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Bundesrathsbeschluss über

den Rekurs des Herrn Pierre H a n f , Marchand-tailleur, in Genf, aus Dossenheim (Großh. Baden), betreffend Ausweisung aus Genf.

(Vom 7. Dezember 1885.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rat h hat in Sachen des Pierre Hanf, Marchand-tailleur, in Genf, aus Dossenheim, Großherzogthum Baden, gegen den Beschluß des Staatsrathes von Genf vom 20. Oktober 1885, betreffend Ausweisung aus Genf; auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements und nach Feststellung folgender aktenmäßigen Sachverhältnisse: A. Dem Rekurrenten Pierre Hanf, Marchand-tailleur, aus Dossenheim, Großherzogthum Baden, seit dem Jahre 1871 in Genf niedergelassen, und wohnhaft Rue Rousseau 18, wurde durch Beschluß des Justiz- und Polizeidepartements von Genf vom 1. August dieses Jahres die Niederlassung entzogen, weil der Lebenswandel der EheJeute Hanf zu zahlreichen Klagen Anlaß gebe.

.B. Eine gegen diesen Beschluß an den Staatsrath des Kantons Genf eingereichte Beschwerde wurde abgewiesen (20. Oktober 1885).

C. Gegen den Entscheid des Staatsrathes rekurrirte Pierre Hanf mittelst einer Beschwerdeschrift ohne Datum an den Bundesrath, indem er zu seiner persönlichen Rechtfertigung im Wesentlichen Folgendes behauptet: Er wohne seit einer Reihe von Jahren in Genf, wo er bis heute niemals zu Klagen Anlaß gegeben habe; er ernähre sich und seine Familie redlich von seiner Hände Arbeit und sei geachtet und gelieht von Allen, die ihn kennen, was auch aus

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(den Akten beigelegten) Erklärungen und Zeugnissen seiner Mithausbewohner, Geschäftsfreunde und zahlreicher anderer Genferbürger hervorgehe.

Rekurrent bittet, der Bundesrath möge ihm den fernem Aufenthalt im Kanton Genf ermöglichen.

D. Der Staatsrath von Genf verweist in seiner Vernehmlassung, d. d. 24. November 1885, lediglich auf fünf Polizeirapporte, welche in der Zeit vom 19. April bis 18. November 1885 über den Rekurrenten erstattet worden sind und welche erhärten, daß Pierre Hanf die Prostitution und das Verbrechen überhaupt begünstigt, daß er sich einer Grabesschändung schuldig gemacht hat und durch sein Benehmen fortwährend zu polizeilichen Klagen Anlaß gibt.

Aus diesen Rapporten ergibt sich überdem, daß Hanf schon einmal im Jahre 1877 ausgewiesen war, welcher Ausweisungsbeschluß unter dem 30. März 1878 widerrufen wurde.

Der Staatsrath schließt mit dem Hinweise darauf, daß Angesichts dieser Thatsachen die Ausweisung des Pierre Hanf in keiner Weise den Vorschriften des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Deutschland vom 27. April 1876 (Art 7) widerspreche, welchen Umstand der Rekurrent auch gar nicht bestreite; in E r w ä g u n g : 1) daß Pierre Hanf nach aktenmäßiger Feststellung durch seine sitten- und rechtswidrige Aufführung die Gesetze und Polizeiverordnungen des Kantons Genf fortwährend verletzt; 2) daß der rekurrirte Ausweisungsbeschluss sonach mit den Vorschriften des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Deutschland vom 27. April 1876, welche in casu allein in Betracht kommen, vollständig im Einklänge steht; beschlossen: 1. Der Rekurs wird als unbegründet abgewiesen.

2. Schriftliche Mittheilung dieses Beschlusses an die Regierung des Kantons Genf, sowie -- durch die Bundeskanzlei -- an den Rekurrenten.

B e r n , den 7. Dezember 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesrathsbeschluss über den Rekurs des Herrn Pierre Hanf, Marchand-tailleur, in Genf, aus Dossenheim (Großh. Baden), betreffend Ausweisung aus Genf. (Vom 7.

Dezember 1885.)

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19.12.1885

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