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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Begnadigungsgesuche des Chr. S c h ü t z von Wohl e n , des Fr. Z i m m e r m a n n von L ü t z e l f l ü h und des Joh. Rudolf A u g s b u r g e r von Gysenstein (Bern).

(Vom 17. November 1885.)

Tit.

Chr. Schütz von Wohlen, Friedrich Zimmermann von Lützelflüh und Joh. Rudolf Augsburger von Gysenstein wurden von den zuständigen Gerichten des Kantons Bern wegen Uebertretung des Bundesgesetzes über die Fischerei vom 18. Herbstmonat 1875 gebüßt.

Schütz gelangte hierauf mit einem Begnadigungsgesuch an den Großen Rath des Kantons Bern, und ebenso das Armenbüreau der Stadt Bern, Namens des Zimmermann und des Augsburger. Diese Gesuche wurden unterm 5. September dieses Jahres von der Berner Regierung dem Bundesrath zugeleitet, da in derartigen Fällen die Bundesversammlung die zuständige Begnadigungsbehörde ist.

I. Betreffend Schütz ergibt sich aus den Akten, daß derselbe, unterstützt von seinem Knecht und hie und da von Taglöhnern, in der Aare, während der Schonzeit vom 10. Oktober 1884 bis 20. Januar 1885 (Art. 8 des Bundesgesetzes), und zwar in derjenigen Strecke dieses Flusses Forellen gefischt hat, welche vom Kanton Bern unterm 5. Mai 1882, gestützt auf diesbezügliche Bestimmungen des Bundesgesetzes, auf unbestimmte Zeit als Schongebiet erklärt worden war.

Es wurde ferner im Fischbehälter des Schütz ein Salm vorgefunden, über dessen Herkunft er sich nicht genügend ausweisen konnte und der nicht das durch Art. 6 des Bundesgesetzes festgesetzte Minimalmaß erreichte.

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Schütz hatte zwar ein Gesuch um Bewilligung zum Fischfang behufs künstlicher Fischzucht der bernischen Domänendirektion eingereicht, und es wurde von letzterer eine entsprechende Bewilligung auch ausgestellt und dem betr. Regierungsstatthalteramt zu Händen des Schütz übersandt, jedoch bevor sie Letzterem zugekommen wieder zurückgezogen, da die Direktion unterdessen in Erfahrung gebracht hatte, daß Schütz wegen Fischereifrevel bereits ein Mal bestraft worden war.

In Anwendung des Art. 14 des Bundesgesetzes wurde Schütz vom Gerichtsamt Laupen in eine Buße von Fr. 150 verurtheilt, mit Konfiskation der in unberechtigter Weise gefangenen, vom betreffenden Polizeiamt bereits verwertheten Fische.

Schutz hat seinen unerlaubten Fischfang damit zu entschuldigen gesucht, daß er im Jahr 1883 eine Fischbrutanstalt errichtet und für 1883/84 durch Vermittlung der Domänendirektion auch eineu ßundesbeitrag erhalten habe. Für 1884/85 habe er mit der Fischzucht fortfahren wollen und sei auch mit einem bezüglichen Gesuch eingekommeri, in der zuversichtlichen Erwartung, daß ihm gleich wie früher die Bewilligung ertheilt werde; er habe deßhalb auch mit dem Fischfang begonnen, ohne vorher die Bewilligung abzuwarten.

Auf diesen gleichen Grund stützt Schütz auch sein Begnadigungsgesuch.

Aus den Akten haben wir den Bindruck erhalten, daß Schutz die Fischbrutanstalt nur deßhalb erstellt habe, um die Bewilligung zu erlangen, während der Schonzeit fischen zu dürfen, und dies nicht nur für den Bedarf seiner Anstalt, welcher, nach deren Einrichtung zu schließen, ein sehr geringer ist, sondern in weit größerem Maßstabe, was sich schon daraus ergibt, daß er einen Knecht und zeitweise wenigstens auch noch Taglöhner zum Fischfang beizog.

Zu einer Begnadigung des Schütz liegt durchaus kein Grund vor.

II. Fr. Zimmermann ist erst 18, Joh. Augsburger erst 17 Jahre alt. Der Erstgenannte fing eingestandenermaßen unter Mithülfe des Letzteren im Bach an der Sulgeneckstraße bei Bern durch theilweises Absperren des Wassers unter 2 Malen je eine Forelle, welche er in der Stadt verkaufte und deren Erlös er mit seinem Gehülfen theilte. Zirnmerrnann wurde hierauf zu einer Buße von Fr. 60, Augsburger zu einer solchen von Fr. 30 verfällt. Da Beide nicht zahlungsfähig sind, haben sie die Buße abzusitzen.

Das Armenbüreau der Stadt Bern,
welches für die beiden Knaben mit einem Begnadigungsgesuch einkomtnt, das sowohl vom betreffenden Regierungsstatthalteramt, als von der Regierung selbst zur Berücksichtigung empfohlen wird, stützt dasselbe auf Folgendes :

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Die beiden Knaben seien unter ungünstigen Verhältnissen im Kreise ihrer Familie aufgewachsen und haben sich in Ermangelung genügenden und richtigen Antriebes von Seite der Eltern keiner andauernden, rechten Beschäftigung gewidmet, wohl aber wiederholt schon kleinere Vergehen begangen, die auf polizeilichem oder korrektionellem Wege hätten geahndet werden müssen.

Nachdem das Armenbüreau im Laufe des letzten Winters von dem Gebahren dieser beiden Jünglinge benachrichtigt worden sei, habe man dieselben, in der Absicht, sie auf einen ehrbaren und sicheren Lebensweg überzuleiten, im Einverstäudniß mit den Eltern, auf Rechnung der Spendkasse bei bewährten Handwerkermeistern als Lehrlinge plazirt.

Nach den bis jetzt eingegangenen Berichten sollen sich die beiden Jünglinge in ihren Lehrpläiaeo recht ordentlich eingestellt haben. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß, müßten die beiden Lehrlinge die nun wegen Fischereifrevel gegen sie verhängte Buße absitzen, Alles, was seitens des Armenbüreaus in ihrem moralischen und ökonomischen Interesse geschehen sei, vergeblieh gethan wäre. Schon der Einfluß, den eine 20tägige Strafhaft in Gesellschaft von andern Häftlingen auf sie ausüben würde, könnte nur ein ungünstiger sein. Noch schlimmer sei es aber, daß die Lehrlinge aus begreiflichen Gründen von ihren jetzigen Lehrmeistern nicht wieder aufgenommen und auch von andern nicht angenommen und somit kurzweg wieder auf ihren früheren verfehlten Lebensweg zurückgeworfen würden.

Wir halten diese Ausführungen für zutreffend und möchten daher Friedrich Zimmermann und Joh. Augsburger zur Begnadigung empfehlen.

Wir beantragen : I. Es sei das Begnadigungsgesuch des Chr. Schütz vom 14. August 1885 abzuweisen, dagegen U. demjenigen des Armenbüreaus von Bern vom 20. Mai 1885, zu Händen des Friedrich Zimmermann und des Joh. Rudolf Augsburger, zu entsprechen.

B e r n , den 17. November 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Begnadigungsgesuche des Chr. Schütz von Wohlen, des Fr. Zimmermann von Lützelflüh und des Joh. Rudolf Augsburger von Gysenstein (Bern). (Vom 17. November 1885.)

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