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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Julien Tarral, Krämer, 25, rue de Coutance, Genf.

(Vom 17. März 1908.)

Tit.

Tarral wurde am 24. Juni 1907 vom Polizeirichter in Genf in contumaciam mit 48 Stunden Arrest bestraft, weil er trotz Aufforderung und Mahnungen der Militärbehörden und mehrfach gewährtem Aufschub den geschuldeten Militärpflichtersatz für 5 Jahre im-Betrage von Fr. 26. 90 nicht bezahlt hatte. Da er beim Gerichtstermin ausgeblieben und infolgedessen das Urteil ohne vorangehende kontradiktorische Verhandlung gefällt worden war, so machte Tarral Gebrauch von dem ihm zustehenden Rechtsmittel der ,,Opposition" und erwirkte die Ansetzung einer neuen Verhandlung auf den 4. Juli. In diesem Termin, zu welchem sowohl der Beklagte als der öffentliche Ankläger erschienen, wurde zunächst die Neuaufnahme des Verfahrens vom Richter gewährt und alsdann über die Anklage kontradiktorisch verhandelt. Die Fällung des Urteils wurde indessen verschoben, vermutlich weil man dem Angeschuldigten Frist gewähren wollte, um inzwischen den ausstehenden Steuerbetrag abzuzahlen. In der Tat leistete er Anzahlungen im Betrage von zusammen Fr. 8.

Als aber am 26. Dezember abhin, ungerechnet die Steuer pro

713 1907, immer noch Fr. 18. 90 ausstanden, fällte der Polizeirichter das neue Urteil, welches in einer Wiederholung des ersten Urteils, d. h. also in der Bestätigung der ausgesprochenen Strafe von 48 Stunden Arrest bestand. Eine Parteiverhandlung hatte in dieser Gerichtssitzung nicht mehr stattgefunden.

Mit Eingabe an die Bundesbehörden vom 4. Januar dieses Jahres ersucht nun Tarral um Erlassung der Arreststrafe im Gnadenwege, indem er anbringt, dass er den Verhandlungstermin unverschuldetermasgen versäumt habe, da ihm wegen Änderung seiner Wohnadresse die Vorladung des Friedensrichteramtes nicht rechtzeitig zugekommen sei. Diese Einrede kann sich nur auf das erste Urteil vom 24. Juni 1907 beziehen, zumal aktenmässig festgestellt ist, dass Tarral bei der Verhandlung vom 4. Juli 1907, auf welche sich das zweite, definitive Urteil stützt, persönlich anwesend war und seine Verteidigung geführt hat. Das Anbringen des Tarral ist daher durchaus unerheblich.

In materieller Beziehung fällt in Betracht, dass die von Tarral geschuldete Militärsteuer nach dem Minimalsatze von jährlich Fr. 3 (blosse Personaltaxe) bemessen ist und die rückständigen Steuern bis auf das Jahr 1901 zurückgehen. Zurzeit stehen ausser der Steuer pro 1907 noch Fr. 14. 90 aus.

"Wir glauben daher nicht, dass ein Grund vorliege, die dem Tarral durch gerichtliches Urteil vom 26. Dezember 1907 zuerkannte Arreststrafe auf dem Gnadenwege nachzulassen, und stellen demgemäss bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Charles Tarral abzuweisen.

B e r n , den 17. März 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Julien Tarral, Krämer, 25, rue de Coutance, Genf. (Vom 17. März 1908.)

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1908

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25.03.1908

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712-713

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