Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen Bericht vom 21. Oktober 2011 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 18. Januar 2012

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 21. Oktober 2011 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates über die Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen und bezugnehmend auf die Schlussbemerkungen des genannten Berichts nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR 171.10) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Ihnen, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unsere vorzügliche Hochachtung.

18. Januar 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2011-2836

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Zusammenfassung Mit ihrem Bericht vom 21. Oktober 2011 «Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen» überwies die Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates (GPK-N) dem Bundesrat drei Empfehlungen und reichte ein Postulat ein.

In der vorliegenden Stellungnahme tritt der Bundesrat auf den Bericht und dessen Empfehlungen und auf das Postulat ein.

Der Bundesrat dankt zunächst der GPK-N und der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) für ihre Analyse und anerkennt den wichtigen Beitrag, den die GPK und die PVK damit zur Evaluation der Funktionsweise der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen leisten. Mit seiner Stellungnahme möchte der Bundesrat die intensiven Abklärungen der GPK an einzelnen Stellen ergänzen. Er ist mit den Zielformulierungen der GPK-N weitgehend einverstanden und bereit, die Empfehlungen zu übernehmen.

Der Bundesrat wird aufgrund der Empfehlungen der GPK-N insbesondere die folgenden Massnahmen treffen oder hat diese bereits getroffen: ­

Empfehlung 1: Strategische und operative Steuerung Die GPK-N anerkennt, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) seit 2010 eine gute und umfassende Strategie entwickelt hat. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) hat das SECO dennoch beauftragt, die von der GPK-N verlangte strategische und operative Steuerung der flankierenden Massnahmen zu verstärken. Dazu ist eine Verbesserung der Steuerinstrumente geplant, die insbesondere über eine Konsolidierung der quantitativen und qualitativen Daten des SECO erreicht werden soll sowie über den Ausbau von Audits der Vollzugsinstanzen und eine verstärkte Unterstützung bei der Professionalisierung und der Begleitung der Vollzugsinstanzen durch das SECO (siehe auch unten).

Das EVD hat das SECO beauftragt, mögliche Lohnunterbietungen bei neu eingestellten Arbeitnehmenden in Verbindung mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) eingehend zu prüfen. Parallel wird diesbezüglich im Auftrag des SECO eine Untersuchung an der Universität Genf durchgeführt.

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Empfehlung 2: Harmonisierung der Prozesse Das EVD hat das SECO beauftragt, sämtliche Vollzugsorgane zu unterstützen und für die Professionalisierung ihrer Vollzugstätigkeit zu sorgen. Ausserdem wird das SECO dafür sorgen, die Zusammenarbeit zwischen den paritätischen Kommissionen (PK) der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV) auf Bundesebene einerseits und den kantonalen Behörden andererseits zu konsolidieren, dies insbesondere im Rahmen von Arbeiten in Zusammenhang mit den Kontrollen und der Weiterleitung der Sanktionen. Zu diesem Zweck sind ab Anfang 2012 Treffen zwischen den betroffenen Akteuren geplant. Gleichzeitig hat das EVD das SECO beauf-

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tragt, die Überwachung der Prozesse bei den Vollzugsorganen durch den Ausbau der Audits und der Kontrollen an der Quelle zu verstärken. Die ersten Audits der Vollzugsinstanzen werden im Frühling 2012 durchgeführt.

Das SECO verlangt von den für den Vollzug der flankierenden Massnahmen zuständigen kantonalen Behörden bei der Feststellung von Lohnunterbietungen eine transparente und systematische Methodik, die während des gesamten Prozesses zur Anwendung kommt, d. h. von der Kontrolle bis zu allfälligen Sanktionen oder bis zur Einführung von allgemeinverbindlich erklärten GAV oder Normalarbeitsverträgen (NAV) mit zwingenden Mindestlöhnen im Falle von wiederholten missbräuchlichen Lohnunterbietungen.

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Empfehlung 3: Kommunikation auf verlässlicher Datenbasis Der Bundesrat betont, dass die heutige Kommunikation und auch die Schlussfolgerungen aussagekräftig und objektiv sind. Das SECO wird aber künftig dafür sorgen, dass die Qualität der Daten, auf die sich die Kommunikation stützt, im Hinblick auf eine transparentere und vollständigere Kommunikation konsolidiert wird.

Der Bundesrat hat eine Gesetzesrevision im Sinne des Postulats der GPK-N vorgeschlagen, um die rechtlichen Lücken im Bereich der Durchsetzung von NAV mit zwingenden Mindestlöhnen zu schliessen. Er ist auch mit dem Antrag zur Problematik der Subunternehmerketten einverstanden.

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Postulat: Prüfung einer gesetzlichen Lösung Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz beschäftigen, sind durch das Obligationenrecht dazu verpflichtet, Mindestlöhne einzuhalten. Um die Durchsetzung von NAV mit zwingenden Mindestlöhnen sicherzustellen, soll diese Verpflichtung neu im Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verankert werden, damit in diesem Gesetz eine entsprechende Sanktionsmöglichkeit geschaffen werden kann. Infolgedessen muss zusätzlich der Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgedehnt werden.

Der Bundesrat wird dem Parlament seine Botschaft Anfang März 2012 unterbreiten. Die Gesetzesänderungen können folglich Ende 2012 in Kraft treten.

Der Bundesrat anerkennt die Problematik der Subunternehmerketten. Das SECO wird sich mit der Frage befassen und entsprechende Empfehlungen formulieren.

Die Stellungnahme des Bundesrates gliedert sich in drei Teile: In einem ersten Kapitel (Ziff. 1 und 2.1) wird in allgemeiner Weise auf die Untersuchung der GPK-N und ihre wichtigsten Schlussfolgerungen eingegangen. Auf diese Einleitung folgt in einem zweiten Teil die Stellungnahme des Bundesrates zu den einzelnen Empfehlungen und zum Postulat in der Reihenfolge, in der sie im Bericht der GPK-N behandelt werden (Ziff. 2.2). Anschliessend wird analysiert, wie viele Stellen für die Massnahmen erforderlich sind, die zur Erfüllung der Empfehlungen durchgeführt oder ausgebaut werden müssen(Ziff. 2.3). Nach Ansicht des SECO sind vier zusätzliche Stellen erforderlich.

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Abkürzungsverzeichnis BFS EVD EntsG EU FZA GAV GPK-N NAV OR PK PVK SECO TPK

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Bundesamt für Statistik Eidgenössisches Volkwirtschaftsdepartement Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (SR 823.20) Europäische Union Freizügigkeitsabkommen Gesamtarbeitsvertrag Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Normalarbeitsvertrag Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht, SR 220) Paritätische Kommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle Staatssekretariat für Wirtschaft Tripartite Kommission

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die von Juni 2010 bis Ende April 2011 durchgeführten Untersuchungen der GPK-N bezogen sich auf die Anwendung und die Wirksamkeit der flankierenden Massnahmen zum FZA seit deren Einführung. In der Bevölkerung wurden Fragen und Befürchtungen laut, die zu politischen Diskussionen und entsprechenden Medienberichten Anlass gaben. Die flankierenden Massnahmen wurden abhängig vom Stand der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU weiterentwickelt oder in Frage gestellt. Die Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes für acht weitere Staaten am 1. Mai 2011 sowie für Bulgarien und Rumänien ab 2016 hat ebenfalls zu Diskussionen über die Angemessenheit der flankierenden Massnahmen geführt.

Vor diesem Hintergrund hat die GPK-N die PVK beauftragt, eine Evaluation der Anwendung und Wirksamkeit der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit vorzunehmen. Die vorliegende Evaluation konzentriert sich auf die Rolle des Bundes im Rahmen der flankierenden Massnahmen. Die Informationen bezüglich der Umsetzung durch die Kantone und die PK werden verwendet, um die Steuerung des Bundes und die Anwendung der flankierenden Massnahmen zu evaluieren. Auf die Gründe für die unterschiedlichen Praktiken der Vollzugsorgane wird nicht weiter eingegangen. Auch das FZA wurde von der PVK nicht evaluiert.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 hat die GPK-N dem Bundesrat ihren Bericht zukommen lassen und ihn gebeten, bis Ende Januar 2012 dazu Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Einleitung

Der Bundesrat dankt der GPK-N für die Analyse der Umsetzung der flankierenden Massnahmen. Aus Sicht des Bundesrates sind die drei aus der Untersuchung resultierenden Empfehlungen und das Postulat der GPK-N nützliche Orientierungshilfen, um die Wirksamkeit der flankierenden Massnahmen zu erhöhen.

Der Bundesrat war angesichts der hohen Bedeutung der in der Untersuchung angesprochenen Themen bestrebt, sich der Anliegen der GPK-N so rasch wie möglich anzunehmen und ohne Verzug konkrete Massnahmen zu ergreifen.

Die GPK-N anerkennt, dass die Steuerung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit aufgrund des vielschichtigen Vollzugsapparats auf nationaler Ebene komplex ist. Die Beurteilung dieses Systems ist äusserst aufwändig, was auch die von der Meinung der GPK-N abweichenden Schlussfolgerungen des Bundesrates erklären kann.

In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat auf die folgenden zwei Grundsätze für die Umsetzung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit hin: 1.

Das Gesetz bestimmt die Vollzugsorgane. Es erwähnt insbesondere die kantonalen TPK und die PK der allgemeinverbindlich erklärten GAV. Den Vollzugsorganen wird dabei eine grosse Autonomie gewährt.

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2.

Die Vollzugsmassnahmen in Branchen mit allgemeinverbindlich erklärten GAV auf Bundesebene sollen die Einhaltung der in den Verträgen festgelegten Mindestlöhne garantieren, während die Aufsicht in Branchen, die keinem allgemeinverbindlich erklärten GAV unterstehen, allfällige missbräuchliche Lohnunterbietungen aufdecken soll.

Diese zwei Punkte wurden aus Sicht des Bundesrates in den Untersuchungen der PVK nicht ausreichend berücksichtigt. Die PVK kommt in diesen zwei Punkten deshalb zu Schlussfolgerungen, die sich nicht immer mit den Schlussfolgerungen des Bundesrates decken.

Lohndruck Es ist dem Bundesrat ein Anliegen, die Feststellungen aus dem Bericht der GPK-N über den offensichtlichen Lohndruck richtigzustellen. Diese Feststellungen stützen sich vornehmlich auf die Schlussfolgerungen des Expertenberichts des Forschungsinstituts für Arbeit und Arbeitsrecht der Universität St. Gallen. Gemäss dieser Studie machte sich infolge der Inkraftsetzung des FZA in bestimmten Branchen ab 2004 ein Lohndruck bemerkbar. Für verlässliche Aussagen zu den Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf die Löhne in der Schweiz ist die Untersuchungsgrundlage jedoch unzureichend. Zum einen sind andere Studien zu diesem Thema zu anderen Ergebnissen gekommen, zum anderen lässt die Studie der Universität St. Gallen einige methodische Fragen offen, die vertieft werden müssten, damit fundierte Schlussfolgerungen möglich sind.

Nach Ansicht des Bundesrates liefert die Studie ein interessantes Modell, um die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf die Lohnstruktur und einen möglichen Lohndruck zu beurteilen. Für eine aussagekräftige Schlussfolgerung sind jedoch genauere Untersuchungen der in bestimmten Branchen festgestellten Auswirkungen nötig. Das SECO wird deshalb die Lohnentwicklung anhand einer ähnlichen Spezifikation wie die Universität St. Gallen näher prüfen. Dazu zieht es die Ende November 2011 veröffentlichten Daten der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2010 des BFS hinzu. Das SECO hat die Universität Genf mit der Durchführung dieser ergänzenden Studie beauftragt.

Umsetzung der flankierenden Massnahmen Wie die GPK-N festhält, ist das Vollzugssystems der flankierenden Massnahmen komplex. Mit den Umsetzungsaufgaben sind zahlreiche Organe betraut, die eng zusammenarbeiten. Bei der Einführung der flankierenden Massnahmen beschloss der Gesetzgeber, die Arbeitsmarktaufsicht dezentralisiert zu organisieren. Eine einheitliche Umsetzung beziehungsweise eine Standarddefinition des Begriffs der missbräuchlichen Lohnunterbietung haben nie zu den Zielsetzungen gehört. Diese Besonderheiten führen zu einer gewissen Heterogenität der
Umsetzung. Allerdings müssen sich die Vollzugsorgane an gewisse systematische Prozesse halten. Ein solches System entspricht dem Willen des Gesetzgebers.

Die Umsetzung der flankierenden Massnahmen ist noch verbesserungsfähig. Der Vorsteher des EVD hat deshalb im Anschluss an den runden Tisch vom 5. Juli 2011 mit den Sozialpartnern eine Arbeitsgruppe gebildet, welche die Probleme beim Vollzug der flankierenden Massnahmen analysiert und entsprechende Lösungen ausgearbeitet hat. Die Arbeitsgruppe hat ihren Schlussbericht im Januar 2012 dem Vorsteher des EVD vorgelegt. Ausserdem hat der Bundesrat am 23. September 2011 einen Entwurf für eine Änderung der Gesetzgebung über die flankierenden Mass1260

nahmen in die Vernehmlassung geschickt, mit welcher die rechtlichen Lücken in diesem Bereich geschlossen werden sollen. Die Vorlage enthält ebenfalls Bestimmungen zur Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit. Der Bundesrat wird dem Parlament seine Botschaft Anfang März 2012 unterbreiten. Die Änderungen könnten so 2012 in Kraft treten.

Die GPK-N ist der Auffassung, dass der Bundesrat und das EVD «Schritte in die richtige Richtung eingeleitet» haben, hält aber fest, dass das SECO sein Engagement noch verstärken und mehr personelle Ressourcen für diesen Bereich einsetzen muss.

Kommunikation Die GPK-N hält die Qualität der Informationsgrundlagen, auf die sich der Bundesrat bei seiner Kommunikation zu den flankierenden Massnahmen stützt, für ungenügend. Die Kritik beruht jedoch hauptsächlich auf einer Untersuchung der Jahresberichte der Vollzugsorgane durch die PVK und nicht auf die vom SECO erhobenen Daten. Die von der PVK analysierten Daten werden weder zur Untersuchung der wirksamen Umsetzung der flankierenden Massnahmen noch im Rahmen des Jahresberichts des SECO über den Vollzug der flankierenden Massnahmen herangezogen.

Die Datensammlung des SECO basiert auf einer jährlich durchgeführten Vollerhebung bei den Vollzugsorganen und untersteht der Kontrolle des SECO. Informationen über die Anzahl der durchgeführten Kontrollen und der Verdachtsfälle beruhen im Allgemeinen auf verlässlichen Statistiken.

Steuerung Das SECO hat mit Inkrafttreten des EntsG die strategischen Ziele des Vollzugs der flankierenden Massnahmen festgelegt. So hat das SECO seit 2006 beispielsweise Leistungsvereinbarungen mit den kantonalen TPK abgeschlossen, in denen die konkreten Ziele (wie die Anzahl der durchzuführenden Kontrollen) festgehalten werden. Ähnliche Vereinbarungen wurden mit den PK der allgemeinverbindlich erklärten GAV auf Bundesebene getroffen, die den Auftrag haben, die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen in ihrer Branche durchzusetzen.

2010 wurde ein umfassendes, kohärentes Steuerungs- und Kontrollsystem zur Umsetzung der flankierenden Massnahmen eingeführt. Seine Operationalisierung ist im Gang und hat eine verstärkte Überwachung der Vollzugsorgane und die Einführung regelmässiger Audits derselben zur Folge.

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2.2

Zu den Empfehlungen und dem Postulat

Zur Empfehlung 1 Empfehlung 1

Strategische und operative Steuerung

Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, sich für die rasche Umsetzung einer klaren Steuerungsstrategie einzusetzen, die auf objektiven, den gesamten Schweizer Arbeitsmarkt berücksichtigenden Indikatoren beruht. Dabei ist sowohl sämtlichen Feststellungen der PVK als auch allen Empfehlungen der GPK-N Rechnung zu tragen. Insbesondere, ist der Problematik der neu eingestellten Arbeitnehmenden besondere Beachtung zu schenken.

Die GPK-N hält in ihrem Bericht fest, dass es vor 2010 keine globale Steuerungsstrategie gab, obwohl die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit bereits seit 1. Juni 2004 in Kraft sind. Der Bundesrat und das SECO hätten das sensible Thema der flankierenden Massnahmen sowohl bezüglich Umsetzungskonzept als auch bezüglich Personaldotation lange vernachlässigt. Die GPK-N gelangt zur Feststellung, dass die politische Steuerung der flankierenden Massnahmen ohne zuverlässige Erkenntnisse über deren Wirksamkeit erfolgt ist. Ihre Entwicklung sei abhängig gewesen von politischen Überlegungen, und sei es noch immer, müsste aber eigentlich ­ wie die Zielfestlegung auch ­ auf objektiven Indikatoren und auf verlässlichen Datengrundlagen beruhen.

Laut GPK-N hat das SECO 2010 jedoch eine gute und umfassende Strategie ausgearbeitet. Das SECO hat die wichtigsten Ziele in Bezug auf den Vollzug des EntsG sowie relevante Indikatoren zur Messung des Zielerreichungsgrads definiert. Der Bundesrat ist der Meinung, dass einige Indikatoren im Hinblick auf die in Erfüllung von Empfehlung 3 unternommenen Arbeiten weiter verbesserungsfähig sind. Zur Verbesserung der strategischen und operativen Steuerung benötigen die Vollzugsorgane zudem deutlich mehr Unterstützung, unter anderem bei der Professionalisierung der PK, beispielsweise durch verschärfte Kontrollen und eine verstärkte Begleitung vor Ort. Dazu müssen allerdings die Mittel in diesem Bereich aufgestockt werden.

Weiter hebt die GPK-N hervor, dass sich rund die Hälfte aller jährlichen Kontrollen im Zusammenhang mit den flankierenden Massnahmen auf die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konzentrieren, die weniger als 0,15 Prozent des nationalen Beschäftigungsvolumens ausmachen. Sie hält ausserdem fest, dass mehr als die Hälfte der Kontrollen in Branchen mit einem allgemeinverbindlich erklärten GAV stattfinden, obwohl diese Branchen
nur etwa 13 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung ausmachen. Dies deutet laut GPK-N auf ein grosses Problem im Bereich der strategischen Steuerung hin.

Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass, in Abstimmung mit Bund, Kantonen und Sozialpartnern, folgende quantitative Vorgaben zur Kontrolle der Betriebe festgelegt worden sind: Es ist vorgesehen, dass jährlich 50 Prozent der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mindestens 3 Prozent aller Schweizer Arbeitgeber in als besonders sensibel eingeschätzten Branchen (sog.

Fokusbranchen) und 2 Prozent in den übrigen Branchen kontrolliert werden. Diese Verteilung erklärt sich folgendermassen: Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeit1262

nehmer unterstehen aufgrund von Lohnunterschieden zwischen der Schweiz und ihrem Herkunftsland der systematischsten Kontrolle, da hier das Risiko einer Lohnunterbietung am grössten ist. Die hohe Anzahl an festgestellten Verstössen rechtfertigt diesen Ansatz. Ein grosser Teil der Kontrollen findet ausserdem in Branchen mit allgemeinverbindlich erklärten GAV statt, in welchen ein erhöhtes Risiko für missbräuchliche Lohnunterbietungen besteht (beispielsweise im Hotel-und Gastgewerbe, Bauhauptgewerbe, Baunebengewerbe oder im Reinigungsgewerbe). Schliesslich erklärt sich der vergleichsweise kleine Anteil an Kontrollen bei Schweizer Arbeitgeber auch mit der unterschiedlichen Kontrollweise im Vergleich zu den Kontrollen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Kontrollen bei Schweizer Arbeitgebern umfassen vergangene mehrjährige Perioden, wodurch eine jährliche Wiederholung unnötig wird. Vermehrte Kontrollen bei Schweizer Arbeitgebern durch die PK finden im Rahmen des gewöhnlichen Vollzugs der allgemeinverbindlich erklärten GAV statt, werden nicht vom Bund mitfinanziert und fallen deshalb ausserhalb des Bereichs der Steuerung der flankierenden Massnahmen.

Die strategische Steuerung der Kontrollen ist regelmässig neu überprüft und mehrmals durch Bund, Kantone und Sozialpartner bestätigt worden. Auch in Zukunft soll eine regelmässige Überprüfung stattfinden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass dieser Ansatz so belassen werden kann.

Bezüglich der Problematik der Löhne von neu angestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat das SECO, wie in Ziffer 2.1 erwähnt, bei der Universität Genf eine ergänzende Studie in Auftrag gegeben.

Der Bundesrat stellt klar, dass diese Untersuchung fester Bestandteil der Arbeiten über den Vollzug der flankierenden Massnahmen ist. Solche Studien sind regelmässig durchzuführen, um den Kenntnisstand über prioritätenabhängige Themen auszubauen.

Synthese

Empfehlung 1

Der Bundesrat nimmt die Empfehlung Nr. 1 der GPK-N entgegen und hat das EVD und das SECO mit der Konsolidierung der strategischen und operativen Steuerung der flankierenden Massnahmen beauftragt, namentlich durch eine Konsolidierung des Indikatorensystems und eine verstärkte Unterstützung der Vollzugsorgane in Form von Kontrollen und Begleitung vor Ort. Ferner hat er das EVD und das SECO um eine vertiefte Studie über eine mögliche Lohnunterbietung bei neu eingestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Verbindung mit dem FZA ersucht.

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Zur Empfehlung 2 Empfehlung 2

Harmonisierung der Prozesse

Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, die verschiedenen Umsetzungsakteure der flankierenden Massnahmen zu unterstützen, den Dialog mit ihnen zu suchen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, um eine Richtlinie, eine Feststellungsmethode bzw. Kriterien zwecks Präzisierung der wiederholten missbräuchlichen Lohnunterbietung festzulegen. Die GPK-N ist überzeugt, dass man auf diese Weise die Unterschiede in der Anwendung der flankierenden Massnahmen verringern kann und so der Absicht des Gesetzgebers besser Rechnung trägt.

Die GPK-N weist darauf hin, dass die Praxis der Kantone und der PK wegen des Steuerungsdefizits, aber auch wegen der fehlenden Definition des Begriffs der Lohnunterbietung nicht einheitlich genug ist. Laut Bundesrat sind die von der GPK-N genannten Gründe für die Unterschiede in der Praxis jedoch zu relativieren.

Das EVD hat über das SECO verschiedene Weisungen und Empfehlungen zur Definition einer gemeinsamen Ausrichtung beim Vollzug durch die Vollzugsorgane ausgearbeitet.

Der Bundesrat ist zudem der Ansicht, dass die Feststellungen nicht verallgemeinert werden können. Wie die GPK-N feststellt, mag die Vollzugstätigkeit insgesamt relativ uneinheitlich wirken, wodurch sich die Überwachung und die Auslegung der Ergebnisse zuweilen komplex gestalten können. Ein dezentralisierter Vollzug, der die Eigenheiten des Arbeitsmarkts in den Kantonen und den verschiedenen Branchen berücksichtigt, ist aber vom Gesetzesgeber gewollt, und die Steuerung der Vollzugsorgane soll in erster Linie eine effiziente und effektive Durchsetzung des Gesetzes unter Berücksichtigung des Grundsatzes eines dezentralisierten Vollzugs gewährleisten.

Der Bundesrat teilt aber die in Empfehlung 2 formulierte Auffassung der GPK-N, dass bei der Zusammenarbeit der Organe Verbesserungspotenzial besteht und eine einheitlichere Anwendung der flankierenden Massnahmen möglich wäre. Die im Anschluss an den runden Tisch vom 5. Juli 2011 gebildete Arbeitsgruppe hat den Umgang mit Verstössen gegen die branchenüblichen Mindestlöhne untersucht und die Wirksamkeit der Überwachung und Sanktionierung in diesem Bereich beurteilt.

Sie hat ausserdem untersucht, ob die im EntsG vorgesehenen Massnahmen wahrgenommen und die Instrumente, wie die Einführung von NAV mit zwingenden Mindestlöhnen und die erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung der
GAV, angemessen angewandt werden.

Die Arbeitsgruppe hat sich ebenfalls zu den Verbesserungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der flankierenden Massnahmen durch die PK der allgemeinverbindlich erklärten GAV auf Bundesebene geäussert.

Die Evaluationen des SECO haben insbesondere bei einigen PK Defizite oder Lücken im Vollzug des EntsG aufgedeckt. Diese Defizite sind stark branchenabhängig und haben verschiedene Ursachen. Sie sind teils auf Schwächen bei der internen Struktur und der Organisation der betroffenen Vollzugsorgane, teils auf ungenügende Kommunikation und Kooperation zwischen den Vollzugsorganen zurückzuführen.

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Das SECO wird die PK bei der Professionalisierung ihrer Tätigkeiten unterstützen.

Zu diesem Zweck sind ab Anfang 2012 Treffen mit den Vollzugsorganen geplant.

Der Bund sollte durch geeignete Impulse dafür sorgen, dass die Kantone und die PK die Art ihrer Zusammenarbeit selbst bestimmen. Ausserdem sollten die PK dazu bewegt werden, Strukturen und eine Organisation aufzubauen, die es ihnen ermöglichen, die festgestellten Verstösse gegen die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen angemessen zu bearbeiten und falls nötig Sanktionen (die in den allgemeinverbindlich erklärten GAV vorgesehen sind) auszusprechen. Diese Vorarbeit der PK ist zentral, damit die Kantonsbehörden wenn nötig Repressionsmassnahmen wie Bussen oder Dienstleistungssperren aussprechen können.

Eine Umfrage bei den kantonalen TPK hat ergeben, dass die Einigungsverfahren bei missbräuchlichen Lohnunterbietungen mehrheitlich von Erfolg gekrönt sind und keine zusätzlichen Massnahmen erfordern. Trotzdem verlangt das SECO von den für den Vollzug der flankierenden Massnahmen zuständigen kantonalen Behörden bei der Feststellung von Lohnunterbietungen eine transparente und systematische Methodik, die während des gesamten Prozesses zur Anwendung kommt, d.h. von der Kontrolle bis zu allfälligen Sanktionen oder bis zur Einführung von allgemeinverbindlich erklärten GAV oder NAV mit bindenden Löhnen im Falle von wiederholten missbräuchlichen Lohnunterbietungen.

Zur Definition der Begriffe «üblicher Lohn» und «wiederholte missbräuchliche Lohnunterbietung» wurden den kantonalen TPK bei der Einführung der flankierenden Massnahmen Informationen und Entscheidungshilfen zur Verfügung gestellt.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Gesetzgeber keine standardisierte Definition der missbräuchlichen Lohnunterbietung gewünscht hat.

Synthese

Empfehlung 2

Der Bundesrat nimmt die Empfehlung 2 der GPK-N entgegen und hat das EVD und das SECO beauftragt, sämtliche Vollzugsorgane zu unterstützen und für die Professionalisierung von deren Vollzugstätigkeit zu sorgen. Das SECO wird zudem dafür sorgen, dass die Zusammenarbeit zwischen den PK der allgemeinverbindlich erklärten GAV auf Bundesebene und den kantonalen Behörden im Rahmen von Arbeiten in Zusammenhang mit den Kontrollen und der Weiterleitung der Sanktionen konsolidiert wird.

Das SECO wird von den für den Vollzug der flankierenden Massnahmen zuständigen kantonalen Behörden bei der Feststellung von Lohnunterbietungen eine transparente, systematische Methodik fordern, die während des gesamten Prozesses zur Anwendung kommt, d.h. von der Kontrolle bis zu allfälligen Sanktionen oder bis zur Einführung von allgemeinverbindlich erklärten GAV oder NAV mit bindenden Löhnen im Falle von wiederholten missbräuchlichen Lohnunterbietungen.

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Zur Empfehlung 3 Empfehlung 3

Kommunikation auf verlässlicher Datenbasis

Die GPK-N lädt den Bundesrat und das SECO ein, sich bei ihrer Kommunikation und ihren Schlussfolgerungen auf aussagekräftige, vollständige, verlässliche und objektive Daten zu stützen, um mehr Transparenz zu schaffen.

Aus den Untersuchungen der PVK folgert die GPK-N, dass die Informationsgrundlagen, auf die sich der Bundesrat und das SECO bei ihrer Kommunikation zu den flankierenden Massnahmen stützen, von ungenügender Qualität sind. Wie unter Ziffer 2.1 erwähnt, basieren die Analysen der GPK-N jedoch auf Informationen, die weder vom Bundesrat noch vom SECO zur Analyse von Lohnunterbietungen und der flankierenden Massnahmen ausgewertet worden sind Der Bundesrat ist wie die GPK-N jedoch der Ansicht, dass die Qualität der gesammelten Daten in Bezug auf Lohnunterbietungen und auf die flankierenden Massnahmen eine Priorität darstellen. Die Daten des SECO stammen aus einer jährlich bei sämtlichen Vollzugsorganen durchgeführten Vollerhebung. Bei diesem Verfahren sind Ungenauigkeiten unvermeidlich. Zur Konsolidierung der Datenqualität hat der Bundesrat das EVD und das SECO beauftragt, die Überwachung der Prozesse bei den Vollzugsorganen durch die Erarbeitung eines Konzepts für Audits und Kontrollen an der Quelle zu verstärken. Diese proaktive Aufsicht wird künftig noch ausgeweitet, was eine noch grössere Verlässlichkeit der gesammelten Daten sicherstellen wird.

In Zusammenhang mit Empfehlung 2 der GPK-N ist der Bundesrat der Meinung, dass eine verstärkte Betreuung vor Ort den Zusammenhalt der verschiedenen Vollzugsorgane erheblich verbessern würde, da dadurch der Dialog und der Erfahrungsaustausch gefördert und bestimmte Prozesse auf der Grundlage von «Best Practices» nach und nach vereinheitlicht würden.

Der Bundesrat macht jedoch darauf aufmerksam, dass die Daten des Berichts über die Umsetzung der flankierenden Massnahmen, basierend auf den Berichterstattungen der Vollzugsorgane, zusätzlich durch die im Rahmen des Observatoriumsberichts parallel durchgeführten Analysen vervollständigt werden, beispielsweise mit Daten aus der Lohnstrukturerhebung des BFS. So wird beispielsweise die Lohnentwicklung aufgrund der Daten des BFS ermittelt.

Synthese

Empfehlung 3

Die für die Kommunikation zur Verfügung stehende Datenbasis reicht grundsätzlich aus. Der Bundesrat nimmt die Empfehlung 3 der GPK-N trotzdem entgegen und hat das EVD und das SECO beauftragt dafür zu sorgen, dass die Qualität der Daten, auf die sich die Kommunikation stützt, im Hinblick auf eine transparentere und vollständigere Kommunikation konsolidiert wird.

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Zum Postulat Postulat

Prüfung einer gesetzlichen Lösung

Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, den gesetzlichen Handlungsbedarf im Bereich der Normalarbeitsverträge sowie betreffend die Problematik der Subunternehmerketten vertieft abzuklären.

Die GPK-N weist auf rechtliche Lücken hin, welche die Wirksamkeit der flankierenden Massnahmen zum FZA behindern. Sie vertritt die Ansicht, dass sich gewisse rechtliche Unsicherheiten auch auf die Steuerung der flankierenden Massnahmen auswirken können.

Die GPK-N ist insbesondere der Meinung, dass NAV mit zwingenden Mindestlöhnen kein wirksames Mittel sind, weil Schweizer Arbeitgeber, die dagegen verstossen, nicht strafbar sind. Der Bundesrat soll deshalb prüfen, ob es zweckmässig wäre, eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, um sämtliche fehlbaren Arbeitgeber zu sanktionieren.

Werden in einer Branche oder einem Beruf die üblichen Löhne wiederholt in missbräuchlicher Weise unterboten und liegt kein GAV mit Bestimmungen über Mindestlöhne vor, der erleichtert allgemeinverbindlich erklärt werden kann, so kann die zuständige Behörde einen NAV im Sinne von Artikel 360a OR erlassen, der zwingende Mindestlöhne vorsieht.

Gemäss EntsG müssen Unternehmen, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, die in NAV im Sinne von Artikel 360a OR vorgeschriebenen Mindestlöhne einhalten. Unter den Schweizer Arbeitgebern können diesbezüglich lediglich die Personalverleiher sanktioniert werden. Für die übrigen Arbeitgeber, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz in Branchen mit einem zwingenden NAV beschäftigen und die gegen zwingende Mindestlöhne verstossen, existiert keine gesetzliche Grundlage zur Sanktionierung. Dies stellt die Wirksamkeit der Anwendung des NAV mit zwingenden Mindestlöhnen in Frage.

Der Gesetzgeber hatte in Artikel 360e OR lediglich einen Anspruch für Arbeitgeberund Arbeitnehmerverbände auf gerichtliche Feststellung verankert, ob Arbeitgeber den NAV nach Artikel 360a OR einhalten.

Der Bundesrat hat eine Gesetzesrevision ausgearbeitet, mit der die oben erwähnten rechtlichen Lücken bei der Anwendung der Bestimmungen der NAV geschlossen werden sollen. Diese könnte im Laufe des Jahres 2012 in Kraft treten.

Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz beschäftigen, sind durch das OR dazu verpflichtet, solche Mindestlöhne einzuhalten. Diese Verpflichtung soll
neu im EntsG verankert werden, damit in diesem Gesetz eine entsprechende Sanktionsmöglichkeit geschaffen werden kann. Infolgedessen muss zusätzlich der Geltungsbereich des EntsG auf Schweizer Arbeitgeber ausgedehnt werden.

Zur Verankerung der Sanktionsmöglichkeit sieht der Entwurf des Bundesrates eine Ergänzung von Artikel 9 Absatz 2 EntsG durch einen neuen Buchstaben vor, der es der zuständigen Behörde ermöglicht, einem fehlbaren Arbeitgeber eine Busse bis 5000 Franken aufzuerlegen. Dadurch wird eine Gesetzeslücke geschlossen, infolge derer die kantonalen Behörden nach geltendem Recht keine Sanktionen aussprechen 1267

können gegen Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz beschäftigen und gegen Mindestlöhne in NAV im Sinne von Artikel 360a OR verstossen haben. Mit Einführung dieser Massnahme wird eine Gleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Arbeitgebern erreicht, da heute gestützt auf das EntsG lediglich ausländische Arbeitgeber sanktioniert werden können. Artikel 12 EntsG erlaubt ausserdem bei Erfüllung der darin genannten Tatbestände die strafrechtliche Sanktionierung von fehlbaren Arbeitgebern, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz beschäftigen.

Ferner weist die GPK-N darauf hin, dass sich die Missbrauchsahndung bei Subunternehmerketten schwierig gestaltet. Diese Ketten müssten als untrennbare Einheiten angesehen werden, um so das Verantwortungsgefühl gewisser Arbeitgeber zu steigern und diese gegebenenfalls sanktionieren zu können.

Der Bundesrat anerkennt die Relevanz der Fragen zu den Subunternehmerketten. Er beantragt die Annahme des Postulates und eine eingehende Prüfung der Problematik.

Synthese

Postulat

Der Bundesrat beantragt die Annahme des Postulats der GPK-N, welches ihn einlädt, den gesetzlichen Handlungsbedarf im Bereich der NAV abzuklären. Er hat diesbezüglich bereits eine Gesetzesrevision beantragt, mit der die rechtlichen Lücken bei der Anwendung der Bestimmungen der NAV geschlossen werden sollen. Der Bundesrat wird seine Botschaft dem Parlament Anfang März 2012 unterbreiten.

Das Postulat lädt den Bundesrat zudem ein, den Handlungsbedarf betreffend die Problematik der Subunternehmerketten vertieft abzuklären. Der Bundesrat ist auch mit diesem Teil des Postulats einverstanden und bereit, die Fragen in Zusammenhang mit den Subunternehmerketten zu prüfen.

2.3

Zu den finanziellen und personellen Ressourcen

Die GPK-N betont in ihrem Bericht, dass die vorhandenen Ressourcen für die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit ungenügend sind: «Die GPK-N (...) stellt die Angemessenheit der personellen Ressourcen beim SECO in diesem äusserst wichtigen Bereich in Frage. Der Bundesrat muss in Zukunft dafür besorgt sein, dass stets ausreichende personelle Ressourcen in diesem Bereich vorhanden sind». Die Steuerungsschwächen, welche im Bericht der GPK-N hervorgehoben wurden, sind zu einem grossen Teil auf die begrenzten Ressourcen zurückzuführen, über die das SECO für die Kontrolle und Unterstützung der Vollzugsorgane verfügt.

Die personellen Ressourcen setzen sich aktuell aus fünf Vollzeitstellen zusammen.

Die in dieser Stellungnahme dargelegten Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der GPK-N bedingen daher zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen.

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Damit die Empfehlungen der GPK-N umgesetzt und die laufenden und geplanten Verbesserungsmassnahmen durchgeführt werden können, sind nach Ansicht des Bundesrates vier zusätzliche Stellen notwendig. Nur so können die folgenden Tätigkeiten abgedeckt werden: ­

Steuerung und juristische Unterstützung der Vollzugsorgane (1 Stelle): Steuerung und verstärkte Begleitung der 26 Kantone und ca. 70 PK , welche mit dem Vollzug des EntsG betraut sind, um einen einheitlichen Vollzug in der Gesetzesanwendung zu gewährleisten.

­

Unterstützung bei der Professionalisierung, Ausbildung und Information der Vollzugsorgane (1 Stelle): verstärkte Begleitung der Vollzugsorgane, um eine professionelle Umsetzung des EntsG zu gewährleisten. Dazu zählen die verstärkte Ausbildung und Information der Vollzugsorgane und die Unterstützung der Vollzugsorgane bei der Anwendung einer transparenten und systematischen Methodik im Bereich von Lohnunterbietungen.

­

Audit (2 Stellen): Momentan werden 0,8 Stellenprozente innerhalb des SECO für den Bereich Audit aufgewendet. Um ein regelmässiges Audit der 26 Kantone und ca. 70 PK sicherstellen zu können, werden zwei zusätzliche Vollzeitstellen benötigt.

Die oben erwähnten zusätzlichen Stellen für die Umsetzung der Empfehlungen der GPK-N sind ab 2012 notwendig.

Die finanzielle Investition wird für den Erfolg der verschiedenen Massnahmen entscheidend sein, insbesondere zur Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl von Kontrollen angesichts der steigenden Anzahl in die Schweiz entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zur Verstärkung der Kontrolle der Scheinselbstständigkeit sowie zur Sicherstellung der Professionalisierung der Vollzugsorgane.

Der Bundesrat sorgt dafür, dass bei Auftreten neuer Bedürfnisse die nötigen Ressourcen bereitgestellt werden.

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