#ST#

Schweizerisches

Buudesblatt.

Jahrgang .VI. Band III.

Nro. ^.

Montag, den 31. Juli 1854.

#ST#

Botschaft des

Bundesrathes an die beiden gesezgebenden Räthe der schweiz. Eidgenossenschaft, betreffend die Gewährleistung der Verfassung des Kantons

Wallis.

(Vom 17. Juni 1854.)

Tit.

Die Regierung des h. Standes Wallis übersandte uns mit Zuschrift vom 22. Januar 1853 die neue Versassung, welche vom konstituirenden Großen Rathe an..

23. Dezember 1852 war genehmigt worden. Die Regier tung berichtete dabei, daß diese Versassung auch votn

Volke mit ^233 gegen 832 Stimmen genehmigt und durch Dekret des Großen Rathes vom 19. Januar 1853 als in Kraft getreten erklärt worden sei. Es wurde damit Bundesblatt. Jahrg. VI. Bd. III.

6

^0 das Gesuch verbunden, dieselbe der Prüfung der eidgen^sfischen Räthe zu nnterstellen und die ......rth eilung der eidgenössischen Garantie zu beantragen.

Bei Prüfung dieser Verfassung sahen wir uns veranlaßt, verschiedene Bemerkungen zu machen, welche .wir sodann mit Schreiben vom 23. Februar 1853 der Regierung von Wallis mittheilten, und wenigstens in den wesentlicheren Punkten zur Berechtigung empfahlen.

Der Artikel 1 bezeichnet Wallis als einen souveränen Stand, ohne der Beschränkungen der Bundesverfassung .mit ausdrüklichen Worten zu erwähnen. Dazu kommt, ^aß im Art. 29, Ziss. 10, mit Bezug aus Staatsverträge, die Verfügungen des Bundes vorbehalten find, während lezteres bei manchen andern Artikeln, z. B. 7,^

1.^, .^ Ziss. 4, wo ebenfalls Rechte des Bundes in .^rage kommen, nicht der Fall ist. Wir glauben indessen mit .Beruhigung über diese Punkte hinweg gehen zu könneu, weil der Kanton im Art. 1 als ,,incorp0ré à ..^ Confédération Sni.^...^ bezeichnet und weil die Garantie der Verfassung verlangt wird, worin eine vollkommene Anerkennung der Bundesverfassung liegt. Nur positiv Widersprechendes kann gerügt oder verworfen wer.^.e...^

nicht aber allfällige Lüken, deren Ergänzung der G.^sezgebung anheimfäll., wie dieses beim Art. 7 stattfindet.

.^ier erwähnt die Verfassung nicht des freien Riederlassungsrechtes aller Schweizer, aber fie schließt dasselbe auch nicht aus ; sie ist ausdrüklich nur für die Kantonsbürger gegeben, damit fie in dieser Form fortbestehen ..^nne, auch weun Veränderungen in der Bundesverfassung eintreten sollten; aber fie unterzieht sich stillschweigend den Beschränkungen, welche die leztere mit sich bringt.

Das meiste Bedenken erregt der Art. 49, indem dari.^ das Stimmrecht in ^dgenosfischen und kantonalen Sachen

31 den seit zwei Iahren in der Gemeinde wohnhaften Schweizern ertheilt wird, ohne nach Art. 42 der Bun^ desverfassung zu unterscheiden, daß den Schweizern das Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten von Anfang au zustehe. Auch ist darin vom Vorbehalt eines Gegenrechts die Rede, der nicht anders Bedeutung haben oder ^atthaft sein kann, als wenn man ihn auf das Stimme recht in G.^meindesachen bezieht.

Nach Art. ^7 können Dienstboten nur dann atn Wohnorte stimmen, wenn sie zu den öffentlichen Lasten beitragen. Daraus geht hervor, daß sie an ihrem Heimathsorte ^immen können , und daß es ihnen frei steht, sich in die Klasse der Niedergelassenen .aufnehmen zu lassen, in welchem .^alle sie auch am Wohnorte stimmen können. Unter diesen Umständen finden wir, daß dem Art. 42 der Bundesverfassung ein Genüge geleistet ist.

Auch noch andere Kantone halten sich an den Buchstaben des Art. 42, während hinwieder andere bloßen Aufeuthaltern das Stimmrecht gestatten. Die Hauptsache ist die, daß den Bürgern anderer Kantone die Rechte und Eigenschaften der Niedergelassenen nicht verweigert werden, wenn sie den Bedingungen des Art. 41 en^ sprechen können und wollen.

Im Art. 73 wird ein Konkordat vorbehalten, unt di.^ Beziehungen zwischen Staat und .Kirche zu regulire....^ Dagegen läßt sich zur Zeit nichts einwenden; allein es ist wol möglich, daß ein solches Konkordat die Grunde säze der Bundesverfassung berühren könnte, und daher scheint es uns passend, die Einsicht und Prüfung de.^ Bundesbehörden vorzubehalten, um nicht durch stillschwei^ gende Annahme des Art. 73 zum voraus jedes mögliche

Konkordat zu genehmigen. Die Artikel 8, 9 u. 10 der

Bundesverfassung können hierüber nicht hinreichend be-

32 ruhigen, indem man einwenden könnte, daß ein solche^ Konkordat mit dem päpstlichen Stuhle nicht in dessen Eigenschaft als Oberhaupt des Kirchenstaates, sondern als Oberhaupt der katholischen Kirche abgeschlossen werde.

.Jn .^olge des erwähnten Art. 73 bildet aber ein solches Konkordat einen integrierenden Bestandtheil der Versag sung von Wallis, der daher, als zur Zeit noch unbe^ ^annt, den Bundesbehörden mitzutheilen ist.

Nachdem wir, wie oben berührt wurde, diese Be^nerkungen der Regierung vou Wallis mitgetheilt hatten, legte fie dem Großen Rathe hierüber Bericht und Antrag vor, und dieser beschloß, laut beiliegendem Protokoll-

auszug vom 26. November 1853, solgeude Erklärung ins

Protokoll niederzulegen und dem Bundesrathe zu über^ ..nitteln .

,,Le Grand Conseil du Valais n^a pas eu la pensée ..,d^ porter aucune atteinte ni de déroger d'une ma^niere .^neIconque au^ prescriptions de la Constitution fédérale et au droit fédérale en général qui son^ .^réser^és de plein droit. ^

Wenn man nun in Betracht zieht, daß der Art. 4^ der einzige ist, welcher nach unserer Anficht beanstandet werden könnte, nicht als absoluter Widerspruch mit .Art. 42 der Bundesverfassung, sondern vielmehr als ^ine lükenhafte und ungenaue Redaktion erscheint, bei der gleichwol der Gedanke zu Grunde liegen konnte, sie im Sinne des leztern Artikels auszulegen und anzu^ senden, und wenn man serner die bestimmte Erklärung des Großen .Rathes in Erwägung zieht, so dürfte man sich wol auch über diesen Punkt beruhigt finden, zumal .wenn man in den Motiven der Schlußnahme geeignet^ .^ükficht daraus nimmt.

^ Aus diesen Gründen beantragen wir daher, das in .^r Anlage mitfolgende Dekret ^), und benuzen zugleich diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen ^ochAchtung zu versichern.

Bern, den 17. Juni 1854.

Jm ...^amen des schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:..

.^. ^re^-.^erosee.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

*) Es lautete aus Genehmigung der Verfafsung des Kantons W all i s.

unter einem Borbehalte in Betreff der Anwendung des mehrer.

wähnten Artikels 730 (Bexgl. den Bundesbeschluß im IV. Band^

der eidg. Gefezessammlung, Seite 229.)

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die beiden gesezgebenden Räthe der schweiz.

Eidgenossenschaft, betreffend die Gewährleistung der Verfassung des Kantons Wallis.

(Vom 17. Juni 1854.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1854

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

36

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

31.07.1854

Date Data Seite

29-33

Page Pagina Ref. No

10 001 459

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.