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Nachtrag zur

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, vom 4. Dezember 1885, betreffend die Ratifikation der Münzkonvention.

(Vom 15. Dezember 1885.)

Tit.

Wie Ihnen bekannt, ist Belgien, welches bisher dem lateinischen Münzverband angehörte, der neuen, am 6. November letzthin in Paris unterzeichneten Konvention nicht beigetreten, weil Belgien die in derselben für den Fall der Kündigung des neuen Vertrages, betreffs der silbernen Fünffrankenstücke vorgesehene Liquidationsklausel, deren Modalitäten in der dem Vertrag angehängten, unter obigem Datum unterzeichneten Vereinbarung enthalten sind, nicht glaubte acceptiren zu können.

Die Unterzeichner der neuen Münzkonvention wollten indessen Belgien den nachträglichen Beitritt nicht verunmöglichen, sondern behielten zu diesem Zweck das Protokoll offen, indem sie gleichzeitig Frankreich den Auftrag ertheilten, die Unterhandlungen mit Belgien fortzusetzen, welche sodann mit dem Abschluß eines ZusatzAktes endeten, den wir Ihnen im Anschluß zu unterbreiten die Ehre haben.

In dem vorliegenden Zusatz-Akt wird nun Belgien eine ähnliche Vergünstigung eingeräumt, wie sie im Art. 9 der Konvention Frankreich, Italien und der Schweiz mit Beziehung auf außerordentliche Prägungen von Silberscheidemünzen eingeräumt ist.

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Es wird Belgien (Art. 3) gestattet, aus einzuschmelzenden Fünffrankenstücken fünf Millionen Franken Silbersnheidemünzen (Zwei-, Ein- und Halbfranken- und Zwanzigcentimesstücke) anzufertigen.

Betreffend die Liquidation zwischen Belgien und der Schweiz für den Fall der Auflösung des Münzvertrages setzt der Art. 6 des Zusatz-Aktes Folgendes fest : ,,Belgien verpflichtet sieh, der Schweiz successive bei Sicht, in schweizerischen silbernen Fünffrankenstücken oder in Goldstücken von 10 Franken und darüber, welche nach den Vorschriften der Münzkonvention geprägt sind, und zwar von Beginn des auf die Auflösung der Konvention folgenden Jahres an, alle Sendungen belgischer, in der Schweiz zurückgezogener silberner Fünffrankenstücke zurückzuzahlen. Jede dieser Sendungen soll nicht weniger als eine Million und nicht mehr als zwei Millionen Franken betragen, einzig die Schlußzahlung darf weniger als eine Million Franken ausmachen. Indessen sollen die von der belgischen Regierung an die schweizerische Regierung gegen die zurückzuziehenden belgischen silbernen Fünffrankenstücke in Gold oder in schweizerischen silbernen Fünffrankenstücken auszurichtenden Rückzahlungen die Summe von sechs Millionen Franken nicht übersteigen.

Wenn der zu liquidirende Saldo die Summe von sechs Millionen Franken übersteigen würde, so verpflichtet sich Belgien, an seiner Münzgesetzgebung keinerlei Aenderung vorzunehmen, welche die Zurückleitung des benannten Saldo's auf kommerziellem oder auf dem Wege der Auswechslungen hemmen könnte, und zwar während einer Periode von fünf Jahren, von der Auflösung der Union an gerechnet, oder während derjenigen Periode, welche zu gleichem Zwecke zwischen Frankreich und Belgien vereinbart worden wäre."1 Zu weitern Anbringen über diesen Zusatz-Akt finden wir uns nicht veranlaßt, indem die einzige Bestimmung, die in diesem Zusatzvertrag die Interessen der Schweiz berührt (Art. VI), vollständig im Sinne unsrer Instruktion und, wie wir glauben, in zureichender Berücksichtigung unsrer Interessen formulirt worden ist.

Unmittelbar vor der Unterzeichnung machte Griechenland noch den Vorbehalt, nach Abschaffung des zur Zeit in jenem Lande geltenden Zwangskurses für den Fall der Liquidation der Münzunion auch für sich die proportionale Anwendung des zwischen Frankreich und Belgien vereinbarten Liquidationsverfahrens
zu beanspruchen, das heißt wohl nur die Hälfte seiner Fünffrankenstücke v e r t r a g s m ä ß i g , und die andere Hälfte im V e r k e h r s w e g e zurücknehmen zu müssen.

595 Da nun Griechenland im Ganzen nur für ca. 15 Va Millionen Franken in Fünffrankenstücke ausgeprägt hat und hievon nur ein rninimer Theil in der Schweiz circulirt und circuliren wird, so ist ersichtlich, daß dieser vage Vorbehalt, auch wenn ihm dereinst von den Unionsstaaten Zustimmung und Folge gegeben wird, für die Schweiz keine fühlbare Belästigung enthält.

Wir schließen mit dem Antrage, es möchte die Bundesversammlung auch dem vorliegenden, unterm 12. dieses Monats in Paris abgeschlossenen Zusatz-Akt und dem zugehörigen Protokoll die Genehmigung ertheilen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 15. Dezember 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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#ST#

Zuzsatz-Akt zu dem

zwischen der Schweiz, Frankreich, Griechentand und Italien unterm 6. November 1885 abgeschlossenen Münzvertrag.

Nachdem die Regierungen, welche den am 6. November 1885 in Paris abgeschlossenen Münzvertrag unterzeichnet haben, übereingekommen sind, Belgien den Wiedereintritt in die erneuerte Konvention offen zu halten und die belgische Regierung von der gebotenen Gelegenheit Gebrauch zu machen wünscht, haben die Unterzeichneten, zu diesem Zwecke mit gehörigen Vollmachten ausgerüstet, folgende Artikel vereinbart: Artikel 1.

Die belgische Regierung tritt der am 6. November 1885 in Paris zwischen der Schweiz, Frankreich, Griechenland und Italien unterzeichneten Konvention bei, ebenso der derselben beigefügten Deklaration und Vereinbarung.

Die Regierungen der Schweiz, von Frankreich, Griechenland und Italien ihrerseits nehmen Akt von der Beitrittserklärung Belgiens und geben derselben ihre Zustimmung.

Artikel 2.

Die belgische Nationalbank wird während der Dauer der Konvention die silbernen Fünffrankenstücke der Unionsstaaten zu den nämlichen Bedingungen annehmen, wie die belgischen silbernen Fünf-

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Nachtrag zur Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, vom 4. Dezember 1885, betreffend die Ratifikation der Münzkonvention. (Vom 15. Dezember 1885.)

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19.12.1885

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