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Bundesblatt

87. Jahrgang.

Bern, den 27. November 1935.

Band TL.

Erscheint wöchentlich. Preis HO Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebtthr.

Jüinrückungsgetühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfii £ de. in Bern.

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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1935).

(Vom 20. November 1935.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 90 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

1. Werner Gloor, 1911, kaufmännischer Angestellter, zurzeit Strafanstalt Eegensdorf (Zürich).

(Sprengstoffverbrechen.)

1. Werner Gloor und weitere Beteiligte sind am 11. Oktober 1934 vom Bezirksgericht Zürich gernäss Bundesgesetz betreffend den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen, vom 19. Dezember 1924, in Verbindung mit kantonalstrafrechtlichen Bestimmungen, verurteilt worden, wobei die Gloor auferlegte Zuchthausstrafe ein Jahr und sechs Monate betrug und hiervon drei Monate durch den Untersuchungs- und Sicherheitsverhaft erstanden waren.

Es handelt sich um den Sprengstoffanschlag vom 28. Januar 1934, nachts, in Zürich, wo in verbrecherischer Absicht ein in Brand gesteckter Sprengkörper in die Wohnung eines Zeitimgsredaktors geworfen wurde. -- Im Bericht über die Geschäftsführung im Jahre 1934 haben wir der Angelegenheit, als des schwersten Sprengstoff alles des Berichtsjahres, ausdrücklich Erwähnung getan (Geschäftsbericht S. 344, Ziff. 15). Das den Akten in vollständiger Ausfertigung beigelegte Strafurteil enthält die Einzelheiten über Sachverhalt und beteiligte Personen. Gloor hat die von einem Mitverurteilten erhaltene Eisenröhre mit Schwarzpulver gefüllt, als Sprengkörper eingerichtet und den Anschlag dadurch ausgeführt, dass er die Eisenröhre mit brennender Zündschnur in die Bundesblatt. 87. Jahrg. Bd. JJ.

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Wohnung warf, wo sie unter gewaltiger Detonation explodierte. Es entstand erheblicher Sachschaden, und die im nebenanliegenden Zimmer befindlichen Wohnungsinsassen erlitten gesundheitliche Störungen.

Mit persönlicher Eingabe aus der Strafanstalt Eegensdorf, vom 24. April 1935, ersuchte Gloor um Erlass des letzten Strafdrittels, dauernd vom 11. Juli 1935 bis 11. Januar 1936. Er schrieb unter anderem: «Die mir zur Last gelegten Vergehen sind ohne Ausnahme politischer Art und sind nicht zur Erreichung persönlicher Vorteile verübt worden, sondern hatten ihren Ursprung in meinen damaligen Ansichten über die Verwirklichung politischer Ziele. Dass diese Anschauungen ganz verfehlt waren, habe ich schon vor meiner Verhaftung einsehen gelernt. Aus diesem Grunde weigerte ich mich auch, mich durch Flucht ins Ausland der Strafe zu entziehen, wie dies 4 meiner Mittäter getan haben. Ich wollte für meinen Fehltritt einstehen. Der Untersuchungs- und der jetzige Strafverhaft haben mich in der neu gewonnenen Erkenntnis nur noch zu bestärken vermocht, und reifliches Nachdenken hat mich die Verwerflichkeit von Terror und Gewaltakten deutlich erkennen lassen. Ich bedaure aufrichtig, dass ich mich in dieser Weise vergangen habe.» Gloor hofft, mit seinen Ausführungen die Begnadigungsbehörde davon zu überzeugen, dass der Zweck der Strafe, den Missetäter zu bessern, bei ihm erreicht sei.

Dieses Gesuch ist der Bundesanwaltschaft mit Überweisungsschreiben der Direktion der Justiz des Kantons Zürich, einem Bericht der kantonalen Staatsanwaltschaft und einem Gutachten der Beamtenkonferenz der Strafanstalt Eegensdorf am 27. Juni 1935 zugekommen, mithin erst nach der Vereinigten Bundesversammlung vom 13. Juni und nach Schluss der Session vom 21. Juni.

Bei dieser Sachlage hatte sich die Bundesanwaltschaft nach ständiger Praxis zunächst lediglich darüber schlüssig zu machen, ob sie vorgängig der Gesuchsvorlage, für die nunmehr die Dezembersession in Betracht kam, eine vorläufige Unterbrechung des Strafvollzuges anordnen solle, unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Bundesversammlung als Begnadigungsbehörde.

Die Bundesanwaltschaft hat die Unterbrechung des Strafvollzuges abgelehnt. Es liegt auf der Hand, dass eine vorläufige Unterbrechung des Strafvollzuges nur angeordnet wird, wenn für eine, die Eeststrafe betreffende,
Begnadigung durch die Bundesversammlung hohe Wahrscheinlichkeit besteht.

Das Gutachten der Beamtenkonferenz der Strafanstalt Eegensdorf erachtet zwar den Strafzweck als bei Gloor erfüllt und befürwortet demgemäss den Erlass des letzten Drittels der Strafe (ab 13. Juli). Der Antrag der Staatsanwaltschaft lautet demgegenüber auf Abweisung, ebenso der Antrag der kantonalen Direktion der Justiz. Bei dieser Stellungnahme der Kantonsbehörden musste die Bundesanwaltschaft Gewicht darauf legen, dass der Erlass eines Strafendrittels keine Eechtseinrichtung des Bundesrechtes ist, sondern einzig als Gnadenakt in Betracht fällt. Angesichts der von obersten Justizverwaltungs-

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behörden eines Kantons gestellten Abweisungsanträge konnte aber von der hohen Wahrscheinlichkeit einer Begnadigung offenbar nicht die Eede sein.

Dies erklärt, weshalb die Strafverbüssung Gloors zurzeit weiter andauert, so dass sein Gesuch: im Dezember gegenstandslos sein wird, ausgenommen die.

Zeitspanne von der Entscheidung der Begnadigungsbehörde im Dezember 1935 bis zum 11. Januar 1936.

Wir beantragen heute Abweisung, soweit das Gesuch nicht infolge Strafvollzuges gegenstandslos sein wird. Ohne den beachtlichen Ausführungen der Beamtenkonferenz der Strafanstalt Eegensdorf entgegentreten zu wollen und bei aller Würdigung der vom Gesuchsteller abgegebenen Erklärungen rücken wir doch die Vernehrnlassung der Staatsanwaltschaft Zürich in den Vordergrund, besonders den Zusammenhang des vorliegenden Anschlages mit vorausgegangenen Delikten, ferner den Strafzweck der Sühne und der Auswirkung des Strafvollzuges auf die Allgemeinheit, namentlich auf weitere Gesinnungsgenossen des Verurteilten. Wir halten mithin in der Erledigung des Begnadigungsgesuches vorab die folgenden Erwägungen des urteilenden Gerichtes fest: «Die Vergehen des Angeklagten Glpor stellen eine Ausartung des politischen Kampfes und eine Verwilderung der politischen Sitten dar, die das Ansehen unseres demokratischen Staates schwer gefährden. Der Angeklagte hat seine Vergehen als Mitglied einer politischen Gruppe begangen, die systematisch Terrorakte ausführte. Er hat die Sprengstoffvergehen zusammen mit andern auf vorherige Verabredung hin, also im Komplott, ; und seine sämtlichen Vergehen in kurzen Zwischenräumen begangen.» -- Wir erblicken schliesslich in dem Sprengstoffanschlag. rechtlich gewürdigt, auch nicht ein politisches, sondern ein gemeines Delikt.

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Karl Schneider, 1877, Händler,: Konstanz (Baden), Julius Thalmann, 1894, Landwirt, Bonfol (Bern), Suzanne Baudrand, 1896, Handelsfrau, Genf, Transports internationaux Jean Mesmer S. A. en liquidation, Genf.

(Zoll- und Alkoholstrafsachen.)

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Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen, vom 1. Oktober 1925, bzw. über gebrannte Wasser, vom 29. Juni 1900, sind verurteilt worden: 2. Karl Schneider, von der Zollkreisdirektion Schaffhausen am 16. August 1934 mit Fr. 20.40 gebüsst, wegen Schmuggels von Bettwäsche; ferner am 19. September! 1934 mit Fr. 111 gebüsst, wegen Schmuggels einer Schreibmaschine. Beschwerden an obere Behörden sind abgewiesen worden.

Schneider ersucht um Begnadigung, wozu er auf die Vorkommnisse näher eintritt, jedes Verschulden bestreitet und Kommiserationsgründe geltend macht, die sowohl in seiner beeinträchtigten Gesundheit wie:in seiner ungünstigen.

Vermögenslage erblickt werden.

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Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir Abweisung, weil die Begnadigung in Fiskalstraf Sachen dieser Art überhaupt nicht naheliegt und die Zollverwaltung vom Gesuchsteller erklärt, er verdiene keine Begnadigung. Wir verweisen auch auf den Vorstrafenbericht.

3. Julius Thalmann, von der Zollkreisdirektion Basel am 19. Juni 1935 mit Fr. 175.80 gebüsst, weil er 28 Flaschen Wein und 30 Körbe eingeschmuggelt hatte.

Für den Gebüssten ersucht ein Notar um Erlass der Busse, was besonders mit der Bussenhöhe und den misslichen Verhältnissen des Bestraften begründet wird. Es drohe die Umwandlungsstrafe.

Der Gemeinderat Bonfol befürwortet den Bussenerlass, da die Familie andernfalls der öffentlichen Unterstützung anheimfalle.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion schon deshalb Abweisung, weil Thalmann innert kurzer Zeit rückfällig geworden ist und verweisen im übrigen auf die Erwägungen der Oberzolldirektion. Die Ausnahme der Fiskalstrafsachen vom bedingten Strafvollzug (Art. 339 BStrEPfl) zeigt deutlich, dass die Strafverwirklichung im Wege der Bussenentrichtung oder aber der Umwandlungsstrafe zu erfolgen hat, und der Begnadigungsweg soll hieran nicht leichthin ändern können.

4. Suzanne B a u d r a n d , von der Oberzolldirektion am 23. Juni 1934, solidarisch zu zweit, mit Fr. 7170 gebüsst, ermässigt um einen Drittel wegen Unterziehung, so dass solidarisch Fr. 4780 Busse zu entrichten sind. Beschwerden an obere Behörden sind abgewiesen worden. In Betracht kommt ein fortgesetzter Schmuggel von Bestandteilen für Eadioapparate, begangen unter erschwerenden Umständen.

Suzanne Baudrand ersucht nach Entrichtung von Fr. 225 um Erlass oder doch um Ermässigung der Busse, wozu sie die Hauptschuld auf ihren Mitarbeiter abwälzt, dessen Opfer sie gewesen sei, und zudem gänzliche Mittellosigkeit geltend macht. Für Einzelheiten verweisen wir auf das Gesuch selbst.

Demgegenüber beantragen wir mit der Oberzolldirektion deshalb Abweisung, weil die Umwandlungsstrafe, die der Mitverurteilte bereits verbüsst hat, auch in diesem Falle an Stelle der offenbar nicht einbringlichen Busse vollzogen werden muss. Die Oberzolldirektion äussert sich eingehend zur Strafund Begnadigungssache.

5. Transports internationaux Jean Mesmer S. A., in Liquidation, Genf.

In der Junisession
1934 hat die Bundesversammlung ein Begnadigungsgesuch Eoth durch Nichteintreten bzw. Abweisung, soweit die Gefängnisstrafe noch zu verbüssen war, antragsgemäss erledigt (Nr. 62 im II. Bericht vom 18. Mai 1934, Bundesbl. II, 204/205). In Betracht kam der vom Bundesstrafgericht am Ì3. Dezember 1933 beurteilte Genfer Alkohol- und Zollstraffall, bei dem Eoth einer der Haupturheber jenes fortgesetzten Schmuggels grosser Alkoholmengen war. Im gleichen Urteil ist die Firma Jean Mesmer u. a. für

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die ihrem gewesenen Prokuristen i Both auferlegten Bussen im Betrage von Fr. 1,779,278 und 489,990.96, und Kosten, solidarisch haftbar erklärt worden.

Die in Liquidation befindliche1 Firma wendet sich nunmehr an die Bundesversammlung mit einem «Begnadigungsgesuch», um zu erreichen, dass die Eidgenossenschaft auf ihre gegen die Firma erhobenen Forderungen insgesamt verzichte. Für die Art der Gesuchsbegründung verweisen wir auf die Eingabe selbst. Ihre nähere Erörterung kann unterbleiben, sobald an der neueren Praxis festgehalten wird, wonach sich die Bundesversammlung mit derartigen Eingaben im Begnadigungsweg überhaupt nicht einlässlich zu befassen hat.

, Wir beantragen in diesem Sinne Nichteintreten, in Zustimmung zum Bericht und Antrag der eidgenössischen Oberzolldirektion, vom 7. Oktober 1935, an die Bundesanwaltschaft und gemäss der vorausgegangenen Zuschrift des ausserordentlichen Bundesanwaltes in der Fiskalstrafsache. Auf die Eingabe nicht einzutreten ist von vorneherein, was diejenigen Forderungsbeträge anbelangt, die Fiskal- und Kostenverpflichtungen betreffen. Insoweit ist für ein Begnadigungsgesuch, das: sich einzig gegen eine Strafe richten kann, offenbar kein Eauin, und eine Zuständigkeit der Begnadigungsbehörde fehlt gänzlich.

Dasselbe ergibt sich aber auch in bezug auf diejenigen Forderungen, welche der solidarischen Haftung der Firma für die dem Prokuristen Eoth auferlegten Bussen entsprechen. Die zollrechtliche Haftung Dritter ist nach Art. 100 des Zollgesetzes keine selbständige Strafe, sondern Folge einer fremden Straftat, auf besonderer administrativer, ^iskalrechtlicher Grundlage. Eine solche Massnahme untersteht der Begnadigung mangels ausdrücklicher, anderslautender Bestimmung nicht, mindestens aber sollten die Wirkungen der Begnadigung im Zw.eifelsfalle nicht über die Möglichkeit des Erlasses eigentlicher Strafen ausgedehnt werden. Zu einer Erweiterung der Gnade eignen sich zudem gerade Fiskalstrafsachen nicht, und wir 'sind der bestimmten Auffassung, dass die Eingabe der Firma Mesmer S. A., in Liquidation, diesen allgemeinen Standpunkt nicht zu erschüttern vermag. Ihre Eingabe hat keine andere Erledigung zu erfahren, als, z. B. die ergebnislosen Bemühungen der Sparkasse Au i. S.

Fankhauser/Gantner (Nr. 13/14 im I. Bericht vom 13. November 1934, Bundesbl. III, 645/646).
l - 6. Traugott Gysin, 1895, Wirt und Händler, Neuhausen (Schaffhausen), ~. Elise Gysin-Roversi, 1891, Ehefrau des Vorgenannten.

(Lebensmittelpolizei.)

; 6. und 7. Traugott und Elise Gysin sind am 28. Juni 1935 vom Obergericht des Kantons Schaffhausen gemäss Art. 41 des Bundesgesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 8. Dezember 1905, in Verbindung mit Ausführungsbestimmungen, je zu Fr. 500 Busse verurteilt worden. Die erste Instanz hatte je Fr. 1000 Busse erkannt.

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· Die Eheleute Gysin, die neben einer Wirtschaft einen Eier- und Butterhandel betreiben, haben vom April bis Mitte August 1934 bei einem erheblichen Teil der Importeier den entsprechenden Stempel wegwaschen lassen und sie dergestalt in den Verkehr gebracht.

Gysin ersucht für sich und die Ehefrau um Erlass der Bussen, wozu er auf die Machenschaften näher eintritt, sein Vorgehen, wie schon im Strafverfahren, als erklärlich dartun will, die Bussen als in dieser schweren Zeit doppelt drückend bezeichnet und das Strafmass mit anderwärts erledigten oder anhängigen Fällen vergleicht. Schliesslich betont er seine vaterländische Gesinnung.

Demgegenüber beantragen wir mit dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, das allen Milderungsgründen weitgehend Eechnung getragen hat, und dem Regierungsrat ohne weiteres Abweisung.

8. Julius Häner, 1874, Landwirt, Aesch (Basellandschaft), 9. Fritz von Allmen, 1895, Landwirt, Böthenbach (Bern), 10. Gottlieb Ruîener, 1880, Landwirt, Buchholterberg (Bern).

(Porstpolizei.)

Gernäss B G betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, vom 11. Oktober 1902, in der Fassung des Bundesbeschlusses vom 5. Oktober 1923, und in Verbindung mit kantonalem Becht sind verurteilt worden: 8. Julius Häner, verurteilt am 6. September 1934 vom Polizeigericht Ariesheim zu Fr. 60 Busse, weil er in seinem Privatwald in Schutzwaldgebiet ohne Bewilligung Holz geschlagen hatte.

Häner ersucht um Erlass der Busse, wozu er seine Notlage geltend macht.

Er sei über sechzig Jahre alt, nach dreissig Jahren Fabrikarbeit entlassen worden und heute auf seine kleine Landwirtschaft angewiesen.

Das' urteilende Gericht erklärt in den Erwägungen, es wäre vorliegend geboten, mit der Busse unter das gesetzliche Mindestmass zu gehen, da sich Häner zufolge von Stellenverlust und Krankheit in einer ziemlich dürftigen Lage befinde, so dass ihn die Busse sehr hart treffe, zumal er die Forstpolizeivorschriften nicht gekannt habe.

-·Die Justizdirektion des Kantons Basellandschaft empfiehlt in ihren Berichten vom November 1934 und September 1935 den Erlass der Bussenhälfte, wogegen die-eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung beantragt.

Nachdem der Verurteilte, dem Bat der Behörden entsprechend, die Bussenhälfte in zwei Teilzahlungen aufgebracht hat, b e a n t r a g e n wir auf Grund der Urteilserwägungen den Erlass der Bussenhälfte.

595 9. Fritz von Ällmen, verurteilt am 24. Juli 1934 vom Gerichtspräsidenten von Signau zu Fr. 90 Busse, weil er im damals noch ihm gehörenden Wald ohne Bewilligung Holz geschlagen hatte.

Von Ällmen ersucht um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse auf ein Miridestmas's. Finanzielle Schwierigkeiten, Krankheitsfälle in der Familie, Unglück im Stall hätten ihn in grosse wirtschaftliche Not gebracht.

Der Ortsgemeinderat, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die Forstorgane, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen einhellig den Erlass der Bussenhälfte, wogegen die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung beantragt.

· Da von Ällmen inzwischen, dem Bat der Behörden gemäss, Fr. 45 aufgebracht hat, beantragen wir, dem heute als mittellos bezeichneten Gesuchsteller die andere Bussenhälfte zu erlassen.

10. Gottlieb'E u f ener, verurteilt am 10. Mai 1935 vom Gerichtspräsidenten von Niedersimmental zu Fr. 205 Busse, weil er auf einer durch Lawinen und Steinschlag gefährdeten Alp einen verbotenen Holzschlag vorgenommen hat.

Bufener ersucht, ihn ein wenig zu begnadigen, da er aus Not und meistens nur im Weidgang geholzt habe.

Der Gemeinderat Buchholterberg bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes schreibt, wenn er ,auch bereits als Richter :auf den Beschuldigten weitgehend Bücksicht genommen habe, so empfehle er trotzdem die Herabsetzung der Busse \>is Fr. 100, weil es sich um einen soliden, sehr arbeitsamen : Mann handle, der wirtschaftlich bedrängt sei.

, Demgegenüber halten wir mit den Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei dafür, dass es bei der ergangenen Mindestbusse sein Bewenden haben solle, vornehmlich deshalb, weil Bufener vor dem Holzschlag von den Forstorganen ausdrücklich verwarnt worden ist. Wir beantragen Abweisung, unter Zubilligung von Teilzahlungen nach dem Ermessen der Kantonsbehörden.

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Josef Kupp, 1896, Landarbeiter, Beinwil (Aargau), ' Fritz Häfeli, 1887, Landwirt, Schmiedrued (Aargau), · Alfred Brunner, 1891, Wirt, Landwirt, Laupersdorf (Solothurn), Werner Hofer, 1894, Landwirt, Oberhof (Aargau), Otto Maurer, 1910, Hilfsarbeiter, Basel.

(Fischereipolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend die Fischerei, vom 21. Dezember 1888, und zudienenden Erlassen sind verurteilt worden:

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11. Josef Eupp, verurteilt am 26. Juni 1935 vom Bezirksgericht Muri zu Fr..50 Busse, weil er beim Überleiten von Jauche das Einfliessen in einen Fischbach verschuldet hatte, wodurch einige Fische zugrunde gingen.

Für Eupp ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Busse, die nach dem Sachverhalt und den Verhältnissen des Beschuldigten, besonders bei den grossen Familienlasten, eine Härte darstelle.

Das urteilende Gericht empfiehlt die teilweise Begnadigung, und die Finanzdirektion des Kantons Aargau erhebt hiergegen keine Einwendungen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir .Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

12. Fritz Häfeli, verurteilt am 7. Mai 1935 vom Bezirksgericht Kulm zu Fr. 50 Busse, weil die aus einem Behälter in ein Fischgewässer gelangte Jauche den Fischbestand gefährdet hatte. .

Häfeli ersucht um Erlass von Busse und Kosten, da keinerlei Schaden entstanden sei und die Übertretung auf einem unglücklichen Zufall beruhe.

Das urteilende Gericht befürwortet die Begnadigung und die kantonale Finanzdirektion erhebt keine Einwendungen, vorausgesetzt, dass die Abänderung der Jaucheeinrichtung zugesichert werde, was heute der Fall ist.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

13. Alfred Brunner, verurteilt am 29. Januar 1935 vom Amtsgericht Baisthal zu Fr. 50 Busse, weil er als Fischenzenpächter einen Bach mit einer Fischwehr gesperrt hatte, so dass die Laichwanderung der Fische unterbunden blieb und die obern Fischereiberechtigten geschädigt wurden.

Brunner ersucht um Erlass der Busse, wozu er das Vorkommnis in Verbindung bringt mit seiner Fischbrutanstalt und sich für sein Tun auf die ständige Gewohnheit beruft. Wenn überhaupt eine Gesetzesübertretung vorliege, so falle ihm lediglich Fahrlässigkeit zur Last und hiefür sei die Mindestbusse zu hoch.

Der Eegierungsrat des Kantons Solothurn hat ein gleichzeitiges Kostennachlassgesuch als unbegründet abgewiesen. Das kantonale Polizeidepartement legte Brunner in der Folge den Eückzug seines Begnadigungsgesuches nahe, was die Bundesanwaltschaft ihrerseits wiederholte, ohne dass sich aber Brunner hierzu verstehen konnte.

Mit dem kantonalen Polizeidepartement und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und
Fischerei beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Die Begnadigung eines von den Behörden rechtzeitig Verwarnten wäre nicht zu rechtfertigen, besonders nicht in einer Bussensache von nicht mehr als Fr. 50.

14. Werner Hof er, verurteilt vom Bezirksgericht Laufenburg: a. am 3. Mai 1934 gemäss Fischereigesetz zu Fr. 50 Busse und 'b. am 21. Juni 1934 gemäss Lebensmittelpolizeigesetz vom 8. Dezember 1905 zu weiteren Fr. 50 Busse.

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Die erste Busse erging wegen Verschuldens einer Fischvergiftung durch Jaucheabfluss, die zweite Busse wegen Entrahmung von Kuhmilch.

Hof er ersucht um Erlass der Bussen und Kosten. Die Mindest bussen träfen Hofer, bei seiner Gesamtlage, noch immer ausserordentlich hart.

Das urteilende Gericht kann die Begnadigung in keinem der Falle empfehlen.

Die Finanzdirektion des Kantons Aargau äussert sich in gleicher Weise zur Fis chereip olizeis ache.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei und dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir Abweisung, da die erkannten Bussen besonder» deshalb zu vollziehen sind, weil Hofer schon achtmal gebusst werden musste.

15. Otto M a u r e r , verurteilt ani 24. September 1935 vom Polizeigerichtspräsidenten des Kantons Baselstadt zu Fr. 55 Busse, wegen verbotenen Fischeng mit verbotenem Fanggerät, wobei er mit einer Drahtschlinge eine Forelle fing.

Maurer ersucht um Begnadigung, da er ohne Vorstrafe und seit längerer Zeit arbeitslos sei.

Das Polizeidepartement des Kantons Baselstadt erklärt, dass das ungunstige Ergebnis der polizeilichen Erhebungen eine Begnadigung nicht empfehlen lasse.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung.

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Bene Jacot, 1910, Mechaniker, Le Lode (Neuenburg), Bernard Jeanneret, 1905, Uhrmacher, Le Lode (Neuenburg), Paul Bregnard, 1917, Taglöhner. Bonfol (Bern), Bertha Leitz-Flückiger, 1893, Pensionshalterin, Zuchwil (Solothurn), Ernst Bösiger, 1901, Verzinkereiarbeiter, Basel, Josef Mühlebach, 1910, Landwirt. Full-Beuenthal (Aargau), Werner Jenny, 1915, Landarbeiter, Durrenroth (Bern), Hans Lüscher, 1889, Landwirt, Dürrenäsch (Aargau), Paul Holinger, 1908, Kaufmann. Liestal (Basellandschaft), Walter Bachmann, 1912, Landwirt, Hilfsarbeiter, Bauma (Zürich), Karl Schopp, 1893, Magaziner, Klosters (Graubunden), Johann Baumberger, 1890. Käser, Tagerig (Aargau), Léon Coullery, 1912, Handlanger, Pruntrut (Bern), Josef Patt, 1912, Landwirt. Tartar (Graubunden), Eduard Becker, 1894, Bangierarbeiter, Flurlingen (Zürich), Joseï Felder, 1909, Landwirt. Sörenberg (Luzern), Fritz Felder, 1918, Landwirt, Sörenberg (Luzern), Erwin Jordi, 1905, Eisenwerkarbeiter. Horriwil (Solothurn), Josef Suter, 1899, Landwirt, Muotathal (Schwyz), Johann Suter, 1910, Landwirt, Muotathal (Schwyz), Hans Kohler, 1894, Melker. Hasle (Bern).

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Andrey Laurent, 1899, Landwirt, Cerniat (Freiburg), Albin Buchs, 1908, Schafhirt, Jatm (Freiburg), Christian RoHler, 1913, Elektriker, Felsberg (Graubünden), Leonhard Schneller, 1912, Maler, Felsberg (Graubünden), Oskar Oettli, 1905, Kaufmann, Wil (St. Gallen), Gottfried Linder, 1905, Landwirt, Goldingen (St. Gallen), Alîred Aider, 1898, Steinhauer, Borgen (Zürich).

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz, vom 10. Juni 1925, sind verurteilt worden: 16. und 17. Eené Jacot und Bernard Jeanneret, verurteilt am 21. Juni 1935 vom Gerichtspräsidenten von Locle gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundes. igesetzes je zu Fr. 50 Busse, weil sie im Wald zwei junge Hasen behändigt hatten, die sie aber, auf die Gesetzesbestimmungen hingewiesen, gleichen Tags an den Fundort zurückbrachten.

Die beiden ersuchen um Erlass der Bussen.

Da es sich um unbemittelte Arbeitslose handelt, beantragen wir angesichts der Geringfügigkeit des Vorfalles mit dem Bezirksstatthalter, dem kantonalen Polizeidepartement und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die gänzliche Begnadigung.

18. Paul Bregnard, verurteilt am 12. Juli 1935 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 4, 24 und 39 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse, weil er ohne Bewilligung zwei junge Bussarde und einen Kauz gefangenhielt.

Bregnard ersucht um Brlass oder doch Herabsetzung der Busse, deren Bezahlung ihm schwer falle. Die jungen Bussarde habe er im Walde aus Mitleid aufgelesen, den jungen Kauz von einem Knaben erhalten, und die von ihm gepflegten Vögel seither wieder in Freiheit gesetzt.

Der Gemeinderat Bonfol, der urteilende Eichter, der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch, und die kantonale Polizeidirektion beantragt angesichts der Jugendlichkeit des Gesuchstellers, die hohe Busse ausnahmsweise wenigstens zum. Teil zu erlassen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 10.

19. Bertha Leitz, verurteilt am 15. Juni 1935 vom Gerichtspräsidenten von Bucheggberg-Kriegstetten gemäss Art. 45 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse, weil sie ihren Hund jagen liess, der öfters wildernd angetroffen wurde.

Bertha Leitz ersucht um Èrlass der Busse. Der Hund sei abgetan worden.

Die Gesuchstellerin lebe mit drei Kindern in sehr bedrängten Verhältnissen.

Mit dem kantonalen Polizeidepartement, das Herabsetzung der Busse bis Fr. 10 oder Fr. 20 befürwortet, und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis zum Mindestmass von Fr. 20.

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20. Ernst Bösiger, verurteilt am 27. März 1935 von; Polizeigerichtspräsidenten von Baselstadt gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes, in Verbindung mit kantonalem Polizeistrafrecht betreffend Tierquälerei zu Fr. 60 Busse,: weil er zu dritt einem Hasen, der durch Pflanzgärten sprang; mit Steinen nachsetzte, bis dieser halbverendet liegen blieb, wonach ihn ein ÌSTichtbeteiligter aus Mitleid tötete.

Für Bösiger ersucht die Ehefrau um Erlass der Busse, die Bösiger als Vater von sechs minderjährigen Kindern nicht bezahlen könne, so dass ihm die Urawandlungsstrafe, mit Stellenverlust, drohe.

Der Polizeigerichtspräsident unterstützt das Gesuch, besonders mit dem Hinweis darauf, dass die von den Mitbestraften erhobenen Einsprachen ganz oder teilweise geschützt worden seien. Das kantonale Polizeidepartement empfiehlt das Gesuch ebenfalls.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 20, womit den geltend gemachten Umständen genügend entsprochen ist.

| 21. Josef Mühlebach, verurteilt am 27. März 1985 vom Bezirksgericht Zurzach gemäss Art. 40, Abs. 3 und 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 110 Busse, weil er mit einem Flobertgewehr wiederholt auf Krähen und Elstern geschossen hatte.

Mühlebach ersucht um gänzlichen oder doch teilweisen Bussenerlass, weil er zum Schutze von Singvögeln und ihrer Futterstelle gehandelt habe. Bei der Geringfügigkeit des Vorfalles widerspreche es dem Volksempfinden, die wegen Verwendung eines Floberts zu Jagdzwecken hohe Mindestbusse zur Anwendung zu bringen.

Das urteilende Gericht überlässt den Entscheid der Begnadigungsbehörde.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir .Herabsetzung der Busse bis Fr.10; der Oberforstinspektor bestätigt seine wiederholt geäusserte Ansicht, dass von der Anwendung von Art. 43, Ziii. 5. des Bundesgesetzes hätte abgesehen werden können. Die Busse von Fr. 110 ist jedenfalls eine zii strenge Bestrafung.

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22. Werner Jenny, verurteilt am 24. Juni 1935 vom Gerichtspräsidenten von Trachselwald. gemäss Art. 40, Abs. 3 und 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse, weil er mit einem Flobertgewehr einen Wald betreten, auf Krähen geschossen: und eine junge Krähe erlegt hatte.

Jenny ersucht um Erlass der Busse, wozu er seine Jugend 'und die Vermögenslosigkeit geltend macht, und versichert, sich der ' Unrechtmässigkeit seines Tuns nicht bewusst gewesen zu sein.

Der Gemeinderat befürwortet das Gesuch, der Begierungsstatthalter empfiehlt die Bussenermässigung, und die kantonale . Polizeidirektion stellt denselben Antrag. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 30.

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Wie im vorausgehenden Falle beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

23. Hans Lüscher, verurteilt am 23. Juli 1935 vom Bezirksgericht Kulm gemäss Art. 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse, weil er als Jagdaufseher im Wald neben einer gestellten Kastenfalle ein geladenes Flobertgewehr hatte liegen lassen, womit er gefangenes Baubwild abschlössen wollte.

Lüscher ersucht um ganze oder doch teilweise Begnadigung. Er habe die Falle im Auftrag der Jagdgesellschaft zum Fang wildernder Katzen gestellt und geglaubt, das Flobertgewehr zum Abschuss verwenden zu dürfen.

Das urteilende Gericht befürwortet das Begnadigungsgesuch bereits in den Urteilserwägungen. Die in Betracht kommende Jagdgesellschaft nimmt ihrerseits darauf Bezug und empfiehlt die Begnadigung. Die kantonale Finanzdirektion hat bei der geringen Bedeutung des Falles gegen die Begnadigung nichts einzuwenden, besonders da fraglich sei, ob Art. 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zutreffe.

Demgegenüber beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, deshalb Abweisung, weil gegen Lüscher als Jagdaufseher die verdoppelte Bussenandrohung hätte angewendet werden sollen und überdies ein Fall von widerrechtlichem Fallenstellen vorzuliegen scheint, so dass Lüscher in Wirklichkeit glimpflich davongekommen ist.

24; Paul Holinger, verurteilt am 1. März 1934 vom Polizeigericht Liestal gemäss Art. 40, Abs. l, des Bundesgesetzes, in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht, zu Fr. 200 Busse.

Holinger hat als Gastjäger der Jagdgesellschaft Liestal eine Rehgeiss geschossen, angeblich aus Mitleid, weil das kranke Tier .sich kaum mehr habe fortbewegen können. In der kantonalen Verordnung zum Bundesgesetz ist die Erlegung von Eehgeissen verboten, jedoch nach einer Bekanntmachung der Direktion des Innern unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, aber nur für Jagdaufseher.

Für Holinger ersucht ein Rechtsanwalt um Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, wozu er auf die Einzelheiten des Falles näher eintritt.

Zwischen den eidgenössischen und kantonalen Behörden hat über die Zuständigkeit zur Behandlung des Begnadigungsgesuches ein Meinungsaustausch stattgefunden, mit dem Ergebnis, dass die Zuständigkeit der Bundesversammlung heute abgeklärt ist.

Das urteilende Gericht befürwortet die Herabsetzung der Busse bis zu
Fr. 50 oder 100 bereits im,Urteilsdispositiv. Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei berücksichtigen wir desgleichen die wirklich besonderen Umstände und beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

25. Walter Bachmann, verurteilt am 15. Januar 1935, in Abänderung der bezirksgerichtlichen Freisprechung, aber entsprechend der ursprünglichen Strafverfügung des Statthalteramtes Pfäffikon, vom Obergericht des Kantons Zürich gemäss Art. 40, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 200 Busse, weil

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er im elterlichen Garten eine Erdbeeren fressende Kehgeiss mit einem Bengel totgeschlagen hatte. Die Kassationsbeschwerde des Gebüssten hat das Bundesgericht abgewiesen.

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Bachmann ersucht um Erlass von Busse und Gerichtskosten. Mit dem Kostenerlass hat sich aber die Begnadigungsbehörde nicht zu befassen. Bachmann macht in dieser Jagdstrafsache, die vom Bezirksstatthalter bis zum Bundesgericht sämtliche zuständigen Strafbehörden beschäftigt hat, besonders geltend : den beim Jagdpächter nachgesuchten ungenügenden Schutz vor schwerem Wildschaden, die von den Behörden verschieden beantwortete Frage des Eechtes zur Tötung des Beb.es, die als Selbstverteidigung für Haus und Hof anbegehrte Hilfeleistung für den geschädigten Vater, das Fehlen jeder gemeinen Gesinnung, den guten Leumund, die persönliche Vermögenslosigkeit.

Die Sektion Zürich des Allgemeinen Schweiz. Jagdschutzvereins ersucht um Abweisung des Begnadigungsgesuches, da die ausserordentlich rohe Tat einer Begnadigung absolut unwürdig sei.

, Das Statthalteramt Pfäffikon beantragt demgegenüber die Begnadigung, und die kantonale Direktion der Justiz schliesst sich diesem Antrag an. Die nachträglich um Bericht ersuchte, Staatsanwaltschaft kann sich mit der Ermässigung der Busse um die Hälfte einverstanden erklären/ Auf die Berichte der Kantonsbehörden wird hiermit verwiesen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir den Erlass der Bussenhälfte, mithin Herabsetzung der Busse von Fr. 200 um Fr. 100, Die Kechtslage ist heute klar und bin Vergehen liegt vor, im .übrigen darf aber die Teilbegnadigung der Angelegenheit eine gewisse Härte nehmen, was uns angängig erscheint, ohne dass wir über die in den Akten hinlänglich ersichtliche Einstellung der Jäger einerseits, der .Landwirtschaft anderseits näher zu berichten brauchten.

26. Karl Schopp, verurteilt am 18. Oktober 1934 vom Kreisgerichts^ ausschuss Klosters gemäss Art. 40 des Bundesgesetzes zu Fr. 220 Busse, weil er sich trotz verweigertem Hochjagdpatent auf die Jagd begeben hatte.

Schopp ersucht um Erlass der Busse, da er als schwer belasteter Familienvater in einer Notlage sei. , · Das Kreisamt Klosters und das kantonale Justiz- und Polizeidepartement können das Gesuch nicht empfehlen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und
Fischerei beantragen wir angesichts der .Vorstrafen und ungünstigen Berichte Ab-1 Weisung.

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. ' , .

· 27. Johann Baumberger, verurteilt am 6. Juli 1985 vom Bezirksgericht Bremgarten gemäss Art. 43, Ziff. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse, weil er als Mitpächter, einer Jagdgesellschaft zum Fangen eines Fuchses eine Tellereisenfalle gestellt hatte, ohne die erforderliche, neue Bewilligung abzuwarten.

Baumberger ersucht um Erlass der Busse, da ihm lediglich eine kleine Nachlässigkeit zur Last falle.

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Mit dem urteilenden Gericht, das die teilweise Begnadigung empfiehlt, der kantonalen Finanzdirektion und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

28. Léon Goullery, verurteilt am 12. Dezember 1934 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 43, Ziff. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse, weil er ini Wald eine Falle zum Fangen von Füchsen gerichtet hatte.

Coullery ersucht um Herabsetzung der Busse bis Fr. 100, da er mit seinem Verdienst an den. Unterhalt der betagten Eltern beitrage.

Der Gemeinderat Fontenais bestätigt die Eichtigkeit der Gesuchsangaben und befürwortet das Gesuch, der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkesbeantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 100, die Polizeidirektion des Kantons Bern bis Fr. 150, wogegen die kantonale Forstdirektion eine Begnadigung nicht empfehlen kann.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei berücksichtigen wir die als richtig erklärten Gesuchsangaben und beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 100.

29. Josef P a t t , verurteilt am 7. Oktober 1933 vom Polizeigericht Schams gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse, weil er in einem Wildasyl einen Gemsbock abgeschossen hatte.

Ein erstes Begnadigungsgesuch hat die Bundesversammlung in der Junisession 1934 antragsgemäss zurzeit abgewiesen, in der Meinung, dass Patt zunächst einmal die Bussenhälfte aufbringen solle (Antrag 88 des II. Berichtes vom 18. Mai 1934, Bundesbl. II, 217).

Mit dem Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden beantragen wir heute den Erlass der verbleibenden Bussenhälfte.

30. Eduard Becker, verurteilt am 16. September 1935 vom Statthalteramt Andelfingen gemäss Art. 43, Ziff. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse, weil er gegen Wild Drahtschlingen gelegt hatte, worin sich eine Katze verfing.

Becker ersucht um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse. Ein Dachs habe ihm fortgesetzt Schaden zugefügt. Die Busse treffe den Gesuchsteller bei seinen Familienlasten besonders schwer.

Das Statthalteramt Andelfingen befürwortet den Erlass eines B'ussendrittels, und die Finanzdirektion des Kantons Zürich empfiehlt das Gesuch allgemein zur Berücksichtigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der
Busse bis Fr. 200. Becker bezweckte den Schutz seiner Kulturen, nicht die Erlangung von Jagdbeute. Das Schlingenlegen gehört aber zu den verwerflichsten Arten der Tier Verfolgung.

31. und 32. Josef und Fritz Felder, verurteilt am 9. April 1935 vom Obergericht des Kantons Unterwalden ob dem Wald gemäss Art. 40, Abs. l, Fritz Felder überdies gemäss Art. 54 des Bundesgesetzes, jener zu Fr. 300, dieser zu Fr. 100 Busse, weil sie auf Obwaldner Gebiet der widerrechtlichen Jagd obgelegen hatten.

603; Die beiden ersuchen um Erlass von Bussen und Kosten. Sie seien unschuldig. Sie bezeichnen sich als arme Bergbauern, ohne Vorstrafe und mit gutem Leumund.

Der Gemeinderat Flühli empfiehlt die Begnadigung, wogegen der Regierungsrat von Obwalden Abweisung beantragt, immerhin unter Zubilligung von Teilzahlungen. Der Bericht des Landschreibers betont das lügenhafte Verhalten der Gebüssten, die besondere Schwierigkeit der Jagdpolizei in der abgelegenen Alpgegend, die Notwendigkeit wirksamer Strafen zur Erreichung des Abschreckungszweckes.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, b e a n t r a g e n wir Abweisung, unter Zubilligung von Teilzahlungen,nach.dem.

Ermessen der Karitonsbehörden. Mit dem Kostenerlass hat sich die Bundes-Versammlung nicht zu befassen.

33. Erwin Jordi, verurteilt am 27. Dezember 1934 vom Amtsgericht Bucheggberg-Kriegstetten ;gemäss Art. 43, Ziff. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse, weil er im Wald ein Tellereisen gelegt hatte1. Die Busse ist seither in Gefängnis umgewandelt worden.'

Jordi ersucht um Begnadigung. Er habe einer wilden Katze, einem argen Tauben- und Hühnerräuber, nachgestellt. Wegen schlechten Verdienstes könne.

er nicht zahlen.

. , ' In den Akten befindet sich ein aufschlussreicher Polizeibericht.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der eidgenös-sischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir, das Gesuch in dem Sinne zu erledigen, dass Jordi zunächst an Stelle der Umwandlung'sstrafe neuerdings Teilzahlungen ermöglicht werden. Sollte die Umwandlungsstrafe im weitern Verlaufe dennoch zum Vollzuge führen, so steht es Jordi unseres Erachtens frei, nachträglich beim urteilenden Gericht gemäss Art. 335 der Bun.desstrafrechtspflege den bedingten Strafvollzug nachzusuchen, wobei hier offen bleiben kann, ob ihm dieser zu gewähren sein würde. Mit der Umwandlungsstrafei selbst braucht sich hernach die Begnadigungsbehörde nicht mehr zu befassen.

34. und 35, Josef und Johann S u t e r , verurteilt am 13. Mai 1935 vom : Bezirksgericht Schwyz gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes je zu Fr. 300 Busse,., weil sie der Wildhüter an einem Novembersonntag mit Gewehren bewaffnet im eidgenössischen Jagdbannbezirk beobachtet hatte.

Die beiden ersuchen um Begnadigung, da die Anzeige des Wildhüters auf
' Irrtum beruhe, sie sich unschuldig fühlten und die Bussen eine für arme Bergbauern fast untragbare Belastung seien. Das urteilende Gericht erkläre bereits in den Erwägungen eine Begnadigung als zweifellos am Platze, da die wirt- schaftlichen Nachteile der Bussen zum Vergehen in keinem Verhältnis stünden..

Das Bezirksamt Schwyz bemerkt, der Straftatbestand sei klar und die Behauptung eines :Irrtums unverständlich, eine Appellation sei unterblieben und ein Grund zur Befürwortung der Gesuche bestehe an sich nicht. Der -

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Straffall zeige aber, dass der Bundesgesetzgeber bei Aufstellung der Strafbestimmungen etwas rigoros vorgegangen sei, es handle sich um arme Bergbauern, die ohnehin im Kampf ums Dasein schwer zu ringen hätten.

Das Polizeidepartement des Kantons Schwyz empfiehlt die Begnadigung, wogegen die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung beantragt, immerhin mit dem Beifügen, es sollte jedenfalls zunächst ein namhafter Teil der Busse bezahlt werden: «Die Aufsichtsorgane haben in jener Gegend einen schweren Stand gegenüber dem immer noch häufigen Jagdfrevel; man sollte sie nicht entmutigen durch nachträgliche Weichheit gegenüber Wilderern, die sie erwischt haben.» Nach Überprüfung der Gesuche und Amtsberichte entschliessen wir uns zum gleichen Antrag wie in den Urner Begnadigungsfällen Gamma, Epp, Baumann der Junisession 1935 (Anträge 32--34 des I. Berichtes vom 14. Mai 1935, Bundesbl. I, 807/808), nämlich: «Abweisung hinsichtlich der Bussen und im Falle ihrer gänzlichen oder teilweisen Nichteinbringlichkeit, deren Feststellung in näherer Abklärung der wirklichen Verhältnisse Sache der kantonalen Strafvollzugsbehörden ist, Gewährung der bedingten Begnadigung für die Umwandlungsstrafen, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren; als besondere Bedingung sei hervorzuheben, dass sich die Bestraften während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen zuschulden kommen lassen und auch nicht neuerdings · irgendwie gegen das Jagdgesetz verstossen. Mit diesem Antrag wird die Eigenart des Falles sowie die übereinstimmend geltend gemachte Armut der Gesuchsteller berücksichtigt.» 36. Hans Kohler, verurteilt am 25. Oktober 1934 vom Gerichtspräsidenten von Burgdorf gemäss Art. 42, 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 320 Busse, weil er an zwei Sonntagen mit einem Flobert im Banngebiet Vögel abgeschossen hatte.

Kohler ersucht um Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, da er die ganze Busse unmöglich entrichten könne. Er habe nur auf Spatzen geschossen und ohne zu wissen, dass er in Banngebiet sei.

Der Gemeinderat Hasle befürwortet das Gesuch, wogegen der Bezirksstatthalter des Amtsbezirkes, in Erörterung des Falles, lediglich Herabsetzung der Busse um Fr. 70 empfehlen kann, bei vorausgegangener Entrichtung der Fr. 250 nebst Kosten. Die Forst- und Polizeidirektionen übernehmen diesen
Antrag, wogegen die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, in Abwägung der Umstände, Herabsetzung der Busse bis Fr. 150 beantragt.

Wir beantragen heute Abweisung zurzeit, in der Meinung, Kohler habe jedenfalls Fr. 150 aufzubringen, wozu ihm Gelegenheit geboten worden ist, ohne dass aber Teilzahlungen erfolgt zu sein scheinen.

37. Andrey L a u r e n t , verurteilt am 30. Dezember 1933 vom Gerichtspräsidenten von Greyerz gemäss Art. 39, Abs. 2 und 42, des Bundesgesetzes zu

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Fr. 400 Busse, weil er in Banngebiet eine säugende Gerusgeiss geschossen hatte.

: Laurent ersucht um Erlass der Bussenhälfte. Die eine iBussenbälfte habe «r in Teilzahlungen nahezu getilgt und die Gerichtskosten beglichen. Als kleiner Bergbauer und Vater von noch unerwachsenen Kindern lebe er in sehr bescheidenen Verhältnissen.

: .

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Der Gemeinderat, der Begierungsstatthalter und der urteilende Richter .empfehlen, dem: Gesuch zu entsprechen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bemerken wir, dass es sich uni einen schweren Freyelfall in Banngebiet handelt.

Der Oberforstinspektor schreibt: «Der Täter hat in der Pntersuchung sein Vergehen hartnäckig geleugnet. Wenn trotzdem mit Bücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers und auf den Unistand, dass er durch -die geleisteten Ratenzahlungen den guten Willen zur Sühneleistung bezeigt hat, ein Entgegenkommen gewährt werden mag, so sollte auf keinen Fall mehr .als eine Ermässigung auf Fr. 300 in Betracht gezogen werden.» Wir beantragen Abweisung zurzeit, in der Meinung, Laurent solle zunächst in Teilzahlungen Er. 300: aufbringen. : ; 38. Albin Buchs, verurteilt am 4. Dezember 1934 vom Gerichtspräsidenten des Sensebezirkes gemäss Art. 40 und 56 des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse, weil er als Patentjäger in eine für die Patentjagd verbotene Zone Steino hinunterrollte und überdies einen Schuss abgab, um die Gemsen herauszujagen.

Den Rekurs hat der freiburgische Kassationshof abgewiesen.

Für Buchs ersucht ein Rechtsanwalt um möglichste Bussenermässigung.

Wie im Strafverfahren wird die Gültigkeit der einschlägigen kantonalen Jagdvorschriften angezweifelt und im übrigen geltend gemacht, Buchs könne den : ganzen Bussenbetrag nicht aufbringen.

, , ·' Der urteilende Richter empfiehlt, das Gesuch weitgehend zu berücksichtigen. . . : ' ' · Demgegenüber beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei ideshalb Abweisung, weil Buchs ruckfällig ist und zudem in .anderer Sache bereits eine Freiheitsstrafe auf weist.

39. und 40. Christian R o f f l e r und Leonhard Schneller, verurteilt am 11. Dezember 1934 vom Kreisgerichtsausschuss Trins gemäss Art. 39, Abs. 2, des Bundesgesetzes jener zu Fr. 400, dieser zu Fr. 300 Busse.

Roffler und Schneller, Inhaber des Niederjagdpatentes,
haben ein Rehkitz erlegt, ferner wurde nachträglich eine Rehhaut vorgefunden, was den Verdacht bekräftigte, der eine der zwei Schüsse habe dem Muttertier gegolten.

Beide ersuchen ,um Erlass oder doch Herabsetzung der Bussen, deren.

Entrichtung ihnen wegen geringer und sogar fehlender Verdienstgelegenheit unmöglich sei.: Schneller betont besonders die Fürsorgepflicht für Schwestern und Neffen, i Bumlesblatt. 87. Jahrg.

Bd. II.

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Demgegenüber beantragen wir mit dem Kreisamt Trins, dem Justizund Polizeidepartement des Kantons Graublinden und der eidgenössischen, Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei nach der ganzen Lage des Falles ohne weiteres Abweisung. Der Oberforstinspektor schreibt: «Der Fall zeigt wieder, wie leichtfertig sich gewisse Jäger über die Jagdvorschriften hinwegsetzen und wie notwendig es ist, durch strenge Anwendung der Straf bestimmungen beim Jäger die erforderlichen Hemmungen gegen einen widerrechtlichen Jagdbetrieb zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Aus dem kreisaintlichen Bericht ergibt sich, dass den beiden Gesuchstellern die Bezahlung der Bussen schon zugemutet werden kann.» 41. Oskar Òettli, verurteilt am 23. Januar 1935 von der Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen gemäss Art. 43, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse, weil er mit Altorfitpatronen einen Dachsbau gesprengt hatte, wodurch ein Dachs getötet wurde.

Oettli ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse, wozu er des Nähern auf das Vorkommnis eintritt, geltend macht, bei der kurzen Zeit seiner jagdlichen Betätigung die Sprengung als erlaubt betrachtet zu haben,, und namentlich betont, infolge grösserer Verluste von der Busse ausserordentlich schwer getroffen zu werden.

Demgegenüber beantragen wir mit der Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen und der eidgenössischen Insepktion für Forstwesen, Jagd und Fischerei deshalb Abweisung, weil ein Jäger die Jagdgesetzbestimmungen zu kennen hat und die Bezahlung der Busse, mindestens in Teilzahlungen, nicht unmöglich ist.

42. Gottfried Linder, verurteilt am 11. August 1933 vom Statthalteramt Hinwil gemäss Art. 42, Abs.. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse, wegen widerrechtlichen Jagens in Schongebiet und Mitführens eines zusammenlegbaren Gewehres mit einer Dum-Dum-Patrone.

Ein erstes Begnadigungsgesuch hat die Bundesversammlung in der Dezembersession 1983 antragsgemäss abgewiesen (Antrag 88 im I. Bericht vom 20. November 1933, Bundes bl. II, 675/676).

Linder stellt heute ein Wiedererwägungsgesuch, da er seither Fr. 200 entrichtet habe, mit seiner Familie in einer Notlage lebe und mit dem besten Willen nicht weiterbezahlen könne.

Das Statthalteramt Hinwil und die Direktion der Justiz des Kantons.

Zürich beantragen Abweisung. In Wirklichkeit handle es sich
nicht mehr um die ausstehende Bussenhälfte, sondern die an ihre Stelle getretene Umwandlungsstrafe von 20 Tagen Gefängnis. Linder sei ein leidenschaftlicher Jäger und gefürchteter Wilderer, der seither von der st. gallischen Gerichtskommission See wegen Jagdfrevels neuerdings mit Fr. 400 habe gebüsst werden müssen.

Wir beantragen desgleichen Abweisung des Wiedererwägungsgesuch es.

Es ist bezeichnend, dass das Statthalteramt Hinwil bei der Gesamtlage des Falles ablehnt, von der Möglichkeit des nachträglichen, bedingten Vollzuges der Um-

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·Wandlungsstrafe : Gebrauch zu machen. Zu einer ausserordentlichen ; Massnahme der Begnadigungsbehörde bestehen erst recht keine i Gründe.

43. Alfred Aider, verurteilt ani 16. Januar 1935 vom Kreisgerichtsausschuss V Dörfer in Zizers gemäss Art. 39. Abs. 2, 48 des Bundesgesetzes und kantonalen Bestimmungen zu Fr. 800 Busse.

Aider, der für 1934 das bündnerische Jagdpatent besass, veranlasste seinen Arbeiter Eüegg, sich an der Jagd zu beteiligen, mit dem Versprechen, ihm ebenfalls ein Patent zu verschaffen, was er aber nicht hielt. Bei der genieinsamen Jagd -- Eüegg war ini Anstand, Aider trieb -- schoss Eüegg auf ein Gemskitz und erlegte nachher nach seiner Aussage noch eine Gemsgeiss. Bei der Untersuchung erklärte Aider, er habe die Gemsgeiss geschossen. Die Geiss wurde in einer Höhle versteckt, nachher von Aider ausgezogen und verschnitten, um im Eucksack nach Horgen genommen zu werden.

Aider ersucht um Brlass der Busse, die er nicht zahlen könne; er denke mit Entsetzen daran, für seine Jagdleidenschaft ins Gefängnis wandern zu müssen. Er sucht sein Verhalten in dieser Jagdstrafsache zu erklären.

Das Kreisamt V Dörfer äussert sich eingehend zu den Gesuchsangaben, die es berichtigt, und beantragt Abweisung. Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden kann eine Begnadigung nicht befürworten.

Die Kantonspolizei Zürich berichtet in aufschlussreicher Weise über den Gesuchsteller.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Aider hätte gut daran getan, dem Eat, sein Gesuch zurückzuziehen, Folge zu leisten. Seine Person vermag eine Begnadigung nicht nahezulegen, selbst wenn es wirklich zur Umwandlungsstrafe kommen sollte. Wir fügen bei, dass uns bei der vorhandenen Sachlage die erneute Ausstellung eines Jagdpatentes merkwürdig erscheint.

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Léonce Giroud, 1906, Martigny-Ville (Wallis).

Walter König, 1893, Bäcker,1 Biel (Bern), ' Ernst Zumsteg, 1903, Erdarbeiter, Gunzgen (Solothurn), Johann Mosch, 1893, Chauffeur, Frick (Aargau), Leouhard Keel, 1892, kaufmännischer Angestellter, zurzeit in Nordamerika, Anton Künzle, 1907, Kaufmann, Kreuzungen (Thurgau), Edelbert Perren, 1911, Hotelangestellter, Zermatt (Wallis), Karl Schwarb, 1904, Chauffeur, Lüttich (Belgien), · \ Richard Wyler, 1900, Kaufmann, zurzeit in Frankreich, Denis Délèze, 1901, Landwirt, Agent. Sarclentz-Nendaz (Wallis), Walter Richner, 1902, Hausierer, Birmenstorf (Aargau), Jules Chapuis, 1905, Goldarbeiter, Genf, Paul Weber, 1899, Kaufmann, Basel, ; Oscar Frey, 1903, Mechaniker, Genf,

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Otto Charles Frey, 1893, Wirt, Genf, Christian Moser, 1891, Industrieller, Genf, Joseph Henri Kolly, 1889, Angestellter, Genf, Alfred Schmid, 1911, Maler, Aarau (Aargau), Hermann Theiler, 1908, Landwirt, Kriens (Luzern), Alfred Crettaz, 1905, Landwirt, Saillon (Wallis), Julius Studer, 1910, Handlanger, Visp (Wallis), August Wirz, 1906, Handlanger, Dagmersellen (Luzern), Célestin Gard, 1891, Fully (Wallis), Elie Antonin, 1904, Schreiner, Vétroz (Wallis), Louis Duc, 1909, Landwirt, Sitten (Wallis), Henri Maye, 1906, Landwirt, vormals Chamoson (Wallis), Marius Lathion, 1909, Landwirt, Nendaz (Wallis), Johann Jetzer, 1908, Maurer, Bümpliz (Bern), Albert Schneider, 1892, Hilfsarbeiter, Klingnau (Aargau), Charles Fivaz, 1908, Versicherungsagent, Genf, Alfred Salamin, 1894, Landwirt, St. Jean (Wallis), Joseph Mariéthoz, 1906, Landwirt, Nendaz (Wallis).

(Militärpflichtersatz.)

Gernääs Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 über den Militärpflichtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden: 44. Léonce Gir ou d, verurteilt am 18. Juni 1935 vom Untersuchungsrichter von Martigny zu einem Tag Haft, bedingt aufgeschoben mit 2' Jahren Probezeit, ferner zu 2 Jahren Stimmrechtsentzug und Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 21 für 1934 betreffend.

Giroud, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Begnadigung, da er mangels Verdienstes nicht früher habe bezahlen können.

Das Militärdepartement des Kantons Wallis und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen den Brlass der Nebenstrafen des Stimmrechtsentzuges und des Wirtshausverbotes.

Unserseits bemerken wir, dass der Richter in der Aussprechung von Stimmrechtsentzug und Wirtshausverbot gänzlich frei war, er konnte davon absehen, er war nicht an die erkannte Höchstdauer gebunden und hätte den für die Haftstrafe zugebilligten, bedingten Strafvollzug auch auf die Nebenstrafen ausdehnen können. Bei dieser Eechtslage und weil eine in ihren Auswirkungen empfindliche Rechtsprechung der Walliser Strafbehörden bezweckt, gegen einen offenbaren Schlendrian in der Entrichtung des Militärpflichtersatzes anzukämpfen, muss jedenfalls vermieden werden, den blossen Umstand der nachträglichen Bezahlung ohne weiteres als Begnadigungsgrund anzuerkennen, der den Wegfall der Nebenstrafen nach sich zöge. Der Bezirkseinnehmer teilt bezeichnenderweise mit, Giroud habe Pflichtersatz von 1934 und

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Gerichtskosten einzig bezahlt, um sich nicht das Jagdpatent entzogen zu sehen!

Für die nicht entrichtete Abgabe dieses Jahres rnusste er i bereits erneut gemahnt werden. Unter diesen Umständen b e a n t r a g e n wir Abweisung.

45. Walter König, verurteilt am 30. März 1938 vom Polizeigericht des Kantons Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 89 für 1927 und zurückliegende Jahre betreffend.

König ersucht um Erläss der Haftstrafe, wozu er im März 1934 von Biel aus u. a. anbringt, er habe sich als Bäcker selbständig gemacht und der Strafvollzug würde ihn schwer beeinträchtigen. Ferner verwies er auf früheres Missgeschick.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf beantragte damals Abweisung, im Anschluss an die Ergebnisse eines Polizeiberichtes.

; , Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir heute deshalb den gänzlichen Erläss der Haftstrafe, weil König seit 1933 nicht mehr ersatzpflichtig ist, weil er sein Geschäft aufgeben niusste und seither verdienstlos ist, überdies, weil die von der Steuerverwaltung veranlasste Eegelung der Bückstände den Strafvollzug im jetzigen Zeitpunkt als Härte erscheinen liesse.

46. Ernst Zumsteg, verurteilt am 12. Januar 1933 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von ;Fr. 24.30 für 1932 betreffend.

Ein erstes Begnadigungsgesuch hat die Bundesversammlung in der Dezembersession 1933 antragsgeniäss abgewiesen (Antrag 112 im I. Bericht «vom 20. November. 1933, Bundesbl. II, 685/686), da Eenitenz vorlag. Eine verworrene Eingabe vom Januar 1934 gab seither deshalb Anlass, sie als Wiedererwägungsgesuch zu bebändern, weil, wie in der Folge eine Kantonsbehörde bestätigte, missliche ökonomische und familiäre Verhältnisse und eine offenkundige geistige Minderwertigkeit des Gesuchstellers vorzuliegen schienen.

Die eidgenössische Steuerverwaltung äussert sich in einem Schlussbericht über die von der Bundesanwaltschaft, der Stellerverwaltung und den Kantonsbehörden getroffenen Vorkehrungen und beantragt die bedingte Begnadigung.

Die geschuldeten Ergatzbeträge sind nachträglich als uneinbringlich abge; schrieben worden.

Kommiserationsweise b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erläss der Haftstrafe.

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47. Johann Mosch, verurteilt am 19. Mai 1932 vom Bezirksgericht, Laufenburg zu 5 Tagen Gefängnis,
den Militärpflichtersatz von Fr. 393 für 1922--1930 betreffend.

Es handelt sich um einen während nahezu 15 Jahren in Amerika gewesenen Ersatzpflichtigen, der im Verfahren gegen Abwesende verurteilt worden ist, weil er sich während seines Auslandsaufenthaltes in keiner Weise um seine Pflichten gekümmert hatte. Als Mosch im Mai 1935 zurückkehrte, wurde der Strafvollzug eingeleitet, jedoch nach einem Tag Gefängnis unterbrochen, zwecks Ermöglichung eines Begnadigungsgesuches. · ; :

610 Das urteilende Gericht verzichtet auf eine, Stellungnahme. Die eidgenössische Steuerverwaltung kann1 eine Begnadigung nicht empfehlen.

Wenn wir demgegenüber beantragen, die noch verbleibenden 4 Tage Gefängnis (richtiger Haft) zu erlassen, so geschieht es, weil Mosch heute nicht mehr ersatzpflichtig ist, die Eückstände geordnet sind und namentlich ein Teil des Strafvollzuges stattgefunden hat.

48. Leonhard Keel, verurteilt am 28. Mai 1984 vom Bezirksamt Oberrheintal zu 7 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 132 für 1924 bis 1930 betreffend.

Der im Ausland lebende Mitbürger hat nach längerer Nachlässigkeit sämtliche Eückstände getilgt und ist seit 1932 nicht mehr ersatzpflichtig, weshalb wir mit dem Militärdepartement des Kantons St. Gallen und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen, dem Gesuch eines Schwagers, die 7 Tage Gefängnis zu erlassen, gänzlich zu entsprechen.

49. Anton Künzle, verurteilt am 11. Dezember 1934 vom Bezirksamt Kreuzungen zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 184.80 für 1934 betreffend.

Für Künzle, der die Zahlung aus Nachlässigkeit verspätet; aber noch vor der Verurteilung entrichtet hat, ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Haftstrafe. Künzle habe im letzten Jahr ein Handelsgeschäft gegründet, sei häufig auf Eeisen und die zweite Mahnung sei übersehen worden.

Das urteilende Gericht empfiehlt die Begnadigung.

Mit dem Militärdepartement des Kantons Thurgau und der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir, die Haftstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Künzle während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die rechtzeitige Entrichtung des Militärpflichtersatzes schuldhaft unterlasse. Das urteilende Gericht würde offenbar heute seinerseits den bedingten Strafvollzug gewähren, und es handelt sich im Begnadigungsweg um eine Gesuchssache aus einer gewissen «Übergangszeit», die berücksichtigt werden kann.

50. Edelbert Perren, verurteilt am 26. Oktober 1934 vom Instruktionsrichter von Visp zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 90 für 1931--1934 betreffend.

Perren, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Strafe, wozu er betont, fortan seinen Pflichten gewissenhafter
nachzukommen.

Das Militärdepartement des Kantons Wallis beantragt den gänzlichen Straferlass.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir, die Haftstrafe von 2 Tagen bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Künzle. Das Ende 1934 ergangene Urteil betrifft einen Hotelangestellten, der erst kürzlich aus dem Ausland zurückgekehrt ist.

611 51. Karl Schwarb, verurteilt am 5. April 1934 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von belgischen Fr. 174 für 1931/32 betreffend.

Schwarb ersucht uni Brlass der Gefängnisstrafe, wozu er auf besonders unglückliche Verhältnisse, so den Tod eines Knaben, Bezug nimmt.

Das urteilende Gericht verzichtet auf eine Stellungnahme.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir. dem im Ausland lebenden Mitbürger, dessen Bückstände gänzlich beglichen sind, die Gefängnisstrafe von 3 Tagen bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen ·wie bei Künzle.

52. Bichard Wyler, verurteilt am 21. Februar 1934 vorn Bezirksgericht .Zurzach zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von französischen Fr. 338.55 für 1930/31 betreffend.

Wyler ersucht um Brlass der Gefängnisstrafe, wozu er namentlich auf seinen Aufenthalt im Ausland seit 1924 und die seit der Verurteilung erfolgte Tilgung der Bückstände Bezug nimmt.

Das urteilende Gericht empfiehlt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir, die Gefängnisstrafe von 3 Tagen bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Künzle. Der bei seiner Einreise in die Schweiz zum Strafvollzug in Haft genommene Gesuchsteller ist seinerzeit im Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft entlassen worden, um ihm die Einreichung eines Begnadigungsgesuches' .zu ermöglichen.

53. Denis Délèze, verurteilt am 15. Juni 1934 vom,Instruktionsrichter von Herens-Corithey zu 5 Tagen Haft und 10 Monaten Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 21.70 für 1933 betreffend.

Délèze, der zwei Tage vor der Verurteilung bezahlt hat', ersucht um Erlass der Haftstrafe, da ihm eine frühere Entrichtung des Pflichtersatzes nicht möglich gewesen sei.

· Das Militärdepartement des Kantons Wallis empfiehlt die Begnadigung, mit dem Hinweis, wenn dem Gericht die Bezahlung zu Kenntnis gelangt wäre, hätte dieses bestimmt nicht verurteilt. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Herabsetzung der Haftstrafe bis zu einem Tag, unter Belassung des Wirtshausverbotes.

, Wenn wir in dieser WaUiser Strafsache beantragen, die Haftstrafe von 5 Tagen bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Künzle, so berücksichtigen wir die Hinweise des kantonalen Militärdepartementes, im Zusammenhang mit der noch
vor der Verurteilung erfolgten Bezahlung. Bei lediglich nach dem Urteil ergangener Zahlung würden wir hier Abweisung beantragt haben, was wir erwähnen angesichts unserer Abweisungsanträge zu weiteren Gesuchen betreffend Urteile von Strafbehörden des Kantons Wallis.

612 54. Walter Eichner, verurteilt am 2. Februar 1935 vom Bezirksgericht Bremgarten zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 24 für 1934 betreffend.

Eichner ersucht um bedingte Begnadigung, da er ohne Vorstrafe sei.

Das urteilende Gericht kann den Gesuchsteller zur Begnadigung nicht empfehlen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung,.

weil Gleichgültigkeit vorliegt, was neuestens der Umstand dartut, dass Eichnei auf zweimalige Aufforderung, sein Dienstbüchlein einzusenden, überhaupt, keine Antwort gab. ,Im übrigen beziehen wir uns auf die Urteilserwägungen und heben hervor, dass das Gericht offenbar keine Veranlassung hatte, seinerseits von der Möglichkeit des bedingten Strafvollzuges Gebrauch zu machen. Grundsätzlich wird die nunmehrige Zulässigkeit des bedingten Strafvollzuges, als Bestandteil des bundesrechtlichen Strafensystems, zur Folge haben, dass fortan die Möglichkeit der bedingten Begnadigung auch bei diesem Nebenstrafgesetz zur Ausnahme wird und strengere Anforderungen voraussetzt als bis anhin (hierzu bereits unsere Erwägungen zu Nr. 116 des II. Berichtes vom 21. Mai 1935, Bundesbl. I, 877/878).

55. Jules Chapuis, verurteilt am 5. August 1935 vom Polizeigericht des Kantons Genf zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 15 für 1938 betreffend.

Für Chapuis ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Haftstrafe, wozu, namentlich ausgeführt wird, Chapuis habe bis 1931 ordnungsgemäss bezahlt,, was ihm seither die Arbeitslosigkeit verunmöglicht habe.

Die kantonale Staatsanwaltschaft beantragt aus grundsätzlichen Erwägungen Abweisung. Die Staatsanwaltschaft macht die Begnadigungsbehörde auf die Gefahr aufmerksam, die in der Begnadigung liege, sobald sie die nachträgliche Bezahlung als Grund zum Straferlass gelten lasse; denn damit werdedie systematische Zahlungsverzögerung und die Häufung von Gesuchen gefördert.

Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Begnadigung, da eine1 Notlage vorgelegen habe.

Demgegenüber beantragen wir mit der kantonalen StaatsanwaltschaftAbweisung. Die erste Gerichtsverhandlung ist abgebrochen worden, damit sich Chapuis mit der Militärsteuerverwaltung verständige, was er unterliess, so dassdiese auf der Vorzeigung beharrte, worauf der Beschuldigte vor dem Gerichte nicht einmal erschien, während er bei einiger
Sorgfalt der Verurteilung hätte vorbeugen können.

56. Paul Weber, verurteilt am 13. Februar 1935 vom Appellationsgericht Baselstadt, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu einem Tag- Haft,, den Militärpflichtersatz von Fr. 33 für 1933 betreffend. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten hat der Kassationshof des Bundesgerichtes abgewiesen.

613 Weber ersucht, ihn von der zu Unrecht ausgesprochenen Strafe im Begnadigungswege zu befreien, wozu er seine misslichen Geschäftsverhältnisse schildert und sich als unbescholtenen Staatsbürger und 'Unteroffizier bezeichnet, i : Das Polizeidepartement des Kantons Baselstadt bezeichnet Weber als einer Begnadigung nicht würdig.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen!-wir deshalb ohne weiteres Abweisung, weil Weber rückfällig ist (ein früheres Begnadigungsgesuch ist in der Junisession 1934 antragsgemäss abgewiesen worden; hierzu Antrag 117 des II. Berichtes vom 18. Mai 1934, Bundesbl. II, 228). Wir beziehen uns ferner auf die Erwägungen des Kassationshofes. .

' · 57. Oscar Frey, verurteilt am 8. Juli 1935 vom Polizeigericht des Kantons Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 37.50 für 1933 betreffend.

Frey ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er habe im Juli (zwischen derersten und zweiten Verhandlung) Fr. 5 abbezahlt, sei hernach zu seiner Überraschung im Verfahren gegen Abwesende verurteilt worden und sichere nunmehr Tilgung der Abgaben für 1933--1934 bis zum 10. September zu. Er verweist auf seinen bescheidenen Verdienst und die Familienlasten.

; Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf beantragt auch in diesem Fall aus grundsätzlichen Erwägungen Abweisung. Eine kurze Haftstrafe trage den Leistungen anderer ohnehin nicht genügend Eechnung, sei es, dass es sich um Ersatz- oder Militärdienstpflichtige handle.

' Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Begnadigung, da Frey sein Zahlungsversprechen eingehalten und sich damit bemüht habe, den begangenen Fehler wieder gut zu machen, so dass anzunehmen sei, die Verurteilung werde auch sein künftiges Verhalten günstig beeinflussen.

Wenn wir demgegenüber mit der kantonalen Staatsanwaltschaft Abweisung beantragen, so geschieht es aus den bei Bichner und Chapuis dargelegten Erwägungen. Auch hier war dem Beschuldigten noch im Strafverfahren Gelegenheit geboten, durch Innehaltung einer weiteren, ihm gewährten Frist die Angelegenheit zu ordnen.

" ,58. Otto Charles Frey, verurteilt ani 8. Juli 1935 vom;Polizeigericht des Kantons Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 163.50 für 1933 betreffend.

Frey ersucht um Erlass der Haftstrafe, da er nunmehr eine grosse Anzahlung aufgebracht habe und gewillt sei,
auch den Best zu: zahlen.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Der heute nicht mehr Ersatzpflichtige weist aus den Jahren 1931--1933 noch Fr. 258.85 Bückstände auf. Auch in diesem Falle sind die Verhandlungen des Gerichtes nach Anhörung des Beschuldigten ausgesetzt worden, um ihm Gelegenheit zu geben, sich mit der Militärsteuerverwaltung zu verständigen, worauf er es zu einem Kontumazurteil kommen liess.

614

59. Christian Moser, verurteilt am 13. September 1934 vorn Polizeigericht des Kantons Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 51 für 1929 betreffend.

Für Moser ersucht ein Bechtsamvalt um Erlass der Haftstrafe. Moser habe Ende Oktober 1934 bezahlt und damit das Menschenmögliche getan; vorher habe er unter dem ständigen Druck der Krise nicht zahlen können.

Die kantonale Staatsanwaltschaft kann die Begnadigung befürworten.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir heute deshalb Abweisung, weil noch immer Bückstände für 1930 und 1931 bestehen, ohne dass der Ersatzpflichtige sich irgendwie bemüht, die Angelegenheiten im Einvernehmen mit den Behörden zu regeln. Er lässt überhaupt nichts mehr von sich hören. Wäre dies anders, so könnte dem heute nicht mehr Ersatzpflichtigen kommiserationsweise entgegengekommen werden.

60. Joseph Henri Kolly, verurteilt am 10. September 1934 vom Polizeigericht des Kantons Genf zu 2 Tagen Haft, den Müitärpflichtersatz von Fr. 16.50 für 1929 betreffend.

Kolly ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er wiederholte Arbeitslosigkeit, erfolgte Teilzahlungen und nachträgliche Regelung, sowie Antritt einer Stelle, die der Strafvollzug gefährde, geltend macht.

Die kantonale Staatsanwaltschaft kann die Begnadigung befürworten.

Demgegenüber beantragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung deshalb ohne weiteres Abweisung, weil die Erhebungen über den heute nicht mehr Ersatzpflichtigen ergeben, dass er von 21 Ersatzabgaben nicht einmal 7 gänzlich bezahlt hat und er zudem eine frühere, gleichartige Haftstrafe aufweist. Für Einzelheiten verweisen wir auf den Schlussbericht der Steuerverwaltung an die Bundesanwaltschaft.

61. Alfred Schmid, verurteilt am 13. Mai 1935 vom Bezirksgericht Muri zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 60 für 1933/34 betreffend.

Schmid ersucht um Erlass der Haftstrasse, da er seither die Steuer im Wege der Kasernenarbeit abverdient habe. Die rechtzeitige Bezahlung der Beträge sei ihm wegen Arbeitslosigkeit nicht möglich gewesen.

Das urteilende Gericht sieht von einem Antrag ab.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung, weil Schmid bereits mehrere Freiheitsstrafen aufweist und in den Akten als liederlich bezeichnet wird.

62. Hermann Theiler,
verurteilt am 12. Februar 1935 vom Amtsgericht Luzern-Land zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 27 für 1934 betreffend.

Theiler, der nachträglich bezahlt hat, ersucht als Nichtvorbestrafter um Erlass der Haftstrafe.

615 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern erklärt, Tlieiler habe aus lauter Widerspenstigkeit zu spät bezahlt ; bei einer Begnadigung würde dieses Vor7 gehen Schule machen, weshalb Abweisung beantragt wird.

Mit dem kantonalen Militärdepartement, dem Justizdepartement und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

63. Alfred O r e t t a z , verurteilt am 31. Juli 1934 vom Instmktionsrichter von Martigny;zu 2 Tagen Haft und Wirtshausverbot für 2 Jahre, den Militär: pflichtersatz von Fr. 26.25 für 1933 betreffend.

Grettaz ersucht um Eiiass der Haftstrafe und Aufhebung des Wirtshausverbotes, wozu er Zahlungsversprechen machte, ohne sie in der Folge zu halten.

Mit dem Militärdepartement des Kantons Wallis und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

64. Julius Studer, verurteilt am 12. Oktober 1934 vom Instruktionsrichter von Visp zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 24 und 18 für 1933 und 1934 betreffend.

Studer ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er lediglich mitteilt, alle Eückstände nachträglich beglichen zu haben.

Der Gemeindepräsident von Visp .empfiehlt das Gesuch, und das Militärdepartement des Kantons Wallis beantragt die Begnadigung.

Wenn wir demgegenüber mit der eidgenössischen Steuerverwaltung bea n t r a g e n , das Gesuch abzuweisen, so geschieht es einmal auf Grund zweier Freiheitsstrafen, sodann aber, wie in den nachfolgenden Begnadigungssachen aus dem Kanton Wallis, weil der unzutreffenden Auffassung, dass die nachträgliche Entrichtung eines seit Jahr und Tag geschuldeten Militärpflichtersatzes ohne weiteres die Begnadigung nach sich ziehe, grundsätzlich entgegengetreten werden muss.

65. August Wirz, verurteilt am !..Oktober 1934 vom Statthalteramt Willisau zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 24 für 1933 betreffend.

Wirz ersucht um Erlaiss der Haftstrafe. Bei seit Jahren im Winter eintretender Arbeitslosigkeit und bei seinen Familienlasten empfinde er die Bestrafung als ungerecht.

Der Gemeinderat. Dagmerselle'n erachtet das Gesuch als begründet. Der Staatsanwalt des Kantons Luzern kann, sofern die Praxis es zulasse, die Gesuchsentsprechung ebenfalls empfehlen. Die kantonalen Polizei- und Justizdepartemente beantragen Abweisung.

Wenn wir mit der eidgenössischen Steuervenvaltung b e a n t r a g e n ,
das Gesuch abzuweisen, so geschieht es vornehmlich, auf Grund einer Vorstrafe in gleichgearteter Sache von 1933, wobei wir aber aus den vom Ortsgemeinderat und der kantonalen Staatsanwaltschaft geltend gemachten Erwägungen auch einer Ermässigung der Haft bis zur Mindestdauer zustimmen könnten.

66. Célestin Gard, verurteilt am 3. Juli 1934 vom Instruktionsrichter von Entremont zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 32.50, Bestbetrag für 1923--1931 betreffend.

616 Gard ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er die vorausgegangenen Teilzahlungen, den längeren Auslandsaufenthalt und den seinerzeit geleisteten Aktivdienst von 690 Tagen geltend macht.

Das Militärdepartement des Kantons Wallis empfiehlt die Begnadigung.

Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung, wozu das wirklich bemühende Verhalten des Gesuchstellers seit 1918 näher erörtert wird, das als offenbare Gleichgültigkeit bezeichnet werden muss, die nicht durch die endlich erlangte Zahlung ungeschehen gemacht werden kann.

Da es sich anderseits um einen ehemaligen Wehrmann mit langen Aktivdiensten handelt und der Gesuchsteller heute nicht mehr ersatzpflichtig ist, beantragen wir immerhin Herabsetzung der Haftstrafe von 3 Tagen bis zu einem Tag.

67. Elie Antonin, verurteilt am 17. Dezember 1934 vom Instruktionsrichter von Herens-Gonthey zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 17.35 für 1933 betreffend.

Antonia ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er Zahlung verspricht, auf seine Familienlasten verweist und neben Teilarbeitslosigkeit besonders geltend macht, dass er durch eine infolge Unfalls verkrüppelte Hand behindert sei.

Das Militärdepartement des Kantons Wallis beantragt Abweisung, weil der Gesuchsteller seither auch wegen der Ersatzabgabe für 1934 habe verurteilt werden müssen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir deshalb Abweisung, weil den Gesuchsangaben besonders die erneute Verurteilung von 1935 entgegenzuhalten ist und sich aus den Erwägungen des hier in Betracht kommenden ersten Urteils von 1934 ergibt, dass der Beschuldigte den Eichter von der Unmöglichkeit, zahlen zu können, nicht zu überzeugen vermochte.

68. Louis Duc, verurteilt am 18. Dezember 1934 vom Instruktionsrichter von Herens-Conthey zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 24.60 für 1933 betreffend.

Duc ersucht um Erlass der Haftstrafe, da er nachträglich bezahlt habe.

Demgegenüber beantragen wir mit dem kantonalen Militärdepartement und der eidgenössischen Steuerverwaltung deshalb ohne weiteres Abweisung, weil Duo seither neuerdings verurteilt werden musste.

69. Henri Maye, verurteilt am 15. Juni 1934 vom Instruktionsrichter von Hérens-Conthey zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 25.15 für 1933 betreffend.

Maye ersucht um Erlass der Haftstrafe,
da er seither sowohl die Abgaben für 1933 und 1934 entrichtet habe und fortan der Erfüllung seiner Pflichten mehr Aufmerksamkeit schenken werde.

Das Militärdepartement des Kantons Wallis beantragt die bedingte Begnadigung. Maye habe die ordnungsgemässe Zahlung in Unkenntnis der Eechtsfolgen unterlassen, so wie noch viele Ersatzpflichtige sich der Tragweite

617

ihrer Säumnis nicht bewusst seien, sondern glaubten, die nachträgliche Zahlung lasse die Strafe dahinfallen.

l Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir demgegenüber aus allgemeinen Erwägungen Abweisung. Der Kampf der Behörden richtet sich nicht zuletzt gegen den vorliegend zutage tretenden Schlendrian, dem erfahrungsgemäss mit einer ernsthaften Handhabung des Ergänzungsgesetzes von 1901 wirksam entgegengetreten werden kann. Die Frage einer kommiserationsweisen Herabsetzung der Haftstrafe bis etwa zu 2 Tagen haben wir immerhin geprüft, ohne sie aber unserseits beantragen zu können.

70. Marius Lat-hion, verurteilt am 15. Juni 1934 vom Instruktionsrichter von Hérens-Conthey zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 21.70 für 1933 betreffend".

Lathion ersucht um Erlass der Haftstrafe, da er unbemittelt und krank sei, zudem nachträglich zahlen werde.

Demgegenüber b,eantragen wir mit dem Militärdepartement des Kantons Wallis und der eidgenössischen Steuerverwaltung aus allgemeinen Erwägungen Abweisung. Das '. Zahlungsversprechen ist übrigens nicht gehalten worden.

71. Johann; Jetzer, verurteilt am 21. Dezember 1934 vom Gerichtspräsidenten von Seftigen zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 52.60 für 1934 betreffend.

Jetzer ersucht um Erlass der ;Gefängnisstrafe, da er als Sohn eines Konkursiten mittellos sei und seinen Verdienst zu Abzahlung von Schulden hergebe.

Der Quartieraufseher von Bümpliz bestätigt die Gesuchsdarstellung und empfiehlt das Gesuch. Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Eegierungsstatthalter von Seftigen, der Kantonskriegskommissär und die kantonale Polizeidirektion beantragen den Erlass der Gefängnisstrafe.

Demgegenüber beantragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung Abweisung, : wozu wir auf die Vorstrafen Bezug nehmen und besonders hervorheben, dass Jetzer eine Einladung, den noch geschuldeten Pflichtersatz in letzter Stunde zu begleichen und sein Dienstbüchlein einzusenden, nicht einmal beantwortete.

.

72. Albert Schneider, verurteilt am 25. Oktober 1933 vom Bezirks. gericht Zurzach zu 5 Tagen Gefangenschaft, den Militärpflichtersatz von Fr. 12 und Fr. 16.50 für 1931 und 1932 betreffend.

i Schneider ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er habe nachträglich bezahlt und könne seit kurzem wieder arbeiten, jedoch gefährde
der Strafvollzug die Arbeitsstelle : « Ich habe eine Familie, und der älteste Sohn ist gegenwärtig in der Sanitätsrekrutenschule in Basel, wo er ja auch nichts verdient und mich nur noch kostet, für lauter Militär, wo wir armen Teufel doch nichts haben dadurch. » ' ; Das Gericht überlässt den Entscheid der Begnadigungsbehörde.

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Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen -wir, ohne auf die Angelegenheit näher einzutreten, deshalb Abweisung, weil es sich um einen Gesuchsteller mit neunzehn Strafen handelt.

73. Charles Fivaz, verurteilt am 21. September 1935 von der Cour de Justice von Genf zu 6 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 102 für 1933, betreff end.

Fivaz ersucht um Begnadigung, wozu er seine misslichen Verhältnisse, besonders längere Arbeitslosigkeit, geltend macht. Der Strafvollzug gefährde die kürzlich erlangte Anstellung.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf erhebt gegen den gänzlichen oder doch teilweisen Strafenerlass keine Einwendungen, indem Fivaz nachträglich sämtliche Bückstände beglichen habe. Die eidgenössische Steuerverwaltung, auf deren Bericht wir verweisen, kann höchstens die Herabsetzung der Haftstrafe um die Hälfte, mithin bis zu 3 Tagen, befürworten.

Unserseits bemerken wir, dass das oberinstanzliche Urteil die in erster Instanz erkannte Mindeststrafe auf Appellation der Staatsanwaltschaft verschärft hat, mit dem ausdrücklichen Vermerk, Fivaz habe seine Verteidigungsanbringen in keiner Weise belegt. Hinzu kommt, dass Fivaz bereits im Jahre 1931 mit 4 Tagen Haft bestraft werden musste und sein damaliges Begnadigungsgesuch antragsgemäss abgewiesen worden ist (Antrag 105 im I. Bericht vom 18. November 1932, Bundesbl. II, 880).

Wir b e a n t r a g e n Abweisung, mit dem Beifügen, dass bei Anordnung des Strafvollzuges die persönliche Lage des Gesuchstellers berücksichtigt werden mag.

74. Alfred Salamin, verurteilt am 11. August 1934 vom Instruktionsrichter von Siders zu 7 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 76.45 für 1930/31 betreffend.

Für Salamin ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Haftstrafe, wozu er die Verhältnisse des Verurteilten näher schildert. Safemin sei ein gut beleumdeter Bürger und Familienvater. Nur seine wirtschaftliche Bedrängnis und die Unkenntnis der Eechtsfolgen seines Verhaltens hätten zur Verurteilung geführt.

Es handle sich um einen ehemaligen Wehrmann mit über 600 Tagen Aktivdienst.

Wenn wir demgegenüber mit dem Militärdepartement des Kantons Wallis.

und der eidgenössischen Steuer Verwaltung beantragen, das Gesuch abzuweisen, so geschieht dies u. a., weil die Eückstände noch heute geschuldet sind.

Andernfalls hätte anband der Gesuchsangaben
eine Teilbegnadigung in Erwägung gezogen werden können.

75. Joseph Mariéthoz, verurteilt vom Instruktionsrichter von HérensConthey a. am 16. Januar 1934 zu 4 Tagen Haft und 8 Monaten Wirtshausverbot, den Militä.rpflichtersatz von Fr. 18.60 für 1932 betreffend, i. am 16. Juni 1934 zu 10 Tagen Haft und 2 Jahren Stimmrechtsentzug, den Militärpflichtersatz von Fr. 18.70 für 1933 betreffend.

619 Für Mariéthoz ersucht der Ortsgeistliche um Begnadigung, da ein Zahlungsversprechen vorliege. Dieses Versprechen hat Mariéthoz gehalten, indem er seither sowohl die Bückstände aus den Jahren 1932/83 und auch den Ersatz für 1934 beglichen hat.

: Mit dem Militärdepartement des Kantons Wallis und der eidgenössischen Steuerverwaltung'beantragen wir, die beiden Haftstrafen um die Hälfte zu ermässigen, mithin bis zu 2 und 5 Tagen.

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Eugen Hermann Murbach, 1890, Bandagist, Solothurn, Fritz Schweizer, 1911, Mechaniker, Bern, Paul Flury, 1917, Lehrling..

'; Hans Furrer, 1918, Ausläufer, Otto Schneider, 1919, Lehrling, alle Baden (Aargau), Charles Brunet, 1918, Lehrling, Genf, Josef Hegglin, 1880, Ausläufer, Biel (Bern), (Zurückgezogen), Franz Stübi, 1884, Metzgermeister, Aarau (Aargau), August Breitschmid, 1914, Automechaniker, Altstetten (Zürich), Hans Thalmann, 1892, Draineur, Althäusern (Aargau).

(Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr.)

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Gemäss Bundesgesetz über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr, vom 15. März 1932, sind verurteilt worden: 76. Eugen Hermann M u r b a c h , verurteilt am 18. August 1934 vorn Gerichtspräsidenten von Solothurn-Lebern gemäss Art. 58, Abs. 3, des Bundesgesetzes zu Fr. 10 Busse, wegen Zusamrnenstosses mit, einer Puadfahreriri infolge Niehtbeherrschens des eigenen Fahrrades. Das Kassationsbegehren hat das Obergericht des Kantons Solothurn abgewiesen.

Murbach ersucht um Erlass der Busse, da er als Familienvater mit sechs Kindern nicht bezahlen könne.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Das Gesuch der mitverurteilten Kadfahrerin hat die Bundesversammlung bereits in der Dezembersession 1934 antragsgernäss abgewiesen (Antrag 139 im I. Bericht vom 13. November 1934, Bundesbl. III, 690). Das Justizdepartement des Kantons Solothurn hat Murbach auf die Aussichtslosigkeit seines Gesuches aufmerksam gemacht, und die Bundesanwaltschaft Hess ihn wie in andern Fällen dieser Art auffordern, das Gesuch zurückzuziehen, wozu sich jedoch Murbach nicht verstehen konnte. Ausgehend von der neueren Praxis der regelmässigen Zurückweisung kleiner Bus sens a chen (Näheres Bundesbl. 1934, II, 265) hätte die Bundesanwaltschaft dem Gesuch die vollzugsaufschiebende Wirkung verweigert, wenn nicht die

620 grundsätzliche Frage derartiger Vollzugsmassnahmen zurzeit noch der näheren Überprüfung unterstände. Gesuche wie dieses sollten aber nicht der Bundesversammlung zum Entscheid vorgelegt werden müssen. Erweist sich eine kleine Busse als wirklich uneinbringlich, so steht es übrigens heute unseres Erachtens dem Eichter immer noch zu, nachträglich den bedingten Vollzug der Umwandlungsstrafe zu gewähren (hierzu S t ä m p f l i , Bundesstrafrechtspflege, Textausgabe, Art. 335, Anm. 5, und Urteil des Zürcher Obefgerichtes i. 8. Bolliger vom 11. April 1935). Unser Hinweis auf die Zulässigkeit eines entsprechenden, nachträglichen Entscheides des Eichters ist offenbar geeignet, die so notwendige Einschränkung der Begnadigung in kleinen Bussensachen zu fördern.

77. Fritz Schweizer, verurteilt am 3. September 1934 vom Gerichtspräsidenten von Fraubrunnen gemäss Art. 58, Ziff. l, 61, Ziffer 4, des Bundesgesetzes zu Fr. 20 Busse, weil er den Fahrzeugausweis seines Motorrades nicht mitgeführt und dem Verkehrsamt den Wohnungswechsel nicht gemeldet hatte.

Schweizer, der Fr. 10 bezahlt hat, ersucht wegen Arbeitslosigkeit um Begnadigung.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern befürwortet das Gesuch, wogegen der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes und die Polizeidirektion des Kantons Bern Ab Weisung, beantragen. Der urteilende Eichter schreibt auf Anfrage: ·« Schweizer hat gegen das Urteil keinen Einspruch erhoben. Es ist deshalb rechtskräftig geworden. Der urteilende Eichter hat keinen Grund, nachträglich die Umwandlungsstrafe bedingt zu erlassen. Im Interesse der Verkehrssicherheit und um eine straffe Ordnung im Kontrollwesen des Strassenverkehrs zu ermöglichen, kann die Umwandlungsstrafe nicht bedingt erlassen werden. Wer die ·Gesetzesvorschriften verletzt, hat die Folgen zu tragen.» Zum Eückzug des Gesuches konnte sich Schweizer nicht verstehen.

Mit der Polizeiabteilung beantragen wir ohne weiteres Abweisung.

78.--80. Paul Flury, Hans Furrer, Otto Schneider, verurteilt am 30. August 1935 vom Gerichtspräsidenten von Baden gernäss Art. 58 und 63, Ziff. 3, des Bundesgesetzes je zu Fr. 20 Busse.

Die drei, von denen einzig Flury einen Lernfahrausweis besass, führten mit einem nicht verkehrsberechtigten, nicht versicherten Personenautomobil und ohne Begleitung Lernfahrten aus.

Sämtliche ersuchen um Erlass der
Bussen, wozu sie die Angelegenheit näher erörtern, geltend machen, in einem gleichgearteten Fall eines andern sei die Vorzeigung unterblieben, und erklären, nicht gegen die Verkehrsvorschriften haben handeln zu wollen.

Der Gemeinderat Baden befürwortet die Begnadigung, da die Bussen«ntrichtung den Jünglingen schwer falle und für sie eine Härte bedeute. Der urteilende Eichter überlässt den Entscheid der Begnadigungsbehörde.

Mit der Polizeiabteilung b e a n t r a g e n wir demgegenüber ohne weiteres Abweisung. Die neuere Praxis der regelmässigen Zurückweisung kleiner

621 Bussensachen besteht, und eine .ausnahmsweise Gesuchsentsprechung setzt ,:anerkanntermassen Gründe voraus, die einen Gnadenakt wirklich nahe legen, was hier nicht zutrifft, besonders wenn den Bestraften im Bussenvollzug Verständnis entgegengebracht wird, woran nicht zu zweifeln ist.

81. Charles Brunet, verurteilt am 10. April 1935 vom Polizeigericht des .Kantons Genf gemäss Art. 58 des Bundesgesetzes zu Fr. 40 Busse, wegen Nichtbeherrschens des Fahrrades, wobei eine Frauensperson angefahren und verletzt wurde.

Für Brunet ersucht der Vater um möglichste Bussenermässigung, da er .teilarbeitslos sei.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf beantragt Abweisung, mit dein Hinweis, einer Begnadigung müsse der wirkliche Nachweis der Unmöglichkeit einer Bussenentrichtung vorangehen, was hier nicht der Fall sei.

-Wir beantragen desgleichen Abweisung.

82. Josef jHegglin, verurteilt am 4. September 1935 vom Gerichts-präsidenten von Neuenstädt gemäss Art. 59 des Bundesgesetzes zu Fr. 100 .Busse, wegen Führens eines Motorrades in angetrunkenem Zustand und Verschuldens eines Unfalles.

; · ' · . ' : Hegglin ersucht um Erlass der Bussenhälfte, da Fr. 100 zu hoch sei.

Mit dem Gemeinderat Biel, dem Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, -dem kantonalen Strassenverkehrsamt. der kantonalen Polizeidirektion und der Polizeiabteilung b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung.

83. (Zurückgezogen. -- Betraf ein vom Bezirksgericht Lenzburg ge-mäss Art. 59 des Bundesgesetzes und 14 des Bundesstrafrechtes ergangenes Urteil.)

Der Bestrafte ersuchte uni Erlass der Gefängnisstrafe, da der Vorfall leichter Art sei und gewisse belastende Aussagen einen Racheakt darstellten.

Die Vorstrafen seien ganz bedeutungslos. Er habe sich nunmehr der Abstinenz verschrieben. Er sei von vaterländischer Gesinnung. Die Strafe sei sein furchtbarstes Erlebnis, besonders da ihr Vollzug seine Ehe trübe und ihn in seinem Beruf gefährde. Den Eingaben waren Belege für den guten Leumund und weitere Zeugnisse beigefügt.

Das urteilende Gericht beantragte Abweisung mit dem beachtlichen Hinweis, das Gesuch enthalte bloss eine ungerechtfertigte Urteilskritik.

Wie in einer ganzen Anzahl gleichgearteter Fälle hat die Bundesanwaltschaft dem Bestraften .nahelegen lassen, sein Gesuch als aussichtslos zurückzuziehen, ein Vorgehen, das im
Interesse des Gesuchstellers erfolgte, da die Bundesversammlung seit zwei Jahren 26 Begnadigungsgesuche betreffend Gefängnisstrafen abgewiesen und in keinem Falle eine: auch nur teilweise Begnadigung ausgesprochen hat (hierzu Grundsätzliches Bundesbl. 1935, .1, 877/878 und Bundesbl. 1934, III, 792 und dortige Hinweise).

Bundesblatt. 87. Jahrg. Bd. II.

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Die Stellungnahme zu Straf- und Begnadigungssachen hat danach ihre notwendige Abklärung im Begnadigungsweg dahingehend gefunden, dass der Zweck der Warnung und Abschreckung, dem einzelnen Fehlbaren wie der Allgemeinheit gegenüber, voransteht. Das neueste Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen über die Bekämpfung der Verkehrsunfälle, vom 13. August 1935, äussert sich auch zur Ahndung von verkehrsgefährdenden Übertretungen von Verkehrsvorschriften (Bundesbl. 1985, II,.

196/197). Wir zitieren den Wortlaut: «Die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren haben in ihrer Konferenz, vom Oktober 1934 in Sitten darauf hingewiesen, dass die Strafbestimmungen des Automobilgesetzes zu wenig streng angewendet und selbst bei schweren, verkehrsgefährdenden Verletzungen von Verkehrsvorschriften von den Gerichten oft zu wenig strenge Strafen ausgesprochen würden. Nicht nur die Motorfahrzeugführer, auch die Badfahrer und die Führer von Fuhrwerken müssen wissen, dass sie scharfe Strafen zu gewärtigen haben, wenn sie durch vorschriftswidriges Verhalten andere Strassenbenützer an Leib und Leben gefährden.» Diese Hinweise sind offenbar besonders wegleitend, was die Handhabungvon Art. 59 des Bundesgesetzes betreffend angetrunkene Fahrer anbetrifft, wobei es immerhin dem Ermessen der Strafgerichte anheimgestellt bleibt, eine Freiheitsstrafe geeignetenfalls mit dem bedingten Strafvollzug zu verbinden, soweit sich dies im Einzelfall verantworten lässt. Versagt aber das Gericht den bedingten Strafvollzug und besteht in einem Kanton hierin eine konsequente Kechtsprechung, so muss, wie wir wiederholt betont haben, vermieden werden, dass die bedingte Begnadigung gleichsam in Konkurrenz tritt zum richterlich zulässigen, bedingten Strafvollzug und dass, falls dieser verweigert wird, jene ihn regelmässig ersetzt. Diese eindeutige Haltung der Begnadigungspraxis ist um so gerechtfertigter, als derzeit nurmehr vereinzelte,, nicht zurückgezogene Gesuche zur Behandlung stehen, denen eine Vorzugstellung bestimmt nicht zukommen kann. Diese Erwägungen betreffend angetrunkene Fahrer beziehen sich gleicherweise auch auf die folgenden Angelegenheiten Stübi und Thalmann. Wir verweisen ferner auf die allgemeinen Bemerkungen der Bundesanwaltschaft in ihrem Schreiben vom 31. August 1935 an die Justizdirektion des Kantons
Aargau zu acht Gesuchen, von denen.: seither fünf zurückgezogen worden sind.

(Dieses Gesuch ist erst während des Druckes des Berichtes zurückgezogen; worden.)

84. Franz Stübi, verurteilt am 19. Juni 1935 vom Bezirksgericht Aarau gemäss Art. 58 und 59 des Bundesgesetzes zu 3 Tagen Gefängnis, wegen Führens eines Personenautomobils in angetrunkenem Zustand, wobei es sich um einen, vorbestraften Fahrer handelt.

Stübi ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er, unterstützt von seiner Ehefrau, in eindringlicher Weise nahelegt, ihm den Makel des Gefängnisses, zu ersparen. Für Einzelheiten verweisen wir auf die Eingaben selbst.

623 Das urteilende Gericht hält dafür, dem Gesuch sei nicht zu entsprechen, da angesichts der «erschreckend hohen Zahl von Verkehrsunfällen -- Statistik 1984!:-- mit aller Strenge gegen angetrunkene oder betrunkene Motorfahrzeuglenker eingeschritten werden muss.» .' .

Wir haben dieser Begründung nichts beizufügen und beantragen desgleichen Abweisung.

85. August Breitschmid, verurteilt am 21. Februar 1935 vom Bezirksgericht Lenzburg geniäss Art. 58 und 60 des Bundesgesetzes zu 3 Tagen Gefängnis und Fr. 50 Busse. Die Beschwerde hat das Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen.

' Breitschmid, der als äusserst rücksichtsloser Autofahrer gilt, ist beim Einfahren in ein Dorf mit mindestens 70 km einem andern Wagen in grob unzulässiger Weise vorgefahren, wobei der Wagen Breitschmids links einen Bandstein schleifte und beim Vorfahren an den:andern Wagen stiess. ohne dass Breitschmid hierauf angehalten hätte, öbschon er hierzu durch Lichtsignale aufgefordert wurde. Das Obergericht des Kantons Aargau bemerkt auf Grund dieser Fahrweise, dass die vom Bezirksgericht geltend gemachten Strafschär fungsgründe in hohem Masse vorlägen. Ferner wird erwähnt, Breitschmid habe sich in der Untersuchung durch hartnäckiges, freches Ableugnen der Verantwortung entziehen wollen : die rücksichtslose Fahrweise aber sei eine Gefahr für die Mitmenschen.

Breitschmidlersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, da der von der Polizeidirektion für sechs Monate verfügte Fahrbewilligungsentzug bereits eine bittere Strafe sei.

Mit den urteilenden Strafgerichten beantragen wir ohne weiteres Abweisung, da das weiter nicht begründete Gesuch offensichtlich aussichtslos ist, so wie dies die Bundesanwaltschaft dem Gesuchsteller erklären Hess, ohne dass sich dieser zum ;Gesuchsrückzug verstehen wollte. Eine strafaufschubverweigernde Verfügung der Bundesanwaltschaft wäre in so gearteten Fällen die gegebene Massnahme, um dem .notorischen Missbrauch des Begnadigungsweges rechtzeitig zu begegnen.

, ; 86. Hans Thalmann, verurteilt am 11. Januar 1935; vom Obergericht des Kantons Aargau, in Verschärfung des bezirksgerichtlichen Urteils, gemäss Art. 58 und 59 des Bundesgesetzes ausser zu Fr. 60 Busse;noch zu 8 Tagen Gefängnis, weil er nachts mit einem unbeleuchteten Motorrad angetrunken, so dass er hernach stürzte, und ohne dem Anruf der Polizei
Folge zu leisten, durch eine Ortschaft gefahren war.

Thalmann ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass.der: Gefängnisstrafe, ganz eventuell una Strafaufschub bis zum Winter, um ihn in seinem wirtschaftlichen Fortkommen möglichst wenig zu hindern.

Das erstinstanzliche Gericht befürwortet die Teilbegnadigung. Das Obergericht hat aber gerade in dieser heueren Strafsache seine Praxis erneut umschrieben: «Gemäss konstanter obergerichtlicher Judikatur wird, wer in be-

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trunkenem oder angetrunkenem Zustand mit einem Motorrad fährt -- abgesehen vom Fall der unverschuldeten Trunkenheit --, ausnahmslos mit unbedingter Freiheitsstrafe belegt. Zu dieser Massnahme besteht im vorliegenden Fall um so mehr Anlass, als der Beklagte ausserdem durch das Fahren ohne Licht die öffentliche Sicherheit schwer gefährdete.» Wir beantragen Abweisung mit dem Hinweis, dass dem «ganz eventuell» gestellten Ansuchen im heutigen Zeitpunkt entsprochen ist.

87.

88.

89.

90.

Christian Grossenbacher, 1879, Vertreter, Eeinach (Aargau), Arnold Lehner, 1897, Fabrikarbeiter, G-ränichen (Aargau), Julie Suter, 1902, Hausfrau, Gränichen (Aargau), Anna Widmer, 1904, Hausfrau, Gränichen (Aargau).

(Handelsreisendengesetz.)

Gemäss Bundesgesetz über die Handelsreisenden, vom 4. Oktober 1930, sind verurteilt worden: 87. Christian Grossenbacher, verurteilt am 10. September 1935 vom Bezirksgericht Kulm zu Fr. 10 Busse, weil er bei Privaten ohne Taxkarte Bestellungen auf Wachswolle aufzunehmen gesucht hatte.

Grossenbacher ersucht um Erlass von Busse, Kosten und Taxnachzahlung von Fr. 100. Er bezeichnet sich als Auslandschweizer, der nach 25 Jahren Tätigkeit als Käser seine Stelle in Italien habe aufgeben müssen. Seither sei er, mit seiner Familie, auf den Verdienst aus Notstandsarbeiten angewiesen.

Infolge gänzlicher Arbeitslosigkeit habe er sich in der Folge um eine Eeisevertretung bemüht und hierbei strafbar gemacht. Er lebe in ganz ärmlichen Verhältnissen.

Das urteilende Gericht empfiehlt die Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen, da Grossenbacher sich in sehr prekären Verhältnissen befinde und aus Not gehandelt habe.

Wenn wir demgegenüber mit der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hinsichtlich der Busse von Fr. 10 -- einzig darum handelt es sich im Begnadigungsweg -- Abweisung b e a n t r a g e n , so geschieht es von vorneherein mit dem Hinweis, dass die Taxnachzahlung von der Handelsabteilung seit der Gesuchseinreichung gestrichen worden ist. Zur Busse von Fr. 10 wiederholen wir den bereits bei den Verkehrspolizeiübertretungen zur Wegleitung genommenen Hinweis über die neuere Praxis der regelmässigen Z u r ü c k w e i s u n g kleiner Bussensachen. Grossenbacher wusste, dass er den Vorschriften zuwider Private aufsuchte. Wir betrachten zudem die Gepflogenheit gewisser Strafgerichte, eine Strafe auszusprechen und im gleichen Zug die Begnadigung anzuregen, als g r u n d s ä t z l i c h v e r f e h l t , solange das Bundesrecht dem Eichter, im Eahmen der Eechtsprechung, nach Strafart und Strafmass ermöglicht, ein der Übertretung und den Verhältnissen des Übertreters entsprechendes Urteil ergehen zu lassen. Das Handelsreisendengesetz kennt in Art. 14 als Strafdrohung «Busse bis zu tausend Franken»,

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mithin keine gesetzliche Mindestbusse, so dass der Richter insoweit in seinem Ermessen unbehindert ist und beispielsweise auch gegen eine Busse von Fr. 5 oder Fr. 3 nichts einzuwenden wäre. Ferner gestattet Art. 8 des Bundesstrafrechtes, in Verbindung mit Art. 335 der Bundesstrafrechtspflege. dem Richter, im Falle der Zahlungsunfähigkeit sogleich an Stelle der Busse die entsprechende Umwandlungsstrafe zu verfügen und hiefür geeignetenfalls den bedingten Strafvollzug zu gewähren. Diese Möglichkeiten der I n d i v i d u a l i s i e r u n g der S t r a f e , vermehrt um die unseres Erachtens neuestens ebenfalls gegebene Zulässigkeit des nachträglich gewährten, bedingten Vollzuges der Umwandlungsstrafe, gestatten gewiss, Strafurteilen j e d e wirkliche Härte zu nehmen.

In der Junisession 1935 standen erfreulicherweise keine Gesuche betreffend das Handelsreisendengesetz zur Behandlung. In der Dezembersession 1934 haben wir in bezug auf Fr. 30 «angesichts der nicht hohenBusse» Abweisung beantragt, und die Begnadigungsbehörde hat demgemäss entschieden (Antrag 45 des I. Berichtes vom 13. November 1984, Bundesbl. III, 657). Die Abweisung rechtfertigt sich heute um so eher gegenüber einer Busse von nur Fr. 10. In der Dezembersession 1934 haben wir sodann in einem weiteren Falle (Antrag 46 ebenda, Bundesbl. III, 667/658) erklärt, «dem Begnadigungsgesuch mag zwar nicht hinsichtlich der Busse, wohl aber bezüglich der, tatsächlich drohenden Umwandlungsstrafe entsprochen werden»; auch diesen Antrag hat die Begnadigungsbehörde zum Beschluss erhoben: ein bedingter Erlass der Umwandlungsstrafe drängt sich aber bei Bussenfällen dieser Art im Begnadigungsweg nicht mehr: auf. sofern auf Grund von Art. 335 der Bundesstrafrechtspflege nunmehr der Richter dasselbe Ergebnis als Akt der Rechtsprechung herbeiführen kann. Die Abweisung solcher Gesuche dient offenbar allgemein der Rechtsgleichheit, wogegen die Begnadigung in Wirklichkeit zu einer bedenklichen Bevorzugung einzelner wird, d. h. zu einer Sonderbehandlung führt, die dem Ernst des Strafrechtes durchaus zuwiderläuft. -- Diese Ausführungen begründen gleichzeitig auch unsere weiteren Abweisungsanträge.

88. Arnold Lehner, verurteilt am 13. März 1935 vom Bezirksgericht Aaraü zu Fr. 20 Busse,:weil er für ein Grabsteingeschäft ohne Taxkarte nicht nur am Orte des Geschäftes,
sondern an seinem anderweitigen Wohnort gereist war.

Lehner ersucht um Erlass der Busse, da ihn seine Verhältnisse zwängen, .als Vertreter einen Nebenverdienst zu suchen. Er habe die Vorschriften nicht gekannt. Die Busse treffe ihn hart. -- Zu dem ihm nahegelegten Gesuchsrückzug konnte sich Lehner nicht verstehen.

Das Bezirksgericht Aarau befürwortete zunächst die Begnadigung, zieht aber auf Anfrage hin nunmehr in Erwägung: «dass mit Rücksicht auf die grundsätzlich richtige Praxis der eidgenössischen Begnadigungsbehörde, Gesuche um Erlass geringer Bussen abzuweisen, kaum mit einem Erlass deiBusse zu rechnen ist, und dass das Gericht im Hinblick auf seinen Begnadigungsantrag L gegen. einen Aufschub des Vollzuges der Umwandlungsstrafe gemäss Art. 335 der Bundesstrafrechtspflege nichts einzuwenden hat, wenn das Begnadigungsgesuch abgewiesen werden sollte, obwohl auch in diesem

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Palle zu sagen ist, dass durch den bedingten Vollzugsaufschub der Strafcharakter der Busse bzw. der Umwandlung in Gefängnis verloren geht».

Mit der Handelsabteilung beantragen wir Abweisung.

89. Julie Suter, verurteilt am 6. Februar 1935 vom Bezirksgericht Aarau zu Fr. 20 Busse, weil sie ohne Taxkarte an ihrem Wohnort für eine anderwärts befindliche Firma bei Privaten Bestellungen auf Neujahrskarten aufgenommen hatte.

Julie Suter ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Sie beruft sich auf Gesetzesunkenntnis und macht geltend, dass sie neben dem Ehemann, der einen geringen Lohn beziehe, verdienen müsse, um die vier Kinder zu erhalten.

Das Bezirksgericht Aarau beantragt Abweisung, zunächst in Erwägung, dass die vorliegende Gesuchseinreichung einem Missbrauch des Begnadigungsrechtes gleichkomme, und später auf Anfrage hin mit dem Beifügen, dass es hier den Vollzug der allfälligen Umwandlungsstrafe nicht bedingt ausspreche, weil dies der Trölerei bei Bezahlung geringer Bussen Tür und Tor öffnen würde.

Mit der Handelsabteilung beantragen wir Abweisung.

90. Anna Widmer, verurteilt am 28. August 1935 vom Bezirksgericht Aarau zu Fr. 20 Busse, weil sie an verschiedenen Orten bei Privaten ohne Taxkarte Bestellungen auf Bodenwichse und Fleckenwasser aufgenommen hatte.

Anna Widmer ersucht um Erlass der Busse, wozu sie Gesetzesunkennthis, Arbeitslosigkeit des Ehemannes, Obsorge für zwei Kinder und geschwächte Gesundheit geltend macht. Sie müsse mit der Umwandlungsstrafe rechnen.

Das Bezirksgericht Aarau und die Handelsabteilung empfehlen die Begnadigung.

Wenn wir demgegenüber auch hier Abweisung beantragen, so geschieht es auf Grund unserer allgemeinen Erwägungen und angesichts des Umstandes, dass es das urteilende Gericht unseres Erachtens in der Hand hat, seine der Gesuchstellerin günstige Haltung in der späteren Schlussnahme über die allfällige Umwandlungsstrafe zu betätigen, sofern die Busse wirklich uneinbringlich sein sollte. Zur Verbüssung der Umwandlungsstrafe sollte es, so oder anders, nicht kommen, und es besteht kein Hindernis, in diesem Sinne bei den kantonalen Vollzugsbehörden einzuwirken, was die Bundesanwaltschaft nach Erledigung der -vier Begnadigungssachen betreffend das Handelsreisendengesetz ohnehin in Aussicht nimmt.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B.ern, den 20. November 1935.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, , Der Bundespäsident :

E. Minger.

Der Bundeskanzler: G. Boret.

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I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1935). (Vom 20. November 1935.)

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1935

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27.11.1935

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