertes der Leistung entspricht65. Bei Konsumgütern und Dienstleistungen gilt die Gegenleistung als gleichwertig, wenn die EL-beantragende Person den Kaufnachweis erbringt.

Glücks-, Lotterie- und Casinospiele bieten dagegen keine gleichwertige Gegenleistung. Auf diese Weise verlorenes Vermögen ist analog zu einer Schenkung als Vermögensverzicht zu werten. Das Gleiche gilt für Vermögen, das unvorsichtig und unter den gegebenen Umständen unvernünftig angelegt wurde66.

64 65 66

BGE 121 V 204 BGE 122 V 394 Urteil des BGer 9C_507/2011 vom 1. Dezember 2011

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Abs. 3: Dieser Absatz ergänzt Absatz 1 in dem Sinne, als der Vermögensverbrauch auch bei gleichwertiger Gegenleistung eine gewisse Obergrenze nicht überschreiten darf. In der EL-Berechnung wird somit künftig unabhängig vom erbrachten Kaufnachweis auch dann ein Vermögensverzicht berücksichtigt, wenn das Vermögen innert kurzer Zeit aufgebraucht wurde, ohne dass sich die betroffene Person um die Zukunft gesorgt hat. Unfreiwillige Vermögensverluste, die nicht auf ein absichtliches oder unvorsichtiges Verhalten der EL-beziehenden Person zurückzuführen sind, stellen keinen Vermögensverbrauch dar und werden von der Bestimmung nicht erfasst. So wird etwa bei einem unerwarteten Verlust einer vernünftig getätigten Vermögensanlage oder bei der Uneinbringlichkeit eines Darlehens, die zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht abzusehen war, kein Vermögensverzicht angerechnet.

Mit den festgelegten Grenzen kann bestimmt werden, ob das Vermögen zu schnell ausgegeben wurde. Stellt die Durchführungsstelle einen Vermögensverzicht fest, wird der anzurechnende Betrag von Vermögenswerten gemäss Artikel 17a Absatz 1 ELV um 10 000 Franken pro Jahr vermindert, wie dies bereits heute der Fall ist.

Die Anwendung dieser Bestimmung wird vom Bundesrat näher geregelt. Ausgaben aus einem wichtigen Grund umfassen insbesondere solche zur Deckung des Existenzbedarfs der EL-Bezügerin oder des EL-Bezügers, zum Werterhalt von Immobilien im Eigentum der Person, zur Bezahlung von zahnärztlichen Behandlungen sowie zur Begleichung verschiedener Krankheits- und Behinderungskosten, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, der Invalidenversicherung oder den EL nicht übernommen werden.

Art. 14 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. bbis Einleitungssatz: Die Anpassung ist ausschliesslich redaktioneller Natur und betrifft nur den deutschen Text.

Bst. bbis: Vorübergehende Heimaufenthalte werden neu in die Liste der zu vergütenden Krankheits- und Behinderungskosten aufgenommen. Bei Versicherten, die sich lediglich zeitlich begrenzt in einem Heim oder Spital aufhalten, kann dadurch die EL-Berechnung für zu Hause lebende Personen beibehalten werden. Durch die Begrenzung auf drei Monate wird gewährleistet, dass die in Artikel 14 Absatz 3 aufgeführten Beträge ausreichen, um neben den Kosten für die vorübergehenden Heimaufenthalte noch
andere notwendige Kosten ­ beispielsweise für Zahnbehandlungen ­ vergüten zu können.

Art. 21 Abs. 1­1quinquies Abs. 1­1quater: Artikel 21 regelt die Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung der EL. Die Regelung für Personen zu Hause bleibt unverändert (Abs. 1). Der Grundsatz, wonach der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung und die Unterbringung in Familienpflege keine neue Zuständigkeit begründen, bleibt ebenfalls erhalten (Abs. 1bis). Es wird jedoch präzisiert, dass in denjenigen Fällen, in denen eine Person in einem anderen Kanton in ein Heim, ein Spital oder eine andere Einrichtung eintritt oder in Familienpflege untergebracht wird, immer derjenige Kanton für die Festsetzung und Auszahlung der EL zuständig 7539

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ist, in welchem die Person vor dem Heimeintritt (häufigster Fall) ihren Wohnsitz hatte, und zwar unabhängig davon, ob vor dem Heimeintritt bereits ein EL-Anspruch bestand (Abs. 1ter) und ob am Standort des Heimes oder der Einrichtung Wohnsitz begründet wird (Abs. 1quater). Diese Regelung war in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht immer unbestritten (vgl. BGE 142 V 75 E. 3.3 in fine). Daher ist es angezeigt, die notwendige Präzisierung im Gesetz vorzunehmen. In Absatz 1 quater werden das Spital und die Unterbringung in Familienpflege nicht erwähnt, weil eine Wohnsitznahme dort zwar theoretisch möglich, aber in der Praxis sehr selten ist. Es besteht jedoch keine Absicht, diese beiden seltenen Fallkonstellationen anders zu behandeln als die beiden im Absatz erwähnten.

Abs. 1quinquies: Dieser Absatz regelt den Spezialfall, in dem eine Person direkt aus dem Ausland in ein Heim, ein Spital oder eine andere Einrichtung eintritt. Zuständig für die Festsetzung und Auszahlung der EL ist in diesem Fall der Wohnsitzkanton.

Es handelt sich dabei regelmässig um den Standortkanton des Heimes, des Spitals oder der anderen Einrichtung.

Art. 21a Sachüberschrift und Abs. 1 und 2 Auszahlung des Betrags für die Krankenpflegeversicherung Dieser Artikel regelt die Auszahlung desjenigen Teiles des EL-Betrages, der zur Deckung der Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung gedacht ist.

Dieser Teil ist nicht an die EL-beziehende Person, sondern direkt an den Krankenversicherer auszuzahlen. Bisher wurde in der EL-Berechnung für die Krankenkassenprämie in jedem Fall ein Pauschalbetrag berücksichtigt, welcher der Durchschnittsprämie des jeweiligen Kantons bzw. der jeweiligen Prämienregion entspricht. Neu erhalten die Kantone die Möglichkeit, anstelle des Pauschalbetrages auf die tatsächliche Prämie abzustellen, falls diese tiefer ist (Anpassung von Art. 10 Abs. 3 Bst. d). Die Sachüberschrift und der Wortlaut von Artikel 21a Absatz 1 müssen deshalb redaktionell angepasst werden.

Der bisherige Artikel 21a ist zudem unvollständig, da er diejenigen Fälle, in denen der ausgerichtete EL-Betrag tiefer ist als die Durchschnittsprämie, nicht erfasst. Die Bestimmung wird deshalb durch einen neuen Absatz 2 ergänzt. Dieser stellt klar, dass in diesen Fällen nur der Betrag der jährlichen EL an den Krankenversicherer
auszurichten ist. Da dies in der Praxis bereits so umgesetzt wird, hat die Bestimmung keine materiellen Auswirkungen.

Art. 24 Abs. 2 Mit dieser Bestimmung wird die Grundlage dafür geschaffen, dass die Verwaltungskosten gekürzt werden können, wenn die Vorschriften dieses Gesetzes, der darauf gestützten Verordnungen oder der Weisungen des zuständigen Bundesamtes wiederholt nicht beachtet werden. Eine Kürzung kann ohne vorgängige Mahnung erfolgen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten auf Verordnungsebene. Dazu gehören insbesondere die Fallgruppen, bei denen eine Kürzung der Verwaltungskosten erfolgen soll, sowie die maximal mögliche Kürzung. Eine Kürzung rechtfertigt sich insbesondere dann, wenn die EL nicht innert einer angemessenen Frist zugesprochen und auch keine Vorschussleistungen ausgerichtet werden, wenn strengere Vorschrif7540

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ten angewendet werden als in den Weisungen vorgesehen oder wenn die periodischen Überprüfungen nicht innert vier Jahren durchgeführt werden, wie dies in Artikel 30 ELV vorgeschrieben ist.

Art. 26

Anwendbarkeit der Bestimmungen des AHVG

Abs. 1: Die im geltenden Artikel 26 erwähnten Bestimmungen des AHVG werden der besseren Übersichtlichkeit halber neu in einzelnen Buchstaben aufgeführt.

Abs. 2: Mit dieser Bestimmung wird allen für die Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistungen zuständigen kantonalen oder kommunalen Organen der Zugriff auf das zentrale Rentenregister der ZAS ermöglicht. Die EL-Durchführungsstellen können dadurch selbstständig abklären, ob und in welcher Höhe im Einzelfall eine Rente oder Hilflosenentschädigung der AHV oder IV ausgerichtet wird.

Art. 26a

EL-Informationssystem

Die geltende Regelung in diesem Artikel ist ungenügend. Die Bestimmung sagt lediglich, wer ein Register über die Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen zu führen hat. Wer im Abrufverfahren auf die zum Teil besonders schützenswerten Personendaten zugreifen kann, ist nicht geregelt. Anstelle des Begriffes «Register» wird neu der offenere Begriff «Informationssystem» verwendet. Daher wird die Sachüberschrift angepasst.

Abs. 1: Wie bisher soll die Zentrale Ausgleichsstelle nach Artikel 71 AHVG (ZAS) das Informationssystem führen. Neu werden in diesem Absatz auch zwei wesentliche Zwecke des Informationssystems geregelt.

Transparenz: Das Familienzulagenregister wird unter anderem geführt, um Transparenz über bezogene Familienzulagen herzustellen. Dieser Zweck wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen eingeführt. Für das Parlament war es wichtig, dass vollständige Transparenz hergestellt wird.67 Das soll auch für die EL gelten.

Unterstützung beim Vollzug: Das Register soll den EL-Durchführungsstellen bei ihren Abklärungen Erleichterungen bringen. So vereinfacht es die Abklärungen bei Personen, die bereits in einem anderen Kanton EL bezogen haben.

Abs. 2: In einer ersten Phase wird das Informationssystem nur Daten über die jährliche (periodische) EL enthalten. Um bei einer späteren Erweiterungsphase nicht das Gesetz ändern zu müssen, wird bereits heute vorgesehen, dass auch Daten über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten an Einzelpersonen (z. B. die Kosten einer Zahnbehandlung oder die für angestelltes Pflegepersonal) in dem Informationssystem enthalten sein können. Dabei handelt es sich um besonders schützenswerte Personendaten, weil sie Rückschlüsse auf die Gesundheit der betroffenen Person zulassen.

67

Amtl. Bulletin N 2010 S. 200

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Art. 26b

Zugriff mittels Abrufverfahren

Abs. 1: Da im EL-Informationssystem besonders schützenswerte Personendaten enthalten sind, muss im Gesetz im formellen Sinn das Abrufverfahren geregelt werden. Der Zugang zum Informationssystem soll den berechtigten Stellen durch ein elektronisches Abrufverfahren mittels eines Authentifizierungsnachweises gewährt werden.

Abs. 1 Bst. a: Alle kantonalen EL-Durchführungsstellen erhalten Zugriff auf alle Daten im Abrufverfahren.

Abs. 1 Bst. b: Zugriff auf alle Daten im Abrufverfahren erhält auch die Aufsichtsbehörde über die Ergänzungsleistungen, nämlich das Bundesamt für Sozialversicherungen.

Abs. 1 Bst. c: Die Kantone sind frei, welchem Organ sie die Festsetzung und Auszahlung der EL übertragen (vgl. Art. 21 Abs. 2). In allen Kantonen, ausser dem Kanton Zürich, ist eine kantonale Stelle dafür zuständig. Im Kanton Zürich sind die einzelnen Gemeinden die zuständigen Stellen. Sie benötigen auch den Zugriff auf das Informationssystem über die Ergänzungsleistungen. Mit diesem Absatz wird ihnen dieses Recht ausdrücklich eingeräumt.

Abs. 2: Die Pro Senectute, Pro Infirmis und Pro Juventute erhalten vom Bund auch Mittel für die Einzelfallhilfe (vgl. Art. 17 Abs. 1). Die Leistungen werden nach dem Subsidiaritätsprinzip gewährt. Wenn noch keine EL-Anmeldung eingereicht wurde, muss die gesuchstellende Person eine solche einreichen. Die drei genannten Werke brauchen die Information, ob jemand bereits EL bezieht. Dazu sollen sie in einer späteren Phase einen eingeschränkten Zugang zum EL-Informationssystem erhalten.

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ... (EL-Reform) Verschiedene Massnahmen der vorliegenden Reform können einen Einfluss auf die EL-Berechnung haben und für bestimmte Personen zu einem tieferen EL-Betrag oder auch zu einem Verlust des EL-Anspruchs führen. Um den betroffenen Personen Zeit für die Umstellung auf die neue finanzielle Situation zu geben, sollen die folgenden Massnahmen erst drei Jahre nach dem Inkrafttreten auf sie angewendet werden: ­

Anpassung der EL-Mindesthöhe (Art. 9 Abs. 1)

­

Aufteilung des Vermögens bei Ehepaaren, bei denen ein Ehegatte in einem Heim oder Spital lebt (Art. 9 Abs. 3 Bst. b und c)

­

Berechtigung der Kantone, in der EL-Berechnung die tatsächliche Prämie anzuerkennen, wenn diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie (Art. 10 Abs. 3 Bst. d)

­

Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen (Art. 11 Abs. 1 Bst. c)

­

volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne eigenen Anspruch auf Ergänzungsleistungen (Art. 11 Abs. 1 Bst. a und Art. 11a Abs. 1).

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Bei Personen, die erst nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Reform einen ELAnspruch erwerben, gelangt das neue Recht sofort zur Anwendung.

Die vorgesehene Regelung zur Berücksichtigung von Hypothekarschulden (Ziff. 1.2.2) kann für bestimmte Personen ebenfalls zu einem tieferen EL-Betrag führen. Auch hier soll deshalb eine dreijährige Übergangsfrist gelten. Da die materielle Regelung auf Verordnungsebene erfolgen soll, wird auch die entsprechende Übergangsbestimmung auf dieser Stufe zu regeln sein.

Registerharmonisierungsgesetz Art. 2 Abs. 1 Bst. e und f Bst. e: Die Bestimmung wird mit dem Hinweis auf das AHVG ergänzt. Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung.

Bst. f: Der Begriff «Ergänzungsleistungsregister» wird durch den Begriff «Informationssystem zur Bearbeitung von Daten im Bereich Ergänzungsleistungen» ersetzt (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 26a).

Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) Art. 30d Abs. 3 Bst. a Bisher war die Rückzahlung eines Vorbezugs nur bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen möglich. Damit die Versicherten möglichst viel zurückzahlen und so ihre künftige Rente verbessern, verlängert die Reform den für Rückzahlungen zulässigen Zeitraum um drei Jahre. Künftig sollen Rückzahlungen so lange möglich sein, bis die versicherte Person gestützt auf das Reglement der Vorsorgeeinrichtung einen Anspruch auf Altersleistungen hat. Der Anspruch auf die Rückzahlung erlischt folglich im Zeitpunkt, ab dem eine versicherte Person gemäss Reglement einen Anspruch auf Altersleistungen bei vorzeitiger oder ordentlicher Pensionierung hat. Die Verlängerung der Rückzahlungsdauer hat für die Vorsorgeeinrichtungen keinen administrativen Mehraufwand zur Folge, da sich der Zeitpunkt der Rückzahlung ­ solange noch keine Vorsorgeleistungen entrichtet werden ­ nicht auf die weitgehend digitalisierte Pensionskassenverwaltung auswirkt. Ein Aufschub der Altersleistungen führt nicht zu einer Verlängerung des Rechts auf Rückzahlung.

Das finanzielle Gleichgewicht der Vorsorgeeinrichtungen wird durch diese Massnahme nicht gefährdet, da die Rückzahlung aus den Eigenmitteln der versicherten Person erfolgt. Den Pensionskassen entsteht somit keine finanzielle Mehrbelastung.

Art. 30e Abs. 3 Bst. a und Abs. 6 Abs. 3 Bst. a: Rückzahlungen sind neu bis zur Entstehung des reglementarischen Anspruchs auf Altersleistungen zulässig (Art. 30d Abs. 3 Bst. a). Die Bestimmung 7543

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über die Anmerkung zur Löschung der Veräusserungsbeschränkung wird entsprechend angepasst. Da Rückzahlungen neu auch während der drei letzten Jahre vor der Pensionierung möglich sind, muss die Anmerkung zur Veräusserungsbeschränkung spätestens bei der Entstehung des reglementarischen Anspruchs auf Altersleistungen gelöscht werden.

Abs. 6: Dieser Absatz wird gleich angepasst wie Artikel 30d Absatz 3 Buchstabe a BVG. Die Pflicht und das Recht zur Rückzahlung bestehen drei Jahre länger, nämlich bis zur Entstehung des reglementarischen Anspruchs auf Altersleistungen (vorbehaltlich des Eintritts eines anderen Vorsorgefalles oder einer Barauszahlung).

Art. 37 Abs. 2 und 4 Abs. 2: Das obligatorische Altersguthaben nach Artikel 15 BVG ­ resp. in umhüllenden Vorsorgeplänen derjenige Teil der gesamten reglementarischen Leistung, der dem obligatorischen Altersguthaben nach Artikel 15 BVG entspricht ­ muss neu ganz in Rentenform ausgerichtet werden (vorbehalten bleiben geringe Renten im Sinne von Art. 37 Abs. 3 BVG). Für denjenigen Teil der Leistung, der das obligatorische Altersguthaben nach Artikel 15 BVG übersteigt, können die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen aber weiterhin die Möglichkeit einer Kapitalabfindung vorsehen. Das BVG-Guthaben muss künftig ausschliesslich der Rente dienen, während für den darüber hinausgehenden Teil des Vorsorgeguthabens eine Kapitalabfindung möglich bleibt. Diese neue Regelung ersetzt die bisherige Bestimmung von Artikel 37 Absatz 2 BVG, wonach eine Vorsorgeeinrichtung der versicherten Person auf deren Verlangen einen Viertel ihres BVG-Guthabens als einmalige Kapitalabfindung ausrichten muss. Gemäss Artikel 11 BVV 2 sind die Vorsorgeeinrichtungen bereits heute verpflichtet, für jede versicherte Person ein Alterskonto zu führen, aus dem das Altersguthaben gemäss Artikel 15 BVG ersichtlich ist. Die vorgeschlagene Massnahme untersagt also die Kapitalauszahlung für den Teil der Leistung, der dem BVG-Guthaben entspricht. Sie ändert aber nichts an der Finanzierungsautonomie der Vorsorgeeinrichtungen in Bezug auf ihre Leistungen, die ihnen mit Artikel 49 Absatz 1 BVG eingeräumt ist. Die Vorsorgeeinrichtungen können demnach weiterhin für die Rentenleistungen ihren reglementarischen Umwandlungssatz auf das gesamte Altersguthaben anwenden, also auch auf den für Kapitalauszahlungen
ausgeschlossenen Teil. Das Anrechnungsprinzip wird also nach wie vor angewendet werden können. Die Reform der Altersvorsorge 202068 sieht ausserdem vor, dass die Anzahl der Kapitalbezüge auf maximal drei begrenzt wird (Art. 13 Abs. 2 E-BVG).

Die gleichzeitige Anwendung der beiden Beschränkungen hat zur Folge, dass das überobligatorische Altersguthaben in maximal drei Tranchen als Kapital ausbezahlt werden kann, während der obligatorische Teil ausschliesslich als Rente ausbezahlt werden darf.

Abs. 4: Gemäss der vorgesehenen Anpassung von Absatz 2 kann das obligatorische Altersguthaben ­ bzw. in umhüllenden Vorsorgeplänen derjenige Teil der Vorsorgeleistung, der dem obligatorischen Altersguthaben gemäss Art. 15 entspricht ­ nicht länger als Kapitalabfindung bezogen werden. Absatz 4 wird dadurch hinfällig und kann aufgehoben werden.

68

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7544

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Art. 37a Abs. 1 Mit der Änderung des ZGB vom 19. Juni 2015 betreffend den Vorsorgeausgleich bei Scheidung69 wird anstelle des heutigen Artikel 37 Absatz 5 BVG ein neuer Artikel 37a BVG eingeführt. Dieser verweist auf die Kapitalbezüge nach Artikel 37 Absätze 2 und 4. Da das obligatorische Altersguthaben ­ bzw. in umhüllenden Vorsorgeplänen derjenige Teil der Vorsorgeleistung, der dem obligatorischen Altersguthaben entspricht ­ nicht länger als Kapitalabfindung bezogen werden kann, muss die Formulierung von Artikel 37a angepasst werden. Es handelt sich dabei nicht um eine materielle Änderung. Das schriftliche Einverständnis des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners wird weiterhin verlangt, wenn das Reglement der Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit einer Kapitalauszahlung des überobligatorischen Teils des Altersguthabens vorsieht. Davon ausgenommen sind die Fälle nach Absatz 3 (geringe Altersguthaben), wie dies bereits nach dem geltenden Recht der Fall ist.

Freizügigkeitsgesetz (FZG) Art. 5 Abs. 1 Bst. b Die bisherige Beschränkung der Artikel 5 und 25f FZG bei endgültiger Ausreise in ein Mitgliedsland der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation wird auf Barauszahlungen der Austrittsleistung bei der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erweitert. Barauszahlungen des obligatorischen Altersguthabens nach Artikel 15 BVG an Personen, die sich selbstständig machen, sind somit nicht zulässig. Hingegen kann die Freizügigkeitsleistung, die das BVGObligatorium übersteigt, für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bezogen werden.

3

Auswirkungen

3.1

Einleitende Bemerkungen

Im folgenden Kapitel werden die finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf die EL, die berufliche Vorsorge, den Bund und die Kantone dargestellt. Aufgrund der vorgesehenen Übergangsbestimmungen entfalten die vorgeschlagenen Massnahmen ihre volle Wirkung erst drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Vorlage (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zur Übergangsbestimmung). In den nachstehenden Tabellen werden die Auswirkungen im Jahr 2030 zu Preisen von 2016 ausgewiesen. Die Zahlen sind jeweils auf eine Million Franken gerundet.

69

BBl 2015 4883

7545

BBl 2016

3.2

Finanzielle Auswirkungen auf die EL

Die vorgeschlagenen Massnahmen zu den Kapitalbezügen aus der 2. Säule, zur Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung, zur Reduktion von Schwelleneffekten und zur EL-Berechnung für im Heim lebende Personen führen im Jahr 2030 zu EL-Minderausgaben von 303 Millionen Franken.

Zusätzlich dazu bringt die Anpassung der EL-Mindesthöhe im Jahr 2030 eine Entlastung von 114 Millionen Franken. Die Berechtigung der Kantone, in der ELBerechnung die tatsächliche Prämie anzuerkennen, wenn diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie, ermöglicht im Jahr 2030 Einsparungen von 47 Millionen Franken. Da diese Entlastungen nicht bei den EL anfallen, sondern beim Prämienverbilligungssystem der Kantone, werden sie nachfolgend nur unter Ziffer 3.5.1 ausgewiesen.

Tabelle 3-1 Finanzielle Auswirkungen der EL-Reform im Jahr 2030 in Millionen Franken zu Preisen von 2016 Massnahme

Kapitalbezüge aus der 2. Säule: ­ Ausschluss Kapitalbezug im Vorsorgefall ­ Ausschluss Kapitalbezug bei selbstständiger Erwerbstätigkeit Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung: ­ Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen ­ Ermittlung des Reinvermögens bei Personen mit Wohneigentum ­ Zurechnung des Vermögens bei Ehepaaren Heim/Hause Reduktion von Schwelleneffekten: ­ Volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten EL-Berechnung von im Heim lebenden Personen: ­ Tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe Total aus Massnahmen

3.3

Veränderung der Kosten

Kosten für den Bund

Kosten für die Kantone

­102

­29

­73

­20

­6

­14

­64

­19

­45

­8

­5

­3

­2

0

­2

­50

­31

­19

­57

­7

­50

­303

­97

­206

Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge

Die Verwaltung einer Rente ist teurer als eine einmalige Kapitalauszahlung. Die vorgeschlagenen Einschränkungen führen somit zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand bei den Vorsorgeeinrichtungen. Ausserdem bleiben die Anlage- und Langlebigkeitsrisiken bei einer Rentenauszahlung bei den Vorsorgeeinrichtungen. Der vorgeschlagene Ausschluss der Kapitalauszahlung von BVG-Guthaben verpflichtet 7546

BBl 2016

die Vorsorgeeinrichtungen aber nicht ­ auch nicht die umhüllenden Kassen ­ ihre Finanzierung anzupassen. Die Einrichtungen können also ihre reglementarischen Umwandlungssätze auf den gesamten Teil des Vorsorgeguthabens anwenden, der als Rente ausbezahlt wird. Falls Versicherte folglich das gesamte Guthaben (ausser den vom Kapitalbezug ausgeschlossenen Teil) als Kapital beziehen, können die Einrichtungen den reglementarischen Umwandlungssatz auch auf den ausgeschlossenen Teil anwenden. Für Vorsorgeeinrichtungen, die nur in der obligatorischen Mindestvorsorge tätig sind und kaum überobligatorische Leistungen anbieten, könnte der Ausschluss des Kapitalbezugs für das BVG-Obligatorium jedoch zusätzliche Kosten verursachen. Mit der Kapitalauszahlung werden nämlich die versicherungstechnischen Risiken (insbesondere das Risiko eines zu hohen Umwandlungssatzes) auf die Bezügerinnen und Bezüger übertragen. Die Reform Altersvorsorge 2020 sieht allerdings eine Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes vor. Im Übrigen bieten die meisten Vorsorgeeinrichtungen bereits eine Kombination aus Kapital- und Rentenzahlung an. Allfällige Mehrkosten dürften somit insgesamt im Rahmen bleiben und tragbar sein.

3.4

Auswirkungen auf den Bund

3.4.1

Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Massnahmen zu den Kapitalbezügen aus der 2. Säule, zur Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung, zur Reduktion von Schwelleneffekten und zur EL-Berechnung für im Heim lebende Personen führen für den Bund im Jahr 2030 zu EL-Minderausgaben von 97 Millionen Franken. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Massnahmen zu den Kapitalbezügen aus der 2. Säule zu gewissen Mehreinnahmen bei den Steuern führen werden.

Die finanziellen Auswirkungen der Anpassung der EL-Mindesthöhe und der Berechtigung der Kantone, in der EL-Berechnung die tatsächliche Prämie als Ausgabe anzuerkennen, wenn diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie (Ziff. 1.2.4) sind in der nachfolgenden Tabelle nicht aufgeführt, da es sich hier um Mittel für die Prämienverbilligung handelt, an denen sich der Bund im Rahmen der EL nicht beteiligt.

Sie werden jedoch unter Ziffer 3.5.1 ausgewiesen.

7547

BBl 2016

Tabelle 3-2 Finanzielle Auswirkungen der EL-Reform auf den Bund im Jahr 2030 in Millionen Franken zu Preisen von 2016 Massnahme

Kapitalbezüge aus der 2. Säule: ­ Ausschluss Kapitalbezug im Vorsorgefall ­ Ausschluss Kapitalbezug bei selbstständiger Erwerbstätigkeit Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung: ­ Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen ­ Ermittlung des Reinvermögens bei Personen mit Wohneigentum ­ Zurechnung des Vermögens bei Ehepaaren Heim/Hause Reduktion von Schwelleneffekten: ­ Volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten EL-Berechnung von im Heim lebenden Personen: ­ Tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe Total aus Massnahmen

3.4.2

Auswirkungen auf den Bund

davon EL zur AHV

davon EL zur IV

­29

­29

0

­6

­6

0

­19

­16

­3

­5

­5

0

0

0

0

­31

­10

­21

­7

­4

­3

­97

­70

­27

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand des Bundes.

3.5

Auswirkungen auf die Kantone

3.5.1

Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Massnahmen zu den Kapitalbezügen aus der 2. Säule, zur Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung, zur Reduktion von Schwelleneffekten und zur EL-Berechnung für im Heim lebende Personen führen für die Kantone im Jahr 2030 zu EL-Minderausgaben von 206 Millionen Franken.

Zusätzlich dazu führen die Anpassung der EL-Mindesthöhe und die Berücksichtigung der tatsächlichen Krankenversicherungsprämie in der EL-Berechnung für die Kantone im Jahr 2030 zu einer Kostenreduktion von 161 Millionen Franken. Diese Minderausgaben fallen nicht bei der EL an, sondern beim Prämienverbilligungssystem der Kantone. Um den Bund an diesen Einsparungen teilhaben zu lassen, beabsichtigt der Bundesrat, im Rahmen des Stabilisierungsprogramms 2017­2019 den

7548

BBl 2016

Beitrag des Bundes an die Prämienverbilligung zu senken (vgl. Ziff. 1.1.7). Dadurch wird der Bundeshaushalt um rund 75 Millionen Franken pro Jahr entlastet.

Es ist zudem davon auszugehen, dass die Massnahmen zu den Kapitalbezügen aus der 2. Säule zu gewissen Mehreinnahmen bei den Steuern führen werden.

Tabelle 3-3 Finanzielle Auswirkungen der EL-Reform auf die Kantone im Jahr 2030 in Millionen Franken zu Preisen von 2016 Massnahme

Auswirkungen auf die Kantone

Kapitalbezüge aus der 2. Säule: ­ Ausschluss Kapitalbezug im Vorsorgefall ­ Ausschluss Kapitalbezug bei selbstständiger Erwerbstätigkeit Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung: ­ Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen ­ Ermittlung des Reinvermögens bei Personen mit Wohneigentum ­ Zurechnung des Vermögens bei Ehepaaren Heim/Hause Reduktion von Schwelleneffekten: ­ Volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten EL-Berechnung von im Heim lebenden Personen: ­ Tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe

davon EL zur AHV

davon EL zur IV

­73

­73

0

­14

­14

0

­45

­40

­5

­3

­3

0

­2

­2

0

­19

­6

­13

­50

­39

­11

Total I

­206

­177

­29

Anpassung der EL-Mindesthöhe Berücksichtigung der tatsächlichen KV-Prämie als Ausgabe

­114

­

­

­47

­

­

Total II

­367

­

­

3.5.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand der Kantone.

3.6

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die vorgeschlagenen Massnahmen beinhalten Regelungen zum Kapitalbezug, zur Barauszahlung der Freizügigkeitsguthaben und zur Ermittlung der anerkannten Ausgaben und anrechenbaren Einnahmen für die EL-Berechnung. Die Analyse der volkswirtschaftlichen Auswirkungen kann entsprechend unterteilt werden.

7549

BBl 2016

Ausschluss der Ausrichtung des Altersguthabens in Kapitalform für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge Mit der vorliegenden Reform sollen Kapitalbezüge im Vorsorgefall für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge ausgeschlossen werden. Die entsprechenden Guthaben würden somit ausschliesslich in Form von Renten ausbezahlt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Massnahme hängen unter anderem vom tatsächlichen Umfang solcher Leistungen ab, sowie von der Art und Weise, wie die Guthaben von den Kapitalbezügerinnen und -bezügern verwendet werden.

Gemäss Pensionskassenstatistik des BFS wurden im Jahr 2014 Kapitalleistungen bei Pensionierung und Invalidität im Umfang von 6,1 Milliarden Franken ausbezahlt.

Berücksichtigt man, dass von der vorgesehenen Regelung ausschliesslich der obligatorische Teil dieser Leistungen betroffen wäre, reduziert sich dieser Umfang. Konkrete Aussagen sind jedoch nur annäherungsweise möglich. Versicherte in BVGMinimalplänen beziehen ihre Altersleistung mehrheitlich vollständig in Kapitalform, wodurch die Summe dieser Guthaben stärker betroffen sein könnte. Bei diesen Personen hätte der Ausschluss des Kapitalbezugs deshalb den stärksten Effekt.

Insgesamt wäre aber dennoch nur einen Teil aller jährlich ausbezahlten Leistungen von der Massnahme betroffen.

Bezüglich der Verwendung der bezogenen Mittel sind konkrete Aussagen kaum möglich. Es ist nicht bekannt, wofür das Kapital, welches beim Übertritt in den Ruhestand bezogen wird, ausgegeben wird. Es liegen aber verschiedene Möglichkeiten nahe:

70

­

Die Kapitalbezügerinnen und -bezüger legen ihre bezogenen Guthaben selbst an oder beauftragen eine Vermögensverwaltung und finanzieren ihren Ruhestand über Verzinsung und Kapitalverzehr. Eine Einschränkung des Kapitalbezuges hat hier keine signifikanten Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft, da die Verwendung der Vermögen grundsätzlich dieselbe bleibt und lediglich die Anlage des Vermögens in der Verantwortung der Pensionskasse verbleibt.

­

Weiter ist vorstellbar, dass die bezogenen Guthaben in den Erwerb von Immobilien oder bereits vorhandene Liegenschaften investiert werden. Hier ist davon auszugehen, dass eine Einschränkung des Kapitalbezugs einen entsprechenden Rückgang solcher Investitionen bewirkt. Es ist jedoch anzunehmen, dass der Effekt der Revision zu gering ausfällt, um einen signifikanten Einfluss auf die Nachfrage in dem betroffenen Bereich zu haben (beispielsweise wurden 2013 für den privaten Wohnungsbau gesamthaft gegen 30 Mrd. Franken investiert70).

­

Der Ausschluss des Kapitalbezugs im Vorsorgefall für die obligatorischen Guthaben soll in erster Linie den übermässigen, kurzfristigen Verzehr der bezogenen Guthaben ­ insbesondere durch hohe Konsumausgaben ­ verhindern. Es dürfte sich aber nur um einen geringen Teil der Altersguthaben handeln, der auf diese Weise verbraucht wird (die vorgesehene Ausdehnung Vgl. Gebäude- und Wohnungsstatistik 2013. Abrufbar unter www.statistik.admin.ch > Themen > 09 ­ Bau und Wohnungswesen.

7550

BBl 2016

des Begriffes des Vermögensverzichts [vgl. Ziff. 1.2.2] würde hier ebenfalls dämpfend wirken). Aus dem Konsumverhalten der pensionierten Bevölkerung lässt sich insgesamt nicht auf einen starken Rückgang des Vermögens nach dem Übertritt in den Ruhestand schliessen, da diese Altersgruppe immer noch einen positiven Sparbeitrag ausweist, also nicht mehr ausgibt als das Einkommen, über das sie verfügt.71 Im Gegenzug führt eine Einschränkung des Kapitalbezuges zu höheren monatlichen Renten für die betroffenen Bezügerinnen und Bezüger, was langfristig sogar einen dauerhaften, positiven Effekt auf die Konsumnachfrage hat und einem möglicherweise reduzierten, kurzfristigen Mehrkonsum direkt nach dem Kapitalbezug entgegenwirkt. Insgesamt sollte die Einschränkung oder Aufhebung des Kapitalvorbezuges auch unter diesem Blickwinkel keinen spürbaren Einfluss auf die Konsumnachfrage oder die Gesamtwirtschaft haben.

Ausschluss der Barauszahlung des BVG-Obligatoriums zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit Ein Ausschluss der Barauszahlung von Vorsorgekapital, welches der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit dient, schränkt unter Umständen den finanziellen Spielraum der neuen Selbstständigerwerbenden ein. Dies kann einerseits eine Reduktion der Neugründungen von Firmen nach sich ziehen oder die Finanzierungsstruktur dieser Unternehmen verändern (beispielsweise vermehrte Kreditaufnahme bei Banken oder Bürgschaftsgenossenschaften).

Der Umfang der bar ausbezahlten Vorsorgegelder, mit denen die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit finanziert werden kann, belief sich im Jahr 2014 auf 840 Millionen Franken, wovon der Anteil an den überobligatorischen Guthaben weiterhin ausbezahlt werden könnte. Es wäre somit nur ein Teil dieser Summe von einer Einschränkung betroffen. In Relation zum Gesamtvolumen von neuen Bankkrediten an Selbstständige und Unternehmen mit bis zu 9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von über 10 Milliarden Franken im selben Jahr72 dürfte auch hier der Effekt auf die Gesamtwirtschaft marginal sein.

Es ist auch ein Einfluss der Neuregelung auf die Überlebensfähigkeit von neu gegründeten Unternehmen vorstellbar: Eine erhöhte Abhängigkeit von Fremdkapital, wie z. B. Bankkrediten, könnte die Konkursrate von selbstständigen Unternehmern erhöhen. Andererseits könnte ein Teil
der finanziell knapp ausgestatteten (und somit wahrscheinlich eher konkursgefährdeten) Personen ohne das Kapital der obligatorischen Vorsorge von einer Unternehmensgründung absehen. In diesen Fällen würden auch die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses und der damit einhergehende mögliche Verlust der Vorsorgegelder reduziert. Auch hier dürfte der Gesamteinfluss der Revision insgesamt nicht signifikant sein.

71 72

Vgl. Haushaltsbudgeterhebung 2013. Abrufbar unter www. statistik.admin.ch > Themen > 20 ­ Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung.

Schweizerische Nationalbank, Bankenstatistisches Monatsheft Dezember 2015. Abrufbar unter www.snb.ch > Statistiken > Statistische Publikationen.

7551

BBl 2016

EL-seitige Massnahmen Verschiedene in der Reform vorgeschlagene Massnahmen haben Auswirkungen auf die Höhe der anrechenbaren Einnahmen und die anerkannten Ausgaben für die ELBerechnung. Diese haben zur Folge, dass in gewissen Fällen ein tieferer EL-Betrag ausgerichtet wird, dass der Anspruch auf EL wegfällt oder dass kein Anspruch entsteht. In den ersten beiden Fällen verringert sich bei den betroffenen Personen dadurch das verfügbare Einkommen, was einen Rückgang in der Konsumnachfrage dieser Personen nach sich zieht. Die Anzahl der betroffenen Personen und das finanzielle Ausmass können jedoch kaum antizipiert werden, weil nicht abschätzbar ist, inwiefern die neuen Regelungen das individuelle Verhalten beeinflussen werden. Es dürfte sich aber auch hier um eine gesamtwirtschaftlich gesehen vernachlässigbare Auswirkung handeln.

Fazit Die vorgeschlagenen Massnahmen zielen darauf ab, auf individuellem Niveau die Risiken für einen späteren EL-Bezug zu verringern. Beispielsweise dürfte die Einschränkung des Kapitalbezugs insbesondere Personen mit einer geringeren Altersleistung betreffen, die auch einem höheren Risiko ausgesetzt wären, einmal EL beanspruchen zu müssen. Demgegenüber sind auf gesamtwirtschaftlicher Ebene keine signifikanten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zu erwarten.

3.7

Auswirkungen auf die EL-beziehenden Personen

Mit der vorliegenden Reform bleibt das Leistungsniveau grundsätzlich erhalten.

Somit können die EL-beziehenden Personen ihren gewohnten Lebensstandard beibehalten. Die stärkere Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung, die Anpassung des EL-Mindestbetrages sowie die volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne eigenen EL-Anspruch können jedoch für bestimmte Personen zu einer Reduktion des EL-Betrages führen.

Die Folgen der stärkeren Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung können durch die betroffenen Personen kompensiert werden, indem sie einen Teil ihres Vermögens für den Lebensunterhalt einsetzen. Dadurch können sie ihren bisherigen Lebensstandard aufrechterhalten. In einzelnen Fällen kann der stärkere Einbezug des Vermögens in die EL-Berechnung zu einem Verlust des EL-Anspruchs führen. Dieser Verlust ist jedoch nur vorübergehender Natur. Die betroffenen Personen können erneut einen EL-Anspruch erwerben, wenn sie einen gewissen Teil ihres Vermögens verbraucht haben.

Von der Anpassung der EL-Mindesthöhe sind ausschliesslich Personen betroffen, die eine EL im Rahmen der Mindestgarantie beziehen. Diese Personen sind heute gegenüber den anderen EL-Bezügerinnen und -bezügern bevorteilt, da sie zusätzlich zur ermittelten EL die Differenz zur kantonalen Durchschnittsprämie erhalten (vgl.

Ziff. 1.2.4) und damit über ein höheres Einkommen verfügen als die übrigen Bezügerinnen und Bezüger von EL. Durch die Anpassung der EL-Mindesthöhe nähert sich das verfügbare Einkommen der von dieser Massnahme betroffenen Personen

7552

BBl 2016

dem Einkommen der anderen EL-Bezügerinnen und -bezüger an. Die Massnahme kann nicht zum Verlust des EL-Anspruches führen.

Bei der vollen Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne eigenen EL-Anspruch reduziert sich der ausgerichtete EL-Betrag um einen Drittel des effektiv erzielten oder des hypothetischen Erwerbseinkommens. Die Auswirkungen sind von Fall zu Fall unterschiedlich, da das Erwerbseinkommen bei jeder Person anders ausfällt. Durch die volle Anrechnung des tatsächlich erzielten Einkommens gleicht sich das verfügbare Einkommen der betroffenen Ehepaare oder Familien demjenigen nicht erwerbsfähiger EL-beziehender Ehepaare oder Familien an. Die Berücksichtigung eines hypothetischen Erwerbseinkommens in der EL-Berechnung führt an sich schon zu einer Senkung des verfügbaren Einkommens, welches sich durch die Abschaffung der privilegierten Anrechnung weiter reduziert. Allerdings wird ein hypothetisches Erwerbseinkommen nur dann in der EL-Berechnung berücksichtigt, wenn eine Person freiwillig auf die Ausübung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit verzichtet bzw. sich nicht ausreichend um eine Stelle bemüht (vgl. Ziff. 1.2.3). Die EL-beziehenden Personen können die zusätzliche Reduktion ihres verfügbaren Einkommens somit selbst verhindern.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Existenzsicherung durch die stärkere Berücksichtigung des Vermögens in der EL-Berechnung, die Anpassung des EL-Mindestbetrages sowie die volle Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehegatten ohne eigenen EL-Anspruch nicht tangiert wird. Um den betroffenen Personen Zeit für die Umstellung auf die neue finanzielle Situation zu geben, sollen die genannten Massnahmen erst drei Jahre nach dem Inkrafttreten auf sie angewendet werden (vgl. Erläuterungen zur Übergangsbestimmung unter Ziff. 2).

3.8

Auswirkungen auf die Opferhilfe

Das Opferhilfegesetz vom 23. März 200773 (OHG) stellt für Kostenbeiträge (für längerfristige Hilfe Dritter) und Entschädigungen auf den massgebenden Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a ELG sowie auf die Einnahmenberechnung nach Artikel 11 ELG ab (vgl. Art. 6 OHG). Die Opferhilfeverordnung vom 27. Februar 200874 (OHV) enthält Präzisierungen (Art. 1 und 2 OHV).

Die stärkere Berücksichtigung des Vermögens bei der Regelung der anrechenbaren Einnahmen kann dazu führen, dass in Einzelfällen die Voraussetzungen für Kostenbeiträge oder eine Entschädigung nicht mehr gegeben sind.

Angesichts dieser und der weiteren Änderungen bei der Einnahmenberechnung nach Artikel 11 ELG mit nur geringen Auswirkungen auf die Opferhilfe ist keine Anpassung des Opferhilfegesetzes erforderlich. Hingegen wird die Verordnung, die auf einzelne Buchstaben von Artikel 11 verweist, zu gegebener Zeit anzupassen sein.

73 74

SR 312.5 SR 312.51

7553

BBl 2016

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 2016 zur Legislaturplanung 2015­ 201975 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201676 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Verfassungsnormen, welche dem Bund die Befugnis zur Gesetzgebung geben, und zwar auf dem Gebiet der verschiedenen Sozialversicherungen (Art. 112a BV für die Ergänzungsleistungen, Art. 113 BV für die berufliche Vorsorge, Art. 117 BV für die Krankenversicherung) wie auch des Zivilrechts (Art. 122 BV), der direkten Bundessteuern (Art. 128 BV) und der Steuerharmonisierung (Art. 129 BV).

Das ELG und das KVG unterstehen dem ATSG, das am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Alle vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sind so ausgestaltet, dass sie mit dem ATSG in Einklang stehen.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz hat keine normativen Übereinkommen (UNO, IAO oder Europarat) im spezifischen Bereich der vorliegenden Revision ratifiziert.

Was das Recht der Europäischen Union anbelangt, sind die Verordnung (EG) Nr. 883/200477 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie die Verordnung (EG) Nr. 987/200978 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 massgebend. Diese beiden Verordnungen bezwecken einzig die Koordination der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit und stützen sich auf die entsprechenden internationalen Koordinationsgrundsätze, insbesondere die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen anderer Vertragsparteien mit den eigenen Staatsangehörigen, die Aufrechterhaltung der erworbenen Ansprüche und die Auszahlung von Leistungen im ganzen europäischen Raum.

Das EU-Recht sieht keine Harmonisierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Mitgliedstaaten können die Konzeption, den persönlichen Geltungsbereich, die Finanzierungsmodalitäten und die Organisation ihrer Systeme

75 76 77 78

BBl 2016 1105, hier 1181 und 1224 BBl 2016 5183, hier 5188 SR 0.831.109.268.1 SR 0.831.109.268.11

7554

BBl 2016

der sozialen Sicherheit unter Beachtung der europarechtlichen Koordinationsgrundsätze selber festlegen.

Seit dem Inkrafttreten des Abkommens vom 21. Juni 199979 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen) am 1. Juni 2002 nimmt die Schweiz an diesem Koordinationssystem teil und wendet heute in diesem Rahmen die beiden erwähnten Verordnungen an (vgl. Anhang II zum Freizügigkeitsabkommen, Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit).

Dies gilt aufgrund des EFTA-Übereinkommens auch in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den EFTA-Staaten.

Die einzelnen Massnahmen der vorliegenden Revision sind vereinbar mit den erwähnten Koordinierungsvorschriften. Die Anpassung von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b FZG hat zur Folge, dass bei Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem EU-/EFTA-Mitgliedstaat die Barauszahlung der BVG-Austrittsleistung generell nicht mehr möglich ist. Dies ist neu auch dann der Fall, wenn die betreffende Person nach den Rechtsvorschriften dieses Staats nicht obligatorisch versichert ist. Der Ausschluss des Kapitalbezugs in der obligatorischen beruflichen Vorsorge steht ebenfalls im Einklang mit dem europäischen Koordinationsrecht, da sie unabhängig vom Wohnsitz der betreffenden Person erfolgt.

5.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Die vorliegenden Änderungen erfolgen demzufolge im normalen Gesetzgebungsverfahren.

5.4

79

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

­

Bezüglich des Unterbruchs des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz können Ausnahmen festgelegt werden, ausserdem ist der Zeitpunkt der Sistierung bzw. Wiederausrichtung der Leistung zu regeln (Art. 4 Abs. 4 E-ELG).

­

Bezüglich des Unterbruchs der Karenzfrist können Ausnahmen festgelegt werden (Art. 5 Abs. 6 E-ELG).

­

Die Berücksichtigung von Hypothekarschulden beim Vermögen ist zu regeln (Art. 9 Abs. 5 Bst. cbis E-ELG).

­

Die Einzelheiten bei der Anrechnung von Vermögensverzichten sind zu regeln (Art. 11a Abs. 3 E-ELG). Insbesondere sind die wichtigen Gründe zu definieren, bei denen kein Vermögensverzicht vorliegt.

SR 0.142.112.681

7555

BBl 2016

­

5.5

Die Einzelheiten bei der Kürzung der Verwaltungskosten sind zu regeln (Art. 24 Abs. 2 E-ELG). Insbesondere ist zu definieren, in welchen Fällen eine Kürzung vorgenommen werden kann und wie hoch die Kürzung sein soll.

Datenschutz

Bei der Festsetzung der EL werden besonders schützenswerte Personendaten bearbeitet. Diese Bearbeitung ist rechtlich zulässig (vgl. Art. 26 ELG i. V. m. Art. 49a AHVG).

Die Bestimmungen über das EL-Informationssystem sind nötig, damit die Grundsätze des DSG, insbesondere Artikel 19 Absatz 3, eingehalten werden.

Die vorgeschlagenen Massnahmen stellen datenschutzrechtlich somit kein Problem dar.

7556

BBl 2016

Anhang

Finanzhaushalte EL Einleitende Bemerkungen Die beiden Tabellen zu den EL-Ausgaben (Tabellen A-1 und A-4) geben Aufschluss über die Kostenentwicklung der Jahre 2019 (vorgesehenes Inkrafttreten der Reform) bis 2030, die Tabellen A-2 und A-3 zeigen für denselben Zeitraum die finanziellen Auswirkungen der verschiedenen Massnahmen der Vorlage der EL-Reform auf die Ausgabenentwicklung bzw. auf das Prämienverbilligungssystem der Kantone.

Die EL-Ausgaben umfassen die periodischen (jährlichen) EL sowie die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten. Nicht enthalten sind die Ausgaben für die Krankenversicherungsprämien und die Verwaltungskosten. Alle Beträge werden zu Preisen von 2016 ausgewiesen; die Zahlen sind jeweils auf eine Million Franken gerundet. Die Rundung erfolgt ohne Rücksicht auf die Endsumme. Dies kann zu geringen Differenzen zwischen addierten Teilsummen und Gesamtsumme führen.

EL-Ausgaben nach geltender Ordnung In Tabelle A-1 werden die EL-Ausgaben nach geltender Ordnung aufgezeigt. Alle Ausgaben sind zu Preisen von 2016 abdiskontiert. Benutzt wurde das demografische Szenario A-00-2015 des BFS. In diesem ist der jährliche Wanderungssaldo bis 2030 konstant bei 60 000 Personen und nimmt dann bis 2040 auf 30 000 Personen ab. Für die EL zur IV wurden die neuen IV-Bestände 2015 des BSV zugrunde gelegt. Die Entwicklung der ökonomischen Parameter (Nominallohnindex und Landesindex der Konsumentenpreise) entspricht derjenigen, die auch für den Voranschlag 2017 und den Finanzplan 2018­2020 des Bundes vorgegeben ist. Für die Periode nach dem Finanzplan werden langfristige Entwicklungen der Eidgenössischen Finanzverwaltung verwendet.

Auswirkungen der EL-Reform Die EL-Ausgabenentwicklung in Tabelle A-4 berücksichtigt die finanziellen Auswirkungen der Reformmassnahmen auf die EL-Ausgaben gemäss Tabelle A-2.

Aufgrund der vorgesehenen Übergangsbestimmungen entfalten einige der vorgesehenen Massnahmen ihre volle Wirkung erst drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Vorlage (vgl. Ziff. 2, Erläuterungen zur Übergangsbestimmung). Die finanziellen Auswirkungen der Anpassung der EL-Mindesthöhe und der Berechtigung der Kantone, in der EL-Berechnung die tatsächliche Prämie als Ausgabe anzurechnen, falls diese tiefer ist als die Durchschnittsprämie, werden in Tabelle A-4 nicht berücksichtigt, da die entsprechenden Einsparungen nicht bei den EL, sondern im Prämienverbilligungssystem der Kantone anfallen.

7557

BBl 2016

Tabelle A-1 EL-Ausgaben gemäss geltender Ordnung Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2016 Jahr

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

EL-Ausgaben Total

EL zur AHV

EL zur IV

Total

EL zur AHV

EL zur IV

5352 5449 5562 5675 5807 5935 6078 6222 6382 6542 6710 6878

3244 3350 3467 3586 3715 3845 3984 4127 4280 4438 4600 4762

2109 2099 2095 2090 2092 2090 2093 2095 2101 2104 2110 2116

­ 1,8 2,1 2,0 2,3 2,2 2,4 2,4 2,6 2,5 2,6 2,5

­ 3,3 3,5 3,4 3,6 3,5 3,6 3,6 3,7 3,7 3,7 3,5

­ ­0,4 ­0,2 ­0,2 0,1 ­0,1 0,1 0,1 0,3 0,1 0,3 0,3

BSV / Version 2 / 10. Juni 2016

7558

Wachstum in Prozenten

BBl 2016

Tabelle A-2 Entwicklung der finanziellen Auswirkungen der Massnahmen der EL-Reform, welche die Ergänzungsleistungen betreffen Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2016 Jahr

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Einschränkung Kapitalbezug

Berücksichtigung des Vermögens

Vorsorgefall

selbstständige Erwerbstätigkeit

Senkung Freibeträge

Abzug Hypothekarschulden

Aufteilung Vermögen Heim/Hause

­10 ­20 ­29 ­38 ­47 ­56 ­65 ­73 ­80 ­88 ­95 ­102

­2 ­4 ­6 ­8 ­9 ­11 ­13 ­15 ­16 ­18 ­19 ­20

­6 ­12 ­17 ­58 ­58 ­59 ­60 ­60 ­61 ­62 ­63 ­64

­1 ­2 ­2 ­7 ­8 ­8 ­8 ­8 ­8 ­8 ­8 ­8

­0 ­0 ­1 ­2 ­2 ­2 ­2 ­2 ­2 ­2 ­2 ­2

BSV / Version 2 / 20. Juni 2016

7559

Anrechnung Erwerbseinkommen

Berücksichtigung Heimtaxe

Total

davon Bund

davon Kantone

­5 ­9 ­13 ­45 ­46 ­46 ­47 ­47 ­48 ­49 ­49 ­50

­45 ­46 ­47 ­48 ­49 ­50 ­51 ­52 ­53 ­54 ­55 ­57

­69 ­93 ­115 ­207 ­220 ­233 ­246 ­257 ­269 ­281 ­292 ­303

­14 ­23 ­31 ­70 ­73 ­77 ­81 ­84 ­88 ­91 ­94 ­97

­55 ­70 ­85 ­137 ­146 ­156 ­165 ­173 ­181 ­190 ­198 ­206

BBl 2016

Tabelle A-3 Entwicklung der finanziellen Auswirkungen der Massnahmen der EL-Reform, welche das Prämienverbilligungssystem der Kantone betreffen Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2016 Jahr

Anpassung der EL-Mindesthöhe

Berücksichtigung der tatsächlichen KV-Prämie als Ausgabe

Total

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

­7 ­15 ­22 ­77 ­82 ­86 ­91 ­96 ­101 ­105 ­109 ­114

­5 ­9 ­13 ­44 ­45 ­45 ­45 ­45 ­46 ­46 ­46 ­47

­12 ­24 ­35 ­122 ­126 ­131 ­136 ­141 ­147 ­151 ­156 ­161

BSV / Version 1 / 08. August 2016

7560

BBl 2016

Tabelle A-4 Entwicklung der EL-Ausgaben mit Massnahmen der EL-Reform Beträge in Millionen Franken, EL-Ausgaben nach Versicherungszweig, ohne Krankenkassenprämien, 2019­2030, zu Preisen von 2016 Jahr

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

EL-Ausgaben Total

EL zur AHV

EL zur IV

Total

EL zur AHV

EL zur IV

5283 5356 5446 5469 5587 5702 5832 5965 6113 6261 6418 6575

3193 3280 3378 3436 3552 3669 3795 3926 4067 4213 4364 4514

2090 2077 2069 2033 2035 2034 2037 2039 2045 2048 2054 2061

­ 1,4 1,7 0,4 2,2 2,1 2,3 2,3 2,5 2,4 2,5 2,4

­ 2,7 3,0 1,7 3,4 3,3 3,5 3,5 3,6 3,6 3,6 3,6

­ ­0,6 ­0,4 ­1,7 0,1 ­0,1 0,2 0,1 0,3 0,1 0,3 0,3

BSV / Version 2 / 20.06.2016

7561

Wachstum in Prozent

BBl 2016

7562