98!»

# S T #

Bericht des

Bundesrathes über den Rekurs eines Peter Binz in Welschenrohr (Solothurn), betreffend Arrest.

(Vom 11. Dezember 1874.)

Tit. !

<

Mit Eingabe vom 22. August 41874 hat ein Peter B in z in Welschenrohr, Kantons Solothurn, folgende Beschwerde anhängiggemacht : Er habe vom 26. Hornung bis und mit dem 21. August 1874 bei Herrn J. Kottmann in Langendorf, Amtei Solothurn-Lebern, als Uhrenmacher gearbeitet. Als er diesen Plaz habe vorlassen wollen, sei ihm am 20. August angezeigt worden, daß Johann Wittmer daselbst für eine Forderung von cicca Fr. 8V auf seinen noch restirenden Lohn Arrest gelegt habe. Er habe, am 21. August bei dem Amtsgerichtspräsidenten die Aufhebung des Arrests verlangen wollen, allein den Herrn Präsidenten nicht angetroffen und desshalb sein Gesuch dem Schreiber desselben mitgetheilt. Da aber bis den 22. August ihm nicht entsprochen worden, so erhebe er sofort Beschwerde und verlange, daß der Arrest von uns aufgehoben werde.

Er sei dem Wittmer nichts schuldig und als aufrechtstehender Schweizer nach Vorschrift von Art. 59 der Bundesverfassung an seinem Wohnorte in Welschenrohr, Amtei Balsthal, zu belangen.

990 1 Da jedoch der erste Saz von Art. 59 der Bundesverfassung von 1874 gleichlautend ist mit Art. 50 der Bundesverfassung von 1848,' und der leztere immer in dem Sinne interpretirt wurde, daß er nur auf interkantonale Rechtsverhältnisse sich beziehe, so ließen wir dem Petenten unter'm 26. August 1874 eröffnen, daß wir nicht kompetent seien, auf seine Beschwerde einzutreten.

Gegen diesen Kutscheid rekurrirt nun Peter Binz an die eidgenössischen Räthe und stellt in seiner Eingabe vom 5. Dezember 1874 den Antrag, daß unser Beschluß aufzuheben und der fragliche Arrest als unstatthaft zu erklaren sei.

Binz geht nämlich von der Ansicht aus, daß der Art. 59 der Bundesverfassung auch den Gerichtsstand des Wohnortes innerhalb eines einzelnen Kantons ordne, und behauptet ferner, er müsse schon darum in der Amtei Balsthal gesucht werden, weil er die Einrede aufstelle, daß er dem Kläger nichts schuldig sei.

Dieser leztere Umstand ist indeß offenbar unerheblich. Die Frage, welches Gericht kompetent sei, über einen streitigen Anspruch zu entscheiden, ist nicht von der Thatsache abhängig, ob der Beklagte einen Theil oder gar nichts anerkenne. Es sind hiefür ganz andere Faktoren maßgebend.

Sodann kann es nach dem Wortlaute von Art. 59 der Bundesverfassung gar keinem Zweifel unterliegen, daß der Ausdruk ,,Wohnort" nicht absolut zu verstehen ist, sondern nur in Bezug auf Arreste, welche ,,außer dem K a n t o n " , in welchem der Schuldner wohnt, gelegt werden. Es sind daher die Bundesbehörden nicht kompetent, in solche Fälle sich einzumischen, wo es sich lediglich darum handelt, welches von zwei Gerichten eines und desselben Kautons für einen Prozeß das zuständige sei. Hierüber entscheiden lediglich die Gerichte dieses Kantons, und es kann von einer untern Gerichtsbehörde nur an eine obere Instanz des gleichen Kantons, nicht aber an die Bundesbehörden rekurrirt werden.

Der Rekurrent erwähnt in seinen Eingaben eines Entscheides, den wir am 17. Juni 1872 auch auf einen Rekurs von seiner Seite erlassen haben und scheint der Ansicht zu sein, daß er, gestüzt auf die Begründung jenes Entscheides, vor dem Amtsgerichte SolothurnLebern nicht zu erscheinen brauche. Er ist aber durchaus im Irrthum. Jeuer Rekurs ist am 17. Juni 1872 darum begründet erklärt worden, weil der Richter in Münster, Kantons Bern, eine Klage betreffend eine persönliche Forderung gegen Peter Binz angenommen und den leztern vor sein Forum citirt hatte, während Binz in

mi e i n e m a n d e r n K a n t o n , nämlich in Welschenrohr, Kantons Solothurn, gewohnt hatte. (Bundesblatt 1873. Bd. IL "Seite 18 Nr. 9.)

Dieser Entscheid steht also in Uebereinstimmung mit misera Ansichten, wie wir sie oben entwikelt haben.

Schließlich bemerken wir noch, daß wir es absichtlich unterlassen haben, die Gegenbemerkungen einzuziehen, welche der Gerichtspräsident von Solothurn - Lebern und die Gegenpartei des Rekurrenten zu machen im Falle sein möchten, weil die Sache hinlänglich klar ist, um darüber entscheiden zu können.

Unter Bezugnahme auf das Gesagte stellen wir den A n t r a g : Es sei die Beschwerde des Peter Binz als unbegründet abzuweisen.

B e r n , den 11. Dezember 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

*

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

992

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Abänderung des Postvertrages mit den Niederlanden in Bezug auf die Geldanweisungen.

(Vom

18. Dezember 1874.)

Tit. !

Durch den Postvertrag zwischen der Schweiz und den Niederlanden, vom 15. April l868 wurde die Auswechslung von Postanweisungen vereinbart und dabei das Maximum einer Anweisung auf Fr. 200, bezw. fl. 100, sowie eine Gebühr v o n 2 0 R p . f ü r j e F r . 1 0 einen Bruchtheil von fl. 5 festgesezt. DerGeldanweisungsverkehrr zwischen der Schweiz und Holland blieb bisher in .sehr bescheidenen Sehranken, indem die höchste Anzahl der in einem Jahr (1873) in der Schweiz nach Holland ausgestellten Anweisungen nur 298 Stüke mit Fr. 19,228 betrug, währenddem im nämlichen Zeitraum in den Niederlanden zur Auszahlung in der Schweiz nur 480 Anweisungen im Botrage von Fr. 153,705 aufgegeben wurden.

Dieser unbedeutende Verkehr, welchem derjenige mit Belgien gegenübersteht, das, wenn auch etwas größer als Holland, mit der Schweiz ähnliche, komerzielle Beziehungen unterhält, wie, die Niederlande, nämlich : nach Belgien mit 942 Stükeu, Fr. 74,064 aus 1473 ,, ,, 156,098

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes über den Rekurs eines Peter Binz in Welschenrohr (Solothurn), betreffend Arrest. (Vom 11. Dezember 1874.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1874

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

55

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.12.1874

Date Data Seite

989-992

Page Pagina Ref. No

10 008 450

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.