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Münz vertragzwischen

der Schweiz, Frankreich, Griechenland und Italien.

(Unterzeichnet in Paris den 6. November 1885.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Der Präsident der französischen Republik, Seine Majestät der König der Hellenen und Seine Majestät der König von Italien, von dem Wunsche ausgehend, die zwischen den vier Staaten gegründete Münz-Union aufrechtzuhalten, und im Hinblicke auf die Notwendigkeit, den Vertrag vorn 5. November 1878 in einzelnen Punkten abzuändern und zu vervollständigen, haben beschlossen, zu diesem Zwecke einen neuen Vertrag abzuschließen, und zu daherigen Bevollmächtigten ernannt: ö

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Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn Karl Eduard L a r d y , seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris, etc. etc. ; und Herrn Konrad C r a n i e r - F r e y , Mitglied des schweizerischen Nationalraths, etc. etc.;

Der Präsident der französischen Republik: Herrn C. de F r e y c i n e t , Mitglied des Instituts, Senator, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, etc., etc. 5 Herrn Sadi G a r n o t, Deputirter, Finanzminister, etc. etc.; Herrn Du c l e r c , Senator, ehemaliger Präsident des Ministerrathes, etc. etc. ; und Herrn M. M a g n i n , Vicepräsident des Senats, Gouverneur der Bank von Frankreich, etc. etc.;

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Scine Majestät der König der Hellenen: Herrn Constantin A. C r i é s i s , Geschäftsträger Griechenlands in Paris, etc. etc. ; und Herrn Anton D. V l äs t o;

Seine Majestät der König von Italien; Herrn Ludwig L u z z a t t i , Deputirter, etc. etc.; Herrn R a n i e r i S i m o n é l l i , Deputirter, etc. etc.; und Herrn Viktor El l en a, Staatsrath, etc. etc., welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer, in gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Artikel vereinbart haben: Artikel 1.

Die Schweiz, Frankreich, Griechenland und Italien halten ihren Münzverband in Bezug auf Feingehalt, Gewicht, Durchmesser und Kurs ihrer Gold- und Silbermünzsorten aufrecht.

Art. 2.

Als Typen der das Gepräge der hohen Vertragsstaaten tragenden Goldmünzen sind anzusehen: Die Stücke von 100 Franken, von 50 Franken, 20 Franken, 10 Franken und 5 Franken, deren Feingehalt, Gewicht, Fehlergrenze und Durchmesser wie folgt festgestellt werden: Peingehalt.

Gewicht.

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Münzen.

Franken.

Fehler- · grenze desj Richtiger Gehalts i Richtiges Gehalt. nach Innen Gewicht, und nach i Außen. !

Tausendstel.

Tausendstel.

(Jramm.

100 50 Gold

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Gewichts l 'nack Innen und nach ,, Außen. i|

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32,25806 16,12903 6,45161 3,22580 1,61290

Tausendstel.

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494 Die vertragschließenden Regierungen werden an ihren öffentlichen Kassen die in dem einen oder dem andern der vier Staaten .nach vorstehenden Normen geprägten Goldstücke ohne Unterschied annehmen, jedoch unter Vorbehalt des Ausschlusses solcher Stücke, deren Gewicht durch Abnutzung um a /2 °/o unter die ob bezeichneten Fehlergrenzen herabgesunken oder deren Gepräge verschwunden sein sollte.

Art. 3.

·

Der Typus der das Gepräge der hohen Vertragsparteien tragenden Silbermünzen von fünf Franken wird mit Bezug auf Feingehalt, Gewicht, Fehlergrenze und Durchmesser wie folgt festgestellt : Feingehalt.

Richtiger Gehalt.

Gewicht.

Fehlergrenze des Gehalts nach Innen und nach Außen.

Richtiges Gewicht.

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Fehlergrenze des Gewichts nach Innen und nach Außen.

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Millimeter.

Tausendstel.

Tausendstel.

Gramm.

Tausendstel.

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Die vertragschließenden Regierungen werden gegenseitig an ihren öffentlichen Kassen die erwähnten Silbermünzen von fünf Franken annehmen.

Jeder der Vertragsstaaten verpflichtet sich, von den öffentlichen Kassen der andern Staaten diejenigen silbernen Fünffrankenstücke zurückzunehmen, deren Gewicht durch Abnutzung um l % unter die gesetzliche Fehlergrenze herabgesunken ist, außer es hätte eine betrügerische Alterirung solcher Stücke stattgefunden oder es wäre ihr Gepräge verschwunden.

In Frankreich werden die silbernen Fünffrankenstücke an den Kassen der Bank von Frankreich für Rechnung des Staatsschatzes angenommen, wie dies aus den zwischen der französischen Regierung und der Bank von Frankreich am 31. Oktober und 2. November 1885 gewechselten und dem gegenwärtigen Vertrage angefügten Schreiben erhellt.

Diese Verpflichtung erstreckt sich auf die in Art. 13, Alinea l, festgesetzte Dauer des gegenwärtigen Vertrages, ohne daß die Bank

über dieselbe hinaus durch die in Alinea 2 des gleichen Artikels enthaltene Bestimmung über stillschweigende Vertragserneuerung gebunden wäre.

Für den Fall, daß die Bestimmungen betreffend den gesetzlichen Kurs der in den andern Staaten der Münzunion geprigten silbernen Fünffrankenstücke während der Dauer der von der Bank von Frankreich eingegangenen Verpflichtung, sei es von Griechenland oder von Italien oder von der Schweiz, aufgehoben werden sollten, wird von der Macht oder den Mächten, welche diese Aufhebung aussprechen, die Verpflichtung übernommen, ihre Emissionsbanken zu verhalten, die silbernen Fünffrankenstücke der andern Unionsstaaten zu den gleichen Bedingungen anzunehmen, wie die silbernen Fünffrankenstücke einheimischen Gepräges.

· Zwei Monate vor Eintritt des für die Kündigung des Vertrags bezeichneten Zeitpunktes hat die französische Regierung den Unionsstaaten kundzugeben, ob die Bank von Frankreich die oberwähnte Verpflichtung weiter übernimmt oder nicht. Unterbleibt diese Mittheilung, so gilt für die Verpflichtung der Bank von Frankreich die Bestimmung über stillschweigende Vertragserneuerung.

Art. 4.

Die vertragschließenden Regierungen verpflichten sich, Silbermünzen von 2 Pranken, l Franken, 50 Rappen und 20 Rappen nur mit Einhaltung folgender Normen in Bezug auf Feingehalt, Gewicht, Fehlergrenze und Durchmesser zu prägen : Feingehalt.

Münzen.

Fr.

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Bp.

2. 00 1. 00 0. 50 0. 20

|

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Gewicht.

Fehler- | Fehler- j grenze des | grenze des Richtiges Richtiger Gehalts Gewichts Gehalt, nach Innen! Gewicht. nach Innen und nach i und nach Aussen. |j Aussen. · Tausendstel. Tausendstel. |

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3

1

Gramm.

10.

5.

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1.

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Tausendste.. |l TM£

00 00 > 50 00

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Diese Münzen sollen von den Regierungen, die sie ausgegeben haben, eingeschmolzen werden, sobald ihr Gewicht durch Abnutzung

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um 5 °/o unter obbezeichnete Fehlergrenzen herabgesunken ihr Gepräge verschwunden sein sollte.

oder

Art. 5.

Die nach den Vorschriften des Art. 4 geprägten Silbermünzen sollen für die Privaten desjenigen Staates, der sie ausgegeben hat, bis zum Belaufe von Fr. 50 auf jeder Zahlung gesetzlichen Kurs haben. Der Staat, der sie in Umlauf gesetzt hat, wird sie von seinen Landesangehörigen ohne Beschränkung des Betrags annehmen.

Art. 6.

Die öffentlichen Kassen Jodes der vier Staaten werden die von einem oder mehreren der andern Vertragsstaaten gemäß Art. 4 geprägten Silbermünzen bis zum Belaufe von Fr. 100 auf jeder Zahlung, die an genannte Kassen geleistet wird, annehmen.

Art. 7.

Jede der vertragschließenden Regierungen verpflichtet sich, von Privaten oder den .öffentlichen Kassen der andern Staaten die von ihr ausgegebenen Silberscheidomünzen anzunehmen und gegen einen gleichen Betrag kurrenter Gold- oder Silbermünzen, die nach den Vorschriften der Artikel 2 und 3 geprägt sind, auszuwechseln; jedoch darf die auszuwechselnde Summe nicht weniger als 100 Franken betragen. Diese Verpflichtung verbleibt noch ein Jahr über den Ablauf des gegenwärtigen Vertrages hinaus in Kraft.

Art. 8.

Die Ausprägung von Goldslücken nach Maßgabe des Art. 2, mit Ausnahme derjenigen von goldenen FünffVankenstücken, welche vorläufig eingestellt bleibt, ist jedem der Vertragsstaaten freigestellt.

Die Ausprägung von silbernen Fiinffrankenstücken bleibt vorläufig eingestellt. Sie darf nur auf Grund einstimmigen Einverständnisses aller Vertragsstaaten wieder aufgenommen werden.

Sollte jedoch einer der Staaten die freie Prägung der silberne« Fünffrankenstucke wieder aufnehmen wollen, so ist ihm solches unbenommen, unter der Bedingung, daß er während der ganzen Dauer gegenwärtigen Vertrags den andern Vertragsstaaten auf ihr Verlangen die von ihm geprägten, auf ihrem Gebiete zirkulireuden silbernen Fünffrankenstücke in Gold und auf Sieht auswechsle oder rückzahle. Im Weitern stünde es den andern Staaten frei, die Fünffrankenstücke des Staates, der jene Prägung wieder aufnähme, nicht mehr anzunehmen.

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Will ein Staat diese Ausprägung wieder aufnehmen, so hat er, «derselben vorgängig, eine Konferenz mit den andern Uniousstaaten zu veranlaßen , um die Bedingungen dieser Wiederaufnahme festzustellen, ohne daß jedoch die im vorhergehenden Alinea erwähnte ßefugniß an das Zustandekommen eines Einverständnisses geknüpft wäre und ohne daß die im gleichen Alinea über Austausch und Rückzahlung stipulirten Bedingungen modifizirt werden dürften.

Kommt es zu keiner Verständigung, so behält sich die Schweiz, unbeschadet der Vergünstigung, welche ihr durch vorstehende Bestimmungen gegenüber einem die freie Prägung von silbernen T?ünffrankenstücken wieder aufnehmenden Staate eingeräumt ist, die Freiheit vor, vor Ablauf des gegenwärtigen Vertrages aus der Union auszutreten. Diese Freiheit ist jedoch an die doppelte Bedingung geknüpft: 1) daß während vier Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an gerechnet, der Art. 14 und die angehängte SpezialVereinbarung nicht anwendbar sein sollen gegenüber den Staaten, welche die freie Prägung silberner Fünffrankenstücke nicht aufgenommen haben; und 2) daß die Silbermünzen der genannten Staaten während des gleichen Zeitraumes in der Schweiz auch ferner gemäß den Bestimmungen gegenwärtigen Vertrages circuliren dürfen. Ihrerseits verpflichtet sich die Schweiz, während des gleichen Zeitraumes von vier Jahren die freie Prägung silberner Fünffrankenstücke nicht wieder aufzunehmen.

Die schweizerische Bundesregierung ist ermächtigt, die Umschmelzung der frühem Emissionen schweizerischer Fünfi'rankenstücke, bis auf den Betrag von 10 Millionen Franken, vornehmen zu lassen, wobei ihr jedoch obliegt, die alten Stücke auf ihre Kosten zurückzuziehen.

Art. 9.

Die hohen Vertragsstaaten dürfen Silbermünzen zu 2 Franken, l Franken, 50 Rappen und 20 Rappen, die nach den Vorschriften des Art. 4 geprägt sind, nur bis zum Betrage von 6 Franken auf jeden Einwohner ausgeben.

Mit Rücksicht auf die neuesten, in jedem Staate vorgenommenen Volkszählungen und die normale Bevölkerungszunahme werden die Beträge wie folgt festgestellt: für die Schweiz .

.

.

. a u f 19,000,000 Franken, ,, Frankreich, Algier und die Kolonien ,, 256 000,000 ,, ,, Griechenland .

.

.

. ,, 15,000,000 ,, ,, Italien ,, 182,400,000 ,, In obigen Summen sind die Beträge Inbegriffen, welche durch die Vertragsstaaten auf heutigen Tag bereits ausgegeben sind.

498 Die italienische Regierung ist ausnahmsweise ermächtigt, SilberScheidemünzen im Betrage von 20 Millionen Franken prägen za lassen. Diese Summe ist dazu bestimmt, die Ersetzung der alten Münzen durch solche zu sichern, welche den Vorschriften von Art. 4 des gegenwärtigen Vertrages entsprechend geprägt sind.

Die schweizerische Bundesregierung ist ausnahmsweise ermächtigt, mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Laudesbevölkerung, Silber-Scheidemünzen im Betrage von 6 Millionen Franken prägen zu lassen.

Die französische Regierung ist ebenfalls ausnahmsweise ermächtigt, zur Umprägung der früher aus der Circulation zurückgezogenen päpstlichen Münzen in silberne Scheidemünzen bis auf den Betrag von 8 Millionen Franken zu sehreiten.

Art. 10.

Die Jahreszahl soll auf den in den vier Staaten geprägten Gold- und Silbermünzen in genauer Uebereinstimmung mit dem Datum der Ausprägung angemerkt werden.

Art. 11.

Die Regierung der französischen Republik übernimmt den Auftrag, alle auf die Emission von Münzen, auf die Produktion und Konsumtion von Edelmetallen, auf Münzumlauf, Falschmünzerei und Alterirung von Münzen bezüglichen administrativen und statistischen Dokumente zusammenzustellen. Sie wird dieselben den andern Regierungen mittheilen und es wird erforderlichen Falls von Seite der Vertragsstaalen ein verständlich auf Vorkehrungen Bedacht genommen werden, die geeignet sind, diesen Aufschlüssen alle wünschbare Genauigkeit zu geben, sowie der Falschmünzerei und MüDzverschlechterung vorzubeugen und deren Unterdrückung zu sichern.

Art. 12.

Verlangt ein Staat den Beitritt zum gegenwärtigen Vertrage, indem er die in diesem enthaltenen Verpflichtungen zu übernehmen und das Münzsystem der Union zu adoptiren bereit ist, so kann diesem Begehren nur durch einstimmige Einwilligung der hohen Vertragsparteien entsprochen werden.

Diese letztern verpflichten sich, den silbernen Fünffrankenstücken der nicht zur Union gehörenden Staaten den gesetzlichen Kurs zu entziehen oder zu verweigern, und es dürfen diese Stücke weder

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an den öffentlichen Kassen, noch bei den Emissionsbanken angenommen werden.

Art. 13.

Der gegenwärtige, mit dem 1. Januar 1886 vollziehbare Vertrag bleibt bis zum 1. Januar 1891 in Kraft.

Wird er nicht ein Jahr vor Ablauf dieser Frist gekündet, so gilt er ohne Weiteres, als stillschweigend je auf ein Jahr erneuert.

Nach seiner Kündigung bleibt er noch ein Jahr nach dem 1. Januar, der auf die Kündigung folgt, in Kraft.

Art. 14.

Im Falle der Kündigung gegenwärtigen Vertrages ist jeder der Vertragsstaaten gehalten, die von ihm ausgegebenen silbernen Fünffrankenstücke, wenn sich solche bei den andern Staaten im Umlauf oder in den öffentlichen Kassen derselben befinden, zurückzunehmen, und dafür an diese Staaten einen Betrag auszuzahlen, der dem Nennwerth der zurückgenommenen Münzen gleichkommt; Alles gemäß den Modalitäten, wie sie in einer besondern, dem gegenwärtigen Vertrage angehängten Vereinbarung des Nähern festgesetzt sind.

Art. 15.

Gegenwärtiger Vertrag soll ratifizirt und die Ratifikationen sollen in Paris thunlichst bald, spätestens am 30. Dezember 1885, ausgewechselt werden.

Zur Urkunde dessen haben die betreffenden Bevollmächtigten gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und demselben ihr Wappensiegel beigedrückt.

Vierfach ausgefertigt in P a r i s , den 6. November 1885.

(L. S.) (Gez.) Lardy.

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C. Cramer-Frey.

C. de Freycinet.

Sadi Carnot.

E. Duclerc.

J. Magnin.

C. A. Criésis.

A. Vlasto.

Luigi Luzzatti.

Ranieri Simonelli.

V. Ellena.

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Münzvertrag zwischen der Schweiz, Frankreich, Griechenland und Italien. (Unterzeichnet in Paris den 6. November 1885.)

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1885

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12.12.1885

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