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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die Bezahlung des Militärpflichtersatzes von Schweizern im Auslande.

(Vom 27. Oktober 1885.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

In einer am 30. September abbin eingelangten Eingabe, unterzeichnet von 29 in Mailand wohnenden Schweizerbürgern, wird dem Bundesrathe zur Kenntniß gebracht, daß von den dort domizilirten Schweizern nur die Angehörigen der Kantone Zürich, Basel, Graubünden und Tessin zur Bezahlung des Militärpflichtersatzes angehalten würden, während die Angehörigen anderer Kantone unbehelligt bleiben. Unter Hinweisung auf die Unstatthaftigkeit eines solchen Zustandes gegenüber dem Gesetz und namentlich auch unter Hervorhebung des Unrechtes, welches diese ungleiche Behandlung der Angehörigen der verschiedenen Kantone in sich schließt, behalten sich die Beschwerdeführer für die Zukunft volle Freiheit des Handelns vor, insofern das Gesetz gegenüber den im Auslande wohnenden Schweizerbürgern nicht eine gleichmäßige Anwendung erfahre.

Es ist uns nicht unbekannt geblieben, daß die Vollziehung des Bundesgesetzes über Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878 gegenüber den im Auslande wohnenden Schweizerbürgern eine mangelhafte und namentlich ungleichmäßige ist. Es wurde hierseits auch nicht unterlassen, sowohl den eidg. Räthen als den kantonalen Behörden von diesen Uebelständen Kenntniß zu geben und deren

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Beseitigung anzustreben. Wir verweisen auf unsere Geschäftsberichte pro 1880, 1881, 1882, 1883 und 1884, sowie namentlich auf Art. l unseres Kreisschreibens vom 12. Dezember 1883, und machen neuerdings darauf aufmerksam, daß bereits durch Bundesrathsbeschluß vom 27. Brachmonat 1879 die diplomatischen und konsularischen Vertreter der Schweiz irn Auslande angewiesen worden sind,0 den Kantonsregierungen bei der Steueranlage ersatzpflichtiger Schweizer im Auslande behülflich zu sein.

Nach Art. 3 der Vollziehungs-Verordnung vom 1. Juli 1879 beschränkt sich zwar die amtliche Verpflichtung der Schweiz. Vertreter im Auslande auf Ertheilung von Aufschlüssen über Wohnsitz, Personal Verhältnisse, Vermögen und Einkommen der namhaft zu machenden Ersatzpflichtigen, sowie auch Veranstaltung von Einvernahmen und Anzeigen. Es steht jedoch den Inhabern dieser Amtstellen vollständig frei, in ihrer sonstigen Stellung auch den Inkasso der Ersatzsteuer zu besorgen oder zu vermitteln und hiefür allfällige Bedingungen mit den betreffenden Kantonen zu vereinbaren ; ferner dürfte mancherorts der Steuerbezug auch durch Vermittlung von Eltern oder Familienangehörigen solcher Ersatzpflichtiger oder durch Personen zu bewerkstelligen sein, die deren Interessen im Inlande vertreten.

Auch bei Behandlung einzelner Steuerfälle und sachbezüglicher Fragen haben wir jeden Anlaß benutzt, um den gerügten Uebelständen abzuhelfen.

Da jedoch die Vollziehung des Gesetzes über Militärpflichtersatz, Sache der Kantone ist, so müssen unsere daherigen Bemühungen von bedingtem Erfolge bleiben, so lange sich nicht sämmtliche Kantone zu einem gleichmäßigen Vorgehen bestimmen lassen. Wenn auch einige Kantone den einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes und unsern Anordnungen in nachhaltiger Weise Folge leisten und ihre Bemühungen von erheblichem Erfolge begleitet sehen, so muß dieses vereinzelte Vorgehen anderseits unter den Ersatzpflichtigen aus naheliegenden Gründen jene berechtigte Mißstimmung hervorrufen, welche die Ursache der eingangserwähnten Eingabe geworden ist, und so der Durchführung des Gesetzes neue, erhebliche Hindernisse und Schwierigkeiten bereiten.

Im Hinblick auf diese Sachlage erachteten wir es in unserer Pflicht, Ihnen von dieser Eingabe Kenntniß zu geben und Ihnen neuerdings die fatalen Folgen einer solchen ungleichen Gesetzesvollziehung vor Augen zu fuhren.

Indem wir zum Schlüsse die bestimmte Erwartung aussprechen, unsere erneute Vorstellung werde bewirken, daß endlich sämmtliche

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Kantone sich dazu entschließen, das Bundesgesetz über Militärpflichtersatz auch gegen landesabwesende Ersatzpflichtige den bestehenden Vorschriften gemäß in Anwendung zu bringen und dadurch dem verfassungsmäßigen Grundsätze der Gleichstellung aller Schweizer vor dem Gesetze auch hier Geltung zu verschaffen, benutzen wir gerne den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samtnt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 27. Oktober

1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : ßingier.

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die Bezahlung des Militärpflichtersatzes von Schweizern im Auslande. (Vom 27. Oktober 1885.)

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Jahr

1885

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48

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

31.10.1885

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190-192

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