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Bericht der

Kommission des Nationalrathes über Verwendung des Crédites zur Hebung der schweizerischen Pferdezucht.

(Vom 24. Oktober 1874.)

Tit.!

Im Juli 1868 haben die beiden Räthe einen Crédit von jährlich Fr. 50,000 zur Importation englischer Zuchtpferde beschlossen, und es ist dieser Crédit in 3 Jahren zur Verwendung gekommen.

Die Resultate, welche man dabei erzielte, können verschieden beurtheilt werden. Wenn man mit den Stuten sowohl in Hinsicht auf deren Uebernahme als deren Haltung für die Zucht, nicht befriedigt sein kann, so hat sich dagegen die Einfuhr von englischem Zuchthengsten im Allgemeinen gut bewährt, und es darf diesem Theil des Zuchtmaterials die weitere Aufmerksamkeit nicht entzogen werden. Die Zuchthengste äußern ihre Wirksamkeit während einer Reihe von Jahren und produziren nach Erfahrungsäzen jährlich netto 30--40 Fohlen, welche dem Dienst für die Landwirthschaft nnd für das Militär zu Gute kommen. Die Erfahrung zeigt, daß die Kreuzungsprodukte, Fohlen der englischen Halb- und Vollbluts, welche bisher in den verschiedenen Kantonen gefallen sind, sehr rasch Käufer fanden und zu hohen Preisen ins Ausland gingen.

Die bleibenden Hengstfohlen werden gefällt und auf diese Weise nicht dem Dienst wohl, aber der Zucht entzogen.

Wenn die im Land erzeugten Hengstfohlen edler Abstammung und guter Eigenschaften aufgekauft und rationell aufgezogen werden, Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd, IH

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so ist schon in Bezug auf Aklimatisation ein Vortheil erreicht, mehr noch wird der Erfolg sein, den ein gut geführter Fohlenhof als Musteranstalt \virkeu wird. Die Vortheile werden nicht minder sein als jene, welche man binnen 10 Jahren mit der Einfuhr, mil, den Ausstellungen und mit den Pferderennen erzielt hat.

Die im Fohlenhof aufgezogenen Hengste werden nur unter der Bedingung abgegeben werden, daß der Käufei1 sie während mindestens 5 Jiihren zu Zuchtzweken zu verwenden habe.

Die Pferdezucht ward bisher in der Schweiz als einen landwirth schaftlich en Zweig behandelt, der nicht zu den l u k r a t i v e n gehört. Die Frage der Priorität zwischen Rindviehzucht und Pferdezucht, resp. die Frage, welchem der Zweige die höchste Rendite zuzuschreiben ist, kann nicht in den Rathsäälen entschieden werden, es sind dafür die Intei'essen der Landwirtschaft allein maßgebend und fallen zu Gunsten der Pferde in die Wagschale : Zugkraft im Allgemeinen, die Verwendung zu Luxus- und Reitdisnst, die Militärzweke, Handel im Innern, nach dem Ausland und die Verwendung als Schlachtvieh.

Die Rindviehzncht bietet ihre Vortheile in der Aufzucht feinem Raeenviehs für den Export, mit Käse, Milchprodukten und mit dem Fleischertrag. Diesem Zweig trafen in lezter Zeit die Seuchen in so empfindlicher Weise, daß dieselben ebenfalls als maßgebender Faktor in Betracht fallen.

Von unserm Standpunkte aus haben wir zu untersuchen : wie gestaltet sich das Verhältniß des Pferdebestandes zu dem Bedarf in Friedens- und in Kricgszeiteu?

Nach stntistischen Erhebungen wurden in den lezten 10 Jahren 21,335 Pferde mehr ein als ausge.fühit und das Pferd zu der mäßigen Summe von Fr. 1000 angeschlagen, eine Summe von Fr. 21,335,000 ausgegeben, welche der schweizerischen Landwh-thschaft zu gut gekommen wäre, wenn sie dieselben produzirt hätte.

1872 wurden 5374 Pferde mehr eingeführt = Fr. 5,374,000 1873 ,, 5317 ,, = ,, 5,317,000 1874 in 9 Monaten 3800 ,, ,, . ,, = ,, 3,800,000 Vergleichen wir die Schweiz mit andern Ländern hinsichtlich der Pferdehaltung nach der Fläche und der Bevölkerungszahl, so finden wir folgendes Resultat: Auf den. FlKilometer zählen Pferde : 1866.

Belgien .

Niederlande Irland .

Sachsen .

Oldenburg .

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. 9,41 . 7,46 .7,39 . 6,41 . 6,21

Auf 1000 Einwohner fallen Pferde :

Meklenburg Oldenburg Irland .

Oesterreich Schweden '

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.157 . 139 .107 .107 .104

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jMokìeiilmi'g .

. 6,31 Preussen .

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. 9 1 ì'i'tMisscii .

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. 6 Bayern .

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. 8 1 OohtoìTcicli .

. 5,59 Frankreich .

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80 Hannover .

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. 5,47 Niederlande, .

. 73 Frankreich .

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. 5,43 Belgien .

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. 6 1 Bayern .

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. 5 Hessen, Kurlïirsîenthum 5(5 Wui-^mberg .

. 4,94 Würteuib°erg .

. 5(5 Hessen, (j-roßherzogihum 4,90 Baden .

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. 5 3 Ba-ien .

.'

. 4,77 Hessen, Herzogthuni . 48 Hessen, Kurfürstenthum 4,35 Sachsen .

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. 43 Nassau .

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. 2,76 Schweiz .

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. 42 Schweiz .

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. 2,55 Nassau .

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. 29 IHu schweizerische Pferdezählung von 1866 weist auf, daß wir im Ganzen Pferde und Esel 105,799 besizen, wovon Esel .

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5,475 Pferde" 100,324 Stük Von diesen können zu dem gewöhnlichen Reitund Zugdionst nicht verwendet werden : Hengste-Zucht 428 Hengst;; unter 2 Jahren .

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. 5,647 6,075 Stuten.

Unter 4 Jahren Trächtige u n d säugende D O

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16,905 9,515 J

32,495

32,495

Bleiben

67,829 10,437

Hievon als lahm, alt, krank

57,392 Der Bedarf für Postpferde und Beiwagendienst nach Fol. 28 der postalischen Statistik beansprucht Pferde 3,000 Die Armee im Kriegsfalle.

8. Anneedivisionen nach Tafel XXX 23, Fol. 232 des Vorschlages einer neuen Militärorgauisation.

2193 -4- 8 Divis 17,544 Furwerke 355 -4- 8 ., 2,848 23,392 Bleiben

34,000

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welche für die Bedürfnisse der Landwirtschaft, der Industrie, für Fuhren, welche den Bedürfnissen der Landesgegenden dienen, welche nicht Eisenbahnen und nicht Posten zur Verfügung haben. Ein Krieg würde aber zum Ersaz kranker und gefallener Thiere diesen ganzen Ueberrest beanspruchen.

Wie wir auch die statistischen Hülfsmittel anwenden, um uns Rechenschaft über die Trage zu geben : Hat der Bund ein Interesse, die Pferdezucht zu fördern? so müssen wir finden, daß die Hebung der Pferdezucht zu den Aufgaben des Bundes gehört, weil er die größten Anforderungen an den Bestand der Pferde stellt.

Die Kosten der Einrichtung des Fohlenhofs, der Ankauf und Unterhalt von 20 Fohlen werden in folgender Weise berechnet.

Ankauf 20 Hengstfohlen à l Jahr .

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. F r . 14,000 Unterhalt für 3 Jahre ,, 5,760 Wartung ' .

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. ,, 2,620 2 Thiere, welche mit Tod abgehen

"~Frr22,ÖOÖ . ,, 1,620

Einrichtung und Unterhalt in 2/s Jahr

"~Fr724~OOÖ ,, 12,000

~FrT 36,000 Nach 3 Jahren darf der Erlös gerechnet werden: 16 noch Gebende Hengstfohle 12 à Fr. 2,500 Fr. 30,000 4 ,, ,, 1,000 __,,_4,000 Fr. 34,000 Gegenüber dem entschieden auftretenden Bedürfniß der Hebung and Verbesserung der Pferdezucht ist also das Opfer, das der Bund nach dem vorliegenden Vorschlage bringen soll, kein unverhältnißanäßig holies.

B e r n , den 24. Oktober 1874.

Der Berichterstatter : B. v. Arx.

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19.12.1874

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