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Schreiben des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Gewährung nöthiger Aushülfe für die Bauverwaltung beim eidg. Departement des Innern. (Zur Berathung des Budget für 1886.)

(Vom 6. November 1885.)

Herr Präsident, Herren National- und Ständeräthe!

Wir haben schon in unserem letzten Geschäftsberichte auf das Bedürfniß einer Vermehrung des Personals bei der Bauabtheilung unsers Departements des Innern hingewiesen. Letzteres hat, um Abhülfe zu schaffen, dem Bundesrathe den Entwurf zu einem Bundesbeschluß betreffend Reorganisation dieser Departementsabtheilung vorgelegt. Wir fanden aber, darauf aus dem Grunde nicht eintreten zu sollen, weil jenes Bedürfniß auch jetzt noch nicht genau sieh bemessen lasse und es daher augezeigt erscheine, eine definitive Organisation auf den Zeitpunkt der in Aussicht genommenen allgemeinen Gehaltsrevision zu verschieben. Dabei kann aber allerdings nicht vermieden werden, jener Verwalthungsabtheilung vorher schon die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Arbeitskräfte zuzutheilen, und es bildet den Zweck dieser Vorlage, Sie zu ersuchen, bei Bewilligung des Budget hierauf Rücksicht n e h m e z u x u wollen.

Die Knappheit des zur Zeit angestellten Personals rührt daher, daß bei Kreirung der daherigen Stellen jeweilen nur dem dringendsten Bedürfniß gefolgt wurde ; dieses Bedürfniß ist indessen fortwährend in einem alle Voraussicht übertreffenden Maße angewachsen.

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Der am 23. Dezember 1870 stattgehabten Kreirung der Stelle des Oberbauinspektors, der ersten Baubeamtung des Departements des Innern, folgte am 16. Dezember 1873 diejenige der Stelle des Adjunkten, und es kamen infolge des Besoldungsgesetzes vom 21. August 1878 der Ingenieur-Sekretär und ein Zeichner hinzu, dies jedoch unter gleichzeitigem Fallenlassen des bisher für die Bauabtheilung bestandenen Departementssekretärs, sowie eines einige Zeit provisorisch im Baubüreau angestellt gewesenen Architekten.

Nachdem eine weitere Ingenieurstelle durch Bundesbeschluß vom 2. Juli 1880 errichtet worden ist, besteht das Personal der in Rede stehenden Departementsabtheilung aus: Oberbauinspektor, Adjunkt, Ingenieur-Sekretär, Ingenieur, Zeichner, dem zeitweise auch im Baubüreau und auf andern Bauplätzen verwendeten Bauführer in Thun, endlich einem Kanzlisten und einem Kopisten.

Der Geschäftskreis des Oberbauinspektors bezog sich anfänglich fast ausschließlich auf das Wasser- und Straßenbauwesen, nämlich auf die aus verschiedenen Gründen über Wasser- und Straßenbauten der Kantone vom Bund auszuübende Aufsieht und Kontrole. Die auf die Wasserbauten bezüglichen Geschäfte erfuhren nach und nach eine außerordentliche Vermehrung. Dies zuerst infolge des Bundesbeschlusses vom 21. Juli 1871 betreffend Bewilligung von Bundesbeiträgen für Korrektionen und Verbauungen, dann auch infolge des Umstandes, daß die früher für die großen Flußkorrektionen bestehenden Spezialinspektionen nach und nach eingingen und an das Oberbauinspektorat übertragen wurden, was ebenfalls bezüglich der früher vom Bund mit Fr. 10,000 jährlich subventionirten hydrornetrischen Arbeiten geschah. Den größten Einfluß auf die bezüglichen Geschäfte übte aber das eidgenössische Wasserbaupolizeigesetz vom 21. Juni 1877. Von da hinweg bis jetzt sind durch 25 besondere Bundesbeschlüsse und in den dem Bundesrath im Budget zur Verfügung gestellten und zur Verwendung gekommenen Krediten daherige Bundesbeiträge im Betrage von Fr. 12,183,685 bewilligt worden; und da das Beitragsverhältniß durchschnittlich unter 40 °/o steht, so beläuft sich das für die auszuübende Kontrole in Betracht kommende Baukapital auf mehr als 30 Millionen Franken. Da aber die Zahl der in die Kompetenz des Bundesrathes fallenden Subventionsfälle noch weit größer ist, als die Zahl derjenigen,
welche besondere Bundesbeschlüsse erfordern, so ist es leicht begreiflich, daß in jener langen Periode kaum ein Zeitabschnitt vorkam, in welchem das Oberbauinspektorat nicht durch die Prüfung und Begutachtung von auf Subventionsgesuche bezüglichen Vorlagen vollauf in Anspruch genommen gewesen wäre.

Daneben sind es aber nicht minder wichtige Aufgaben, welche dasselbe in der Kontrolirung der Ausführung der Arbeiten und der-

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Was die Hydrometrie betrifft, so sind wir schon oft in der Lage gewesen, auf die außerordentliche Wichtigkeit derselben und namentlich darauf hinzuweisen, daß es ein großer Irrthum wäre, derselben nur eine theoretische Bedeutung beizumessen ; wir mußten bei vielen zur Subventionirung vorgelegten Projekten hervorheben, daß bei deren Beurtheilung die Unkenntniss der maximalen Abflußmenge der betreffenden Gewässer einen, großes Bedenken erregenden Maugel bilde , da von diesfalls richtigen Voraussetzungen das Gelingen einer Korrektion in erster Linie abhänge, wie denn das wenigstens theilweise Mißlingen solcher Werke sieh wesentlich auf unrichtige Annahmen in dieser Beziehung zurückführen lasse.

Bei solchem Sachverhalte muß es aber wohl Angesichts der großen Summen, welche der Bund auf solche Werke verwendet, und Angesichts der ihm obliegenden Oberaufsicht über die Wasserbaupolizei auch als eine seiner Aufgaben angesehen werden, der Hydrometrie die größtmögliche Pflege angedeihen zu bissen. Wie wir in unserer letzten Botschaft erwähnt haben,' O geschieht dies in den umliegenden -Staaten neuerdings in solchem Maße, daß es uns, selbst bei möglichster Anstrengung, schwer lallen wird, mit denselben Schritt zu halten.

Eine weitere aus der Stellung des Bundes zum Wasserhauwesen hervorgehende Aufgabe bildet dann ohne Zweifel auch die Sammlung der an den ausgeführten Werken gemachten Erfahrungen, eine Aufgabe, welcher aber nicht entsprochen werden kann, wenn das vorhandene Personal nicht einmal für die laufenden Geschäfte genügt.

Wenn gegenwärtig neben dem Wasserbau die gemäß Art. 37 der Bundesverfassung vom Bunde über die Straßen auszuübende Oberaufsicht zurücktritt, so nimmt gleichwohl auch diese zufoige der großen Ausdehnung der aus eint oder anderem Grunde zu inspizirenden Linien viel Zeit in Atispruch. Es handelt sich dabei vorab um die Straßen, deren Bau vom Bunde subventionirt wurde, sowie um diejenigen, für deren Unterhalt einzelne Kantone Bundesbeiträge erhalten; es kommt dazu aber auch noch die Rücksicht auf
die Benutzung derselben durch die eidgenössischen Posten, und es ergibt sich daraus ein nicht geringes Interesse in Anbetracht des Schadens und der Verantwortlichkeit, welche sich an Unfälle knüpfen können.

537 Wir haben bisher nur von der eineu Hauptabteilung der Geschäfte der eidgenössischen Bauverwaltung gesprochen, derjenigen, welche sich auf die subventionirten Bauten und überhaupt auf die Oberaufsicht des Bundes über die Wasserbaupolizei und über die Straßen der Kantone bezieht.

(/ Die andere Hauptabtheilung betrifft das eigene Bauwesen des Rundes und überhaupt diejenigen Angelegenheiten desselben, deren Besorgung dem Baubüreau beziehungsweise dem Oberbauinspektorat übertrügen ist.

Dieses eigene Bauwesen wurde durch Bundesrathbeschluss vom 26. Januar 1874 dem Departement des Innern zugetheilt, und durch weitere Verfügungen wurden dem Bau bureau desselben mieli die Mobiliarverwaltung, die Besorgung der Brandassekuranzen und die LeitungO des Hausdienstes im Bundesrathhause und in den andern von eidgenössischen Zentral Verwaltungen benutzten Gebäuden übertragen.

Welche Ausdehnung das Bauwesen des Bundes erlangt hat, ist aus den großen Summen ersichtlich, welche jährlich dafür ausgegeben werden, und es bildet zudem eine große. Erschwerung der daherigen Geschäfte, daß die Gebäude, auf welche diese Kosten sich beziehen, über das ganze Land und selbst die Peripherie desselben zerstreut sind.

Außerdem ist bekannt, wie schon seit Jahren Hochbaufragen von besonderer Wichtigkeit den eidgenössischen Behörden vorlagen, deren Vorbereitung und nachherige Ausführung besonders zeitraubende Aufgaben für das Departement des Innern und sein Baubüreau bilden, selbst wenn die Projekte für solche wichtigere Bauwerke auf dem Konkurrenzwege oder durch besondere Aulträge an Architekten beschafft werden und ebenfalls die Bauleitung an solche übertragen wird.

Bezüglich der Kanzleigeschäfte ist anzuführen, daß im Zeiträume von 1874 bis 1884 die jährliehen Nummern der Rechnungsbelege von 420 auf 2463 und diejenigen der Gcschäftskontrole vin 500 auf 4775 angestiegen sind.

Die große Ausdehnung, welche also, wie im Vorstehenden nachgewiesen wurde, die eidgenössische Bauverwaltung gewonnen hat, brachte es mit sich, schon jetzt das der letztem zur Verfügung stehende, oben aufgezählte Personal teilweise anders zu verwenden, als in der durch Bunderathsbeschluss vom 27. März 1879 festgesetzten Organisation vorgesehen ist.

Indem sich erstlieh für den Oberbauinspektor die materielle Unmöglichkeit ergab, sich mit beiden obgenannten Hauptabtheilungen

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in spezieller Weise zu beschäftigen, so wurde von der Bestimmung des vorgenannten Organisationsbeschlusses, daß dem Adjunkten einzelne Geschäfte oder Geschäftszweige zu besonderer Besorgung übertragen werden können, in Beziehung auf das eigene Bauwesen und die andern vorgenannten eigenen Angelegenheiten des Bundes Gebrauch gemacht. Damit war aber die Thätigkeit dieses Beamten in dem Maße in Anspruch genommen, daß er sich regelmäßiger Weise bei den Geschäften der andern Hauptabtheilung nicht mehr betheiligen konnte.

Deßhalb und bei dem außerordentlichen Anwachsen der letztem, besonders beim Wasserbau, wurde es nothwendig, auch dem Ingenieur-Sekretär einen andern Geschäftskreis als den anfänglich vorgesehenen anzuweisen. Da nämlich, wie erwähnt, schon seit Langem die Prüfung und Begutachtung von Subventionsgesuchen eine ständige Aufgabe für das Oberbauinspektorat bildete, so hätte die Kontrole über die Ausführung und die dahevigen Kosten fast ganz vernachläßigt werden müssen, wenn nicht der genannte Beamte zur Aushülfe bei diesen Geschäften und den Straßeninspektionen wäre beigezogen worden. Dies hatte dann aber die Folge, daß derselbe den Bürea«geschaffen mehr und mehr entzogen wurde.

Wie schon bei verschiedenen Anläßen erwähnt wurde, setzt zwar die vom Bund in Beziehung auf subventionirte Bauten ausgeübte Kontrole immer die Verantwortlichkeit der Kantonsregierungen für die ihrer Bestimmung entsprechende Verwendung der Bundesbeiträge voraus, ebenso die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der den Maßstab für die Verabfolgung 1 dieser letztern bildenden Rechnungen und für die projektgemäße Ausführung der Werke.

Allein in allen diesen Beziehungen kann Irrthum oder Mißverständniß, in technischer auch abweichende Ansicht walten, und es ist daher nöthig, daß der Bund, um solchem vorzubeugen, durch seine eigenen Organe eine Aufsicht und Kontrole ausübe, wie sie in Wirklichkeit auch vorgeschrieben ist.

Wenn die Aufgabe aber auch nur so aufgefaßt wird, so bedarf es doch nach dem früher Gesagten wohl keines weitern Nachweises dafür, daß ein besonderer Kontroiingenieur eine Notwendigkeit ist, und daß auch nach Einschaltung eines solchen in das schon bestehende Personal ein Zweifel nur darüber bestehen kann, ob damit die Möglichkeit geschaffen sei, diese Kontrole bei den in Ausführung begriffenen Arbeiten
in genügender Weise auszuüben und sie auch nocli auf den Unterhalt der schon ausgeführten Arbeiten auszudehnen. Voraussetzung ist dabei jedenfalls, daß dem Kontrolingenieur der schon jetzt angestellte Zeichner als Aushülfe bei allen Arbeiten im Bureau diene.

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Für die Hydrometrie bedarf es dann keiner neuen Anstellung, indem dazu die beiden schon bestehenden Stellen des IngenieurSekretärs und des Ingenieurs, beziehungsweise die dafür bestehenden Gehaltsansätze benutzt würden. Diese beiden Ingenieure hätten alle auf die Hydrometrie, einschließlich der Wassermessungen, bezüglichen Arbeiten und überdies alle nivellatorischen und planimetrischen Arbeiten für die eidgenössische Bauverwaltung zu besorgen und würden damit namentlich auch eine weitere Aushülfe beim Wasserbau bilden.

Für das Hochbaubüreau wäre die Wiedereinführung der früher schon provisorisch bestandenen Stelle eines Architekten sehr wünschbar, da dasselbe das ganze Jahr hindurch Arbeit für einen solchen hat, die sonst in anderer Weise besorgt werden muß, dies nämlich ganz abgesehen von den oben erwähnten großen Bauten.

Einestheils die Unmöglichkeit der Verwendung des IngenieurSekretärs für den Kanzleidienst und andererseits der vorstehend angedeutete Umfang dieses letztern bringen das Bedürfniß einer neuen Stelle mit sieh, nämlich die eines Registrators und Buchführers. Da die wichtigern Ausfertigungen auch für das Departement durch die Oberbauinspektoratsbeamten selbst besorgt werden, so kann von dei1 Wiedereinführung der Stelle eines Departementssekretärs für diese Abtheilung abgesehen werden. Hingegen muß, zumal bei den vielen Abwesenheiten der technischen Beamten, neben der Registratur und Buchführung auch für das -Laufende auf dem Bureau gesorgt werden.

Dem Gesagten gemali hatte die von unserem Departement, des Innern beantragte Reorganisation seiner Bauabtheilung im Wesentlichen die Kreirung der neuen Stellen eines Kontroiingenieurs bei der Wasser- und Straßenbauabtheilung, eines Architekten beim Hochbau, eines Registrators und ßuchfiihrers in der Kanzlei vorgesehen. Es ist dabei zu erwähnen, daß das eidgenössische Wasserbaupolizeigesetz vom 22. Juni 1877, Artikel 4, dem Bundesrathe das erforderliche technische Personal zusichert, und es kommt dabei auch in Betracht, daß hauptsächlich die Verfügbarmachung eines technischen Beamten für den eigentlich technischen Dienst einen Ersatz für den Kanzleidienst nothwendig macht.

Obschon wir aus angegebenen Gründen gegenwärtig auf die Reorganisation nicht eingetreten sind, erachten wir es dagegen als unumgänglich nothwendig, der in Rede stehenden Verwaltung die nöthige Aushülfe einstweilen in provisorischer Weise zukommen zu lassen.

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Wir ersuchen Sie daher, diese durch folgende Zusätze zum Budget, Abtheilung Bauwesen, I, gewähren zu wollen, nämlich : h. Aufhülfe beim Wasser- und Straßenbauwesen . Fr. 4500 i. Bauaufsicht in Thun und weitere Aushülfe bei dem Hochbauwesen, statt den eingesetzten Fr. 5400 . ,, 7600 k. Aushülfe auf der Kanzlei .

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. ,, 3000 Gerne benutzen wir im Uebrigen diesen Anlaß, um Sie, Herr Präsident, hochgeachtete Herren, neuerdings unserer ausgezeichnetsten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. November 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, D e r B u n d e s p r ä s i 11 e u t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Schreiben des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Gewährung nöthiger Aushülfe für die Bauverwaltung beim eidg. Departement des Innern. (Zur Berathung des Budget für 1886.) (Vom 6. November 1885.)

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